Liebe wie ein ungeschliffener Diamant (8-teilige Serie)

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SINNLICHE NÄCHTE IM INSELPARADIES von SUSAN STEPHENS
Niemals! Wütend sucht Lisa den Tycoon Konstantin Zagorakis auf seiner Insel in der Ägäis auf, um ihn von der Übernahme ihres Konzerns abzuhalten. Ein brisantes Spiel mit dem Feuer! Denn Lisa ist ganz allein mit ihrem mächtigen Gegner auf seinem sinnlich sonnigen Eiland …

FLUCHT IN DIE OASE DER LIEBE von SANDRA MARTON
Entführt und in einen Harem verkauft ... Das Schicksal der schönen Balletttänzerin Leanna scheint besiegelt. Bis der attraktive Cameron in ihr Leben tritt. Unter Einsatz seines Lebens befreit er sie aus der Gewalt des Sultans von Baslaam. Auf einer dramatischen Flucht durch die Wüste kann Leanna sich der faszinierend männlichen Ausstrahlung ihres Retters von Tag zu Tag weniger entziehen, in einer märchenhaften Oase gibt sie sich schließlich seinen Verführungskünsten hin. Doch als sie ihm nach einer berauschenden Nacht überglücklich ihre Liebe gesteht, weist er sie eiskalt zurück ...

SÜßE NÄCHTE IN RIO von SARAH MORGAN
Sie hat ihn belogen, doch vergessen konnte Luciano sie nie! Jetzt braucht Kimberley seine Hilfe, da sie erpresst wird und ihr Sohn in Gefahr schwebt. Der Milliardär will die Gunst der Stunde nutzen: Er wird ihr die Summe geben – dafür soll sie ihm süße Nächte schenken!

GEFANGENE DER LIEBE von SANDRA MYLES
Noch nie zuvor hat der sympathische Unternehmer Matthew Knight eine hinreißendere, erotischere Frau getroffen als Mia Palmieri! Im Strudel seiner leidenschaftlichen Gefühle entführt er die sinnliche Schönheit in sein einsam gelegenes Haus und erobert ihr Herz. Ihre Liebe ist explosiv, wild und zärtlich zugleich. Nie wieder möchte er Mia gehen lassen. Doch sie hat ein brisantes Geheimnis, und er muss einen Auftrag erfüllen: ihr dieses Geheimnis zu entlocken. Wird ihre Liebe dieser Zerreißprobe standhalten?

SPIEL MIT DEM FEUER von CAROL MARINELLI
Geliebte eines feurigen italienischen Millionärs? Um den vermögenden Hotelier Alessandro Santini vor einem Anschlag zu schützen, muss die Polizistin Lydia sich als seine neue Eroberung ausgeben. Ein heißes Spiel, aus dem schnell Wirklichkeit wird. Denn Alessandro ist der aufregendste Mann, den Lydia je kennengelernt hat. Doch auch wenn sie in seinen Armen nie gekannte Leidenschaft findet, glaubt sie: Für Alessandro und eine einfache Polizistin wie sie gibt es keine gemeinsame Zukunft. Erst als die Ereignisse eine dramatische Wende nehmen, wird Lydia klar, dass Liebe alle Grenzen überwindet ...

TAUSENDUNDEINE NACHT IN DEINEN ARMEN von MIRANDA LEE
Tausendundeine Nacht mit Scheich Bandar sind Samantha nicht genug. Ganz verzückt gibt sie sich immer wieder der Leidenschaft in seinen Armen hin. Bis Bandar überstürzt abreisen muss und sie erfährt, welch tragisches Geheimnis er ihr verschwiegen hat …

ENTFÜHRUNG AUF DIE INSEL DES GLÜCKS von SANDRA MARTON
Als der Sicherheitsexperte Alexander Knight die temperamentvolle Cara Prescott zu ihrem Schutz auf seine Privatinsel in Florida entführt, ahnt er noch nicht, dass dieser Auftrag der schwerste seines Lebens sein wird. Denn die hinreißend schöne Cara weckt in ihm ein verzehrendes Verlangen, das zu einem Sturm der Leidenschaft wird, als er erkennt, dass sie seine Gefühle erwidert. Nie zuvor hat er so intensive sinnliche Nächte erlebt - fast vergisst er, warum sie hier sind. Doch ein Anruf versetzt Alexander in höchste Alarmbereitschaft: Die Frau seiner Träume ist in Gefahr ...

WILDROMANTISCHES WIEDERSEHEN von PENNY JORDAN
Sasha ist jung und schön, doch voller Angst - Angst vor der Rache des Mannes, den sie einmal so sehr liebte: Gabriel Calbrini, der nun als Vormund ihrer beiden kleinen Söhne wieder in ihr Leben tritt. Niemals hat Gabriel ihr verziehen, dass sie ihn damals verlassen hat - verlassen musste. Doch als sie sich nun am smaragdgrünen Meer an Sardiniens wildromantischer Küste wiedersehen, flammt erneut heiße Leidenschaft zwischen ihnen auf ...


  • Erscheinungstag 24.06.2021
  • ISBN / Artikelnummer 9783751506663
  • Seitenanzahl 1168
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cover

Susan Stephens, Sandra Marton, Sarah Morgan, Carol Marinelli, Miranda Lee, Penny Jordan

Liebe wie ein ungeschliffener Diamant (8-teilige Serie)

IMPRESSUM

Sinnliche Nächte im Inselparadies erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0
Fax: +49(0) 711/72 52-399
E-Mail: kundenservice@cora.de

© 2005 by Susan Stephens
Originaltitel: „Virgin for Sale“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe 2006 in der Reihe JULIA, Band 1736
Übersetzung: Sabine Reinemuth

Umschlagsmotive: dmbaker/ Getty Images

Veröffentlicht im ePub Format in 04/2021

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751506564

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

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BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

 

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PROLOG

„Du musst flüchten, Lisa, schnell, bevor sie dich holen …“

Eloisa Bond packte ihre Tochter so heftig, dass Lisa Tränen in die Augen traten.

„Nur bei deinem Vater bist du sicher. In der Stadt.“ Verzweifelt redete sie auf sie ein.

„In der Stadt? Bei meinem Vater?“ Entsetzt sah Lisa ihre Mutter an, riss sich jedoch schnell wieder zusammen und setzte eine gleichgültige Miene auf. Ein ausdrucksloses, maskenhaftes Gesicht war in der Welt, in der sie lebten, der beste Schutz vor öffentlichen Erniedrigungen.

Lisa befand sich in ständiger Angst vor ihrer „Familie“, der Kommune. Niemals könnte sie es übers Herz bringen, ihre Mutter dort allein zurückzulassen. Doch auch die Vorstellung, zu ihrem Vater zurückkehren zu müssen, versetzte sie in Schrecken. Er war für sie nur ein Fremder. Vor sieben Jahren hatte sie ihn zusammen mit ihrer Mutter verlassen und konnte sich nur noch schemenhaft an ihn erinnern. War er nicht ebenso grausam wie die Männer in der Kommune gewesen?

Furchtsam blickte sie zur offenen Tür – es war verboten, sie zu schließen oder gar zu verriegeln.

„Bitte, Lisa, bitte! Du musst weg sein, bevor sie kommen.“

Die Stimme ihrer Mutter hatte wieder jenen verzweifelt weinerlichen Ton, den Lisa so hasste, weil sie ihn mit schrecklichen Erlebnissen verband. Eloisas einst schönes Gesicht wirkte eingefallen, ihre Augen waren blutunterlaufen und die Lippen von der letzten Bestrafung noch immer geschwollen.

Das trockene Schluchzen ihrer Mutter brach Lisa das Herz. Da sie jedoch nicht wusste, wie sie ihr helfen konnte, blieb sie stumm.

„Ich habe etwas Geld von meinen Marktverkäufen zurückbehalten.“ Eloisa griff in die Falten ihres weiten Gewandes.

„Aber das ist Diebstahl! Du hast dich am gemeinsamen Eigentum vergriffen – dafür wird man dich bestrafen!“

„Wenn du mich liebst, Lisa, nimmst du das Geld und flüchtest.“

Lisa sah ihrer Mutter ins Gesicht, die Münzen in ihrer Hand fühlten sich kühl und hart an. „Nur, wenn du mitkommst“, erwiderte sie fest.

Einen Moment lang leuchteten Eloisas Augen auf, doch dann waren von Weitem die Stimmen der Männer zu hören.

„Klettere durchs Fenster! Beeil dich!“ Das erste Mal in Lisas Leben übernahm ihre Mutter das Kommando. „Lauf, so schnell du kannst, zur Bushaltestelle, bleib vorher auf keinen Fall stehen! Hast du mich verstanden?“ Sie drückte ihr einen Zettel in die Hand. „Das ist die Adresse deines Vaters.“

„Und du?“

„Ich bleibe hier … ich lenke sie ab, bis du weit genug weg bist.“

Mutter und Tochter warfen sich einen letzten intensiven Blick zu. Für mehr war keine Zeit. Der Leiter der Kommune hatte für den Abend ein großes Fest angekündigt, zu dem alle eingeladen waren: Lisas rituelle Entjungferung.

„Ich muss zu meinem Vater. Ich muss zu meinem Vater.“ Wie im Wahn redete sich Lisa dies ein, während sie in der Dunkelheit über die einsame Landstraße lief. Nur so konnte sie ihre innere Stimme übertönen, die sie anflehte, umzudrehen und in die Kommune zurückzukehren, um ihrer Mutter zu helfen. Gleichzeitig wusste sie jedoch auch, dass sie mit ihrer Rückkehr Eloisa nur noch größeren Schmerz zufügen würde.

Als sie die Lichter der Haltestelle aus dem Dunkel der Nacht auftauchen sah, mobilisierte sie ihre letzten Kräfte und erreichte gerade noch rechtzeitig den letzten Bus in die Stadt. Endlich war sie in Sicherheit. Die Kommune besaß kein Auto, mit dem man ihre Verfolgung hätte aufnehmen können …

Kommentarlos händigte der Busfahrer ihr das Ticket aus. Sosehr er sich auch über das schmutzige Mädchen, das krampfhaft einen Zettel umklammerte und entschlossen die Lippen aufeinandergepresst hatte, wundern mochte, er sagte kein Wort.

Lisa blickte ausdruckslos vor sich hin. Sie spürte, wie ihre Mutter ihr in Gedanken gut zuredete und sie aufforderte, einen Schlussstrich unter die Vergangenheit zu ziehen und die Lisa Bond zu werden, die schon immer in ihr schlummerte.

In der Kommune hatte sie sich sorgsam um die zarten Setzlinge kümmern müssen, damit sie sicher wachsen und gedeihen konnten. Sie hatte das Unkraut von ihnen ferngehalten und sie verantwortungsvoll gehegt und gepflegt, bis sie zu großen Pflanzen herangewachsen waren. Und genau das Gleiche würde sie nun mit ihrem eigenen Leben tun.

1. KAPITEL

„Sie kommt …“

Konstantin Zagorakis verzog nicht die kleinste Miene, als sein persönlicher Assistent seine Verhandlungspartnerin ankündigte. Doch als Lisa Bond schließlich den Raum betrat, weiteten sich seine Augen für einen Moment.

Das Schicksal meinte es gut mit ihm, dass jetzt eine Frau den Aufsichtsrat von Bond Steel führte. Jack Bond war ein schwieriger Verhandlungspartner gewesen – mit der Tochter würde es ein leichteres Spiel werden.

Lisa Bond eilte zwar der Ruf voraus, eine eiskalte Geschäftsfrau zu sein, die ihrem verstorbenen Vater ebenbürtig war. Doch so abgebrüht sie auch sein mochte, sie war eine Frau und somit von ihren Gefühlen gelenkt. Und genau diese Tatsache hatte er schon früher zu nutzen gewusst.

Kühl und souverän schritt Lisa in den Konferenzraum. Ihr selbstbewusstes Auftreten imponierte und reizte Konstantin gleichermaßen. Sie war eine Herausforderung, doch er war sich sicher, wenn er seine altbewährten Verführungskünste anwendete, würde sie unter seinen Händen so geschmeidig wie Seide.

Lisa hatte eine schwere Kindheit durchlebt, das wusste er, aber auch seine Jugend war beileibe nicht leicht gewesen. Es gab nur zwei Frauen auf der Welt, denen er vertraute. Lisa Bond gehörte nicht dazu.

Sie war eine Frau mit Vergangenheit. Bevor sie zu ihrem Vater zurückgekehrt war, hatte sie mit ihrer Mutter in einer anarchistischen Kommune gelebt. Lisa hatte eine Mauer zwischen sich und dieser Vergangenheit errichtet, aber einem Mann wie ihm konnte sie nichts vormachen. Hinter ihrer kühlen Fassade verbarg sich zweifellos eine sensible Frau. Und Konstantin wollte beides: das Feuer in ihr entfachen und gleichzeitig Bond Steel zu einem Spottpreis an sich reißen.

Was geschäftliche Verhandlungen anging, kannte Konstantin keine Skrupel. Sein persönlicher Sieg war das Einzige, das ihn interessierte.

Lisa umgab eine Aura von Macht vermischt mit dem süßen Duft ihres Parfums. Männer in dunklen Anzügen folgten der kleinen, zierlichen Frau. Aber so deutlich sie sie körperlich auch überragten, es war ganz offensichtlich, wer hier die Zügel in der Hand hielt.

In Wirklichkeit war Lisa Bond noch schöner als auf dem Foto, das er von ihr kannte. Sie trug ein schwarzes maßgeschneidertes Kostüm und hatte ihr dichtes haselnussbraunes Haar zu einem raffinierten Knoten zusammengefasst. Konstantin war es gewohnt, dass Frauen ihm gegenüber ihren Charme und ihre Reize ausspielten. Lisa bildete jedoch eine Ausnahme. Sie verhielt sich distanziert, und ihre faszinierenden grünen Augen blickten ihn kühl an.

Sie reizte ihn, und er wusste, auch von ihr würde er sich lediglich nehmen, was er wollte, mehr nicht. Konstantin fühlte sich von den Frauen verraten, gleich nach seiner Geburt hatte ihn die wichtigste Frau seines Lebens verlassen. Nie wieder würde er einer Frau trauen. Lediglich in zwei Fällen war er von diesem Grundsatz abgewichen, eine dritte Ausnahme würde es nicht geben.

In einem Punkt waren sich Boulevardzeitungen und seriöse Fachmagazine einig: Lisa Bond besaß männliche Führungsqualitäten gepaart mit weiblicher Raffinesse, und darauf beruhte ihr Erfolg. Als Konstantin ihr Dekolleté erblickte, musste er diesem Urteil zustimmen. Es war unwahrscheinlich, dass sie lediglich vergessen hatte, den obersten Knopf ihres Blazers zu schließen. Wahrscheinlicher war, dass sie ihre Verhandlungspartner absichtlich mit dem Anblick ihrer vollen Brüste zu verwirren versuchte.

Was immer auch während der Konferenz passieren mochte, Konstantin würde sich durch ihre Tricks nicht ablenken lassen, sondern die Schwachstellen ihres Unternehmens schonungslos offenlegen. Er und seine Leute würden die Unterlagen durchkämmen, bis sie den kleinsten Fehler in der Firmenpolitik gefunden hätten. Die bevorstehende Verhandlung über die Übernahme einiger Zulieferbetriebe war nur ein Ablenkungsmanöver. Sobald er die Schwachstelle von Bond Steel entdeckt hatte, würde er zuschlagen und sich den gesamten Konzern einverleiben.

Inwieweit Lisas eigener Arbeitsplatz in Gefahr war, würde sich noch zeigen. Es hing davon ab, wie kooperativ sie sich verhielt. Eins jedoch stand jetzt schon fest, wenn er mit Lisa Bond fertig war, würde Zagorakis International Inc. um eine weitere mächtige Firma größer sein.

Gleichzeitig machte sich Lisa ihre eigenen Gedanken zu der momentanen Situation. Es fiel ihr allerdings schwer, dabei einen kühlen Kopf zu bewahren, denn Konstantin Zagorakis machte sie wütend. Er war früher als verabredet in ihrem Büro erschienen und hatte damit ihren minutiös geplanten Tagesablauf durcheinandergebracht.

Bond Steel hatte Betriebsteile zu verkaufen, und Zagorakis International Inc. war an solcherart Geschäften immer interessiert. Weder sie noch ihre Mitarbeiter hatten jedoch mit dem persönlichen Erscheinen von Konstantin Zagorakis gerechnet, dazu ging es um zu wenig. Für einen Mann wie ihn hing von dem Erwerb der kleineren Firmen, die nicht mehr in das Konzept von Bond Steel passten, nicht viel ab. Lisa dagegen war auf den Verkauf angewiesen, um dem Mutterkonzern die dringend benötigte Kapitaleinlage zu beschaffen.

Familienunternehmen erfreuten sich an der Börse derzeit keiner großen Beliebtheit, und die Aktien von Bond Steel waren im Kurs stark gefallen. Die Lage war angespannt, und weitere Bieter für die Zulieferbetriebe gab es nicht. Sollte es Lisa nicht gelingen, den Handel mit Zagorakis perfekt zu machen, war Bond Steel stark gefährdet. Damit hätte sie nicht nur die Existenzgrundlage ihrer Arbeiter und Angestellten vernichtet, sondern auch eine persönliche Erniedrigung erlitten. Wollte sie nicht dem alten Vorurteil gerecht werden, Frauen hätten in der Stahlbranche nichts zu suchen, musste es unbedingt zu einem Abschluss kommen.

Lisa überlegte fieberhaft. Weshalb war Konstantin Zagorakis persönlich gekommen? Ging es ihm um mehr als die Zulieferbetriebe? Wollte er Bond Steel komplett übernehmen?

Sie begegnete seinem Blick und erstarrte. Zagorakis stand in dem Ruf, seine Beute wie eine Schlange erst zu hypnotisieren und dann zu verschlingen. Lisa hatte das in einem Artikel über ihn gelesen und hatte lachen müssen. Jetzt fand sie den Vergleich nicht mehr so lustig.

Widerwillig, aber wehrlos spürte sie sein Charisma. Konstantin Zagorakis war ein typischer Großindustrieller: rücksichtslos, ehrgeizig und ohne einen Funken Mitgefühl. Doch auch sie war eine erfahrene und unnachgiebige Verhandlungspartnerin, was die Aufregung unter den Anwesenden erklärte. Die bevorstehende Auseinandersetzung versprach, spannend zu werden.

„Guten Tag, meine Herren.“

Obwohl Lisa ihre Stimme nicht erhoben hatte, herrschte nach einem letzten Rücken der Stühle sofort absolute Stille. Sie mochte souverän wirken, aber sie fühlte sich unsicher. Zagorakis, der ihr genau gegenübersaß, sandte mit jeder Bewegung erotische Signale aus, und ihr Körper reagierte darauf. Das musste sie sofort unterbinden.

Glücklicherweise beherrschte sie die Kunst meisterhaft, ihre Gefühle zu unterdrücken – nicht umsonst war sie durch Jack Bonds harte Schule gegangen. Lisa lächelte bitter. Ihr Vater hatte ihr demonstriert, wie ein Mann eine Frau zugrunde richten konnte, ohne die geringsten Gewissensbisse dabei zu haben. Lisa hatte sich geschworen, niemals dem Beispiel ihrer Mutter zu folgen, sondern zu kämpfen, anstatt sich willenlos in den Ruin treiben zu lassen.

Konstantin war der Schatten nicht entgangen, der über Lisa Bonds Gesicht geflogen war, und er war enttäuscht. Er hatte eine stolze, herausfordernde Frau erwartet. Eine geschwächte Beute verdarb den Spaß an der Jagd, bevor sie überhaupt begonnen hatte.

Zu seiner Erleichterung fasste Lisa sich jedoch sofort wieder.

Betont entspannt lehnte Lisa sich zurück, denn Zagorakis gegenüber Schwäche zu zeigen schien nicht ratsam. Dieser Mann hatte etwas an sich, das Erinnerungen an ihre Kindheit weckte.

Es musste an seiner maskulinen Präsenz liegen, an der Aura von Macht und Stärke, die ihn umgab. Unwillkürlich schüttelte sie den Kopf, um die unliebsamen Bilder zu verscheuchen, die sich ihr plötzlich aufdrängten. Der Anführer der Kommune war ein mächtiger, Gehorsam gebietender Mann gewesen, der keinerlei Moral und Anstand kannte und sein Charisma nutzte, um seine Anhänger von ihm abhängig zu machen.

Unglücklicherweise hatte Lisa seine Aufmerksamkeit erregt, da sie sich körperlich schneller als die anderen Mädchen der Kommune entwickelt hatte. Das hatte ihn auf die Idee gebracht, speziell für sie ein Einweihungsritual vor den Augen der gesamten Kommune stattfinden zu lassen. Bis an ihr Lebensende würde Lisa ihrer Mutter dafür dankbar sein, dass sie ihr geholfen hatte, dieser öffentlichen Vergewaltigung zu entkommen …

Abrupt kehrten Lisas Gedanken in die Gegenwart zurück, und sie blickte sich besorgt um. Doch alle waren mit ihren Unterlagen beschäftigt, und niemand schien ihre geistige Abwesenheit bemerkt zu haben.

Sie atmete tief durch und spürte, wie ihre Energie zurückkehrte. Ihre Vergangenheit würde sie immer wieder einholen, das wusste sie, aber sie würde sie auch davor bewahren, sich falschen Illusionen hinzugeben.

„Mrs Bond?“ Konstantin Zagorakis war aufgestanden und streckte ihr über den Tisch hinweg die Hand entgegen.

Lisa empfand diese Gebärde als bedrohlich. Unwillkürlich musste sie an ihre Mutter denken, die an dem autoritären Benehmen ihres Ehemannes zerbrochen war. Jack Bond war ein großzügiger Förderer vieler karitativer Einrichtungen gewesen, aber das seelische Leiden seiner eigenen Frau war ihm verborgen geblieben. Die Rolle, die er für sie vorgesehen hatte, konnte und wollte Eloisa nicht erfüllen. Sie empfand sie als inhaltsleer und befremdlich. Um ihrem Leben einen neuen Sinn zu geben, war sie in die Kommune geflüchtet.

„Von jetzt an werde ich ein selbstbestimmtes Leben führen“, hatte Eloisa ihrer Tochter gesagt, als sie mit ihr in die Kommune floh. Was für eine Illusion! Die Frauen mussten arbeiten, die Männer tranken – und durften bestimmen, wann und mit wem sie schlafen wollten.

Ihrer Meinung nach hatte ihre Mutter damals lediglich eine Form der Sklaverei gegen eine andere eingetauscht. Lisa hatte sich geschworen, ein derartiges Schicksal für sich selbst niemals zuzulassen. Seit sie aus der Kommune geflohen war, hatte sie sich niemals wieder jemandem untergeordnet, und das sollte auch so bleiben.

Konstantin Zagorakis tat nur das, was alle von ihm erwarteten, als er Lisa Bond zu Beginn der Konferenz die Hand schüttelte. Doch der körperliche Kontakt elektrisierte Lisa. Ihr war, als hätte sie einen schlafenden Löwen berührt, der jeden Moment zu einem tödlichen Sprung ansetzen könnte …

„Es freut mich, Sie hier begrüßen zu dürfen“, meinte sie und lächelte. Beide wussten, dass es lediglich eine Floskel war, und maßen sich mit abschätzenden Blicken.

Lisas Recherchen über das Privatleben von Konstantin Zagorakis hatten zu keinem Ergebnis geführt – anscheinend besaß er keins. Keine Familie, keine Geliebte, keine Skandale, dafür ein Wirtschaftsimperium, das bis in den entferntesten Winkel der Welt reichte. Mit fünfunddreißig war er einer der finanzkräftigsten Männer dieser Erde.

Doch Bond Steel ist nicht käuflich, dachte sich Lisa, genauso wenig wie sie selbst. Ohne mit der Wimper zu zucken, hielt sie seinem durchdringenden Blick einen Moment lang stand. Dann setzte sie sich wieder.

Die Sitzordnung ermöglichte es ihr, Konstantin Zagorakis genau zu beobachten. Schon allein seine Kleidung war eine Provokation. Er trug Jeans und unter dem hellen Leinensakko nicht einmal ein Hemd, sondern lediglich ein schwarzes T-Shirt. Seine Garderobe entsprach keineswegs dem bei einem solchen Anlass üblichen Standard. Dennoch musste Lisa anerkennend feststellen, dass jedes Kleidungsstück von einem der teuersten Designer stammte. Alles in allem glich er eher einem Golfprofi als einem der weltbesten Topmanager. Sein dichtes, leicht gelocktes und pechschwarzes Haar berührte fast den Kragen seines Jacketts, und seinem Kinn war anzusehen, dass er sich mindestens einen Tag lang nicht rasiert hatte.

Als sich ihre Blicke zufällig trafen, zuckte Lisa zusammen. So dunkel, weich und ausdrucksvoll Konstantin Zagorakis’ Augen auch wirken mochten, es lag etwas gefährlich Lauerndes darin. Er ist nicht hier, um über die Übernahme von Betriebsteilen zu verhandeln, erkannte Lisa, er ist hier, um die Schwachstellen von Bond Steel herauszufinden. Er ist hier, um meine Schwachstellen herauszufinden.

Lisa war es gewohnt, von männlichen Verhandlungspartnern als leichte Beute angesehen zu werden. Normalerweise hatte sie keine Probleme damit und lehrte ihre Gegner schnell das Fürchten. Doch dieser Zagorakis schien aus anderem Holz geschnitzt zu sein – und das nicht nur wegen seiner erotischen Ausstrahlung. Dieser Mann war mit allen Wassern gewaschen.

Allein durch sein Auftreten zeigte er, dass er Bond Steel für ein Unternehmen auf dem Abwärtskurs hielt. Um mit der leitenden Geschäftsführerin zu verhandeln, hatte er sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, sich anständig zu rasieren – und auf den obligatorischen Anzug hatte er auch verzichtet.

Konstantin Zagorakis’ Absichten waren leicht zu durchschauen. Er wollte Bond Steel komplett übernehmen. Die zum Verkauf stehenden Zulieferbetriebe bildeten für ihn nur den Aufhänger.

Als die Verhandlungen gegen Mittag ins Stocken gerieten, stand Konstantin Zagorakis auf. „Ich gehe jetzt“, erklärte er unvermittelt.

„Wir haben doch noch keine Einigung erzielt, Mr Zagorakis.“ Lisa hatte sich ebenfalls erhoben. „Nebenan wartet ein kleiner Imbiss auf uns. Lassen Sie uns eine Pause machen und anschließend die letzten Einzelheiten klären.“

„Ich betrachte die Angelegenheit als abgeschlossen.“ Überheblich musterte er sie von oben bis unten.

Lisa wurde blass. Eine solche Behandlung war sie nicht gewohnt. Normalerweise war sie es, die die Spielregeln festsetzte. Doch für Zagorakis war Bond Steel ein kleiner Fisch, den er sich skrupellos schnappen würde. Das Familienunternehmen und die vielen Angestellten, die hier ihren Lebensunterhalt verdienten, zählten für ihn nicht.

„Es tut mir leid, Mrs Bond, ich habe noch einen anderen Termin.“

Offensichtlich eine Lüge, was Lisa ihm allerdings nicht nachweisen konnte. Geschickt hatte er sie in eine peinliche Situation gebracht und auf subtile Weise auch ihre Autorität bei ihren Mitarbeitern untergraben, die den Wortwechsel natürlich mit angehört hatten.

Stolz richtete Lisa sich auf. Sie würde nicht dulden, dass Bond Steel von einem eiskalten Geschäftsmann vereinnahmt würde, für den das alte Familienunternehmen nicht mehr als eine Reihe von Zahlen darstellte. Zagorakis hatte sich offensichtlich allein deshalb dazu herabgelassen, persönlich an diesem Meeting teilzunehmen, um sie, die geschäftsführende Direktorin, besser einschätzen zu können. Wenn er sie als ungefährlich und harmlos eingestuft hatte, war das sein Fehler. Sie würde Bond Steel bis zum Letzten verteidigen.

Nach den Erfahrungen in der Kommune war die Firma ihre Rettung gewesen. Während andere Teenager von der großen Freiheit träumten, hatte sie sich nach Disziplin und Grenzen gesehnt. Sie hatte einen Rahmen gebraucht, der solide war und ihr das Gefühl von Sicherheit vermittelte, nur so hatte sie nachts ruhig schlafen können. Ihr Vater hatte es ihr ermöglicht, dieses Bedürfnis zu befriedigen.

Zuerst hatte er sie auf ein strenges Internat geschickt, das sie mit einem hervorragenden Abschluss verlassen hatte. Anschließend musste sie in der Firma ganz unten anfangen und sich allmählich hocharbeiten, denn Jack Bond behandelte seine Tochter genau wie jeden anderen Mitarbeiter auch.

Als sie nach seinem Tod seinen Platz einnahm, war sie bestens vorbereitet, denn das Erfolgsrezept ihres Vaters war ihr in Fleisch und Blut übergegangen: Zielstrebigkeit, harte Arbeit und keine gefühlsgesteuerten Entscheidungen.

„Träumen Sie, Mrs Bond?“ Konstantin Zagorakis lächelte nachsichtig.

Lisa holte tief Atem und ballte wütend die Hände zur Faust. „Lassen Sie sich bitte nicht aufhalten, Mr Zagorakis. Anscheinend war Ihr Entschluss, persönlich an den Verhandlungen teilzunehmen, etwas übereilt. Sollten wir beide uns wirklich noch einmal treffen müssen, um strittige Punkte zu klären, werden unsere Assistenten bestimmt einen geeigneten Termin finden.“

„Sagen wir Dinner um neun? Dabei könnten wir die Verhandlungen zum Abschluss bringen. Mein Chauffeur wird Sie abholen.“

Lisas Wangen röteten sich vor Zorn. „Nein, ich …“, Lisa sprach ins Leere, denn Konstantin Zagorakis war bereits auf dem Weg zur Tür.

Lisa hatte sich schnell wieder unter Kontrolle. „Die Sitzung ist hiermit beendet, meine Herren“, kündigte sie an. „Morgen Vormittag um zehn treffen wir uns zur Nachbesprechung. Mike, Sie sind für die Tagesordnung verantwortlich.“

Es war neun Uhr abends. Lisa hatte ein heißes Bad genommen, sich in einen flauschigen Bademantel gewickelt und es sich bei einem Glas Rotwein auf der Couch bequem gemacht. Dennoch war sie alles andere als entspannt und las in ihrem neuen Roman, ohne dem Inhalt wirklich folgen zu können.

Endlich geschah, worauf sie die ganze Zeit gewartet hatte – die Klingel ertönte. Das musste der Chauffeur sein, den Konstantin Zagorakis angekündigt hatte. Lisa stand auf, um die CD zu wechseln. Vera, Vertraute und Haushälterin in einer Person, würde den Mann an der Tür abfertigen, wie sie es besprochen hatten. Beruhigt griff Lisa wieder zu ihrem Buch. Konzentrieren konnte sie sich jedoch immer noch nicht, denn ein markantes Gesicht mit dunklen, faszinierenden Augen schob sich immer wieder zwischen sie und die Buchzeilen.

Als es wieder klingelte, hob sie unwillig den Kopf. Was bildete sich dieser Zagorakis ein, seinen Fahrer ein zweites Mal zu ihrem Penthouse hochzuschicken? Neugierig schlich sie sich zur Tür, um zu hören, was auf dem Flur vor sich ging. Sie glaubte, ihren Ohren nicht zu trauen: Konstantin Zagorakis persönlich – und Vera schien nicht in der Lage, mit ihm fertig zu werden!

Wutentbrannt riss Lisa die Wohnzimmertür auf. Zagorakis war noch lässiger gekleidet als am Vormittag und wirkte – sofern das möglich war – noch männlicher. Auf ein Jackett hatte er ganz verzichtet, und unter seinem figurbetonten T-Shirt zeichneten sich seine Muskeln deutlich ab.

„Wir waren zum Dinner verabredet“, meinte er selbstbewusst und lächelte.

„Sie vielleicht, ich nicht, Mr Zagorakis.“

„Nennen Sie mich doch bitte Tino, so wie all meine Freunde.“

„Es ist schon spät …“

„Genau, deshalb sollten wir die offenen Fragen auch schnellstens klären, Lisa.“

Lisa? Seit wann hatte sie es ihm erlaubt, sie beim Vornamen zu nennen? Auch im Umgang mit ihren Mitmenschen hielt sie sich an die Maxime ihres Vaters und wahrte stets Distanz. Erst als ihr Blick auf seinen Aktenkoffer fiel, beruhigte sie sich etwas. Anscheinend ging es Tino doch nicht um einen Flirt. Trotzdem, sie hatte den Termin auf zehn Uhr am nächsten Morgen festgesetzt, und dabei sollte es bleiben.

„Es war vereinbart, die strittigen Punkte morgen im Beisein unserer Berater zu klären“, bemerkte sie kühl.

„Wenn Sie meinen … Essen müssen wir aber trotzdem.“

„Ich möchte mich nicht wiederholen, Mr Zagorakis, aber es ist bereits spät und …“

„Ganz richtig, deshalb lasse ich das Dinner auch liefern. Um nichts in der Welt möchte ich Ihrer Haushälterin Ungelegenheiten bereiten.“

Vera erwiderte sein Lächeln, und Lisa wurde blass. War das eine Verschwörung?

„Es tut mir leid. Es ist schon spät, und ich möchte bald ins Bett gehen“, versuchte sie noch einmal, ihn zum Verlassen ihrer Wohnung zu bewegen.

„Das sehe ich.“ Anzüglich betrachtete er sie nun von Kopf bis Fuß.

Unwillkürlich blickte Lisa an sich hinunter. War ihr Bademantel richtig geschlossen? Hatte Zagorakis vielleicht sehen können, dass sie nichts darunter trug? Diesen Augenblick nutzte der Chauffeur, der bisher schweigend hinter seinem Chef gestanden hatte, um ebenfalls den Flur zu betreten.

„Wo soll ich den Korb hinbringen, Sir?“, erkundigte er sich.

„Dort hinein.“ Als sei er hier zu Hause, wies Zagorakis zum Wohnzimmer und stellte sich so vor Lisa, dass sie den Mann nicht am Betreten des Raums hindern konnte.

Lisa wollte widersprechen, unterließ es dann aber doch – sie würde sich nur lächerlich machen. „Ihre Unverschämtheit ist wirklich kaum zu übertreffen“, bemerkte sie lediglich spitz.

„Keine unnötigen Komplimente, bitte.“ Abwehrend hob er die Hände und folgte seinem Chauffeur, um ihm weitere Anweisungen zu geben.

Diskret zupfte Vera Lisa am Ärmel. „Willst du die Gelegenheit nicht nutzen und dich anziehen?“, fragte sie leise. „Oder soll er sehen, dass du nichts außer einem Bademantel trägst, der noch nicht einmal Knöpfe hat?“

Schnell lief Lisa in ihr Ankleidezimmer. Spontan wollte sie nach Jeans und T-Shirt greifen, überlegte es sich dann aber doch anders und kleidete sich übertrieben korrekt: dunkelblaue Hose mit Bügelfalte, brave weiße Hemdbluse und flache Schuhe. Sie verzichtete auf jegliches Make-up, selbst auf Lippenstift, kämmte ihr Haar streng aus der Stirn und fasste es straff mit einem Band im Nacken zusammen. Sie war die geschäftsführende Direktorin von Bond Steel und keine Frau, die Männer durch ihr Äußeres beeindrucken wollte, das sollte Tino ruhig sehen.

Die Vorhaltungen, die sie ihm wegen seines aufdringlichen Benehmens machen wollte, erstarben ihr auf den Lippen, als sie das Wohnzimmer erneut betrat. Der Raum wirkte wie verwandelt, da jetzt allein Kerzen das Zimmer erhellten.

Aus dem silbernen Sektkühler ragte eine Flasche Champagner, auf dem flachen Couchtisch zwischen den beiden Sofas stand eine Platte mit erlesenen Meeresfrüchten, und frisches Weißbrot und Butter vervollständigten das Angebot. Alles sah nicht nur schön aus, sondern duftete auch so verführerisch, dass Lisa unwillkürlich das Wasser im Mund zusammenlief. Erst jetzt merkte sie, wie hungrig sie war – hoffentlich knurrte ihr nicht gleich der Magen!

„Kann ich Sie wirklich nicht in Versuchung führen?“, fragte Konstantin leise. „Vielleicht einige Shrimps?“ Er griff nach einem Teller, setzte ihn jedoch sofort wieder ab, als Lisa den Kopf hob und zur Tür gehen wollte.

„Was ist los?“ Er legte ihr die Hand auf den Arm, um sie zurückzuhalten.

„Ich muss mich wohl getäuscht haben.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich bildete mir ein, Vera hätte gelacht und wäre mit Ihrem Chauffeur aus der Wohnung gegangen.“

„So ist es auch gewesen.“

„Unmöglich. Vera würde niemals gehen, ohne sich von mir zu verabschieden.“

„Sie ist lediglich um Diskretion bemüht.“

„Diskretion?“

Er zuckte mit den Schultern. „Für meinen Chauffeur ist es wirklich kein Problem, Vera nach Hause zu bringen. Er muss noch nicht einmal einen Umweg machen.“

Entgeistert sah Lisa ihn an. „Was nehmen Sie sich eigentlich heraus? Sie können doch nicht einfach über meine Haushälterin verfügen!“

„Es ist schon dunkel, und wenn mein Fahrer sie nicht mitgenommen hätte, hätte sie sich ein Taxi nehmen müssen. Was könnten Sie dagegen haben, Lisa?“

„Nichts, Tino! Ganz im Gegenteil, ich bin Ihnen sogar ausgesprochen dankbar dafür, wie gut Sie mitdenken.“

Als hätte er den Spott nicht gehört, beugte er sich vor und gab ihr einen Handkuss. „Können Sie mir die Störung zu so später Stunde noch einmal verzeihen?“

Ruckartig zog Lisa die Hand zurück. „Laden Sie sich immer selbst ein?“

Er lächelte entschuldigend. „Ich dachte, wir beide hätten uns nach den anstrengenden Verhandlungen eine Auszeit verdient, Lisa. Entspannen Sie denn nie?“

„Wenn ich Sie darauf hinweisen darf, habe ich genau das getan – bis Sie mich gestört haben.“

Er lachte. „Ich weiß, manchmal bin ich unausstehlich.“

Lisa seufzte frustriert. Konstantin Zagorakis war nun einmal in ihrer Wohnung und damit theoretisch ihr Gast. Außerdem besaß er das Geld, das sie brauchte, um Bond Steel zu retten. Sie durfte ihn nicht allzu sehr verärgern. Hinzu kam, dass sie wirklich hungrig war und die Meeresfrüchte ausgesprochen verlockend aussahen …

„Einige von den Shrimps würde ich wohl nehmen“, kam sie nach kurzem Zögern auf sein Angebot zurück.

„Mit dem größten Vergnügen. Es kann Ihnen nicht schaden, sich ein bisschen verwöhnen zu lassen.“

Lächelnd sah er sie an, und Lisa war fasziniert von seinen tiefgründigen Augen. Ob sie wollte oder nicht, sie fühlte sich in Konstantins Nähe ausgesprochen wohl und war nahe dran, zu vergessen, dass sie es mit ihrem Rivalen zu tun hatte. Sie brach den Blickkontakt ab und trat einen Schritt zurück.

„Champagner?“, fragte er, nachdem er ihren Teller gefüllt hatte.

„Danke, gern“, antwortete sie höflich, weil sie ihn nicht verärgern wollte.

Eigentlich hätte sie lieber auf Alkohol verzichtet, um einen klaren Kopf für die kommende Unterhaltung zu bewahren. Konstantin war für sie ein höchst gefährlicher Gegner, sowohl in geschäftlicher als auch in privater Hinsicht.

Sie stieß mit ihm an und setzte sich dann mit ihrem Teller in den Lesesessel, der in der äußersten Ecke des Zimmers stand. Sie brauchte einen Moment Ruhe, um die Situation zu überdenken. Mit Männern hatte sie bislang lediglich auf geschäftlicher Ebene Erfahrungen gesammelt. Ein Liebhaber existierte nur in ihrer Fantasie.

Lisa liebte ihr Leben, so wie es war: ordentlich, erfolgreich und überschaubar. An einer Partnerschaft war sie nie interessiert gewesen, dazu war ihr die Zeit zu kostbar und das Risiko zu groß.

„Finden Sie es gemütlich in Ihrer dunklen Ecke?“

Konstantins Stimme schreckte Lisa aus ihren Überlegungen auf, und ihr Herz begann, aufgeregt zu klopfen. Lisa machte sich nichts vor: Konstantin Zagorakis würde in ihren nächtlichen Fantasien mit Sicherheit eine Hauptrolle spielen.

„Ja“, antwortete sie kurz.

„Noch etwas Champagner?“

„Warum nicht?“ Lisa zuckte die Schultern. Ich werde die Situation schon in den Griff bekommen, dachte sie, und diesen Mann auch.

Lautlos und geschmeidig wie ein Panther kam er zu ihr und schenkte ihr nach. Dann setzte er sich wieder aufs Sofa und aß schweigend weiter.

Das vorzügliche Essen und der Alkohol führten dazu, dass Lisas Selbstdisziplin mehr und mehr wohliger Entspannung wich. Verträumt betrachtete sie Konstantins wohlgeformte Hände, den sinnlichen Schwung seiner Lippen …

„Lisa?“ Er hatte ihren Blick bemerkt. „Darf ich Ihnen noch etwas reichen?“

Sie winkte ab. „Nein. Das Essen war ausgezeichnet, doch jetzt bin ich wirklich satt.“

„Dann wird es Zeit, dass wir uns etwas näher kennenlernen, meinen Sie nicht auch?“

2. KAPITEL

Nachdem Konstantin Lisa den Teller abgenommen und beiseitegestellt hatte, ging er auf sie zu. Da sie befürchtete, er wolle sie berühren, versteifte sie sich. Doch er bückte sich lediglich nach dem Aktenkoffer neben ihrem Sessel und zog einige Unterlagen hervor.

„Ich will Ihnen nichts vormachen, Lisa. Ich bin über die angespannte finanzielle Situation, in der Bond Steel sich derzeit befindet, bestens informiert“, er reichte ihr ein eng mit Zahlen beschriebenes Blatt. „Es ist nur fair, wenn ich Ihnen zeige, was ich herausgefunden habe.“

Als ob das etwas mit Fairness zu tun hätte, dachte Lisa bitter. Für sie war klar, dass Konstantin ihr drohen und so den Preis für die Zulieferbetriebe drücken wollte. „Wie anständig von Ihnen“, entgegnete sie ruhig und ohne sich ihre Gedanken anmerken zu lassen.

„Behalten Sie die Papiere, und gehen Sie die Aufstellung in aller Ruhe durch.“ Er schloss den Aktenkoffer.

„Sie wollen schon wieder gehen?“

„Möchten Sie mich lieber hierbehalten?“ Er lächelte verführerisch. Mit bewundernswerter Leichtigkeit war er aus der Rolle des eiskalten Geschäftsmanns in die des unwiderstehlichen Charmeurs geschlüpft. Die Wirkung auf Lisa hatte er nicht verfehlt: Ihr Herz schlug plötzlich heftig in ihrer Brust.

Nimm dich zusammen, ermahnte sie sich, deine Reaktion auf diesen Konstantin Zagorakis ist nicht nur dumm, sondern auch hochgradig gefährlich. Dennoch flammten beim Anblick seiner schönen kräftigen Hand, die bereits auf der Türklinke ruhte, die wildesten Fantasien in ihr auf.

„Ich begleite Sie hinaus.“ Lisa bemerkte, wie abwesend das geklungen hatte. Es kam ihr vor, als würde sie sich selbst beobachten – besser gesagt, nicht sich, sondern die Frau, die sie hätte sein können, wenn ihr Leben anders verlaufen wäre.

Im Grunde ihres Herzens wollte sie Konstantin nicht gehen lassen, denn ohne ihn würde sie sich in ihrem Penthouse wieder einsam und verlassen fühlen – einsam, aber sicher.

Konstantin war mit der Absicht gekommen, seine Chancen bei Lisa auszuloten, und war von dem Ergebnis überrascht. Sie hatte schneller kapituliert, als er es zu hoffen gewagt hätte.

Geschäftliches und Privates zu vermischen war stets ein Tabu für ihn gewesen, doch dies war ein Ausnahmefall, denn er begehrte beides: die Frau und den Konzern. Noch nie hatte er ein geschäftliches Ziel verfehlt, und da Lisa Teil des Deals war, würde er auch sie bekommen.

Er würde schon noch herausfinden, wie stark und dominant sie in Wirklichkeit war. Lisa Bond zu unterwerfen reizte ihn – allein der Gedanke daran ließ sein Blut pulsieren. Auch Lisa würde von seinen Plänen profitieren. War sie vernünftig und setzte ihm keinen Widerstand entgegen, hatte sie die Chance auf eine Affäre, um die andere Frauen sie glühend beneiden würden.

Als er ihr zum Abschied die Hand auf den Arm legte, schreckte sie aus ihren Träumen auf. „Das tun Sie jetzt schon zum zweiten Mal“, herrschte sie ihn an. „Merken Sie denn nicht, wie unangenehm mir das ist?“

„Wirklich? Dann verzeihen Sie mir bitte.“ Der spöttische Unterton seiner höflichen Worte war deutlich hörbar.

Trotz seiner Entschuldigung rührte Konstantin sich nicht von der Stelle und zog auch die Hand nicht zurück. Sein Atem streifte warm Lisas Wange, sein Daumen berührte wie zufällig ihre Brust, und Lisa musste unwillkürlich seufzen. Konstantin spürte, wie Lisa ihn am liebsten von sich gestoßen hätte, es jedoch nicht tat.

Er war erleichtert. Die Erfahrungen in der Kommune hatten Lisas Sinnlichkeit nicht im Keim erstickt, sondern lediglich ihre Sensibilität erhöht – ihre Sensibilität für die Empfindungen, die er ihr bereiten würde.

Unverhohlen betrachtete er die Rundungen ihrer vollen Brüste, die sich unter der korrekten weißen Hemdbluse deutlich abzeichneten. Zu seiner Freude bemerkte er, wie sich ihre Brustspitzen unter seinen Blicken deutlich aufrichteten. Auch Lisas heftig pochender Puls und ihre plötzlich hochroten Wangen erfüllten ihn mit freudiger Erregung. Konstantin wusste genau, was Lisa in diesem Moment fühlte, und er wollte sie die süße Qual voll auskosten lassen.

Um seine Vorfreude abzurunden, befeuchtete sie sich sogar noch mit der Zungenspitze ihre Lippen. Es verlangte sie danach, dass er sie küsste! Doch dazu war es ihm noch zu früh, so verlockend dieses Angebot auch war. Er schaute ihr lediglich tief in die erwartungsvollen Augen. Lisa atmete stoßweise, und die Knöpfe ihrer Bluse spannten sich. So gern er ihr das züchtige Kleidungsstück auch vom Körper gerissen hätte, er verbot es sich – es war nämlich genau das, was Lisa sich insgeheim wünschte.

Lisa machte eine ganz neue und unangenehme Erfahrung. Noch nie war es einem Mann gelungen, sie sexuell so zu erregen. Bisher hatte sie jede Situation, vor die sie das Leben gestellt hatte, auch gemeistert. Doch jetzt geriet ausgerechnet ihr plötzlich alles außer Kontrolle. Wieso wollte Konstantin Zagorakis sie nicht küssen? Nur einmal wollte sie seinen Kuss schmecken, um diesen Mann dann für immer aus ihrem Leben zu verbannen. Noch einmal befeuchtete sie die Lippen und stellte triumphierend fest, dass er wie gebannt zusah.

Konstantin war zufrieden. Für ihn lief alles nach Plan. Dennoch fiel es ihm schwer, seine Selbstbeherrschung zu wahren. Lisas verführerischer Mund brachte ihn fast um den Verstand, und nur mit Mühe brachte er es fertig, seine Leidenschaft zu zügeln. Trotzdem ging er noch einen Schritt weiter und zog Lisa so eng in seine Arme, dass sich ihre Lippen fast berührten.

Die erotische Spannung zwischen ihnen war kaum zu ertragen. Doch noch bevor er Lisa eine Lektion erteilen und die Umarmung mit gespielter Gleichgültigkeit lösen konnte, stieß sie ihn heftig von sich.

„Verschwinden Sie!“ Obwohl sie leise sprach, klang ihre Stimme scharf und feindselig.

Irritiert sah Konstantin sie an. Lisa hatte den Blick gesenkt und hielt den Mund mit der Hand bedeckt, als könne sie so ihr Verlangen verbergen. Sie hatte sich nach einem Kuss gesehnt, das war offensichtlich – mindestens ebenso heftig wie er selbst.

„Verschwinden Sie!“, herrschte sie ihn ein zweites Mal an.

Konstantin wurde wütend. „Warum?“, fragte er eisig. „Weil ich beinahe schneller gewesen wäre und Sie geküsst hätte, bevor Sie mich küssen konnten?“

„Eingebildet sind Sie wohl gar nicht?“ Mit blitzenden Augen sah sie ihn an.

Konstantin biss sich auf die Lippe. Irgendwie schien er die Lage falsch eingeschätzt zu haben, denn Lisas Empörung wirkte echt. „Erzählen Sie mir nicht, Sie hätten meinen Kuss nicht gewollt“, verteidigte er sich.

Lisa erblasste, richtete sich dennoch angriffslustig auf. „Als Nächstes behaupten Sie noch, eine bessere Behandlung hätte ich nicht verdient“, erwiderte sie.

„Wie bitte?“ Ungläubig runzelte er die Stirn. „Bezeichnen Sie Zärtlichkeiten zwischen Mann und Frau als Bestrafung?“ Abfällig musterte er sie von Kopf bis Fuß. „Für solche Spielchen habe ich nichts übrig, Lisa.“

„Und worauf warten Sie dann noch? Gehen Sie doch endlich!“

„Eins müssen Sie noch lernen, Mrs Bond, nicht alle tanzen nach Ihrer Pfeife.“

„Ach, und Sie müssen das hiermit unter Beweis stellen, Mr Zagorakis?“

„Anscheinend müssen Sie immer das letzte Wort behalten, Lisa. Ich glaube, ich gehe jetzt lieber.“

„Das ist der erste vernünftige Satz, den ich heute von Ihnen gehört habe, Tino.“

„Lisa Bond ist einfach nicht erschienen? Was soll das heißen, Andreas?“

Konstantin hielt sein Satellitentelefon dichter ans Ohr und blickte zum Fenster hinaus. Sein Jet befand sich im Anflug auf Stellamaris, und es herrschte strahlender Sonnenschein. Von der wunderschönen Landschaft seiner Privatinsel nahm er jedoch nichts wahr, weder sah er den herrlich weißen Sandstrand noch die blühenden Pflanzen im Garten der Villa.

„Sie soll krank sein“, erklärte Andreas zögernd.

„Krank?“

„Es tut mir leid, Konstantin. Genaueres konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Doch etwas Ernstes ist es nicht, so viel ist sicher – wahrscheinlich Migräne oder andere Frauenprobleme.“

„Das reicht mir leider nicht, Andreas. Finde die Wahrheit heraus, und ruf mich sofort wieder an. Und noch etwas: Signalisiere unser Interesse an Clifton Steel.“

„Clifton? Ich dachte, wir hätten es auf Bond abgesehen!“

„Denk nicht, sondern tu, was ich dir sage, Andreas. Hast du mich verstanden?“

„Ja, Boss.“

Ärgerlich steckte Konstantin das Telefon wieder in die Tasche. Ein Mann wie er ließ sich nicht zum Narren halten – und von Lisa Bond, die ihm nicht aus dem Kopf gehen wollte, schon lange nicht. Um sein inneres Gleichgewicht wiederzugewinnen, musste er das Problem grundsätzlich lösen. Deshalb würde er beide Firmen kaufen, Bond und Clifton Steel. Dann würde er ein für alle Mal seine Ruhe haben. Wenn er mit dieser Frau fertig war, würde sie seinen Namen nicht mehr hören wollen.

Konstantin saß in dem Ledersessel, den er benutzte, wenn er nicht selbst flog, lehnte sich zurück und schloss die Augen. In den vergangenen achtundvierzig Stunden hatte sich Unglaubliches ereignet: Eine Frau hatte ihn auf eine falsche Fährte gelockt und im letzten Moment ausgetrickst. Das war bisher noch nicht einmal einem Mann gelungen.

Lisa Bond war Ende zwanzig – in diesem Alter hielten die Frauen normalerweise auch, was sie versprachen. Warum hatte Lisa erst Bereitschaft signalisiert, ihn dann jedoch vor den Kopf gestoßen? Sie war ihm ein Rätsel, und er mochte keine Rätsel. Lisa Bond wurde ihrem Ruf nicht gerecht, denn sie benahm sich wie ein unsicherer Teenager und nicht wie eine rücksichtslos leidenschaftliche Frau.

Und warum musste er dennoch ständig an sie denken? War es ihr gelungen, ihn mit seiner eigenen Taktik zu schlagen? Seit seiner Kindheit hatte er solche Gefühle nicht mehr gespürt. Denn Lisa Bond war für ihn mehr als nur eine Konkurrentin um Geld und Macht. Unwillig schüttelte er den Kopf. Er durfte auf keinen Fall weich werden.

Noch ehe der Jet aufsetzte, öffnete er den Gurt und stand auf. Er konnte es kaum erwarten, endlich die klare, würzige Luft seiner geliebten Insel zu atmen.

Wenn Lisa Bond das nächste Mal in sein Leben trat, würde er gerüstet sein, das schwor er sich. Und es würde ein nächstes Mal geben, dessen war er sich ganz sicher. Denn auch sie brauchte von ihm, was alle brauchten – Geld.

„Was soll das heißen, Zagorakis ist einfach nicht erschienen?“ Lisa, die noch im Bett lag, rollte sich auf den Bauch, stützte das Kinn in die Hand und sah ihren Assistenten verständnislos an.

„Genau das, was ich gesagt habe“, entgegnete Mike ungerührt. „Alle waren pünktlich zum vereinbarten Termin erschienen – nur ihr beide nicht.“

„Mike, bring mich bitte nicht mit diesem Mann in Verbindung! Ich habe ihn nicht unter meiner Decke versteckt, das kann ich dir versichern – und es wäre schön, wenn du den Rest der Welt auch davon überzeugen könntest.“

„Was ist los mit dir, Lisa? Du hast dir vorher noch nie freigenommen, weil du krank warst.“

Mike hatte recht. In dieser Beziehung glich sie ihrem Vater, solange sie nicht auf der Intensivstation lag, erschien sie im Büro. Dass Konstantin ausgerechnet beim heutigen Termin den gleichen Trick wie sie angewendet hatte, machte ihr mehr zu schaffen, als sie zugeben wollte.

„Ich höre, Lisa.“

Sie riss sich zusammen. „Ich habe Halsschmerzen, das ist alles.“

„Halsschmerzen? Du Ärmste.“ Sehr überzeugt klang Mike nicht.

Mike und Lisa kannten sich noch aus der Schule, und sie hasste es, ihn zu belügen. Außerdem hatte sie das Gefühl, er verheimlichte ihr etwas, obwohl er sie über die Ergebnisse der Besprechung bereits ausführlich informiert hatte. „Was gibt es Neues in der Gerüchteküche?“, fragte sie ihn daher direkt.

„Leider ist es mehr als nur ein Gerücht.“ Das Lächeln aus Mikes Gesicht verschwand. „Ich habe einen Anruf bekommen.“

„Weiter“, forderte Lisa ihn auf.

„Von meinem Freund, der bei Clifton Steel arbeitet.“ Er machte eine kleine Pause, um diese Information wirken zu lassen. „Zagorakis International hat den Aufsichtsratsvorsitzenden um ein Gespräch auf Vorstandsebene gebeten.“

Lisa wurde es flau vor Angst. „Bestimmt geht es um einen der Zulieferbetriebe.“

„Nein, Lisa. Es geht um Clifton Steel als Paket.“

Also doch! Jetzt war ihr Zagorakis doch noch zuvorgekommen – wie hatte er ihren Plan nur so schnell durchschauen können?

„Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für dich, Lisa. Welche möchtest du zuerst hören?“

„Die schlechte.“

„Anscheinend ist Zagorakis nicht mehr an unseren Zulieferfirmen interessiert. Die Beute ist ihm nicht fett genug, deshalb will er Clifton … und … uns dazu.“

„Nein!“ Wie elektrisiert richtete Lisa sich auf und blieb kerzengerade sitzen. „Bond Steel steht nicht zur Debatte, Mike. Ich möchte mich nur von einigen Betriebsteilen trennen, um mit dem Verkaufserlös den Konzern wieder zu dem zu machen, was er einmal war.“

„Dazu ist es vielleicht schon zu spät.“

„Niemals! Ich dulde einfach nicht, dass Bond Steel vor die Hunde geht! Rufe sofort bei Zagorakis an!“

„Wen möchtest du sprechen?“

„Konstantin, natürlich!“

„Das geht nicht so einfach.“

„Dann mach seine Privatnummer ausfindig. Mit mir wird er reden, davon bin ich überzeugt.“

„Mach dir keine falschen Hoffnungen, Lisa. Konstantin Zagorakis ist bereits gestartet, um nach Stellamaris, seiner Privatinsel in der Ägäis, zu fliegen. Niemand weiß, wie man ihn dort telefonisch erreichen kann. Selbst seine engsten Mitarbeiter müssen darauf warten, von ihm angerufen zu werden.“

„Das ist doch lächerlich!“

„Nenn es, wie du willst, es ist jedenfalls die Wahrheit. Ich weiß es aus zuverlässiger Quelle, von einem Freund, der bei Clifton arbeitet.“

Lisas Gedanken überschlugen sich. „Der kaufmännische Direktor? Der große, attraktive Blonde?“

„Er ist mein Lebensgefährte, Lisa.“

„Das habe ich schon vermutet.“ Trotz ihrer Verzweiflung musste Lisa lächeln. „Ich wünsche euch viel Glück.“

Mikes Informationen stammten also aus absolut zuverlässiger Quelle und machten Lisas Hoffnungen zunichte. Würde sie die fraglichen Betriebsteile nicht verkaufen können, steuerte Bond Steel unweigerlich in den Konkurs.

„Soll ich dir jetzt die gute Nachricht mitteilen?“, unterbrach Mike ihre Gedanken. „Du bist gesund genug, um zu fliegen.“

„Soll das ein Scherz sein?“

„Der Privatjet der Firma ist fertiggestellt worden und steht dir auf Abruf zur Verfügung.“

„Das ist ja wohl ein schlechter Witz. Wir trennen uns doch nicht von wichtigen Zulieferbetrieben, um ebendieses Geld in einen Privatjet zu investieren. Die Maschine wird sofort wieder verkauft.“

„Meinetwegen tu das, aber eben nicht jetzt. Stellamaris ist eine relativ kleine Insel, die von Linienmaschinen nicht angeflogen wird.“

Lisa begriff sofort. „Mike, du bist ein Engel! Für meine Vorbereitungen brauche ich einen Tag, das heißt, ich möchte Sonntagmorgen in aller Frühe starten. Informiere bitte den Piloten.“

Mikes Plan hatte sofort Lisas Kampfeslust geweckt. Sie würde sich nicht nur damit begnügen, den Abschluss unter Dach und Fach zu bringen, sie würde dem selbstgefälligen Zagorakis eine Lehre erteilen, die er nie vergessen sollte.

Stellamaris war ein landschaftliches Juwel, doch Lisa hatte wenig Sinn für die Reize der kleinen ägäischen Insel. Was bildete sich Konstantin eigentlich ein? Glaubte er wirklich, sich in diesem kleinen Paradies verschanzen und die Geschicke der von ihm abhängigen Mitarbeiter und Geschäftspartner nach Gutdünken lenken zu können?

„Wir sind gleich da, Mrs Bond. Schon in der nächsten Kurve können Sie die Villa sehen.“

Lisa nickte dem Taxifahrer freundlich zu und machte sich auf eine pompöse und aufdringliche Millionärsvilla gefasst. Bestimmt würde auf dem Dach eine Flagge gehisst, um zu zeigen, wann Konstantin Zagorakis persönlich anwesend war.

„Das ist die Villa Aphrodite.“ Stolz, als gehöre sie ihm persönlich, deutete der Fahrer durch das Seitenfenster.

Überrascht beugte Lisa sich vor. „Wie schön!“, rief sie unwillkürlich aus.

Konstantins Villa bestand aus hellem, sanft schimmerndem Marmor, der sich der Umgebung wunderbar anpasste. Das Haus war groß, wirkte jedoch keineswegs aufdringlich, und Lisa vermutete, dass sich hinter der eleganten Fassade nicht nur stilvoll repräsentative, sondern auch behaglich wohnliche Zimmer verbargen. Gewiss, die Auffahrt und die Stufen zum Eingang waren breit und imposant, doch bestimmt gab es auch noch einen versteckten Zugang für den privaten Gebrauch.

„Konstantin ist wahrscheinlich am Strand.“

Lisa schreckte aus ihren Gedanken auf. Der schon etwas ältere Taxifahrer sprach von seinem Arbeitgeber mit einer Liebe und Wärme, als handele es sich um seinen eigenen Sohn. Lisa wurde sich bewusst, dass Konstantin eine Person mit vielen Gesichtern sein musste – was ihn zu einem äußerst gefährlichen Gegner machte.

„Er ist erst seit Freitag wieder auf der Insel“, redete der Fahrer weiter. „Es wird daher sicherlich noch einige Tage dauern, bis er den Stress seiner täglichen Arbeit abgebaut hat.“

Das wird ihm diesmal nicht gelingen, dachte Lisa und lächelte grimmig, denn sie wollte Konstantin unter Druck setzen. Darum war sie hier. Wenn er sich einbildete, er könne auch sie wie eine Marionette manipulieren, während er am Strand im Liegestuhl in der Sonne lag, sollte er sich getäuscht haben.

„Konstantin liebt seine Heimat wie jeder andere Grieche auch.“ Der Taxifahrer ließ sich durch Lisas Schweigsamkeit nicht beeindrucken. „Ohne das Meer könnte er nicht leben. Sein erster Weg auf der Insel führt ihn immer zum Wasser.“

Redete der Mann wirklich von dem Konstantin, den sie kannte? Lisa hätte wetten können, dass ein geschäftstüchtiger Millionär wie Konstantin Zagorakis nur aus dem Koffer lebte und überhaupt nicht wusste, was ein Zuhause war.

Sie lehnte sich in ihrem Sitz zurück und atmete tief durch, denn der Wagen passierte jetzt das schmiedeeiserne Tor und bog in die von Bäumen beschattete Auffahrt ein. Auf satten grünen Rasenflächen blühten farblich perfekt aufeinander abgestimmte Blumen in verschwenderischer Pracht. Was für einen Aufwand allein die Bewässerung bei diesem Klima erfordern musste, fuhr es Lisa unwillkürlich durch den Sinn.

„Es ist schon alles für unser Inselfest hergerichtet“, erklärte der Fahrer, als hätte er Lisas Gedanken erraten. „Es findet jedes Jahr im Mai statt, weil dann die Gärten am schönsten sind.“

Er blickte Lisa im Rückspiegel an. „In den nächsten Tagen werden die Bewohner die Blumen körbeweise in die Häuser tragen, um die Räume damit zu schmücken. Sie sind wirklich zu einer sehr romantischen Zeit auf die Insel gekommen.“

Lisa biss sich auf die Lippe, denn dieses Thema wollte sie lieber nicht vertiefen. „Die Villa scheint auf einer Klippe zu stehen“, lenkte sie ab. „Wie kommt man denn von dort aus überhaupt an den Strand?“

„Über die Stufen, die in den Stein gehauen sind. Doch letztes Jahr hat Konstantin eine Kabinenbahn installieren lassen.“ Der Fahrer schaltete den Motor ab. „Wir sind da.“

Lisas Herz klopfte zum Zerspringen. Obwohl sie sich fest vorgenommen hatte, Ruhe zu bewahren und ihren Plan konsequent durchzuziehen, konnte sie ihr Herzklopfen nicht kontrollieren. Plötzlich stieg Panik in ihr auf. Warum war sie hier? Wie hatte sie nur auf eine so abwegige Idee kommen können? Sie hätte Konstantins private E-Mail-Adresse herausfinden und mit ihm auf diese Weise verhandeln sollen – das wäre unpersönlicher gewesen.

Aber dafür war es jetzt zu spät. Sie schloss ihren Blazer – der zwar korrekt, aber für das Wetter viel zu warm war –, bezahlte den Fahrer und winkte ihm zum Abschied zu. Anschließend versuchte sie mehrmals, Mike anzurufen, doch ihr Handy hatte keinen Empfang. Sie war also tatsächlich ganz auf sich allein gestellt.

Nachdem sie noch einmal tief Atem geschöpft hatte, ging sie die Stufen zum Eingang hinauf, den Blick entschlossen auf die imposante Tür gerichtet.

3. KAPITEL

Lisa bemerkte, wie entsetzt ihr Gesichtsausdruck sein musste. Auf diesen Augenblick war sie nicht vorbereitet gewesen. So stand sie der jungen Frau, die ihr die Tür geöffnet hatte, fassungslos gegenüber.

Die Fremde war bestimmt nicht älter als Anfang zwanzig, groß, schlank und unbeschreiblich schön. Das rabenschwarze Haar fiel ihr offen über die Schultern, und ihre Haut war von der Sonne gleichmäßig gebräunt. Die Frau duftete frisch wie eine Meeresbrise, trug den knappsten Bikini, den Lisa je gesehen hatte, und darüber einen hauchzarten Sarong aus seegrünem Chiffon. Sie war barfuß, und die Nägel ihrer auffallend zierlichen Füße waren korallenrot lackiert. Und ganz dicht hinter dieser zauberhaften Erscheinung stand Konstantin, seine Hand auf ihrer Hüfte, und blickte ihr über die Schulter.

Lisa traute sich nicht, ihm ins Gesicht zu sehen. Aus einem ihr unerfindlichen Grund war sie bis ins Innerste erschüttert. Wieso schmerzte es sie, Konstantins Hand auf der Hüfte dieser Frau liegen zu sehen? Ausgerechnet jetzt dachte sie an nichts anderes als an den Moment, als Konstantin sie berührt hatte.

Seine besitzergreifende Geste erboste sie ungemein, zumal Konstantin keinerlei Anstalten machte, ihr die Frau an seiner Seite vorzustellen. Doch ihre Wut gab ihr die Kraft, endlich die Initiative zu ergreifen. „Hallo, ich bin Lisa Bond“, stellte sie sich betont reserviert vor. „Ich bin gekommen, um mit Konstantin etwas Geschäftliches zu besprechen.“

„Arianna weiß, weshalb Sie hier sind, Lisa.“

Auch Konstantin wirkte, als sei er geradewegs vom Strand gekommen. Seine nackten Füße waren sandig, und sein weißes Hemd stand offen, als habe er sich weder die Mühe gemacht noch die Zeit gefunden, es zuzuknöpfen …

Lisa konnte nur daran denken, wie Konstantin sie nur wenige Tage zuvor leidenschaftlich fest im Arm gehalten hatte – wie konnte er da nach Hause zur nächsten Frau fliegen, als sei nichts geschehen?

Mit eiserner Selbstdisziplin zwang sie sich zur Ruhe. Hier ging es um Geschäftliches, nicht um Gefühle. Eifersucht war fehl am Platz, wenn das dringend benötigte Kapital für Bond Steel beschafft werden musste. Sie wollte von Konstantin nur eins: Er sollte die Zulieferbetriebe kaufen. Bevor er das nicht tat, würde sie nicht gehen.

Angestrengt überlegte sie, in welcher Beziehung Konstantin und Arianna wohl stehen mochten. Bruder und Schwester waren die beiden allem Anschein nach nicht, Konstantins ganzes Verhalten sprach dagegen. Zufällig streifte ihr Blick seine verblichene Leinenhose, die bis zum Knie hochgekrempelt war. Seine fast nackten Beine weckten verzehrende Sehnsucht und brennende Eifersucht in ihr – Arianna kannte das Gefühl, zwischen diesen muskulösen Schenkeln zu liegen …

Konstantin war von Andreas bereits vorgewarnt worden, daher war er von Lisas plötzlichem Besuch nicht überrascht. Besser hätte die Sache für ihn gar nicht laufen können. Lisa so verstört auf seiner Türschwelle stehen zu sehen gab ihm die Gewissheit, sie richtig eingeschätzt zu haben. Jemand musste ihr zeigen, dass sie nicht jeden Kampf gewinnen konnte, egal wo er ausgetragen wurde.

Ganz offensichtlich war Lisa verunsichert, weil sie ihn in Ariannas Gesellschaft angetroffen hatte. Gut so, denn das war die erste Lektion. Lisa war es gewohnt, die Fäden in der Hand zu halten und die Geschehnisse zu lenken. Hier würde ihr das nicht gelingen.

Nur seine allerengsten Freunde kannten seine familiären und privaten Verhältnisse. Lisa konnte daher nicht wissen, wie Arianna zu ihm stand, und würde sich bestimmt vor Neugier und Eifersucht verzehren. Bei diesem Zustand würde er es möglichst lange belassen.

Lisa konnte Konstantins Gesichtsausdruck nicht deuten. Dass sie persönlich in seiner Privatvilla erschienen war, um Verkaufsverhandlungen zu führen, war taktisch gesehen ein Nachteil. Doch es war ihr egal. Erstens war eine Einigung mit Zagorakis International zu wichtig, um die Angelegenheit zu delegieren, und zweitens hatte sie bisher noch jede Schwierigkeit als Herausforderung angenommen.

Ich bin lediglich irritiert, beruhigte sie sich, weil ich von falschen Voraussetzungen ausgegangen war. Auf die Idee, dass Konstantin Zagorakis einen anderen Lebensstil pflegte als sie, war sie bisher nicht gekommen. Sie hatte nicht daran gedacht, dass einem Mann wie ihm die Frauen bestimmt in Scharen nachliefen.

Diese traute Zweisamkeit nun so offensichtlich vor Augen geführt zu bekommen schmerzte Lisa tief. Sie hatte erwartet, von einem Butler empfangen und zum Warten aufgefordert zu werden. Nur allzu gern hätte sie Zeit gehabt, um sich umsehen zu können. Die Einrichtung, die Bilder an den Wänden hätten ihr wichtige Aufschlüsse über Konstantins Persönlichkeit gegeben. Was für die bevorstehenden Verhandlungen sicherlich hilfreich gewesen wäre.

Lisa riss sich zusammen und redete endlich weiter. „Es ist sehr nett von Ihnen, mich hier zu empfangen“, meinte sie und lächelte Konstantin und Arianna zu. Der Klang ihrer Stimme stärkte ihr Selbstvertrauen und ließ sie ihre Eifersucht zunächst vergessen. Lisa zwang sich, sich darauf zu konzentrieren, weswegen sie hergekommen war – um die Verhandlungen zu ihren Gunsten abzuschließen.

„Sie sind mir stets willkommen, Lisa.“ Konstantin verbeugte sich leicht. „Andreas hat uns Ihren Besuch schon angekündigt.“

„Es wird nicht lange dauern.“ Entschuldigend blickte Lisa zu Arianna und bemühte sich, in der jungen Frau keine Rivalin zu sehen. Damit hätte sie Konstantin nur in die Hände gespielt.

„Ich habe mir im Hotel Zagorakis ein Zimmer genommen“, fügte sie hinzu. Er sollte ja nicht glauben, sie habe es darauf abgesehen, für die Zeit ihres Aufenthalts in die Villa eingeladen zu werden.

Lisa war sehr zufrieden mit sich, denn Konstantin wirkte überrascht.

„Bitte, Konstantin!“ Arianna legte ihre Hand auf seinen Arm. „Lisa sieht so blass und abgespannt aus, sie hat einen anstrengenden Flug hinter sich.“

Sie war blass und abgespannt? Wenn, dann nur weil sie so wütend war.

„Du hast recht“, pflichtete Konstantin ihr bei. „Bitte treten Sie doch ein, Lisa.“

Bildete sie es sich nur ein, oder war wirklich eine feine Ironie aus seinen Worten herauszuhören? Ohne sich ihre Unsicherheit anmerken zu lassen, betrat sie in betont aufrechter Haltung das Haus. Sie würde sehr achtsam vorgehen müssen. Mochte dies alles für Konstantin nur ein Spiel sein, für sie war es bitterer Ernst. Es ging um nichts weniger als um die Existenz von Bond Steel.

Die Eingangshalle war lichtdurchflutet und nur durch Glaselemente von dem üppig bepflanzten Innenhof getrennt. Als Lisa sich bewundernd umblickte, bemerkte sie, wie Arianna sich diskret zurückzog. Die Frauen in Konstantins Leben schienen sehr wohl zu wissen, dass seine Geschäfte sie nichts angingen und sie dahinter zurückzustehen hatten.

Neben der Freitreppe, die in die obere Etage führte, stand ein Flügel, der offensichtlich auch benutzt wurde. Der Deckel war hochgeklappt, und neben dem Hocker lagen Noten – ein Heft mit romantischen Sonaten von Brahms ganz obenauf.

Lisa spürte Konstantins Blicke im Rücken. „Interessieren Sie sich auch für Musik?“, fragte er.

„Ja.“ Sie schluckte. „Spielt Ihre … Freundin Klavier?“

„Sprechen Sie von Arianna?“

Lässig zuckte sie mit den Schultern. Konstantin sollte sich bloß nicht einbilden, sie sei eifersüchtig! „Ja, ich dachte, die Noten gehörten vielleicht ihr.“

„Arianna spielt nur selten und dann auch nur, um sich zu begleiten – sie ist Opernsängerin.“

„Ah.“ Dies überraschte Lisa nicht sonderlich. Hatte die schöne schwarzhaarige Arianna sie nicht sofort an die von ihr so verehrte Maria Callas erinnert? Hielt das Schicksal vielleicht auch für Arianna eine unglückliche Liebe zu einem griechischen Millionär bereit?

„Begleiten Sie Arianna, wenn sie auf Tournee ist?“, erkundigte sich Lisa beiläufig. Doch Konstantin ging auf ihre Frage nicht ein. Stattdessen öffnete er die Tür zu seinem Arbeitszimmer und forderte sie auf, einzutreten.

Der Raum war angenehm kühl und überraschend gemütlich. Zwei Sofas mit weichen Kissen standen rechtwinklig zu einem gemauerten Kamin, in dem zu dieser Jahreszeit natürlich kein Feuer brannte. Die Fenster waren weit geöffnet, und durch die schmalen Lamellen der hölzernen Jalousien drang das Zirpen der Zikaden.

„Machen Sie es sich bequem, Lisa.“

„Danke.“ Erleichtert ließ sie sich auf eins der Sofas sinken. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie erschöpft sie eigentlich war. Es kostete sie all ihre Kraft, sich auf die anstehende Aufgabe zu konzentrieren. Ihr Herz hatte Konstantin zwar mit Leichtigkeit gestohlen, aber mit Bond Steel sollte ihm das nicht gelingen.

„Ich werde uns etwas zu trinken holen. Ist Ihnen Weißwein recht?“

Wein um diese Tageszeit? Wollte Konstantin sie gefügig machen? Sie bereute immer noch den Champagner, den sie am Donnerstag mit ihm getrunken hatte. „Nein danke. Ich hätte lieber ein Glas Wasser.“

Nachdem er das Zimmer verlassen hatte, wurde ihr plötzlich in aller Deutlichkeit bewusst, welch wichtige Informationen ihr trotz gründlichster Vorbereitung fehlten. Wie weit waren Konstantins Verhandlungen mit Clifton Steel vorangeschritten? Mit welchen Argumenten ließ Konstantin sich davon überzeugen, dass es für Zagorakis International weitaus günstiger wäre, lediglich die Zulieferbetriebe von Bond Steel zu kaufen, statt sich mit einem riesigen Konzern zu belasten?

Übermächtige Selbstzweifel drohten ihre Kampfbereitschaft im Keim zu ersticken.

„Weiß Arianna, wo Sie am Donnerstagabend waren?“, fragte sie daher aggressiv, als Konstantin, ein Tablett in der Hand, das Zimmer wieder betrat.

Erstaunt zog er die Brauen hoch und sah sie an. „Ich wüsste nicht, weshalb Arianna das interessieren sollte.“

Selbstkritisch musste sich Lisa eingestehen, dass sie genau das tat, was sie auf alle Fälle hatte verhindern wollen: Sie brachte einen persönlichen Ton in die geschäftliche Auseinandersetzung. Doch so professionell sie bei Verhandlungen normalerweise auch war, sie war und blieb eine Frau. Und sie war eifersüchtig.

Wäre die Situation nicht so verworren, hätte sie Konstantin ganz offen gefragt, wie er zu Arianna stand.

Dieser hatte inzwischen das Tablett abgeräumt und den Tisch gedeckt. Dort standen jetzt zwei Karaffen, eine mit Wein und eine mit Wasser, Obst und ein Kuchen, der duftete, als sei er gerade erst aus dem Ofen gekommen.

Erst jetzt merkte Lisa, wie hungrig sie war, denn sie hatte seit dem Frühstück nichts mehr gegessen. Doch der Gedanke, Arianna habe den Kuchen allein für Konstantin gebacken, verschlug ihr den Appetit.

Konstantin nahm sich ein Stück und biss herzhaft hinein. „Greifen Sie zu“, forderte er sie auf.

„Nein danke.“ Mit einer entschiedenen Geste lehnte Lisa ab. „Erzählen Sie mir lieber, weshalb Sie Clifton umgarnen.“

„Es könnte so nett mit Ihnen sein, Lisa, wenn Sie nur ein Mal Ihre Firma vergessen würden.“ Konstantin seufzte übertrieben dramatisch und stellte seinen Teller zurück auf den Tisch. Zweideutig lächelnd sah er Lisa an. „Sie wollen mir einen Handel vorschlagen?“

„Meinen Informationen nach haben Sie Ihre Absichten geändert und möchten nun statt unserer Betriebe Clifton Steel im Paket erwerben. Stimmt das?“

„Ich sehe mich immer um, was auf dem Markt zu haben ist.“

„Sind Sie nun an unseren Zulieferbetrieben interessiert oder nicht?“, fragte sie ihn geradeheraus.

Konstantin zögerte lange mit der Antwort – Lisa befürchtete schon, er habe ihr gar nicht zugehört. „Ich habe noch keine definitive Entscheidung getroffen“, erwiderte er schließlich gedehnt.

„Außer Ihnen gibt es auch noch andere Bewerber.“

„Wirklich? Bond Steel steckt mitten in einer Krise, Lisa. Die Aktien fallen ins Bodenlose.“

„Wenn wir beide uns handelseinig werden, bekomme ich die Probleme wieder in den Griff.“

„Und wenn nicht? Sind die Mitbewerber, von denen Sie sprechen, so finanzkräftig wie ich? Können auch sie das erforderliche Kapital von einem Tag auf den anderen bereitstellen?“

„Wahrscheinlich nicht.“ Lisa versuchte gar nicht erst, die Fakten zu beschönigen.

Sie griff nach ihrem Aktenkoffer, um ihre Unterlagen hervorzuholen und den Blickkontakt mit Konstantin zu brechen. Seine Art, sie anzusehen, machte sie nervös, und das konnte sie sich bei einem so gefährlichen Verhandlungspartner nicht leisten. „Wenn Sie vielleicht einen Blick auf diese Zahlen werfen wollen …“

„Sie sind ja wirklich fleißig gewesen.“ Er sah sich die Papiere an.

Lisa ließ ihn dabei nicht aus den Augen. Einige Seiten überflog er nur flüchtig, andere las er sehr genau. Schließlich legte er den Stapel säuberlich geordnet auf den Tisch, verschränkte die Hände im Nacken und lehnte sich in seinem Stuhl zurück.

„Sie sind auf den sofortigen Verkauf – und damit auf mich – angewiesen, Lisa“, stellte er fest.

Das wusste sie selbst, ließ es sich jedoch nicht anmerken. Außer von Zagorakis International hatte sie kein ernsthaftes Angebot bekommen – und erst recht keins mit prompter Überweisung des gesamten Kaufpreises.

„Wie beurteilen Sie die Lage jetzt, nachdem Sie die Zahlen gesehen haben?“

„Das kann ich noch nicht sagen, ich brauche noch etwas Zeit, um die Unterlagen genauer zu studieren. Die nackten Zahlen sind für mich auch nicht alles, Lisa. Ich hätte gern Ihre Argumente gehört, weshalb ich das, was mir fehlt, ausgerechnet bei Ihnen kaufen soll.“

Lisa dachte an all die Arbeitsplätze bei Bond Steel, die von diesem Deal abhingen, und sammelte sich. „Gut, dann lassen Sie mich die Fakten nennen, die dafür sprechen, dass …“

„Sie verstehen mich nicht, Lisa“, unterbrach er sie. „Da Sie mich in meiner Freizeit gestört haben, um mit mir zu verhandeln, darf ich bestimmen, wie und wo unsere Gespräche stattfinden. Ich gewähre Ihnen also eine Arbeitswoche Zeit, mich von den Vorzügen Ihres Angebots zu überzeugen. Gelingt Ihnen das, kaufe ich die Betriebe, die zur Debatte stehen. Scheitern Sie, ist alles offen, und die Verhandlungen beginnen von vorn. Nur wird es dann darum gehen, welchen Konzern ich kaufe, Bond Steel oder Clifton.“

„Bond Steel steht nicht zur Disposition!“

„Wenn wir beide uns nicht innerhalb der nächsten Tage einigen, werden Sie das nicht mehr frei entscheiden können.“

„Sie spielen also nur Katz und Maus mit mir“, beschwerte sie sich. „Wahrscheinlich haben Sie sich die Aufstellungen gar nicht richtig angesehen. Sie wollen mich nur hier auf der Insel behalten, damit ich keine anderen Verhandlungen führen kann und Bond Steel Ihnen wie eine reife Pflaume in den Schoß fällt!“

Konstantin zuckte gleichgültig die Schultern. „So ist das in der freien Wirtschaft eben. Sie haben wirklich keinen Grund zur Klage, Lisa, denn immerhin biete ich Ihnen die Gelegenheit, mich in Ihrem Sinne zu überzeugen.“

„Sie geben mir gerade mal fünf Tage, um die Zukunft von Bond Steel und die der Menschen, die dort ihren Lebensunterhalt verdienen, zu sichern! Finden Sie das fair? Erzählen Sie mir doch nichts! Würden Sie Bond Steel in die Finger bekommen, würden Sie sich nur unsere Geschäftsbeziehungen zunutze machen, den Konzern würden Sie zerschlagen und die Mitarbeiter auf die Straße setzen! Sie sind so skrupellos! Ich habe Sie für einen Mann mit wenigstens einem Funken Menschlichkeit gehalten. Doch anscheinend habe ich mich getäuscht. Gefühle sind für Sie nur unnötiger Ballast.“

„Sie haben mich treffend charakterisiert, Lisa“, erwiderte er ungerührt. Und das stimmte. Emotionen waren ihm fremd, und es gab nicht viel, das ein Feuer in ihm entfachen konnte. Lisa Bond kam dem zwar nahe, aber auch das Kapitel würde sich bald erledigt haben. In seinem ganzen Leben hatte er nur zwei sehr außergewöhnliche Frauen geliebt, ansonsten hielt er Gefühle für den Luxus anderer Menschen. Sein alleiniges Interesse gehörte dem Geld, denn damit konnte er das Projekt finanzieren, das ihm wirklich etwas bedeutete.

Lisa stand auf. „Dann weiß ich nicht, weshalb ich hier meine Zeit verschwende.“ Sie schloss ihren Aktenkoffer.

„So? Ich dachte, Sie wollten Bond Steel retten“, hielt er ihr entgegen.

Lisa schluckte. Konstantin hatte recht, falschen Stolz konnte sie sich in dieser Situation nicht leisten, und sie hatte keine Alternative.

„Also gut, ich brauche jedoch Internetzugang und eine funktionierende Handyverbindung“, forderte sie mit ihrem letzten Rest Selbstbewusstsein.

„Die Bedingungen bestimme ich, das sagte ich bereits.“

„Ich muss aber Verbindung mit meinen Leuten aufnehmen können, wir arbeiten im Team.“

„Dann wird Ihr Team nächste Woche beurteilen können, was die Aufsichtsratsvorsitzende zu leisten in der Lage ist, wenn sie auf sich allein gestellt ist. Die Wahl liegt bei Ihnen, Lisa. Reisen Sie ab, wird es keinen Vertrag geben. Bleiben Sie hier, haben Sie die Chance, mich dazu zu bewegen, den Kaufvertrag zu unterzeichnen.“

„Aber wir müssen doch Kontakt zu unseren Rechtsabteilungen haben, damit die Verträge zur Unterzeichnung vorbereitet werden können.“

„Richtig, das werden wir in die Hände unserer Assistenten legen. Rufen Sie also Mike an und bereiten ihn darauf vor, dass er seine Anweisungen von Andreas bekommen wird.“ Er deutete auf das Telefon. „Es arbeitet über Satellit“, erklärte er. „Handys funktionieren auf der Insel nicht.“

„Also besitzen nur Sie die Möglichkeit, mit der Außenwelt in Verbindung zu treten?“

„Richtig. Nachdem wir eine grundsätzliche Einigung erzielt haben, werde ich eine Konferenz einberufen, auf der dann die Einzelheiten ausgehandelt werden. Akzeptieren Sie diesen Vorschlag zum weiteren Verfahren?“

Was blieb ihr anderes übrig? „Ja“, antwortete sie fest.

Konstantin wusste bereits, dass er mit den Zulieferbetrieben einen guten Kauf machen würde, doch er wollte sehen, wie weit er den Preis noch drücken konnte. Lisa hatte ihm die Stirn geboten und seine Macht infrage gestellt. Doch Konstantin war es gewohnt, seinen Willen durchzusetzen, und dabei sollte es bleiben. Selbst eine Frau wie Lisa Bond war nicht in der Lage, daran etwas zu ändern.

Niemals wieder würde er Zugeständnisse machen wollen, die ihn verletzlich machten, das hatte er sich geschworen. Aus der Gosse hatte er sich nach oben gearbeitet, und niemand würde ihm je wieder Vorschriften machen dürfen.

Er beobachtete Lisa beim Telefonieren und hörte, wie sie ihrem Assistenten die Lage erklärte und die erforderlichen Anweisungen gab. Sie machte ihre Sache gut, sie war wirklich eine mit allen Wassern gewaschene Managerin.

„Für die kommenden fünf Tage werden Sie natürlich als mein Gast in der Villa wohnen“, bemerkte er, nachdem sie ihr Gespräch mit Mike beendet hatte.

„Wie bitte?“ Erschrocken blickte sie ihn nun an. „Aber Arianna …“

„Arianna wird das tun, was ich ihr sage“, fiel er ihr ins Wort.

Abschätzig sah sie ihn an. Ihrer Meinung nach benahm er sich seiner Freundin gegenüber so selbstherrlich wie ein mittelalterlicher Despot, und Arianna tat ihr leid.

„Ich warne Sie, Lisa. Entweder Sie halten sich an die Spielregeln, oder Sie setzen sich sofort wieder in Ihren Jet und fliegen zurück.“

Das würde sie natürlich nicht tun, dafür stand zu viel auf dem Spiel. „Okay“, lenkte sie ein, „aber wir treffen uns nur zu geschäftlichen Besprechungen.“

„Wie ich Ihnen bereits mehrfach erklärt habe, Lisa, steht es Ihnen nicht zu, Bedingungen zu stellen. Sie befinden sich auf meiner Insel, und die Entscheidung, wann, wo und zu welchem Zweck wir uns treffen, liegt allein bei mir.“

Lisa gefiel das gar nicht. Eine schlimmere Strafe, als ihn ganze fünf Tage nett behandeln zu müssen, hätte er sich für sie nicht ausdenken können.

„Und jetzt lassen Sie sich bitte nicht aufhalten.“ Er deutete auf die Tür. „Über die interne Sprechanlage können Sie sich etwas zu essen bestellen und es sich in Ihrer Suite servieren lassen.“

Lisas Wangen röteten sich vor Empörung. Eine größere Schmach, als sie aufs Zimmer zu verbannen, hätte Konstantin ihr kaum antun können. Warum hatte er sie nicht wieder ins Hotel fahren lassen? Dort wäre sie Arianna und ihm sicherlich nicht im Weg gewesen.

„Der Butler wird Sie zu Ihrer Suite führen, wo Ihr Koffer schon auf Sie wartet. Gute Nacht, Lisa.“

Wie gelähmt blieb sie stehen und blickte ihm sprachlos hinterher, als er nach einer knappen Verbeugung den Raum verließ.

4. KAPITEL

Lisa war überrascht, wie gut sie geschlafen hatte. Das muss an dem gesunden Klima liegen, überlegte sie und rekelte sich. Sie hatte nur fünf Tage Zeit, Konstantin zum Kauf der Zulieferbetriebe zu bewegen, deshalb sprang sie sofort aus dem Bett, um ja keine kostbare Zeit zu verschwenden.

Ihr erster Gang führte auf den Balkon, sie wollte die wundervolle Umgebung bei Tageslicht betrachten. Mit beiden Händen beschattete sie die Augen und sah sich um. Erst jetzt fiel ihr auf, dass die Villa und der Garten von drei Seiten von Wasser umgeben waren, weil die Klippe, auf der das Haus gebaut war, weit ins Meer ragte.

Der Kontrast zwischen den changierenden Blautönen der Ägäis und den bunt leuchtenden Blumen des Gartens war einfach bezaubernd. Als Lisa sich noch etwas weiter über die Brüstung beugte, entdeckte sie neben der teilweise überdachten Terrasse einen herrlichen Swimmingpool. Wie gern hätte sie dort jetzt ein erfrischendes Bad genommen – leider jedoch zog Konstantin dort schon kraftvoll seine Bahnen. Niemals hätte Lisa ihm nur in knapper Badebekleidung gegenüberstehen wollen. Also beschloss sie, zum Meer hinunterzugehen.

Sie öffnete ihren Koffer und suchte nach dem Bikini, den sie in der vagen Hoffnung eingepackt hatte, nach der Verhandlung noch ein wenig die griechische Sonne genießen zu können. Glücklicherweise hatte sie auch an Sandalen und einen Pareo gedacht und war somit für einen Ausflug an den Strand bestens ausgerüstet.

Die in den Fels geschlagene Treppe war steil, und die schmalen, unebenen Stufen ließen sich nur mühsam hinabschreiten, obwohl man sich an einem Geländer festhalten konnte. Als Lisa auf einer kleinen Plattform anhielt, um Atem zu schöpfen, blickte sie sehnsüchtig auf die Schienen der kleinen Zahnradbahn, die vom Haus bis zum Strand führten. Sie hatte die offene Kabine zwar im Garten stehen sehen, sich jedoch nicht getraut, sie zu benutzen, da sie zu nah am Pool gestanden hatte.

Von der letzten Stufe sprang Lisa schwungvoll in den feinen weißen Sand und zog ihre Sandalen aus. Die Luft duftete herrlich nach Salz und Sonne, und das leise rauschende türkisfarbene Meer war glatt wie ein Spiegel. Das Beste allerdings war: Konstantin war weit weg. Sie ließ den Pareo über ihre Schultern gleiten, warf ihn zu Boden und lief zum Wasser.

Lisa bemerkte nicht, dass sich noch eine Person am Strand befand. Eine ältere Frau sah ihr interessiert beim Schwimmen zu, ging hinüber zu Lisas Pareo und wartete dort auf sie.

Lisa genoss das kühle salzige Wasser auf ihrer Haut. Sie schloss die Augen und streckte ihr Gesicht der Sonne entgegen, als sie durch die seicht auslaufenden Wellen wieder an den Strand schritt. Wie lange hatte sie keinen Urlaub mehr gemacht. Allein dieser Moment entschädigte sie beinahe für Konstantins Gegenwart.

„Hallo.“

Erschrocken drehte sich Lisa um. Sie dachte, sie wäre allein gewesen.

„Ein schöner Tag heute.“ Die Frau bückte sich und reichte ihr den Pareo. „Ich heiße Stella und wohne dort drüben.“ Sie deutete auf ein kleines Haus direkt am Strand. Es war im landestypischen Stil gebaut, weiß gestrichen und besaß blaue Fensterläden. „Sie sind eine gute Schwimmerin.“

„Danke.“

„Darf ich Sie zum Frühstück einladen?“ Lisa blickte auf den Einkaufskorb der Fremden, aus dem es verführerisch nach frisch gebackenem Weißbrot duftete. Unwillkürlich knurrte ihr der Magen, und die beiden Frauen mussten lachen.

Lisa nahm das Angebot nur zu gern an. Es bewahrte sie nicht nur vor einem einsamen Frühstück auf ihrem Balkon, sondern auch vor unnötiger Grübelei.

„Das Angebot nehmen wir mit Freuden an“, ließ sich eine männliche Stimme vernehmen.

„Konstantin!“ Völlig verwirrt beobachtete Lisa, wie Konstantin die überglückliche Stella umarmte. Lisa hingegen errötete, weil sie sich ertappt fühlte. Warum gelang es Konstantin immer wieder, ihr das Gefühl zu vermitteln, etwas Unpassendes getan zu haben? Wahrscheinlich lag das an seinem selbstherrlichen Auftreten.

Konstantin war barfuß und trug ein blaues, von Sonne und Salzwasser verblichenes T-Shirt und eine kurze, ausgefranste Jeans. Seine Muskeln zeichneten sich unter der sonnengebräunten Haut deutlich ab, und Lisa wurde sich peinlich bewusst, dass sie lediglich mit einem winzigen Bikini und einem durchsichtigen Stück Stoff bekleidet war.

„Guten Morgen, Lisa. Haben Sie gut geschlafen?“, erkundigte er sich höflich.

„Ja, danke“, antwortete sie steif und hoffte, dass Stella der feindselige Unterton des förmlichen Wortwechsels entging.

„Dann lasst uns gehen, das Brot reicht für alle.“ Resolut ging Stella voraus.

„Ich nehme an, Sie sind rein zufällig hier vorbeigekommen?“ Abschätzig musterte Lisa Konstantin von der Seite.

„Nein, absichtlich. Ich wollte Stella besuchen.“

Lisas Neugier regte sich. „Sie sind mit Stella befreundet?“

„Schon ziemlich lange.“

„Ich verstehe.“

„Das glaube ich kaum.“

Konstantin lächelte versonnen, was die Angelegenheit für Lisa noch interessanter machte. Was verband diese herzliche Frau mit Konstantin?

Im Inneren des kleinen Hauses war es angenehm kühl und dämmrig, nur einzelne Lichtstrahlen fielen durch die geschlossenen Fensterläden. Es duftete angenehm würzig, und als Lisa sich umblickte, entdeckte sie eine ganze Galerie von Terrakottatöpfen, in denen die verschiedensten Kräuter wuchsen. „Wie hübsch Sie es hier haben!“, bemerkte Lisa entzückt.

Stella lächelte. „Bitte setzt euch.“ Sie wies auf zwei gemütliche Liegestühle.

„Kann ich Ihnen nicht helfen?“, bot Lisa an, doch Stella verneinte entschieden.

„Auf keinen Fall! Ihr beide ruht euch jetzt aus, und ich mache das Frühstück. Es wird bestimmt nicht lange dauern.“ Sie verschwand in der Küche.

Ihr beide! Lisa widerstrebte es, mit Konstantin in einem Atemzug genannt zu werden. Es stellte eine Vertraulichkeit her, die Lisa unter keinen Umständen zulassen wollte. Demonstrativ ließ sie Konstantin stehen, setzte sich auf die gepolsterte Fensterbank und blickte ins Leere.

„So besser?“ Konstantin öffnete die Läden ein Stück, dass Lisa die Landschaft sehen konnte. Er setzte sich neben sie, und Lisa musste sich beherrschen, um nicht in die äußerste Ecke zu rücken.

„Sie sind früh aufgestanden“, bemerkte er.

„So lässt sich ein harter Arbeitstag besser bewältigen“, erwiderte sie kühl und atmete erleichtert auf, als Stella mit einem voll beladenen Tablett den Raum betrat.

„Warum hast du mich denn nicht gerufen?“ Im Nu war Konstantin an ihrer Seite und nahm ihr die Last ab.

„Weil du unserem Besuch Gesellschaft leisten sollst.“ Vielsagend blickte sie ihn an und drehte sich dann zu Lisa um. „Es tut mir leid, Lisa, unsere ständigen Dispute müssen befremdlich für Sie sein.“

„Sie kennen meinen Namen?“ Lisa war überrascht, denn sie wusste genau, dass sie sich bei der unerwarteten Begegnung am Strand nicht vorgestellt hatte. Fragend blickte sie zu Konstantin, doch dieser tat so, als bemerke er es nicht, und deckte eifrig den Tisch. „Ich heiße Lisa Bond und bin hier, weil ich mit Konstantin wichtige geschäftliche Angelegenheiten zu besprechen habe“, holte sie ihr Versäumnis nach.

„Geschäftliche Angelegenheiten?“ Der Ton, in dem Stella die Worte wiederholte, ließ darauf schließen, dass sie wusste, wie stur und beherrschend Konstantin sein konnte.

„Ja.“ Lisa gab sich selbstsicher. „Ich bin mir sicher, wir werden uns einig werden.“

„Und was sind eure Pläne für heute?“ Stella reichte Brot und Honig, ließ Konstantin und Lisa dabei jedoch nicht aus den Augen.

„Wir haben eine Besprechung.“

„Ich will Lisa Stellamaris vom Wasser aus zeigen.“

Sie hatten gleichzeitig gesprochen, und Lisa richtete sich empört auf. Sie war nicht gewillt, gleich den ersten ihrer fünf kostbaren Tage mit einer Bootstour zu verschwenden.

„Ich bringe dir frischen Fisch zum Abendessen mit“, versprach Konstantin Stella.

„Wie schön!“ Stella freute sich sichtlich.

Unwillig zog Lisa die Brauen hoch. Sie würde sich von Konstantin nicht bevormunden lassen, sie hatte Wichtigeres zu tun, als ihm zuzusehen, wie er Fische fing.

„Nein!“, widersprach sie entschieden und tauchte ein Stückchen Brot in den Honig auf ihrem Teller.

„Wie bitte?“, fragte Konstantin, als hätte er sich verhört.

„Ich werde Sie nicht begleiten, denn ich habe Besseres zu tun – Sie auch, wenn ich mich nicht irre.“

„Mögen Sie das Meer nicht?“ Stella schien betroffen.

„Doch, sehr sogar.“ Lisa zögerte. Wie sollte sie sich nur ausdrücken, um das gemütliche Frühstück nicht zu verderben. „Ich bin es nur nicht gewohnt, in dieser …“

„In dieser griechischen Weise Geschäfte zu machen?“ Stella lächelte verständnisvoll, und Lisa warf Konstantin einen giftigen Blick zu, als er genussvoll in sein Brot biss. Er wirkte mit sich und der Welt äußerst zufrieden – verständlich, besser hätte es für ihn nicht laufen können.

„Alle Griechen sind im Grunde ihres Herzens Fischer, das müssen Sie verstehen“, erklärte Stella. Sie lächelte so unschuldig, als hätte sie von dem angespannten Verhältnis zwischen ihren beiden Gästen nichts bemerkt. „Am besten, Sie akzeptieren Konstantin, wie er ist, und passen sich seinen Geschäftsmethoden an.“

„Das klingt vernünftig“, meinte Lisa höflich, um ihre Gastgeberin nicht vor den Kopf zu stoßen.

„Würden Sie das für mich bitte noch einmal wiederholen?“ Konstantin grinste unverschämt.

„Wenn Sie wie ein höflicher Mensch aufmerksam zuhören würden, bräuchten Sie keine dummen Zwischenfragen zu stellen“, brauste Lisa auf, hielt jedoch erschrocken den Atem an. Wie konnte ich mich nur so gehen lassen, dachte sie, als Stella befremdet aufblickte.

Konstantin tat nichts, um der Situation die Peinlichkeit zu nehmen. Wortlos brach er sich ein weiteres Stück Brot ab und bestrich es dick mit Honig.

„Es tut mir leid, Stella“, entschuldigte Lisa sich schließlich. „Ich weiß auch nicht, was plötzlich in mich gefahren ist.“

„Machen Sie sich nichts draus.“ Stella lächelte. „Wo Leidenschaft im Spiel ist, passiert das schon einmal.“

Leidenschaft? Lisa runzelte die Stirn. Das war doch lächerlich!

„Konstantin versteht es meisterhaft, die uneingestandenen Leidenschaften seines Gegenübers offenzulegen“, fügte Stella erklärend hinzu.

Das konnte Lisa nicht auf sich sitzen lassen. „Sie täuschen sich, Stella. Konstantin bringt mich keinesfalls aus dem seelischen Gleichgewicht, nur …“

„Nur was?“, fragte Konstantin leise und zärtlich.

„Ich …“

Als Lisa tief Atem schöpfte und nach einer passenden Antwort suchte, schob er ihr ein Stück Honigbrot zwischen die Lippen. „Hier. Etwas Süßes kann Ihnen nur guttun.“

Lisa blieb nichts anderes übrig, als das Brot anzunehmen und zu schlucken, doch ihre Augen blitzten wutentbrannt.

Lisa folgte Konstantin schweigend, bis Stella sie vom Haus aus nicht mehr hören konnte. Dann blieb sie stehen, um ihm endlich die Meinung zu sagen. „Ich gehe keinen Schritt weiter“, erklärte sie.

Konstantin verlangsamte sein Tempo nicht, sondern warf ihr lediglich einen Blick über die Schulter zu. „Wir sind gleich da. Der Hafen liegt direkt hinter der nächsten Klippe.“

„Darum geht es nicht.“

„Worum denn sonst?“ Endlich blieb er stehen und drehte sich zu ihr um.

„Ich komme nicht mit auf Ihre Jacht, Konstantin. Wir beide wissen, dass Sie mich bei der Verhandlung über den Tisch ziehen wollen. Wenn Fairness für Sie nicht nur ein leeres Wort ist, kommen Sie jetzt mit mir in die Villa und setzen sich mit mir an den Konferenztisch, wie es sich gehört.“

„Später. Im Moment interessiert mich die Angelegenheit herzlich wenig.“ Er kam auf sie zu, und sie wich zurück.

„Ich möchte den Abschluss so schnell wie möglich unter Dach und Fach bringen. Wir beide wissen, wie günstig mein Angebot für Sie ist, und je schneller wir uns geeinigt haben, desto eher können wir wieder getrennte Wege gehen. Das wünschen Sie sich doch ebenso sehr wie ich.“

Er legte den Kopf zurück und lachte. „Gut gebrüllt, Löwe! Woher wissen Sie denn, dass ich mich überhaupt mit Ihnen einigen will, Lisa?“

„Würden Sie sich sonst die Mühe machen, Ihre Leute bei Bond Steel herumschnüffeln zu lassen?“

„Vielleicht macht es mir einfach Spaß, mit meinen Möglichkeiten zu spielen.“

„Schön für Sie, ein so lustiges Leben zu führen. Bei mir sieht das leider etwas anders aus, denn ich habe Verpflichtungen.“

„Sie sind arrogant und nehmen sich zu wichtig, das ist alles.“

„Und das aus dem Mund des einschlägig bekannten Konstantin Zagorakis? Entschuldigen Sie, wenn ich lache!“

„Wären Sie an meiner Stelle, würden Sie garantiert nicht anders handeln. Erwarten Sie ganz einfach nur das von mir, wozu auch Sie bereit wären.“ Ungerührt setzte er seinen Weg fort.

„Aber Sie haben mir versprochen, die nächsten fünf Tage mit mir zu verhandeln!“

„Natürlich – jedoch ausschließlich zu meinen Bedingungen.“

„Und was ist mit Arianna? Sicherlich wird sie von unserem romantischen Ausflug zu zweit nicht gerade begeistert sein.“

Endlich hatte sie erreicht, dass er sich umdrehte und sie ansah.

„Was hat Arianna mit uns zu tun?“

„Sie ist zu bedauern.“ Kämpferisch blickte sie ihm in die Augen. „Wenn ich gewusst hätte, wie unverantwortlich Sie sich ihr gegenüber verhalten, wäre ich nicht auf der Insel geblieben. Und jetzt möchte ich zurück zur Villa, mir endlich das Salzwasser von meiner Haut waschen und mich etwas ausruhen. Dann bleiben uns vor dem Mittagessen immer noch zwei Stunden, um über den Vertrag zu reden.“

Statt zu antworten, setzte Konstantin den Weg fort und zog Lisa am Handgelenk mit sich. „Ich sage es Ihnen zum letzten Mal, hier trifft nur einer Entscheidungen, und das bin ich.“ Ohne ihr Sträuben zu beachten, ging er weiter. „Heute finden keine Verhandlungen statt. Stella möchte Fisch, und deshalb fahren wir hinaus und werden welchen fangen.“

„Sie wollen auf Fischfang?“ Ungläubig sah sie ihn an.

„Nein, Lisa, wir wollen auf Fischfang.“ Da sie sich sträubte weiterzugehen, drehte er sich um und nahm sie kurzerhand auf den Arm. „Nichts und niemand hat mich je daran gehindert, meinen Willen durchzusetzen. Haben Sie das immer noch nicht verstanden, Lisa?“

„Ich verstehe nur eins: Sie sind gewalttätig. Setzen Sie mich bitte sofort ab, sonst wird Ihr Verhalten Konsequenzen haben.“

„Konsequenzen?“ Er lachte leise. „Und wie stellen Sie sich die vor? Wollen Sie mir Ihre Rechtsanwälte auf den Hals hetzen? Davon würde ich Ihnen dringend abraten, wenn Sie mich nicht in zwei Monaten um einen Job anbetteln wollen.“

„Von Ihnen würde ich im Leben nichts annehmen.“

Lisa trommelte ihm mit den Fäusten gegen die Brust. „Lassen Sie mich sofort los, oder ich schreie.“

„Tun Sie sich keinen Zwang an, man wird lediglich denken, wir zwei amüsierten uns prächtig.“

„Ich scherze nicht, Konstantin!“

„Wo liegt Ihr Problem, Lisa? Haben Sie Angst um Arianna, oder haben Sie Angst, mit mir allein zu sein?“

„Angst vor Ihnen?“ Sie schnaufte verächtlich. „Es geht mir um Arianna, ich möchte nicht, dass sie verletzt wird.“

Endlich setzte er sie ab, hielt sie jedoch an den Schultern fest. „Und wenn ich Ihnen sage, dass Arianna und ich kein Paar sind?“

„Das würde mich freuen – für Arianna. Und jetzt möchte ich zurück. Sie und mich verbindet ausschließlich ein gemeinsames geschäftliches Interesse, Konstantin, und sonst nichts.“

„So?“ Unvermittelt zog er sie an sich und küsste sie.

Lisa schwindelte. Es war nicht so sehr die Tatsache, dass er sie küsste, die ihr den Atem raubte, sondern die Erkenntnis, wie sehr es ihr gefiel. Es fühlte sich so gut und richtig an! Sie schmiegte sich enger an ihn und musste unwillkürlich seufzen – sie sehnte sich nach Konstantin.

Dieser Gedanke ernüchterte sie schlagartig. Was tat sie hier eigentlich? Die Zukunft eines Riesenunternehmens hing von ihr ab, und was tat sie!? Konstantin spielte lediglich mit ihr, er wollte sie hier auf Stellamaris ablenken, während seine Leute Bond Steel auseinandernahmen.

Mit aller Kraft versuchte sie sich seiner Umarmung zu entziehen, trommelte mit ihren Händen auf ihn ein, doch sie kämpfte vergebens. Trotz ihres Widerstands presste er sie so eng an sich, dass sie kaum noch Luft bekam. In dem Moment, in dem sie glaubte, ohnmächtig zu werden, ließ er sie abrupt los und trat einen Schritt zurück.

„Wollen Sie die Fäuste sprechen lassen, um mich zu dem Abschluss zu bewegen?“, fragte er zynisch.

„Das wäre wenigstens ehrlich“, erwiderte sie und hielt sich die Schläfen. „Wie konnten Sie mich nur in eine so peinliche Situation bringen? Ich hasse Sie.“

„Nein, Sie hassen sich selbst, weil Sie die Kontrolle über Ihre Gefühle verloren haben.“

„Ihre Arroganz ist wirklich nicht zu übertreffen, Mr Zagorakis! Wie soll ich Sie die kommenden fünf Tage nur ertragen!“

„Sie werden sich ganz einfach Mühe geben müssen.“ Er lächelte unverschämt.

Er weiß ganz genau, was für mich auf dem Spiel steht, dachte Lisa, und ich bin ihm hilflos ausgeliefert. Konstantin hielt das Schicksal von Bond Steel in der Hand, wollte sie ihre Firma nicht verlieren, durfte sie ihn nicht verärgern.

„Wissen Sie, was Ihnen fehlt?“ Er hatte seine Augen auf sie geheftet und musterte sie eindringlich. „Ein Mann, der Ihnen Ihren kindischen Trotz austreibt.“

„Ich und kindisch?“ Ungläubig sah sie ihn an. Ihr professioneller Führungsstil wurde selbst von ihren ärgsten Feinden hervorgehoben. „Als Nächstes erzählen Sie mir noch, Sie seien genau der Richtige, mir meinen Trotz auszutreiben.“

„Erraten. Und jetzt Schluss mit dem Geplänkel, von nun an werden wir der guten alten griechischen Tradition folgen und uns erst einmal richtig kennenlernen, bevor wir uns an den Verhandlungstisch setzen.“

Lisa schluckte. „Kennenlernen? Das sehe ich überhaupt nicht ein.“

„Schade um Ihre Firma.“ Konstantin zuckte die Schultern und ging weiter.

„Bitte warten Sie!“, rief ihm Lisa in panischem Schrecken hinterher.

Er blieb wirklich stehen. „Darf ich daraus schließen, dass Sie endlich Vernunft angenommen haben?“

„Ja“, antwortete sie gezwungen.

„Das ist ausgesprochen klug von Ihnen, Lisa, wirklich. Doch ehe Sie sich nicht zu etwas mehr Nachgiebigkeit durchringen können, wird es keine Verhandlungen geben.“

„Nachgiebigkeit?“ Das war zu viel für Lisa. „Wollen Sie mich erpressen?“

„Wer redet denn hier von Erpressung?“ Er schnalzte mit der Zunge. „Es verhält sich einfach so: Kommen Sie mir entgegen, kann auch ich mich großzügig verhalten, bleiben Sie bockig, muss ich Sie gefügig machen.“

„Mich gefügig machen? Wie Sie das anstellen wollen, möchte ich wissen.“

„Sie fordern Ihr Schicksal heraus, Lisa.“ Ehe sie wusste, wie ihr geschah, hatte er sie so gepackt und herumgewirbelt, dass es ein Leichtes gewesen wäre, sie auf ihren schönen Po zu schlagen. Kurz hatte er seinen Arm erhoben, ließ ihn aber gleich wieder sinken. Dann stieß er sie abrupt wieder von sich, als hätte er sich an ihr verbrannt.

Theos! Sie treiben einen Mann wirklich an den Rand des Wahnsinns!“ Fahrig strich er sich über die Stirn, als könne er nicht glauben, was er gerade getan hatte.

Auch Lisa kam die Szene sehr unwirklich vor, und sie wusste nicht, ob sie über dieses Gefühlschaos weinen oder lachen sollte. Umständlich stand sie auf und entschloss sich schließlich, darüber zu lachen.

„Ich glaube, wir brauchen jetzt beide etwas Zeit, um uns wieder zu erholen.“ Sie lächelte nervös.

Entsetzt über sich selbst, schüttelte Konstantin den Kopf. Was war nur mit ihm los? Noch nie hatte er einer Frau gegenüber die Kontrolle verloren. Er verabscheute Gewalt, doch zu seiner Schande musste er gestehen, dass ihn die Vorstellung erregte, Lisa in ihre Schranken zu verweisen, bevor er sie liebte.

„Alles in Ordnung?“, fragte er rau und machte sich auf eine Schimpftirade gefasst.

Doch Lisa blieb stumm, sie sah ihn nur an. Ihre Augen waren so groß und glänzend, wie er sie noch nie gesehen hatte.

Lisa begehrte ihn.

Obwohl sich seine Gedanken überstürzten, bemühte er sich um einen gleichgültigen Gesichtsausdruck. Einerseits war er erleichtert, dass sie nicht erzürnt war, andererseits hatte er das Gefühl, das Spiel nicht mehr in der Hand zu haben. Die Erkenntnis, Lisa Bond zu begehren, wie er noch nie etwas begehrt hatte, bereitete ihm ein ausgesprochenes Unbehagen.

5. KAPITEL

Betroffen und mit angehaltenem Atem sahen Konstantin und Lisa sich an. Die Luft zwischen ihnen knisterte vor leidenschaftlicher Spannung.

Nicht nur er hat sich vergessen, ich mich auch, dachte Lisa. Die Vorstellung, eine körperliche Auseinandersetzung mit Konstantin könnte in einer leidenschaftlichen Umarmung enden, beflügelte ihre Fantasie und erregte sie. Könnte sie Konstantin doch nur vertrauen! Wie schön müsste es sein, sich ihm hinzugeben. Zum ersten Mal in ihrem Leben spürte sie ein leidenschaftliches Verlangen. Niemals zuvor war sie einem Mann so nah gewesen. Doch jetzt …

Konstantin fasste sich als Erster. „Kommen Sie jetzt mit aufs Boot oder nicht?“, fragte er brüsk.

Lisa zögerte und blickte an sich hinunter, und Konstantin erriet sofort, was sie dachte.

„Wir kaufen vorher im Hafen ein“, schlug er vor und entkräftete ihre Einwände, noch bevor sie sie geäußert hatte. „Sie brauchen unbedingt Sonnencreme und einen Hut. Wir sollten uns beeilen, wir haben schon genug Zeit verschwendet.“

„Werden wir auf dem Boot über den Vertrag sprechen?“

„Geben Sie eigentlich nie auf, Lisa?“

„Nie!“

Er blieb so abrupt stehen, dass sie fast gegen ihn stieß. „Glauben Sie denn, dass Sie vierzig Stunden debattieren müssen, um mir den Kauf schmackhaft zu machen?“

„Natürlich nicht!“

„Dann weiß ich nicht, weshalb Sie so unentspannt sind. Ihnen bleibt doch noch Zeit genug.“

„Ich bin nicht unentspannt!“, protestierte sie, während sie ihm weiterhin folgte.

Als Konstantin in einem der Läden am Hafen Sonnencreme und einen breitkrempigen Strohhut aussuchte, sah Lisa nach draußen. Zwischen den kleinen bunten Fischerbooten, die am Kai festgemacht waren, schaukelte eine elegante weiße Segeljacht. Sie fiel auf wie ein Schwan unter Enten und musste Konstantin gehören.

„Ein feudaler Konferenzsaal“, spöttelte sie, als Konstantin ihren Blick bemerkte.

„Ich freue mich, wenn mein Schiff Ihren Erwartungen entspricht“, entgegnete er ruhig, nahm die Einkäufe entgegen und steuerte auf den nächsten Laden zu, ein Delikatessengeschäft.

Lisa konnte es plötzlich kaum erwarten, die herrliche Jacht zu betreten, und war mit der weiteren Verzögerung überhaupt nicht einverstanden. Doch schließlich hatte Konstantin sein Schwätzchen mit dem freudig lächelnden Ladenbesitzer beendet und verließ mit einem gut gefüllten Weidenkorb den Laden.

„Unser Mittagessen“, erklärte er.

Lisa runzelte die Stirn. Seit wann hatte es ein griechischer Millionär nötig, sich auf seiner Luxusjacht aus einem Picknickkorb zu versorgen? Als Konstantin dann auch noch am Steg zur Stellamaris Odyssey vorbeiging, war sie vollends verwirrt und blieb stehen.

Er drehte sich zu ihr um: „Was ist los?“

„Aber … Ich dachte …“

„Oje, Lisa, Ihre Unterlippe zittert ja“, stellte er belustigt fest.

Bestimmt sieht er mir an der Nasenspitze an, wie ich mich jetzt fühle, dachte Lisa: wie eine verzogene Göre, der man ihren Lieblingswunsch nicht erfüllt hat.

„Ich sagte doch, dass ich keine Lust habe, Sie beim Fischen zu begleiten“, versuchte sie, ihr enttäuschtes Gesicht zu rechtfertigen. Vergeblich, denn Konstantin hatte sie durchschaut.

„Lisa, niemand, der auch nur das Geringste von Schiffen versteht, würde die Stellamaris Odyssey für ein Fischerboot halten!“

„Ich bitte vielmals um Verzeihung, aber was weiß ich von den Luxusspielzeugen der Superreichen?“

„Und das sagt eine Frau, die einen eigenen Jet besitzt?“

„Er gehört nicht mir, sondern der Firma“, entgegnete sie trotzig.

„Und wem gehört die Firma?“

Lisa schwieg.

„Meiner Meinung nach ist ein Tag auf einer Luxusjacht nichts Besonderes“, erklärte er ruhig. „Mit der Stellamaris Odyssey will ich repräsentieren und meine Geschäftspartner beeindrucken. Da ich für Sie aber keine Schau abzuziehen brauche, wollte ich Ihnen etwas wirklich Schönes zeigen.“ Er wies auf das neben der Jacht vertäute Schiff, einen kleinen blau und weiß gestrichenen Kutter.

Das Entsetzen musste Lisa im Gesicht gestanden haben, denn Konstantin verbeugte sich spöttisch.

„Was ist los, Prinzessin? Ist Ihnen mein bescheidenes Boot nicht gut genug?“

Lisa biss sich auf die Lippe und warf, was Konstantin natürlich nicht entging, einen sehnsüchtigen Blick auf die Stellamaris Odyssey.

„Oh nein, Lisa, zu unseren harten Verhandlungen passt kein verschwenderischer Luxus. Oder haben Sie es sich anders überlegt und wollen nicht mehr kämpfen?“

Als sie nachdrücklich den Kopf schüttelte, strich er ihr über die Schulter.

„Dann beeilen Sie sich, sonst wird unser Wein warm.“

Lisa hatte so viel Spaß wie schon lange nicht mehr. Von dem Tag an, als ihr Vater sie bei sich aufgenommen hatte, war Fünf-Sterne-Komfort für sie zur Selbstverständlichkeit geworden. Daher war der Ausflug auf dem einfachen Kutter etwas völlig Neues und Aufregendes für sie. Sie genoss die Sonne und hielt ihr Gesicht in den Wind, der nach Salz und Meer schmeckte.

Während Konstantin sich sofort ans Ruder stellte, verstaute Lisa erst die Lebensmittel in der kleinen Kombüse, bevor sie zu ihm an Deck ging.

„Haben Sie Eis gefunden?“, erkundigte er sich. „Einer meiner Angestellten sollte einen Eimer Eiswürfel von der Jacht herbringen.“

„Keine Sorge, das Eis ist da, und Ihre kostbaren Weinflaschen sind bestens versorgt.“ Sie lachte, um ihm zu zeigen, dass sie mittlerweile Gefallen an dem kleinen Abenteuer fand. „Wo wollen wir hin? Oder ist das noch ein Geheimnis?“

„Nein. Wir wollen an einen sehr einsamen und sehr romantischen Ort.“

Was hatte er vor? Lisas Herz klopfte plötzlich zum Zerspringen, was sie sich jedoch um keinen Preis der Welt anmerken lassen wollte.

„Noch romantischer als eine Privatinsel? Geht das denn überhaupt?“, fragte sie gespielt spöttisch.

„Warten Sie es einfach ab.“

Die kleine Bucht, in die Konstantin den Kutter steuerte, schien von jeglicher Zivilisation vollkommen abgeschnitten. Außer dem Rollen der Brandung und dem Gesang der Vögel herrschte absolute Stille. Lisa stand am Bug und blickte hingerissen in das kristallklare Wasser, in dem sich riesige Schwärme bunter Fische tummelten.

Ihre Vorbehalte gegen Konstantin waren plötzlich vergessen. „Kommen Sie doch und sehen sich das an!“, rief sie plötzlich aufgeregt.

Konstantin stellte den Motor ab und ging zu ihr an die Reling. „Wir müssen hier ankern und an Land schwimmen“, erklärte er. „Weiter kommen wir nicht.“

Verstohlen beobachtete Lisa, wie Konstantin das Ankerspill bediente. Er war so muskulös und bewegte sich so geschmeidig, dass ihn jeder, der ihn so sah, für einen Seemann und nicht für einen der reichsten Geschäftsmänner der Welt halten würde.

„Wie wäre es mit einem Picknick am Strand?“, fragte er, nachdem der Kutter sicher vor Anker lag. „In der Kombüse finden Sie eine wasserdichte Kühlbox, verstauen Sie darin, was wir brauchen, und befestigen das Seil, das daneben liegt, am Griff.“

Lisa stand ihm verständnislos gegenüber, tat aber, was er von ihr verlangte.

„Ich kontrolliere nur noch kurz die Hummerreusen. Vielleicht können wir Stella ja eine kleine Delikatesse als Überraschung mitbringen. Rufen Sie, wenn Sie fertig sind, ich trage die Box dann nach oben.“

Konstantin hielt Wort, brachte die Kiste an Deck, ergriff das Seil und ließ daran die Kühlbox an der Bordwand entlang ins Wasser gleiten.

„Und jetzt Sie“, meinte er und reichte ihr die Hand, um ihr auf die Reling zu helfen.

„Sie meinen, ich soll von hier oben ins Wasser springen? Nie im Leben!“ Empört sah sie ihn an.

„Wie Sie möchten. Dann benutzen Sie eben die Badeleiter – Sie finden sie am Heck.“

Wenn er dachte, sie sei feige, hatte er sich getäuscht! Entschlossen kletterte sie auf die Bordwand.

„Das wird Sie beim Schwimmen nur behindern.“ Mit einem Griff löste er den Knoten ihres Pareos und warf ihn zurück an Bord.

Noch bevor Lisa sich wegen dieser Dreistigkeit ereifern konnte, war er mit einem eleganten Hechtsprung ins Meer getaucht. Lachend und die nassen Haare schüttelnd kam er an die Oberfläche. „Jetzt sind Sie dran, Lisa. Keine Angst, es kann Ihnen nichts passieren, ich bin ja hier.“

Als ob mir das helfen würde, dachte Lisa und schloss die Augen. Die Genugtuung, sie die Badeleiter hinunterklettern zu sehen, würde sie ihm trotz aller Angst nicht gönnen. Ein tiefer Atemzug, und sie sprang.

„Bravo!“ Kaum war sie mit dem Kopf wieder über Wasser, war Konstantin auch schon zur Stelle.

„Glauben Sie etwa, ich würde mich vor Ihren Augen blamieren?“, fragte sie.

„Nein, das wäre in der Tat nicht typisch für Sie.“ Er griff nach dem Tau, um die Kühlbox hinter sich herzuziehen. „Schwimmen Sie voraus“, forderte er sie auf.

So hatte sich Lisa die Verhandlungen wirklich nicht vorgestellt, als sie sich in England in ihren Jet gesetzt hatte – azurblaues Wasser, strahlender Sonnenschein und ein Mann, der ihr die Sinne vernebelte. Umso wichtiger war es, einen kühlen Kopf zu bewahren. Mit ruhigen, kräftigen Zügen schwamm sie zum Strand.

„Kluges Mädchen!“ Konstantin betrachtete den Inhalt der Kühlbox und lächelte. „Sie denken wirklich mit.“ Er reichte ihr den leicht zerdrückten Strohhut und die Tube Sonnencreme. „Soll ich Ihnen den Rücken einreiben?“

„Nein, das sollen Sie nicht.“ Schnell stülpte sie sich den Hut über und griff hastig nach der Tube. „Aber trotzdem, vielen Dank“, fügte sie schnell hinzu, als ihr klar wurde, wie kindisch sie sich benahm. Spärlich bekleidet mit Konstantin am Strand zu sitzen machte sie unvorstellbar nervös. Wenn sie doch wenigstens ihren Pareo dabeihätte! Wie sollte sie das Picknick nur überstehen?

Um sich abzulenken, betrachtete sie die Landschaft. Sie saßen auf einer Düne, deren Tal mit einem dichten Teppich aus rosa Leinkraut und lila Strandflieder bedeckt war. Weiter landeinwärts wuchsen knorrige Wacholderbüsche, die von zierlichen Tamarisken überragt wurden.

„Gefällt es Ihnen hier?“, erkundigte sich Konstantin.

„Ein so herrliches Fleckchen Erde habe ich selten gesehen – das Gleiche dachte ich jedoch auch schon beim Anblick Ihrer Villa. Das Glück hat es wirklich gut mit Ihnen gemeint.“

„Glück hat damit nichts zu tun.“

Lisa schluckte. Sowohl die Bemerkung als auch Konstantins scharfer Ton erinnerten sie unwillkürlich an ihren Vater. Schweigend drapierte sie die Lebensmittel auf eine Decke, während Konstantin eine Flasche Wein nahm und sie öffnete. Er schenkte den herben Weißwein in zwei Becher aus gebranntem Ton, von denen er ihr einen reichte.

Lisa brach ein Stück Weißbrot ab und nahm sich eine Olive. „Um noch einmal auf Arianna zu sprechen zu kommen …“, begann sie vorsichtig, wurde von Konstantin jedoch sofort unterbrochen.

„Arianna ist kein Thema für Sie. Sie ist Stellas Tochter, und damit ist alles gesagt.“

„Da bin ich mir nicht so sicher“, erwiderte sie spitz.

„Worauf wollen Sie hinaus? Unterstellen Sie mir etwa, ich hätte sie hierher gebracht, um mich Ihnen leidenschaftlich zu nähern?“ Er lächelte ironisch.

„Nein, etwas mehr Stil traue ich Ihnen schon zu.“

„Vielen Dank für das Kompliment. Nur zu Ihrer Information: Ich kenne Arianna schon seit dem Tag ihrer Geburt. Hätten Sie sie für meine Schwester gehalten, wären Sie den Tatsachen unserer Beziehung weitaus näher gekommen.“ Er schenkte ihr Wein nach.

„Da wir gerade von Tatsachen reden, der große Flügel und die Partituren, die Sie spielen, haben mich erstaunt.“ Sie wollte sich die Gelegenheit, mehr über Konstantin zu erfahren, nicht entgehen lassen.

Abrupt setzte er die Flasche ab und sah Lisa an.

„Wenn Sie lieber nicht darüber sprechen möchten …“, Lisa gab sich betont verständnisvoll.

„Warum nicht, wenn Sie mich schon so charmant danach fragen.“ Aus seinen Augen blitzte der Spott. „Ich habe erst als Erwachsener mit dem Klavierspielen begonnen.“

Lisa wollte es kaum glauben. „Dann müssen Sie sehr begabt sein, um es in derart kurzer Zeit so weit zu bringen“, meinte sie vorsichtig.

„Ich bin zufrieden.“

„Brauchten Sie einfach ein Hobby?“, erkundigte sie sich interessiert.

„Soll das ein Verhör werden, Lisa?“ Er seufzte. „Schon von klein auf war es mein sehnlichster Wunsch, Klavier spielen zu können“, gestand er.

„Und als Kind hatten Sie keine Gelegenheit dazu.“

„Nein. Ich musste warten, bis ich den Unterricht selbst bezahlen konnte.“

Sein Ton ließ Lisa vermuten, dass Konstantins Kindheit ähnlich problematisch gewesen sein musste wie ihre eigene. Welche Geheimnisse mochte er haben? Waren sie so schrecklich, dass er die Vergangenheit ganz einfach verdrängt hatte? War das der Grund, weshalb die Welt nichts über den Menschen Konstantin Zagorakis wusste? Offensichtlich teilten er und sie ein ähnliches Schicksal.

„Ich habe Stella kennengelernt, als ich noch ein kleiner Junge war. Sie besaß ein altes Klavier, das mich faszinierte.“

Überrascht, dass er unaufgefordert über sich sprach, hielt sie den Atem an und schwieg.

„Als ich sieben war, wurde Arianna geboren.“

„Sie waren also Nachbarskinder?“ Für diese Frage hätte Lisa sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Es war ein Fehler gewesen, ihn zu unterbrechen, und wie sie befürchtet hatte, verschloss sich Konstantins Miene wieder.

„So ungefähr“, antwortete er ausweichend. „Und jetzt lassen Sie uns wieder zusammenpacken.“

Die Rückfahrt verlief schweigend, und außer dem tiefen Brummen der Maschine störte nichts die Stille des späten Nachmittags.

Lisa verstand sehr gut, weshalb Konstantin das ursprüngliche Leben auf Stellamaris so liebte und weshalb er so strikt auf Anonymität achtete. Die Möglichkeit, sich von dem fordernden und hektischen Geschäftsleben in der Einsamkeit und unverdorbenen Schönheit der Insel erholen zu können, war ein kostbares Geschenk.

Dennoch war dies kein Grund, die Vergangenheit in geheimnisvolles Dunkel zu hüllen. Das wenige, das er ihr über Stella, Arianna und seine Liebe zur Musik erzählt hatte, machte sie noch neugieriger. Ob es ihr während der nächsten Tage gelingen würde, diesen rätselhaften Mann zu ergründen? Oder würde er für sie ewig undurchschaubar bleiben?

Unter der breiten Krempe ihres Sonnenhuts musterte sie ihn verstohlen. Stella hatte recht, wie jeder richtige Grieche schien er auf dem Meer zu Hause zu sein. Wie Stella wohl zu ihrem Namen gekommen war? Hatten ihre Eltern sie nach der Insel benannt – oder hatte Konstantin die Insel nach seiner mütterlichen Freundin benannt?

„Haben Sie sich schon Gedanken über das Abendessen gemacht, Lisa?“, fragte Konstantin, nachdem er den Motor abgestellt hatte und das Boot langsam an den Kai treiben ließ.

Jäh aus der Betrachtung der malerischen Hafenkulisse gerissen, hob sie den Kopf. „Nein, aber wahrscheinlich werde ich es mir später auf dem Balkon servieren lassen. Weshalb fragen Sie?“

„Weil ich Sie einladen wollte. Es wäre eine gute Gelegenheit, sich in Ruhe zu unterhalten.“

Lisa schlug das Herz plötzlich bis zum Hals, und aus großen Augen sah sie ihn an. „Über den Vertrag?“

Ob sie weiß, was für eine faszinierende Frau sie ist, fragte er sich. „Natürlich, worüber sonst?“, entgegnete er rau, sprang jedoch eilig zum Ruder, als ein gellender Warnruf vom Kai erklang. Gerade noch rechtzeitig gelang es Konstantin, gegenzusteuern und eine Kollision mit der Stellamaris Odyssey zu verhindern.

„Das war knapp“, bemerkte Lisa trocken, obwohl sie vor Schreck weiche Knie bekommen hatte. „Beinahe hätten Sie Ihre eigene Jacht gerammt.“

Konstantin machte den Eindruck, als hätte er noch gar nicht begriffen, was gerade passiert war. Wortlos kniff er die Lippen zusammen und warf dem Mann am Kai die Leine zu, bevor er selbst an Land sprang und ihm half, den Kutter zu vertäuen.

Lisa beobachtete, wie harmonisch die beiden Männer zusammenarbeiteten. Jeder Handgriff saß, und Konstantin schien zu Stellamaris zu gehören wie jeder andere Einheimische auch. Es war offensichtlich, dass er sich hier in seinem wahren Element befand.

Weshalb jedoch verließ er, der sich alles leisten konnte, was sein Herz begehrte, die Insel immer wieder? Warum stellte er sich stets neuen geschäftlichen Herausforderungen? Von welchen Dämonen der Vergangenheit wurde er getrieben?

Lisa war sich jetzt ganz sicher, dass zwischen Konstantin und ihr eine tiefe innere Bindung bestand, die weit über die Beziehung zwischen zwei erfahrenen Verhandlungspartnern hinausging. Beide hatten sie eine dunkle Vergangenheit, die sie erfolgreich überwunden hatten. Dadurch waren sie zu starken Persönlichkeiten geworden, die nur in einem einzigen Punkt verletzlich waren.

6. KAPITEL

An der Gartentür verabschiedete sich Konstantin. „Ich bringe Stella jetzt den Fisch und die Hummer“, erklärte er Lisa.

Hatte er die Einladung zum Abendessen vergessen? „Also dann bis morgen früh um acht“, antwortete Lisa forsch und ohne sich ihre Enttäuschung anmerken zu lassen. „Ich muss unbedingt mit Ihnen reden. Sonst werfen Sie mir nachher noch vor, ich hätte Ihnen nicht erklärt, wie vorteilhaft der Kauf der Betriebsteile für Sie ist.“

„Ihre Überzeugungsarbeit ist unnötig, Lisa.“

„Warten Sie mit Ihrem Urteil bis morgen, wenn Sie meine Argumente gehört haben.“ Sie nickte ihm kurz zu und schlug den Weg zur Villa ein. Für kurze Zeit hoffte sie, Konstantin würde sie zurückrufen, doch nichts geschah.

Lisa musste zugeben, dass sie sich nur ungern von ihm trennte. Den Tag mit ihm hatte sie wunderschön gefunden. Das war ungewöhnlich, denn normalerweise fühlte sie sich am wohlsten, wenn sie allein war und tun und lassen konnte, was sie wollte. Diese Sehnsucht nach Einsamkeit rührte aus ihrer Zeit in der Kommune her, wo es keinerlei Privatsphäre gegeben hatte.

Während der vergangenen Stunden hatte sie jedoch erlebt, wie schön es sein konnte, die Zeit mit jemandem zu teilen – es war eine beglückende Erfahrung. Als sie die Tür zu ihrem Zimmer öffnete, musste sie lächeln, weil sie an den Beinaheunfall im Hafen denken musste. Offensichtlich war auch an Konstantin der Tag nicht spurlos vorübergegangen, auch sein Seelenfrieden war gestört.

Lisa warf den zerknautschten Sonnenhut aufs Bett und fuhr sich mit beiden Händen durch ihr vom Salzwasser verklebtes Haar. Spontan entschloss sie sich, ein ausgiebiges Bad zu nehmen, um wieder zur Normalität zurückzufinden. Es war höchste Zeit, nicht mehr an diesen Mann zu denken, sondern sich aufs Geschäft zu konzentrieren.

Das hiesige Badezimmer war ganz anders als das in ihrem Penthouse, denn es war in verschwenderischem Luxus eingerichtet, und es herrschte eine wohnliche Atmosphäre. In einer Ecke befand sich ein Ruhesofa mit geblümtem Überwurf, und auf einer antiken Kommode standen geschliffene Kristallbehälter und kunstvoll bemalte Porzellandosen mit allen nur erdenklichen Badezusätzen.

Vielleicht war es Konstantins Mutter gewesen, die diesen Raum so liebevoll mit kostbaren Erbstücken ausgestattet hatte …

Lediglich in das Badelaken gehüllt, eilte sie nach dem Bad auf den Balkon, um noch die letzten Strahlen der Abendsonne zu genießen. Erschrocken zog sie sich jedoch sofort wieder in den Schatten zurück, weil sie Konstantin entdeckte, der unten auf dem Rasen stand und sich mit seinem Gärtner unterhielt. Ihr fiel wieder ein, was der Taxifahrer von dem Blumenfest erzählt hatte, das am Freitag beginnen sollte. Bestimmt besprachen Konstantin und der Gärtner die letzten Einzelheiten.

Würde er die Vorbereitungen als Ausrede nutzen, sich vor den Verhandlungen mit ihr zu drücken? Wohl kaum, denn ein Mann wie Konstantin Zagorakis würde niemals die Interessen seiner Firma wegen eines landestypischen Blumenfestes vernachlässigen.

Lisa ging wieder ins Zimmer, um sich anzuziehen. Da sie nicht von einem längeren Aufenthalt ausgegangen war, hatte sie außer ihren Badesachen nur Wäsche zum Wechseln mitgenommen. Sie würde also mit der Hose und der Bluse vorliebnehmen müssen, die sie auf dem Flug getragen hatte.

Als sie den Kleiderschrank öffnete, um ihre Wäsche hineinzulegen, trat sie vor Überraschung einen Schritt zurück, denn er war wohlgefüllt. Zuerst dachte sie, die Sachen müssten Arianna gehören, doch dann sah sie, dass alles ladenneu war, denn die Etiketten waren noch nicht abgeschnitten. Der Inhalt des Schranks wirkte wie die exklusive Auswahl einer Nobelboutique.

Sie runzelte die Stirn. Glaubte Konstantin wirklich, sie würde dieses Geschenk annehmen? Auf der anderen Seite benötigte sie für die kommenden fünf Tage dringend weitere Garderobe. Schnell rief sie die Haushälterin an, die ihr bestätigte, dass die Kleidung für sie bestimmt sei.

Dann benutze ich eben, was ich brauche, und begleiche die Rechnung später, entschied sie sich. Sie nahm ein Kleid aus dem Schrank und hielt es prüfend hoch – Konstantin hatte ihre Größe genau erraten.

In einer plötzlichen Eingebung lief sie zur Kommode und öffnete die oberste Schublade. Wie sie es geahnt hatte, war sie mit Dessous gefüllt, farblich sortiert und in allen Variationen. Lisa konnte nur staunen.

Was Garderobe anging, war sie äußerst sparsam und beschränkte sich auf das Nötigste – und selbst das kam ihr nach dem Leben in der Kommune wie verschwenderischer Luxus vor. Wenn ihr Vater ihr früher Geld gegeben hatte, damit sie sich für einen besonderen Anlass entsprechend einkleiden konnte, hatte sie möglichst wenig davon ausgegeben. Den Rest hatte sie ihm dann auf den Cent genau zurückgegeben, worüber er immer nur den Kopf schütteln konnte.

Absolute Bescheidenheit in Bezug auf den persönlichen Bedarf war Lisa in Fleisch und Blut übergegangen, doch als sie diese raffinierten Dessous sah, wurde sie schwach. Sie musste einfach ein paar davon probieren. Auch die Kleider sahen so verführerisch aus, dass sie beschloss, sich zum Dinner schick zu machen, obwohl es niemand sehen würde.

Sie wählte einen knöchellangen Rock aus rauchgrauer Seide, zu dem es ein passendes Top gab. Darüber zog sie eine nahezu durchsichtige Chiffontunika, die in allen Tönen zwischen Grau und Lila changierte. In einer anderen Schublade fand sie zu ihrer Überraschung ein kleines Samtkästchen mit Ohrringen aus Amethyst. Sie passten hervorragend zu ihrem Typ, und Lisa legte sie sofort an. Wer immer sie ausgewählt hatte, musste einen vollendeten Geschmack besitzen.

Entwickle ich vielleicht doch noch eine Leidenschaft für Schmuck und elegante Garderobe, fragte sich Lisa, als sie ihr Bild im Spiegel betrachtete und sich mit den Händen durch ihr geschmeidig fließendes Haar fuhr.

Als es klopfte, lief sie zur Tür. Jetzt kam ihr die Idee, sich für ein einsames Essen auf dem Balkon so herauszuputzen, doch recht eigenartig vor. Was sollte das Personal nur von ihr denken? Eines der Hausmädchen betrat das Zimmer und stellte ein üppiges Blumengesteck auf den kleinen Tisch am Fenster.

„Ist es hier recht, Mrs Bond?“, fragte das Mädchen. „So können Sie die Blumen auch vom Bett aus sehen – sie sind übrigens alle aus unserem Garten.“ Sie reichte Lisa einen Umschlag und verabschiedete sich.

Mit klopfendem Herzen öffnete Lisa ihn und las die Karte:

Ich würde mich freuen, wenn Sie jetzt herunterkommen und mit mir essen würden. Konstantin

Lisas Hände bebten, als sie sich die Lippen nachzog und etwas Parfum hinter den Ohrläppchen verteilte. Sie warf einen letzten Blick in den Spiegel und ging entschlossen zur Tür.

Lisa hatte die Terrasse noch nicht ganz betreten, da drehte Konstantin sich schon zu ihr um. Vermochte er ihre Nähe zu spüren, noch bevor er sie sah?

„Sie sehen hinreißend aus“, begrüßte er sie.

„Danke für das Kompliment, aber auch Sie sehen verändert aus.“

„Man tut, was man kann.“ Er lächelte.

Konstantin sah in seinem schwarzen Smoking und dem blendend weißen Hemd einfach umwerfend aus. Unwillkürlich erwiderte sie sein strahlendes Lächeln, rief sich jedoch sofort wieder zur Ordnung. Wenn sie ihr Vorhaben erfolgreich zu Ende bringen wollte, musste sie die Anziehungskraft, die dieser Mann auf sie ausübte, unterdrücken.

Lisa wirkte auf Konstantin wie die perfekte Verführung, und am liebsten hätte er das Geschäft vergessen, doch das widersprach seinen Absichten. Er hatte Lisa allein deshalb hierbehalten, um sie zu einem für ihn günstigen Abschluss zu bewegen. Doch im Moment konnte nicht einmal das kunstfertig angerichtete Dinner ihn reizen, denn er träumte davon, Lisa in sein Schlafzimmer entführen …

Noch nie hatte er eine Frau so heiß begehrt – weshalb sollte er sich eigentlich länger zurückhalten? War das wirklich nötig? Die Zeit zerrann, und Lisa sah ihn an, als sei sie bereit, sich ihm hinzugeben.

Seine Methode, ihre Zuneigung zu gewinnen, erwies sich als erfolgreich. Der Ausflug mit dem Kutter war genau das Richtige gewesen, um das Bild, das sie sich von ihm gemacht hatte, auf den Kopf zu stellen. Weiterhin schien ihr die Garderobe zu gefallen, die er aus einem der teuersten Modehäuser Athens hatte einfliegen lassen. Würde sie dieses Kleid sonst tragen?

Die Idee, Amethyste für sie auszusuchen, war ebenfalls eine großartige Wahl gewesen. Die Edelsteine funkelten geheimnisvoll und harmonierten ideal mit ihrem Teint und dem dunklen Schimmer ihres braunen Haars.

Das nächste Mal würde er ihr Smaragde schenken, die das Grün ihrer Augen noch mehr betonten.

Wir können doch nicht ewig hier stehen und uns einfach nur ansehen, dachte Lisa und ging weiter auf die Terrasse hinaus. Sie fühlte sich befangen, denn nie zuvor hatte sie sich für einen Mann so herausgeputzt. Aus einem ihr unerfindlichen Grund war es ihr wichtig, dass Konstantin sie für schön hielt.

Er kam auf sie zu und zog ihre Hand an die Lippen. Die zärtliche Berührung ließ Lisa erbeben, und schnell wollte sie die Hand wieder zurückziehen, doch er kam ihr zuvor und zog sie in die Arme. Einen Moment lang blieben sie bewegungslos stehen und blickten sich stumm in die Augen. Dann hob Konstantin Lisa hoch und trug sie ins Haus, die Treppe hinauf bis in sein Schlafzimmer.

Auch nachdem er sie abgesetzt hatte, sprachen sie kein Wort. Sie blickten sich schweigend an, als könnten sie die Antwort auf ihre unausgesprochene Frage in den Augen des anderen finden.

Lisa konnte hinterher nicht sagen, wer den Bann gebrochen und sich zuerst bewegt hatte, sie wusste nur noch, dass der Wunsch, Konstantin zu umarmen, stärker gewesen war als alle Vernunft. Plötzlich lagen sie sich in den Armen und küssten sich mit einer Leidenschaft, die für Zweifel und Bedenken keinen Raum mehr ließ.

Ein einziger Wunsch erfüllte Lisas Gedanken. Konstantin sollte sie nie mehr loslassen und ihr die Erfüllung schenken, nach der sie sich so sehr sehnte, denn endlich war sie dazu bereit. Die Luft vibrierte vor Erotik, es existierten nur noch dieser wunderschöne Mann, sie und das Verlangen, miteinander eins zu werden.

„Ich brauche dich.“ Lisa durchfuhr mit den Händen sein dichtes, seidiges Haar.

„Und ich dich noch viel mehr.“ Er hob sie hoch, trug sie zum Bett und wollte ihr stürmisch die Bluse von den Schultern streifen.

„Nein, so nicht!“, bat sie. „Die schöne Tunika.“

„Dann zieh sie für mich aus, Darling“, bat er rau.

Lisa blickte ihn an. In Konstantins Gesicht stand das gleiche begierige Verlangen, das auch sie verspürte, und zerstreute ihren letzten kleinen Zweifel. Sie stand auf, reckte sich und zog sich mit provozierender Langsamkeit die Bluse über den Kopf. Als der Chiffon zu Boden glitt, sah sie Konstantin in die Augen und wusste, dass sie ihm rückhaltlos trauen konnte.

„Mach weiter“, bat er und streckte sich lang aus.

„Nein.“ Sie lächelte herausfordernd. „Das Spiel ist mir zu einseitig.“

Er zog die Brauen hoch, richtete sich auf und warf dann sein Jackett neben ihre Bluse. „Jetzt bist du wieder dran“, meinte er.

Gehorsam zog sich Lisa nun das seidene Top über den Kopf und hielt es einen Moment lang hoch, bevor sie es fallen ließ. Sie trug keinen BH.

„Schämst du dich denn überhaupt nicht?“, fragte Konstantin, während er seine Blicke voller Verlangen über ihren Körper gleiten ließ.

„Nein.“ Lisa sah an sich hinunter, bemerkte, wie sich die Knospen ihrer Brüste aufgerichtet hatten, und hob stolz den Kopf.

„Das hatte ich auch gehofft.“

„Zieh dein Hemd aus“, befahl sie und straffte die Schultern, um ihre Figur möglichst wirkungsvoll zur Geltung zu bringen.

Er ließ sein Hemd zu den anderen Kleidungsstücken auf den Teppich fallen, und Lisa kam einen Schritt näher zum Bett.

„Schämst du dich denn nicht?“, fragte sie, als sie das Ausmaß seiner Erregung sah.

Er schüttelte den Kopf. „Meinst du, ich sollte mich um etwas mehr Schamgefühl bemühen?“, entgegnete er, als er seinen Körper betrachtete.

„Dazu ist es jetzt zu spät.“ Mit zitternden Fingern öffnete Lisa den Reißverschluss ihres Rocks. „Und wenn, dann nähme ich es dir ernsthaft übel“, drohte sie und schloss die Augen, als sie die raschelnde Seide zu Boden gleiten ließ.

„Und jetzt der Rest.“ Konstantin wies auf ihren winzigen Tanga, das einzige Stückchen Stoff, das sie noch am Körper trug, streckte sich aus und umfasste die Pfosten des Messingbettes.

Statt ihm zu gehorchen, hob Lisa die Tunika auf und näherte sich ihm.

„Was hast du vor?“, fragte er.

„Ich werde dich fesseln, damit ich mit dir tun kann, was ich möchte.“

Doch ehe Lisa wusste, wie ihr geschah, war sie es, die jetzt rücklings auf dem Bett lag. Konstantin kniete über ihr und hielt ihr die Arme fest.

„Ich musste dich vor dir selbst retten“, erklärte er gespielt bedauernd. „Sonst hättest du noch die schöne Bluse beschädigt, an der dir so viel liegt.“

Lisa wand ihre Hüften, als er ihr Ohrläppchen sanft zwischen die Zähne nahm. „Hättest du mir keine neue gekauft?“, erwiderte sie atemlos.

„Ich kaufe dir sämtliche Blusen der Welt, wenn du mich darum bittest, Darling, aber deinen Willen aufzwingen lasse ich mir nicht.“

„Du meinst also, die übliche Weise im Bett würde mir am besten gefallen?“

„Das nicht, doch es gibt hier nur einen, der entscheidet, was gut ist, und das bin ich.“

Lisa gelang es, sich seiner Umarmung zu entwinden. „Dann läuft nichts zwischen uns.“

Er zog sie zurück aufs Bett. „Lisa, beantworte mir bitte nur eine Frage: Willst du mich?“

„Ja.“ Sie zögerte kurz. „Ich will dich mehr als alles auf der Welt, Konstantin.“

Ein nie gekanntes Glücksgefühl durchströmte ihn, was er jedoch nicht wahrhaben wollte. Was zwischen Lisa und ihm passierte, hatte nichts mit Liebe oder ähnlichen Gefühlen zu tun. Er wollte ihr lediglich eine Befriedigung schenken, die so einmalig war, dass sie jeden Mann, der nach ihm kam, als mittelmäßig betrachten musste.

Konstantin legte seine Handfläche auf ihren flachen Bauch und spürte, wie sie vor Erregung bebte. Geschickt ließ er die Finger unter die zarte Spitze des Slips gleiten.

„Mach bitte weiter, Konstantin“, bat sie.

„Was soll ich tun, Lisa? Bitte sag es mir.“

„Das weißt du ganz genau!“ Sie wand sich unter seiner Berührung.

„Aber ich möchte es von dir hören.“

„Ich will … aber ich bin …“ An seinem Gesichtsausdruck merkte sie, dass er verstanden hatte.

„Du bist also noch Jungfrau“, meinte er, plötzlich sehr ernst.

„Ja … Nein …“ Sie seufzte und schloss die Augen. „Ich habe es noch nie mit einem Mann getan. Ich habe keine Zeit für Beziehungen, aber ich verspüre Bedürfnisse … In meinem Schlafzimmer habe ich eine ganze Schublade voll …“

„Erspar mir die Einzelheiten!“ Er lächelte. „Sonst glaube ich am Ende selbst noch, dass wir Männer im Grunde genommen überflüssig sind.“

„Das soll ich dir abnehmen? Wenn einer genau weiß, wie er auf Frauen wirkt, dann doch wohl du.“

Konstantin beendete den Wortwechsel, indem er sie zu sich zog. Er konnte einfach nicht länger warten und schob Lisa die Hände unter den Rücken, um sie zärtlich zu massieren.

Sie stöhnte vor Wonne. „Bitte hör auf.“

„Weshalb?“

„Weil es unerträglich schön ist.“

„Dann lass uns einen Schritt weiter gehen.“ Er zog sie an den Hüften so dicht zu sich heran, dass sie seine Erregung spüren musste, und bewegte sich. Als Lisa erbebte, nahm er ihre Arme und legte sie sich um den Nacken.

Lisa vertraute ihm ergeben. Er schien zu wissen, wie weit er gehen durfte, um sie nicht zu erschrecken. Konstantin würde die Macht, die er über sie hatte, nicht missbrauchen.

Lisa fühlte sich so stark zu ihm hingezogen, dass sie am liebsten geweint hätte. Sie begehrte diesen Mann mit jeder Faser ihres Körpers und empfand eine grenzenlose Zärtlichkeit für ihn … war es vielleicht Liebe? Als Konstantin leidenschaftlich ihre Brüste küsste, verwirrten sich ihre Gedanken, und die Gefühle gewannen die Übermacht.

Leise schrie sie auf und zog seinen Kopf noch näher zu sich heran. Warum hatte sie so etwas noch nie erlebt? Was hatte sie alles versäumt? Als Konstantin kurz aufblickte, um ihr in die Augen zu sehen, forderte sie ihn ungeduldig zum Weitermachen auf.

Er stützte die Hände neben ihrem Kopf ab und sah sie an. „So ist das also“, bemerkte er. „Du erwartest anscheinend nur noch eins von mir – ich soll deine Wünsche befriedigen.“

Sie kniff die Augen zusammen. „Ist das denn so schlimm?“

Das war für ihn der letzte Beweis, dass sich Lisa ihrer Sache wirklich sicher und ihm eine ebenbürtige Partnerin war. „Und was ist hiermit?“, fragte er und legte die Hand auf ihren Slip.

Geschmeidig richtete sie sich auf und entfernte den lästigen Stoff.

„Leg dich hin und spreize deine Beine für mich“, befahl er leise.

Erst war Lisa schockiert, und sie errötete. Doch dann siegte ihre Neugier, und sie kam seiner Aufforderung nach. Als sie spürte, wie er seine Finger sanft über ihre geheimste Stelle gleiten ließ, hielt sie den Atem an und öffnete sich noch etwas weiter.

„Konstantin … ich möchte es … jetzt“, sagte sie unter Stöhnen.

Als er nach dem Reißverschluss seiner Hose greifen wollte, kam sie ihm zuvor. „Lass mich das machen“, bat sie, und gehorsam ließ nun er die Hände sinken.

7. KAPITEL

Lisa seufzte vor Lust, als sie neben Konstantin lag und ihn endlich Haut an Haut spürte. Er streckte sich aus und zog sie auf sich. „Sollen wir anfangen?“, fragte er und küsste ihr Ohr.

„Oh bitte.“ Tief atmete sie seinen herben männlichen Duft ein und schmiegte sich noch enger an ihn. Lisa wollte ihn spüren, jetzt sofort.

Doch Konstantin ließ sich Zeit, streichelte sie zärtlich und hauchte ihr sanfte Küsse auf Kinn und Hals.

„Du machst mich verrückt mit deinem Zögern!“, raunte sie atemlos.

„Nicht verrückt, ich errege dich nur umso stärker.“

„Das klingt so nüchtern. Küss mich, Konstantin, umarme mich, und halt mich ganz fest.“

Wenn sie nur wüsste, dachte Konstantin. Noch nie hatte ihn eine Frau derart erregt, und er musste all seine Selbstkontrolle aufbieten, um sich weiter zu beherrschen. Er wollte noch nicht bis zum Äußersten gehen, er wollte sie so sehr erregen, wie sie es sich nie hatte träumen lassen, und er wollte ihr beweisen, dass die Liebe mit ihm selbst die wildesten der Spiele übertraf, an denen sie sich bisher erfreut hatte. Lisa sollte zergehen vor Sehnsucht nach ihm.

„Bist du nun bereit?“ Aus großen, verschleierten Augen sah sie ihn an.

Er lächelte. Lisa war verführerischer als jede Frau zuvor, und sie forderte ihn heraus. „Bisher brauchte mich noch keine Frau an meine Pflichten zu erinnern“, antwortete er leise.

„Pflichten? Andere Frauen? Davon will ich jetzt nichts hören!“

Konstantin musste ihr recht geben. Lisa war noch Jungfrau, und das, was sie diese Nacht erwartete, war etwas ganz Neues und Besonderes für sie. Er würde dafür sorgen, dass sie dieses Erlebnis nie vergessen würde. „Lisa, bitte sag mir jetzt ehrlich, ob du wirklich willst, dass du dieses sehr besondere erste Erlebnis mit mir teilst.“

„Ich will es mehr als alles andere – und du offensichtlich auch.“ Sie massierte ihn sanft.

Konstantin stöhnte. „Du machst mich verrückt!“

Noch nie hatte er so rücksichtsvoll um eine Frau geworben, noch nie hatte er seine eigenen Bedürfnisse so lange zurückgehalten.

Konstantin wollte Lisa lieben, wie er bisher noch keine Frau geliebt hatte – er wollte, dass es für sie beide ein erstes Mal wurde.

Lisa hielt den Atem an, als er vorsichtig zu ihr kam. Als sie spürte, wie er zögerte, entspannte sie sich jedoch sofort wieder. Konstantin sollte nicht denken, es wäre unangenehm oder schmerzhaft für sie, und würde dann womöglich aufhören. Seine männliche Stärke hatte sie sich vorher nicht ausmalen können, doch sie genoss jeden Augenblick, den er sich ihr näherte. Überrascht wurde ihr bewusst, wie sicher und behütet sie sich in seiner Umarmung fühlte. „Bitte, Konstantin, hör nicht auf!“, bat sie.

Fest, aber zärtlich umfasste er ihre Hüften und drang ganz in sie ein. Als sie ihre Muskeln anspannte, stöhnte er vor Lust.

„Kannst du es genießen?“ Er ließ seine Lippen über ihren Hals gleiten.

„Ja, aber auch ich möchte dich glücklich machen.“

„Das tust du, Lisa“, versicherte er und beschleunigte seinen Rhythmus, ohne dabei den Blick von ihrem Gesicht zu wenden.

Um ihre leidenschaftliche Erregung noch weiter zu steigern, wollte er die absolute Ekstase möglichst lange hinauszögern. Doch als sich ihre Augen verschleierten und ihre Bewegungen immer wilder wurden, war es um seine Selbstbeherrschung geschehen. Er ließ seiner Begierde freien Lauf, und in einem wilden Taumel erreichten sie gemeinsam den Höhepunkt, um anschließend erschöpft und atemlos nebeneinander liegen zu bleiben und in den Armen des anderen einzuschlafen.

Der Mond schien hell ins Zimmer, als Konstantin von panischer Angst ergriffen aus dem Schlaf hochfuhr. Leise stand er auf, ging zum Fenster und starrte blickleer in die Dunkelheit.

Wie kam es, dass ein erwachsener Mann wie er noch immer unter Albträumen litt? Wie konnte er das Leben genießen, wenn er ständig von diesen Bildern verfolgt wurde? Warum besaß er nicht die Kraft, sich von ihnen zu befreien?

Als er hörte, dass Lisa sich bewegte, öffnete er die Tür und betrat den Balkon. Die Hände auf das Geländer gestützt sah er in die Nacht. Selbst Stella, der Mensch, der ihm am nächsten stand, wusste nichts von den schrecklichen Dingen, die ihm im Waisenhaus zugestoßen waren – es war besser so …

Seine dunkle Vergangenheit hatte ihn geprägt, bildete die Triebfeder seines Handelns und hatte ihn zu dem Mann gemacht, der er jetzt war. Alles hatte er erreicht, Anerkennung, unvorstellbaren Reichtum, und er besaß sogar eine eigene Insel. Nur eins hatte er anscheinend für immer verloren – die Fähigkeit zu lieben.

Er drehte sich um und blickte zurück ins Zimmer. Lisas Haar hatte sich wie ein Fächer über dem Kissen ausgebreitet, und das Mondlicht ließ ihr Gesicht unnatürlich blass erscheinen. Sie wirkte zerbrechlich wie ein kleines Kind.

Der Wunsch, sie körperlich zu erobern und anschließend geschäftlich zu demütigen, war ihm vergangen. Wenn seine Seele nicht so verletzt worden wäre, hätte er Lisa Bond bestimmt geliebt. Doch für kein Geld der Welt konnte man etwas, das gestorben war, wieder zum Leben erwecken. Davon abgesehen hatte er seinem Leben eine Richtung gegeben, die eine Frau an seiner Seite von vornherein ausschloss. Sein ganzes Dasein hatte sich nämlich nur einem Ziel verschrieben – immer mehr und mehr Geld zu verdienen. Ständig war er auf der Suche nach neuen Geschäften, um seinen Traum zu verwirklichen, um das eine Projekt endlich wahr werden zu lassen …

Jetzt schämte er sich dafür, dass er Lisa hatte herabwürdigen wollen. Es war nicht fair, ihr Bond Steel wegzunehmen, nur weil er die Macht dazu besaß. Deshalb nahm er sich vor, den Schaden, den er angerichtet hatte, wieder gutzumachen. Er würde ihr die Zulieferbetriebe abkaufen, damit sie über das nötige Kapital verfügte, um ihre Firma sanieren zu können. Das war das wenigste, was er für sie tun konnte, und er würde das Vorhaben auf der Stelle in die Wege leiten. Eigentlich verdiente Lisa viel mehr – doch das vermochte er ihr nicht zu geben.

Konstantin streckte sich und betrachtete die Sterne. Er war ein Mann, der von allen beneidet wurde, weil er sich alles leisten konnte. Doch er selbst fühlte sich zutiefst bemitleidenswert, denn er hatte nichts zu geben. Außer Geld und Sex besaß er nichts, das er Lisa hätte bieten können. Und das war zu wenig für eine so wunderbare Frau. Sie verdiente einen besseren Mann als ihn.

Als Lisa aufwachte, schien die Sonne strahlend hell ins Zimmer. Auf Stellamaris schien ein Tag schöner als der andere zu sein! Wohlig streckte sie sich aus und tastete nach Konstantin, doch sie lag allein im Bett. Bestimmt ist er schwimmen, dachte sie und stützte sich auf die Ellenbogen.

Sie nutzte die Gelegenheit, sich ausgiebig in seinem Zimmer umzusehen – gestern Abend hatte sie keine Augen dafür gehabt. Die Einrichtung trug eine ausgesprochen männliche Note: Marmorfußboden, zurückhaltende Farben und sparsame Möblierung. Beherrscht wurde der Raum von einer technisch perfekten Stereoanlage und einem riesigen Fernseher. Die geschickt platzierten Bilder an den einfarbig gestrichenen Wänden waren eindeutig Originale zeitgenössischer Künstler.

Konstantins Zimmer. Lisa lächelte und kuschelte sich wieder in die Decke. So gut hatte sie sich noch nie gefühlt. Selbst an dem Tag, als ihr Vater ihr die Leitung von Bond Steel übertragen hatte, war sie nicht so glücklich gewesen. Nichts reichte an das heran, was sie empfand, nachdem sie die Nacht in Konstantins Armen verbracht hatte.

Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte ihr ein Mann das Gefühl von Sicherheit gegeben, das Gefühl, beschützt zu werden und ein ganz besonderer Mensch zu sein.

Lisa schien es, als hätte sie ihr bisheriges Leben ausschließlich damit verbracht, auf Konstantin zu warten. Liebevolle Zuneigung hatte sie bis zu diesem Tag nicht gekannt. Nie hätte sie sich träumen lassen, wie wunderbar die Berührung, der Blick eines Menschen sein konnte, dem man etwas bedeutete. Und dann seine Umarmung … Zumindest ein wenig Zuneigung muss auch er für mich empfinden, überlegte sie, sonst wäre er bei aller Leidenschaft nicht so rücksichtsvoll gewesen.

Auch war sie überrascht, wie amüsant ein intimes Erlebnis sein konnte. Konstantin und sie hatten sich nicht nur wild geliebt, sondern sich auch Wortgefechte geliefert und miteinander gelacht. Lisas Augen wurden feucht, als sie daran dachte. Schnell wischte sie die Tränen von der Wange. Sie hatte sich nie für eine spontane und leidenschaftliche Frau gehalten, musste sich jetzt aber eingestehen, dass es lediglich eine Selbsttäuschung gewesen war. Eine Nacht mit Konstantin, und sie wusste nicht mehr, wie sie ihre Gefühle beherrschen sollte.

Entschlossen sprang sie aus dem Bett. Eine Dusche würde ihr jetzt bestimmt guttun. Doch wo war das Badezimmer? Hinter den Türen, die sie öffnete, befanden sich lediglich begehbare Kleiderschränke, einer enthielt nur dunkle Anzüge, andere lediglich Jeans, Oberhemden oder Schuhe und Krawatten. Lachend schüttelte Lisa den Kopf. Wie konnte man nur so viel Garderobe besitzen!

Als sie das Bad schließlich fand, blieb sie wie gebannt auf der Schwelle stehen. Der unglaubliche Luxus übertraf alles, was sie bisher gesehen hatte. Der schwarze Marmor, die goldenen Armaturen und die im Boden eingelassene riesige Wanne kamen ihr eher wie eine Filmkulisse vor. Daher entschied sie sich, die Dusche ihres Gästezimmers zu benutzen, was außerdem den Vorteil hatte, dass sie sich gleich umziehen konnte.

Lisa wählte eine naturfarbene Leinenhose und ein hellblaues Shirt und machte sich dann auf den Weg nach draußen, um Konstantin eine Freude zu bereiten. Ihr gefielen seine Räume zwar, aber sie waren so nüchtern, ihnen fehlte eine weibliche Hand. Sie bat den Gärtner um einen großen Strauß Blumen und das Hausmädchen um eine große Schale, in der sie ein prächtiges Gesteck arrangierte.

Sie hatte die Farben der Blumen passend zu dem Gemälde von David Hockney ausgewählt, das ihr besonders gut gefiel. Nach längerem Überlegen stellte sie ihr liebevolles Arrangement auf einen Beistelltisch, den sie genau unter das Bild rückte.

Lisa trat einen Schritt zurück, um das Ergebnis ihrer Bemühungen zu betrachten. Die Komposition war ihr hervorragend gelungen, die Formen und Farben der Blüten harmonierten wunderbar mit dem modernen Kunstwerk.

„Perfekt!“ Sie seufzte erleichtert. Jetzt musste sie nur noch Konstantin finden und ihm die Überraschung zeigen. Warum sollten romantische Gesten nur Männern vorbehalten sein? Konnte nicht zur Abwechslung auch einmal eine Frau einem Mann Blumen schenken?

Sie freute sich schon auf Konstantins Gesicht und seine Freude, wenn sie ihn zu seinem Zimmer begleiten würde.

Konstantin runzelte die Stirn, als er den Hörer des Haustelefons wieder auf die Gabel legte. Lisa war nicht in ihrem Zimmer, und keiner im Haus schien zu wissen, wo sie war. Vielleicht hätte er sie doch lieber wecken und sie über seine Pläne unterrichten sollen, bevor er sie am Morgen verlassen hatte, doch sie hatte noch so tief und friedlich geschlafen.

Ob sie schwimmen gegangen war? Er rief die Haushälterin an, damit sie jemanden, den sie entbehren konnte, zum Strand schickte, um Lisa zu suchen. Im Hintergrund hörte er, dass der Betrieb in der Küche bereits auf Hochtouren lief. Er war stolz darauf, dass sein Personal allen Anforderungen gewachsen war, auch wenn seine Wünsche manchmal überraschend kamen und nicht immer einfach zu erfüllen waren.

8. KAPITEL

„Lisa!“ Konstantin schob seinen Stuhl zurück und stand auf.

Wie gelähmt blieb Lisa auf der Schwelle stehen und sah sich um, während Maria die Tür hinter ihr schloss. Lisa war sprachlos vor Schreck. Völlig unverhofft stand sie plötzlich in einem Konferenzraum. An dem langen Tisch saßen ihre Verhandlungspartner in dunklen Anzügen und blickten sie an, als sei sie eine Erscheinung aus einer anderen Welt.

Lisa fühlte sich unsagbar gedemütigt. Ohne Make-up, das Haar offen, barfuß und salopp gekleidet stand sie ihren und Konstantins Direktoren und Abteilungsleitern gegenüber.

Konstantin schien zu ahnen, was in Lisa vorging. Er kam auf sie zu, legte ihr den Arm um die Schultern und nickte den Anwesenden zu. „Einen Augenblick bitte“, entschuldigte er sich. „Ich bin gleich wieder da.“

Nachdem er Lisa in einen Nebenraum geführt hatte, lehnte er sich gegen die Tür, als wolle er sichergehen, dass ihnen niemand folgte, und schloss kurz die Augen. Anscheinend hatte die Szene auch ihn unangenehm berührt.

„Wo hast du gesteckt, Lisa? Du warst nirgends zu finden.“

„Ich bin im Garten gewesen“, antwortete sie kaum hörbar. „Von dort bin ich in die Küche gegangen und anschließend in dein Zimmer.“

„Ich habe dich überall suchen lassen, um dich von diesem Treffen zu unterrichten.“

„Ich verstehe das alles nicht. Worum geht es überhaupt?“

„Für dich schien der Verkauf so wichtig zu sein … Ich dachte, wenn wir den Vertrag an Ort und Stelle aushandeln und unterzeichnen würden …“ Er starrte auf einen imaginären Punkt irgendwo über ihrem Kopf. „Ich wollte dir eine Chance geben, bevor … Die Verhandlungen zwischen Clifton und meinen Leuten sind nämlich schon ziemlich weit vorangeschritten – aber das weißt du ja bereits.“

„Konstantin?“ Lisa merkte selbst, wie verängstigt sie klang, konnte es jedoch nicht ändern.

„Geh und zieh dich um.“

Er klang so kühl und distanziert – so geschäftlich.

„Ich werde ihnen Kaffee servieren lassen“, redete er weiter. „Das wird sie ablenken. Wenn du zurückkommst, werden sie den Vorfall vergessen haben und nur noch an den Vertrag und das Geld denken, das er einbringt.“

Er sieht durch mich hindurch, dachte Lisa, er hat keinerlei tiefere Gefühle für mich. Es schien, als hätte es die vergangene Nacht nicht gegeben. Konstantin war wieder ganz in seinem Element, der aalglatte Geschäftsmann, als den sie ihn kennengelernt hatte.

„Du scheinst dir deiner Sache sehr sicher zu sein, Konstantin“, erwiderte sie ruhig und fand endlich wieder in ihre gewohnte Rolle der souveränen Konzernchefin zurück. „Hoffen wir, dass du recht behältst und nach dem Kaffee keiner mehr an den Vorfall denkt.“

Sie straffte die Schultern. Die Devise ihres Vaters, dass Geschäft und Gefühle unvereinbar seien, entsprach anscheinend tatsächlich der Wahrheit. „In genau fünfzehn Minuten bin ich wieder zurück“, kündigte sie an, als Konstantin weiterhin schwieg. „Wir können dann sofort mit den Verhandlungen beginnen. Sorge bitte dafür, dass die Tassen bis dahin wieder abgeräumt sind.“

Den Rest des Tages beschäftigte sich Lisa ausschließlich mit Zahlen, Bilanzen und Wirtschaftsprognosen, was eine Erholung für ihre angegriffenen Nerven war.

Konstantin hatte es richtig vorhergesehen. In dem Moment, als sie mit energischen Schritten und in dunklem Hosenanzug mit weißer Bluse den Konferenzraum ein zweites Mal betreten hatte, war ihre Autorität sofort wiederhergestellt. Sie trat so selbstbewusst auf, wie ihre Partner es von ihr gewohnt waren, jedes Haar ihrer Frisur saß korrekt, und ihr Make-up war perfekt aufgetragen. Dass ihr Herz gebrochen war, konnte niemand sehen.

Mit unbewegter Miene ordnete sie ihre Papiere und hörte die Worte, die Konstantin zum Abschluss sprach. Die Konferenz war beendet.

„Ich möchte Sie alle zum Abendessen einladen. Sagen wir, neun Uhr?“ Konstantin sah in die Runde, wobei er Lisa anblickte, als sei sie ein Gast wie jeder andere auch. Nachdem alle zustimmend genickt hatten, stand Konstantin auf.

„Lisa?“

Lisa, die gerade ihre Unterlagen in den Aktenkoffer ordnete, fuhr zusammen und blickte erschrocken auf. So weit war es also schon! Selbst Mike, ihrem eigenen Assistenten, gelang es spielend, sie aus der Fassung zu bringen. Das kam davon, wenn man die Prinzipien verriet, auf die man sich bisher verlassen hatte! Sie riss sich zusammen und lächelte ihn freundlich an.

Mike ließ sich jedoch nicht täuschen. „Darling! Was ist nur los mit dir?“

Lisa war fassungslos. So lange kannten sie sich schon, aber so einfühlend war er noch nie gewesen. War es so offensichtlich, wie schlecht es ihr ging?

Mike legte den Arm um sie und drehte sie so zur Wand, dass niemand ihr Gesicht sehen konnte. „Alles in Ordnung? Kann ich dir irgendwie helfen?“

Selten im Leben war Lisa so verzweifelt gewesen, und Tränen stiegen ihr in die Augen. Stand sie kurz vor einem Nervenzusammenbruch? Mike drückte ihr sein Taschentuch in die Hand, und sie versuchte, ihre Tränen zu trocknen, ohne die Wimperntusche zu verwischen.

„Nein, schon in Ordnung, behalte es“, meinte Mike leise, als sie ihm das beschmutzte, ehemals blütenweiße Seidentuch zurückgeben wollte. Sie nahm sich fest vor, ihm ein Dutzend neue Taschentücher zu schenken, wenn sie nur erst wieder zu Hause wäre.

„Lisa“, fragte Mike leise, aber eindringlich. „Wie kann ich dir helfen? Soll ich den Jet startklar machen lassen? Wollen wir sofort nach dem Essen abfliegen?“

Das war die rettende Idee! „Ja, bitte“, bat sie kaum hörbar.

Mike führte Lisa so geschickt aus dem Raum, dass er den anderen Konferenzteilnehmern keine Chance gab, einen Blick auf seine Chefin zu erhaschen. In diesem Moment fühlte sie sich besser geschützt als die Königin von England.

„Was für ein bühnenreifer Abgang!“, spöttelte Lisa, als sie unbehelligt die Auffahrt erreicht hatten. Dort warteten bereits die Taxis, die die Teilnehmer der Konferenz ins Hotel zurückbringen sollten.

„Deine Stimme bebt immer noch, und dein Gesicht sieht verheult aus“, erklärte Mike gnadenlos.

„Danke, Mike. Wenn schon nicht galant, dann wenigstens ehrlich.“

„Einer muss dir schließlich die Wahrheit sagen, Lisa.“

Ernst sah sie ihn an. „Das stimmt. Auf dein Urteil gebe ich auch sehr viel, Mike.“

„Das höre ich gern.“ Er lächelte.

„Für mich hat sich etwas verändert, Mike. Ich bin nicht mehr die, die ich vor zwei Tagen noch war.“

„Hoffentlich bist du dir selbst treu geblieben, Lisa. Ich sonne mich nämlich in dem Ruhm, der Vertraute einer der schwierigsten Frauen in den internationalen Chefetagen zu sein.“

„Das behauptet man von mir?“ Nachdenklich blickte sie einen Moment vor sich hin. „Du könntest mir einen sehr großen Gefallen tun.“

„Und der wäre?“

„Setz dich beim Essen neben mich. Ich habe die Nase voll von Zagorakis und seinen ständigen Versuchen, mir etwas aufzwingen zu wollen.“

Lisa suchte sich das gewagteste Kleid aus, das sie in ihrem Schrank finden konnte. Es war aus hauchfeiner Spitze, ließ eine Schulter frei und hatte einen kurzen, engen Rock, der auf der einen Seite kürzer war als auf der anderen. Sie bürstete ihr Haar, bis es glänzte, und schminkte sich – zu stark, wie ihr ein kritischer Blick in den Spiegel zeigte.

Als stünde er neben ihr, konnte sie plötzlich die Stimme ihres Vaters vernehmen: „Deine Mutter legte auch immer zu viel Make-up auf, wenn sie traurig war.“

„Und warum war sie so oft traurig, Daddy?“, fragte Lisa laut, während sie nach ihrem Make-up-Entferner griff.

Sie zog das Kleid aus und warf es auf den Boden, wo sie es achtlos liegen ließ. Dann schlüpfte sie in die schwarze Hose, die sie auch auf der Konferenz getragen hatte. Dazu wählte sie eine elfenbeinfarbene Hemdbluse und ihre Schuhe mit den bequemen flachen Absätzen. So fühlte sie sich auch ohne den Blazer, der ihr bestimmt zu warm werden würde, korrekt gekleidet.

Das Haar fasste sie streng mit einem schwarzen Samtband im Nacken zusammen. In dieser schlichten Aufmachung würde ihr niemand vorwerfen können, sich zur Schau stellen und Vorteile daraus schlagen zu wollen. Außer einer getönten Tagescreme, etwas Wimperntusche und Lipgloss benutzte sie jetzt kein Make-up mehr. Sie tupfte sich gerade ein dezentes Parfum hinter die Ohren, als Mike klopfte und eintrat.

In seinem Smoking sah er so fantastisch aus, dass Lisa sich plötzlich bieder und langweilig fühlte. Mike schien diese Ansicht zu teilen, denn er schüttelte entsetzt den Kopf. „Gleich, wenn wir zu Hause sind, werde ich mich um dich kümmern.“

„Sehe ich wirklich so schlimm aus?“

„Du wirkst wie eine faszinierend schöne Katze, die sich als graue Maus verkleidet hat.“ Er reichte ihr den Arm. „Lass uns gehen.“

Als die beiden die Terrasse betraten, wandte Konstantin unbeholfen den Blick ab. Alle anderen bemerkten sie nicht einmal, so beschäftigt waren sie mit sich selbst. Ein Butler in Livree füllte Champagner in ihre Gläser, und eins der Hausmädchen reichte ein silbernes Tablett mit Appetithäppchen herum. Jeder der Anwesenden trug einen Smoking – Konstantin inbegriffen.

„Weißt du was?“, fragte Mike leise. „Du wirkst hier ebenso deplatziert wie bei deinem Auftritt im Konferenzraum heute Morgen. Lass uns unbemerkt wieder verschwinden, und ich suche dir ein passendes Outfit aus.“

Als Lisa den Kleiderschrank öffnete und Mike die wundervollen Kleider sah, trat er vor Ehrfurcht einen Schritt zurück. „Was für eine erlesene Auswahl!“, staunte er. Mit Kennerblick musterte er jedes Stück und traf zielsicher seine Wahl. Als Lisa sich schließlich im Spiegel betrachtete, war sie sprachlos vor Staunen.

„Diesmal wird dich dieser ungehobelte Grieche nicht ignorieren, glaub mir“, stellte Mike zufrieden fest. Er reichte Lisa den Arm und führte sie erneut nach unten.

Als sie nun zum zweiten Mal die Terrasse betraten, räusperte sich Mike vernehmlich und blieb stehen. Die Männer blickten auf und waren wie gebannt. Es gab keinen, der Lisa nicht mit unverhohlener Bewunderung betrachtet hätte.

Mike hatte ihr das Haar aus der Stirn gekämmt und hochgesteckt, sodass sie größer wirkte als gewöhnlich und alle Aufmerksamkeit auf ihre wunderbaren und sorgfältig geschminkten Augen gelenkt wurde. Ein Hauch von Rouge und ein verführerisch schimmerndes Lippenrot vervollständigten das Make-up und machten Lisa zu einer sinnlich verführerischen Frau. Die Männer um sie herum gaben ihr das Gefühl, nicht sie selbst, sondern ein umschwärmtes Model zu sein.

Noch nie im Leben hatte sie ihr Äußeres derart hervorgehoben, doch wie üblich hatte sich Mike nicht mit dem Mittelmaß zufriedengegeben. So waren die Absätze ihrer Sandaletten von schwindelerregender Höhe, und der Schnitt ihres Abendkleids war ausgesprochen extravagant. Der weiße Stoff war nach antikem Vorbild kunstvoll gerafft, was die Figur betonte, ohne anstößig zu wirken. Das Kleid hatte zudem einen Schlitz, der so weit nach oben reichte, dass Lisa ihn als mehr als gewagt empfand – besonders, da Mike ihr verboten hatte, Unterwäsche zu tragen.

Als sie sah, wie Konstantin bei ihrem Anblick der Atem stockte, triumphierte sie.

„Meine Herren“, mit einem charmanten Lächeln und einem kurzen Nicken begrüßte sie die Runde.

Plötzlich kam Leben in die Männer, und jeder wollte der Erste sein, der Lisa ein Glas Champagner reichte, den Sessel zurechtrückte oder ihr einen Teller Kaviar brachte. Nur Konstantin bemühte sich nicht um sie, ganz im Gegenteil, er ignorierte Lisa. Er zog sich mit seinem Finanzberater in die äußerste Ecke zurück, und sein Gesicht wirkte so ausdruckslos wie eine Maske.

„Ich bin zutiefst beleidigt“, hörte sie plötzlich Mikes Stimme dicht neben sich. „Ich habe mir solche Mühe mit dir gegeben, und du benimmst dich wie ein liebeskranker Teenager. Wirklich, Lisa, wenn dieser Zagorakis nicht so umwerfend aussehen würde, müsste ich ernsthaft böse mit dir sein.“

Sie legte ihm die Hand auf den Arm. „Tut mir leid, Mike. Ist es wirklich so offensichtlich, was in meinem Kopf vorgeht?“

„Für mich schon, für ihn bestimmt nicht, denn er scheint einzig und allein seine Geldgeschäfte im Sinn zu haben.“

Nach dem Kaffee und einem letzten Glas Cognac löste die Gesellschaft sich auf.

Lisa hielt Mike zurück: „Könntest du mich bitte ins Hotel mitnehmen?“

„Natürlich, aber wieso? Du wohnst doch hier, in der Villa.“

„Ja, aber … jetzt …“

Beschwichtigend hob Mike die Hände. „Quäl dich nicht mit Erklärungen, Lisa. Aber bist du dir sicher?“

Beide sahen zu Konstantin hinüber, der sich charmant von den Konferenzteilnehmern verabschiedete. Keiner der anwesenden Männer hier kann ihm das Wasser reichen, er ist charismatischer, größer, stärker und attraktiver als jeder andere, dachte Lisa traurig. Als habe er ihre Blicke bemerkt, hob Konstantin den Kopf und sah sie ausdruckslos an.

„Ich bin mir sicher!“

„Okay, Darling, dann reich mir deinen Arm und lass uns gehen, ich höre die Taxis schon vorfahren.“

Doch diesmal konnte Mike Lisa kein guter Beschützer sein, denn Konstantin verstellte ihnen den Weg.

„Was soll das, Lisa? Wo willst du hin?“

„Ich fahre mit Mike ins Hotel.“

Statt ihr zu antworten, nahm Konstantin Mike beiseite und unterhielt sich so leise mit ihm, dass Lisa nichts verstehen konnte. Als Mike sich halb zu ihr umdrehte, als wolle er sie etwas fragen, führte Konstantin ihn noch ein Stück weiter Richtung Ausgang, während er ununterbrochen auf ihn einredete.

Zu Lisas größtem Erstaunen verließ Mike, ihr Assistent, ihr Freund und Fels in der Brandung, den Raum, ohne sich auch nur noch ein Mal nach ihr umzudrehen. Als sie ihm folgen wollte, hielt Konstantin sie zurück.

„Ich finde dein Verhalten unmöglich!“, brauste sie auf.

„Ich deins auch.“

„Du behandelst mich wie eine Aussätzige, Konstantin, deshalb möchte ich lieber im Hotel wohnen.“

„Und du benimmst dich wie ein trotziges Kind, Lisa.“ Er packte ihren Arm und verließ mit ihr die Eingangshalle. „Musstest du dich heute Abend derart in Szene setzen?“

„Du tust mir weh.“

Sofort ließ er sie los und öffnete die Tür zu seinem Arbeitszimmer. „Komm rein. Hier können wir uns ungestört unterhalten.“

„Ich habe dir nichts zu sagen.“

„Das also ist dein Dank?“

„Du erwartest Dank von mir? Wofür?“ Ungläubig sah sie ihn an.

„Ich habe diese Konferenz einzig und allein deinetwegen einberufen, Lisa.“

„Und bist nicht auf die Idee gekommen, mir etwas davon zu sagen, damit ich mich hätte vorbereiten können?“

„Ich wollte dich überraschen.“

„Das ist dir gelungen.“ Sie lächelte bitter.

„Ich habe es versucht … Ich wollte es dir vorher sagen, doch du warst nirgends zu finden. Keiner wusste, wo du warst.“

„Vielleicht habe auch ich dich überraschen wollen.“

„Wirklich? Womit denn?“

Lisa versuchte, sich an ihm vorbeizuwinden, um an die Türklinke zu kommen. „Das spielt jetzt keine Rolle mehr. Bitte, Konstantin, lass mich gehen, und ruf mir ein Taxi. Oder soll ich das machen?“

Er stellte sich mit dem Rücken vor die Tür. „Kannst du mir endlich erklären, was das alles soll?“ Er musterte sie von ihren hochgesteckten Locken bis zu den rosa lackierten Zehennägeln, die aus den hochhackigen Riemchensandaletten hervorsahen. „Musstest du dich vor all diesen Männern derart zur Schau stellen?“

„Bist du etwa eifersüchtig, Konstantin?“

„Eifersüchtig? Wegen eines Flittchens?“

Lisas Schlag traf seine Wange so heftig, dass ihm der Kopf zur Seite fiel. Unwillkürlich strich Konstantin über die deutlich sichtbare Rötung und sah Lisa fassungslos an.

Lisa konnte selbst nicht glauben, was sie da gerade getan hatte. Sie, die gewöhnlich jede Art von Gewalt hasste, war handgreiflich geworden! Konstantin hatte die Strafe zwar verdient, aber das spielte für sie keine Rolle. Sie schämte sich zutiefst, die Kontrolle über sich verloren zu haben.

„Deine Rechte ist nicht zu verachten.“ Wieder berührte er seine Wange.

„Was ich getan habe, ist unverzeihlich.“ Lisa schluckte.

„Nein, Lisa, ich habe dich gereizt. Ich hätte dich nicht so nennen dürfen.“

Was war passiert? Zuerst stritten und schlugen sie sich, und jetzt überhäuften sie sich plötzlich gegenseitig mit Entschuldigungen? Lisa verstand nun gar nichts mehr.

„Bleib bis Freitag hier, wie es ursprünglich vereinbart war, bis dahin wird der Vertrag auch fertig formuliert sein“, bat Konstantin. „Die Villa ist groß genug, wir müssen uns außerhalb der Konferenz nicht zwangsläufig über den Weg laufen.“

Wenn zwischen ihnen eine rein geschäftliche Beziehung bestanden hätte, wäre gegen den Vorschlag nichts einzuwenden gewesen … Aber es ist im Moment doch auch nur eine rein geschäftliche Beziehung, die sie verband, redete Lisa sich ein. Weshalb sollte sie also nicht bleiben?

Wo war nur die vor Erotik knisternde Spannung geblieben, die Leidenschaft und Zärtlichkeit? War die Nähe, die sie gespürt hatte, nur eine Illusion gewesen? Plötzlich fielen ihr die Worte ein, die ihr Vater am Grab ihrer Mutter gesprochen hatte: „Eine Frau, die sich Illusionen über das Leben macht, muss zwangsläufig eine Enttäuschung erleben.“

9. KAPITEL

Als Lisa am folgenden Morgen erwachte, richtete sie sich sofort im Bett auf, um aufs Meer zu blicken. Was für glückliche Stunden Konstantin und sie noch vor Kurzem dort draußen gemeinsam verbracht hatten …

Für kurze Zeit waren sie einander so nah gewesen – zu hoffen, es würde ewig so weitergehen, war vermessen. Dazu waren sie beide viel zu große Individualisten. Während des Bootsausflugs war sie den Verführungen Griechenlands und des sonnigen Klimas erlegen. Es war alles so anders in England. Sie hatte hier eine andere Kultur, einen anderen Typ Mann kennengelernt und sich eingebildet, das Paradies gefunden zu haben.

Als es klopfte, schlüpfte sie schnell in ihren Morgenmantel und öffnete die Tür. Maria, die stets so freundlich zu ihr war, brachte das Frühstück.

„Möchten Sie wieder auf dem Balkon essen?“, fragte sie.

Lisa zögerte. Warum sollte sie sich abkapseln? Sie hatte mit Konstantin ein Übereinkommen getroffen und brauchte sich nicht vor ihm zu verstecken. Bevor die Konferenz am späten Vormittag fortgesetzt werden sollte, hatte sie noch einige Punkte mit ihm zu besprechen.

„Eigentlich würde ich lieber auf der Terrasse frühstücken“, antwortete sie daher. „Wäre das möglich?“

„Selbstverständlich, Mrs Bond. Ich werde sofort ein Gedeck für Sie auflegen.“

Schon wieder musste sie eine neue Kombination aus der Garderobe wählen, die Konstantin für sie hatte aussuchen lassen. Lisa seufzte, doch es ließ sich nicht ändern. Ich werde ihm jedes einzelne Stück bezahlen, überlegte sie, als sie sich im Spiegel betrachtete. Doch vielleicht sollte sie sich besser mit der Boutique direkt in Verbindung setzen und die gesamte Auswahl erwerben. Die Sachen waren einfach zu schön, um sie zurückzulassen.

Als sie die Terrasse betrat, schlug Lisas Herz zum Zerspringen. Obwohl sie rein vom Verstand her genau wusste, wie sie sich Konstantin gegenüber verhalten wollte, hatte sie Angst vor ihren Gefühlen. Ihre Vorsätze wurden jedoch nicht auf die Probe gestellt, denn nicht Konstantin saß am Frühstückstisch, sondern Stella.

„Welch schöne Überraschung!“ Lisa freute sich. „Ich hatte gar nicht damit gerechnet, Sie hier zu treffen.“

„Dasselbe kann ich auch von mir behaupten. Kommen Sie, Lisa, setzen Sie sich zu mir, und leisten Sie mir beim Frühstück Gesellschaft. Konstantin ist nicht hier, er musste die Insel wegen einer dringenden Angelegenheit verlassen.“

„Ach so …“ Lisa rang sich ein Lächeln ab. Er musste bestimmt nicht weg, sondern wollte weg, um mir aus dem Weg zu gehen, dachte sie bei sich.

„Sie wussten es gar nicht? Konstantin hat Ihnen nicht Bescheid gesagt?“ Stella runzelte die Stirn.

„Nein, für heute ist eine wichtige Besprechung angesetzt.“ Lisa merkte selbst, wie vorwurfsvoll sie klang.

„Konstantin wäre bestimmt nicht geflogen, wenn es nicht unbedingt erforderlich gewesen wäre“, meinte Stella ruhig.

„Da gebe ich Ihnen recht, doch er hätte mich wenigstens benachrichtigen können. Es tut mir leid, Stella, wenn ich Sie mit meinen Problemen belästige, aber die Dinge, die es zu klären gilt, sind von größter Wichtigkeit. Konstantin ist so … sprunghaft. Und er hat das letzte Wort, ohne ihn können keine Beschlüsse gefasst werden.“

„Beruhigen Sie sich, Lisa, und zu entschuldigen brauchen Sie sich auch nicht. Ich kann mir vorstellen, wie sehr Ihnen Ihre Firma am Herzen liegt.“ Sie sah Lisa einen Moment schweigend an. „Ihre Mitarbeiter können sich glücklich schätzen, eine Chefin wie Sie zu haben.“

Diese Bemerkung machte Lisa nur noch schmerzlicher bewusst, welche Verantwortung sie für die Arbeitsplätze ihrer Angestellten trug. „Wissen Sie, wo Konstantin ist oder wie ich ihn erreichen kann?“, erkundigte sie sich.

Stella schüttelte den Kopf. „Nein. Ich kann Ihnen in dieser Angelegenheit leider nicht helfen, Lisa.“

Stimmte das wirklich, oder verheimlichte Stella ihr etwas? Lisa wurde den Eindruck nicht los, dass Stella Konstantin beschützen und nicht die Wahrheit sagen wollte.

„Wann wollten Sie sich denn nachher mit ihm treffen?“, unterbrach Stella ihre Gedanken.

„Um zehn.“

„Aber es ist doch erst acht! Warum begleiten Sie mich nicht zum Strand und gehen etwas spazieren? Wenn Sie zurückkommen, liegt vielleicht eine Nachricht von Konstantin für Sie vor. Vergessen Sie Ihre Arbeit für zwei Stunden, und begleiten Sie mich.“

Stella sah sie so einladend an, dass Lisa ihr den Wunsch nicht abschlagen konnte, außerdem würde ihr etwas Abwechslung guttun.

„Okay. Geben Sie mir fünf Minuten, damit ich mich umziehen kann.“

Kurze Zeit später saßen Stella und Lisa in der Zahnradbahn. Lisa beugte sich vor, um besser sehen zu können. „So kann man die herrliche Aussicht wenigstens genießen, ohne dauernd über Felsbrocken zu stolpern“, meinte sie.

„Sie hätten sich hier niemals zu Fuß hinunterwagen sollen, Lisa. Der Pfad ist nur etwas für Bergziegen und verrückte Männer wie Konstantin.“

„Kennen Sie Konstantin schon lange?“ Lisa nutzte die Gelegenheit, um endlich zu erfahren, was sie schon lange interessierte.

„Mir kommt es wie eine Ewigkeit vor“, wich Stella einer genauen Antwort jedoch aus. „Sehen Sie doch nur, dort drüben springen gerade Delfine aus dem Wasser.“

Stella wollte also nicht mit ihr über Konstantin sprechen. Bei Lisa verstärkte sich der Eindruck, dass die beiden ihr etwas verheimlichten.

Als die Kabine den Strand erreicht hatte und sich die Türen öffneten, sah Lisa gegen die Sonne die Silhouette zweier Menschen. Hand in Hand stand das Paar in den auslaufenden Wellen und blickte aufs Meer. Von unerträglichem Schmerz überwältigt, senkte Lisa den Kopf.

Hatte Konstantin sie belogen? Wusste Stella davon? Nein, Stella war bestimmt unschuldig … Doch sie wollte es nicht sehen, wollte nicht mit der Tatsache konfrontiert werden, dass …

„Es tut mir leid, Stella, Sie an den Strand zu begleiten war keine gute Idee von mir gewesen. Ich muss mich unbedingt auf die Sitzung vorbereiten. Seien Sie mir bitte nicht böse, wenn ich gleich wieder nach oben fahre.“

„Das kommt gar nicht infrage, Lisa. Sie arbeiten viel zu viel. Sie sollten sich zur Abwechslung auch einmal Zeit für sich selbst nehmen.“

Unwillkürlich musste Lisa wieder zu dem Paar am Wasser blicken. Stella, der dies nicht entgangen war, zog falsche Schlüsse daraus. „Das ist meine Tochter, Sie müssen sie unbedingt kennenlernen, Lisa“, sagte sie aufgeregt.

„Ich habe Arianna schon kurz gesehen, bei meiner Ankunft in der Villa.“

„Dann möchte ich sie Ihnen jetzt richtig vorstellen.“ Stella zog Lisa einfach hinter sich her.

Es war gar nicht Konstantin! Lisa atmete auf. Wie hatte sie nur so misstrauisch sein können!

Ariannas Freund hieß Giorgio und war ein italienischer Tenor, der am Anfang einer vielversprechenden Karriere stand. Er war gekommen, um Arianna abzuholen und mit ihr nach London zu fliegen, wo beide für die kommende Spielzeit ein Engagement an der Oper hatten.

Deshalb hat sich Stella auch in der Villa aufgehalten, dachte Lisa, sie hat dem verliebten Paar etwas Ruhe und Privatsphäre schenken wollen, bevor sie wieder im Rampenlicht der Öffentlichkeit standen.

Giorgio wandte sich an Stella. „Ich möchte dich um etwas bitten, Stella.“

„Noch nicht, Giorgio.“ Stella zwinkerte ihm zu.

„Nein, noch nicht“, pflichtete Arianna ihrer Mutter bei. „Wir müssen noch auf Konstantin warten.“

Auf Konstantin warten? Lisa biss sich auf die Lippe. Was hatte der mit Ariannas Glück zu tun? Konnte noch nicht einmal eine Verlobung ohne seine Einwilligung geschlossen werden? Wenn jemand über Ariannas Zukunft zu entscheiden hatte, dann doch wohl Stella und sonst niemand!

„Arianna hat recht, Giorgio“, antwortete Stella. „Wir müssen auf Konstantin warten.“

Verzweifelt blickte Giorgio Arianna an, doch sie zuckte nur mit den Schultern und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Warten erhöht die Vorfreude“, erklärte sie.

Jedes Mal, wenn Konstantins Name fiel, zog sich Lisas Herz qualvoll zusammen. Es fiel ihr immer schwerer, sich normal zu verhalten und sich von ihrem Kummer nichts anmerken zu lassen. „Wann wird Konstantin Ihrer Meinung nach wieder auf der Insel sein?“, wandte sie sich an Stella.

„Wenn er seine Angelegenheiten geregelt hat, wird er bestimmt sofort zurückfliegen.“

Arianna lächelte erfreut. „Ich verstehe. Konstantin will …“

„Arianna!“ Stella warf ihrer Tochter einen strafenden Blick zu. „Darüber unterhalten wir uns später.“

Lisa war verunsichert. Warum sehen mich die drei nur so eigenartig an? Warum wurde sie nicht ins Vertrauen gezogen? Was spielte sich hier ab? Ohne sich von ihren Gedanken etwas anmerken zu lassen, nickte sie höflich.

„Ich habe mich sehr gefreut, Sie kennenzulernen, Giorgio. Doch jetzt muss ich mich von Ihnen, Arianna und Stella leider verabschieden, denn ich habe noch zu tun.“

„Nächstes Mal müssen Sie unbedingt mehr Zeit mitbringen und zum Frühstück bleiben.“ Arianna lächelte ihr freundlich zu.

Ich habe ihnen unrecht getan, stellte Lisa irritiert fest. Diese Menschen hegen mir gegenüber keine bösen Gefühle. Doch was Konstantin betraf, vermochte sie sich kein Bild zu machen.

„Versprochen“, meinte sie, obwohl sie genau wusste, dass es kein nächstes Mal geben würde. Überschwänglich schloss sie Arianna in die Arme und lief dann, ohne sich noch einmal umzublicken, quer über den Strand zur Zahnradbahn.

Wie Lisa es vorhergesehen hatte, erreichten die Verhandlungen einen Punkt, an dem Konstantins Anwesenheit unbedingt erforderlich war. Ohne seine Zustimmung würden es seine Mitarbeiter nicht wagen, auch nur eine einzige Klausel des Vertrages verbindlich zu formulieren.

„Ich glaube, hiermit sollten wir die Besprechung beenden, meine Herren“, meinte sie abschließend und erhob sich.

„Ich bitte vielmals um Entschuldigung. Hoffentlich hat die Diskussion auch ohne meine Anwesenheit zu konkreten Ergebnissen geführt.“

Lisa erstarrte. Selbstbewusst, als hätte er sich nicht um eine einzige Sekunde verspätet, betrat Konstantin den Raum.

„Ja, wir sind ein gutes Stück vorangekommen. Schade, dass Sie nichts dazu beitragen konnten.“ Lisa öffnete ihren Aktenkoffer. Konstantin hatte ihr gerade mal fünf Tage versprochen, um den Verkauf genau zu besprechen, doch schon am dritten hatte er kein Interesse mehr gezeigt.

„Wir sehen uns dann morgen wieder, meine Herren“, erklärte Konstantin und blickte freundlich in die Runde.

Nachdem die Männer gegangen waren, wies er auf ihren Stuhl. „Bitte setz dich.“

„Die Besprechung ist beendet, Konstantin.“

„Und ich möchte über die Ergebnisse informiert werden.“

„Dafür hast du deine Angestellten.“ Sie griff nach ihrem Aktenkoffer und versuchte, an Konstantin vorbei den Raum zu verlassen.

„Ich hätte es gern aus deinem Mund gehört.“

Lisa zuckte mit den Schultern. „Wenn es unbedingt sein muss. Aber bitte schließe vorher die Tür.“ Ärgerlich blickte sie ihm hinterher, als er ihrer Aufforderung nachkam. „Wenn dir wirklich was an dem Vertrag liegen würde, hättest du pünktlich erscheinen können. Doch anscheinend gibt es Dinge oder Personen, die dir wichtiger sind als das Geschäft oder ich.“

„Lisa, bitte hör auf damit! Wir hatten vereinbart, keine Forderungen aneinander zu stellen.“

„Ich rede nicht von Forderungen, sondern von Konsequenzen. Bist du nicht auf die Idee gekommen, dass sich nach unserer gemeinsamen Nacht vielleicht etwas geändert haben könnte?“

„Nein, denn ich habe die nötigen Vorkehrungen getroffen.“

Lisa wurde flammend rot. So war das also, Konstantin hatte sich lediglich einige Stunden unverbindlich vergnügen wollen. Und sie war so dumm gewesen, sich darauf einzulassen und mitzuspielen, dafür musste sie jetzt zahlen – aber nicht mehr lange, das schwor sie sich. „Für den Rest der Konferenz wirst du einen Bevollmächtigten bestimmen müssen, Konstantin, sonst kommen wir nie zum Abschluss.“

Als sie an ihm vorbei zur Tür wollte, hielt er sie fest. „Kommst du heute Abend zum Essen?“

„In das Fischrestaurant? Nein, ich wollte schon packen.“

„Natürlich, das wird ja auch eine zeitraubende Angelegenheit werden. Soll ich dir einige meiner Überseekoffer aufs Zimmer bringen lassen?“

Wieder errötete Lisa, diesmal jedoch vor Empörung. Dachte er wirklich, sie würde die teuren Sachen einfach mitnehmen? „Ich werde dir jedes einzelne Teil bezahlen, Konstantin. Die Garderobe ist wunderbar, sie ist …“

„… liebevoll ausgesucht worden“, ergänzte er mit undurchdringlicher Miene.

Das stimmte sicherlich nicht, doch sie wollte es nicht zum Streit kommen lassen. „Natürlich“, stimmte sie deshalb zu und lächelte. „Dann sehen wir uns also morgen früh wieder, oder?“

Als er ihr wortlos die Tür aufhielt, hob Lisa selbstbewusst den Kopf. „Wir werden den Vertrag bestimmt schon vor Freitag unterzeichnen können, denn die Besprechung heute war sehr erfolgreich – auch ohne dich.“

„Dazu werde ich mich erst äußern, wenn ich mit meinen eigenen Leuten gesprochen habe.“

Typisch Konstantin, ihr Wort galt ihm nichts! „Ich werde abreisen, sowie wir unterschrieben haben.“ Sie bemühte sich, kühl und distanziert zu klingen.

„Wir hatten eine Vereinbarung getroffen, Lisa.“

„Ja, und du hast sie gebrochen – du bist heute Morgen nicht erschienen.“

„Jetzt bin ich hier. Ich hatte meine Gründe, Lisa, zwingende Gründe.“

Geheimnisse … immer wieder Geheimnisse … „Du kannst dir unsere Abmachung nicht so auslegen, wie es dir gerade passt.“

„Hast du nicht eben gesagt, ihr wärt auch ohne mich erfolgreich gewesen? So erfolgreich, dass wir den Vertrag in Rekordzeit unter Dach und Fach bringen werden?“

„Dann bis morgen, Konstantin.“

Doch anstatt sie endlich durchzulassen, drehte er den Schlüssel im Schloss um. „Ich habe dir einen Vorschlag zu machen, Lisa.“

„Dazu ist es zu spät. Das, was ich von dir wollte, habe ich erreicht.“

„Vergisst du da nicht eine Kleinigkeit?“

Er zog sie in die Arme und wollte sie küssen, doch sie hielt sich den Arm schützend vors Gesicht. Unbeeindruckt nahm Konstantin ihr den Aktenkoffer ab und warf ihn auf einen Stuhl. „Der stört nur.“

„Was bildest du dir eigentlich ein? Auf diese Spielchen habe ich keine Lust! Bitte lass mich gehen.“

„Wenn ich überzeugt wäre, dass du das wirklich möchtest, würde ich es tun.“ Er nahm ihr Gesicht in beide Hände und küsste sie, bis sie sich an ihn schmiegte und leise seufzte.

„Und jetzt sag mir noch einmal, dass du gehen möchtest, Lisa.“

Sie bebte, als er zärtlich mit dem Finger die Konturen ihrer Lippen nachzog. Ihm zu widerstehen war unmöglich – sie war ihm ergeben und sehnte sich nach seiner Umarmung.

Ein einziger geschickter Griff, und er hatte ihr die Hose mitsamt Slip abgestreift. Lisa war so erregt, sie konnte es kaum noch erwarten. „Bitte beeil dich“, flehte sie.

So etwas Gewagtes hatte sie noch nie getan. Weder waren die Fensterläden geschlossen noch die Gardinen vorgezogen, und jeder, der vorbeiging, konnte sehen, was im Raum geschah. Doch die Gefahr, entdeckt zu werden, erregte Lisa nur umso mehr.

„Es ist Wahnsinn, was wir hier machen“, sagte Konstantin dicht an ihrem Ohr, als er sie auf den Konferenztisch hob. „Doch du willst es, wir beide wollen es.“

„Wir beide brauchen es.“ Lisa legte den Kopf zurück und blickte Konstantin ins Gesicht, als er sich ihr vorsichtig näherte – viel zu vorsichtig für Lisas Begriffe. Ungeduldig wand sie ihre Hüften.

„Bitte, Tino, ich halte es nicht länger aus.“

„Na dann …“

Lisa seufzte vor Lust, als sie ihn endlich ganz tief spürte. Sie bewegte sich rhythmisch und schloss die Augen. Sie fühlte sich glücklich.

„Nicht so hastig, Lisa. Genieße die Umarmung, wir haben alle Zeit der Welt.“

Konstantin benahm sich, als seien sie allein auf der Welt. „Aber wenn jemand über die Terrasse kommt“, wandte sie ein.

„Hier kommen nur wir, erst du, dann ich.“

Obwohl er amüsiert lächelte, verriet ihr das Funkeln seiner Augen noch etwas anderes: Die Gefahr, entdeckt zu werden, steigerte auch seine Erregung. „Du hast nicht so viel zu verlieren wie ich, wenn uns hier jemand findet“, hielt sie ihm entgegen.

„So?“

Er bewegte sich so kraftvoll, dass es Lisa den Atem verschlug.

„Ja“, antwortete sie mühsam. „Dich wird man für einen ganzen Mann halten, während ich …“

„Du redest zu viel.“

Hätte Konstantin sie nicht so festgehalten, wäre sie bestimmt auf den Boden gefallen, dachte Lisa, als sie nach einem rauschvollen Höhepunkt langsam wieder zu sich kam. Auch Konstantin atmete noch schwer und hatte seine Stirn auf ihre Schulter gelegt. Lisa zog ihn noch enger an sich. Sie hatte Angst davor, sich von ihm zu lösen, allein zu sein und die Wärme seines Körpers nicht mehr zu spüren. Nur in seinen Armen fühlte sie sich sicher und stark.

„Geht es dir jetzt besser?“ Er hob den Kopf und vergrub sein Gesicht sanft in ihrem Haar.

„Etwas.“

„Aber richtig zufrieden bist du noch nicht?“

„Du etwa?“ Zärtlich ließ sie die Finger über seine Oberarme gleiten und bewunderte die kräftigen Muskeln, die sie durch den Stoff spüren konnte.

Er lächelte und zog sich zurück. Als er zufällig zum Fenster sah, lachte er leise. „Was für ein perfektes Timing!“ Schnell stellte er sich mit dem Rücken vor Lisa, um sie vor neugierigen Blicken zu schützen. Etliche der Konferenzteilnehmer hatten nämlich inzwischen ihre Anzüge gegen Freizeitkleidung getauscht und gingen über die Terrasse zur Zahnradbahn, um hinunter zum Strand zu gelangen.

„Du hast es gewusst!“ Lisa konnte es kaum fassen. „Dir war klar, dass die Männer jeden Moment am Fenster vorbeigehen müssten!“

„Lisa, erzähl mir nichts! Die Gefahr der Entdeckung war auch für dich ein zusätzlicher Kitzel!“

Da sie nicht wagte, es zuzugeben, schwieg sie einfach.

Konstantin machte eine weitausholende Geste. „Meinst du, ich hätte dies alles erreicht, wenn ich nie ein Risiko eingegangen wäre? Man muss Herausforderungen annehmen, wenn man etwas bewegen will. Was hast du vor? Bleibst du noch bei mir, wie wir es ursprünglich vereinbart hatten, oder willst du immer noch nach Abschluss der Konferenz gleich wieder nach Hause?“

Das war das Letzte, was sie wollte, denn sie begehrte Konstantin, wie sie noch nie etwas begehrt hatte. Doch war das klug? Hatte sie immer noch nicht gelernt, wie gefährlich Konstantin für sie war, weil sie in seiner Nähe ihre gewohnte und sichere Beherrschung verlor?

„Ich muss so schnell wie möglich in die Firma, um von dem Erfolg zu berichten und um meine Mitarbeiter zu beruhigen“, antwortete sie ausweichend.

„Dazu musst du nicht zurückfliegen. Du könntest Mike mit dieser Aufgabe betrauen – die er garantiert nur allzu gern übernehmen würde.“

„Zweifellos. Weshalb aber sollte ich hier bei dir bleiben?“

„Weil du es willst.“

Sie sah ihn an und wunderte sich, wie schnell ihr Herz schlagen konnte, ohne zu zerspringen. „Du scheinst dir deiner Sache sehr sicher zu sein.“

„Wir hätten achtundvierzig Stunden nur für uns allein. Was für eine Gelegenheit!“

Lisa ahnte schon, dass sie wieder nachgeben würde.

„Wir werden eine wunderbare Zeit haben, Lisa, Leidenschaft pur und keine Verpflichtungen. Eine Beziehung wollen wir ja schließlich beide nicht, was könnte also schöner sein?“

Während er lächelte und ihr einen Kuss aufs Haar gab, starb etwas in Lisa.

„Wir sind aus dem gleichen Holz geschnitzt, Lisa, gib es zu“, redete er weiter, ohne ihren Schmerz zu bemerken. „Dich zu beobachten ist, wie in einen Spiegel zu blicken. Mir gefällt nicht immer, was ich da sehe, aber ich kann es immer verstehen.“

Obwohl Lisa genau wusste, dass Konstantin niemals die Nähe zulassen würde, nach der sie sich sehnte, war sie verrückt nach seiner Umarmung. Sie legte den Kopf zurück und sah ihm in die Augen, die dunkel waren vor Verlangen.

„Ja, Konstantin, ich bleibe.“

10. KAPITEL

Unruhig ging Konstantin in der Bibliothek auf und ab. Was war nur los mit ihm? Wie führte er sich auf? Er brauchte Lisa nur anzusehen, und er verhielt sich wie ein liebestoller Kater.

Und damit nicht genug, er gab auch noch Lisa die Schuld an seiner eigenen Schwäche! Vor dem Kamin blieb er stehen und betrachtete sich voller Selbstverachtung im Spiegel. Was war er bloß für ein Mann? Wieso wurde er bei Lisas Anblick nur noch von seinen Trieben beherrscht?

Sie machte es ihm unmöglich, an seine Arbeit, an Stellamaris oder irgendeine andere seiner vielfältigen Pflichten zu denken, ständig träumte er nur von ihr. Die Zukunft schien ihm nur ein einziges lohnendes Ziel zu haben: Lisa in seiner Nähe zu wissen und jede Sekunde ihrer Gesellschaft zu genießen. Er wollte mit ihr zusammen sein, bis sich alle Leidenschaft erschöpft hatte, bis Lisa und er wieder die vernunftbetonten Menschen waren, als die man sie kannte.

Doch noch war Lisa auf Stellamaris, noch hatte er alle Möglichkeiten, die Freuden der Liebe mit ihr voll auszukosten … Er konnte sie einfach noch nicht gehen lassen! Es beschämte ihn jedoch, dass er ihr nicht mehr zu bieten hatte als einen Liebesurlaub von achtundvierzig Stunden.

Die sexuellen Erlebnisse, die sie geteilt hatten, waren einmalig gewesen, trotzdem verband sie mehr als das. Von Anfang an hatte auch eine tiefe seelische Beziehung zwischen ihnen bestanden, was er sich allerdings erst jetzt eingestand.

Konstantin biss sich auf die Lippe. Gerade er wusste doch aus schmerzhafter Erfahrung, wie gefährlich es war, mit Gefühlen zu spielen. Sein Verhalten war nicht zu entschuldigen, besonders da Lisa vom Schicksal ebenso gezeichnet war wie er. Wollte er sie noch tiefer verletzen? Wenn er ihr wirklich etwas Gutes hätte tun wollen, hätte er sie nach Hause fliegen lassen.

Einen Tag noch und der Vertrag würde verbindlich formuliert sein. Das erste Mal in seiner Karriere hatte er weder auf seine Berater noch auf seine Intuition oder die objektive Sprache der Fakten und Zahlen gehört. Die betreffenden Dokumente lagen ungelesen auf seinem Tisch, sie waren ihm gleichgültig. Ihn interessierte nur eins: Lisa brauchte Geld, um ihre Firma zu sanieren, und das sollte sie erhalten.

Er hätte ihr jeden Betrag gegeben, um den sie bat. Doch er wusste, dass sie nur um die Summe verhandelte, die sie brauchte, um die Zukunft ihrer Mitarbeiter zu sichern. Im Gegensatz zu ihm hatte sie mit offenen Karten gespielt.

Konstantins Blick verdunkelte sich, als er an die exklusive Designerkleidung denken musste, die er für sie hatte besorgen lassen. Natürlich hatte er kein einziges Teil selbst ausgesucht, dafür hatte er sein Personal. Mit so trivialen Dingen wie Einkaufen gab er sich nicht ab. Plötzlich kam ihm eine Idee. Er wollte etwas ganz Besonderes für Lisa aussuchen, er persönlich. Es sollte etwas Kostbares und Ausgefallenes sein, das sie immer an ihn erinnern würde.

Konstantin warf einen letzten Blick in den Spiegel – an seinem Selbsthass hatte sich nichts geändert.

Lisa war zum Abendessen gerade fertig angekleidet, als es klopfte und Maria das Zimmer betrat.

„Maria! Was für eine wunderschöne Tracht!“

Liebevoll strich Maria über die kunstvolle Stickerei des Mieders. „In unserem Dorf beginnen die Feierlichkeiten für das Maifest bereits heute Abend“, erklärte sie. „Dann tragen alle Frauen die traditionelle Tracht.“

„Was für ein schöner Brauch! Sie haben noch nie so schön ausgesehen.“

„Das kann man auch von Ihnen behaupten.“ Marias Augen weiteten sich vor Staunen, als Lisa vom Frisiertisch aufstand.

„Danke, Maria. Hoffentlich ist auch Mr Zagorakis dieser Meinung.“ Lisa errötete.

Das Kleid aus jadegrünem Chiffon war schlicht geschnitten und nicht besonders tief dekolletiert, dennoch war es das schönste Kleid, das in dem Schrank zu finden war. Lisa hatte es gewählt, weil sie wünschte, andere Empfindungen als nur sexuelles Verlangen in Konstantin zu wecken.

„Was ist das, Maria?“ Mit einer dunklen Vorahnung betrachtete Lisa das schwarze Samtkästchen, das Maria in der Hand hielt.

„Das schickt Mr Zagorakis. Er lässt Ihnen ausrichten, dass Sie dies Geschenk ihm zuliebe heute Abend tragen sollen.“

„Legen Sie es bitte dorthin.“ Lisa wies auf den Frisiertisch. Das Kästchen in Marias Gegenwart zu öffnen war ihr unangenehm.

Maria knickste. „Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend, Mrs Bond.“

Nachdem das Mädchen gegangen war, betrachtete Lisa das Kästchen und runzelte die Stirn. Es war fein gearbeitet und sah aus, als stamme es von einem exklusiven Juwelier. Vielleicht aus Athen? Aber wie kam es hierher? Hatte Konstantin es etwa extra einfliegen lassen, oder besaß er einen Vorrat an Schmuckstücken – nach Preisen gestaffelt, damit er die Dienste seiner Geliebten entsprechend honorieren konnte?

Bei dem Gedanken, wie hemmungslos Konstantin und sie sich geliebt hatten, erblasste sie. War dies seine Bezahlung für die Freuden, die sie ihm geschenkt hatte?

Gedankenverloren spielte Lisa mit dem Kästchen. Vor ungefähr fünf Stunden hatte sie Konstantin das letzte Mal gesehen – Zeit genug für einen Millionär, seinen Jet startklar machen zu lassen und einen Einkaufsbummel zu machen.

Doch das passte nicht zu Konstantin, denn er bestellte Designergarderobe und Juwelen am Telefon wie andere Männer Pizza. Die Ohrringe aus Amethyst waren das beste Beispiel dafür. Enthielt das Kästchen jetzt vielleicht ungleich wertvollere Steine? Wollte Konstantin ihr zeigen, welcher Luxus sie erwartete, wenn sie einwilligte, seine Gespielin auf Zeit zu werden?

Sie warf einen letzten Blick in den Spiegel und verließ, das Kästchen in der Hand, das Zimmer.

Die Hoffnung, Konstantin darauf ansprechen und es ihm zurückgeben zu können, wurde jedoch enttäuscht. Sofort, als Lisa die Terrasse betrat, wurde ihr klar, dass dieser Abend Arianna und Giorgio gehörte. Beide strahlten vor Glück – offensichtlich hatte Konstantin der Verbindung zugestimmt.

„Lisa!“ Arianna lief ihr entgegen und führte sie an der Hand zu der kleinen Gruppe, die sich am Fenster versammelt hatte. „Giorgio und ich werden heiraten.“

„Das freut mich für Sie.“ Lisa umarmte sie spontan und wandte sich dann an Giorgio, der dicht bei Konstantin stand. „Sie sind wirklich zu beneiden.“

„Ich weiß.“ Giorgio legte Arianna den Arm um die Taille und zog sie besitzergreifend an sich.

Lisa riss sich von dem Anblick des überglücklichen Paares los und streckte Stella beide Hände entgegen. „Das muss ein ganz besonderer Freudentag für Sie sein.“

„Es ist der glücklichste Tag in meinem Leben.“ Stella zog Lisa in die Arme und drückte sie liebevoll an sich. „Jetzt habe ich nur noch einen Auftrag für Amor.“

„Und welchen?“

Lisa erbebte, als sie Konstantins Stimme dicht hinter sich vernahm.

„Das fragst ausgerechnet du?“ Stella gab Lisa frei und drehte sich zu ihm um. „Du weißt genau, dass ich immer noch auf der Suche nach einer passenden Frau für dich bin.“

„Damit wirst du leider keinen Erfolg haben, Stella.“

Stella zuckte mit den Schultern und lächelte geheimnisvoll.

Bei Tisch ergab es sich, dass Lisa und Konstantin nebeneinandersaßen. Lisa nutzte die Gelegenheit und schob Konstantin diskret das Kästchen zu.

„Soll ich sie dir anlegen?“, fragte er erfreut.

„Ich weiß überhaupt nicht, was das Kästchen enthält, und sprich bitte nicht so laut.“

„Soll das heißen, du hast dir mein Geschenk noch nicht einmal angesehen?“

Seine Worte waren sehr deutlich vernehmbar, und Stella, Arianna und Giorgio hoben neugierig die Köpfe.

„Wenn es ein Geschenk für Lisa ist, solltest du es ihr auch persönlich überreichen“, empfahl Stella.

„Nein, bitte nicht!“ Lisa schob den Stuhl zurück und sprang auf. „Ich …“ Erst als sie Konstantins Hand auf ihrem Arm spürte, merkte sie, wie unmöglich sie sich benahm, und setzte sich wieder. Wie konnte sie nur Ariannas Feier so ruinieren! Sie lachte nervös. „Entschuldigung, aber Geschenke anzunehmen ist für mich nicht einfach.“

„Vielleicht ist es einfach nur ungewohnt für Sie.“ Ruhig brach sich Stella ein Stück Weißbrot ab.

„Was hast du Lisa gekauft, Konstantin?“ Arianna war ganz aufgeregt. „Ich liebe Geschenke – und zu deiner Information, Giorgio, ich habe keine Schwierigkeiten, welche anzunehmen.“

Alle lachten. „Willst du uns denn nicht zeigen, was du für Lisa gekauft hast, Konstantin?“ Arianna ließ nicht locker.

Konstantin ließ den Deckel des Kästchens aufspringen. Alle schwiegen ehrfürchtig, als sie die Ohrringe erblickten, zwei ungewöhnlich große tiefgrüne und in Brillanten gefasste Smaragde.

Giorgio fand die Sprache als Erster wieder. „So herrliche Steine habe ich noch nie gesehen“, bemerkte er.

Genau das, was Lisa erwartet und befürchtet hatte, war eingetreten. Hilflos musste sie mit ansehen, wie Konstantin die Ohrringe von dem Samtpolster nahm, um sie ihr anzulegen.

„Ich weiß, wie sehr du dich über die Amethyste gefreut hast“, flüsterte Konstantin, als er ihr das Haar zurückstrich, um an ihr Ohr zu kommen. „Und Smaragde passen noch besser zu dir, weil sie die Farbe deiner Augen unterstreichen.“ Er drehte ihr Gesicht so, dass sie ihn ansehen musste.

„Ich habe es gewusst“, stellte er zufrieden fest. „Smaragde sind wie für dich geschaffen.“

Alle klatschten begeistert.

Lisa musste sich zusammennehmen, um nicht zu weinen.

„Danke“, brachte sie hölzern hervor. „Sie sind fantastisch.“

„Und jetzt gehen wir zu der Feier im Dorf und tanzen“, erklärte Stella energisch.

„Ich möchte mich gern entschuldigen.“ Lisa erhob sich. „Ich habe plötzlich Kopfschmerzen bekommen – vielleicht von den flackernden Kerzen.“

„Lisa!“ Besorgt sprang Konstantin auf.

Als Arianna seinem Beispiel folgen wollte, wurde sie von ihrer Mutter unauffällig daran gehindert.

„Sie sind erschöpft, Lisa, und das ist kein Wunder“, meinte Stella. „Wir alle wissen, wie viel Ihnen Ihre Firma bedeutet und wie anstrengend die ständigen Besprechungen in diesem für Sie ungewohnten Klima gewesen sein müssen. Was Sie brauchen, ist Ruhe – und die werden Sie im Dorf bestimmt nicht finden.“

Sie wandte sich an Konstantin. „Sorge dafür, dass Lisa sofort ins Bett geht, am besten mit einer Tasse warmer Milch.“

„Selbstverständlich.“ Konstantin verneigte sich höflich.

Erwartete er jetzt von ihr, dass sie sich für die Smaragde revanchierte? Wenn ja, dann hatte er sich getäuscht, kaufen ließ sie sich nicht. Mit unbewegter Miene blieb sie an Konstantins Seite stehen, bis die anderen sich verabschiedet hatten und gegangen waren.

„Ich glaube, auf die warme Milch können wir guten Gewissens verzichten.“ Konstantin legte Lisa die Hände auf die Schultern.

„Bitte nicht!“

„Was soll das heißen?“ Er zog die Hände zurück.

Lisa nahm die Ohrringe ab und hielt sie ihm hin. „Ich brauche sie nicht.“

„Kein Mensch braucht schöne Dinge, sie sind ein Ausdruck von …“

„Von was, Konstantin? Von Geld und Macht? Willst du damit Besitzansprüche dokumentieren?“ Sein schockiertes Gesicht überzeugte sie davon, der Wahrheit sehr nahegekommen zu sein. „Bitte nimm die Ohrringe zurück. Wenn ich Schmuck haben möchte, kaufe ich ihn mir besser selbst.“

„Aber es hat mir solche Freude gemacht, ihn für dich auszusuchen!“

Gegen ihren Willen musste Lisa lächeln. Konstantin klang wie ein verzogenes kleines Kind, das seinen Willen nicht durchsetzen konnte. „Hast du sie denn wirklich selbst ausgesucht? Hast du nicht vielmehr bei einem Juwelier angerufen, er solle dir etwas Passendes schicken?“

„Ich habe den Jet genommen“, antwortete er in einem Ton, als müsse er sich für diesen Luxus entschuldigen.

„Du hast sie also wirklich selbst ausgesucht?“

„Natürlich. Ist das so schwer zu verstehen?“ Auf der flachen Hand hielt er die Steine ins Licht und ließ sie funkeln. „Ich dachte, sie würden dir gefallen.“

„Selbstverständlich gefallen sie mir, aber …“

Warum fand sie keine passenden Worte für das, was sie ausdrücken wollte? Warum waren Konstantin und sie so unbeholfen, wenn es darum ging, Gefühle und Gedanken auszudrücken? So perfekt ihre Körper auch harmonierten, ihre Seelen blieben sich fremd. Etwas im Inneren war zerbrochen – sowohl bei Konstantin als auch bei ihr.

„Wenn du mir unbedingt etwas schenken wolltest, warum nicht Blumen?“, redete sie schnell weiter. „Das hast du schon einmal getan und mir eine große Freude damit bereitet.“

„Weil es diesmal etwas ganz Besonderes sein sollte.“

„Du hast damit lediglich erreicht, dass ich mich von dir bezahlt fühle. Gib die Ohrringe dem Juwelier bitte wieder zurück, Konstantin. Wir haben beide Fehler gemacht, wir wissen nicht, wie wir miteinander umgehen sollen, wenn wir nicht übers Geschäft reden oder im Bett liegen. Heute ist Mittwoch, Freitag fliege ich zurück, lass uns die Zeit genießen, und verzichte auf großartige Gesten.“

„Also keine Spritztour mehr nach Athen, um dir schöne bunte Steinchen zu holen?“

Erleichtert stellte Lisa fest, dass er seinen gewohnten Humor wiedergefunden hatte. „Nein. Der Tag muss für dich noch anstrengender gewesen sein als für mich, bestimmt bist du jetzt müde.“

„Nicht müde genug, um allein ins Bett gehen zu wollen.“ Er zog sie enger an sich. „Und in diesem Punkt lasse ich nicht mit mir reden. Ob mit Smaragdohrringen oder ohne, du hast Verpflichtungen, denen du nachkommen musst.“

Er trug sie die Treppe hoch direkt in sein Schlafzimmer und legte sie aufs Bett.

„Konstantin, bitte! Das ist nicht der richtige Moment!“

„Wieso? Du hast selbst gesagt, wir sollten die Zeit genießen.“

„Ich bin aber nicht in der Laune!“, behauptete sie, um ihn in seinem männlichen Stolz zu treffen. Statt wütend zu werden, kam er zu ihr ans Bett und kniete sich davor.

„Es tut mir leid, Lisa.“ Er legte die Stirn auf ihre Hand. „Du hast völlig recht, wir zwei sind ein hoffnungsloser Fall. Kannst du mir verzeihen?“ Er hob den Kopf und sah sie an.

„Lässt du die Smaragde zurückgehen?“

„Wenn du sie wirklich nicht willst – ja. Für dich tue ich alles, das weißt du doch.“

Ja, aber nur für die Dauer unserer Vereinbarung, dachte Lisa bitter. Als sie jedoch das Lachen seiner Augen und das amüsierte Zucken seiner schön geschwungenen Lippen bemerkte, wurde sie sofort wieder weich.

Eigentlich hätte sie vor diesem Mann, der sie offensichtlich nach Belieben manipulieren konnte, schleunigst die Flucht ergreifen sollen. Doch sie begehrte ihn mit einer Kompromisslosigkeit, die seiner eigenen Begierde in nichts nachstand.

Ihr Gefühlsumschwung entging ihm nicht, und er stand auf. „Ich habe es gewusst, du kannst mir nicht widerstehen“, stellte er zufrieden fest.

„Hat die Welt je einen derart arroganten Mann gesehen?“, fragte sie gespielt verzweifelt. „Komm zu mir, Konstantin, schnell.“

Lisa kuschelte sich enger an Konstantins durchtrainierten Körper. Nach ihrem leidenschaftlichen und erfüllenden Liebesspiel war er sofort eingeschlafen. Lisa konnte es gut verstehen, denn er hatte einen anstrengenden Tag hinter sich – nicht nur wegen des Flugs nach Athen …

Als sie ihm zärtlich eine Locke seines tiefschwarzen Haares aus der Stirn strich, seufzte er zufrieden und zog sie noch enger an sich.

„Ich glaube, ich liebe dich, Konstantin Zagorakis“, sagte sie, wohl wissend, dass er tief schlief und sie nicht hörte.

Sie glaubte es nicht nur, sie war sich ganz sicher. Ein tiefes Glücksgefühl durchflutete ihren Körper. Konstantin war weitaus faszinierender als der Mann, von dem sie stets geträumt hatte, er übertraf ihre kühnsten Fantasien. Er brachte sie zum Lachen und machte die körperliche Liebe zu einem atemberaubenden Abenteuer. Wenn der Juwelier wüsste, wo Konstantin die Clips der kostbaren Smaragde befestigt hatte, würde er sie sicherlich nicht wieder zurücknehmen …

Als Lisa sanft den Kopf von seiner Brust nehmen wollte, sträubte Konstantin sich und wurde unruhig, ohne jedoch aufzuwachen.

„Nein … ich will nicht!“ Er trat um sich und bewegte den Kopf auf dem Kissen ruckartig von der einen Seite zur anderen.

„Was willst du nicht, Darling?“, fragte sie sanft und streichelte seine Wange.

„Tu mir nicht weh!“ Er krallte die Hände ins Laken.

Lisa wurde immer unheimlicher zumute. Sie stützte sich auf die Ellenbogen und überzeugte sich noch einmal, dass er wirklich schlief. „Konstantin! Wach auf!“

Jetzt schlug er sogar nach ihr. „Lass mich … Geh weg … Ich will nicht …“

Konstantin hatte einen Albtraum – einen Albtraum, der sie umso mehr erschreckte, weil sie dabei unwillkürlich an ihre Zeit in der Kommune denken musste. Aber Konstantin konnte doch nicht auch in einer Kommune aufgewachsen sein, das wäre zu viel des Zufalls! Außerdem hätten die Medien darüber berichtet, ebenso wie die Einzelheiten ihrer Vergangenheit in den Illustrierten voller Häme veröffentlicht worden waren.

Was sie Konstantins abgehackten Worten entnehmen konnte, war nicht viel, doch schrecklich genug: Jemand wollte ihn zu etwas zwingen, gegen das er sich mit aller Kraft wehrte. Er und sie hüteten also Geheimnisse, die zu grauenhaft waren, um darüber zu sprechen – Geheimnisse, die es ihnen verwehrten, Glück und inneren Frieden zu finden.

„Nein!“

Konstantin schrie jetzt so laut, dass sie unwillkürlich zurückwich, doch schnell fasste sie sich wieder und streichelte beruhigend seinen Arm. Erst fluchte er noch auf Griechisch, dann wurden seine Atemzüge allmählich tiefer und regelmäßig. Lisa streckte sich wieder neben ihm aus und zog ihn beschützend an sich.

An Schlaf war für sie nicht mehr zu denken. Wusste Stella, wusste überhaupt jemand, dass der mächtige Konstantin Zagorakis im Schlaf schrie wie ein misshandeltes Kind?

„Lisa?“ Schlaftrunken murmelte er ihren Namen und schlug die Augen auf. „Warum siehst du mich so seltsam an, wenn du hier liegen …“, mit einer einzigen, geschmeidigen Bewegung drehte er sich um und schob sich auf sie, „… und mich küssen solltest?“

„Du hast geträumt“, erklärte sie.

„Dann bestimmt von dir.“

„Nein.“ Sie schüttelte den Kopf. „Du hast von etwas anderem geträumt.“

„Dann hiervon.“

Lisa seufzte vor Lust, als er erneut kraftvoll zu ihr kam.

11. KAPITEL

Konstantin und Lisa hatten nach ihren Liebesspielen so tief geschlafen, dass sie am nächsten Morgen erst zwanzig Minuten vor Konferenzbeginn aufwachten. Entsetzt sprang Lisa aus dem Bett, ohne auch nur einen Gedanken an Küsse und Zärtlichkeiten zu verschwenden. Amüsiert sah Konstantin ihr nach, als sie ins Badezimmer stürmte.

„Der Platz reicht für zwei.“ Er schmunzelte, als er sich ihr anschloss und die Tür der Duschkabine öffnete.

„Oh nein! Ich weiß genau, wohin das führen würde. Lass uns diesmal vernünftig sein, Konstantin! Heute geht es schließlich darum, endlich den Vertrag abzuschließen.“

„Na und?“ Seelenruhig stellte er sich neben sie und hielt das Gesicht in den Wasserstrahl.

„Bringt dich denn überhaupt nichts aus der Ruhe?“ Fassungslos sah sie ihn an.

„Du vielleicht.“

Nein, dachte sie, nicht nur ich. Um Konstantin auf seinen Albtraum anzusprechen, reichte die Zeit nicht, so verbiss sie sich einen Kommentar. Lisa ließ ihn einfach unter der Dusche stehen, nahm das Badetuch von der Stange und wickelte sich darin ein. „Wir treffen uns bei der Besprechung. Lass mich nicht warten.“

Im Flur begegnete sie Mike und ging mit ihm zum Konferenzraum. Fragend sah er sie an, und Lisa fühlte sich zu einer Erklärung genötigt. Aus Zeitmangel hatte sie nämlich auf ihr gewohntes Make-up verzichtet und das feuchte Haar einfach mit einer großen Haarspange aus Perlmutt hochgesteckt. „Ich komme direkt vom Schwimmen, Mike.“

„Natürlich. Und Zagorakis ist auch mit abgetaucht?“

„Ich sagte schwimmen, Mike. Im Meer.“

In diesem Moment betrat Konstantin den Raum. Er brauchte sich für sein feuchtes Haar nicht zu rechtfertigen. Ein kurzes Kopfnicken, und die Besprechung begann.

Nur zwei Stunden dauerte es, dann wurde der Vertrag in seiner endgültigen Fassung vorgelesen. Konstantin und Lisa unterschrieben, schüttelten sich die Hände, und die Arbeit war getan.

Anschließend bat Konstantin alle auf die Terrasse. „Lassen Sie uns mit einem Glas Champagner auf die Zukunft anstoßen, meine Herren.“

Lisa wartete, bis auch das letzte Taxi die Auffahrt verlassen hatte, erst dann ging sie zurück ins Haus. Konstantin und sie würden am Abend zum Essen ins Dorf fahren. Darüber konnte sie sich im Moment jedoch ebenso wenig freuen wie über die Tatsache, dass die Zukunft von Bond Steel jetzt gesichert war.

Unablässig kreisten ihre Gedanken um Konstantins nächtlichen Albtraum. Bis jetzt hatte sich noch keine Gelegenheit ergeben, ihn darauf anzusprechen. Außerdem befürchtete sie, dass er jede Diskussion darüber ablehnen würde. Doch sie würde nicht lockerlassen, einer musste schließlich versuchen, den Panzer, mit dem Konstantin Zagorakis seine Seele umgeben hatte, zu durchbrechen.

Auf dem Dorfplatz herrschte dichtes Gedränge, doch mit Konstantins schützendem Arm um die Schultern machte Lisa das nichts aus. Eng an ihn geschmiegt stand sie vor der hölzernen Bühne und lauschte den Liedern eines der bekanntesten Sänger Griechenlands. Obwohl sie kein Wort verstand, rührte sie die Musik zutiefst. Auch die Einwohner von Stellamaris, die weiße Taschentücher hervorzogen, um sie im Takt über den Köpfen zu schwenken, erfüllten ihr Herz mit Glückseligkeit.

„Jetzt verstehst du vielleicht, weshalb ich Stellamaris so liebe“, erklärte Konstantin, nachdem er Lisa von der Menge weggeführt hatte und mit ihr durch die leeren Straßen schlenderte. „Das Leben hier ist so unkompliziert, man geht offen miteinander um und macht aus seinen Gefühlen keinen Hehl.“

Sie blickten sich an, und jeder wusste, was der andere empfand: Trauer, weil sie diese Fähigkeit verloren hatten.

„Konstantin, ich möchte dich etwas fragen.“

„Nicht jetzt, Lisa, ich kann nicht mehr länger warten.“

„Was willst du in dem Blumengeschäft?“ Unsicher blickte sie sich um, als Konstantin sie in den dunklen Eingang zog. „Nein, wir können doch unmöglich …“

„Warum nicht? Das Dorf ist wie ausgestorben, weil alles, was Beine hat, auf dem Marktplatz ist, um Thakis Theodopoulus zu hören.“ Er drückte die Klinke, und als die Tür nachgab, zog er Lisa hinter sich in den Laden.

Die Blumen dufteten atemberaubend, es war dunkel und angenehm kühl.

„Ist dir warm genug?“, fragte Konstantin dicht an ihrem Ohr.

„Konstantin, es ist einfach unschicklich – hier, in einem Geschäft, das uns nicht gehört …“

Er hatte sie noch nicht darüber aufgeklärt, dass jedes Geschäft auf Stellamaris ihm gehörte, bis der neue Besitzer in der Lage war, es selbstständig zu führen und zu übernehmen. Später würde er ihr davon erzählen, im Moment hatte er anderes im Sinn.

„Konstantin, ich muss mit dir reden!“

„Nicht jetzt.“ Sanft massierte er ihr den Rücken und spürte, wie ihre Anspannung nachließ und sie sich an ihn schmiegte. Sie schauderte, doch nicht vor Kälte. Konstantin blickte durchs Schaufenster auf den bunt beleuchteten Marktplatz und wusste, dass keine Gefahr bestand, entdeckt zu werden.

„Komm mit hier hinein.“ Mit der Schulter stieß er eine Tür auf und führte sie in einen Nebenraum. „Hoffentlich reißt du dir keinen Splitter ein“, meinte er, als er sie auf einen grob gehobelten Pflanztisch setzte, und küsste zärtlich die empfindliche Stelle hinter ihrem Ohr.

Sie lachte leise, fühlte, wie die Zweige unter ihrem Gewicht nachgaben, und schlang die Beine um Konstantins Rücken. Er schob den weiten Rock ihres Sommerkleides hoch und löste die Schleifchen, mit denen der Spitzenslip an den Seiten zusammengehalten wurde.

„Ich habe genau die richtigen Dessous ausgewählt“, stellte er zufrieden fest.

„Du?“

„Na ja, das nächste Mal werde ich sie jedenfalls höchstpersönlich aussuchen – damit auch wirklich all deine Slips einen derart praktischen Verschluss haben.“

„Konstantin! Bitte nicht … Was ist, wenn …“

Mit einem Kuss brachte er sie zum Schweigen und öffnete die Schnalle seines Gürtels. „Darling, wir haben keine Zeit zu verlieren. Unser Tisch in der Taverne ist für zehn Uhr bestellt.“ Er zog sie näher zu sich und drang in sie ein. „Gefällt dir das?“

„Oh Konstantin, ich wünschte, dieses Gefühl würde nie vergehen.“

Er legte sich ihre Beine über die Schultern und half ihr, sich so hinzulegen, dass sie ihn ganz tief spüren konnte. Lisa stöhnte vor Lust. „Das ist so schön, Konstantin … so …“ Sie verstummte und gab sich ganz ihren Gefühlen hin.

Konstantin beobachtete sie genau. Kurz bevor sie den Höhepunkt erreichte, beherrschte auch er sich nicht länger, und gemeinsam ließen sie sich forttragen von der mächtigen Welle ihrer Leidenschaft.

Nur langsam kehrte Lisa in die Wirklichkeit zurück. „Alles in Ordnung?“, fragte Konstantin besorgt und richtete sie auf, um ihr in die Augen zu sehen.

„Ich weiß nicht.“ Sie atmete immer noch unregelmäßig. „Ich bin so …“

„Erschöpft? Zufrieden? Gesättigt?“

„Von allem etwas.“ Lisa war nicht in der Lage, ihren Zustand zu beschreiben, denn obwohl sie sich am Ende ihrer Kräfte fühlte, war ihr Verlangen noch immer nicht gestillt. Restlos glücklich würde sie erst wieder sein, wenn sie das Geheimnis um Konstantins Vergangenheit aufgeklärt hatte. Sanft strich sie ihm über die Stirn. „Tino, ich …“

Er unterbrach sie, indem er ihr die Hand küsste. „Wir müssen uns beeilen, Lisa, sonst wird unser Tisch anderweitig vergeben.“

Sie lachte und tastete im Dunkeln nach ihrem Slip. „Das glaube ich nicht. Niemand auf Stellamaris würde es wagen, einen Tisch, der für den großen Konstantin Zagorakis reserviert ist, einem Normalsterblichen zu überlassen.“

„Ich genieße auf der Insel keine Sonderbehandlung – das würde ich mir verbitten.“ Er hob sie vom Tisch und gab ihr einen letzten Kuss.

„Du solltest deine Hose schließen, bevor wir gehen“, erinnerte sie ihn.

Lisa strich ihren Rock glatt. „Glücklicherweise habe ich mir nur einen kleinen Faden gezogen, sonst ist meinem Kleid nichts passiert“, stellte sie erleichtert fest.

Hand in Hand verließen sie das Blumengeschäft.

„Konstantin, es gibt etwas, über das wir unbedingt reden müssen.“

„Nach dem Essen. Wir sollten uns beeilen, ich sterbe fast vor Hunger.“

Doch auch in der Taverne fand Lisa keine Gelegenheit, das Thema, das ihr so am Herzen lag, anzusprechen. Wie konnte sie hier, wo jeder Konstantin zu kennen schien und ihm zuwinkte, mit ihm über seine Albträume reden?

Die Stimmung in der Taverne war festlich, aber trotzdem heiter und ausgelassen. Entspannt lehnte Lisa sich zurück und seufzte. Warum konnte das Leben nicht immer so unbeschwert sein?

„Was ist los, Lisa?“

„Ich bin einfach nur glücklich.“

„In meinen Ohren klang der Seufzer eher traurig. Und ich glaube, ich weiß, worunter du leidest – Entzugserscheinungen.“ Unter dem Tischtuch, das bis zum Boden reichte, begann er, ihre Schenkel zu streicheln.

„Nein, Konstantin, bitte nicht. Du bist unmöglich!“, protestierte sie, als er die Hand immer höher gleiten ließ.

Autor

Sandra Marton
Sandra Marton träumte schon immer davon, Autorin zu werden. Als junges Mädchen schrieb sie Gedichte, während ihres Literaturstudiums verfasste sie erste Kurzgeschichten. „Doch dann kam mir das Leben dazwischen“, erzählt sie. „Ich lernte diesen wundervollen Mann kennen. Wir heirateten, gründeten eine Familie und zogen aufs Land. Irgendwann begann ich, mich...
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Als Kind las Susan Stephens gern die Märchen der Gebrüder Grimm. Ihr Studium beendete die Autorin mit einem MA in...

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