Riskante Küsse, wilde Leidenschaft

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Rodeoreiter Houston Calloway liebt das Risiko, und er liebt es zu gewinnen. Ausgerechnet die widerspenstige Jill zu erobern, ist sein größter Sieg. Aber Jill schenkt ihm nicht nur ihre Unschuld. Sie fordert ihn auch zu einer Entscheidung heraus, die alles verändert …


  • Erscheinungstag 23.02.2023
  • ISBN / Artikelnummer 9783751521581
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Der Mann, der durch das Erste-Hilfe-Zelt auf sie zukam, war groß und unglaublich gut aussehend. Er trug einen schwarzen Cowboyhut, den er tief ins Gesicht gezogen hatte.

Als medizinische Betreuerin hatte Jill keinen Blick für seinen selbstbewussten Gang, den Dreitagebart und seine überdurchschnittliche Größe. Sie bemerkte den Riss in seiner abgenutzten Jeans und dass er mit der rechten Hand sein linkes Handgelenk umfasste. Außerdem erkannte sie den Schmerz in Houston Calloways braunen Augen.

Sie hatte ihn bereits mehrmals behandelt, denn der beliebte Rodeo-Star hatte bei unzähligen Meisterschaften im Bullenreiten Trophäen gewonnen und dabei beinahe genauso viele Gehirnerschütterungen erlitten. Leider war er ein etwas anstrengender Patient.

„Was ist es dieses Mal, Mr. Calloway?“

Unaufgefordert setzte er sich auf den Untersuchungstisch ihr gegenüber. „Ich habe mich mit der linken Hand im Seil verfangen und dabei ein Horn ins Bein gekriegt. Aber ich habe bis zum Summton durchgehalten.“

„Sind Sie Rechtshänder?“, wollte Jill wissen und stand auf.

„Ja.“

„Das ist gut. Kann es sein, dass Sie wieder auf den Kopf gefallen sind?“

Houston lächelte sie schief an. „Diesmal nicht.“

„Das ist ja ganz was Neues. Sind Sie sicher?“

„Ja.“

Zweifelnd sah Jill ihn an und streckte ihren Zeigefinger in die Luft. „Folgen Sie mit den Augen meinem Finger, ohne den Kopf zu bewegen.“

Er warf ihr einen mürrischen Blick zu. „Ich habe Ihnen doch gesagt, ich bin nicht auf den Kopf gefallen. Ich bin auf den Füßen gelandet.“

Resigniert senkte Jill den Kopf, sah ihn jedoch weiterhin unverwandt an. „Na gut. Aber ich werde Sie im Auge behalten, denn ich habe Sie bereits zwei Mal wegen Gehirnerschütterung behandelt, und wer weiß, wie oft Sie vorher schon eine hatten.“

„Wieso versuchen Sie eigentlich immer, mir auf die Nerven zu gehen, Jilly?“

Nur ein Mensch hatte sie so nennen dürfen, und Jill hatte den Verlust dieser besonderen Person bis heute nicht verarbeitet. Sie bemühte sich jedoch, gelassen zu klingen.

„Wieso versuchen Sie immer wieder, mich mit diesem Jilly-Ding auf die Palme zu bringen?“

Houston legte den Kopf schief und betrachtete sie eingehend. „Der Name passt besser zu Ihnen.“

„Er gefällt mir aber nicht.“

„Wäre es fairer, wenn Sie mich auch bei meinem Spitznamen nennen dürften?“, fragte er sie mit breitem Grinsen.

„Bisschen übertrieben selbstbewusst, oder?“

„‚Übertrieben selbstbewusster Calloway‘“, erwiderte Houston betont langsam und strich sich dabei mit der Hand über das stoppelige Kinn. „Klingt gut, aber es ist zu lang. Ich dachte da eher an ‚gut aussehender Calloway‘.“

Nun reichte es Jill. „Wie wär’s mit ‚verrückter Calloway‘?“, konterte sie bissig.

„So wurde ich schon öfter genannt. Was halten Sie von ‚charmant‘?“

Wenn sie ihm nicht sofort Einhalt gebot, würde das den ganzen Abend so weitergehen. Entschlossen drehte Jill sich um und zog ein paar Einweghandschuhe an, ehe sie an den Behandlungstisch trat.

Sorgfältig inspizierte sie Houstons Bein. „Sie haben Glück gehabt, die Wunde ist nur oberflächlich. Lassen Sie mal Ihr Handgelenk sehen.“

„Vermutlich ist es nur verstaucht“, erklärte Houston und hielt ihr vorsichtig den Arm hin.

Als Jill mit dem Zeigefinger auf die weiche Stelle neben Houstons Daumen drückte, stöhnte er vor Schmerz auf.

„Ich sage es ja nur ungern, aber meiner Meinung nach ist das ein Kahnbeinbruch. Das muss dringend geröntgt werden.“

„Ich habe keine Zeit für einen Bruch.“

Jill zuckte mit den Achseln. „Leider werden Sie sich die Zeit dafür nehmen müssen, wenn sich meine Diagnose bestätigt.“

Stirnrunzelnd sah Houston sie an. „Wie viel Zeit?“

„Das kann nur ein Arzt entscheiden“, erwiderte sie und riss eine Verbandspackung auf.

„Ungefähr?“, wollte Houston wissen. Jill hörte an seiner Stimme, dass er die Zähne zusammenbiss, während sie den Schnitt an seinem Bein versorgte.

„Im besten Fall drei Monate, im schlechtesten sechs.“

Völlig entgeistert starrte er sie an. „Dann kann ich die Endausscheidung im Dezember vergessen.“

Die Meisterschaften waren für die meisten Cowboys das Wichtigste, auch wenn sie verletzt waren. „Wenn Sie sich nicht behandeln lassen, könnte es noch komplizierter werden.“

„Noch komplizierter kann es gar nicht werden“, meinte er seufzend.

Der Kerl hatte keine Ahnung. „Wenn Sie wieder reiten, ehe der Bruch ganz verheilt ist, könnte das zu einem Sehnenriss führen.“

„Es ist meine linke Hand. Die muss ich nur über den Kopf heben, um das Gleichgewicht zu halten.“

„Aber wenn Sie das Gleichgewicht verlieren, könnten Sie auf die Hand fallen, und das wäre alles andere als gut.“

Resigniert rieb er sich mit dem Unterarm über die Stirn. „Nichts davon ist gut.“

„Das stimmt, aber dieses Risiko nehmen Sie in Kauf, wenn Sie auf ein tobendes Tier steigen. Gibt es jemanden, der Sie zum Röntgen fahren kann?“

„Mein Bruder Tyler hat sich mit einer seiner Exfreundinnen aus dem Staub gemacht.“

Jill hatte Tyler ein oder zwei Mal behandelt, aber im Gegensatz zu seinem älteren Bruder war er immer höflich und zuvorkommend gewesen. „Ich bin sicher, wenn Sie ihn anrufen …“

„Das habe ich versucht, da geht nur die Mailbox ran.“

„Aber einer Ihrer Rodeo-Kumpels würde Sie doch sicher hinbringen, oder?“

Stöhnend glitt er vom Behandlungstisch herunter. „Ich war der letzte Reiter, die anderen sind also vermutlich alle weg. Ich hätte auch abhauen und zu meinem Arzt zu Hause gehen können.“

In diesem Moment fiel ihr ein neuer Name für ihn ein: „dummer Calloway“. „Von Fort Worth bis in den Süden von Texas ist es weit, und es ist niemals gut, eine Behandlung hinauszuzögern.“

„Mein Flugzeug kann in zwei Stunden hier sein, dann ist das Problem gelöst.“

Nicht ganz. „Klar, und wenn Sie Durchblutungsprobleme bekommen, können die ihnen dort gleich eine Handprothese anpassen.“

„Okay, dann rufe ich wohl lieber ein Taxi und bringe es hinter mich, obwohl ich mir sicher bin, dass das reine Zeitverschwendung ist.“

Irgendwie glaubte Jill nicht, dass er ins Krankenhaus fahren würde. „Hören Sie, ein paar hundert Meter von hier ist eine Notaufnahme. Dort geht es normalerweise ziemlich schnell. Ich kann Sie dorthin und anschließend zu Ihrem Hotel bringen, wenn Sie wollen.“

Er schien völlig perplex zu sein. „Wieso wollen Sie das für mich tun?“

„So weiß ich wenigstens, dass Sie wirklich hingehen.“

„Wartet denn zu Hause niemand auf Sie?“

„Nein. Heute Abend habe ich nichts anderes vor, als irgendwo was zu essen zu holen und es mir in meinem Motelzimmer gemütlich zu machen.“ Was für ein erbärmliches Leben. „Wenn Sie wollen, gehen wir, sobald ich hier fertig bin.“

Houston dachte einen Moment darüber nach, ehe er sie aufrichtig anlächelte. „Gut, wenn Sie das für mich tun, lade ich Sie zum Frühstück ein, denn vor morgen früh werden wir nicht fertig sein.“

Jill hoffte inständig, dass sich das nicht bewahrheiten würde. Die Vorstellung, die Nacht mit einem schlecht gelaunten Cowboy in der Notaufnahme eines Krankenhauses zu verbringen, klang nicht sehr verheißungsvoll.

Um fünf Uhr morgens konnten Houston und Jill die Notaufnahme verlassen. Während er ihr zum Auto folgte, stellte er fest, dass sie einen äußerst knackigen Hintern hatte.

Mann, Calloway, reiß dich zusammen.

„Wohin jetzt?“, fragte Jill, nachdem sie eingestiegen waren und Jill den Motor angelassen hatte.

„Wir brauchen was zu essen.“

„Ich bin viel zu müde zum Essen.“

„Ich könnte eine ganze Kuh verdrücken. Außerdem habe ich Ihnen ein Frühstück versprochen.“

„Können wir das nicht später machen?“

Aus einem unerfindlichen Grund wollte Houston noch mehr Zeit mit ihr verbringen. „Ich weiß, dass Sie es gar nicht erwarten können, mir zu sagen, dass Sie recht hatten. Das können Sie genauso gut bei einer Tasse Kaffee tun.“

Jill seufzte. „Ich habe in den letzten Stunden mindestens vier Tassen Kaffee getrunken.“

„Dann werden Sie sicher noch nicht schlafen können.“

Langsam wandte sie sich zu ihm um. „Sie sind der hartnäckigste Mann, den ich kenne.“

„Hartnäckigkeit macht sich meistens bezahlt.“ Houston versuchte, sie überzeugend anzulächeln. „Kommen Sie, gehen Sie mit mir frühstücken. Ich verspreche, dass ich schnell essen und wenig reden werde.“

„Okay. Wir können in das Lokal neben meinem Motel gehen.“ Mit diesen Worten legte sie den Rückwärtsgang ein und fuhr aus der Parklücke.

„In welchem Motel übernachten Sie?“

„Dort, wo alle vom Rodeo übernachten.“

„Im Buckout Inn?“

„Genau.“

Was? Sie hatte sich in dem Schuppen, wo all die ungehobelten Cowboys übernachteten, ein Zimmer genommen? „Dort übernachte ich auch.“

„Ach, keine Vier-Sterne-Penthouse-Suite?“, fragte Jill sichtlich erstaunt.

Seufzend streckte er die Beine aus, so weit es in dem engen Auto ging. „Nein, ich bin eher ein bodenständiger Typ.“

„Ein bodenständiger Typ mit einem Privatjet.“ Jill lächelte spöttisch.

„Das Flugzeug gehört im Grunde genommen der Ranch. Ich benutze es nur ab und zu.“

Sie musterte ihn skeptisch, sagte aber nichts.

Während sie schweigend durch die dunklen Straßen fuhren, sah Houston sie immer wieder verstohlen von der Seite an, wobei ihm auffiel, wie gut sie die weiße Bluse ausfüllte, auf der genau über der Brust ihr Name gedruckt stand. Sie hatte schöne volle Brüste.

Sofort zwang er sich, auf die Straße zu blicken, denn wenn sie ihn dabei erwischte, wie er ihr auf die Brüste starrte, würde sie ihn sicher sofort aus dem Wagen werfen. Und sich ein Taxi zu nehmen, darauf hatte er ganz und gar keine Lust.

Ein paar Minuten später trafen sie in dem menschenleeren Lokal ein und setzten sich an einen Tisch in der Nähe des Fensters. Houston warf einen Blick auf die Speisekarte, und Jill sah auf ihr Handy.

„Ich komme gleich wieder“, sagte sie plötzlich, nahm ihre Handtasche und erhob sich.

Entweder würde sie wieder ins Auto steigen und davonfahren, oder sie musste jemanden anrufen. „Soll ich was für Sie bestellen?“, fragte er schnell.

„Einen Orangensaft, bitte“, rief sie, ohne sich noch einmal umzudrehen.

Also doch ein Anruf, dachte er beruhigt. Er wusste zwar nicht genau, was es war, aber irgendetwas an Jill Amherst faszinierte ihn, und er hoffte, nach dem Frühstück besser zu wissen, was ihn an ihr so reizte. Aber zuerst musste er seinen Bruder Dallas anrufen.

„Was willst du um diese Zeit?“, brummte der.

„Du stehst doch immer schon um fünf auf.“

„Ja, aber Luke hat uns bis um zwei auf Trab gehalten.“

„Tut mir leid, aber es ist ziemlich wichtig. Ich hatte gestern Abend einen Unfall und …“

„Bist du wieder auf den Kopf gefallen?“, unterbrach ihn Dallas sofort.

„Nein, aber ich habe mir die Hand gebrochen, ich werde also die nächsten paar Monate kaum etwas tun können. Da ich nicht weiß, wo Tyler sich rumtreibt, musst du mir heute Nachmittag das Flugzeug schicken.“

„Okay, aber die Fahrt zum Flughafen musst du selbst organisieren. Dich hier auf der Ranch zu haben ist zwar einerseits gut, aber mit einer Hand nützt du mir nicht viel.“

Houston wollte gerade entgegnen, dass er mit einer Hand mehr tun könne als manch andere mit zweien, beschloss aber, nichts zu sagen. „Es ist die linke Hand, da kann ich schon noch was tun.“

„Das will ich doch schwer hoffen. Wo du gerade anrufst, ich muss mit dir über Forts neueste Forderungen reden.“

Houston hatte keine Energie, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. „Hat das noch Zeit? Ich frühstücke gerade mit jemandem, und sie kommt jeden Augenblick zurück.“

„Wenn du mit einer Frau zusammen bist, kann es dir ja nicht so schlecht gehen.“

„Sie ist keine Frau.“ Mist, das klang merkwürdig. „Ich meine, es ist keine Verabredung. Sie ist die medizinische Betreuerin vom Rodeo und war mit mir in der Notaufnahme.“

„Ach ja? Wie alt ist sie denn?“

„Wieso ist das wichtig?“

„Hat sie Erfahrung?“

„Das könnte man so sagen.“

„Frag sie, ob sie sich vorstellen könnte, hier zu arbeiten.“

Der Schlafmangel hatte sich bei seinem Bruder eindeutig auf den Verstand ausgewirkt. „Du weißt doch gar nichts über sie.“

„Ich bin im Moment ziemlich verzweifelt auf der Suche nach jemandem. Medizinische Betreuer sind sehr gefragt, und in unserer Gegend gibt es nicht viele. Zumindest keine, die bereit sind, hier rauszuziehen.“

Gerade als Houston seinem Bruder klarmachen wollte, dass Jill für den Job vermutlich nicht die Richtige war, fiel ihm ein, dass es vielleicht gar nicht so schlecht wäre, wenn sie auf der Ranch arbeiten würde. Zumindest wäre er dann nicht ihr Patient und auch nicht ihr Boss. „Ich frage sie mal, aber mach dir keine allzu großen Hoffnungen. Sie scheint mit ihrer derzeitigen Arbeit ganz zufrieden zu sein.“

„Okay, ich verlasse mich auf deine Überzeugungskraft, was nicht heißen soll, dass du sie verführen sollst. Ich schicke dir das Flugzeug gegen vier.“

Ehe Houston noch etwas erwidern konnte, hatte Dallas bereits aufgelegt. Im selben Moment trat auch Jill wieder an den Tisch. Sie trug inzwischen eine Brille.

„Tut mir leid, aber meine Kontaktlinsen haben total gebrannt. Ich musste sie rausnehmen.“

„Die Brille steht Ihnen gut.“ Ja, damit sah Jill richtig sexy aus.

Sie lachte kurz auf. „Ach ja? Es gibt doch dieses alte Sprichwort, dass Männer Frauen mit Brille nie attraktiv finden.“

„Alte Sprichwörter gehören nicht zu meinem sprachlichen Repertoire.“

„‚Sprachliches Repertoire‘? Ich bin beeindruckt.“

Lächelnd lehnte Houston sich vor. „Ich sehe vielleicht aus wie ein Bauerndepp, aber ich steige nicht bloß auf störrische Bullen. Ich habe ein Diplom in Wirtschaftswissenschaften, und im Nebenfach habe ich Marketing studiert.“

„Echt? Das kommt ja sicher all den Werbeanzeigen für Energy Drinks mit ihrem Lächeln drauf zugute.“

Verdammt, das Letzte, was er wollte, war, über diese blöden Anzeigen nachzudenken. Und er wollte erst recht nicht darüber reden. „Die haben mir ein Angebot gemacht, das ich nicht ausschlagen konnte.“

„Davon können Sie sich sicher den Privatjet leisten“, sagte sie, während sie die Speisekarte studierte. Wenigstens lächelte sie bei ihren Worten.

„Ja, den und die Pferde und die Startgebühren.“

Endlich legte sie die Speisekarte beiseite und sah ihn an. „Diese Startgebühren sind recht hoch, besonders für die Cowboys, die gerade erst anfangen. Ich weiß nicht, wie sie es schaffen, die Rodeos zu reiten und gleichzeitig eine Familie zu ernähren.“

Seufzend lehnte er sich zurück. „Ich habe bereits vor langer Zeit gemerkt, dass sich Frau und Kinder nicht mit dem Leben als Rodeoreiter vereinbaren lassen. Ich habe in den letzten fünfzehn Jahren viele Beziehungen auseinandergehen sehen.“

„Das glaube ich, und bestimmt haben Sie sich deshalb gegen ein Leben mit Familie entschieden.“

„Da könnten Sie recht haben.“ Zumindest zum Teil. Um ehrlich zu sein, hatte er noch nie eine Frau kennengelernt, mit der er den Rest seines Lebens hätte verbringen wollen.

Ein junges Mädchen mit blondem Pferdeschwanz trat an ihren Tisch, stellte zwei Gläser mit Wasser vor sie hin und gähnte. „Tut mir leid. Es war ein langer Abend gestern, und ich studiere nebenbei.“

Verständnisvoll sah Jill das Mädchen an. „Das kenne ich. Als ich auf dem College war, habe ich auch nebenher als Kellnerin gearbeitet.“

Die Kellnerin lächelte Jill dankbar an. „Was darf ich Ihnen bringen?“

„Ich hätte gerne Toast und ein Glas Milch. Und etwas Honig, bitte“, sagte Jill.

Houston runzelte die Stirn. „Das ist alles? Denken Sie dran, ich lade Sie ein.“

„Ich bin eine preiswerte Verabredung.“ Jill lachte und errötete leicht, als sie der Kellnerin die Speisekarte reichte. „Nicht, dass das hier eine Verabredung wäre“, fügte sie schnell hinzu. „Und ich bin nicht preiswert, ich habe nur keinen Hunger.“

„Da bin ich froh, dass Sie das klargestellt haben“, sagte Houston grinsend und wandte sich dem jungen Mädchen zu. „Für mich bitte ein Western-Omelett und Pfannkuchen. Und wenn es nicht zu viel Mühe ist …“, er warf einen Blick auf ihr Namensschild, „… Ashley, bitte eine Kanne Kaffee. Die werde ich nämlich brauchen.“

Die Kellnerin lächelte freundlich. „Kein Problem, die bringe ich Ihnen gleich.“

„Ich hoffe, ich langweile Sie nicht so sehr, dass Sie eine ganze Kanne Kaffee brauchen, um wach zu bleiben“, bemerkte Jill, als die Bedienung verschwunden war.

Ganz im Gegenteil. An ihrem Mund, ihren Augen und daran, wie sie ihren Finger über den Rand ihres Wasserglases gleiten ließ, war ganz und gar nichts Langweiliges. Auch die schmutzigen Gedanken, die diese Bewegung in ihm wachrief, hatten absolut nichts Langweiliges an sich. „Sie langweilen mich nicht im Geringsten. Ich habe in der kurzen Zeit, die wir zusammen verbracht haben, viel über Sie erfahren.“

Sie stützte sich mit den Ellbogen auf dem Tisch ab und legte die Hand an ihre Wange. Erwartungsvoll sah sie ihn an. „Was denn zum Beispiel?“

„Sie mögen keine Spitznamen. Sie essen so viel wie ein Spatz, und Sie haben schon mal als Kellnerin gearbeitet.“

„Ja, ich habe als Getränkekellnerin in einer Spielbank gearbeitet.“

Damit hatte Houston nicht gerechnet. „Wo denn?“

„In Las Vegas, wo denn sonst? Dort bin ich auch auf Sportmedizin für Rodeoreiter gebracht worden. Ich habe ein Praktikum bei der Firma gemacht, bei der ich jetzt arbeite. Nach meinem Abschluss hab ich dort einen Job als medizinische Betreuerin bekommen.“

Diese Frau überraschte ihn immer mehr. „Nur damit ich das richtig verstehe: Sie hatten keine finanzielle Unterstützung fürs College und haben sich als Getränkekellnerin in einem Kasino über Wasser gehalten?“

„Ja. Ich habe dort viel verdient. Allerdings wurde ich jeden Abend angegraben. Das war nicht so toll, aber ich musste schließlich überleben.“

Der Gedanke, dass irgendwelche Betrunkenen sie angegrabscht hatten, gefiel ihm gar nicht. Aber wieso hatten ihre Eltern ihr nicht unter die Arme gegriffen? Das konnte er sie schlecht fragen. „Das war ganz schön mutig, Jill. Ich hatte ja keine Ahnung, dass man als Getränkekellnerin so viel verdienen kann. Wie viel war es denn so?“

Jill runzelte die Stirn. „Na ja, im Jahr waren es um die fünfzig Riesen.“

„Besonders während der Rodeo-Meisterschaften war es sicher schwierig für Sie, sich die Männer vom Leib zu halten.“

„Die Kerle wollten allein wegen meiner Brille nichts von mir“, erwiderte sie lachend.

Houston hätte das ganz sicher nicht abgehalten und die meisten der Jungs, die er kannte, auch nicht. „Ich gratuliere Ihnen zu Ihrem Einfallsreichtum und danke, dass ich Sie noch besser kennenlernen durfte.“

„Na ja, ich kenne Sie ja auch schon ein bisschen besser.“

„Ach ja?“

„Ja, Sie wollen, dass die Leute wissen, dass Sie mehr sind als ein einfacher Rodeoreiter. Sie mögen die feinen Dinge im Leben, aber Sie spielen Ihren Wohlstand herunter. Sie essen so viel wie ein Bauarbeiter und, was am wichtigsten ist, Sie sind ein unverbesserlicher Charmeur und flirten gerne.“

Sie hatte ihn durchschaut. „Stimmt überhaupt nicht.“

„Doch. Ich habe gesehen, wie Sie die arme, völlig erschöpfte Kellnerin mit einem Augenzwinkern und einem Lächeln bezirzt haben.“

„Ich habe ihr nicht zugezwinkert“, widersprach Houston sofort. „Nur angelächelt habe ich sie. Und das ist meiner Meinung nach kein Flirten. Ich war höflich, so wie meine Mutter es mir beigebracht hat.“

Abwehrend hob Jill die Hände. „Hey, ich habe ja nicht gesagt, dass das eine schlechte Angewohnheit ist. Es scheint Ihre zweite Natur zu sein. Und Sie können sich offensichtlich auch zurückhalten, denn bei mir haben Sie es noch nicht versucht.“

Wollte sie, dass er mit ihr flirtete? „Hätte es denn funktioniert?“

„Auf gar keinen Fall.“

War ja klar. „Sie haben mich bisher nur in Ausnahmesituationen erlebt. Wenn ich verletzt war.“

„Und schlecht gelaunt.“

Houston grinste. „‚Schlecht gelaunter Calloway‘. Das ist bisher der beste Spitzname.“

Darüber mussten sie beide lachen. Nachdem Ashley ihnen kurz darauf das Essen und den Kaffee gebracht hatte, knabberte Jill lustlos an ihrem Toast herum. Houston verschlang sein Omelett und machte sich anschließend über die Pfannkuchen her. Als er den letzten Bissen verdrückt hatte und zu Jill hinübersah, blickte sie ihn amüsiert an.

Er richtete sich auf und schob den Teller weg. „Das habe ich gebraucht.“

„Das war also kein Scherz, als Sie sagten, Sie würden schnell essen.“

Mit der Zunge fuhr sie sich über die Lippen, und er konnte sich auf einmal nur noch schwer auf das Gespräch konzentrieren. „Sie sagen sicher gleich, dass das nicht gut für die Verdauung ist.“

„Nein, ich wollte sagen, dass ich mich für Sie freue, dass es Ihnen geschmeckt hat.“

Noch immer konnte er den Blick kaum von ihren verführerischen Lippen abwenden. Ihm gefielen Frauen, die einen schönen Mund hatten. Auch ihre Stupsnase und die beiden Grübchen in ihren Wangen und ihre wunderschönen grünen Augen, die ihn durch die Brille hindurch intensiv ansahen, gefielen ihm. „Es gibt nichts Besseres als gutes Essen in guter Gesellschaft.“

Er ertappte sich auf einmal dabei, dass er sie am liebsten geküsst hätte. Was war denn auf einmal los mit ihm?

„Ich wette, ich weiß genau, was Sie denken, Houston Calloway.“

Konnte sie etwas Gedanken lesen? „Was denn?“

„Sie blasen Trübsal, weil Sie verletzt sind.“

Puh, Glück gehabt, sie hatte ihn nicht durchschaut. „Na ja, ich hatte schon schlimmere Verletzungen. Dallas wird froh sein, wenn ich ihm mit seinem neuen Rodeo-Resort helfe, obwohl ich nicht so recht weiß, was ich mit einer Hand tun soll.“

„Ich bin sicher, dass Sie da bestimmt improvisieren können.“

Bei ihrem Anblick fielen ihm ganz andere Dinge ein, bei denen er um einiges lieber improvisiert hätte. In Gedanken hörte er die Stimme seiner Mutter, die ihn ermahnte, eine Frau niemals respektlos zu behandeln. Leider hatte er in seinem Leben diesen Rat nicht immer befolgt. Zu oft hatte er Frauen angelogen und betrogen. Aber daran wollte er nun nicht denken. „Sie haben recht, ich werde das hinkriegen.“

Sie tupfte sich mit der Serviette den Mund ab. „Was genau werden Sie im Rodeo-Resort Ihres Bruders machen?“

„Das Ganze heißt Texas Extreme, und ich werde den Leuten das Bullenreiten beibringen, sobald mir das Ding hier abgenommen wird“, erklärte er und zeigte auf den Gips.

„Und wann startet dieses Unternehmen?“, fragte sie interessiert und schob ihren Teller zur Seite.

„Eigentlich wollten wir nächsten Monat loslegen, aber vermutlich wird es erst im Januar so weit sein. Wie immer bei großen Projekten gibt es Verzögerungen, und die Kosten sind auch immer höher als zunächst erwartet.“

Autor

Kristi Gold
In ihrer Jugend hatte Kristi Gold keine Neigung zum Schreiben. Ab dem Alter von 6 Jahren, war ihre große Leidenschaft das Ballet. Bis sie 13 Jahre alt war, nahm sie 4 Tage die Woche Unterricht. Manchmal zwei oder drei Stunden am Tag. Der normale Schulalltag, Mitglied im Kirchenchor und Cheerleader...
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