Meine Weihnachtsliebe aus Paris

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„Jeden Augenblick, den ich mit dir verbringe, vermisse ich Paris ein bisschen weniger.“ Als sie seine Worte hört, weiß Robin, dass sie sich in den Playboy mit dem unwiderstehlichen französischen Charme verlieben wird. Mit Lucas kann Robin nicht nur super zusammenarbeiten und Spaß haben, er ist auch noch der perfekte Verführer, dem sie bald inmitten festlicher Weihnachtsdeko vollkommen verfällt. Doch dann taucht kurz vor den Feiertagen in den Medien ein pikantes Foto aus Paris auf, das Robin zutiefst erschüttert …


  • Erscheinungstag 28.09.2021
  • Bandnummer 1
  • ISBN / Artikelnummer 9783751510196
  • Seitenanzahl 192
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Amersen Beaudin hasste es zu fliegen, obwohl er allein in den vergangenen fünf Jahren mehr Vielfliegermeilen gesammelt hatte als die meisten Menschen während ihres gesamten Lebens. Seine Meinung vermochte nichts zu ändern – nicht einmal der luxuriöse Privatjet, in dem er sich gerade befand.

Allerdings, dachte er, als er die langen Beine ausstreckte und an dem ausgezeichneten, fünfundzwanzig Jahre alten Scotch nippte, allerdings ging es hier definitiv angenehmer zu als in der Holzklasse – nicht, dass er in letzter Zeit je in der Holzklasse hätte reisen müssen.

Amersen schloss die Augen und versuchte sich vorzustellen, was ihn an seinem Zielort erwartete.

Die Fortunes – eine Familie, mit der er im Grunde nichts zu tun haben wollte.

Aber wenn eine über neunzig Jahre alte Matriarchin – Familienoberhaupt und obendrein sehr erfolgreiche Geschäftsfrau und Stilikone – eine Einladung aussprach, dann durfte man diese nicht einfach ausschlagen. Außerdem hatte sie seine Neugier geweckt – trotz allem, trotz der Gefahr, in der Vergangenheit herumzustochern, von der er gar nichts wissen wollte.

Erst kürzlich hatte er erfahren, dass auch in seinen Adern das berühmte Fortune-Blut floss, allerdings hätte er sich selbst nie als einen Fortune bezeichnet. Und bei dieser Haltung gedachte er es zu belassen.

Er würde dieses eine Gespräch mit Kate führen, he­rausfinden, was die alte Lady von ihm wollte, und danach würde er Texas und allem, was mit der Familie Fortune zu tun hatte, für immer den Rücken kehren.

Kate hatte ihn vor einigen Wochen völlig überraschend angerufen und behauptet, es handele sich um eine Geschäftsidee, und zwar ein Unterfangen, das es wert sei, den weiten Flug von Paris nach Austin, Texas, auf sich zu nehmen.

Sie hatte dabei kein Wort über persönliche Verbindungen fallen gelassen – kein Wort darüber, dass er der leibliche Sohn von Jerome Fortune war.

Dessen unehelicher Sohn.

Davon abgesehen hatte sich dieser Jerome Fortune vor einigen Jahren ein neues Leben verschafft, indem er sich Gerald Robinson nannte.

Für Amersen spielte nichts davon eine Rolle. Er hatte einen Vater, und zwar einen ziemlich guten – zu Hause in Paris, und es verlangte ihn nicht danach, diesen Jerome alias Gerald zu treffen.

Was für ein Mensch musste man sein, um eine neue ­Identität anzunehmen und sogar seinen eigenen Tod vorzutäuschen? Gerald Robinson hatte sich in der Com­puterbranche einen Namen gemacht und war zum ­Technikgiganten aufgestiegen. Erst vor zwei Jahren war herausgekommen, dass er in Wahrheit der berüchtigte Jerome Fortune war.

Und Jerome Fortune hatte eine ganze Reihe außerehelicher Kinder gezeugt.

Blutsverwandtschaft sagte noch lange nichts über eine Bindung aus. Was einen echten Vater ausmachte, waren Liebe und Zuverlässigkeit – von Luc Beaudin hatte Amersen all das bekommen.

Seine Mutter Suzette und sein Stiefvater Luc waren das Beste, was Amersen hatte passieren können, ebenso wie seine jüngere Schwester Claire. Die drei stellten seine wahre Familie dar. Punkt.

Nur aus Respekt hatte er Kates Einladung angenommen. Immerhin war die über Neunzigjährige noch immer sehr erfolgreich, auch wenn sie offiziell als Firmenchefin zurückgetreten war. Amersen vermutete, dass sie noch immer im Hintergrund die Strippen zog, sowohl bei der sehr erfolgreichen Kosmetiklinie als auch bei vielen weiteren aussichtsreichen Geschäftszweigen, welche die Fortunes aufgebaut hatten.

Allerdings würde er vorsichtig bleiben, da er insgeheim glaubte, hinter ihrem Angebot könnte sich etwas ganz anderes verbergen.

Im Gegensatz zu den anderen Anrufen hatte er Kates Anruf zumindest nicht ignoriert, denn nicht nur sie hatte ihn mit einem Lebenszeichen überrascht, sondern auch seine beiden Halbbrüder Keaton Fortune Whitfield und Ben Fortune Robinson.

Es fiel ihm schwer, sich die beiden Fremden als seine Halbbrüder vorzustellen und er hatte sowohl deren Anrufe als auch deren E-Mails unbeantwortet gelassen.

Es war eine Sache, zu erfahren, dass man ein unehe­liches und ganz offensichtlich ungewolltes Kind war. Eine ganz andere Sache war es, aus dem Nichts heraus so viele Halbgeschwister zu haben, dass man damit eine Fußballmannschaft hätte stellen können.

Gerald Robinson hatte acht Kinder mit seiner langjährigen Ehefrau Charlotte Prendergast Robinson gezeugt. Nebenher hatte er mehrere Frauen geschwängert, darunter Amersens Mutter Suzette, die vor sechsundzwanzig Jahren als Au-pair-Mädchen bei den Fortunes in Austin gearbeitet hatte.

In anderen Worten: Gerald war ein mieser, verlogener Mistkerl.

Und Amersen wollte ihn niemals kennenlernen.

Es war bereits heikel, sich mit Kate Fortune zu treffen. Amersen konnte nur hoffen, dass seine Halbgeschwister keinen Wind von der Sache bekamen. Vielleicht würde er sie irgendwann in ferner Zukunft einmal treffen, aber im Moment war er dazu nicht bereit.

Es hätte ihn aus der Bahn werfen können, und dies wollte er nicht zulassen. Sehr sorgfältig hatte er sich ein erfolgreiches Leben aufgebaut und würde nichts und niemand daran rütteln lassen.

Mit harter Arbeit und einer gewissen Risikobereitschaft hatte er sich während der vergangenen Jahre zum Millionär gemausert. Angefangen hatte seine Karriere bereits im College, als er den erfolgreichen Blog Das echte Paris zu schreiben begonnen hatte.

Dieser Blog hatte ihm Kultstatus eingebracht und ihn selbst zu einer Art Star gemacht. Allerdings hatte der Blog ihm auch den Ruf beschert, eigensinnig, schonungslos und selbstherrlich zu sein.

Doch mit diesem Urteil konnte er leben. Er war dankbar für die Richtung, in die sich sein Leben daraufhin entwickelte – und für all die Möglichkeiten, die sich ihm geboten hatten – beispielsweise das Noir. Diesen Nachtclub im Herzen von Paris hatte Amersen mit zwanzig Jahren gegründet, indem er ein altes verlassenes Fabrikgelände erworben hatte, um daraus den angesagtesten Club der Stadt zu machen. Das Projekt hatte ein Eigenleben entwickelt, und inzwischen gaben sich dort die ­Pariser Elite und zahllose internationale Berühmtheiten die Klinke in die Hand.

Noir war ein Ort, wo sich die gehobene Pariser Gesellschaft traf, ein Ort zum Sehen und Gesehenwerden, und das Etablissement entpuppte sich zur wahren Geldmaschine. Seine erste Million hatte Amersen in ein Weingut investiert, und inzwischen exportierte er seinen Wein in die ganze Welt.

Ja, Amersen Beaudins Leben verlief ziemlich gut und er hatte nicht vor, das zu ändern – schon gar nicht, indem er sich mit den Fortunes einließ.

Gegen drei Uhr Nachmittag landete der Privatjet auf dem Austin-Bergstrom International Airport. Dank Kates Umsicht erwartete Amersen bereits eine Limousine, und kurze Zeit später befand er sich auf dem Weg zu ihrer Ranch.

Von der Hauptstraße bogen sie in einen gepflegten Landweg und passierten gleich darauf ein mächtiges Tor: Sterling’s Fortune stand in großen Lettern auf einem Schild. Zu beiden Seiten des Weges erstreckten sich Wiesen und Koppeln, auf denen Rinder und herrliche Pferde grasten.

Als das Anwesen in Sicht kam, war Amersen beeindruckt. Es wirkte wie die Titelseite eines Schöner-Wohnen-Magazins, allerdings die Ausgabe der Schönen und Reichen.

Sobald die Limousine vor dem Haupthaus zum Stehen gekommen war, öffnete Amersen die Tür, noch bevor es der Fahrer für ihn hatte tun können. Amersen war zwar einen luxuriösen Lebensstil gewohnt, aber nutzte dies nicht aus, um sich ungeniert alle einfachen Tätigkeiten abnehmen zu lassen. Zu Hause fuhr er seinen Wagen schließlich selbst.

Er bat den Fahrer, auf ihn zu warten, um ihn später zu seinem Hotel in der Stadt zu bringen. Ohne lange zu zögern, schritt er forsch auf das Haupthaus zu.

Doch dann erblickte er sie – eine Vision, ein Traum, eine so bezaubernde Frau, dass er ungläubig blinzeln musste. Die Frau streifte durch den Garten und ihr langes weißes Kleid umschmeichelte ihre angenehme Gestalt mit den zarten Kurven. Das Kleid hatte lange Ärmel, war allerdings so geschnitten, dass es die feinen Schultern frei ließ.

Die Art von Kleid beschwor in ihm höchst alberne romantische Bilder herauf – Bilder vom Händchenhalten, von einem Picknick im Gras, gemeinsam auf einer Decke im Sonnenschein badend …

Ihr Gesicht konnte er nicht erkennen, da sie einen weichen, breitkrempigen weißen Hut trug, aber er sah ihr Haar. Wie eine Kaskade aus flüssigem Gold ergoss es sich über ihren Rücken. Dieses honigblonde Haar erweckte in ihm den Wunsch, hineinzugreifen, sich die glänzenden Strähnen um die Faust zu wickeln und sie daran zu sich heranzuziehen, zärtlich, energisch und lustvoll zugleich …

Er versuchte den Gedanken abzuschütteln, doch es wollte ihm nicht gelingen. Ebenso wenig konnte er den Blick von ihr wenden.

Être toujours mon cœur …

Etwas an ihrer Art verzauberte ihn. War es ihr weicher Gang, war es die Art, wie sie den Kopf neigte, wie sie die Hüften wiegte? Schon in diesem Augenblick spürte er, dass sich dieses Bild für immer in sein Gedächtnis gebrannt hatte.

Natürlich war das vollkommen lächerlich. Von einer blonden Mähne und einer kurvigen Hüfte ließ man sich nicht aus der Ruhe bringen, schon gar nicht Amersen.

In seinem Leben gab es ausreichend hübsche Frauen, und er konnte sie in sein Bett holen, wann immer ihm der Sinn danach stand – mit einem hübschen emotionalen Sicherheitsabstand.

Eine feste Beziehung war nichts für ihn. Mit fünfundzwanzig Jahren hatte er nicht vor, sich in irgendeiner Weise an jemanden zu binden.

Von einer hübschen Frau im weißen Kleid würde er sich also nicht ablenken lassen – ganz gleich, wie zauberhaft sie ihm erschien.

Trotzdem sandte sein Körper eindeutige Signale. Er beobachtete, wie die junge Frau durch den Garten schlenderte, auf eine hübsche Rotunde zu – einen kleinen erhöhten Rundbau, der vom guten Geschmack der Gartenbesitzer zeugte.

In diesem Moment wirkte sie, als sei sie einem Gemälde aus dem Musée d’Orsay entsprungen. Unwillkürlich führte sein Geist diese Fantasie fort, und als Nächstes sah er die Frau an seiner Seite auf einem Balkon mit Blick auf die nächtliche Seine, Lichter auf dem Fluss funkelnd, mit einem Glas perlenden Champagner in der Hand.

Er rief sich zur Ordnung. Was waren das für alberne Gedanken!

Doch sein Körper sprach seine ganz eigene Sprache. Seine Haut prickelte, sein Blut war erhitzt und begann, sich in einem ganz bestimmten Körperteil zu sammeln.

Für gewöhnlich konnte er sein Verlangen sehr gut unter Kontrolle halten, aber die Begegnung hier … Der Blitz schien in ihn gefahren zu sein wie ein Schlag in die Brust, der mit einem Mal seine Lungen zusammendrückte und ihn zu atmen behinderte.

Und dann kam das vertraute und zugleich gefürchtete Gefühl. Sein Hals schien sich zusammenzuziehen, sein Brustkorb wurde eng. Er rang nach Luft. Der Schweiß brach ihm aus, und er wusste, was jetzt kam.

Verdammt. Das Allerletzte, was er jetzt brauchte, war ein Asthmaanfall auf Kate Fortunes Rasen. Zum millionsten Mal verfluchte Amersen seine schwachen Lungen. Er straffte sich, streckte den Rücken und rollte die Schultern nach hinten. Er konzentrierte sich auf seine Atmung und versuchte, den Atem ganz langsam strömen zu lassen.

Seit Monaten hatte er keinen schweren Anfall mehr gehabt. Unfassbar, dass er ausgerechnet jetzt einen haben sollte, und das nur wegen des Anblicks einer Göttin in Weiß, die durch einen Garten stolzierte. Als ob ihn das aus der Bahn werfen könnte.

Ich muss mich jetzt zusammenreißen.

Amersen schöpfte tief Atem. Er versuchte sich vorzustellen, dass seine Lungen frei arbeiteten und wie sich die Luft darin frei entfaltete. Er zögerte, den kleinen Inhalator mit dem Asthmaspray aus seiner Tasche zu holen und konzentrierte sich stattdessen auf das Gefühl in seinem Brustkorb.

Endlich entspannten sich seine Lungen wieder. Er atmete ruhig weiter, bis sich die Enge um seine Brust aufgelöst hatte. Dann spähte er zum Haus hinüber, doch sein Blick glitt unwillkürlich zurück in den Garten. Die Frau befand sich noch immer dort.

Er musste alle Willenskraft aufbringen, um sich abzuwenden, doch seine Beine wollten seinen Befehlen nicht gehorchen. Unentschlossen verharrte er auf dem Rasen, machte einen Schritt in Richtung Haus und drehte sich wieder herum.

Doch in diesem Moment war die Frau verschwunden.

Ohne nachzudenken, rannte er los.

Er erreichte die Rotunde und hastete die wenigen Stufen hinauf ins Innere. Doch hier war die Unbekannte nicht. Amersen sah sich um. Genau gegenüber befand sich ein Ausgang. Er eilte zu den Stufen hinüber und spähte von dort in den rückwärtigen Teil des Gartens.

Doch dort hielt sich niemand auf, woraufhin sich Amersen die Augen rieb. Hatte ihn der Jetlag eingeholt und spielte seinen Sinnen einen Streich? Begann er etwa, Dinge zu sehen, die gar nicht da waren?

„Kann ich Ihnen helfen?“

Er erstarrte. Langsam drehte er sich herum, und da stand sie. Für einen Moment starrte er sie bloß an, als hätte er Angst, sie könnte sich wieder in Luft auflösen. Doch sie war keine Erscheinung. Sie war eine Frau aus Fleisch und Blut, und jenseits des Schattens der Hutkrempe konnte er nun ihre vollen pinkfarbenen Lippen sehen.

Plötzlich hatte er das heftige Verlangen, ihr in die Augen zu blicken. Er sehnte sich nach diesem ersten wichtigen Blickkontakt, der über alles Weitere entscheiden würde. Schon ihr weicher texanischer Akzent wirkte unerwartet anziehend auf ihn.

„Ich weiß nicht“, sagte er ruhig, auch wenn sein Puls zu jagen begonnen hatte. „Können Sie?“

Robin Harbin starrte den Mann an, und ihr Magen drehte dabei wilde Pirouetten, als fahre sie Achterbahn. Himmel, war dieser Typ umwerfend! So ziemlich das hübscheste männliche Exemplar, was ihr je untergekommen war. Schwarzes Haar, fesselnd blaue Augen, ein markantes Kinn mit einem dunklen Hauch von Drei­tagebart … und ein Körper, der ihre Libido augenblicklich verrückt machte, diese Verräterin.

Natürlich wusste Robin, wen sie da vor sich hatte: Amersen Beaudin.

Ihre Arbeitgeberin Kate Fortune hatte den Mann während der vergangenen Woche mehrmals erwähnt – mit dem Franzosen wollte Kate arbeiten. Und aus irgendeinem Grund hatte seine Erwähnung Robins Interesse geweckt. Zumindest so sehr, dass sie ein bisschen im Internet recherchiert hatte, um herauszufinden, warum um ihn derart Aufhebens gemacht wurde.

Schon nach ein paar Klicks glaubte sie, sich ein Bild machen zu können: reich, erfolgreich und ein allgemein bekannter Playboy mit Milliarden Fans in den sozialen Medien. Nun, Milliarden war vielleicht übertrieben, aber unzählige Leute legten offensichtlich größten Wert darauf, seine Meinung zu hören, und das zu sämtlichen Themen des Lebens.

Robin hatte ein paar seiner Blogbeiträge gelesen und war schnell zum Schluss gekommen, es mit einem selbstherrlichen, egozentrischen Besserwisser zu tun zu bekommen. Und aus Videoaufnahmen ließ sich ableiten, dass er sich wie ein eitler, sich gerne selbst reden hörender Schönling benahm. Davon abgesehen spielte er in einer ganz anderen Liga als sie – in einer unerreichbaren Liga.

Doch was bedeutete das schon? Sie kannte ihn ja nicht einmal, und sein Internetauftritt machte ihn mehr als unsympathisch.

Trotzdem sah er im wahren Leben ziemlich umwerfend aus.

Das schien er auch zu wissen, so, wie er sie jetzt ansah – als könne er ihre Gedanken lesen.

Es ärgerte sie. Mit Sicherheit war er es gewohnt, dass ihm die Frauen reihenweise zu Füßen lagen, und erwartete dieses Verhalten jetzt vermutlich auch von ihr. Als ob er so ein guter Fang wäre!

Nun, vielleicht war er das sogar, aber sie würde ihn nicht weiter bewundern. Nicht, dass sein Ego noch explodierte.

„Schönes … Kleid“, sagte er jetzt, und sein süßer Akzent floss wie Honig um ihren Körper.

Robin blickte an sich hinunter. Vor einer halben Stunde hatte sie Kleid und Hut auf Kates Bitte hin angezogen. Bei dem Outfit handelte es sich um Stücke aus einer Kollektion für eine neue Marke. Das ursprünglich geplante Model war erkrankt und hatte am Vormittag den Fototermin abgesagt.

Robin war nur eingesprungen, weil sie Kate den Gefallen nicht abschlagen konnte. Nicht, dass sie sich für ein geeignetes Model gehalten hätte. Dafür war ihre Oberweite zu üppig und ihre Hüften zu ausladend, aber Kate wollte dem Marketingteam von Fortune Cosmetics eben gerne Probeaufnahmen schicken, und außer Robin hatte sich gerade keine junge Frau in der Nähe befunden.

In Wahrheit kam Robin sich in dem ultrafemininen Kleid ein bisschen lächerlich vor. Am wohlsten fühlte sie sich in Jeans und Cowboystiefeln. Kate war allerdings nicht nur ihre Chefin, sondern auch ihre Freundin, und Robin hätte sie niemals enttäuschen können.

„Danke“, sagte sie leise. Unter seinem forschenden Blick wurde ihr heiß. Er war so intensiv, dass sie es nicht erwarten konnte, sich abzuwenden. „Sie sind hier, um Kate zu treffen“, stellte sie fest.

Er nickte. „Ja. Sind Sie eine Verwandte?“

Sein Englisch war perfekt, aber sein französischer Akzent verlieh ihm etwas unleugbar Heißes. Sexy. Sie spürte, wie ihre Knie nachgaben.

Am liebsten wäre sie davongelaufen. Männer wie Amersen Beaudin bedeuteten schließlich Ärger. Und sie hatte sich geschworen, solchen Männern aus dem Weg zu gehen, nachdem sie sich vor acht Monaten von ihrem nichtsnutzigen, fremdgehenden Freund getrennt hatte.

Sie legte auch keinen Wert mehr auf Männer, die aussahen, als wären sie gerade einer Modezeitschrift entstiegen. Nein, ihr nächster Freund würde das genaue Gegenteil von Trey Hammond sein, diesem miesen Verräter.

Und das Gegenteil von Amersen Beaudin, wenn wir schon dabei sind.

„Nein“, entgegnete Robin und spürte, wie die Hitze in ihre Wangen stieg. „Kate ist im Haus“, fügte sie hinzu, um ihm zu verstehen zu geben, dass sie kein Interesse an einer Unterhaltung hatte.

„Aber Sie sind hier draußen“, sagte er glatt, und sein Ton war eindeutig in den Flirtmodus verfallen.

Robin wich einen Schritt zurück. „Kate erwartet Sie bereits.“

„Ich weiß.“

„Sie mag es nicht, wenn man sie warten lässt.“

Um seine Mundwinkel zuckte ein amüsiertes Lächeln. „Klingt nach einer großartigen Lady. Möchten Sie mich nicht begleiten? Vielleicht brauche ich Ihren Geleitschutz?“

Robin wich seinem Blick aus. Sie wollte nicht in Gefahr geraten, in diesen strahlend blauen Augen zu versinken. „Sie wirken auf mich nicht wie jemand, der Schutz benötigt, Mr. Beaudin.“

Er lachte leise. „Sie wissen, wer ich bin?“

„Ich weiß genug“, sagte sie und wich einen weiteren Schritt zurück. „Kate erwartet Sie im großen Wohnzimmer. Sie sollten sich beeilen.“

„Sie sind sehr …“ Eine Pause entstand, als suche er nach dem geeigneten Wort. „Herrisch.“

Robin hätte beinahe laut aufgelacht, denn den Ausdruck herrisch gebrauchten ihre beiden älteren Brüder gerne für sie. „Danke“, sagte sie knapp. „Das ist das beste Kompliment, das ich heute bekommen habe.“

„In diesem Kleid? Das bezweifle ich“, sagte er ruhig. „Ich werde bestimmt noch ein schöneres Kompliment für Sie finden, Miss …“

Robin erschauerte bei diesem offenkundigen Flirtversuch. Alles an diesem verdammten Kerl war verführerisch, aber sie würde gewiss nicht darauf eingehen und ihm schon gar nicht ihren Namen verraten.

„Verstehe“, sagte sie stattdessen und reckte das Kinn, um ihm in die Augen zu sehen. „Sie gehören zu diesen Männern, die versuchen, bei jeder Frau zu landen.“

Sie hörte, wie er scharf Atem holte. Ein Schatten verdunkelte seinen strahlenden Blick. „Bei jeder?“, wiederholte er und neigte den Kopf leicht zur Seite. „Nein.“

Robin legte mit übertriebener Geste die flache Hand an die Brust. „Dann fühle ich mich geschmeichelt. Doch ich habe kein Interesse.“

„Wirklich?“

Er hörte sich aufrichtig schockiert an, was Robin zum Lachen brachte. „Wirklich“, bestätigte sie. „Und jetzt sollten Sie an Ihr Meeting mit Kate denken und nicht an etwas … anderes.“

Er starrte sie an. „Ist das die berühmte texanische Gastfreundschaft?“

„Nein. Das ist bloß ein gut gemeinter Ratschlag.“ Sie wandte sich ab. „Viel Glück bei Ihrem Vorstellungsgespräch.“ Mit diesen Worten machte sie auf dem Absatz kehrt, eilte die Stufen hinunter und verfiel beinahe ins Rennen, während sie über die Rasenfläche auf das Gästehaus zustrebte.

Nur schnell weg von Amersen Beaudin und seinen lächerlich blauen Augen. Mit ein wenig Glück würde sie ihm nie wieder begegnen.

Denk bloß nicht, der Mann sei sexy.

Niemals.

Aber genau das tat sie. Und das bedeutete Ärger.

2. KAPITEL

Vorstellungsgespräch?!

Amersen rätselte noch immer, ob sie mit diesem Begriff richtiggelegen hatte, als er kurz darauf ins Haupthaus gebeten wurde. Eine füllige Haushälterin um die sechzig öffnete ihm die Tür und geleitete ihn in die Halle. Das Haus war großzügig angelegt, mit einem imposanten weiten Treppenaufgang, einem Boden aus polierten Edelhölzern und geschmackvollen, verzierten Möbelstücken.

Die meisten Menschen wären von derlei Reichtum eingeschüchtert gewesen, doch Amersen war es inzwischen gewohnt. Er nahm alles mit wachem Blick auf und versuchte, dabei nicht an die Zurückweisung zu denken, die ihm gerade eine namenlose Gartengöttin beschert hatte.

Das Hausmädchen öffnete die Tür zum Wohnzimmer, beschrieb eine einladende Geste und ließ Amersen eintreten. Dort wartete Kate Fortune auf ihn.

Trotz ihres hohen Alters war sie eine beeindruckende Erscheinung. Sie war hochgewachsen, hielt sich sehr gerade und sah ihm mit leicht gehobenen Augenbrauen entgegen.

Amersen trat näher und stellte sich vor. Die elegante ältere Lady stand neben dem Kamin, in einen maßgeschneiderten blassrosafarbenen Hosenanzug gekleidet, mit einer elfenbeinfarbenen Bluse und einer zierlichen Perlenkette um den Hals.

Ihre exakte Frisur und das dezente Make-up zeugten von unendlich gutem Geschmack, und ihre Haltung war die einer Dame, die in ihrem Leben einiges erreicht hatte.

In der Tat: Kate Fortune war genauso eindrucksvoll wie ihr Ruf. Auch davon ließ sich Amersen nicht einschüchtern, ganz im Gegenteil, er war sehr gespannt darauf, mit ihr zu reden – und sie dabei ein bisschen auszuhorchen.

„Sie haben richtig entschieden, den weiten Weg auf sich zu nehmen und herzukommen“, begrüßte sie ihn und hielt ihm die schmale langgliedrige Hand hin. „Ich nehme an, Sie hatten einen angenehmen Flug?“

Amersen nickte und schüttelte ihre Hand. „Ja, vielen Dank. Es war sehr umsichtig von Ihnen, Ihren Privatjet zu schicken.“

Sie hob die schmalen Schultern und vollführte eine kleine Handbewegung, als sei diese Geste der Gastfreundschaft nicht weiter der Rede wert. „Möchten Sie die Unterhaltung lieber auf Französisch führen?“

Seine Neugier war geweckt. „Sie sprechen Französisch, Ms. Fortune?“

„Ein wenig“, sagte sie bescheiden. „Und bitte, nennen Sie mich Kate.“

Er nickte. „Ich spreche sehr gerne Englisch.“

Ein leichtes Lächeln glitt über ihre Lippen, dann winkte sie ihn zu einem der ausladenden Sofas. „Sie beherrschen die Sprache außergewöhnlich gut. Sie haben einige Jahre in Cambridge Betriebswirtschaft studiert, nicht wahr?“

Amersen hob die Brauen und nahm ihr gegenüber Platz. „Sie haben Ihre Hausaufgaben erledigt, wie ich sehe.“

Autor

Helen Lacey

Als Helen Lacey ein kleines Mädchen war, gehörten „Black Beauty“ und „Unsere kleine Farm“ zu ihren Lieblingsbüchern. Diese Klassiker haben sie im Alter von sieben Jahren dazu inspiriert, ihr erstes Buch zu schreiben – eine Geschichte über ein Mädchen und sein Pferd.

Heute genießt Helen Lacey es, für Harlequin zu...

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