Kühner Plan - heiße Gefühle

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Er ist deine letzte Chance! Immer wieder sagt Beth sich das, als sie in die Hotelsuite des berühmten Landon Gage dringt. Der mächtige Tycoon aus San Antonio ist der Einzige, der ihr noch helfen kann. Und wenn ihr Plan aufgeht … Es muss klappen! Vorsichtig späht Beth ins Schlafzimmer. Da sieht sie Landon im offenen Hemd - und bekommt prompt weiche Knie. Allein beim Anblick seines muskulösen Oberkörpers stockt ihr der Atem. Trotzdem nimmt Beth allen Mut zusammen. Denn dieser Mann kann ihren Sohn aus den Fängen ihres Exmanns befreien. Dafür muss Landon sie nur kurz heiraten!


  • Erscheinungstag 13.02.2012
  • Bandnummer 1706
  • ISBN / Artikelnummer 9783864940750
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Verzweiflung.

Verzweiflung war das einzige Wort, um zu beschreiben, was sie fühlte. Nur dieses Wort konnte rechtfertigen, was sie gerade im Begriff war zu tun.

Ihr Herz raste, und ihre klammen Hände zitterten so sehr, dass sie sie kaum unter Kontrolle halten konnte.

Denn sie war dabei, die Hotelsuite eines Mannes zu betreten. Und zwar ohne Erlaubnis.

Tagelang hatte sie versucht, die Sekretärin des unnahbaren Fremden mit ihren Tränen zu rühren und, als das nicht funktionierte, seinen Chauffeur zu bestechen. Schließlich hatte sie dem Zimmermädchen etwas vorgeschwindelt, um Zutritt zu erhalten. Als Bethany Lewis nun zum ersten Mal in ihrem Leben etwas Ungesetzliches tat, war sie kurz davor, vor Schuldgefühlen zusammenzubrechen.

Ihr zitterten die Knie, während sie die Tür hinter sich schloss. Bethany nahm ein kleines schwarzes Buch aus ihrer Handtasche und presste es an sich, während sie weiter in die Präsidentensuite vordrang.

Gedämpftes Licht erfüllte den Raum, es duftete nach Orangen, und ihr Magen meldete sich knurrend, weil sie den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte.

Am Fenster stand ein kleiner Lacktisch. Die pfirsichfarbenen Gardinen dahinter waren geöffnet, sodass sie den großen Balkon und die glitzernde Skyline der City sah. Auf einem kleinen Glastisch stand ein Tablett mit schokoladenglasierten Erdbeeren, verschiedenen Käsesorten und einladend polierten Früchten. Daneben lag ein einzelner, ungeöffneter Briefumschlag, auf dem der Name Mr Landon Gage stand.

Ein Name, der für ererbtes Vermögen, gesellschaftliches Ansehen, Bildung und Macht stand. Jahrelang war Bethany dieser Name hasserfüllt ins Ohr geflüstert worden: „Landon Gage wird dafür bezahlen. Die Familie Gage wird in der Hölle schmoren!“

Doch Gage schwamm im Geld, und wenn dies hier die Hölle war, dann würde Beth sie jenem Fegefeuer, durch das sie gegangen war, jederzeit vorziehen.

Während sie an dem Queen-Anne-Sofa vorbeiging, dachte sie an ihren blonden Sohn mit seinem engelsgleichen Gesicht. Als sie sich von ihm verabschiedet hatte, um zur Gerichtsverhandlung zu fahren, hatte der Sechsjährige gebettelt: „Mommy, verlass mich nicht! Versprich es mir.“

Sie hatte es ihm versprochen …

Beim Gedanken daran fühlte sie sich elend, doch gleichzeitig erfüllte der Mut der Verzweiflung sie. In ihrem Zustand hätte sie es mit einem Feuer speienden Drachen aufgenommen. Gern wollte sie lügen und stehlen, nur um ihr Versprechen zu halten.

„Mr Gage?“

Vorsichtig spähte sie ins Schlafzimmer, dessen Doppeltüren halb geöffnet waren. Unten im Ballsaal war die Wohltätigkeitsveranstaltung für krebskranke Kinder bereits in vollem Gang. Eigentlich hatte Bethany vorgehabt, sich als Kellnerin dort einzuschleichen und sich Landon Gage zu nähern. Doch als der Tycoon nicht aufgetaucht war, obwohl er, wie man allseits wusste, bereits im Hotel gewesen war, hatte sie sich umentschieden.

Auf dem großen Doppelbett lag geöffnet ein lederner Aktenkoffer, umgeben von Papieren. Daneben stand ein aufgeklappter Laptop.

„Sie sind mir gefolgt.“

Beth zuckte zusammen und schaute in die Richtung, aus der die tiefe, kraftvolle Stimme gekommen war. Ein Mann trat aus dem begehbaren Kleiderschrank, und während er Beth mit scharfem, eiskaltem Blick musterte, knöpfte er sein blütenweißes Hemd zu. Bethany wich zurück bis an die Wand, verblüfft, wie unglaublich beeindruckend Landon Gage war.

Beeindruckend – und Furcht einflößend. Allein schon durch seine Größe. Dazu sein durchtrainierter Körper, unterstrichen noch durch das Smokinghemd und die maßgeschneiderte Hose. Sein dichtes schwarzes Haar war aus der Stirn gekämmt und betonte sein markantes Gesicht mit den grauen Augen, die in der Tiefe eine gewisse Leere, fast eine Verlorenheit verrieten.

„Tut mir leid“, sagte sie schnell, als sie merkte, dass sie ihn anstarrte.

Sein Blick fiel auf ihre Hände mit den abgekauten Fingernägeln, doch Beth widerstand dem Impuls, sie zu verstecken, und bemühte sich, gefasst und ruhig zu wirken. Gage betrachtete ihr elegantes Strickkostüm – eines der wenigen hochwertigen Kleidungsstücke, die sie nach dem Scheidungskrieg noch besaß und das sie für diesen Anlass heute ausgewählt hatte. Es war allerdings ein wenig zu weit geworden in den vergangenen Monaten, und ihr war klar, dass Gage die Schatten unter ihren Augen auffallen mussten.

Ihr Magen krampfte sich zusammen, als sie merkte, dass er wenig beeindruckt von ihr war.

Jetzt nahm er eine schwarze, glänzende Fliege vom Nachttisch und sah Beth grimmig an. „Ich hätte Sie längst verhaften lassen können.“

Überrascht erkannte sie, dass er bemerkt hatte, wie sie ihm seit Tagen aufgelauert, sein Büro mit Anrufen bombardiert und seinen Chauffeur belästigt hatte. „Warum haben Sie es nicht getan?“, fragte sie.

Er blieb vor der Frisierkommode stehen, die neben seiner hohen Gestalt fast lächerlich klein wirkte, band sich die Fliege um, und bemerkte ironisch: „Vielleicht amüsieren Sie mich?“

Beth hörte seine Antwort nur halb, denn jetzt, da sie mit Landon Gage endlich allein war, fielen ihr tausende neuer Möglichkeiten ein. Dieser Mann war offensichtlich genau so, wie ihn die Medien darstellten. Kalt, rücksichtslos, brutal. Genau der Typ, den sie für ihr Vorhaben brauchte. Im Stillen betete sie, dass es klappen würde.

Denn etwas war ihr klar geworden: Wenn sie vorhatte, ihren Sohn aus den Klauen ihres Exmannes zu befreien, brauchte sie die Hilfe von jemandem, der noch gemeiner, noch härter, noch mächtiger war als ihr Ex. Jemand, der furcht- und gewissenlos war. Was sie brauchte, war ein Wunder. Und wenn Gott ihr schon nicht half, dann war sie bereit, einen Pakt mit dem Teufel zu schließen.

„Nun, Miss …?“, fragte er schneidend.

„Lewis“, antwortete sie und musste zugeben, dass Gage sie einschüchterte. Er war so groß, so kraftvoll, so kalt. „Sie kennen mich nicht“, fuhr sie fort. „Jedenfalls sind wir uns noch nie begegnet. Aber ich glaube, Sie kennen meinen Exmann.“

„Und der wäre?“

„Hector Halifax.“

Wenn sie eine heftige Reaktion erwartet hatte, so wurde sie enttäuscht. Seine Miene blieb regungslos. Er zeigte weder Interesse noch jenen Zorn, den sie gehofft hatte, in ihm zu finden.

Beth wischte sich die feuchtkalten Hände am Jackett ab und machte zwei zögernde Schritte nach vorn. „Wie ich weiß, sind Sie beide erklärte Feinde.“

„Ich habe viele Feinde, aber ich sitze nicht da und denke über sie nach. Wenn Sie sich bitte beeilen würden – man erwartet mich unten.“

Beeilen? Dabei wusste sie noch nicht einmal, wo sie anfangen sollte. Ihr Leben war ein solches Chaos, und ihre Geschichte war so verwickelt und traurig, dass sie nicht in ein paar Sätzen erklären konnte, worum es ihr ging.

Sie spürte, wie ihr die Kehle eng wurde, als sie schließlich geradeheraus sagte: „Er hat mir meinen Sohn weggenommen.“

Gage klappte seinen Laptop zu und stopfte die Papiere in seine Aktentasche. „Aha.“

Ob er wohl geahnt hatte, dass sie zu ihm kommen würde? Beth beobachtete ihn genau. Er schien über ihren Besuch nicht im Geringsten überrascht zu sein. Andererseits wirkte er wie ein Mann, der durch nichts mehr überrascht werden konnte.

„Ich … ich will ihn wiederhaben. Ein sechsjähriges Kind gehört zur Mutter.“

Er schloss den Aktenkoffer mit einem energischen Klicken.

Beth fühlte, wie Zorn in ihr aufstieg. Nicht auf Landon Gage, sondern auf ihren Exmann. Trotzdem sagte sie gefasst: „Es gab eine Sorgerechtsklage und eine Gerichtsverhandlung. Dabei behaupteten Hectors Anwälte, ich hätte mehrere außereheliche Affären gehabt, und sie versuchten, dies mit Fotos zu beweisen.“

Als Gage sie erneut musterte, hatte sie das Gefühl, er würde sie mit seinen Blicken ausziehen. „Ich habe es in der Zeitung gelesen, Miss Lewis. Ihr Ruf ist nicht gerade untadelig.“

Er nahm seine Geldbörse vom Nachttisch und steckte sie in die Gesäßtasche seiner Hose, ehe er den maßgeschneiderten Smoking anzog, der über einer Stuhllehne gehangen hatte.

„Es ist alles eine Lüge“, beeilte sich Beth zu erklären. „Die Fotos sind eine Fälschung.“

Gage war bereits auf dem Weg zur Tür, doch Beth heftete sich an seine Fersen. Sie folgte ihm den Flur entlang bis zum Lift und blieb mit klopfendem Herz neben ihm stehen. Er drückte den Knopf, um den Fahrstuhl zu rufen, dann warf er Beth einen arroganten Blick zu. „Und was geht mich das an?“

„Hören Sie“, sagte sie mit zitternder Stimme, „ich habe kein Geld für eine Sorgerechtsschlacht. Hector hat dafür gesorgt, dass mir nichts geblieben ist. Anfangs dachte ich, irgendein junger Anwalt, der Karriere machen wolle, würde sich auf den Fall stürzen und umsonst für mich arbeiten, aber das war ein Irrtum. Ich habe zwanzig Dollar bei einer Serviceline gelassen, um herauszufinden, welche Möglichkeiten ich sonst noch habe.“

Sie hielt inne und atmete tief durch, ehe sie rasch fortfuhr: „Offensichtlich könnte ich das Sorgerecht beantragen, wenn sich meine Lebensumstände ändern. Meinen Job habe ich bereits aufgegeben. Hector hat mir vorgeworfen, dass ich Vollzeit arbeite und David bei meiner Mutter lassen würde. Sie … sie ist ein wenig taub. Aber sie liebt David über alles, und sie ist eine wunderbare Großmutter. Außerdem, Mr Gage – ich musste doch arbeiten, weil Hector nicht zahlen wollte.“

„Verstehe.“

Unter seinem durchdringenden Blick errötete sie. Wie damals im Gerichtssaal fühlte sie sich falsch eingeschätzt, und es war in diesem Moment nicht weniger demütigend als damals.

Mit einem lauten „Ping“ hielt die Aufzugskabine, die Türen glitten auseinander, und Beth folgte Gage, als er den Lift betrat.

Mut, dachte sie immer wieder. Ich muss mutig sein.

Doch als sie nach unten fuhren, nahm sie nichts wahr als die betörende männliche Nähe Landon Gages. Seine Ausstrahlung, noch betont durch sein herbes Eau de Toilette, war so stark, dass sie meinte, ein Prickeln auf der Haut zu spüren.

Wow, war dieser Mann sexy. Und er roch unglaublich gut.

Es war völlig verrückt, sich in diesem wichtigen Moment von solchen Dingen ablenken zu lassen, doch Beth war nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen.

Ungehalten verschränkte Gage die Arme vor der Brust und starrte auf das Display des Fahrstuhls, als könne er es nicht erwarten, endlich den Ballsaal zu erreichen.

„Geld ist mir egal“, flüsterte Beth. „Alles, was ich will, ist mein Kind.“

Niemand hatte ihr zugestanden, eine gute Mutter gewesen zu sein, obwohl sie genug vorzuweisen hatte. Jeden Abend hatte sie David eine Gutenachtgeschichte vorgelesen. Sie war mit ihm zum Arzt gegangen, hatte sich um jeden Kratzer gekümmert, den er vom Spielen mit nach Hause gebracht hatte, hatte jede Träne getrocknet. Im Gerichtssaal war all dies nicht von Belang gewesen. Dort galt sie nicht als fürsorgliche Mutter, sondern nur als Hure. Bethany und die Männer. Männer, von deren Existenz sie bis dahin nicht einmal etwas geahnt hatte.

Es war so verdammt leicht für die Reichen und Mächtigen, das Recht zu beugen. Wie viel hatte es Hector wohl gekostet, die Beweismittel zu fälschen? Für ihn waren es höchstens Peanuts gewesen. Was sie dabei verlor, war ein ganzes Leben.

Ganz in Gedanken versunken, hatte sie nicht bemerkt, dass Landon Gage sie aufmerksam betrachtete. „Ich wiederhole: Was geht mich das an?“

Sie sah ihm direkt in die Augen. „Sie sind sein Feind. Er verachtet Sie und wird alles daransetzen, um Sie zu zerstören.“

Mit einem Lächeln, als gäbe es ein Geheimnis, das nur ihm bekannt war, erwiderte er: „Das soll er mal versuchen.“

„Ich habe …“ Sie hielt das kleine Buch hoch. „In diesem schwarzen Büchlein stehen Dinge, die Ihnen helfen werden, ihn zu vernichten.“

„Schwarzes Büchlein? Wir sind doch nicht mehr auf der Highschool.“

Beth blätterte hektisch. „Telefonnummern von Leuten, mit denen er sich trifft, Details zu seinen Aktivitäten und Partnern, Namen von Journalisten, die er kauft, von Frauen, mit denen er …“ Mit einer dramatischen Geste schlug sie das Buch zu. „Hier drin steht alles. Wirklich alles. Wenn Sie mir helfen, gebe ich Ihnen das Buch.“

Der Blick, mit dem Gage das kleine schwarze Buch betrachtete, verriet zum ersten Mal Interesse. „Weiß Halifax denn nicht, dass sich dieses Buch in den Händen seiner Exfrau befindet?“

„Er denkt, es wäre bei einem Segeltörn über Bord gegangen.“

Nun schien Landon Gage tatsächlich Feuer gefangen zu haben. Beth sah es in seinen Augen. Rachsucht las sie darin und schöpfte Hoffnung.

Doch in diesem Moment hielt der Lift im Erdgeschoss, und Gages Miene wurde wieder ausdruckslos. „Rache ist ermüdend, Miss Lewis. Ich bin kein Mann, der seine Zeit damit verschwendet.“

Damit betrat er den lauten, überfüllten Ballsaal und ließ Beth einfach stehen. Sie verharrte einen Moment, überwältigt von der Geräuschkulisse, dem Licht, den Abendkleidern und glitzernden Juwelen, und blickte Gage hinterher, der sich durch die Menge schob. Er war ihre einzige Chance, und er war gerade dabei, ihr zu entkommen.

Das durfte nicht geschehen.

Kellner trugen Tabletts mit Häppchen und Champagner vorbei, doch Beth ignorierte das Angebot und folgte Gage, indem sie sich am Rand des Ballsaals ihren Weg bahnte. Am Zimmerbrunnen, wo statt Wasser Wein floss, holte sie ihn ein, gerade, als er sich im Vorübergehen ein Glas füllte.

„Mr Gage“, begann sie.

Ohne stehen zu bleiben, stellte er das Glas zurück. „Gehen Sie nach Hause, Miss Lewis.“

Beth überholte ihn, baute sich vor ihm auf und hielt ihm das schwarze Buch unter die Nase. „Bitte hören Sie mich an.“

Er stellte sein Glas auf ein Tablett, das ein Kellner ihm höflich präsentierte, und streckte die Hand nach dem Büchlein aus. „Okay, dann geben Sie her, damit ich mir den Inhalt anschauen kann.“

„Nein.“ Sie presste die Kladde an ihre Brust. „Sie bekommen das Buch, wenn Sie mich heiraten.“

„Wie bitte?“

„Ich muss nachweisen, dass sich meine Lebensumstände geändert haben, um das Sorgerecht für meinen Sohn zu erhalten. Hector wird toben, wenn er erfährt, dass Sie mich geheiratet haben. Und er wird versuchen, mich zurückzugewinnen, weil er Angst hat, dass ich Ihnen bestimmte Dinge verraten könnte. Das ist der Moment, in dem ich anfangen kann, um mein Kind zu kämpfen. Wenn Sie mir dabei helfen, dann helfe ich Ihnen, Hector zu vernichten.“

Verblüfft schaute er sie an. „So eine zierliche Person und so voller Hass. Wer hätte das gedacht.“

„Mein Name ist Bethany. Aber Sie dürfen mich Beth nennen.“

„Hat er sie so genannt?“

Sie machte eine vage Handbewegung. „Meist nannte er mich ‚die Frau da‘, aber ich denke, das ist nebensächlich.“

Gage verzog angewidert das Gesicht, als er den „Kosenamen“ hörte, doch Beth bekam keine Gelegenheit, sich dazu zu äußern, denn es kamen Leute auf ihn zu, die ihn begrüßten und versuchten, ihn ins Gespräch zu ziehen. Beth bemerkte außerdem, dass der Sicherheitsdienst auf sie aufmerksam geworden war. Aber sie ließ nicht locker.

„He!“, rief eine Frau, als Beth beim Versuch, an Gages Seite zu bleiben, gegen sie stieß. Beth entschuldigte sich rasch und klemmte sich wieder neben den Mann, der ihre Probleme lösen sollte. „Hector ist besessen von der Vorstellung, dass Sie hinter ihm her sind. Er wird alles tun, um Ihnen zuvorzukommen. Falls Sie ihn nicht stoppen, wird er Ihr Leben zerstören.“

Gage blieb stehen und runzelte die Stirn. „Scheint, als wüssten Sie nicht, wer ich bin.“ Er beugte sich vor, seine grauen Augen funkelten. „Ich bin zehn Mal mächtiger als Hector Halifax. Wenn ich es befehle, tanzt er in einem rosa Tutu.“

„Dann beweisen Sie es. Denn soweit ich weiß, geht es Hector besser denn je. Dass er leidet, kann man nicht gerade behaupten.“

„Landon! Du meine Güte, da bist du ja endlich.“

Er gönnte dem Mann, der ihn rief, keinen Blick, sondern sah Beth grimmig an. Er schien ihr aufgewühlter als zuvor, und in seinen Augen schimmerte Hass.

Ihr Puls raste, und sie wartete auf das, was er sagen würde.

„Nur um das klarzustellen“, begann er schließlich, und sein Blick war wieder ausdruckslos. „Ich habe kein Interesse an den Hinterlassenschaften eines anderen Mannes, und ich bin nicht auf der Suche nach einer Ehefrau.“

„Es wäre doch nur vorübergehend. Bitte, Mr Gage, helfen Sie mir! Ich darf noch nicht einmal Kontakt zu meinem Sohn haben! Vor der Schule lauere ich ihm auf, nur um ihn wenigstens einmal zu sehen. Sie sind der einzige Mensch, der meinen Exmann ebenso hasst wie ich. Ich weiß, dass Sie ihn hassen, ich kann es in Ihren Augen sehen.“

Er presste die Lippen zusammen.

„Landon, amüsierst du dich denn auch? Soll ich dir irgendetwas bringen, Darling?“

Er ignorierte die bildschöne Blondine, die in verführerischem Ton versucht hatte, seine Aufmerksamkeit zu erringen, und heftete seinen Blick auf Beth. Unvermittelt nahm er ihr Kinn und hob es, sodass sie zu ihm aufschauen musste. „Vielleicht hasse ich ihn wirklich“, sagte er. „Mehr, als Sie ahnen.“

„Landon“, meldete sich eine andere Stimme.

Er strich Beth über die zitternde Unterlippe, und seine Berührung ließ sie erschauern. Verlangen stieg in ihr auf, so stark, wie sie es nie zuvor erlebt hatte. Nun zitterte sie am ganzen Körper.

„Landon“, ertönte erneut eine Stimme, diesmal die eines Mannes.

Gage knurrte etwas Unverständliches, nahm Bethanys Arm und zog sie an allen Leuten vorbei hinter sich her, hinaus auf den Flur, in einen kleinen Nebenraum. Als er die Tür schloss, war es fast dunkel im Raum, nur durch ein winziges Fenster drang das flackernde Licht der nächtlich erhellten Großstadt.

„Bethany“, sagte er gepresst, ihm war deutlich anzumerken, dass er am Ende seiner Geduld war. „Sie sind doch eine kluge Frau. Daher empfehle ich Ihnen, sich einen neuen Plan auszudenken. Ich bin nicht interessiert.“

„Immerhin reden Sie noch mit mir, oder?“

„In zwei Sekunden nicht mehr.“

Sie packte seinen Arm, ungeachtet dessen, dass er sie finsterer anblickte denn je. Irgendwie hatte sie das Gefühl, wenn sie noch ein bisschen bettelte, dann …

„Bitte“, flehte sie inständig. „In der Öffentlichkeit sind Sie sehr beliebt. Der Familienrichter wird mir glauben, dass ich eine anständige Frau bin, wenn er sieht, wer mein zweiter Mann ist. Es ist überall bekannt, wie reich und wohltätig Sie sind, Mr Gage.“ In ihrer Aufregung presste sie seinen Oberarm und bemerkte die stahlharten Muskeln unter dem Stoff seines Jacketts. „Sie haben einen hervorragenden Ruf, und die Medien zeichnen das Bild eines ehrwürdigen Mannes.“

Weil er bei allem Reichtum und bei all seiner Macht der menschlichen Tragödie nicht entkommen war.

„Auf die Medien zu bauen ist gefährlich“, erwiderte er. „Außerdem gehören sie mir. Kein Wunder, dass sie gut über mich berichten.“

„Man fürchtet und bewundert Sie.“

Er schien einen Moment nachzudenken, dann fragte er unvermittelt: „Was wissen Sie über Hectors Machenschaften?“

„Ich kenne die Namen von Leuten, mit denen er krumme Geschäfte macht. Journalisten, die er gekauft hat. Und ich kenne seine Pläne.“ Als sie sah, dass sekundenlang Interesse in seinem Blick aufblitzte, fuhr sie mutiger fort: „Ich werde Ihnen alles erzählen. Alles, was ich weiß. Und ich garantiere Ihnen, das ist eine ganze Menge.“

Schweigend überlegte er, und Beth dachte triumphierend: Ich habe ihn! Ich habe ihn überzeugt! Sie konnte genau erkennen, wie groß die Versuchung für ihn war. Für sie war es ein Hoffnungsschimmer am Horizont. Hilf mir, Landon Gage, um Himmels willen, hilf mir.

In seinen Augen sah sie die gleiche Verlorenheit, die gleiche unbändige Wut, die sie empfand. Manchmal, wenn alle Freunde sich abwandten, musste man sich eben auf einen Fremden einlassen. Landon Gage verstand, was sie fühlte. Endlich war da jemand, der ihr die Hand reichen würde.

„Suchen Sie sich jemand anderen“, sagte er hart, und machte damit all ihre Hoffnungen zunichte.

Verzweifelt baute sich Beth an der Tür auf und presste das kleine schwarze Buch an sich. „Wie können Sie das tun!“, zischte sie. „Warum lassen sie ihn entkommen, nach allem, was er Ihnen angetan hat? Er hat Ihnen alles genommen, und jetzt will er Sie vernichten.“

„Vorsicht!“, warnte er sie mit drohendem Unterton. „Sie wissen nichts, aber auch gar nichts über mein Leben.“

„Oh, doch, ich weiß alles. Ich konnte zusehen, als er es zerstört hat. Mir hat er genau dasselbe zugefügt.“

„Hören Sie gut zu, Beth.“ Er sprach jetzt leise und eindringlich, und sie erahnte hinter dem, was er sagte, einen eisernen Willen. „Das Ganze ist sechs Jahre her. Ich habe mit der Vergangenheit abgeschlossen, und das ist gut so, denn jahrelang habe ich nur daran gedacht, wie ich mich rächen könnte. Mordlust ist kein angenehmer Begleiter. Also provozieren Sie mich nicht länger, sonst könnte es sein, dass ich sie an Ihnen auslasse.“

„Aber begreifen Sie denn nicht, dass dies Ihre große Chance ist?“ Sie spürte, wie ihre Hoffnung schwand. „Ich dachte, Sie empfinden dasselbe wie ich. Hassen Sie ihn denn nicht?“

Er drängte sie zur Seite und legte die Hand auf den Türgriff, doch Beth schob sich erneut dazwischen. Sie durfte einfach nicht zulassen, dass sie ihre letzte Chance verlor.

„In einem Jahr, wenn ich David wiederhabe, sind Sie mich los. Bitte, Mr Gage, was muss eine Frau tun, um Sie zu überzeugen?“

Ohne nachzudenken, ließ sie das Buch zu Boden fallen, packte Landon Gages Jackett, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn mit wilder Verzweiflung. Sie legte alles in diesen Kuss, was sie an Leidenschaft besaß, doch Gage stieß sie herum und drückte sie gegen die Wand. Dicht vor ihr stehend rief er: „Sind Sie verrückt geworden?“

Sie zitterte, und ihr war schwindlig. Was für ein Kuss. Ein Kuss, den er nicht erwidert hatte und der sie trotzdem völlig verwirrt zurückließ. Hart presste er sie gegen die kühle Wand, und plötzlich spürte sie, dass er erregt war. Ihr Puls beschleunigte sich bei dem Gedanken, dass dieser einseitige Kuss zu solch einer Reaktion geführt hatte.

Ihr selbst zitterten die Knie, und sie hatte Schmetterlinge im Bauch. So etwas war ihr seit Jahren nicht mehr passiert.

„Ich …“

Sie sah zu ihm auf. Seine Lippen glänzten noch feucht von ihrem Kuss und sahen so einladend aus, so sinnlich …

Gage schloss seine Finger um ihre Handgelenke. „Keine Spielchen, Bethany. Mein Sinn für Humor ist erschöpft, und wenn Sie es noch einmal wagen, die rote Linie zu übertreten, dann sind Sie dran.“

In diesem Moment wurde die Tür aufgerissen. „Hier bist du, Lan. Alles wartet auf deine Ansprache.“

Abrupt ließ er Beth los. Während sie zu dem Eindringling hinüberblickte, rieb sie sich die schmerzenden Handgelenke.

An der Tür stand ein hochgewachsener, dunkelhaariger Mann, der neugierig auf die Szene blickte, die sich ihm bot. „Darf ich fragen, wer die Lady ist?“

„Die Frau von Halifax“, rief Landon Gage voller Verachtung, ehe er davonstürmte.

„Ich bin nicht seine Frau“, rief Beth ihm nach.

Mit einem halben Lächeln beobachtete der junge Mann, wie Beth ihren Strickblazer glattstrich, ehe sie sich bückte und das schwarze Büchlein aufhob, das geöffnet auf dem Boden lag.

„Garrett Gage“, stellte er sich vor.

Zögernd reichte sie ihm die Hand. „Bethany Lewis.“

„Was Sie jetzt brauchen, ist ein Drink, Bethany.“ Er reichte ihr sein Glas, forderte sie auf, sich bei ihm unterzuhaken, und führte sie zurück in den Ballsaal. Dabei tätschelte er freundlich ihre Hand, als wären sie bestens miteinander bekannt. „Erzählen Sie mir alles, Beth. Ich darf Sie doch Beth nennen?“

2. KAPITEL

Rache.

Rache in den Augen einer zierlichen blonden, blauäugigen Frau, die so verführerisch war, dass Landon sie nicht vergessen konnte. Sie hatte so elegant ausgesehen in ihrem dunkelblauen Strickkostüm, und sie war so mutig gewesen, das Kinn kampfbereit gereckt. Bethany Lewis.

Aber unter ihren Augen hatten tiefe Schatten gelegen, und Landon bezweifelte, dass sie mehr Schlaf fand als er. Leise fluchend verdrängte er das Bild, das vor ihm aufstieg. Es musste ihm egal sein, welche Dämonen Beth nachts heimsuchten.

Im Übrigen wäre er besser beraten, an ihrer Geschichte zu zweifeln. Misstrauen war sein ständiger Begleiter, seit …

„Ich verlasse dich wegen eines anderen Mannes.“ Diesen Satz, diese Stimme, würde er nie vergessen.

Andererseits – der Scheidungskrieg zwischen Hector Halifax und seiner Frau war von den Medien breitgetreten worden. Wenn auch nur die Hälfte dessen stimmte, was in der Presse stand, dann hatte Beth einiges hinter sich.

Doch auch das musste Landon egal sein.

Er hatte seine Ansprache gehalten und sich gerade das fünfte Glas Rotwein geholt. Nun stand er draußen auf der Hotelterrasse, lehnte sich an die Balustrade, schaute hinaus in den nächtlichen Park und nippte ab und zu an seinem Wein. Es war still geworden, still genug, um das Plätschern des Wassers im Swimmingpool zu hören. Eine Grille zirpte, und von fern konnte man die Geräusche der City ahnen. Es hätte ein Moment köstlicher Ruhe sein können, wären da nicht Landons aufwühlende Gedanken gewesen.

Bethany Lewis, Exfrau von Hector Halifax.

Beth, die ihn geküsst hatte, als hinge ihr Leben davon ab. Es war ein Kuss voller Verzweiflung gewesen, und irgendetwas daran hatte ihn tief berührt. Vielleicht weil auch er die Verzweiflung kannte. Sie war ein schäbiger Begleiter, ein schlechter Ratgeber.

Was ihn verwirrte, war, dass er körperlich auf den Kuss reagiert hatte. Bethany Lewis war weder die schönste Frau, die er je gesehen hatte, noch wirkte sie in ihrer Wut besonders sexy. Doch ihre harten, wilden Lippen auf seinem Mund hatten ihn unglaublich angemacht, und als Beth zwischen ihm und der Wand gefangen gewesen war, hatte er dem Bedürfnis, sie zu berühren und sie leidenschaftlich zu küssen, kaum widerstehen können.

Warum hatte er es nicht getan? Seit Jahren war ihm keine Frau mehr begegnet, bei der es gefunkt hatte. Zu gern hätte er gewusst, wie sich Bethanys Brüste anfühlten, zu gern hätte er diesen kleinen hungrigen Mund noch einmal geschmeckt.

Die vertrauten Schritte seines Bruders Garrett rissen ihn aus seinen Gedanken. Wo sein jüngster Bruder war, wusste er nicht, aber bestimmt hing Julian John irgendwo auf dieser Party rum und flirtete mit einer Kellnerin.

Autor

Red Garnier
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