Romana Exklusiv Band 183

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HAND IN HAND AUF DEN BAHAMAS von MCALLISTER, ANNE
Während der Flitterwochen werden sich die Gefühle schon einstellen! Sierra setzt alle Hoffnung auf diese Reise mit Dominic. Denn auch wenn der kühle Unternehmer sie nur auf Druck seines Vaters hin geheiratet hat: Die eine wundervolle Nacht mit ihm wird sie nie vergessen.

ZUM FRÜHSTÜCK SÜSSE KÜSSE von VAN DER ZEE, KAREN
Auf einer Insel in der Karibik Fotos machen, zusammen mit dem attraktiven Dave - für die blonde Naturfotografin Sky geht ein Traum in Erfüllung. Tatsächlich folgen Tage voller Zauber und Nächte voller Leidenschaft. Bis ein einziger Anruf alles zu zerstören droht …

VERLIEBT, PRINZESSIN? von PARV, VALERIE
Manchmal muss Prinzessin Adrienne einfach ausbrechen und sich heimlich unters Inselvolk mischen. Kein Wunder, dass nicht einmal der weltgewandte Hugh Jordan sie erkennt. Nichts ahnend beginnt er, ihr den Hof zu machen - und Adrienne gefällt das ziemlich gut!


  • Erscheinungstag 13.02.2009
  • Bandnummer 183
  • ISBN / Artikelnummer 9783862956029
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Karen van der Zee, Anne McAllister, Valerie Parv

ROMANA EXKLUSIV, BAND 183

KAREN VAN DER ZEE

Zum Frühstück süsse Küsse

Die hübsche Naturfotografin Sky Malone muss sich verhört haben! Sie soll im Auftrag des Unternehmers Dave Montana in der Karibik Fotos machen? Unter seiner Aufsicht? Allein mit Dave auf einer romantischen Insel … Die Vorstellung ist alles andere als beruhigend. Denn dieser Mann bekommt immer, was er will. Und im Moment will er nur eins: Sky!

ANNE MCALLISTER

Hand in Hand auf den Bahamas

Seit der smarte Dominic vor Jahren vor dem Traualtar versetzt wurde, sind Beziehungen für ihn Tabu. Doch sein Vater verlangt von ihm, dass er heiratet. Und so bietet Dominic der flippigen Sierra eine halbe Million Dollar – und sie sagt „Ja“. Erst in den Flitterwochen auf den Bahamas beginnt Dominic zu spüren, wie richtig diese Entscheidung war …

VALERIE PARV

Verliebt,Prinzessin

Ein Wettritt auf den Mount Mayat soll endlich die Entscheidung bringen: Adrienne de Marigny, Prinzessin der südpazifischen Insel Nuee, setzt ihren besten Zuchthengst ein, während der attraktive Unternehmer Hugh Jordan seine Ländereien aufs Spiel setzt. Es ist ein gefährlicher Wettstreit, bei dem es in Wahrheit vor allem um zwei Herzen geht.

1. KAPITEL

Sky blickte verärgert drein, als sie und Sean vor dem alten Virginier Plantagenhaus parkten, in dem die Cocktailparty stattfinden sollte. Hätte sie Sean ihre beruflichen Pläne doch besser später unterbreitet! Sie war jedoch so aufgeregt gewesen, dass sie die Neuigkeiten nicht länger für sich behalten konnte. Dabei hatte sie gehofft, Sean würde sich für sie freuen. Das Gegenteil war der Fall gewesen.

„Wir reden später darüber“, sagte er jetzt geschäftsmäßig kühl, was Sky noch wütender machte. Schließlich war sie nicht eine seiner Angestellten, die er herumkommandieren konnte, wie es ihm passte. Sie führte ihr eigenes Leben, hatte ihre Träume und vor allem das Recht, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen.

Schweigend überquerten sie den hübsch angelegten Garten und betraten die große Veranda des beeindruckenden historischen Baus. Dieses Anwesen muss ein Vermögen wert sein, dachte Sky. Aber die Mitglieder der Montanagruppe waren ja allesamt steinreich, das hatte Sean zumindest gesagt.

Ein Butler führte sie durch ein mit Marmor gefliestes Foyer in einen großen Saal, wo die Party bereits in vollem Gange war. Elegant gekleidete Damen und Herren standen in kleinen Gruppen zusammen und unterhielten sich angeregt. Diamanten glitzerten an den Hälsen der Damen. Kellner schlängelten sich geschickt mit Tabletts durch die Menge und boten Drinks und Appetithäppchen an.

„Das ist er“, flüsterte Sean Sky zu. „Der Mann dort drüben, der sich gerade am Kinn reibt.“

Er sah genau so aus, wie Sky ihn sich vorgestellt hatte: groß, elegant, gebildet – und skrupellos. Zu einem dunklen Maßanzug trug er ein weißes Hemd, und seine strahlend grünen Augen blitzten, während er sich umschaute. Er hält Ausschau nach Beute, schoss es Sky unwillkürlich durch den Kopf.

Als Mitglied der Montanagruppe, einem Familienunternehmen, das Luxushotels und Touristenressorts auf der ganzen Welt besaß, strahlte er Macht und Reichtum aus. Heute sollte der Beginn eines weiteren Projekts der Montanagruppe gefeiert werden – der Bau einer riesigen Hotelanlage im equadorianischen Regenwald. Und genau das war Sky ein Dorn im Auge.

In diesem Moment schaute der Mann zu ihr herüber. Als sie seinen Blick erwiderte, verspürte sie ein derart erregendes Prickeln, dass sie erschrocken zusammenzuckte. Jetzt löste der Fremde sich von der Gruppe und ging direkt auf sie zu.

Höflich lächelnd wandte er sich an Sean. „Freut mich, dass Sie gekommen sind, Sean“, sagte er mit dunkler, rauer Stimme und einem leicht südlichen Akzent. Der Ausdruck seiner Augen blieb jedoch kalt.

Er mag Sean nicht, fuhr es Sky durch den Kopf, doch da reichte der Unbekannte ihr schon die Hand. „Mein Name ist Dave Montana. Freut mich, Sie kennenzulernen.“

Sky gab ihm die Hand, und ihr Herz pochte, als sie unverhohlenes Interesse in den Augen dieses Mannes las. Sein Haar war dunkelbraun, und seine Nase hatte eine kleine Unebenheit, so als sei sie einmal gebrochen worden. Das mochte sogar gut sein. Dave Montana war zweifellos jemand, der provozieren konnte. Was ist nur los mit mir?, fragte sich Sky nervös. So hatte sie noch nie auf einen Mann reagiert.

„Und ich heiße Sky Malone“, antwortete sie höflich und entzog ihm die Hand.

Überrascht zog Dave Montana die Brauen hoch. „Sky – ein interessanter Name.“

„Danke“, antwortete Sky. „Mir gefällt er auch.“

Dave Montana lächelte. „Darf ich Ihnen einen Drink anbieten?“

Sean nahm einen Scotch, und Sky entschied sich für Champagner. Mit dem Glas in der Hand schlenderte sie in einen kleinen Vorraum, in dem sich auf einem Tisch das Modell der auf Equador geplanten Hotelanlage befand. An den Wänden hingen Landkarten, Fotografien, Entwürfe und Zeichnungen.

Fünfundzwanzig Morgen ursprüngliches Land im Regenwald müssten für das Projekt gerodet werden, stellte Sky fest. Straßen würden gebaut, Wanderwege durch den Dschungel geschlagen und ein Bootsanlegeplatz am Fluss errichtet werden.

Nachdem Sky sich alles gründlich angeschaut hatte, ging sie wieder hinaus und suchte Sean. Sie entdeckte ihn bei zwei anderen Männern, und schien sich angeregt mit ihnen zu unterhalten.

Sean sah gut aus und hatte Charme. Vor zwei Monaten hatte Sky ihn kennengelernt und auf Anhieb gemocht. Nach ziemlich kurzer Zeit hatte sie allerdings festgestellt, dass er ein Mensch war, der andere gern manipulierte und kontrollierte, und das waren Charaktereigenschaften, die Sky ganz und gar nicht schätzte.

Als sie Sean während der Fahrt hierher eröffnet hatte, dass sie aus beruflichen Gründen nach Mexiko fliegen wolle, war er alles andere als begeistert gewesen.

„Was? Einen ganzen Monat willst du wegbleiben?“, hatte er sich beschwert.

„Ja.“

„Aber Sky, das kannst du doch nicht machen. Ich brauche dich.“

Eigentlich hätte Sky sich in diesem Moment geliebt und begehrt fühlen müssen, doch sie hatte nur Ärger und Zorn empfunden. Da sie jedoch keinen Streit hatte vom Zaun brechen wollen, hatte sie geschwiegen und versucht, sich zu beruhigen.

Sky blickte zu Sean hinüber. Er war herrschsüchtig und egoistisch und würde sie niemals verstehen. Ein schmerzliches Gefühl von Einsamkeit überkam Sky. Wieder einmal war sie an den falschen Mann geraten, und wieder musste sie ihre Träume und Pläne begraben.

Mit Josh war das ganz anders gewesen. Mit ihm hatte sie alles geteilt, sie hatten zusammen geträumt und ihre Zukunft geplant. Josh hatte Skys Arbeit mit der Kamera geschätzt, und Sky hatte seine schriftstellerischen Fähigkeiten bewundert.

Sie seufzte leise auf und trank noch einen Schluck Champagner. Ich bin erst siebenundzwanzig und habe jetzt schon das Gefühl, nie wieder einen Mann zu finden, der zu mir passt, dachte Sky frustriert. Ich werde allein und kinderlos bleiben und ein einsames, unerfülltes Leben führen.

Acht Jahre waren eine lange Zeit. Acht Jahre, in denen Sky sich schrecklich einsam gefühlt hatte. Keiner der Männer, die sie nach Joshs Tod kennengelernt hatte, hatte die Leere in ihrem Innern zu füllen vermocht. Sky hatte sich schon oft die Frage gestellt, ob es vielleicht auch an ihr selbst lag, dass sie immer Pech mit Männern hatte. Vielleicht fühlte sie sich aus irgendwelchen, ihr unerklärlichen Gründen immer zu den falschen hingezogen.

Der Lärm und die vielen Menschen nervten Sky. Deshalb ging sie hinaus in den Garten. Es war eine herrliche Frühlingsnacht mit Halbmond und klarem Sternenhimmel. Tief atmete Sky die kühle Luft ein. Kleine, im verborgenen aufgestellte Laternen tauchten den Garten in ein sanftes Licht und verliehen ihm eine romantische, märchenhafte Atmosphäre.

Hier draußen fühlte Sky sich erheblich wohler. Sie mochte keine Cocktailparties, und eine wie diese schon gar nicht. Die Gäste strahlten allesamt Reichtum und Macht aus, und Sky, die sich am liebsten in der Natur aufhielt, fand es im Haus irgendwie beklemmend.

Sky hatte Angst, sich danebenzubenehmen und etwas Falsches zu sagen. Das war ihr schon häufig passiert. Manchmal sprudelten die Gedanken nur so aus ihr heraus. Dabei machte sie unbedachte Äußerungen, die sie in peinliche Situationen brachten.

Plötzlich hörte sie Schritte hinter sich und drehte sich um. Als sie Dave Montana auf sich zukommen sah, spürte sie erneut dieses erregende Prickeln. Was ist nur los mit mir?, dachte sie verwirrt. Es gefiel ihr nicht, dass sie so stark auf diesen Mann reagierte.

„Schöner Abend, nicht wahr?“, begann Dave locker und trank einen Schluck aus seinem Glas.

„Ja“, erwiderte Sky zögernd.

„Haben Sie das Modell gesehen?“, erkundigte er sich.

„Ja.“

„Und was halten Sie davon?“

Sky hatte plötzlich das Gefühl, dass ihn ihre Meinung wirklich interessierte. Aber weshalb?, fragte sie sich im Stillen. Ich bin kein Sponsor und habe auch sonst nichts mit dem Projekt zu tun.

Sky zögerte mit der Antwort. Dave Montana war kein Mensch, der seine Zeit mit unnötigen Plaudereien verschwendete. Was sollte sie also sagen?

Er lächelte. „Na los, raus damit. Was halten Sie davon?“

Sky riss sich zusammen. „Also gut. Das Hotel ist sehr schön, und die ganze Anlage sieht vielversprechend aus.“

„Aber?“

„Kein Aber.“

Er lächelte. „Sie haben es zwar nicht ausgesprochen, aber es gibt ein ‚Aber‘. Ich sehe es Ihnen an. Das Projekt gefällt Ihnen nicht, hab ich recht?“

„Ich kenne weder die Einzelheiten noch die Umstände und war noch nie in Equador“, erwiderte Sky ausweichend. „Sie sehen, ich bin nicht ausreichend informiert, um meine Meinung zu äußern.“

Dave Montana lächelte erneut. „Das ist eine lobenswerte Einstellung. Aber eine Meinung haben Sie doch, oder?“

„Natürlich habe ich die.“ Sky ärgerte sich über die Art und Weise, wie Dave Montana mit ihr sprach. Offensichtlich wollte er sie provozieren. Nervös trank sie einen Schluck und wich seinem Blick aus.

„Also?“

Sky seufzte auf. Dieser Mann war unmöglich. „Um die Wahrheit zu sagen, Mr. Montana, ich halte nicht viel von diesem Projekt. Das Hotel ist sehr groß. Es werden viele Touristen kommen.“

„Sicher, das ist ja auch der Sinn der Sache. Mit einem solchen Hotel lässt sich viel Geld verdienen.“

Zorn stieg in Sky auf. Geld! Als wenn das eine Entschuldigung wäre. „Ich weiß“, erwiderte sie dennoch beherrscht. „Aber das ist es nicht, was mir Sorgen macht. Wissen Sie, ich finde es völlig in Ordnung, wenn man Geld verdienen will. Es kommt nur darauf an, wie man es tut, und vor allem, auf wessen Kosten.“

Dave blickte Sky einen Moment nachdenklich an. „Und Sie bezweifeln, dass man mit diesem Projekt verantwortungsvoll Geld verdienen kann?“

Fest erwiderte sie seinen Blick.„Genau. Wenn ich richtig verstanden habe, soll das Hotel mitten im Regenwald gebaut werden. Aus den Fotos und dem anthropologischen Informationsmaterial an der Wand kann man ersehen, dass die Eingeborenen dort noch ganz ursprünglich leben und mit der Zivilisation bisher so gut wie keinen Kontakt hatten. Viele reiche Touristen in eine solche Gegend zu verfrachten, ist unverantwortlich.“

„Regenwälder sind heutzutage große Touristenattraktionen“, gab Dave Montana zu bedenken.

„Ich weiß.“ Sky hatte Mühe, ihren Unmut zu verbergen. „Aber ein Hotel voller Leuten mit Fotoapparaten und Videokameras wird einen erheblichen Einfluss auf diese Eingeborenen haben, und bestimmt keinen positiven.“

Sie holte tief Luft. Nun war ihr alles gleich. Sie musste diesem Dave Montana ihre Meinung sagen. „Überall auf der Welt kann man sehen, welchen Schaden Touristen anrichten“, ereiferte sie sich. „In Kenia zum Beispiel ist das natürliche Gleichgewicht der Tierwelt gestört, weil zu viele Touristen sie aus ihrem Lebensrhythmus reißen. Tropische Riffe werden zerstört, und ganze Fischarten sterben aus, weil es zu viele Taucher gibt. Wir löschen alte Kulturen aus, indem wir deren Vertretern die Freuden der modernen Zivilisation schmackhaft machen!“

Sky schwieg und atmete tief durch. Umweltschutz hatte ihr schon immer sehr am Herzen gelegen, doch sie wollte nicht, dass Dave Montana sie für eine Fanatikerin hielt.

„Das ist ja alles schön und gut, aber man kann den Fortschritt nicht aufhalten, meinen Sie nicht auch?“

„Es gibt verschiedene Arten von Fortschritt“, beharrte Sky. „Und alles, was ich bisher von Ihrem Projekt gesehen und gehört habe, bestätigt mich in meiner Meinung, dass es sich hierbei nur um eine unverantwortliche Sache handeln kann.“ Herausfordernd sah sie Dave an. „Und ich bin sicher, dass ich nicht die Einzige bin, die diesbezüglich schon Bedenken geäußert hat.“

Dave zog die Augenbrauen hoch. „Nein, das sind Sie ganz bestimmt nicht.“ Er wies auf das Haus. „Allerdings ist heute keiner meiner Kontrahenten anwesend, und deshalb schlage ich vor, dass Sie Ihre Meinung besser für sich behalten.“

„Ich hätte sie ja für mich behalten, aber Sie wollten sie ja unbedingt hören“, gab Sky schnippisch zurück.

Dave lächelte. „Eins zu null für Sie. Aber jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich muss mich noch um meine anderen Gäste kümmern. Genießen Sie den herrlichen Abend.“

Versonnen sah Sky Dave nach. Hatte sie ihn verärgert? Sie wusste es nicht, aber es war ihr auch gleichgültig, oder nicht? Er hatte sie nach ihrer Meinung gefragt, und sie hatte sie ihm gesagt.

„Genießen Sie den herrlichen Abend“, hatte er gemeint. Sky verspürte keine große Lust, sich mit Leuten zu unterhalten, die die Natur zerstörten, nur um noch ein bisschen reicher zu werden, als sie es ohnehin schon waren.

Tief atmete Sky durch und betrachtete den schönen Garten, doch ihre Ruhe hielt nicht lange an. Wenige Minuten, nachdem Dave im Haus verschwunden war, kam Sean nach draußen. Er legte seinen Arm besitzergreifend um Skys Schultern, und sie versteifte sich unwillkürlich. Zum ersten Mal reagierte sie so auf ihn, und sie wusste, was das bedeutete. Es war vorbei. Sie liebte Sean nicht, sie konnte es einfach nicht.

„Ich habe dich gesucht“, erklärte er und küsste sie auf die Wange. „Nette Party, nicht? Was machst du denn hier draußen?“

„Ich wollte nur ein bisschen frische Luft schnappen.“ Offensichtlich hatte sich Seans Unmut gelegt, doch Sky machte sich nichts vor. Sie wusste genau, dass seine negative Reaktion auf ihre Reisepläne typisch für ihn war. Seine egoistische und respektlose Haltung ihr, Sky, gegenüber war für sie untragbar.

„Was hältst du von Dave?“, erkundigte er sich.

„Nun, er ist ein beeindruckender, äußerst selbstbewusster Mann.“

Sean lachte. „Schade, dass sein Bruder Breck nicht da ist. Zusammen sind die beiden ein unschlagbares Team. Im Vergleich zu denen bin ich nur ein kleiner Fisch“, setzte Sean hinzu.

Sean unterstützte das Projekt, und seine Begeisterung diesbezüglich schien keine Grenzen zu kennen. Er hatte Sky nicht viel über die Sache erzählt, und erst jetzt, nachdem sie das Modell gesehen hatte, kannte sie das ganze Ausmaß dieses Unterfangens. Sie hatte jedoch keine Lust, sich erneut mit Sean zu streiten. Einmal am Tag war genug, fand sie und schwieg verdrossen.

Sean streichelte ihren Nacken. „Tut mir leid, dass ich dich vorhin im Auto so angeherrscht habe. Aber bitte denk doch noch mal über diese Reise nach.“

Unwillig schüttelte Sky Seans Hand ab. Darüber nachzudenken hieß für ihn nichts anderes, als seinen Wünschen nachzugeben!

„Du musst doch nicht fahren, oder?“, fragte er, als sie nicht antwortete.

Sky seufzte gereizt. „Nein, natürlich muss ich nicht. Schließlich zwingt mich keiner dazu. Aber diese Reise nach Mexiko ist eine einmalige berufliche Gelegenheit, die ich mir nicht entgehen lassen darf.“

„Du wirst also fahren?“

„Natürlich, was denkst du denn!“ Sky konnte ihren Ärger nun nicht mehr verbergen. „Dieser Job wird mich beruflich einen Riesenschritt voranbringen, ist das denn so schwer zu verstehen? Warum in aller Welt willst du eigentlich nicht, dass ich ihn annehme?“

„Es ist gefährlich, in der Wildnis zu zelten. Du könntest dir was einfangen.“

Sky lachte spöttisch auf. „Oh, vergiss es, Sean!“ Dass er sich ernsthaft um sie sorgte, konnte er jemand anders weismachen!

Seans Miene verfinsterte sich. „Du wirst lange fort sein.“

„Vier Wochen. Die wirst du wohl noch ohne mich auskommen.“

„Dann fällt unser gemeinsames Wochenende wohl flach, was?“

„Ja. Tut mir leid.“

Sky und Sean waren für das nächste Wochenende zu einer Kreuzfahrt auf der Luxusjacht einer seiner Freunde eingeladen. Sky hatte sich wirklich darauf gefreut, doch Mexiko war ihr dieses Opfer wert. War es denn zu viel verlangt, wenn ein Mann hin und wieder seine eigenen Wünsche für die Karriere seiner Partnerin zurückstellte?

Doch Sean stöhnte nur ungeduldig auf. „Sky, ich hatte mich so auf dieses Wochenende gefreut. Du weißt, wie ich mich in letzter Zeit abgerackert habe. Ich brauche dringend Ruhe und Erholung.“

„Die kannst du doch auch ohne mich haben.“ Sky hatte diese ständigen Diskussionen satt. Es war zwecklos. Sean wollte einfach nicht verstehen.

„So war es aber nicht geplant“, beharrte er. „Ich möchte, dass du mitkommst.“

„Manchmal müssen Pläne eben geändert werden.“

„Aber ich dachte, du wolltest mit mir zusammen sein. Ich dachte, zwischen uns … da wäre etwas.“

Du hast dich eben geirrt, dachte Sky traurig. „Ach, Sean, warum bist du nur so egoistisch? Wieso kannst du nicht verstehen, wie viel mir diese Reise bedeutet?“

Als Sean nicht antwortete, war Sky alles klar. „Dir ist meine Karriere nicht wichtig, nicht wahr?“, stellte sie resigniert fest. „Für dich ist mein Beruf nur ein nettes Hobby.“

„Nur sehr wenige Fotografen bringen es zu etwas, Sky. Das weißt du so gut wie ich.“

„Aber ich werde es schaffen, Sean. Davon bin ich überzeugt. Das ganze letzte Jahr ist sehr vielversprechend gelaufen.“

Das stimmte. Skys letzte Fotoserie, die sie „Hoffnung“, genannt hatte, war in der Benedict Galerie in Washington D.C. ausgestellt worden, und darüber hinaus hatte Sky mehrere äußerst lukrative Aufträge bekommen.

„Ich bestreite meinen Lebensunterhalt selbst, zahle Steuern, habe keine Schulden und besitze ein eigenes Haus. Ist das etwa nichts?“, verteidigte sie sich.

Geringschätzig winkte Sean ab. „Eine Scheune, Sky. Du lebst in einer Scheune.“

Das stimmte, Sky wohnte wirklich in einer alten roten Scheune, die zu einem wohnlichen Haus umgebaut worden war. Und sie liebte es. Sicher, es war etwas ungewöhnlich, dafür aber geräumig und für ihre Bedürfnisse wie geschaffen. Seans hochgeschraubten Ansprüchen konnte eine solche Unterkunft natürlich nicht genügen. Aber von ihm und seinem luxuriösen Lebensstil hatte Sky ohnehin genug.

„Du respektierst meine Arbeit nicht, setzt meine Bemühungen herab und magst mein Haus nicht“, warf sie ihm bitter vor. „Ich möchte wissen, was dich überhaupt an mir interessiert und warum du nicht mal einen Monat ohne mich auskommen kannst!“

„Fang doch nicht schon wieder damit an“, gab Sean ungehalten zurück.

Nun platzte Sky vollends der Kragen. „Ich fange mit gar nichts an! Im Gegenteil, ich bringe etwas zu Ende! Deine Respektlosigkeit ist mir unerträglich, Sean! Du hast vielleicht einen großen Titel und einen dicken Geldbeutel, aber dafür fehlt dir der Verstand!“

Damit ließ sie Sean stehen und stürmte davon. Wer war er eigentlich, dass er glaubte, so mit ihr umspringen zu können? Zornentbrannt durchquerte Sky den Partyraum und ging durch die erstbeste Tür hindurch, bis sie plötzlich mit einem Mann zusammenstieß.

Sky fühlte ein weiches Baumwollhemd an ihrem Gesicht, den erregend männlichen Duft, den der Mann verströmte, und die angenehme Wärme seines Körpers. Verwirrt versuchte sie, das prickelnde Gefühl abzuschütteln, das sie erfasste.

„Nanu?“, meinte Dave amüsiert. „Wollen Sie denn schon gehen?“ Er umfasste Skys Taille, doch Sky machte sich verärgert los.

„Das kann ich leider nicht, weil ich auf meinen Fahrer angewiesen bin!“

Vor der Heimfahrt mit Sean graute es Sky schon jetzt. Sein Missmut würde sich bis dahin ganz bestimmt nicht gelegt haben.

Dave wirkte überrascht. „Gefällt es Ihnen denn nicht? Ist vielleicht mit den Speisen etwas nicht in Ordnung?“

„Nein. Mit euch Männern ist was nicht in Ordnung!“

Dave lachte belustigt auf. Es war ein tiefes, wohlklingendes Lachen, das Skys schlechte Laune sofort vertrieb.

Erwartungsvoll sah Dave sie an. „Also, was ist nun mit uns Männern?“

„Ihr seid herrschsüchtig, egoistisch und arrogant.“

Dave lachte erneut. „Ich glaube, Sie sollten einen erfrischenden Drink nehmen, der wird Ihrem erhitzten Gemüt guttun.“

Herausfordernd blickte Sky ihn an. „Würden Sie das auch einem Ihrer männlichen Geschäftsfreunde vorschlagen, wenn er sich aufgeregt hätte?“

Nachdenklich zog Dave die Stirn kraus. „Na ja, etwas anders würde ich mich schon ausdrücken.“ „Sie würden ihm auf die Schulter klopfen und sagen: ‚Komm schon, Mann, du brauchst jetzt einen Drink‘.“ Dave schmunzelte. „Ich fürchte, wenn ich Ihnen auf die Schulter klopfte, würden Sie zusammenbrechen.“

Sky stöhnte auf. Es war immer dasselbe. Sie konnte doch nichts dafür, dass sie zierlich und blond war. Stets weckte sie in Männern Beschützerinstinkte, und das konnte auf Dauer ganz schön nerven.

„Ich sehe vielleicht zerbrechlich aus, aber ich bin es ganz und gar nicht, Mr. Montana“, wies sie Dave forsch zurecht. „Einen Drink könnte ich allerdings wirklich vertragen, aber etwas Starkes.“

Amüsiert betrachtete Dave sie. „Na, dann kommen Sie mal mit.“

Gleich darauf trank Sky einen kräftigen Schluck Whiskey-Soda. Normalerweise mochte sie keine harten Sachen, aber heute brauchte sie diese Stärkung.

„Ihr Kleid ist sehr hübsch“, bemerkte Dave und ließ seinen Blick anerkennend über Skys schlanke Figur gleiten.

Sky trug ein kurzes, schlicht geschnittenes, aber dennoch extravagantes buntgemustertes Seidenkleid.

„Danke“, erwiderte Sky erfreut. „Nicht jeder teilt diesbezüglich Ihre Meinung.“

Sean jedenfalls hatte sich weniger begeistert über ihr Kleid geäußert und gemeint, sie hätte lieber etwas Dezenteres, beispielsweise etwas einfarbig Schwarzes anziehen sollen. Aber Schwarz gefiel Sky nicht, es drückte sofort ihre Stimmung.

„Ein schwarzes Kleid hätte viel eleganter und anspruchsvoller gewirkt“, hatte Sean sie belehrt, doch Sky hatte ihn ausgelacht. „Ich dachte, du hättest inzwischen begriffen, dass ich ein anderer Typ Frau bin“, hatte sie locker geantwortet.

„Die Papageien auf dem Kleid sind besonders reizend“, sagte Dave unvermittelt.

„Das sind Papuanische Königspapageien“, erklärte Sky stolz. „Alisterus Chloropterus.“

„Ah, dann habe ich es also mit einer Ornithologin zu tun?“

Sie schüttelte lächelnd den Kopf. „Nein, mit einer Fotografin. Jedes Mal, wenn ich die Wälder durchstreife, halte ich Ausschau nach Papageien, aber bis jetzt habe ich noch keinen gesehen.“

„Nun, in Virginia danach zu suchen ist wohl ein hoffnungsloses Unterfangen.“

„Hm, jetzt haben Sie aber meinen Traum zerstört, das war nicht gerade nett von Ihnen“, erwiderte Sky scherzhaft, doch innerlich war sie angespannt. Daves faszinierende grüne Augen und der aufregend erotische Klang seiner Stimme verwirrten sie.

„Ich würde nicht sagen, dass ich das getan habe.“

Dave sah Sky so durchdringend an, dass sie errötete und ihr Herz höher schlug. Rasch nahm sie noch einen Schluck Whiskey.

„Und wofür interessieren Sie sich noch, außer Papageien zu fotografieren?“, fragte Dave weiter.

Trotz der scheinbar zwanglosen Unterhaltung hatte Sky das Gefühl, als würde sie verhört werden. Ach was, das redest du dir bloß ein, sagte sie sich jedoch gleich darauf. „Ich reise gern, obwohl ich leider kaum Gelegenheit dazu hatte. Außerdem mag ich noch Wandern, Campen und Wildwasserfahren.“

Überrascht sah er sie an. „Tatsächlich?“

„Ja, tatsächlich.“ Dass die Leute sich über ihre Hobbys wunderten, war für Sky nichts Neues. Sie war klein, zierlich und sehr feminin, und auch der kurze sportliche Haarschnitt änderte nichts an ihrer Ausstrahlung.

„Und Sie? Was machen Sie in Ihrer Freizeit? Golfspielen oder Reiten?“

„Natürlich.“ In diesem Moment wurde Dave von einem anderen Gast angesprochen, und Sky war froh über die Unterbrechung.

Sie wollte nach Hause. Sean würde allerdings nicht bereit sein, die Party jetzt schon zu verlassen, denn solche Anlässe waren für ihn eine wunderbare Gelegenheit, Geschäftskontakte zu knüpfen. Im Grunde hatte er ja auch recht. Hier gab es viele einflussreiche Leute, unter denen auch Sky Auftraggeber finden könnte. Aber heute war ihr nicht danach zumute. Sie hatte nur den Wunsch, nach Hause zu fahren und sich selbst zu bemitleiden.

Sky unterdrückte die aufsteigenden Tränen. Früher war alles anders und viel schöner. Mit neunzehn hatte sich Sky wundervoll gefühlt. Damals hatte sie geglaubt, das Glück für immer festhalten zu können. Doch wenige Monate später war es schlagartig zerstört worden.

Suchend sah Sky sich jetzt nach Sean um, konnte ihn jedoch nirgends entdecken. Sie hatte rasende Kopfschmerzen. Letzte Nacht hatte sie kaum geschlafen, weil sie Pläne für ihre Reise nach Mexiko gemacht hatte. Hinzu war noch die Auseinandersetzung mit Sean gekommen. Das alles zerrte an ihren Nerven.

Wo steckte er denn bloß? Nachdem Sky ihn zehn Minuten vergeblich gesucht hatte, wurde sie allmählich unruhig. Er war doch nicht etwa …?

Sky eilte hinaus auf den Parkplatz und hielt nach seinem Wagen Ausschau, einem weißen Pontiac Fiero, doch er war nicht mehr da. Sekundenlang blickte Sky fassungslos auf die Parklücke, wo das Auto gestanden hatte. Sean war tatsächlich fortgefahren! Er hatte sie, Sky, einfach hier sitzenlassen!

Sky wusste im ersten Moment nicht, was sie tun sollte. Sie kannte ja niemand auf der Party. Dieses alte Haus lag weit draußen auf dem Land, und sie, Sky, wusste nicht einmal, wo genau sie sich befand. Sean war gefahren, und sie hatte vor lauter Ärger nicht auf den Weg geachtet.

Verdammter Mist!, dachte sie wütend. Sean hatte sie einfach hier zurückgelassen als Rache dafür, dass sie sich nicht hatte seinen Wünschen beugen wollen. Das hätte sie sich gleich denken können! Sie hatte ihm vorgeworfen, er hätte keinen Verstand, und nun hatte er ihr genau das bewiesen. Wie hatte sie diesen Mann je mögen können? Es war erschreckend, wie naiv sie gewesen war.

Resigniert ging Sky zurück ins Haus. Sie brauchte jetzt unbedingt einen Drink. Wenn doch nur diese fürchterlichen Kopfschmerzen aufhören würden. Gequält sah sie sich um und betrachtete die Gäste. Sie musste eine Möglichkeit finden, um nach Hause zu kommen. Aber nein, diese eleganten, hochkultivierten Menschen in ihren teuren Anzügen und Kleidern konnte sie unmöglich um Hilfe bitten. Die Fahrt nach Hause würde fast eine Stunde dauern. Und ein Taxi kam ebenfalls nicht infrage. Das würde Sky ein Vermögen kosten.

An der Bar ließ sie sich ein Glas Orangensaft mit Eis geben und machte sich auf die Suche nach einem ruhigen Platz und einem Stuhl, auf dem sie sich ausruhen konnte. Die Eingangshalle war leer. Wenn sie, Sky, sich hier irgendwo hinsetzen konnte, würden diese entsetzlichen Kopfschmerzen vielleicht nachlassen. Da fiel ihr ein Zimmer auf, dessen Tür leicht offen stand, und sie warf vorsichtig einen Blick hinein. Es war ein Büro, in dem auch ein Sofa stand. Rasch schlüpfte Sky hinein und schloss leise die Tür hinter sich.

Nur kurz hinlegen, das war Skys einziger Wunsch. Bloß eine Viertelstunde. Sky stellte ihr Glas auf den massiven Eichenschreibtisch, zog ihre hochhackigen Schuhe aus, legte sich auf das Sofa und versuchte, sich zu entspannen. Nur ein bisschen ausruhen, dachte sie, und danach kümmere ich mich darum, wie ich nach Hause komme. Sie schloss die Augen und schlief bald darauf ein.

Sky erwachte und blickte schlaftrunken auf die Uhr. Um Himmels willen, es war drei Uhr nachts! Im Haus herrschte absolute Stille. Panik überkam Sky, und sie versuchte, sie zu unterdrücken. Schließlich befand sie sich nicht am Ende der Welt. Zwar war sie in eine äußerst peinliche Lage geraten, aber irgendwie würde sich das Problem schon lösen.

Hastig setzte Sky sich auf und überlegte, was sie tun sollte. Wenigstens hatte sie jetzt keine Kopfschmerzen mehr. Aber sie musste dringend zur Toilette. Sky fiel ein, dass sie bei ihrer Ankunft in der Eingangshalle ein Bad entdeckt hatte. Doch fließendes Wasser machte Lärm. Auf keinen Fall durfte Dave Montana sie entdecken. Sicher schlief er auch in diesem Haus.

Vorsichtig schlich Sky über den Korridor ins Bad, knipste das Licht an und wagte einen Blick in den Spiegel. Sie sah entsetzlich aus. Ihr Gesicht war von Mascara und Eyeliner völlig verschmiert, das kurze blonde Haar stand in alle Richtungen ab, und in dem zerknitterten Kleid sah sie aus wie eine Landstreicherin.

Nachdem sie sich gewaschen und notdürftig zurechtgemacht hatte, tappte Sky auf Zehenspitzen zurück ins Arbeitszimmer, setzte sich aufs Sofa und horchte angespannt. Nichts. Also war sie doch nicht gehört worden.

Erleichtert atmete Sky auf und dachte angestrengt nach. Das Haus zu verlassen kam nicht infrage. Sie hatte kein Auto und wusste nicht einmal genau, wo sie sich befand. Beth, ihre beste Freundin, oder ihre Mutter konnte sie mitten in der Nacht auch nicht anrufen. Und selbst wenn Sky es tun würde, könnte sie ihnen den Weg ja doch nicht beschreiben. Also blieb nur eins: Sie musste bis zum Morgen ausharren und dann jemand um Hilfe bitten, und zwar Dave Montana.

Sky seufzte leise auf und sah sich in dem vom Mondschein erhellten Zimmer um. Ihr Blick fiel auf ein eingerahmtes Foto. Sie stand auf und ging zum Schreibtisch, um es genauer zu betrachten. Es war ein Familienportrait, das Vater, Mutter und zwei Söhne im Teenageralter darstellte. Einer von ihnen war Dave, der andere offensichtlich sein jüngerer Bruder.

Der Vater trug einen Nadelstreifenanzug und machte ein finsteres Gesicht. Das Kleid der Mutter war konservativ elegant, und ihr Lächeln wirkte aufgesetzt. Beide Jungen trugen Anzüge mit dunklen Krawatten, das Haar streng zurückgekämmt. Während das Lächeln des jüngeren Bruders ebenfalls unecht schien, hatte der Betrachter den Eindruck, Daves Augen blitzten gefährlich auf. Sky erschauerte einen Moment. Morgen Früh würde sie diesem Mann gegenübertreten und ihre Anwesenheit in seinem Haus rechtfertigen müssen.

Sky legte sich wieder hin. Wenn sie wenigstens Beth anrufen könnte. Bei dem Gedanken an ihre beste Freundin verspürte Sky einen schmerzhaften Stich. In wenigen Monaten würden Beth und Kevin nach Nord Dakota ziehen. Sky war mit den beiden schon seit ihrer Zeit auf dem College befreundet. Sie waren ihre einzigen Freunde, die Josh gekannt hatten, und wenn sie von hier wegzogen, würde sie sich sehr einsam fühlen.

Schließlich fielen ihr die Augen zu, und sie schlief wieder ein.

Als sie zum zweiten Mal erwachte, war es kurz nach sieben. Draußen war trübes Wetter, und es sah ganz und gar nicht nach einem Frühlingsmorgen aus. Sky verzog das Gesicht. Ein bisschen Sonnenschein hätte ihr Mut gemacht.

Vorsichtig öffnete sie die Tür und spähte hinaus. Gedämpfte Geräusche drangen an ihr Ohr. Irgendjemand lief im Haus herum, doch wer? Dave Montana vielleicht?

Mit klopfendem Herzen schlich Sky ins Bad, wusch sich gründlich das Gesicht und kämmte sich. Am Zustand ihres Kleides konnte sie leider nichts ändern. Sie hastete zurück ins Büro und zog ihre Schuhe an. Dann atmete sie tief durch. Nun war es an der Zeit, Dave gegenüberzutreten.

Wo aber konnte er sein? In der Küche wahrscheinlich, vermutete Sky. Sie wusste, wo die war, denn sie hatte gestern Abend gesehen, aus welchem Raum die Butler die Tabletts geholt hatten.

Kaum hatte Sky die Küchentür erreicht, da ging sie auch schon auf, und Dave Montana stand vor ihr, eine Tasse Kaffee in der Hand.

Einen Augenblick wirkte er überrascht, dann lächelte er.

„Sieh mal einer an, kennen wir uns nicht?“

2. KAPITEL

Bei Daves Anblick verließ Sky sofort der Mut, und ihre Knie wurden weich. Warum reagierte sie nur so stark auf diesen Mann? Sie war doch sonst nicht der Typ, der sich so schnell einschüchtern ließ.

Egal, Sky hatte beschlossen, dass es in einer solch peinlichen Situation das Beste war, ihm geradeheraus die Wahrheit zu sagen.

„Ich bin gestern Abend in Ihrem Büro eingeschlafen“, gestand sie ohne Umschweife. „Entschuldigen Sie bitte.“

Dave stellte seine Tasse auf den Tisch, schob die Hände in die Hosentaschen und musterte Sky aufmerksam. „Interessanter Trick, das muss man Ihnen lassen“, erwiderte er gelassen. „Machen Sie das öfter?“

„Trick?“, wiederholte sie verständnislos.

Er nickte. „Ich habe gehört, dass es heutzutage nicht so leicht sein soll, einen passenden Mann zu finden. Viele Bücher sind schon über dieses Thema geschrieben worden.“

Sky fehlten die Worte. Sie hatte diese Art von Büchern gesehen: „Wie angelt man sich einen Millionär“ zum Beispiel oder „Es ist leichter, einen reichen Mann zu lieben als einen armen“. Aber dass Dave Montana ihr eine solche Absicht unterstellte, ärgerte sie maßlos, und es kostete sie alle Mühe, ruhig zu bleiben.

„Ich hatte es noch niemals nötig, eine solche Taktik anzuwenden, Mr. Montana! Und selbst wenn ich es getan hätte, kann ich Ihnen versichern, dass ich mich ganz bestimmt nicht für Sie entschieden hätte. Sie sind nicht mein Typ!“

Das stimmte. Er war absolut nicht ihr Typ. Dafür war er zu arrogant und zu selbstsicher. Und er hatte vor, Regenwälder roden zu lassen.

Spöttisch zog Dave Montana die Augenbrauen hoch. „Tatsächlich?“

Sky straffte die Schultern und erwiderte fest seinen Blick. „Ja, tatsächlich.“

Nachdenklich musterte er sie von Kopf bis Fuß. „Würden Sie mir dann freundlicherweise verraten, was Sie hier suchen?“

„Ich suche gar nichts! Ich bin einfach auf dem Sofa in Ihrem Büro eingeschlafen, weil ich entsetzliche Kopfschmerzen hatte.“

„Kopfschmerzen?“, wiederholte er, und an seinem Tonfall erkannte Sky, dass er ihr ihre Erklärung nicht abnahm.

„Ja. Es war unerträglich.“ Verächtlich blickte sie ihn an. „Aber eins können Sie mir glauben, Mr. Montana. Sie oder irgendein anderes männliches Wesen zu verführen war gestern Abend wirklich das Letzte, wozu ich Lust gehabt hätte.“

Damit drehte sie sich um und wollte gehen. Nur fort von hier und diesem unmöglichen Mann, der ihr unterstellte, sie hätte aus fadenscheinigen Gründen hier übernachtet. Irgendwie würde sie schon nach Hause kommen. Und wenn sie per Anhalter fahren musste.

Doch Sky war nicht schnell genug. Dave packte sie am Handgelenk und drehte sie zu sich herum. „Wo wollen Sie hin?“

„Nach Hause natürlich! Und jetzt lassen Sie mich bitte los!“

„Haben Sie einen Wagen?“

„Nein! Ich gehe zu Fuß!“

Dave lachte und ließ sie los. „Ist das Ihr Ernst?“ Demonstrativ betrachtete er ihr zerknittertes Partykleid und ihre hochhackigen Pumps. „Es wird bald regnen, und ich glaube kaum, dass Sie für eine längere Wanderung am Samstagmorgen um sieben Uhr richtig angezogen sind.“

Sky wusste, dass er recht hatte. Trotzdem wollte sie nicht klein beigeben und sah ihn herausfordernd an. „Und ich glaube, Sie sollten sich bei mir entschuldigen.“

„Erst wenn ich weiß, warum Sie hier sind.“

„Das habe ich Ihnen doch schon erklärt!“

„So? Ich frage mich nur, warum ich Ihnen diese nette Kopfschmerzgeschichte nicht abnehmen kann.“

„Das weiß ich doch nicht!“ Sky hatte keine Ahnung, weshalb dieser Mann sie so seltsam ansah und wie er es schaffte, sie derart aus der Fassung zu bringen.

Lässig lehnte er sich gegen den Türpfosten und verschränkte die Arme vor der Brust. „Dann wollen wir mal die Tatsachen durchleuchten. Ihr Name ist Sky Malone, und Sie sind Fotografin.“

„Ja“, bestätigte Sky gereizt. „Und weiter?“

„Sie sind angeblich mit Sean Kendall hierhergekommen.“

„Nicht angeblich. Sean hat mich hierhergebracht.“

„Also gut.“

Sky seufzte genervt auf. „Würden Sie mir bitte erklären, was das alles soll? Ich habe keine Lust, mich so früh am Morgen einem Verhör auszusetzen.“

Dave lächelte versöhnlich. „Sie haben recht, ich hätte Ihnen stattdessen lieber einen Stuhl und eine Tasse Kaffee anbieten sollen. Kommen Sie doch rein.“ Er hielt die Küchentür auf, und Sky zögerte zuerst einen Moment, ehe sie seiner Aufforderung folgte und sich an den großen Holztisch setzte. Es blieb ihr ja nichts anderes übrig, wenn sie von hier fortkommen wollte.

Die geräumige Küche war ländlich eingerichtet und wirkte sehr gemütlich. Außer Sky und Dave war niemand da, und der Kaffee duftete herrlich. Sky sah zu, wie Dave ihre Tasse füllte. Dabei betrachtete sie seine muskulösen, sonnengebräunten Unterarme und seine kräftigen Hände. Wieder verspürte sie dieses merkwürdige Kribbeln am ganzen Körper, und verärgert versuchte sie, an etwas anderes zu denken. Dave Montana war doch nur ein Mann wie jeder andere, oder etwa nicht?

„Zucker, Milch?“, fragte er höflich.

„Beides bitte.“

Er stellte eine Tasse, eine Dose mit Zucker und ein Kännchen Milch vor Sky auf den Tisch, goss sich selbst Kaffee ein und setzte sich schließlich ihr gegenüber.

„Sie sagten, Sie hätten die Nacht nicht meinetwegen hier verbracht“, griff er das Thema von vorhin wieder auf. „Weshalb sind Sie dann hier?“

„Wegen Ihres Silbers natürlich“, antwortete Sky ironisch. „Ich wollte Sie ausrauben und dann mitten in der Nacht verschwinden.“

„Das wäre Ihnen kaum gelungen. Das Haus verfügt über eine sehr gut funktionierende Alarmanlage.“

Gleichgültig zuckte Sky die Schultern, und Dave schmunzelte.

„Haben Sie denn etwas Interessantes gefunden?“

„Nein.“ Sky gab drei Löffel Zucker in ihre Tasse.

„Was für ein Glück.“ Amüsiert sah er zu, wie Sky ihren Kaffee umrührte. „Sie mögen’s wohl süß, wie?“

„Normalerweise nicht, aber manchmal brauche ich eine Extraportion Energie.“ Sie trank fast die ganze Tasse in einem Zug aus und fühlte sich danach sofort besser.

Bequem lehnte sich Dave zurück. „Also sind Sie nicht meinetwegen und auch nicht wegen des Silbers hier. Sehr interessant.“

Sky verdrehte entnervt die Augen. „Sind Sie immer so misstrauisch? Vielleicht leiden Sie unter Verfolgungswahn, haben Sie sich das schon überlegt?“

Dave lächelte flüchtig. „Schon möglich. Manchmal passieren eben Dinge, die es notwendig machen, immer auf der Hut zu sein.“ „Wieso?“, fragte Sky neugierig. „Was ist denn so Schlimmes geschehen?“ Dave musterte sie eine Weile prüfend, bevor er antwortete: „Jemand versucht, mich gerichtlich zu verklagen.“

„Oh, tatsächlich?“, erwiderte Sky spöttisch und konnte dabei ein leichtes Gefühl der Schadenfreude nicht verbergen. „Sind die Umweltschützer hinter Ihnen her?“

„Das würde Sie wohl freuen, nicht wahr?“

„Ja, natürlich“, gab Sky unumwunden zu. „Ich finde es furchtbar, dass Sie dieses Hotel in Equador bauen wollen.“

„Ich weiß, das haben Sie mir gestern schon gesagt.“

„Ach, und deswegen bin ich in Ihren Augen wohl gleich eine Kriminelle, was?“

„Nein, das nicht.“ Dave stand auf und füllte die Tassen zum zweiten Mal.

Sky gab wieder viel Zucker in ihren Kaffee und rührte ihn nervös um. Dieser Mann raubte ihr noch den letzten Nerv. Wahrscheinlich dachte er, sie sei hier, um etwas über seine Person herauszufinden, was sich dann vor Gericht gegen ihn verwenden ließe. Sie blickte auf und sah ihn fest an.

„Wenn Sie mich aus irgendeinem Grund verdächtigen, habe ich das Recht, es zu erfahren, Mr. Montana. Ich bin nur auf Ihrem Sofa eingeschlafen, und Sie behandeln mich, als sei ich eine Schwerverbrecherin! Ich weiß nichts über diese Klage und habe auch keineswegs vor, schmutzige Wäsche zu waschen, falls Sie das glauben sollten!“

Forschend sah Dave sie an. „Leider überzeugen mich Ihre Argumente nicht.“

„Wollen Sie damit etwa sagen, dass ich lüge?“, regte Sky sich auf.

Er zuckte die Schultern. „Ich kenne Sie nicht. Was würden Sie denken, wenn Sie morgens feststellten, dass ein Fremder in Ihrem Haus übernachtet hat? Ich versuche nur herauszufinden, was Sie dazu veranlasst hat, die Nacht bei mir zu verbringen. Und diese Kopfschmerzgeschichte können Sie Ihrer Großmutter erzählen.“

Sky stöhnte auf. Sie würde diesen Mann nie von der Wahrheit überzeugen können.

„Was war denn mit Sean gestern Abend los?“, fuhr Dave fort.

„Ich dachte, er sei mit Ihnen auf die Party gekommen.“

„Ist er auch.“

„Und warum sind Sie nicht mit ihm nach Hause gefahren?“

„Weil er es vorgezogen hat, mich hierzulassen.“

Dave zog überrascht die Brauen hoch. „Nicht gerade die feine Art, finden Sie nicht auch?“

„Sollte wohl so etwas wie eine Trotzreaktion sein.“

„Eine Trotzreaktion? Ich dachte, das machen nur Kinder.“

„Manche Männer neigen auch dazu. Und zwar immer dann, wenn sie merken, dass ihre Frauen oder Freundinnen sich kein Bein ausreißen, um ihren Wünschen zu entsprechen.“

„Aha. Also haben Sie sich kein Bein ausgerissen, um seinen Wünschen zu entsprechen?“

Sky schmunzelte. „So ist es. Ich habe vor, für einen Monat nach Mexiko zu gehen, und deswegen hatten wir in Ihrem schönen Garten einen Streit.“

„Worauf Sie zornentbrannt davonstürmten, um sich in meine Arme zu werfen“, folgerte Dave amüsiert. „Sie fühlten sich gar nicht mal so schlecht an, wissen Sie das?“, fügte er mit einem gewinnenden Lächeln hinzu, woraufhin Sky ihn mit einem vernichtenden Blick bedachte.

„War nur eine Feststellung. Wenn ich eine Frau in den Armen halte, spüre ich eben unwillkürlich, wie sie sich anfühlt.“

Sky dachte an seine muskulöse Brust und den männlichen Duft seiner Haut, und ihr Herzschlag beschleunigte sich. Himmel, warum reagiere ich nur so auf diesen Mann?, fragte sie sich entsetzt.

„War es wenigstens aufregend?“, gab sie schnippisch zurück, um ihre Verlegenheit zu überspielen.

„Sehr.“ Dave lächelte charmant. „Aber lenken Sie nicht vom Thema ab. Warum wollte Sean denn nicht, dass Sie nach Mexiko gehen? Wo liegt das Problem?“

Obwohl die Frage beiläufig klang, spürte Sky ganz deutlich, dass diese Unterhaltung alles andere als Small Talk war. Worauf wollte Dave Montana nur hinaus?

„Für mich ist es überhaupt kein Problem“, antwortete sie. „Im Gegenteil, diese Reise nach Mexiko ist für mich eine wunderbare Chance, mich beruflich weiterzuentwickeln.“

„Und Sean sieht das anders?“

„Ja, aber ich wüsste wirklich nicht, was Sie das angeht.“

Dave schien kurz zu überlegen, ehe er sagte: „Sean meint, er könne nicht einen Monat ohne Sie auskommen, stimmt’s? Er kann sich nicht vorstellen, dass Sie einen Trip nach Mexiko seiner Gesellschaft vorziehen.“

Skys Wangen röteten sich. „Oh, dann hat er es Ihnen also erzählt!“

Dave lächelte. „Nein. Ich kenne Sean schon eine ganze Weile und weiß, wie er denkt. Warum möchten Sie denn nach Mexiko?“

„Ein Freund von mir ist Leiter eines kleinen Forschungsteams und bot mir an, als Fotografin mitzukommen. Ich würde zwar nicht viel verdienen, aber darauf käme es mir gar nicht an. Die Erfahrungen, die ich bei dieser Reise sammeln könnte, wären unbezahlbar. Mexiko ist ein faszinierendes Land und würde mich für meine weitere Arbeit sehr inspirieren.“ Sie biss sich auf die Unterlippe. „Aber Sean hält leider nicht viel vom Beruf des Fotografen. Zumindest hat er mir das gestern durch die Blume gesagt.“

„Und Sie lassen sich das nicht gefallen, nicht wahr?“

„Nein, natürlich nicht. Ich erklärte ihm, ich könne seinen fehlenden Respekt für meine Arbeit nicht tolerieren, und …“ Sie zögerte.

„Und was?“

Sky lächelte unwillkürlich. „Und er hätte zwar einen großen Titel und einen dicken Geldbeutel, aber dafür keinen Verstand. Das hat er mir natürlich übelgenommen, und deswegen ist er wahrscheinlich auch ohne mich weggefahren – als Rache sozusagen.“

„Ziemlich kindisches Verhalten.“ Dave erwiderte ihr Lächeln. „Und deshalb sind Sie hier“, schloss er amüsiert.

Sky trank ihren Kaffee aus und schob die Tasse weg. „Wenn Sie mir freundlicherweise sagen würden, wo genau ich mich hier befinde, könnte ich meine Mutter anrufen und sie bitten, mich abzuholen. Gestern auf der Fahrt habe ich leider nicht auf den Weg geachtet.“

„Leben Sie noch bei Ihrer Mutter?“

„Nein, aber meine Eltern wohnen nicht weit von mir.“

„Und was wird Ihre Mutter denken, wenn sie Sie in diesem Aufzug sieht?“

Sky zuckte die Schultern. „Ich werde ihr sagen, was geschehen ist, und sie wird es urkomisch finden. Sie hat viel Sinn für Humor. Außerdem macht sie sich um mein sittliches Verhalten keine Sorgen.“

„Und warum nicht?“

Sky seufzte auf. „Weil es nichts gibt, weshalb sie sich Sorgen machen müsste, ganz einfach.“

„Freut mich, das zu hören“, erwiderte Dave vergnügt, und ehe Sky etwas darauf erwidern konnte, fügte er hinzu: „Aber lassen Sie nur, Sie brauchen Ihre Mutter nicht zu bemühen. Ich fahre Sie nach Hause.“

„Ach, das ist wirklich nicht nötig“, lehnte Sky sofort ab. „Ich wohne fast eine Autostunde von hier entfernt.“

„Kein Problem. Aber zuerst frühstücken wir mal.“

Sky war gar nicht wohl in ihrer Haut. Sie wollte nicht, dass Dave sie nach Hause brachte, aber so, wie es aussah, blieb ihr keine Wahl. Sich mit Dave zu streiten wäre jedoch zwecklos, denn ganz offensichtlich war er ein Mann, der es gewohnt war, seinen Willen durchzusetzen.

„Danke, aber ich möchte nicht frühstücken“, lehnte sie entschlossen ab. „Ich will nur so schnell wie möglich nach Hause und unter die Dusche. Irgendwie komme ich mir lächerlich vor in diesem zerknitterten Partykleid.“

„Sie können auch hier duschen, wenn Sie Lust haben. Seien Sie einfach mein Gast.“

„Aber ich habe nichts anderes zum Anziehen dabei. Ich war nämlich auf einen solchen … Ausflug nicht vorbereitet, auch wenn Sie das wahrscheinlich denken.“

„Ich bin sicher, wir werden etwas Passendes für Sie finden. Kommen Sie. Während Sie duschen, bereite ich das Frühstück vor.“

„Warum bringen Sie mich nicht gleich nach Hause?“

Dave lächelte weich. „Weil ich’s nicht eilig habe.“

Sky wusste, dass er sie in der Hand hatte, und das machte sie wütend. „Ich hoffe, Sie genießen dieses kleine Machtspielchen wenigstens“, erwiderte sie verärgert.

Spöttisch zog er die Brauen hoch. „Machtspielchen? Das ist wohl ein bisschen übertrieben, finden Sie nicht auch? Ich fange den Tag nun mal lieber mit einem Frühstück an, und Ihnen biete ich das Gleiche plus einer warmen Dusche und frischer Kleidung. Ich versuche nur, ein guter Gastgeber zu sein.“ Er lächelte erneut und wies auf die offene Küchentür. „Kommen Sie mit.“

Widerstrebend folgte Sky ihm die Wendeltreppe ins obere Stockwerk hinauf. In Dave Montanas Nähe hatte sie ihre Gefühle nicht unter Kontrolle. Dieser Mann strahlte eine gefährliche Mischung aus Charme, Misstrauen und Höflichkeit aus, und Sky wusste nicht, wie sie damit umgehen sollte.

Dave führte sie in ein großes Schlafzimmer. „Das Bad ist dort drüben“, erklärte er und wies auf eine andere Tür. „Nehmen Sie sich alles, was Sie brauchen.“ Er öffnete den Kleiderschrank. „Hier werden Sie sicher etwas Passendes finden.“

Sky warf einen Blick auf die vielen Sachen, die im Schrank hingen. Es waren alles teure, modische Kleidungsstücke. „Wem gehört denn das alles?“, fragte sie verwundert. „Ihrer Frau?“

Dave lächelte herausfordernd.„Nein. Wenn ich eine Frau hätte, würde sie bestimmt kein eigenes Zimmer haben. Sie würde bei mir schlafen.“

„Vorausgesetzt, dass sie das auch wollte“, entfuhr es Sky, und im nächsten Moment hätte sie sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Warum konnte sie ihre Gedanken nicht für sich behalten?

Dave sah ihr bedeutungsvoll in die Augen. „Das würde sie schon wollen, glauben Sie mir.“

Gegen ihren Willen stellte Sky sich vor, wie es sein musste, mit Dave zu schlafen. Ärgerlich schob sie den Gedanken beiseite. „Sie sind ganz schön von sich eingenommen“, erwiderte sie spitz.

„Wenn Sie meinen …“ Er lächelte erneut und ließ den Blick durch den Raum schweifen. „Dies ist das Zimmer meiner … Schwester.“

Natürlich, dachte Sky ironisch. Das kannst du deiner Großmutter erzählen, aber nicht mir.

Dave ging an die Tür. „Ich kümmere mich schon mal ums Frühstück. Gibt es irgendetwas, was Sie nicht mögen oder vertragen?“

Ja, Sie, wollte Sky schon sagen, hielt sich aber im letzten Augenblick zurück. „Nein, mir ist alles recht.“

„Hm, eine Frau nach meinem Geschmack“, erwiderte er lächelnd, und Sky hätte ihm vor Zorn am liebsten etwas an den Kopf geworfen. Doch Dave war schneller und verschwand.

„Alle Männer sind Mistkerle“, hatte Skys fünfzehnjährige Cousine vor Kurzem einmal zu ihr gesagt, und so langsam begann Sky tatsächlich zu glauben, dass das Mädchen recht hatte. Alle Männer außer Josh, fügte sie in Gedanken hinzu. Aber Josh lebte nicht mehr. Mit ihm zusammen war es wundervoll gewesen. Sie waren verheiratet gewesen, hatten ein winziges Apartment, ein kuscheliges Bett, sehr wenig Geld und viele wunderbare Träume miteinander geteilt.

So wie damals würde es nie wieder werden. Sky war nicht mehr das naive, romantische Mädchen von einst. Einen Mann wie Josh gab es nur einmal, das war ihr inzwischen klargeworden. Sie war reifer geworden, hatte ihr Leben selbst in die Hand genommen und sich eine Karriere aufgebaut. Die Männer, die sie traf, waren älter und beruflich etabliert.

Neugierig sah Sky sich um. Das Zimmer, das angeblich Daves Schwester gehörte, war sehr hübsch. Mit dem Himmelbett und den antiken, sehr gepflegten Möbeln sah es aus wie ein Bild aus einem teuren Einrichtungsmagazin.

Das Badezimmer war ebenso luxuriös ausgestattet. Es war strahlend weiß gekachelt, die große runde Badewanne wirkte einladend, und in den Regalen lagen flauschige Handtücher in zartgrünen, rosa und weißen Farben, edle Seifen, duftende Schaumbäder, Shampoos, Puder und Bodylotions – kurz, hier fand man alles, was das Herz begehrte.

Es muss herrlich sein, in dieser Wanne zu baden, dachte Sky. Warum eigentlich nicht? Kurz entschlossen drehte sie den Wasserhahn auf und glitt wenige Minuten später in die duftenden Schaumflocken. Während des Bades dachte sie über die Männer nach, die sie seit Joshs Tod kennengelernt hatte.

Keiner von ihnen hatte ihren Beruf – Natur- und Tierfotografin – ernst genommen. Sie hatten ihn nur als nettes Hobby angesehen, mit dem man etwas Geld verdienen konnte, doch ihre eigenen Berufe hatten stets Vorrang gehabt. Schließlich waren sie auch erheblich lukrativer als Skys Job. Je mehr Geld man verdiente, desto mehr Prestige und höheren Status genoss man, das war die Devise dieser Männer.

Sky hätte nichts dagegen, mehr Geld zu verdienen, doch sie fand es nicht richtig, den Wert eines Berufes an finanziellen Maßstäben zu messen.

Sie war einmal mit einem Architekten, einem Unternehmensberater und schließlich mit Sean, Leiter einer erfolgreichen Computerfirma, befreundet gewesen. Alle waren anfangs höflich und charmant gewesen, hatten Sky ausgeführt, ihr Rosen geschenkt und mit ihr schlafen wollen. Ihre Arbeit hatten sie ganz nett gefunden und Sky gefragt, warum sie nicht aus ihrer alten Scheune aus- und in die Stadt ziehen wolle. Dort könne sie doch auch Fotos machen, und es sei viel bequemer.

Sky seufzte. Warum geriet sie bloß immer an die falschen Männer? Es war zum Verzweifeln. Niemals würde sie einen finden, der zu ihr passte. Vielleicht sollte sie sich einfach damit abfinden, dass es den sogenannten Richtigen für sie nicht gab, und ihr Leben als Single genießen. Die Ehe war nicht immer der Himmel auf Erden, das hatte sie schon oft gehört. Im Gegenteil, manchmal war sie sogar die Hölle.

Sky beschloss, das Kapitel Männer abzuschließen und sich ganz ihrer Karriere zu widmen. Sie würde interessante Aufträge an Land ziehen, die ganze Welt bereisen und Ausstellungen in renommierten Galerien geben.

„Ich brauche keinen Mann“, sagte Sky. Das klang so stark und so beherrscht. Doch warum fühlte sie sich dann überhaupt nicht stark? Weshalb fühlte sie sich so entsetzlich einsam und hatte Angst vor der Zukunft? Tränen liefen Sky über die Wangen, und ärgerlich wischte sie sie fort.

Eine halbe Stunde später ging Sky in das Schlafzimmer, das Dave ihr gezeigt hatte, um sich etwas zum Anziehen auszusuchen. Im Schrank hing Kleidung für alle Gelegenheiten – von langen Abendroben bis zu Jeans und Leggings, und alles schien sündhaft teuer gewesen zu sein. Die Eigentümerin der Kleider war zweifellos jung und hatte einen hervorragenden Geschmack. Und sie hatte erstaunlicherweise die gleiche Größe wie Sky.

Sky entschied sich für beige Leggings und ein langes schwarzes T-Shirt. Die Farbe passte zu ihrer Stimmung. Dazu zog Sky schwarze Turnschuhe an und betrachtete sich im Spiegel. Für Samstagmorgen war dieses Outfit gerade richtig. Sky verspürte nicht den Wunsch, die teure Seidenbluse und Designerjeans einer anderen Frau zu tragen und sie womöglich noch beim Frühstück zu beschmutzen. Wenn die Kleidung ruiniert wäre, müsste sie, Sky, sie ersetzen, und das würde sie ein Vermögen kosten.

Ein verlockender Duft von Schinken und Toast strömte ihr aus der Küche entgegen, als sie die Treppe hinunterkam.

Dave stand gerade am Herd und drehte sich um, als Sky eintrat. Schmunzelnd betrachtete er ihre Kleidung. „Nanu, nach dem knallbunten Papageienkleid jetzt ganz in Schwarz?“

„Ich bin in Trauer“, erwiderte Sky und setzte sich.

„Und um wen oder was trauern Sie, wenn man fragen darf?“

„Um eine Illusion. Ich habe den Traum vom richtigen Mann begraben.“

Dave lachte und schenkte ihr ein Glas Orangensaft ein. „Sie haben wirklich einen Hang zur Dramatik. Ist Sean daran schuld?“

„Es liegt nicht nur an ihm. Die Männer, die ich vor ihm kannte, waren auch nicht besser. Eine meiner Cousinen behauptet, alle Männer seien Mistkerle.“ Sky seufzte auf. „Und ich bin zu dem traurigen Schluss gekommen, dass sie recht hat.“

„Und das bricht Ihnen nun das Herz, nehme ich an?“, fragte Dave belustigt.

Du hast ja keine Ahnung, wie es in meinem Herzen aussieht, dachte Sky betrübt, aber es geht dich auch nichts an. Sie lächelte gezwungen. „Ach, wissen Sie, wenn ich es mir recht überlege, kann es für mich eigentlich nur von Vorteil sein, dass ich zu diesem Schluss gekommen bin. Ich fange ein ganz neues Leben an und konzentriere mich nur noch auf mich selbst. Keine Männer – kein Ärger, so einfach ist das. Morgen ziehe ich was Knallrotes an und freue mich über meine wiedergewonnene Freiheit.“

Dave schüttelte den Kopf. „Das muss aber ein ziemlich trostloses Leben sein. Stellen Sie sich nur die langen, einsamen Nächte vor – keine Zärtlichkeiten, keine Küsse.“ Er sah Sky tief in die Augen, und ihr Herz begann zu pochen. Etwas Aufregendes, Geheimnisvolles lag in seinem Blick, und das brachte sie völlig aus der Fassung. Atemlos riss sie sich aus seinem Bann und zuckte gespielt gleichgültig die Schultern.

„Es gibt wichtigere Dinge im Leben als Sex.“

„Wirklich? Was denn zum Beispiel?“

Sky stöhnte auf. „Könnten wir bitte das Thema wechseln?“

„Wieso? Ich finde es sehr interessant.“

„Aber ich nicht. Erzählen Sie mir lieber von dieser Klage, die Sie am Hals haben.“

Schlagartig wurde Dave ernst. „Lassen wir das. Ich will mir nicht den Appetit verderben.“

„Aber ich habe das Recht zu erfahren, weshalb Sie mich beschuldigen.“

„Ich beschuldige Sie nicht.“

„Also gut, dann hegen Sie eben einen Verdacht gegen mich.“

„Vergessen Sie’s.“

Sky ärgerte sich über Daves Geheimnistuerei, doch ihr war klar, dass sie kein Wort aus ihm herausbringen würde, wenn er nichts sagen wollte. Sie nippte an ihrem Orangensaft und beschloss, das Thema zu wechseln. „Erzählen Sie mir von Ihrem Unternehmen. Wie viele Hotels besitzt Ihre Firma?“

Dave nahm einige Eier aus dem Kühlschrank. „Erzählen Sie lieber von Ihrem Job. Arbeiten Sie für eine Firma oder eine Organisation?“

Seine Antwort überraschte Sky. Die meisten Leute sprachen lieber über sich selbst, als anderen zuzuhören. „Ich arbeite freiberuflich“, erklärte sie freimütig. „Aufträge bekomme ich beispielsweise von Verlagen oder von Einrichtungen, die für die verschiedensten Zwecke Fotos brauchen. Ich werde auch von einer Aktiengesellschaft vertreten, die meine Fotos Firmen anbietet und verkauft.“

„Macht Ihnen die Arbeit Spaß?“

„O ja, sehr. Ich könnte mir niemals vorstellen, etwas anderes zu tun.“ Sky blickte aus dem Fenster. Die Sonne war nicht zu sehen, und dunkle Regenwolken bedeckten den Himmel. Der Morgen war so düster wie ihre Stimmung.

Das Frühstück war fertig, und Dave setzte sich Sky gegenüber an den Tisch. Schinken, Toast und Eier sahen verlockend aus und dufteten herrlich.

„Wo sind denn Ihre Hausangestellten?“, fragte Sky neugierig, während sie ihren Toast mit Butter bestrich. Sie hatte nicht damit gerechnet, allein mit Dave in dem großen Haus zu sein.

„Sie haben alle Urlaub bis auf Mrs. Lumpkins, und die kommt später.“

In diesem Moment klingelte das Telefon. „Entschuldigen Sie mich bitte“, bat Dave, nahm den Hörer ab und meldete sich mit seinem Namen.

„Hallo, Michelle? Bist du es?“ Kurze Pause. „Nein, ich habe nicht geschlafen. Ich bin gerade beim Frühstück. Wie läuft’s in Rom?“

Er hörte eine Weile zu, dann lächelte er. „Gut. Gib mir bitte die Einzelheiten durch.“ Er notierte etwas auf einem Block. „Michelle, das ist ja super! Hervorragende Arbeit! Wann kommst du zurück?“

Dave nickte und schrieb wieder etwas auf. „Natürlich hole ich dich ab. Sag mir nur, wie viele Koffer du mitbringst. Werde ich den Transporter brauchen oder tut’s der Maserati auch?“

Sein Lächeln vertiefte sich, während er lauschte, was die Frau am anderen Ende der Leitung zu sagen hatte. „Also dann bis bald, Michelle“, verabschiedete er sich jetzt und legte auf.

„War das Ihre Schwester?“, fragte Sky.

Dave lächelte. „Ja. Sie hat einen hervorragenden Geschäftssinn und hilft mir in Rom.“

„Muss schön sein, eine so clevere Schwester zu haben“, bemerkte Sky honigsüß.

„Das kann man wohl sagen. Ich bin ein Glückspilz. Noch Orangensaft?“

„Nein danke. Ich würde jetzt gern nach Hause fahren, wenn Sie nichts dagegen haben. Und da ich ja kein Silber gefunden habe, tut’s der Maserati auch“, fügte Sky schalkhaft hinzu.

Dave lächelte. „Wie die Dame wünscht.“

Wenig später fuhr Dave die schmale Straße entlang, die sich durch die hügelige Landschaft schlängelte. Trotz der ungezwungenen Unterhaltung, die Sky mit Dave führte, hatte sie ständig das Gefühl, dass er mit seinen Fragen etwas ganz Bestimmtes bezweckte.

Nach einer halben Stunde fielen die ersten Tropfen, und keine fünf Minuten später stürzte der Regen sintflutartig vom Himmel herab. Durch die Windschutzscheibe konnte man kaum noch etwas sehen.

„Ich hoffe, Sie kennen diese Straße gut genug“, versuchte Sky, den Lärm zu übertönen, den das Prasseln des Regens auf das Autodach verursachte.

„Ich kenne sie blind“, rief er genauso laut zurück.

Sky schwieg, denn sie wollte Dave nicht vom Fahren ablenken. Verstohlen betrachtete sie sein Profil. Er hatte markante Züge, seine Nase war leicht gebogen, und die Haltung seines muskulösen Körpers strahlte Selbstbewusstsein, Entschlossenheit und vor allem eine umwerfende Männlichkeit aus. Eine Männlichkeit, die Sky magisch anzog und deren Faszination sie sich nicht entziehen konnte.

Plötzlich wurde das monotone Prasseln des Regens von einem dumpfen Schlag durchbrochen. Dave fluchte unterdrückt und hielt am Straßenrand an.

„Hörte sich an, als sei irgendetwas auf die Straße gekracht. Wahrscheinlich ist die Fahrbahn jetzt blockiert.“ Er schaltete die Warnblinkanlage ein und stieg aus. Gleich darauf kam er völlig durchnässt zurück.

„Ein Baum ist umgestürzt und liegt quer über der Straße. Ich muss ihn wegschaffen.“

„Ich helfe Ihnen.“

„Nein! Sie bleiben hier, ich schaffe das schon allein!“

„Ich denke nicht dran“, erklärte Sky und sprang aus dem Wagen. Der Regen schlug ihr kalt ins Gesicht, und innerhalb von Sekunden war auch sie nass bis auf die Haut. Sky folgte Dave einige Meter die Straße entlang, bis sie auf einen schmalen, aber langen Baumstamm stießen, der diagonal über beide Spuren lag. Hätte Dave nicht rechtzeitig gehalten, wäre der Baumstamm vielleicht auf seinen Wagen gekracht.

„Was ist los mit Ihnen?“, rief er Sky nun ungehalten zu. „Ich sagte doch, Sie sollten im Wagen bleiben!“

„Ich liebe Regen“, schrie Sky zurück. „Und zu zweit geht es schneller. Wir sollten …“

„Ich packe an diesem Ende an und Sie am anderen“, unterbrach Dave sie unwirsch, dann gab er einige Anweisungen, die Sky wortlos befolgte. Plötzlich verlor sie auf dem glitschigen Boden den Halt und fiel der Länge nach in den Schlamm. Schimpfend rappelte sie sich wieder hoch, machte sich jedoch gleich wieder an die Arbeit.

Als der Baumstamm endlich von der Straße geräumt war, liefen sie zum Auto zurück, stiegen ein und sahen sich schwer atmend an.

Sky konnte sich kaum das Lachen verkneifen. Kaum zu glauben, dass dieser völlig durchnässte Mann neben ihr der mächtige Industriemagnat war, den sie gestern auf der Party kennengelernt hatte. Obwohl Dave nicht in den Matsch gefallen war, sah er keineswegs besser aus als Sky, wie sie mit Genugtuung feststellte.

Lächelnd sah er sie an. „Sie überraschen mich wirklich, Sky Malone.“

Sky erwiderte wie gebannt seinen Blick. Die Art, wie Dave sie anschaute, raubte ihr den Atem.

„Warum?“, fragte sie leise und hoffte, dass er nicht merkte, welche Wirkung er auf sie hatte. „Weil ich Ihnen geholfen habe?“

„Ja. Sie sehen nicht aus wie der Typ Frau, der so etwas macht.“

Das wusste Sky. Sie schaute wie diejenigen Frauen aus, die vor jedem Spritzer Wasser davonliefen, weil sie Angst hatten, ihre Frisur zu ruinieren. Sky strich sich die nassen Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Nun, wie Sie sehen, haben Sie sich getäuscht.“

Dave schaute ihr immer noch in die Augen, und Sky wurde seltsam warm dabei. Da war etwas in seinem Blick – etwas ungeheuer Aufregendes und gleichzeitig Gefährliches …

„Sky …“ Daves dunkle, sanfte Stimme war wie eine zärtliche Liebkosung. „Das ist ein ungewöhnlicher Name für eine Frau. Hat er eine besondere Bedeutung?“

„In gewissem Sinne schon. Meine Eltern sind Naturliebhaber und wollten uns Kindern Namen geben, die etwas mit der Natur zu tun haben. So nannten sie mich Sky und meinen Bruder Rock. Aber alle nennen ihn Rocky.“

Rock passte Skys Meinung nach jedoch überhaupt nicht zu ihrem rast- und ruhelosen Bruder. Er war nicht wie ein Fels, sondern eher wie der Wind, mal hier, mal dort, reiste in der ganzen Welt herum und tat lauter aufregende Dinge wie zum Beispiel Segeln, Tauchen oder Kajakfahren.

„Rocky?“ Daves Gesichtsausdruck veränderte sich plötzlich. Er wandte sich ab und blickte finster nach vorn. „Ich verstehe“, sagte er kühl, doch Sky verstand ganz und gar nichts.

„Was stört Sie denn an dem Namen Rocky?“, fragte sie verwirrt.

„Nichts. Er erinnert mich nur an einen alten Bekannten.“ Dave ließ den Motor wieder an und lenkte den Wagen auf die Fahrbahn.

Doch Sky ließ nicht locker. Daves merkwürdiges Verhalten verunsicherte sie. „Ist irgendetwas nicht in Ordnung, Dave?“

Er sah sie nicht an, sondern blickte starr geradeaus. „Ich bin dreckig und nass, und mir ist kalt. Wie weit ist es noch bis zu Ihrem Haus?“

„Ungefähr zehn Meilen.“

Der Rest der Fahrt verlief schweigend. Irgendetwas war passiert, das hatte Sky genau gespürt, doch sie konnte sich nicht erklären, was es war. Als sie schließlich auf den schmalen Kiesweg einbogen, der zu ihrer Scheune führte, nieselte es nur noch.

Sky wies nach vorn. „Dort ist es.“

„Ich sehe nur eine rote Scheune.“

„Ja, das ist mein Haus. Dort wohne ich.“

Dave hielt vor der Scheune, ohne den Motor abzustellen.

„Möchten Sie nicht reinkommen und sich waschen?“, bot Sky höflich an. „Eine warme Dusche könnte ich Ihnen auch anbieten, nur mit frischer Kleidung sieht es schlecht aus.“

Sie überlegte kurz, bevor sie hinzufügte: „Aber wenn Sie wollen, könnte ich Ihre Sachen schnell in die Waschmaschine stecken und danach in den Trockner. Das würde allerdings eine Weile dauern.“ Eine Stunde mindestens, dachte sie bei sich und hoffte inbrünstig, dass Dave das Angebot ablehnte.

„Danke, das ist nicht nötig. Ich würde mir nur gern Gesicht und Hände waschen, wenn es Ihnen recht ist.“

„Selbstverständlich. Kommen Sie doch rein.“

Dave folgte Sky zur Hintertür der Scheune, wo sie ihre Schuhe auszogen, und danach in die Küche. Während Dave sich interessiert umsah, betrachtete Sky aufmerksam sein Gesicht. Was mochte er wohl von ihrem Zuhause denken?

Die Küche war nur durch eine Frühstücksbar vom gemütlich eingerichteten Wohnzimmer getrennt. Dicke Teppiche, weiche Sofas und großblättrige Pflanzen verliehen dem Raum eine anheimelnde Atmosphäre. An einer Wand stand ein massiver, gusseiserner Ofen, der das ganze Haus im Winter wärmte. Wenn man nach oben blickte, sah man nur kahle Holzbalken und einen Heuboden, der Sky als Schlafraum diente.

Wollte man hinauf, musste man die schmale Holztreppe benutzen. Das Heubett war von einem hölzernen Geländer umgeben, über dem eine bunte Indianerdecke hing.

„Ziemlich außergewöhnlich, aber sehr interessant“, meinte Dave anerkennend. „Haben Sie die Scheune selbst umgebaut?“

„Nein, das hat mein Bruder mit einigen Freunden gemacht. Aber eingerichtet habe ich sie allein. Ich mag es, wenn viel Platz im Haus ist. Kleine Räume mit vielen Wänden und Türen finde ich irgendwie beengend.“

„Ihr Bruder muss sehr geschickt sein.“

Sky lächelte. „Ja, das ist er. Er ist wirklich der perfekte Handwerker. Ohne ihn hätte ich die Scheune nie so hinbekommen, dass man darin wohnen kann.“ Sie strich sich das nasse Haar aus dem Gesicht. „Kommen Sie, das Bad ist dort drüben. Handtücher sind auch genügend da. Ich koche inzwischen Kaffee.“

Dave öffnete die Badezimmertür. „Danke, aber machen Sie sich meinetwegen keine Mühe.“

Kurz darauf kam er mit einem großen blauen Handtuch um die Schultern aus dem Bad. „Sie bekommen es wieder zurück.“

Sky nickte. „Möchten Sie wirklich keinen Kaffee?“

„Nein, wirklich nicht.“ Er öffnete die Tür.

„Vielen Dank, dass Sie mich nach Hause gebracht haben“, meinte Sky zögernd, da sie nicht wusste, was sie sonst sagen sollte.

Dave sah ihr in die Augen, doch sein Blick war unergründlich. „War nett, Sie kennenzulernen.“ Daraufhin ging er hinaus und schloss die Tür hinter sich. Sky blickte ihm durchs Fenster nach, bis er um die Ecke verschwunden war, wo sein Wagen stand.

Sie atmete tief durch und spürte, wie die Spannung allmählich aus ihrem Körper wich. Warum war sie überhaupt so nervös gewesen? Nur Dave Montanas wegen?

Nachdem Sky geduscht und sich das Haar gewaschen hatte, stieg sie auf den Heuboden und zog frische Jeans und ein rotes Sweatshirt an. Danach stellte sie Kaffeewasser auf, ging hinaus zum Briefkasten und holte die Post heraus.

Rasch ging sie die Briefe durch, bis sie auf eine Ansichtskarte stieß, auf der eine der Fidschiinseln dargestellt war. Die kam von Rocky!

Aufgeregt drehte Sky die Karte um und las die schnell dahingeschriebenen Zeilen:

„Hey, Blue Sky!

Ich hoffe, es geht Dir gut. Mir geht es bestens. Ich bin gerade mit dem Schiff unterwegs zu den Philippinen, und zwar zusammen mit einem exzentrischen französischen Dichter und seiner neurotischen Frau, einem kanadischen Chirurgen und einer uralten deutschen Opernsängerin. Das kann interessant werden!

Herzliche Grüße, Dein Rocky.“

Sky lachte vergnügt. „O, Rocky, du bist verrückt!“

Das Handtuch, das Dave mitgenommen hatte, kam per Post zurück. In dem Päckchen fand Sky eine Karte mit dem Montanalogo, auf der nur das eine Wort „Danke“ stand. Dave hatte die Karte selbst unterschrieben. Sky sah auf die Unterschrift und erschauerte.

Jedes Mal, wenn sie an Dave Montana dachte – und das hatte sie in den letzten zwei Tagen viel zu oft getan –, verspürte sie dieses merkwürdige Gefühl in der Magengegend. Es war wie eine dunkle Vorahnung, doch was sie bedeutete, konnte Sky sich nicht erklären.

Sie verdrängte den Gedanken schnell und beschloss, da sie nun Daves Adresse kannte, die Kleidungsstücke, die sie von ihm ausgeliehen hatte, ebenfalls per Post zurückzuschicken. Sky lächelte. Was würde wohl seine Sekretärin denken, wenn sie das Päckchen öffnete?

Am nächsten Abend sortierte Sky gerade Fotos, als es draußen läutete. Sie öffnete die Tür, und Dave Montana stand mit finsterer Miene vor ihr. Er trug einen Anzug mit Krawatte, hielt eine zusammengefaltete Zeitung in der Hand und kam allem Anschein nach direkt aus dem Büro.

„Hi“, grüßte Sky freundlich. Nur nicht nervös werden, mahnte sie sich im Stillen.

„Ich will mit Ihnen reden.“ Das klang eher wie ein Befehl als eine Bitte.

„Natürlich. Kommen Sie rein.“ Sie ging voraus und schloss hinter Dave die Tür. „Bitte, nehmen Sie Platz.“

„Danke, ich stehe lieber.“

Er sah sich die Fotocollage an der Wand an. Es war eine beeindruckende Bilderausstellung, der Sky ständig neue Fotos hinzufügte oder alte gegen neue austauschte. So konnte sie ihre Arbeit jederzeit studieren und analysieren. Die Wand wirkte wie ein Magnet auf jeden Besucher, und Dave schien dabei keine Ausnahme zu sein.

Er begutachtete die Bilder konzentriert, und Sky fragte sich, was er wohl dabei dachte.

Nach einer Weile drehte er sich um und sah sie schweigend an. Im nächsten Moment knallte er die Zeitung auf den Tisch. Sky blickte auf das Papier und sah, dass ein Artikel mit Rotstift dick umrandet war.

„Was wissen Sie davon?“, fragte Dave scharf.

Sky verspürte erneut dieses merkwürdige Gefühl in der Magengegend. „Was weiß ich wovon?“

„Ich warne Sie. Treiben Sie keine Spielchen mit mir. Sie würden es bereuen.“

Furcht und Zorn stiegen gleichzeitig in Sky auf. Sie hatte keine Ahnung, wovon Dave sprach. „Was fällt Ihnen ein, so mit mir zu reden?“, verteidigte sie sich wütend.

„Ich rede mit Ihnen, wie ich es für richtig halte, verstanden?“ Daves Augen blitzten bedrohlich auf. „Und jetzt frage ich Sie noch einmal: Was haben Sie mit dieser Sache zu tun?“ Er deutete auf den rotumrandeten Artikel. „Und ich warne Sie: keine Spielchen mehr, Sky Malone!“

Autor

Karen Van Der Zee
Karen van der Zee wuchs in Holland auf und begann schon früh mit dem Schreiben. Als junges Mädchen lebte sie ganz in der Welt ihrer Träume, verschlang ein Buch nach dem anderen und erfand zudem eigene Geschichten, die sie in Schulheften aufschrieb und liebevoll illustrierte. Leider entdeckten ihre Brüder eines...
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Valerie Parv
Valerie Parv hatte schon 18 Sachbücher verfasst und schrieb für eine Zeitung beliebte Kolumnen, bevor sie die Welt der Romances entdeckte.
Im Nachhinein ist sie froh, dass sie vorher nicht wusste, wie anstrengend das Schreiben von Liebesromanen sein kann. Aber nach 50 Romances kann sie von sich behaupten, dass es...
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