Lady Margarets skandalöse Sehnsucht

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Ein unerwartetes Erbe beschert Margaret die Mittel für eine aufregende Saison: Bälle, Feste, Theatervorstellungen – aber auf keinen Fall will die unabhängige junge Lady einen Ehemann! Viel lieber pflegt sie ihre perfekte platonische Freundschaft mit Julian Randall, Earl of Atherton. Jüngst verwitwet, hat er keinerlei Heiratsabsichten. Doch plötzlich fühlt Margaret sich auf unerklärliche Weise zu ihm als Mann hingezogen! Verzweifelt kämpft sie gegen ihre skandalöse Sehnsucht nach Julians Berührungen, Küssen und leidenschaftlichen Umarmungen an, um ihre Freundschaft nicht zu gefährden …


  • Erscheinungstag 09.12.2025
  • Bandnummer 442
  • ISBN / Artikelnummer 9783751531788
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Julia Justiss

Lady Margarets skandalöse Sehnsucht

PROLOG

April 1836

Lady Margaret d’Aubignon hatte sich gerade ihre Reithandschuhe angezogen und schritt die Stufen von Montwell Glen hinunter, als der Butler am Fuß der Treppe erschien. „Lady Margaret, ich wollte Sie gerade holen!“, rief er.

„Was gibt es, Viscering?“, fragte sie, mit einer bösen Vorahnung zu ihm eilend.

Hatte ihr Vater neue Verbote für sie ersonnen? Wollte er ihr jetzt auch noch das Reiten untersagen? In den letzten Tagen hatte sie es vermieden, ihn zu erzürnen. Allerdings wusste sie nur zu gut, dass der Earl of Comeryn keinen Anlass für seine tyrannischen Diktate brauchte.

„Kein Grund zur Sorge, Mylady“, entgegnete der Butler in beschwichtigendem Tonfall. „Da ist nur ein Kurier mit einer Nachricht für Sie. Er wartet draußen.“

Eine Nachricht, die ein privater Kurier überbrachte, und noch dazu an einem Freitagmorgen, wenn ihr Vater sich nicht in Montwell Glen aufhielt, sondern bei seinem wöchentlichen Treffen mit dem Friedensrichter im Dorf war, musste von ihrem Bruder Crispin stammen, der die Gewohnheiten des Earls ebenso gut kannte wie sie selbst. Außerdem bedeutete es, dass Crispin unbedingt verhindern wollte, dass ihr Vater die Botschaft abfing.

„Danke, Viscering. Ich gehe sofort zu ihm.“ Sie verließ das Haus und spürte, dass ihr Herz schneller schlug. Waren Crispins Spekulationen erfolgreich gewesen? Würde sie endlich frei sein oder machte sie sich vergebliche Hoffnungen?

Sie hastete die Treppe hinunter und ging auf den Kurier zu, der sein Pferd am Zügel hielt und sich vor ihr verbeugte. „Ein Brief für Sie, Mylady.“

Ungeduldig nahm sie das Schreiben entgegen und erkannte Crispins Handschrift. „Sollen Sie auf eine Antwort warten?“

„Nein, Mylady. Mir wurde gesagt, ich müsse den Brief nur zustellen und könne dann wieder aufbrechen.“

„Gehen Sie zuerst in die Küche und fragen Sie nach Anna. Sie wird dafür sorgen, dass Sie eine Mahlzeit bekommen und Ihr Reittier versorgt wird, bevor Sie zurückreiten.“

„Ich danke Ihnen, Mylady.“ Der Reiter lüftete den Hut, bevor er sein Pferd wegführte.

Den Wunsch unterdrückend, das Siegel zu brechen und die Nachricht sofort zu lesen, steckte sie das Schreiben ein und begab sich in gemächlichem Tempo zu den Stallungen. Falls die Spitzel ihres Vaters sie beobachteten, war ihnen bestimmt nicht entgangen, dass sie einen Brief erhalten hatte. Aber vielleicht schöpften sie keinen Verdacht, wenn sie nicht erpicht wirkte, ihn zu lesen.

Im Stall stellte sie mit Erleichterung fest, dass Higgins, ihr heimlicher Verbündeter, schon bereit war, um mit ihr auszureiten. Selbst unter Aufsicht war es ihr nicht erlaubt, weiter als bis zur nördlichen Weide zu reiten, aber wenn sie das Glück hatte, dass Higgins sie begleitete, ließ er sich zurückfallen, sobald sie außer Sichtweite des Hauses waren, damit sie sich ein bisschen freier fühlen konnte.

Erst als sie wenig später einen kleinen Hain erreichten, saß sie ab und ließ Mahagony grasen.

Higgins nickte ihr zu. „Ich werde wie immer Wache halten, Mylady“, sagte er, bevor er sich entfernte.

Sobald sie sich unter dem schützenden Laubdach der Bäume befand, holte sie den Brief hervor, brach das Siegel und überflog die Zeilen.

Ihr Herz schlug wie wild, und eine unbändige Freude erfasste sie. „Halleluja!“, rief sie und küsste den Pergamentbogen, bevor sie das Schreiben erneut las und ihr Tränen in die Augen traten, die bis auf die wichtigsten Stichworte alles verschwimmen ließen.

die Investition hat meine kühnsten Erwartungen übertroffen … stattliche Summe für Dich in Londoner Bank deponiert … Komme nächste Woche nach Montwell Glen, um Euch nach London zu eskortieren …

Sie waren tatsächlich frei – sie und ihre Mutter! Endlich waren sie mit den nötigen Mitteln ausgestattet, um der Tyrannei des Earls für immer zu entkommen. Damit würde sie ihren Vater konfrontieren, wenn er heute Abend zurückkehrte.

Allerdings hatte sie nicht die Absicht, eine Woche zu warten, bevor sie floh. Sie würde ein paar Habseligkeiten zusammenpacken und morgen vor Tagesanbruch mit ihrer Mutter nach London aufbrechen, bevor der Earl of Comeryn einen Weg fand, sie daran zu hindern.

1. KAPITEL

Wenige Tage später spazierte Maggie über die Bond Street in London, und ein Lakai trug die Pakete ihres ersten Einkaufsbummels. Plötzlich vernahm sie hinter sich eine vertraute Stimme.

„Lady Margaret?“

Sie drehte sich freudig um. „Atherton!“, rief sie, während der Earl ihr entgegeneilte. „Was für eine angenehme Überraschung.“

„Sie sind es wirklich!“ Der Earl lächelte. „Ich war mir nicht sicher, ob ich meinen Augen trauen konnte. Ich dachte, meine Einbildung hätte Sie herbeigezaubert wie eine Fata Morgana. Sie sind also wieder in London? Wie haben Sie das geschafft?“

„Das ist eine lange Geschichte“, antwortete sie aufseufzend.

„Sie müssen mir alles erzählen. Wie ich sehe, waren Sie einkaufen. Sie brauchen bestimmt eine Erfrischung. Was halten Sie von Tee und Kuchen bei Gunter’s?“

„Das hört sich gut an“, entgegnete sie und wandte sich an den Lakaien. „Jackson, bitte bringen Sie meine Einkäufe zurück zum Portman Square und geben Sie der Countess Bescheid, dass ich mit Lord Atherton bei Gunter’s Tee trinke. Schicken Sie die Kutsche dann für mich zurück.“ Sie blickte fragend zu Atherton. „In einer Stunde?“

„Das ist nicht nötig. Ich bringe Sie später mit meinem Phaeton nach Hause. Der steht ohnehin am Berkeley Square. Dann können wir uns unterhalten, ohne uns um die Zeit zu sorgen.“

„Ich nehme Ihr Angebot gerne an. Jackson, sind Sie bitte so freundlich, meiner Mutter mitzuteilen, dass Lord Atherton mich nach Hause bringt?“

Nachdem sie den Lakaien weggeschickt hatte, wandte sie sich wieder an den Earl. „Was für ein glücklicher Zufall, Ihnen gleich bei meinem ersten Spaziergang in London zu begegnen! Gerne hätte ich Sie zum Tee an den Portman Square eingeladen, aber wir sind erst gestern angekommen. Da das Haus seit dem letzten Jahr geschlossen war, herrscht ein heilloses Durcheinander. Wir sind in großer Eile angereist und leider noch nicht ganz bereit, um Gäste zu empfangen.“

„Ihre Gesellschaft ist alles, was gefragt ist. Wollen wir?“, fragte er und bot ihr den Arm.

Lächelnd legte Maggie eine Hand auf seinen Arm und war überrascht, welches Kribbeln die Berührung in ihr auslöste.

Zweifellos übte er noch immer dieselbe Anziehung auf sie aus wie während der desaströsen Saison im letzten Jahr, als sie ihn sogar kurz als Heiratskandidaten in Betracht gezogen hatte. Offenbar hatte die Zeit diese Anziehungskraft nicht geschwächt.

Er war gut aussehend, geistreich, charmant und älter als sie – wenngleich nicht alt genug für ihren damaligen Vorsatz. Obwohl sie sich körperlich zu ihm hingezogen fühlte, war es ihr gelungen, ihn von einem potenziellen Verehrer zum Freund zu machen. Neben ihrem Bruder Crispin war er der Mann geworden, den sie am meisten schätzte.

Jetzt, da sie wieder in London war, hatte sie die vergnügliche Möglichkeit, diese Freundschaft zu pflegen – zumindest, solange es ihr gelang, diese lästige sinnliche Anziehung zu ignorieren.

Natürlich schaffst du das! ermahnte sie sich mit Nachdruck. Achte nicht darauf und genieße einfach nur die Gesellschaft dieses wundervollen Mannes!

„Ich bin ebenso erleichtert wie erfreut, Sie wiederzusehen“, beteuerte der Earl. „In Anbetracht der Umstände, unter denen Sie im letzten Jahr die Stadt verlassen haben, habe ich mir große Sorgen um Sie gemacht.“

„Sorgen, weil mein Vater mich buchstäblich aus dem Ballsaal gezerrt hat, nachdem er meine Verlobung mit Lord Tolleridge verkündet hatte und ich dies mit Nachdruck bestritt?“

„Dachte er, er könnte Sie durch diese öffentliche Ankündigung dazu zwingen?“, fragte Atherton.

„Ich nehme an, er hätte mich besser kennen müssen. Allerdings denkt der Earl of Comeryn oft, dass die Welt sich nach seinen Wünschen richtet, ganz gleich wie unsinnig oder realitätsfern seine Vorstellungen sind.“

„Der Vorfall auf dem Ball war schon beunruhigend genug, aber als ich Sie am nächsten Tag besuchen wollte und erfuhr, dass man Sie aufs Land gebracht hatte, war ich kurz davor, nach Montwell Glen zu reisen. Doch dann habe ich Ihren Brief erhalten.“

„Dem Himmel sei Dank, dass Sie mir nicht nachgereist sind! Da Sie ein angesehener verwitweter Gentleman sind, hätte mein Vater einen Weg gefunden, uns in eine Situation zu bringen, die er als kompromittierend dargestellt hätte. Er hätte Ihr Ehrgefühl ausgenutzt, um Sie zu einer Ehe mit mir zu zwingen.“ Sie lachte kurz auf. „Wir verheiratet? Was für eine Methode, eine Freundschaft zu zerstören!“

Obwohl es als Entschädigung möglicherweise andere Dinge gegeben hätte, dachte sie angesichts des aufregenden Kribbelns, das in seiner Nähe nicht nachzulassen schien.

Atherton schmunzelte. „Ich kann Ihnen nicht genug danken, dass Sie mir geschrieben haben und mich wissen ließen, dass es Ihnen gut geht.“

Nun … Maggie verzog das Gesicht und dachte an die Kammer, in der sie wochenlang eingesperrt gewesen war. Das war die Art und Weise, wie der Earl seinen Unmut über ihren Widerstand zum Ausdruck gebracht hatte. „So gut, wie es zu erwarten war“, entgegnete sie leise. „Mama war meinetwegen schon verzweifelt genug. Sie brachte den Mut auf, meine Briefe mit ihrem Siegel zu verschicken. Glücklicherweise ist ihre Korrespondenz schon immer so umfangreich gewesen, dass der Earl nie auf die Idee kam, ihre Briefe oder die Antworten darauf zu überprüfen.“

„Ich bin froh, dass Ihre Mutter Ihre Schreiben weitergeleitet hat. So wusste ich wenigstens in etwa, was vor sich ging. Allerdings haben Sie nie angedeutet, dass Sie nach London zurückkehren.“

Inzwischen hatten sie den Berkeley Square erreicht. Nachdem sie einige Bekannte gegrüßt hatten, die sich unter den Platanen in ihren Kutschen mit Erfrischungen bedienen ließen, führte der Earl sie zu einem Tisch. „Also, Tee und Gebäck? Oder möchten Sie doch lieber ein Eis?“

„Tee, denke ich, vielen Dank.“

Atherton gab die Bestellung auf, bevor er sich wieder Maggie zuwandte. „Verraten Sie mir, wie Sie zurück in die Stadt gekommen sind? Hat sich der Earl endlich erweichen lassen?“

Maggie ließ ein verächtliches Schnauben vernehmen. „Da sollten Sie meinen Vater besser kennen.“ Sie senkte die Stimme. „Ich werde Ihnen die Wahrheit erzählen, aber Sie müssen sie bitte vertraulich behandeln. Es ist mir nicht wichtig, was die feinen Kreise über meinen Vater denken, aber ich möchte meine Mama vor Gerede schützen.“

„Sie wissen doch genau, dass ich nie etwas preisgeben würde, was Sie mir anvertrauen!“

Sie tätschelte seine Hand und runzelte die Stirn, als die Berührung bei ihr einen heißen wohligen Funken auslöste. Sie bemühte sich, nicht darauf zu achten. „Das weiß ich. Ich möchte nur betonen, dass es das Beste ist, wenn die wahre Geschichte nicht an die Öffentlichkeit gelangt – zumindest nicht zum jetzigen Zeitpunkt. Nachdem der Earl mich in der letzten Saison zurück nach Montwell Glen verschleppt hatte, besuchte mich mein Bruder Crispin und versuchte, bei unserem Vater für mich um Gnade zu bitten. Der Earl war noch immer so wütend darüber, dass ich seinen alten Kumpan als zukünftigen Bräutigam abgewiesen hatte, dass er sich weigerte, meine ländliche Verbannung aufzuheben. Doch immerhin erlaubte er Crispin, mich zu sehen. Mein Bruder bot an, sich an Lady Ulmstead, die Tante meiner Mutter, zu wenden. Sie war diejenige, die Crispin das Geld für seine frühen Eisenbahninvestitionen gab. Er wollte sie bitten, mir die Summe vorzustrecken, die sie mir als Erbe hinterlassen wollte, um sie in meinem Namen in Aktien anzulegen. Sein Ziel war es, mir zu einem Kapital zu verhelfen, das groß genug war, damit ich unabhängig von meinem Vater leben kann. Nun, Tante Ulmstead stimmte zu, und Crispin war bei seinem Vorhaben enorm erfolgreich. Da ich gerade einundzwanzig Jahre alt geworden bin, konnte der Earl es nicht verhindern. Und auf diese Weise …“ Sie legte eine Hand an die Brust. „Vor sich sehen Sie eine wohlhabende, unabhängige Frau!“

„Bravo, Lady Margaret! Was für eine ausgezeichnete Nachricht! Der Earl war also gezwungen, diese Kröte zu schlucken? Ich kann mir nicht vorstellen, dass er darüber sehr glücklich ist.“

Die Bedienung brachte ihnen Tee und Kuchen. Maggie und Atherton schwiegen eine Weile, während sie den Tee einschenkte. Maggie dachte dabei an jenen Abend, nachdem Crispins Nachricht eingetroffen war. Ihr Vater hatte vor Wut geschäumt, als sie ihn von ihrer finanziellen Unabhängigkeit in Kenntnis gesetzt und ihm mitgeteilt hatte, dass ihr Bruder in der nächsten Woche kommen würde, um ihr beim Umzug nach London zu helfen. Der Earl hatte sie angeschrien und wilde Drohungen ausgestoßen, falls sie es tatsächlich wagte, sich ihm zu widersetzen. Maggie hatte sich nicht beirren lassen. Längst hatte sie mit ihrer Mutter verabredet, dass sie gemeinsam im Morgengrauen abreisen würden, bevor Comeryn sie erneut einsperren oder einen anderen Weg ersinnen konnte, um ihre Pläne zu vereiteln.

Es erfüllte sie mit einer bitteren Genugtuung, zu wissen, dass dieser Tyrann nie wieder in der Lage sein würde, sie wegzusperren oder zu kontrollieren.

„Er war in der Tat nicht glücklich darüber“, sagte sie, nachdem sie an ihrem Tee genippt hatte. „Ich teilte ihm mit, dass ich genügend Geld auf einer Londoner Bank hätte, um ein unabhängiges Leben zu führen, und dass ich beabsichtigte, Mama mit nach London zu nehmen und dort in einem Hotel zu wohnen, bis wir ein geeignetes Haus gefunden hätten. Es sei denn, er würde uns erlauben, ohne ihn in Comeryn House zu wohnen.“

Sie wartete ab, bis Atherton ihre Worte verdaut hatte, und lächelte, als er einen Moment später freudig in sich hineinlachte. „Was für eine raffinierte Frau Sie doch sind! Er muss vor Wut gekocht haben, als ihm bewusst wurde, was es für einen ungeheuren Skandal auslösen würde, wenn seine Frau und seine unverheiratete Tochter nicht im Stadthaus wohnen würden!“

„Genau“, bestätigte sie. „Obwohl ich offen gestanden ein anderes Quartier bevorzugt hätte. Aber ich möchte meiner Mama ermöglichen, ihren rechtmäßigen Platz in der Gesellschaft einzunehmen. Sie hat in all den Jahren der Ehe mit ihm genug ertragen müssen. Kein von mir verursachter Skandal sollte sie daran hindern, endlich ihre Freunde zu sehen und an allen Festivitäten der Saison teilzunehmen.“

„Nicht in Comeryn House zu wohnen, hätte auch Ihren Ruf beschädigt und Ihre Aussichten auf dem Heiratsmarkt verschlechtert, Lady Maggie“, merkte Atherton an.

Sie zuckte mit den Schultern. „Jetzt, wo ich Geld habe und leben kann, wie ich es will, habe ich nicht vor, jemals zu heiraten. Daher mache ich mir keine Sorgen darüber, was die feinen Kreise von mir denken. Allerdings werde ich meine gesellschaftliche Stellung lange genug wahren, um mein nächstes Ziel zu erreichen.

Deshalb bitte ich darum, dass die wahren Umstände meiner Rückkehr nach London vorerst verborgen bleiben.“

„Ich werde schweigen wie ein Grab. Und was ist dieses nächste Ziel?“

„Sie erinnern sich vielleicht an meine zwei besten Freundinnen, die ich während meiner Debütsaison kennengelernt habe – Lady Laura Pomeroy und Miss Eliza Hasterling?“

„Die große anmutige Blondine und die schweigsame kleine Brünette?“

„Ja. Wir stehen uns wirklich sehr nahe. Ich betrachte sie jetzt als die Schwestern, die ich immer haben wollte. Damit sie in Sicherheit sind und wir für immer enge Freundinnen bleiben können, will ich ihnen helfen, eine ähnliche Unabhängigkeit zu erlangen, wie ich sie jetzt habe. Unglücklicherweise hat keine der beiden einen hilfsbereiten Verwandten, der Geld für sie investiert, also müssen sie den traditionelleren Weg gehen und heiraten. Daher will ich Ehemänner für sie finden, die vermögend und alt genug sind, um sie bald zu reichen Witwen zu machen. In unserer Gesellschaft sind – abgesehen von kuriosen Ausnahmen wie mir – die einzigen Frauen, die ihr Leben wirklich selbst in der Hand haben, betuchte Witwen.“

Er starrte sie einen Moment lang an. „Das meinen Sie nicht ernst, oder?“

„Doch, natürlich! Ich würde nie über etwas scherzen, das mir so wichtig ist wie das Glück meiner Freundinnen.“

„Ihr Vorhaben ist unsinnig!“

„Warum denn? Vielleicht ist mein Plan berechnend, doch warum sollte er verwerflicher sein als der einer ehrgeizigen Mutter, die ihre Tochter mit einem Mann von hohem Rang und Titel verheiraten will? Oder der eines Mädchens, das versucht, einen möglichst wohlhabenden Ehemann zu ergattern? An diesen Zielen nimmt niemand Anstoß. Und ich schlage meinen Freundinnen ja nicht vor, Männer zu heiraten, die sie nicht mögen. Respekt und Zuneigung sind wichtig.“

„Das klingt in meinen Ohren immer noch gefühllos und kalt.“

Maggie winkte unwillig mit einer Hand ab. „Wenn man bedenkt, dass sich eine Frau mit der Heirat in eine vollkommene Abhängigkeit von ihrem Ehemann begibt, muss sie schon dumm sein, wenn sie ihre Wahl nicht sorgfältig abwägt – zumindest sofern man ihr eine Wahl lässt. Warum halten Sie es für verachtenswert, wenn ich meine Freundinnen mit älteren Gentlemen zusammenbringe, die sie gut behandeln und es ihnen ermöglichen, ihr Leben so zu leben, wie sie es wünschen? Männern steht dieses Recht von Geburt an zu!“

„Nicht doch!“, widersprach er. „Auch Gentlemen sind oft gezwungen, aus familiären oder finanziellen Gründen zu heiraten.“

„Stimmt. Ein weiterer Grund, warum mein Vorschlag nicht auf Ihr Missfallen stoßen sollte. Eine Heirat wird oft aus praktischen und nicht aus romantischen Gründen arrangiert – eine viel vernünftigere Basis für eine Eheschließung, wenn Sie mich fragen. Aber anders als seine Gattin hat der Ehemann sein Schicksal nach der Heirat selbst in der Hand. Wenn die Frau vernachlässigt wird und ihre Wünsche ignoriert werden, bietet ihr das Gesetz keinen Schutz, und oftmals findet sie noch nicht einmal in der eigenen Familie Unterstützung. Diese Tatsache können Sie nicht bestreiten.“

Die Ehe von Lady Margarets Mutter bot ein anschauliches Beispiel. Inzwischen wusste Atherton genug über Comeryns Tyrannei.

„Das mag wahr sein“, räumte er zögerlich ein. „Aber nicht jede Ehe wird zu einer traurigen Verbindung, in der die Frau leidet. Denken Sie nur an die Beziehung Ihres Bruders zu Marcella.“

„Nein, nicht jede Ehe ist unglücklich – zumindest nicht von Anfang an“, gab sie zu. „Doch auf lange Sicht entwickeln sich die meisten Ehen nicht gut, weshalb ich meinen Freundinnen lieber die günstigsten Umstände sichern möchte. Der Plan, den ich den beiden vorschlage, ist schließlich derselbe, den ich für mich selbst verfolgte, bevor meine letzte Saison abrupt beendet wurde.“

Atherton hob die Brauen. „Sie hatten vor, einen älteren Ehemann zu finden? Haben Sie mich deshalb ermutigt?“

Maggie lächelte. „Zu Beginn schon, doch ich habe bald festgestellt, dass Sie zwar älter sind als ich, aber noch viel zu jung und gesund, um als Partner infrage zu kommen.“

Und viel zu attraktiv für ein Mädchen, das entschlossen ist, sich nie zu verlieben, dachte sie insgeheim.

Er starrte sie an und schüttelte dann den Kopf. „Ich kenne wirklich keine Frau, die so unverblümt redet wie Sie! Ich weiß nicht, ob ich erfreut oder beleidigt sein soll.“

„Außerdem sind Sie ein Earl“, fuhr Maggie fort. „Ich möchte, dass meine Freundinnen reiche Männer aus dem einfachen Adel heiraten. Aristokraten von hohem Rang wie mein Vater sind zu oft arrogant und nicht willens, ihre Ansichten anzupassen.“

„Deshalb wollten Sie sich nicht auf Lord Tolleridge einlassen?“

Maggie erschauderte, als sie an den schlangenhaften Blick des Viscounts dachte. „Ich hätte ihn so oder so abgewiesen, auch wenn er nicht der Freund meines Vaters und nicht von altem Adel gewesen wäre. Er hat etwas sehr Unangenehmes an sich.“

„Sie tun gut daran, ihn zu meiden, jetzt, wo Sie wieder in London sind. Ich bezweifle, dass er Ihre öffentliche Ablehnung seines Antrags besser aufgenommen hat als Ihr Vater.“

„Eine Empfehlung, der ich gerne folge, da ich nicht den Wunsch hege, in seiner Gesellschaft zu verkehren. Glücklicherweise muss ich mich nicht mehr auf die Heirat mit einem älteren Mann konzentrieren, um meine Unabhängigkeit zu erlangen. Ich werde mich stattdessen bemühen, Laura und Eliza eine möglichst gute Zukunft zu sichern.“

Atherton blickte sie skeptisch an. „Was halten denn Ihre Freundinnen von diesem Plan?“

„Ich habe noch nicht mit ihnen darüber gesprochen“, gestand Maggie. „Doch das mache ich bald. Meine Mama besucht gerade ein paar alte Freundinnen und erkundigt sich diskret nach Kandidaten, die für die beiden geeignet sein könnten. Selbstverständlich würde ich meinen Freundinnen niemals irgendwelche Gentlemen empfehlen, deren Charakter ich nicht überprüft habe. Sie könnten mir dabei sehr behilflich sein …“

Atherton hob abwehrend eine Hand. „Bitte hören Sie auf! Ich weiß um Ihre guten Absichten und dass Sie nur das Beste für Ihre Freundinnen wollen. Aber wäre es nicht klüger, Lady Laura und Miss Hasterling selbst diejenigen auswählen zu lassen, die sie glücklich machen?“

„Selbstverständlich ist es allein ihre Entscheidung!“, erwiderte Maggie. „Ich möchte sie doch nur auf vielversprechende Kandidaten aufmerksam machen. Alles Weitere bleibt ganz ihnen überlassen.“

„Das beruhigt mich ein wenig. Nichtsdestotrotz habe ich immer noch das Gefühl, dass es ein Fehler ist, sich auf diese Weise einzumischen. Also sehen Sie bitte davon ab, bei diesem Vorhaben auf meine Hilfe zu setzen.“

„Nicht einmal, wenn es darum geht, die Integrität eines Gentlemans zu bestätigen, den Sie kennen?“

Atherton seufzte. „Dazu bin ich eventuell bereit, aber mehr auch nicht. Ich möchte Sie immer noch bitten, es sich anders zu überlegen.“

Maggie lachte leise. „Das können Sie mich ruhig bitten. Aber nachdem ich meine eigene Freiheit erlangt habe – oh, welch glücklicher Tag! –, will ich auch für Eliza und Laura eine solche Unabhängigkeit erreichen.“

„Könnte es nicht sein, dass die beiden von dieser Idee nicht so begeistert sind wie Sie?“

„Das ist schon möglich. Lady Laura ist zwar noch oft mit der Pflege ihres Vaters beschäftigt, der sich nie ganz von einem Kutschenunfall erholt hat, muss aber irgendwann heiraten. Und Eliza möchte ohnehin einen eigenen Haushalt gründen. Warum sollten nette ältere Gentlemen nicht als Ehemänner infrage kommen?“

Atherton schüttelte das Haupt. „Sie sind sehr hartnäckig, wenn Sie sich einmal etwas in den Kopf gesetzt haben. Allerdings muss eine Frau, die einem Tyrannen wie dem Earl of Comeryn Widerstand leistet, wahrhaftig willensstark sein.“ Er schenkte ihr ein anerkennendes Lächeln.

Maggie lachte. „Auf die Gefahr hin, das strahlende Bild zu trüben, das Sie von meiner Tapferkeit zu haben scheinen, muss ich zugeben, dass es gar nicht so viel Standhaftigkeit erforderte. Als jüngstem Kind, das noch dazu ein Mädchen war, hat Comeryn mir einfach keine Beachtung geschenkt. Elizabeth hat geheiratet, als ich noch klein war, mein Bruder James ist kurz danach nach Indien gegangen und Crispin bemühte sich, irgendwie mit dem Earl zurechtzukommen. Erst als Crispin mit Comeryn brach, um seinen eigenen Weg zu gehen, und ich seine Rolle übernahm, unsere Mutter zu unterstützen, begannen die Auseinandersetzungen zwischen meinem Vater und mir. Doch selbst da waren die Streitigkeiten nicht von Dauer. In der Regel gab ich irgendwann nach. Erst als ich mich beharrlich weigerte, mich seinen Heiratswünschen zu beugen, war ein endgültiger Bruch unvermeidbar. Er betrachtete es als eine Unverschämtheit, dass ich einen Mann ablehnte, der eingewilligt hatte, auf meine Mitgift zu verzichten. Damit hinderte ich ihn daran, das Geld selbst zu verwenden.“

„Wieso hatte er denn Zugriff auf das Geld, das für Ihre Mitgift bestimmt war?“

„In dem Ehevertrag mit meiner Mama ist nicht festgelegt worden, dass ein bestimmter Betrag für mich zurückgelegt wird. Sobald meine Eltern geheiratet hatten, gehörte Comeryn ihr gesamtes Vermögen, über das er nach Belieben verfügen konnte. Nachdem er eine für ihn so vorteilhafte Vereinbarung mit Tolleridge getroffen hatte, war er stolz darauf, eine nutzlose Tochter loszuwerden, ohne sich von etwas trennen zu müssen. Daher kannte seine Wut auf mich keine Grenzen, als ich seine Pläne durchkreuzte.“

„Jeder Vater, der diesen Namen verdient, hätte das Geld sicher liebend gerne ausgegeben, um sein Kind mit einem anderen als diesem undurchsichtigen Viscount zu verheiraten.“

„Nun, da haben Sie es. Ich möchte dafür sorgen, dass Laura und Eliza in einer besseren Situation sind, als ich es jetzt wäre, wenn Crispin nicht eingegriffen hätte.“

„In diesem Punkt kann ich Ihnen zustimmen, aber drängen Sie Ihre Freundinnen nicht zu sehr.“

„Davon werden Sie mich sicher abhalten, falls ich dazu neige. Ich denke, wir werden uns in dieser Saison oft sehen, oder nicht? Sie haben doch nicht vor, nach Atherton Hall zurückzukehren?“

„Ich sehe dort ab und an nach dem Rechten. Wenn alles so läuft, wie es soll, bleibe ich bis zum Ende der Saison überwiegend in London.“

Hat er vor, nach geeigneter weiblicher Gesellschaft Ausschau zu halten? Es war allgemein bekannt, dass der verwitwete Earl seit dem Tod seiner Frau eine ganze Reihe von Affären gehabt hatte.

Nachdem Maggie die Verzweiflung ihrer Mutter über die Untreue ihres Vaters miterlebt hatte, wollte sie eine solche Demütigung auf keinen Fall am eigenen Leibe erfahren. Auch wenn Atherton eindeutig aus einem anderen Holz geschnitzt war als ihr Vater, war sie sich nicht sicher, ob er zu dauerhafter Treue in der Lage war. War er während seiner Ehe treu gewesen? Diese Frage konnte sie ihm natürlich nicht stellen.

Ihre Entschlossenheit, die emotionalen Verwicklungen zu vermeiden, die ihrer Mutter zum Verhängnis geworden waren, machte sie allerdings nicht resistent gegen Athertons körperliche Anziehungskraft. Bei der Vorstellung, dass er mit diesen starken Armen eine andere Frau umfasste, verspürte sie einen schmerzhaften Stich. Das konnte doch nicht etwa Eifersucht sein?

Sie mochte ihn zwar sehr attraktiv finden, doch die traurige Wahrheit war, dass sie sich nicht solchen Vergnügungen hingeben konnte wie eine Witwe.

Rasch schob sie diesen Gedanken beiseite. „Dann freue ich mich darauf, Ihre Gesellschaft zu genießen, sofern Sie nicht gerade mit Ihren Liebschaften beschäftigt sind.“

Atherton errötete. „Das ist kein geeignetes Gesprächsthema für Sie und mich.“

Maggie winkte ab. „Kommen Sie, Sie würden mich nicht halb so sehr mögen, wenn ich eine vertrocknete Jungfer wäre, die so tut, als wüsste sie nicht, was zwischen Männern und Frauen vor sich geht. Ganz zu schweigen davon, dass ich heuchlerisch wäre, da ich von den Affären meines Vaters schon Kenntnis erhielt, als ich kaum dem Gängelband entwachsen war. Wenn ich Sie in dieser Saison dazu überreden kann, mich bei meinem Plan zu unterstützen, und sei es nur, um den Charakter eines Kandidaten zu überprüfen, wäre ich Ihnen sehr verbunden.“

„Meine Hilfe wird in der Tat sehr begrenzt bleiben“, entgegnete er mit warnendem Unterton.

Maggie wechselte das Thema. „Was ist mit Ihren Söhnen? Haben sie sich alle wieder gut in der Schule eingelebt?“

Sie lächelte, als sie sah, wie sich Athertons Miene aufhellte. Falls er noch immer um seine verstorbene Frau trauerte – weshalb er den Gerüchten zufolge trotz der vielen Verlockungen nach der Beendigung der Trauerzeit vor sechs Jahren nie wieder geheiratet hatte –, behielt er diese Gefühle für sich. Da sie keine Erinnerungen in ihm wecken wollte, die ihn traurig stimmten, hatte sie es stets vermieden, ihn nach der verstorbenen Lady Atherton zu fragen. An seiner Liebe zu den drei Söhnen bestand jedenfalls kein Zweifel.

„Ja, sie haben mir schon mehrfach geschrieben. Ich bin in Kent geblieben, bis sie für das nächste Schuljahr abreisen mussten. Stephen ist ein hervorragender Schütze und ein ausgezeichneter Reiter geworden, Mark ist weiterhin für jeden Unfug zu haben, und beide haben versprochen, auf Edward aufzupassen. Es ist sein erstes Jahr im Internat, wie Sie sich vielleicht erinnern.“

„Gut, dass er seine großen Brüder hat, die ihn beschützen. Jungen können recht grob sein, das weiß ich. Bestimmt vermissen Sie die drei.“

Er stieß einen tiefen Seufzer aus. „In der Tat. Mit zehn, acht und sechs Jahren sind sie mittlerweile alt genug, um mit mir auszureiten, Pächter zu besuchen, auf die Jagd oder zum Fischen zu gehen oder eine Runde Karten zu spielen. Stephen fordert mich sogar beim Schach heraus. Aber sie müssen eben in die Schule. Also bin ich hier.“

Maggie blickte ihn mitfühlend an. „Ich sollte mich allmählich nach Hause begeben“, sagte sie nicht ohne Bedauern und stellte ihre Teetasse ab. „Es gibt noch viel zu tun, damit im Haus alles reibungslos läuft und Mama ihre ersten Gäste empfangen kann. Wir sind froh, dass Viscering bald kommt, um uns tatkräftig zu unterstützen.“ Sie schmunzelte. „Jetzt, da unser Umzug nach London eine Tatsache ist, würden es die feinen Kreise vermutlich seltsam finden, wenn unser Butler in Montwell Glen geblieben wäre.“

Atherton lachte laut auf. „Das ist wirklich der grausamste Schlag, den Sie Ihrem Vater versetzen konnten! Ihm den Butler vor der Nase wegzuschnappen!“

Maggie stimmte in das Lachen ein. „Sie müssen bald zu uns zum Tee kommen, damit wir unsere Kalender vergleichen können und herausfinden, zu welchen Festivitäten wir beide eingeladen sind. Ich freue mich schon darauf, wieder mit Ihnen zu tanzen und Sie als Partner beim Kartenspiel an meiner Seite zu wissen.“

„Haben Sie vor, Ihre Bekannten zu schröpfen, obgleich Sie jetzt finanziell unabhängig sind? Oder ist alles so fest angelegt, dass Sie Ihr Nadelgeld aufstocken müssen?“

„Nein, ich spiele aus Spaß an der Freude. Auch wenn ein kleiner Nebenverdienst nie schaden kann. Es ist viel unterhaltsamer, mit einem klugen Partner zu spielen, und ich finde, wir beide haben uns dabei immer bewährt.“

„In der Tat. Ich stehe zu Ihrer Verfügung, egal ob es um Tänze, Kartenspiele oder andere Unternehmungen geht.“

„Ich habe London im letzten Jahr so überstürzt verlassen müssen, dass ich keine Gelegenheit mehr hatte, mich bei Ihnen für Ihre große Hilfe zu bedanken. Dass Sie immer wieder eingeschritten sind, um Tolleridge von mir fernzuhalten, werde ich nie vergessen.“

„Es war mir ein Vergnügen.“ Er sah sie an.

Seine Augen machten sie sprachlos. Hatte sie jemals auf dieses tiefe Samtgrün geachtet? Es war wie das warme Grün eines Waldes im Hochsommer. Seine Augen waren ebenso attraktiv wie alles andere an ihm …

Sie zwang sich, den Blick von ihm abzuwenden. „Zum Glück müssen wir keinen ungewollten Verehrer mehr abwehren, sondern können einfach unsere Freundschaft genießen. Versprechen Sie mir, dass wir uns bald wiedersehen?“

Freundschaft muss genügen, sagte sie sich in der unliebsamen Einsicht, dass es leider nicht mehr sein konnte.

„Schicken Sie mir eine Nachricht, sobald ich zu Besuch kommen kann. In der Zwischenzeit könnten wir vielleicht einen gemeinsamen Ausritt unternehmen. Was halten Sie davon?“

„Oh, das wäre ganz wundervoll! Sobald meine Planung für die nächsten Tage feststeht, melde ich mich bei Ihnen.“

„Ausgezeichnet. Ah, ich sehe, dass Henry mir vom Eingang aus ein Zeichen gibt. Offenbar hat er uns gesehen und meinen Phaeton noch näher hergebracht. Wollen wir aufbrechen?“

Angesichts der Herzlichkeit, mit der sie ihre Freundschaft erneuert hatten, bedauerte Maggie das nahende Ende der Begegnung. Sie tröstete sich mit dem Gedanken, ihn bald wiederzusehen. Hoffentlich würde ihr bis dahin etwas einfallen, um ihn zu einer weitreichenderen Unterstützung ihres Vorhabens zu überreden.

Zunächst wollte sie selbstverständlich mit Laura und Eliza darüber sprechen. Wie wundervoll es war, die beiden wiederzusehen!

Und noch schöner war die Vorstellung, ihnen durch die Vermittlung entsprechender Ehemänner die Aussicht zu eröffnen, eine vergleichbare finanzielle und persönliche Unabhängigkeit zu erlangen. Was für eine schöne Zeit konnten sie miteinander verbringen, wenn sie alle drei frei waren! Sie konnte es kaum erwarten, die ersten Schritte einzuleiten, die in diese Richtung führten.

Auf dem Heimweg zum Portman Square verhalf ihr Atherton zu einem Überblick, wer von ihren gemeinsamen Bekannten in dieser Saison nach London zurückgekehrt war und welche Theaterstücke aktuell von Interesse waren. Sie genoss es, neben ihm zu sitzen und die Nähe seines muskulösen Körpers zu spüren. Und was schadete es schon, wenn sie sich insgeheim wünschte, eine intimere Beziehung eingehen zu können. Was war daran so schlimm?

Sie würde nie versuchen, ihn zu verführen. Um ihrer Mutter die Rückkehr in die Londoner Gesellschaft nicht zu erschweren und um für Laura und Eliza geeignete Ehemänner zu finden, würde sie Rücksicht auf die Meinung der feinen Kreise nehmen.

Was sie danach zu tun gedachte, wusste sie noch nicht. Aber während sie darauf hinarbeitete, die beiden Freundinnen zu verheiraten, würden Athertons Freundschaft, seine möglichst häufige Begleitung und hoffentlich auch seine Unterstützung bei der Umsetzung ihrer Ziele ihr die Tage versüßen.

Am nächsten Tag saß Maggie im Gesellschaftszimmer von Comeryn House und schenkte Lady Laura Pomeroy und Miss Eliza Hasterling Tee ein. Nachdem sie erzählt hatte, wie es zu ihrer Rückkehr in die Stadt gekommen war, und begeisterte Glückwünsche zu ihrer Unabhängigkeit entgegengenommen hatte, beschrieb sie ihren großen Plan, wie die Freundinnen eine ähnliche Freiheit erlangen konnten.

Als Maggie ihre Erläuterungen beendet hatte, starrte Eliza sie mit offenem Mund an, während Laura das Wort ergriff. „Du schlägst vor, dass wir deutlich ältere Männer heiraten, die wahrscheinlich bald sterben und uns als reiche Witwen zurücklassen?“

„Genau“, antwortete sie nickend.

„Das kann doch nicht dein Ernst sein“, sagte Laura stirnrunzelnd.

„Doch, ich meine es vollkommen ernst! Das war auch mein eigener Plan, bevor ich durch die Unterstützung meiner Tante und durch Crispins Geschick auf eine andere Weise unabhängig geworden bin.“

Eliza seufzte. „Ich nehme an, es schadet nicht, wenn ich mich mit dem Gedanken anfreunde, einen älteren Gentleman zu heiraten. Offen gestanden kann mir meine Familie keine weitere Saison finanzieren. Ich bin keine Schönheit wie Laura, besitze so gut wie keine Mitgift und verstehe mich nicht auf die Art von Konversation, die in der Gesellschaft geschätzt wird. Daher wird es mir wohl kaum gelingen, bei einem attraktiven jungen Mann ernsthaftes Interesse zu wecken.“

„Und das ist auch gut so! Sich zu verlieben, wird überschätzt und wirkt sich vor allem für eine Frau nachteilig aus“, behauptete Maggie. „Verliebte Schwärmerei kann eine Frau blind für die Fehler eines zukünftigen Ehemannes machen. Und einmal verheiratet, sitzt sie dann in der Falle. Seht euch doch nur meine arme Mama an! Trotz des enormen Vermögens, das sie mit in die Ehe brachte, wollte Comeryn ihr nicht einmal das nötige Geld zugestehen, um sich während der Saison in London aufzuhalten. Und kaum hatte sie ihm seinen Erben und einen zweiten Sohn geschenkt, hat er ihr gar keine Beachtung mehr geschenkt und sie mit seinen zahllosen Affären gequält. Erinnert euch nur an die dummen verliebten Mädchen in der letzten Saison. Viele hatten ihre naiven Herzen an Männer verloren, die sie keines Blickes würdigten. Ich möchte, dass euch beiden dieser Kummer erspart bleibt. Es erscheint mir viel besser, sich gütlich mit einem älteren Gentleman zu einigen. Oft sind diese Männer die intelligenteren Gefährten und meistens sind sie auch noch in der Lage, Kinder zu zeugen.“ 

„Ich habe es nicht eilig, zu heiraten“, erklärte Lady Laura mit Bestimmtheit. „Zunächst möchte ich Miss Rochdale, der jungen Erbin, die ich erwähnte, helfen, in der Gesellschaft Fuß zu fassen. Außerdem hat sich der Zustand meines Vaters weiter verschlechtert, was mich sehr beunruhigt.“

Maggie drückte ihre rechte Hand. „Umso wichtiger ist es, dass du heiratest! Dein Vater wäre erleichtert, wenn er wüsste, dass du einen Gatten hast, der dich beschützt, egal was kommen mag.“

Autor

Gefahren

  • Dieses Produkt enthält keine bekannten Gefahren.

Kontakt zum Herausgeber für weitere Informationen zur Barrierefreiheit

  • Weitere Informationen zur Barrierefreiheit unserer Produkte erhalten Sie unter info@cora.de.

Navigation

  • Dieses E-Book enthält ein Inhaltsverzeichnis mit Hyperlinks, um die Navigation zu allen Abschnitten und Kapiteln innerhalb dieses E-Books zu erleichtern.