Romana Weekend Band 28

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DAS GEHEIMNIS DES SCHÖNEN ITALIENERS von LUCY GORDON

Ohne die Hilfe von Dante Rinucci wäre Fiona verloren, seit ihre Brieftasche gestohlen wurde. In seiner Heimatstadt Neapel erweist er sich nicht nur als charmanter Urlaubsbegleiter, sondern auch als ein Mann, der fantastisch küsst. Doch Fiona ahnt, dass er etwas vor ihr verbirgt.

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  • Erscheinungstag 26.07.2025
  • Bandnummer 28
  • ISBN / Artikelnummer 9783751533256
  • Seitenanzahl 400
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Lucy Gordon, Diana Hamilton, Catherine Spencer

ROMANA WEEKEND BAND 28

Lucy Gordon

1. KAPITEL

Schrilles Hupen ertönte, grelle Lichter blitzten in der Dunkelheit auf. Fiona saß mit zusammengepressten Händen im Taxi, während sich der Fahrer einen Weg durch den zähflüssigen Mailänder Verkehr bahnte.

„Oh nein! Ich werde den Zug verpassen. Bitte!“

„Ich gebe mir die größte Mühe, Signorina“, antwortete der Chauffeur über seine Schulter, „aber dieser Verkehr ist einmalig auf der Welt.“ Es klang, als wäre er stolz darauf.

„Ich weiß, dass Sie keine Schuld trifft“, stöhnte Fiona, „aber ich habe ein Ticket für den Nachtzug nach Neapel. Er fährt in fünfzehn Minuten ab.“

Darüber lachte der Mann nur. „Überlassen Sie das mir, Signorina. Ich fahre seit zwanzig Jahren in Mailand Taxi, und kein Fahrgast hat je seinen Zug verpasst.“

Nach zehn atemberaubenden Minuten kam endlich die imposante Fassade des Mailänder Bahnhofs in Sicht. Nachdem Fiona aus dem Wagen gesprungen war und den Fahrer bezahlt hatte, erschien ein Gepäckträger.

„Zum Zug nach Neapel“, keuchte sie.

„Hier entlang, Signorina.“

Sie rannten so schnell über den Bahnsteig, dass sich die Menschen nach ihnen umdrehten. Plötzlich stolperte Fiona und fiel dem Gepäckträger der Länge nach vor die Füße, sodass er ebenfalls stürzte.

Fiona hätte schreien mögen, weil im letzten Moment doch noch alles schiefging, aber wie durch ein Wunder griffen hilfreiche Hände nach ihr, zogen sie hoch und schubsten sie in den Zug. Das Gepäck flog hinter ihr her, dann hörte sie, wie die Tür zufiel.

„St. bene?“, fragte ein Mann.

„Es tut mir leid. Ich spreche kein Italienisch“, antwortete Fiona, während sie sich aufhelfen ließ.

„Ich habe gefragt, ob es Ihnen gut geht.“

„Ja, aber … Gütiger Himmel, der Zug setzt sich schon in Bewegung. Ich hätte dem armen Mann etwas Geld geben sollen.“

„Überlassen Sie das mir.“

Über der Fensterscheibe befand sich eine breite, aber schmale Luke. Der Mann zwängte seinen Arm hindurch und hielt einen Geldschein hinaus, den der Gepäckträger dankbar in Empfang nahm. Der Mann winkte, zog den Arm zurück und wandte sich Fiona zu, die neben ihm im Gang stand. Der Zug nahm bereits Fahrt auf.

Jetzt konnte Fiona ihren Retter näher betrachten und glaubte, einer Sinnestäuschung zu erliegen. So gut konnte einfach niemand aussehen! Er war etwa Anfang dreißig, von stattlicher Größe, hatte breite Schultern und so rabenschwarzes Haar, wie es offenbar nur bei Italienern vorkam. Seine dunkelblauen Augen blitzten vor Temperament. Er glich eher einem Romanhelden – aber doch nicht einem Mann aus dem wirklichen Leben.

Und doch war er ihr wie ein Held zu Hilfe geeilt. Diese Begegnung war einfach zu schön, um wahr zu sein. Aber, na wenn schon, sie hatte schließlich Urlaub und beschloss, ihn einfach zu genießen!

Der Mann erwiderte ihren prüfenden Blick voller Anerkennung. Offenbar gefielen ihm ihre schlanke Figur und ihr rotblondes Haar. Fiona war nicht eingebildet, aber auch nicht übertrieben bescheiden. Sie wusste, dass sie attraktiv war, und kannte den entsprechenden Augenausdruck der Männer. Inzwischen reagierte sie nicht mehr darauf.

„Ich gebe Ihnen das Trinkgeld natürlich zurück“, versprach sie.

Hinter ihnen betrat eine Frau den Gang. Sie war etwa Mitte sechzig, hatte weißes Haar und wirkte ausgesprochen vornehm.

„Haben Sie sich verletzt, meine Liebe?“, fragte sie. „Das war ein böser Sturz.“

„Danke, es geht mir gut. Ich fühle mich nur etwas benommen.“

„Dante, führe sie in unser Abteil.“

„Sei du so nett, Tante Hope. Ich komme mit dem Gepäck nach.“

Die Frau fasste Fiona sanft am Arm und führte sie den Gang entlang bis zu einem Abteil, vor dem ein älterer Mann stand und ihnen entgegensah. Er trat beiseite, um Fiona vorbeizulassen, und bot ihr einen Platz an.

„Soviel ich gehört habe, sind Sie Engländerin“, bemerkte die Frau mit liebenswürdigem Lächeln.

„Ganz recht. Ich heiße Fiona Edmunds.“

„Ich bin auch Engländerin … zumindest war ich es vor langer Zeit. Jetzt bin ich Signora Hope Rinucci. Das ist mein Ehemann Toni … und dieser junge Mann ist unser Neffe Dante Rinucci.“

Dante kam gerade mit dem Gepäck herein. Er schob es unter die Bank, setzte sich und rieb sich den rechten Oberarm.

„Bist du verletzt?“, fragte seine Tante besorgt.

Dante verzog das Gesicht. „Die Luke war so schmal, dass ich wahrscheinlich bis an mein Lebensende blaue Flecken haben werde“, meinte er und lachte gleich darauf. „Schon gut, mir fehlt nichts. Es war nur Spaß. Mach dir keine Gedanken, und kümmere dich lieber um unsere neue Freundin. So ein Bahnsteigboden ist ziemlich hart.“

„Das stimmt.“ Fiona rieb sich die Knie.

„Soll ich einmal nachsehen?“ Dante streckte hoffnungsvoll die Hand aus.

„Nein, das sollst du nicht“, erklärte seine Tante bestimmt. „Benimm dich gefälligst. Geh lieber in den Speisewagen, und bestelle für Signorina Edmunds etwas zu trinken. Das gilt für euch beide“, fügte sie mit einem strengen Blick auf Toni hinzu.

Beide Männer standen wie gehorsame Schuljungen auf und verließen schweigend das Abteil.

Hope schmunzelte. „Also, Signorina … das ist doch richtig?“

Signorina Edmunds, aber nennen Sie mich bitte Fiona. Nach allem, was Ihre Familie für mich getan hat, sind Formalitäten nicht mehr nötig.“

„Einverstanden. Dann müssen Sie mich aber auch …“ Hope wurde durch ein Klopfen unterbrochen. Der Schlafwagenschaffner sah herein. „Ah, Sie möchten die Betten machen. Kommen Sie, Fiona. Leisten wir den Männern Gesellschaft.“

Auf dem Weg zum Speisewagen fuhr sie fort: „In welchem Abteil schlafen Sie?“

„In gar keinem“, gestand Fiona. „Ich habe im letzten Moment gebucht, da war kein Bett mehr frei.“

Sie erreichten den Speisewagen, wo Toni und Dante an einem Tisch saßen. Dante stand sofort auf und bot Fiona den Platz neben sich an.

„Da kommt der Kontrolleur“, meinte Hope. „Regeln wir alles Praktische, bevor uns der Kellner stört. Vielleicht lässt sich doch noch ein freies Bett finden.“

Damit nahm das Unglück seinen Lauf. Während die Rinuccis ihre Reisedokumente vorzeigten, suchte Fiona vergeblich nach ihrer Fahrkarte. Am Ende ließ sich die unangenehme Wahrheit nicht mehr leugnen.

„Alles ist weg“, flüsterte sie. „Mein Geld, mein Pass und das Ticket. Meine Handtasche hatte sich bei dem Sturz geöffnet … Ich muss sofort zurück.“

„Der Nachtzug fährt ohne Halt bis Neapel.“

„Er wird halten, damit man mich hinauswerfen kann“, jammerte Fiona. „Ich habe keine Papiere.“

„Wir finden bestimmt eine Lösung“, sagte Hope beruhigend.

Toni verhandelte bereits auf Italienisch mit dem Kontrolleur. Nach einigem Hin und Her gab er ihm seine Kreditkarte.

„Sie stellen Ihnen ein neues Ticket aus“, erklärte Hope.

„Das ist überaus großzügig.“ Fiona atmete auf. „Ich zahle das Geld natürlich zurück.“

„Machen Sie sich darüber keine Sorgen. Zunächst müssen wir ein freies Bett für Sie finden.“

„Nichts leichter als das“, meinte Dante. „Ich habe ein Zweibettabteil gebucht, also ist ein Bett noch frei. Daher …“

„… kann Toni bei dir schlafen, während Fiona zu mir kommt.“ Hope lächelte zufrieden. „Eine wunderbare Lösung.“

„Eigentlich hatte ich etwas anderes im Sinn …“

„Ich weiß, was du im Sinn hattest, und du solltest dich schämen.“

„Natürlich, Tante Hope. Ganz, wie du meinst.“

Doch Dante zwinkerte Fiona zu, und sie war wieder von seinem Charme bezaubert. Seine Fügsamkeit war so offensichtlich gespielt und passte so wenig zu diesem attraktiven, selbstsicheren Mann, dass sie lachen musste.

Der Kontrolleur wechselte noch einige Worte mit Toni und verschwand eilig.

„Er will die Bahnpolizei in Mailand benachrichtigen“, erklärte Toni. „Man soll nach Ihren Papieren suchen. Sie haben den Verlust so früh entdeckt, dass man einem Dieb vielleicht zuvorkommen kann. In jedem Fall sollten Sie Ihre Kreditkarten sofort sperren lassen.“

Fiona war ratlos. „Wie ist das von hier aus möglich?“

„Das Britische Konsulat wird Ihnen helfen“, versicherte Dante und holte sein Handy heraus.

Wenige Augenblicke später hatte er die Nummer des Mailänder Konsulats, wählte sie und gab das Handy an Fiona weiter. Der diensthabende Attaché war äußerst hilfreich. Er suchte die Nummern der betroffenen Banken heraus, nannte Fiona ein Aktenzeichen und wünschte ihr eine angenehme Nacht. Anrufe bei den Banken ergaben eine sofortige Sperrung der Kreditkarten und das Versprechen, neue auszustellen. Mehr konnte Fiona im Moment nicht tun.

„Ich weiß nicht, was ich ohne Sie getan hätte“, dankte sie ihren neuen Freunden. „Was hätte mir alles passieren können!“

„Denken Sie nicht daran“, sagte Hope. „Alles wird gut. Der Kellner bringt uns sogar eine Stärkung. Ich sehe, ihr habt Kuchen und Wein bestellt. Da fehlt nur noch eine große Kanne Tee.“

„Englischer Tee“, betonte Toni und gab dem Kellner die entsprechenden Anweisungen.

Der Tee schmeckte ausgezeichnet, ebenso der Kuchen.

„Wann haben Sie zum letzten Mal etwas gegessen?“, fragte Hope fürsorglich.

„Etwas Richtiges? Oh, das ist eine Weile her. Mein Entschluss zu dieser Reise kam ganz plötzlich. Ich nahm den Zug von London nach Paris und stieg dort nach Mailand um. Ich fliege nicht gern und bin lieber unabhängig, um überall aussteigen zu können. In Mailand hat es mich einige Tage gehalten. Ich habe viel gesehen und schick eingekauft. Eigentlich wollte ich erst morgen früh weiterfahren, aber dann änderte ich meine Meinung, packte und hetzte zum Bahnhof.“

„Das nenne ich richtig leben“, begeisterte sich Dante. „Heute hier, morgen da. Mag der Tag bringen, was er will.“ Er nahm Fionas Hand und fuhr dramatisch fort: „Sie sind eine Frau nach meinem Herzen, Signorina. Mehr als eine Frau … eine Göttin, die den Sinn des Lebens erfasst hat. Meinen Glückwunsch, aber warum lachen Sie?“

„Entschuldigung.“ Fiona rang nach Luft. „Ich kann bei solchem Quatsch nicht ernst bleiben.“

„Quatsch? Ist das ein neues Wort?“

„Nein“, erklärte seine Tante belustigt. „Das Wort gibt es schon lange, und es bedeutet, dass du Unsinn redest.“

„Jedenfalls für mich“, fiel Fiona ein. „Andere sind vermutlich begeistert.“

„Andere?“ Dante machte ein gekränktes Gesicht. „Ist Ihnen nicht klar, dass ich nur zu Ihnen spreche? Dass nur Sie … aber lassen wir das. Normalerweise habe ich mehr Erfolg.“

Das Eingeständnis brachte alle zum Lachen, aber Dante gab noch nicht auf. „Es ist schön, einer Frau mit echter Abenteuerlust zu begegnen“, meinte er. „Gilt das nur für Ihren Urlaub? Kehren Sie danach zu Ihrem langweiligen Acht-Stunden-Tag und Ihrem Acht-Stunden-Verlobten zurück?“

„Wenn ich einen Verlobten hätte, würde ich kaum alleine reisen“, bemerkte Fiona.

Dante überlegte einen Moment. „Er hat Sie betrogen“, vermutete er, „und Sie erteilen ihm eine Lektion. Bei Ihrer Rückkehr wird er eifersüchtig sein … besonders, wenn er die kompromittierenden Aufnahmen von uns beiden sieht.“

„Und wie wird es zu diesen Aufnahmen kommen?“

„Das findet sich. Ich kenne mehrere gute Fotografen.“

„Ich wette, dass keiner so gut ist wie ich“, erklärte Fiona.

„Sie sind Fotografin?“, schaltete sich Hope ein. „Pressefotografin?“

„Nein, ich arbeite für das Theater.“ Ohne besondere Absicht fügte sie an Dante gerichtet hinzu: „Und er war durchaus nicht langweilig. Kein bisschen.“

Dante antwortete nicht, sah sie aber neugierig an und nickte bedächtig.

„Lass das arme Kind doch in Ruhe essen“, ermahnte ihn seine Tante.

Hope nahm Fiona weiter unter ihre Fittiche und erklärte wenig später, dass nun Schlafenszeit sei. Sie gingen zu ihrem Schlafwagen zurück und sagten einander Gute Nacht. Toni und Dante verschwanden in dem einen, Hope und Fiona in dem anderen Abteil.

Als Fiona wenig später ihren Hosenanzug aufhängte, fielen einige Münzen heraus. „Ich wusste gar nicht, wie reich ich bin“, sagte sie und hielt die Münzen hoch.

„Drei Euro“, meinte Hope. „Damit wären Sie nicht weit gekommen.“

Sie setzten sich auf das untere Bett und tranken den Tee, den sie mitgebracht hatten.

„Sie sagten, Sie seien ursprünglich Engländerin“, erinnerte sich Fiona. „Dabei sprechen Sie Italienisch, als wären Sie schon lange hier.“

„Über dreißig Jahre“, erwiderte Hope.

„Haben Sie Kinder?“

„Sechs … alles Söhne.“

Ihr tragisch-ironischer Unterton erweckte Fionas Sympathie. „Haben Sie sich jemals Töchter gewünscht?“

Hope lächelte. „Wenn man sechs Söhne hat, denkt man an nichts anderes mehr. Allerdings habe ich ja inzwischen sechs Schwiegertöchter. Als unser letzter Sohn vor einiger Monaten heiratete, beschlossen Toni und ich, auf Reisen zu gehen. Jetzt waren wir in Mailand, um seine Verwandten zu besuchen. Tonis Bruder Taddeo, dem er sehr nahestand, ist vor vielen Jahren gestorben. Dante, Taddeos ältester Sohn, begleitet uns nach Neapel. Er ist ein bisschen verrückt. Aber das werden Sie bald selbst feststellen, wenn Sie bei uns wohnen.“

„Ich kann Ihre Hilfe unmöglich länger in Anspruch nehmen.“

„Meine Liebe, Sie haben keinen Pass und kein Geld. Was wollen Sie tun, wenn Sie nicht bei uns bleiben?“

Fiona seufzte. „Ich fürchte, Sie haben sich mit mir eine schöne Last aufgeladen.“

„Im Gegenteil, Ihr Besuch wird mir eine Freude sein. Wir können uns über England unterhalten. Ich liebe Italien und vermisse dennoch meine Heimat. Sie werden mir erzählen, was sich alles verändert hat.“

„Wenn es so ist …“

„Ich hoffe, dass Sie recht lange bei uns bleiben, aber jetzt muss ich schlafen.“

Hope wählte das untere Bett, und Fiona kletterte in das obere. Während sie dalag und dem Geräusch des dahinbrausenden Zugs lauschte, dachte sie über ihre Situation nach. Sie hatte England gerade erst verlassen und befand sich schon in einer Notlage, in der sie auf die Hilfe fremder Menschen angewiesen war.

Welche seltsame Wendung hatte ihr Leben doch kürzlich genommen! Sie geriet ins Grübeln, doch das monotone Rauschen des fahrenden Zugs machte sie müde, und nach kurzer Zeit war sie eingeschlafen.

2. KAPITEL

Fiona erwachte mit quälendem Durst. Sie erinnerte sich, dass die Snackbar auch während der Nacht geöffnet war. Die geretteten drei Euro würden für ein Getränk genügen. Sie stieg aus dem Bett und tastete in der Dunkelheit nach ihrem Morgenmantel. Vorsichtig, um Hope ja nicht zu wecken, schlich sie sich in den Gang und suchte den Speisewagen auf.

Sie hatte Glück. Die Snackbar war geöffnet, aber menschenleer. Der Barkeeper döste vor sich hin.

„Könnte ich wohl eine Flasche Mineralwasser bekommen?“, fragte sie mit einem Blick auf die Preisliste. „Oje … das macht vier Euro. Gibt es auch kleine Flaschen?“

„Kleine Flaschen sind leider ausverkauft“, entschuldigte sich der Barkeeper.

„Oh nein!“ Fiona war bitter enttäuscht.

„Kann ich vielleicht helfen?“

Sie drehte sich um und erkannte Dante. „Ich muss schon wieder um Geld betteln“, seufzte sie. „Ich komme um vor Durst.“

„Dann werde ich Champagner für Sie bestellen.“

„Nein, danke. Nur eine Flasche Mineralwasser.“

„Champagner ist bekömmlicher“, versuchte Dante sie zu überreden. Er war offensichtlich auf einen Flirt aus.

„Nein“, beharrte Fiona. „Wasser löscht besser den Durst.“

„Dann kann ich Sie nicht überreden?“

„Nein.“ Fiona wurde langsam wütend. „Sie können mir aber aus dem Weg gehen. Gute Nacht.“

Dante lenkte sofort ein. „Seien Sie nicht böse“, bat er. „Ich habe nur Spaß gemacht.“ Er wandte sich an den Barkeeper. „Bringen Sie der Signorina alles, was sie möchte. Ich nehme einen Whisky.“

Er legte Fiona den Arm um die Schultern – sanft, aber doch fest genug, um eine Flucht zu verhindern – und führte sie zu einem Fensterplatz. Der Barkeeper brachte das Mineralwasser und wollte einschenken, aber sie trank gleich aus der Flasche.

„Das war gut“, seufzte Fiona und schnappte dabei nach Luft. „Eigentlich müsste ich mich bei Ihnen entschuldigen. Ich sollte meine schlechte Laune nicht an Ihnen auslassen.“

„Sie sind nicht gern auf andere Menschen angewiesen, nicht wahr?“

„Ich bettle nicht gern“, bestätigte sie missmutig.

Dante runzelte die Stirn. „Was heißt betteln? Sie lassen sich nur von Freunden helfen.“

„Ich werde jeden Cent zurückzahlen“, schwor sie.

„Schluss damit. Sie fangen an, mich zu langweilen.“

Fiona gab ihm insgeheim recht und trank lieber noch etwas von dem erfrischenden Wasser.

„Ihr Urlaub scheint ziemlich chaotisch zu verlaufen“, bemerkte Dante. „Hatten Sie die Reise lange geplant?“

„Überhaupt nicht“, gestand sie. „Ich habe das Notwendigste in eine Tasche gepackt und bin einfach losgefahren.“

„Das klingt vielversprechend. Sie sind also Fotografin?“

„Für das Theater und manchmal auch für den Film. Mein großer Held ist Schauspieler und glänzt gerade in einem Stück von Shakespeare. Jedenfalls war es so, bis …“ Fiona brach mitten im Satz ab.

„Sie können nicht aufhören, wenn es gerade spannend wird“, drängte Dante.

„Ich machte die Bühnenaufnahmen. Wir hatten etwas miteinander, ohne dass ich ewige Treue erwartete. Ich wollte nur seine ungeteilte Aufmerksamkeit, solange es dauern würde.“

„Ein verständlicher Wunsch“, bekräftigte Dante.

„Das fand ich auch, aber eine seiner Kolleginnen fing an, ihm schöne Augen zu machen. Vielleicht wollte sie ihn nur für die eigene Karriere benutzen, aber … Ach, ich weiß nicht. Er sieht einfach zu gut aus.“

„Ist er bekannt?“

„Es handelt sich um Sandor Jayley.“

Dante machte große Augen. „Ich habe gestern einen seiner Filme gesehen. Man sagt ihm eine große Zukunft voraus.“ Er begann, die Klatschzeitungen zu zitieren: „Der Mann, von dem jede Frau träumt. Der Mann, dessen Blick genügt …“

Fiona musste lachen. „Hören Sie schon auf! Wer soll das ernst nehmen? Übrigens spricht durchaus einiges für ihn.“

„Sein Aussehen, seine Wirkung …“

„Das umwerfende Lächeln und mehr Charme, als gut ist … jedenfalls für mich. Eben das Übliche. Nichts Besonderes.“

„Ja, letzten Endes bleibt nicht viel“, gab Dante zu. „Man fragt sich, warum die Leute so viel Wirbel darum machen.“

Er gähnte und drehte sich zur Seite, sodass er ein Bein auf den Nebensitz legen konnte. Fiona fiel auf, wie entspannt und geschmeidig er sich bewegte. Sein Hemd war leicht geöffnet und ließ die glatte Brust erkennen. Das schwarze Haar trug er vielleicht etwas zu lang.

Er besaß ebenfalls das „Übliche“, wie sie zugeben musste, und sogar noch mehr. Sein Gesicht war nicht nur anziehend, sondern auch interessant und ebenmäßig. Die tiefblauen Augen hatten einen mutwilligen Ausdruck und verrieten sowohl Humor wie scharfen Verstand.

Eine Spielernatur, urteilte sie mit geschultem Blick. Ein Mann, der geneigt ist, seine Umwelt ständig mit Worten und Taten zu verblüffen. Genau das würde sie bei Aufnahmen herauszuarbeiten versuchen.

Plötzlich wandte er sich wieder zu ihr, sah sie durchdringend an und sagte: „Erzählen Sie mir die Geschichte.“

Fiona seufzte. „Wo soll ich anfangen? Bei meiner ahnungslosen Verliebtheit oder seinem Entsetzen über meine ‚skrupellose Gemeinheit‘?“

„Skrupellose Gemeinheit?“ Dante wurde lebhaft. „Das klingt interessant. Bitte weiter.“

„Ich begegnete Tommy, als ich für die Bühnenaufnahmen engagiert wurde.“

„Tommy?“

„Ich meine Sandor. Sein richtiger Name ist Tommy Wiggs.“

„Kein Wunder, dass er ihn abgelegt hat. Mich interessiert jedoch vor allem, wie Sie skrupellos und gemein werden konnten.“

„Dazu kommen wir noch. Nachträglich glaube ich, dass er mich verliebt machen wollte, um mich als Fotografin zu motivieren. Daher lud er mich zum Essen ein und bezauberte mich.“

Dante zog die Augenbrauen hoch. „Mit seinem berufsmäßigen Charme?“ Das erschien ihm wenig glaubhaft.

„Nein, so plump war er nicht. Er gab sich sogar große Mühe, den Schauspieler zu verleugnen und ganz privat zu erscheinen. Darum sollte ich ihn auch Tommy nennen … das entspräche seinem inneren Menschen. Sandor sei für alle da.“ Fiona bemerkte Dantes skeptischen Gesichtsausdruck und fügte hinzu: „Heute verursacht mir das ebenfalls Magenschmerzen, aber damals tat es seine Wirkung. Tommy ist zum Filmstar und nicht zum Schauspieler geboren. Großaufnahmen sind seine Stärke. Je näher man ihm kommt, umso mehr überzeugt er.“

„Und er schaffte es, dass Sie ihm ganz nah kamen?“

„Am ersten Abend noch nicht, aber bald darauf.“

Fiona schwieg und dachte an die Stunden, die ihr so romantisch erschienen waren und rückblickend lächerlich wirkten. Wie leicht hatte sie es ihm gemacht, und wie froh war sie, das alles hinter sich zu haben! Nur ganz wenige Augenblicke hielten der Erinnerung stand, so trügerisch sie auch gewesen waren.

Dante beobachtete sie und las mühelos in ihrem Gesicht. Er winkte dem Barkeeper, und als Fiona ihre Gedanken abschüttelte, sah sie, dass er ihr Champagner einschenkte.

„Ich hatte den Eindruck, dass Sie ihn jetzt brauchen“, erklärte er.

„Ja“, gab sie zu. „Vielleicht haben Sie recht.“

„Wie hatte sich der Filmstar auf die Bühne verirrt?“, fragte Dante weiter.

„Er wollte von den Menschen ernst genommen werden.“

„Gott im Himmel! Einer von denen, die mit ihrem Gesicht Karriere machen und sich dann beklagen, dass sie nicht respektiert werden.“

Fiona lächelte. „Sie treffen den Nagel auf den Kopf. Kennen Sie ihn vielleicht doch persönlich?“

„Nein, aber ich kenne den Typ. Er findet sich nicht selten unter den Kunden, deren Häuser ich verkaufen soll. Ich meine den Typ, der nur von sich selbst überzeugt ist. Sagt man nicht so in Ihrer Sprache?“

„Ganz genau. Jemand hatte Tommy den Floh ins Ohr gesetzt, dass er in einer Shakespearerolle unvergesslichen Eindruck machen würde. Darum erklärte er sich bereit, in ‚Antonius und Kleopatra‘ aufzutreten.“

„Als der große Liebhaber Marcus Antonius?“

„Ja. Ich habe allerdings den Verdacht, dass ihm nur das Römische wichtig war. Da durfte er spärliche Kostüme tragen, knappe Tuniken, in denen er seine nackten Beine zeigen konnte. Tommy hat sehr gute Beine. Er ließ alle Tuniken in der Schneiderei um fünf Zentimeter kürzen, damit auch etwas von den Oberschenkeln zu sehen war.“

Dante erstickte fast vor Lachen.

„Am Ende kam eine sehr verstümmelte Version des Stücks heraus, denn Tommy konnte sich die langen Dialoge nicht merken. Außerdem mussten Kleopatras Szenen erheblich gekürzt werden.“

„Um sie nicht zu sehr in den Vordergrund zu rücken?“

Fiona nickte. „Tommy wollte sich die Schau nicht stehlen lassen, aber eigentlich war das unnötig. Alle starrten sowieso nur auf seine Schenkel.“

„An gebrochenem Herzen leiden Sie jedenfalls nicht“, stellte Dante fest.

„Auf keinen Fall. Das Ganze war verrückt. Showbusiness oder Lebenserfahrung … ganz wie Sie wollen. Eine Vorstellung der einen oder anderen Art. Die Menschen neigen dazu, sich nicht Vorhandenes einzubilden oder Vorhandenes zu leugnen.“

Ein seltsamer Ausdruck erschien in Dantes Augen, als hätten ihre Worte ihn tief getroffen. Er schien antworten zu wollen, unterließ es aber, als würde er sonst zu viel von sich preisgeben.

Fiona hatte ihn anfangs für jemanden gehalten, der das Leben nicht ernst nimmt. In diesem Mann steckt doch mehr als eine Spielernatur, ging es ihr jetzt durch den Kopf. Er gaukelt der Welt etwas vor, um sich besser verstecken zu können. Den wahren Dante Rinucci soll niemand kennen.

Wie zum Beweis schloss er für einen Moment die Augen. Als er sie wieder aufschlug, war er so entspannt wie vorher. Hatte sie sich den Stimmungsumschwung nur eingebildet? Seine nächsten Worte legten das nahe.

„Das klang ziemlich philosophisch.“

„Es tut mir leid.“

„Sie sagten, die Menschen bilden sich gern etwas ein. Dachten Sie dabei an sich selbst?“

„Auch. Ich wusste, dass eine andere es auf Tommy abgesehen hatte, und konnte nicht annehmen, dass er dieser Versuchung widerstehen würde. Dazu war er zu eitel. Trotzdem war es ein Schock, als ich ihn nach der Vorstellung vom Theater abholen wollte und die beiden überraschte.“

„Wobei überraschten Sie sie … oder erübrigt sich die Frage?“

„Mehr oder weniger. Sie waren noch auf der Bühne und lagen ausgestreckt auf Kleopatras Grab, ohne irgendetwas um sich herum wahrzunehmen. Ich hörte, wie sie sagte: ‚Oh, du bist wirklich Antonius … ein großer Held!‘“

„Vermutlich waren sie …“, Dante machte eine dezente Pause, „… nicht mehr ganz angezogen?“

„Nun, Tommy trug noch seine kurze Tunika, aber das bedeutete nicht viel.“

Dante war fasziniert. „Und wie reagierten Sie? Bestimmt schlichen Sie sich nicht tränenüberströmt davon. Das passt nicht zu Ihnen. Sie gingen hin und versetzten ihm einen Faustschlag.“

„Weder das eine noch das andere.“ Fiona machte eine Kunstpause. „Ich wage kaum zu sagen, was ich tat.“

„Sind wir endlich bei der ‚skrupellosen Gemeinheit‘ angelangt?“, fragte Dante hoffnungsvoll.

„Erraten. Ich habe immer meine Kamera bei mir …“

Dante brach in so schallendes Gelächter aus, dass der Barkeeper erschrocken hochfuhr. „Das glaube ich nicht!“

„Doch. Sie boten ein prachtvolles Bild. Ich machte so viele Aufnahmen, wie ich konnte … aus den verschiedensten Winkeln.“

„Ohne dass Tommy etwas merkte?“

„Er kehrte mir den Rücken zu, mit dem Gesicht nach unten …“

„Sehr verständlich. Und sie?“

„Da sie zu ihm aufsah, bemerkte sie mich natürlich und genoss jede Sekunde. Anschließend stürmte ich davon, suchte das Redaktionsbüro einer einschlägigen Zeitung auf und verkaufte die Fotoserie.“

Dante sah sie bewundernd an. „Einfach so?“

„Einfach so.“

Sein Respekt wuchs ins Unermessliche. Eine Frau, die auf den Betrug ihres Liebhabers nicht mit Vorwürfen und Tränen reagierte, sondern sich gezielt an ihm rächte, war ganz nach seinem Herzen.

„Was geschah dann?“, fragte er, noch immer fasziniert.

„Ein Sturm brach los und legte sich bald wieder. Das Theater war zuvor schon gut besucht gewesen, aber jetzt gab es nur noch Stehplätze. Die junge Kollegin schwärmte in einem Interview von Tommys Unwiderstehlichkeit, und er bekam den nächsten fetten Filmvertrag. Daraufhin schmiss er die Shakespearerolle hin, was den Intendanten zur Verzweiflung trieb, bis der Ersatzschauspieler begeisterte Kritiken bekam. Er war ein enger Freund des Intendanten … somit waren alle zufrieden.“

„Bis auf Sie. Was kam für Sie dabei heraus?“

„Die Zeitschrift zahlte mir ein kleines Vermögen. Ich hatte fast schon ein schlechtes Gewissen, aber dann kam der Scheck und … na ja …“

„Man muss auch an sich selbst denken.“

„Das sagte ich mir auch. Mick, mein Agent, machte mir klar, dass andere ihr Leben lang auf so eine Geschichte warten, die Ruhm und Geld bringt. Also verwarf ich meine Skrupel und beschloss, meiner alten Sehnsucht zu folgen und nach Italien zu fahren. Einige Wochen musste ich allerdings noch warten, denn ich wurde plötzlich mit Aufträgen überhäuft. Warum, war mir nicht ganz klar.“

„Ihre besonderen Fähigkeiten hatten sich herumgesprochen“, mutmaßte Dante.

Fiona nickte. „Vermutlich war das der Grund. Schließlich nahm ich keine Aufträge mehr an, packte in aller Eile meine Reisetasche und fuhr über Paris nach Mailand. Nachdem ich dort einige Tage herumspaziert war, wollte ich unbedingt nach Neapel. Es war schon Abend, und jeder vernünftige Mensch hätte bis zum nächsten Morgen gewartet. Darum tat ich es nicht.“

Das gefiel Dante. „Sie folgten einer spontanen Eingebung“, meinte er. „Es gibt nichts Schöneres.“

„Ich habe immer ein sehr geregeltes Leben geführt … vielleicht zu geregelt“, gestand Fiona. „Es war herrlich, einfach mal verrücktzuspielen.“ Sie lachte halb verlegen. „Die Rolle scheint mir allerdings nicht zu liegen. Ich habe sie gründlich verpatzt, oder?“

„Sie dürfen nicht verzagen. Übung macht den Meister.“

„Um Himmels willen! Das war mein erster und letzter Versuch.“

„Unsinn.“ Damit war Dante nicht einverstanden. „Sie fangen doch erst an. Soll ich Ihnen beibringen, so zu leben, als könnte jeder Augenblick der letzte sein?“

„Ist das Ihre Philosophie?“

Dante antwortete nicht gleich. Er hatte sich über den Tisch gebeugt und blickte Fiona direkt ins Gesicht. Dann lehnte er sich wieder zurück. „Ja, das ist meine Philosophie. Nichts anderes macht das Leben so spannend.“

Fiona fühlte ein leichtes Unbehagen. Eigentlich gab es keinen Grund dafür, aber irgendetwas in Dantes Verhalten passte nicht zu der lockeren Unterhaltung. Schon vorhin hatte er sich plötzlich in sich selbst zurückgezogen, und das schien er jetzt wieder zu tun.

Was verbarg dieser Mann vor ihr? Es reizte sie sehr, das herauszufinden.

„Ich bin der lebende Beweis dafür, wie … spannend es sein kann, sich dem Augenblick zu überlassen“, sagte sie. „Als ich heute Morgen aufwachte, habe ich mit alldem nicht gerechnet.“

Dante lächelte. Der unbehagliche Augenblick war vorbei. „Wie hätten Sie damit rechnen können, einem der Großen dieses Landes zu begegnen?“, fragte er. „Einem Mann, dessen Kopf auf Münzen abgebildet ist?“ Als Fiona ihn ratlos ansah, zog er ein 2-Eurostück hervor. Das Profil hatte tatsächlich eine gewisse Ähnlichkeit mit ihm.

„Oh, natürlich!“, rief sie aus. „Dante Alighieri, Ihr berühmter Dichter. Hat man Sie nach ihm genannt?“

„Ja. Meine Mutter gab sich der Hoffnung hin, dass ich dann auch berühmt werden würde.“

„Jeder erlebt seine Enttäuschungen“, erklärte Fiona nachdrücklich.

Die Antwort war ganz nach seinem Geschmack. „Ist Ihnen Dante vertraut?“, fragte er.

„Das wäre zu viel gesagt. Er lebte vom späten dreizehnten bis zum frühen vierzehnten Jahrhundert und schrieb die ‚Göttliche Komödie‘, in der er eine Reise von der Hölle über den Läuterungsberg zum Paradies schildert.“

„Sie haben die ‚Göttliche Komödie‘ gelesen? Ich bin beeindruckt.“

„Nur in einer englischen Übersetzung, und ich musste mich zum Schluss ziemlich quälen.“ Fiona lachte. „Die Hölle ist viel interessanter als das Paradies.“

„Allerdings“, stimmte Dante zu. „Das Paradies kam mir schon immer unerträglich vor. Diese ewige Tugend!“ Er schüttelte sich. „Zum Glück werde ich dort wohl nicht hinkommen. Noch etwas Champagner?“

„Nur noch einen Schluck.“

Ein Zug donnerte in Gegenrichtung vorüber. Fiona beobachtete die vorbeihuschenden Lichter und stellte sich Dante dabei als Höllenfürsten vor, was ihr nicht schwerfiel. Er wirkte verführerisch und zugleich gefährlich. Sein wahres Wesen verbarg er hinter vollendetem Charme. Sie hatte ihn bisher für Anfang dreißig gehalten, aber er konnte genauso gut einige Jahre älter sein. Auf seinem Gesicht spiegelten sich die verschiedensten Erfahrungen – gute und schlechte.

„Woran denken Sie?“, fragte er unvermittelt.

„Ich überlegte, aus welchem Teil der anderen Welt Sie kommen“, gestand Fiona.

„Natürlich von der siebenten Stufe des Läuterungsberges“, antwortete er, ohne eine Erklärung hinzuzufügen.

Fiona verstand ihn auch so. Auf der siebenten Stufe mussten die ausharren, die sich zu sehr der Wollust hingegeben hatten.

„Dachte ich es mir doch“, sagte sie. „Ich habe es nicht vorgeschlagen, um Sie nicht zu kränken.“

Sein Lächeln verriet, dass er das niemals als Kränkung empfunden hätte. Nachdem sie eine Weile schweigend an ihrem Champagner genippt hatten, fragte er: „Sie wohnen natürlich bei uns?“

„Wie Ihre Tante schon sagte … Ich habe zunächst kaum eine andere Wahl.“

„Bleiben Sie möglichst lange“, bat er. „Die italienische Bürokratie arbeitet langsam, aber wir werden Sie nach Kräften unterhalten.“

Was er damit meinte, war klar. Warum nicht?, überlegte Fiona. Sie war in der richtigen Stimmung für einen kleinen Flirt – zumal mit einem Mann, der ihn so leichtnehmen würde wie sie selbst. Dazu war er anziehend, unterhaltend und erfahren genug, um sich an die Spielregeln zu halten.

„Ich freue mich darauf“, erwiderte sie. „Hope möchte, dass ich ihr von England erzähle … eine mehr als bescheidene Gegenleistung.“

„So viele Italiener müssen manchmal bedrückend auf sie wirken“, meinte Dante. „Dabei geht sie ganz in der Familie auf, und wir lieben sie alle. Meine Eltern starben, als ich fünfzehn war. Seitdem ist sie wie eine zweite Mutter für mich.“

„Wohnen Sie auch in Neapel?“

„Ich bin in Mailand zu Hause und fahre nur mit, weil ich in der Gegend von Neapel gute Geschäfte vermute. Vielleicht bleibe ich dort, wenn ich mich erst umgesehen habe.“

„Was für ein Geschäft betreiben Sie?“

„Ich bin Grundstücksmakler, aber mich interessiert nur das Ungewöhnliche. Parks, alte Villen … etwas in der Art.“

Dante gähnte, und vertrautes Schweigen trat ein. Fiona fühlte sich erschöpft und gleichzeitig zufrieden. Die Welt lag jenseits dieses Zugs, der mit ihr durch die Nacht raste. Dante starrte in die Dunkelheit, sein Gesicht spiegelte sich schwach in der Fensterscheibe. Seine Augen hatten einen weltfernen Ausdruck. Er schien in der Dunkelheit Dinge zu sehen, die ihr verborgen blieben und ihn mit düsterer Intensität verfolgten.

Endlich stand er zögernd auf und streckte die Hand aus. „Wir wollen gehen.“

An der Tür zu ihrem Abteil blieb er stehen und sagte freundlich: „Sorgen Sie sich um nichts. Ich verspreche Ihnen, dass alles in Ordnung kommt. Gute Nacht.“

Fiona schlüpfte leise in ihr Abteil, um Hope nicht zu wecken. Im Nu hatte sie die Leiter erklommen und sich zugedeckt. Mit geschlossenen Augen lag sie da und dachte an den Mann, den sie gerade verlassen hatte. Er war auf sonderbare Weise liebenswert, und sie hatte nichts dagegen, mehr Zeit mit ihm zu verbringen – solange alles unverbindlich blieb.

Doch das Grübeln dauerte nicht lange. Das kaum merkliche Schwanken des fahrenden Zugs wirkte beruhigend, und bald war sie fest eingeschlafen.

3. KAPITEL

Am nächsten Morgen war gerade noch Zeit für ein rasches Frühstück, bevor der Zug Neapel erreichte. Hope sah aufgeregt aus dem Fenster, um festzustellen, welcher ihrer Söhne auf dem Bahnsteig wartete.

„Justin ist in England und Luke in Rom“, erklärte sie Fiona. „Carlo kommt erst übermorgen aus Sizilien zurück, also muss es einer der drei anderen sein.“

Wie sich herausstellte, waren alle drei erschienen und winkten, während der Zug einfuhr. Nachdem die Reisenden ausgestiegen waren, umarmten sie ihre Eltern, klopften Dante auf die Schulter und betrachteten Fiona voller Neugier.

„Das sind Francesco, Ruggiero und Primo“, erklärte Toni. „Geben Sie sich keine Mühe, sie zu unterscheiden. Die genaue Vorstellung heben wir uns für später auf.“

„Fiona hat großes Pech gehabt und ist unser Gast, bis alles geregelt ist“, setzte Hope hinzu. „Jetzt möchte ich erst mal nach Hause.“

Es standen zwei Autos zur Verfügung. Im ersten fuhren Hope, Toni und Fiona, mit Francesco am Steuer. Im zweiten folgten die beiden anderen Brüder, mit Dante und dem Gepäck.

Hope sah während der ganzen Fahrt aus dem Fenster, bis sie endlich Fionas Arm drückte und rief: „Da ist sie … die Villa Rinucci!“

Die Villa lag auf einem Hügel, mit der Frontseite zum Meer, und leuchtete in der Sonne. Fiona war hingerissen. Da oben findet man nicht nur Schönheit, sondern auch Sicherheit, ging es ihr durch den Kopf.

Als sie näher kamen, erkannte Fiona, dass alles noch großartiger war, als sie anfangs gedacht hatte. Bäume umstanden das Haus, aber es lag so hoch, dass es aus den Wipfeln herauszuwachsen schien. Eine kleine, dickliche Frau und zwei ländlich wirkende Mädchen beobachteten die näher kommenden Autos und winkten lebhaft.

„Das ist Elena, die Wirtschafterin“, erklärte Fiona. „Die beiden Mädchen sind ihre Nichten und helfen ihr, wenn sich die ganze Familie hier versammelt. Ich habe Elena vom Zug aus angerufen. Sie weiß, dass Sie kommen, und hat ein Zimmer für Sie vorbereitet.“

Gleich darauf hielten sie am Fuß der Terrasse, die das Haus umgab, und stiegen aus. Fiona wurde einige Stufen hinaufgeführt, und wenig später betraten sie die Villa. „Bestimmt möchten Sie gleich in Ihr Zimmer gehen“, meinte Hope. „Kommen Sie herunter, wenn Sie sich stark genug fühlen, meinen unmöglichen Söhnen zu begegnen.“

Die „unmöglichen“ Söhne strahlten vor Wiedersehensfreude, und Fiona ließ sich von Elena unauffällig den Weg zu ihrem Zimmer zeigen. Sie verstand gut, dass die Familie zunächst unter sich sein wollte.

Ihr Zimmer war sehr komfortabel, mit eigenem Bad und einem breiten bequemen Bett. Es lag an der Vorderseite der Villa und bot einen atemberaubenden Blick über die Bucht von Neapel, der gerade jetzt am schönsten war. Das Wasser glitzerte in der Morgensonne und erstreckte sich bis zum fernen Horizont – eine Einladung zu grenzenlosem Entzücken und Genießen.

Fiona duschte kurz und zog ein hellblaues Kleid an, das einfach geschnitten, aber modisch war. In dieser Hinsicht würde sie im eleganten Italien jedenfalls nicht unangenehm auffallen.

Von unten drang Lachen herauf. Fiona trat ans Fenster und sah die Familie Rinucci unter den Bäumen an einem rustikalen Holztisch sitzen. Sie plauderten zwanglos und amüsierten sich so gut, dass es Fiona warm ums Herz wurde.

Sie hatte zwar ein glückliches, aber nur kurzes Familienleben gehabt. Ihre Eltern waren Einzelkinder gewesen, wie sie selbst. Ihre Großeltern hatte sie kaum gekannt. Die einen waren früh gestorben, die anderen waren nach Australien ausgewandert. Inzwischen lebte auch ihr Vater nicht mehr, und ihre Mutter hatte es vorgezogen, zu ihren Eltern nach Australien zu ziehen. Sie wäre dort ebenfalls willkommen gewesen, aber sie hatte sich für London und eine vielversprechende Karriere entschieden. Ihre Einsamkeit war also selbst gewählt, und sie hatte nach dem Desaster mit Tommy auf keine mitfühlende Seele zählen können.

Natürlich hatte sie Freundinnen, mit denen sie gerne ausgegangen war, aber diese Karrierefrauen begeisterten sich nur für ihre kluge Rache an Sandor Jayley mit der Fotostory. Echtes Mitgefühl hatte ihr gefehlt, und sie war regelmäßig in ihr leeres Zuhause zurückgekommen, wo sie mit niemandem sprechen und nur ihren Erinnerungen nachhängen konnte.

Hope sah sie am Fenster stehen und gab ihr ein Zeichen, sich der Familienrunde anzuschließen. Fiona zögerte nicht und eilte die Treppe hinunter, hinaus auf die Terrasse und weiter in den Garten. Die Männer standen auf, als sie sich dem Tisch näherte – eine traditionelle Höflichkeit, die ihr schmeichelte. Dante kam ihr sogar einige Schritte entgegen, nahm sie an der Hand und führte sie zu einem Stuhl.

„Das ist die junge Lady, die wir im Zug getroffen haben“, sagte Hope, nachdem sie Fiona auf beide Wangen geküsst hatte. „Sie wird einige Zeit bei uns bleiben.“

Primo war ihr Stiefsohn aus erster Ehe, Ruggiero und Francesco stammten aus der Ehe mit Toni. Die Brüder glichen sich kaum, und bei Francesco machte sich zusätzlich ein schwermütiger Zug bemerkbar, als trüge er schwer an einer seelischen Last. Nach einer Weile stand er auf und sagte: „Ich möchte lieber gehen, Mama, damit ich vor Celia zu Hause bin.“

„Wundert sie sich nie, dass du so sehr darauf achtest?“, fragte Hope.

„Sie wundert sich immer und möchte es mir abgewöhnen, aber …“ Francesco zuckte die Schultern. „Ich tue es trotzdem.“ Zu Fiona gewandt, fügte er hinzu: „Meine Frau ist blind und wird böse, wenn ich zu viel Rücksicht nehme, aber ich kann nun mal nicht anders.“

„Geh nur“, meinte Hope. „Hauptsache, du lässt uns morgen bei der Party nicht im Stich.“

Francesco umarmte sie und verschwand. Fast gleichzeitig fuhr ein Auto vor, aus dem zwei junge Frauen ausstiegen. Eine war dunkelhaarig und so auffallend schön, dass sie auch in ihrem hochschwangeren Zustand bezauberte. Die andere war blond und eher elegant als schön. Sie wurde von einem kleinen Jungen begleitet, der gerade laufen konnte.

„Das sind Polly und Matti“, stellte Ruggiero seine Familie vor.

„Und das ist meine Frau Olympia“, ergänzte Primo und zog die dunkelhaarige Schönheit zärtlich an sich.

Inzwischen wurde es Zeit für den Lunch. Hope ging in die Küche, um zu schauen, was Elena vorbereitete, beim Abschmecken zu helfen und letzte Anweisungen zu geben. Auch ihre Schwiegertöchter und Söhne folgten ihr. Die Männer probierten die Speisen und machten freimütig Verbesserungsvorschläge.

„Dann stimmt es also, was man über die Italiener sagt“, stellte Fiona fest.

„Was sagt man denn?“, fragte Dante dicht an ihrem Ohr. „Sie machen mich wirklich neugierig.“

„Dass in diesem Land alle Männer begnadete Köche sind“, antwortete sie. „Haben Sie vielleicht etwas anderes erwartet?“

„Oh nein.“ Dante war sichtlich enttäuscht. „Aber Sie haben recht. Kochen ist für uns alle eine Kunst. Darin unterscheiden wir uns von den Engländern, die bei jeder Gelegenheit Würstchen mit Kartoffelbrei essen.“ Er sah Fiona scharf an. „Was haben Sie? Warum machen Sie so ein bedrücktes Gesicht?“

„Ich dachte gerade … Sollte ich nicht das Mailänder Konsulat anrufen? Vielleicht weiß man inzwischen mehr.“

„Ich fahre Sie heute Nachmittag in die Stadt“, versprach Dante. „Dann suchen wir das hiesige Konsulat auf. Und jetzt genug von so banalen Dingen. Schließlich wollen wir ein bisschen Spaß haben.“

„Unbedingt“, stimmte Fiona vergnügt zu.

Dante hielt Wort. Nach dem Lunch lieh er sich Tonis Wagen und fuhr Fiona hinunter in die Altstadt bis zum Konsulat, das nah am Hafen lag. Die Nachrichten, die sie dort erhielten, waren enttäuschend. Man hatte weder Fionas Pass noch ihre Kreditkarten gefunden.

„Obwohl wir den Verlust gleich gemeldet haben, muss der Dieb schneller gewesen sein“, meinte Dante. „Zum Glück kann er nur wenig damit anfangen.“

„Wir können Ihnen einen provisorischen Pass ausstellen“, sagte die Konsulatsangestellte. „Das würde allerdings einige Tage dauern. Dort drüben ist ein Fotofix, wo sie sich selbst fotografieren können.“

„Das übernehme ich“, erklärte Dante mit einem Blick auf Fionas Handtasche. „Sie leihen mir doch Ihre Kamera?“

Fiona erfüllte die Bitte und fragte: „Was machte Sie so sicher, dass ich die Kamera bei mir habe?“

„Sie erzählten mir im Zug davon. Eine Frau, die es schafft, ihren untreuen Liebhaber bildlich zu überführen, lässt sich keine Gelegenheit entgehen.“

Fiona zeigte ihm, wie die Digitalkamera funktionierte. Dann gingen sie nach draußen, und Fiona ließ sich eine Weile hin und her scheuchen, während Dante Aufnahmen machte.

„Zeigen Sie etwas mehr von Ihren hübschen Schultern“, forderte er sie auf. „Ja, so ist es richtig. Und jetzt den Kopf schütteln … damit das Haar voller wirkt.“

„Wir brauchen Passbilder“, protestierte Fiona.

„Wer sagt das?“, fragte Dante mit frechem Lächeln. „Vielleicht habe ich etwas ganz anderes im Sinn.“

Sie gingen wieder hinein, schalteten die Kamera auf Wiedergabe und zeigten die Bilder der Konsulatsangestellten, die sie mit rührender Geduld betrachtete. „Keins davon ist geeignet“, entschied sie schließlich. „Benutzen Sie lieber den Fotofix.“

„Das hätten wir gleich tun sollen“, meinte Fiona.

„Dann wäre ich um allen Spaß gekommen“, widersprach Dante. „Also los. Setzen Sie sich in den Kasten, und machen Sie die geforderten langweiligen Aufnahmen.“

Nachdem alle Formalitäten erledigt waren, suchten sie ein Café auf und erholten sich bei Cappuccino von der Strapaze.

„Wenn Sie die Villa Rinucci schon jetzt für ein Tollhaus halten, sollten Sie bis morgen warten“, sagte Dante. „Dann kommt die restliche Familie.“

„Sie ist wirklich sehr zahlreich“, bestätigte Fiona. „Ihre Tante sprach von sechs Söhnen.“

„Das stimmt, aber sie wohnen nicht alle hier im Süden. Luke und Minnie kommen aus Rom, Justin und Eve aus England. Sie bringen Mark, Justins Sohn aus erster Ehe, und ihre kleinen Zwillinge mit.“

„Ist denn so viel Platz in der Villa?“, fragte Fiona besorgt.

„Selbstverständlich“, beruhigte Dante sie.

„Aber Sie sind da … und ich bin …“, beharrte Fiona. „Wem nehme ich das Zimmer weg? Am Ende schläft jemand meinetwegen auf dem Sofa, und das kann ich nicht dulden. Ich muss verschwinden.“

„Wohin? In ein Hotel? Ohne Geld und Papiere?“

„Wenn Sie mir etwas Geld leihen …“

„Ausgeschlossen“, unterbrach Dante sie. „Ich müsste im Hotel für Sie bürgen, und das könnte ich nicht mit gutem Gewissen tun. Weiß ich, ob Sie vertrauenswürdig sind?“

Fiona musste trotz ihrer Besorgnis lachen. „Reden Sie nicht von Vertrauen“, meinte sie. „Wer selbst so wenig Vertrauen verdient, sollte mit solchen Äußerungen vorsichtiger sein.“

„Gütiger Himmel!“, rief er dramatisch aus. „Sie hat mich durchschaut. Da kann ich auch die Maske fallen lassen. Ich halte Sie in der Villa fest, um Sie mir gefügig zu machen. Mit Geld könnten Sie fliehen, und das widerspricht meinen dunklen Absichten.“

„Wie dunkel die wohl sein mögen?“

„Das ist nicht schwer zu erraten, oder? Aber wie auch immer … Sie befinden sich in meiner Gewalt.“

„Bilden Sie sich nicht zu viel ein“, warnte Fiona.

„Wollen Sie einem Mann verbieten zu träumen?“, fragte er mit einem sehnsüchtigen Blick.

„Er kann träumen, soviel er will“, antwortete sie streng, „solange er seine Träume nicht mit der Wirklichkeit verwechselt. Übrigens haben Sie meine Frage noch nicht beantwortet. Wem nehme ich das Zimmer weg?“

Dante unterdrückte ein Lächeln.

„Oh nein!“, rief sie. „Sagen Sie das nicht.“

„Wenn es Ihr Gewissen quält, könnten wir uns das Zimmer teilen“, schlug er vor.

„Hören Sie schon auf!“

„Meinetwegen, aber einen Versuch war es wert. Das können Sie mir nicht verbieten.“

„Ich kann es und tue es.“

„Das würden Sie nicht sagen, wenn Sie an meiner Stelle wären.“

Fiona gab sich geschlagen. Wie sollte sie einem Mann Vernunft beibringen, der sie so offen anstrahlte? Sie musste eine bessere Gelegenheit abwarten.

„Wenn Sie mich so hart zurückweisen, muss ich mich mit den Fotos trösten, die ich vorhin gemacht habe“, setzte Dante das Gespräch fort.

„Ich habe sie gelöscht“, erklärte Fiona unbarmherzig.

„Von wegen! Wer so reizvolle Aufnahmen von seinem untreuen Liebhaber behält, vernichtet auch keine Starfotos von sich selbst.“

„Würden Sie endlich aufhören, so zu sprechen?“, bat Fiona verzweifelt.

„Aus welchem Grund?“

Was sollte sie darauf antworten? Weil ich es zu aufregend finde und mehr Zeit brauche? Ausgeschlossen.

Dante war ein Mann mit Verstand. Er ließ keinen Zweifel daran, dass er sie begehrte, aber der lockere Ton, der zwischen ihnen herrschte, nahm ihr jede Befangenheit. Sie fühlte sich in seiner Gesellschaft entspannt und nicht unter Druck gesetzt. Natürlich würde er keinen Moment zögern, mit ihr zu schlafen, aber erst, wenn sie ihr Einverständnis signalisiert hatte. Bis dahin würde er geduldig abwarten.

Fiona fragte sich, wie viele Frauen ihm schon erlegen waren und wie sie das unvermeidliche Ende verkraftet hatten. Zweifellos war er es, der die Dauer einer Affäre bestimmte. Er nahm die Liebe leicht und war schnell zum Abschied bereit. Doch dahinter steckte mehr. Das sagte ihr ein untrüglicher Instinkt, den sie sich nicht erklären konnte.

Ohne ersichtlichen Grund wechselte Dante den Ton und wurde „prosaisch“, wie er es genannt hätte. „Sie können nicht ohne Geld herumlaufen“, sagte er und nahm einige Scheine aus seiner Brieftasche. „Daran hätte ich längst denken sollen.“

„Aber Sie wollten mir doch kein Geld …“

„Die raue Wirklichkeit sieht anders aus“, unterbrach er sie. „Hier, nehmen Sie.“

Fiona staunte über die hohe Summe. „So viel?“, fragte sie. „Nein, Dante, das kann ich nicht annehmen.“ Sie wählte einige Scheine aus und schob den Rest zurück.

„Sie wissen nicht, was Sie vielleicht brauchen“, beharrte er und drückte ihr die Scheine in die Hand. „Vor allem müssen Sie unabhängig sein, und dafür brauchen Sie Geld. Verwahren Sie es gut.“

„Und was ist mit Ihrem Machtanspruch von vorhin?“, fragte sie, während sie das Geld in ihre Handtasche steckte. „Meine Unabhängigkeit ist Ihren dunklen Absichten nicht gerade förderlich.“

„Das stimmt“, gab er zu, „aber alles, was man erzwingt, bleibt unbefriedigend. Eine Frau soll an meine Tür klopfen und beteuern, dass sie sich nach meinen heißen Küssen verzehrt. Das macht viel mehr Spaß.“

„Erwarten Sie das auch von mir?“

Darüber schien er nachzudenken. „Nein“, gestand er dann. „Sie würden sich eher köpfen lassen, aber Träume sind erlaubt.“

Sie blickten einander vielsagend an, und jeder wusste, was der andere meinte.

Als sie wieder in der Villa ankamen, wurde bereits das Dinner vorbereitet.

„Einige Leute erscheinen nur zum Essen“, spottete Francesco und knuffte Dante in die Seite. Er hatte seine Frau von zu Hause mitgebracht und stellte sie Fiona jetzt vor.

Fiona hätte niemals angenommen, dass Celia blind war. Ihr fröhliches, lebhaftes Wesen, die Art, wie sie mit einer Wendung des Kopfes andeutete, dass sie alles in ihrer Umgebung mitbekam, schlossen diese Vermutung aus. Am Tisch auf der Terrasse entspann sich schnell eine zwanglose Unterhaltung, in der beide Frauen von ihrer Arbeit erzählten.

„Ich versuche, unsere Theater blindenfreundlicher zu gestalten“, erzählte Celia. „Damit meine ich eine bestimmte Anzahl von Plätzen, an denen über Kopfhörer das Geschehen auf der Bühne kommentiert wird. Vor zwei Monaten waren Francesco und ich in London, um Ideen zu sammeln. Wir haben uns viele Theaterstücke und Shows angesehen. Eine Aufführung war besonders aufregend. Sandor Jayley spielte die Hauptrolle, und das Publikum raste vor Begeisterung. Er soll in seiner knappen römischen Tunika unglaublich sexy ausgesehen haben. Francesco wollte mir das natürlich nicht sagen. Ich erfuhr es erst später, nachdem in einer Zeitschrift herrlich kompromittierende Fotos erschienen waren.“

Dante, der in der Nähe saß, hielt scharf die Luft an.

„Was ist los?“, fragte Celia. „Habe ich etwas Falsches gesagt?“

„Nein, nein“, beruhigte Fiona sie. „Es ist nur …“

Sie erzählte kurz ihre Geschichte, und Celia legte erschrocken ihre Hand auf den Mund. „Du meine Güte, was habe ich da angerichtet? Es war wirklich nicht meine Absicht …“

„Natürlich nicht“, versicherte Fiona. „Ich nehme die ganze Geschichte nur noch von der komischen Seite.“

Ihr unbeschwertes Lachen war der Beweis dafür, aber es dauerte eine Weile, bis Celia sich überzeugen ließ. Als Fiona zu Dante hinübersah, bemerkte sie einen seltsamen Ausdruck in seinen Augen, der an Bewunderung grenzte. Er schien etwas sagen zu wollen, aber ehe er dazu kam, rief Hope: „Fiona, Darling … wo sind Sie? Ich brauche Ihre Hilfe.“

„Ich bin gleich wieder da“, sagte Fiona und eilte davon.

Celia lauschte den leiser werdenden Schritten. „Eine tolle Frau“, sagte sie zu Dante. „Du kannst von Glück sagen.“

„Wie kommst du darauf, dass wir zusammengehören?“

„Francesco sagt, dass du sie nicht aus den Augen lässt.“

„Allerdings nicht, denn es lohnt sich.“

„Ich stelle mir ihr Gesicht sanft und lieb vor … wie ihre Stimme, als sie so besorgt auf mich einsprach. Sie muss reizend sein.“

„Das ist sie“, bestätigte Dante.

„Trauert sie diesem Sandor, den sie ‚Mr. Sexyle...

Autor

Diana Hamilton
<p>Diana Hamilton gehört zu den populären britischen Autorinnen für Liebesromane. Seit 1986 wurden über 50 Romane von ihr veröffentlicht. Bereits als Kind trainierte Diana Hamilton ihre Fantasie. Gern wäre das Stadtkind auf dem Land geboren, deshalb verwandelte sie den Baum im Garten des Nachbarn in einen Wald, aus einem Mauerloch...
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Catherine Spencer
<p>Zum Schreiben kam Catherine Spencer durch einen glücklichen Zufall. Der Wunsch nach Veränderungen weckte in ihr das Verlangen, einen Roman zu verfassen. Als sie zufällig erfuhr, dass Mills &amp; Boon Autorinnen sucht, kam sie zu dem Schluss, diese Möglichkeit sei zu verlockend, um sie verstreichen zu lassen. Sie wagte den...
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