Sag Ja, geliebte Romy!

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Sebastian Fox — gut aussehend, charmant und zu allem Überfluss auch noch steinreich — möchte nur eins: um jeden Preis der perfekte Ehemann werden. Und er hat ausgerechnet Romy gebeten, ihm dabei zu helfen. Hätte sie doch nur Nein sagen können! Zwar hat sie mit vielem gerechnet, aber ganz bestimmt nicht mit Sebastians überraschenden Küssen — so überaus zärtlich und sinnlich, dass sie ihn immer anziehender findet. Doch sie ist bereits mit einem anderen Mann verlobt …


  • Erscheinungstag 26.04.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733777371
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

PROLOG

„Delilah! Wie wunderschön du aussiehst!“, schwärmte Sebastian und erntete dafür ein strahlendes Lächeln samt hinreißenden Grübchen.

Delilah hatte sich in ein ziemlich gewagtes Ensemble gekleidet, bestehend aus einem kunterbunt gestreiften T-Shirt, einem Jeansoverall, einer pinkfarbenen Rüschenschürze und gelben Gummistiefeln. Die blonden Locken zierte ein farbenfrohes Sammelsurium aus Bändern und Spangen. Aber bei einer Vierjährigen wirkte es irgendwie unwiderstehlich.

Sie stürzte sich jetzt in Sebastians ausgebreitete Arme. Er hob seine kleine Nichte hoch und stöhnte theatralisch: „O weh, du magst ja schön sein, aber du bist vor allem schwer! Hast du Ziegelsteine zu Mittag gegessen?“

„Nein.“

„Elefanten?“

„Nein.“

„Schokoladenkuchen?“

Ihre Augen wurden kugelrund vor Staunen. „Woher weißt du das?“

Sebastian kitzelte ihr Bäuchlein. „Ja … genau, da kann ich noch ein Stück Schokoladenkuchen fühlen.“

Delilah wand sich kichernd in seinen Armen.

„Hast du nicht einen Termin?“, mischte sich Melinda, Delilahs Mutter, ein und sah ihren jüngeren Bruder sanft tadelnd an.

Sebastian warf einen Blick auf die Uhr. „Wie es aussieht, schaffe ich es sowieso nicht mehr pünktlich, da machen zehn Minuten auch nichts mehr aus.“

„Bringst du mich in den Nachmittagskindergarten, Onkel Sebastian?“, fragte Delilah.

Er sah seine Schwester fragend an, doch die zeigte nur missbilligend auf die Uhr.

„Ich weiß, ich weiß.“ Aber für ihn gab es gerade viel Wichtigeres als ausgerechnet diesen Termin. „Möchtest du es denn gern?“

„Hast du das große Auto dabei?“

Das „große Auto“ war Sebastians schwarzer Jeep, der von zahlreichen wilden Geländefahrten schon etwas ramponiert aussah. Aus irgendeinem Grund mochte Delilah ihn lieber als den schnittigen Sportwagen, auf den ihre beiden älteren Brüder flogen. Kein Zweifel, diese Kleine war eine Wildkatze, kein Luxuspüppchen, und Sebastian konnte es kaum erwarten, sie heranwachsen zu sehen. „Natürlich habe ich das große Auto dabei. Ich wusste doch, dass ich dich besuche.“

„Dann kannst du mich fahren!“

Melinda reichte ihrem Bruder resigniert Delilahs Brotdose und Rucksack.

„Tschüs, Mum!“

„Tschüs, mein Schatz.“ Sie gab ihrer kleinen Tochter einen dicken Schmatz auf die Wange.

„Tschüs, Schwesterchen.“ Sebastian hielt ihr ebenfalls die Wange hin, und Melinda zwickte ihn lachend.

Er trug seine Nichte durch die kühle Winterluft in Melbourne zu seinem Jeep, setzte sie in den Kindersitz auf der Rückbank und schnallte sie an. Ihre kleinen Füße reichten gerade bis zur Kante des Sitzes. Der Anblick ließ Sebastian lächeln und versetzte ihm gleichzeitig einen Stich. Sobald er Delilah beim Kindergarten abgesetzt hätte, würde sein Auto leer sein genauso wie sein riesiges Haus, in dem schon seit Jahren viele Zimmer darauf warteten, von Kinderlärm und – lachen erfüllt zu werden.

Sebastian startete den Motor und gab Gas, als könnte das laute Geräusch das Gefühl von Einsamkeit vertreiben, das ihn schon den ganzen Tag beschlich. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass er jetzt bereits fünfzehn Minuten zu spät dran war. Aber was machten schon fünfzehn Minuten, wenn er am Ende des Tages wieder einmal in ein großes, leeres Haus zurückkehren würde?

1. KAPITEL

Wütend drehte Romy ihren Beruhigungskristall, eine glatt geschliffene blauweiße Achatkugel, in der linken Hand und schaffte es so, ihre Ungeduld im Zaum zu halten.

Er kommt zu spät, dachte sie, wobei sie den drei anderen, die mit ihr an dem modernen, nierenförmigen Konferenztisch saßen, beruhigend zulächelte. Viel zu spät.

Sie alle warteten auf Sebastian Fox, einen ehemaligen Golfprofi, der sich zu einem professionellen Schürzenjäger gewandelt hatte, inzwischen eine ganze Reihe von Verlobungen und sogar eine Ehe vorweisen konnte, die allerdings nur sechs Monate gehalten hatte, und, wenn alles nach Romys Plänen verlief, bald der Exmann ihrer Klientin sein würde.

Schließlich hielt Romy es für geraten, ihrer wachsenden Frustration durch Bewegung Luft zu verschaffen. Sie stand auf und ging zur Tür. „Wem darf ich einen Kaffee mitbringen?“, fragte sie bewundernswert beherrscht.

Romys Anwaltsgehilfin Gloria, wie üblich von Kopf bis Fuß in kompromissloses Schwarz gekleidet, bat um einen einfachen Kaffee, schwarz natürlich. Janet, Romys Klientin, war gereizt und ließ es alle spüren. Selbst das beruhigende Meeresrauschen, das als dezentes Hintergrundgeräusch über versteckte Lautsprecher eingespielt wurde, konnte nicht das Stakkato ihrer langen, leuchtend rot lackierten Fingernägel übertönen, mit denen sie unaufhörlich auf die polierte Tischplatte klopfte. Sie bestellte einen doppelten Espresso, extra stark, und Romy fragte sich, wie der Tisch es wohl überleben würde, wenn sich diese Koffeindosis in Janets Körper bemerkbar machte. Alan Campbell, Sebastian Fox’ Anwalt, der allein auf der konkaven Seite des Tisches saß, bat mit Hinweis auf seinen nervösen Magen um ein Glas Wasser.

Mit ihrem malträtierten Beruhigungsstein in der Hand, ging Romy durch die offen angelegte, ultramoderne Büroetage der renommierten Kanzlei Archer, in der sie seit fünf Jahren angestellt war. Sie winkte einigen Klienten zu, die nicht gekommen waren, weil sie Rechtsbeistand suchten, sondern um an dem breit gefächerten Kursangebot teilzunehmen, das ihnen helfen sollte, sich in ihrem Leben nach der Scheidung zurechtzufinden. Das fing an bei einfachen Kochkursen und reichte über die Beratung allein erziehender Elternteile bis hin zu einem Kennenlerntreff für Geschiedene, der Romys Idee gewesen war.

Jetzt ging Romy geradewegs zu der mobilen Kaffeebar neben den Aufzügen. „Guten Morgen, Hank“, begrüßte sie den liebenswürdigen älteren Inhaber.

„Gut, Sie zu sehen, Miss Bridgeport. Gloria hat heute nicht wie sonst den Kaffee für Sie geholt. Da dachte ich schon, Sie seien krank.“

„Aber nein. Es war einfach zu viel zu tun.“ Romy gab ihre Bestellung auf und lauschte mit halbem Ohr, wie Hank ihr das Neueste von seiner Lieblingsmannschaft im Australian Football erzählte. Dabei drehte sie unaufhörlich den Beruhigungsstein in ihrer Linken, bemüht, so viel positive Energie wie möglich aufzusaugen. Der blauweiße Achat sollte Klarheit verleihen und ihre Selbstdarstellung bündeln, was sie dringend brauchen würde, sobald der gegnerische Klient aufgetaucht war. Wenn er überhaupt auftauchen würde.

Das Klingeln der Lifttür veranlasste Romy unwillkürlich, sich umzudrehen, um zu sehen, wer ankam. Als hätte sie durch das Reiben ihres Kristalls einen Geist beschworen, trat Sebastian Fox aus der Aufzugskabine … und er sah den kleinen Fotos in ihren Unterlagen nur wenig ähnlich, sondern eher so aus, als wäre er geradewegs einem Hochglanz-Männer-Magazin entstiegen.

Wenigstens ist er endlich da, dachte sie sachlich. Und mit sachlichem Blick begutachtete sie ihn von Kopf bis Fuß: dunkelbraunes Haar, sonnengebräunter Teint, ein markantes Gesicht, graugrüne Augen, umrahmt von beneidenswert dichten schwarzen Wimpern, und ein sinnlicher Mund, der stets zum Lächeln bereit schien. Unwillkürlich legte sich Romy eine Hand auf den Bauch, denn sie verspürte ein erregendes Kribbeln, gegen das ihr Beruhigungsstein machtlos war.

Er war nicht der erste gut aussehende, athletische, lässig, aber exklusiv gekleidete Mann, mit dem sie es zu tun hatte, aber sie hatte diese Erfahrung eigentlich als nicht wiederholenswert abgehakt. Als er an ihr vorbeiging, wollte Romy ihn zurückrufen und ihn wegen seines Zuspätkommens zur Rede stellen, doch sie brachte kein Wort über die Lippen … er roch einfach zu gut! Der Duft seines teuren After Shaves stieg ihr in die Nase und berauschte für einen Moment ihre Sinne.

Nur mit Mühe gelang es ihr, sich ins Gedächtnis zu rufen, warum sie diesen Mann nicht mochte. Der Mann, der jetzt an der Empfangstheke stand und sowohl von der jungen Frau als auch von den beiden jungen Männern, die dort Dienst taten, mit bewundernden Blicken bedacht wurde, stellte sozusagen einen Affront gegen alles dar, woran sie glaubte. Er war in den letzten sieben Jahren dreimal verlobt gewesen, wobei ihre Klientin Janet die Dritte gewesen war. Romy überlegte flüchtig, was Janet wohl anders gemacht haben mochte, um sich den Ehering passend zu dem beeindruckenden Verlobungsdiamanten an ihrer linken Hand zu verdienen. Wie auch immer, es hatte nur wenige Monate überdauert. Als Scheidungsanwältin war Romy eine ungewöhnliche Vertreterin ihrer Zunft, denn sie war eine leidenschaftliche Verfechterin der Ehe. Sie wandte ihr ganzes juristisches Können auf, um ihre Klienten aus unglücklichen Beziehungen zu befreien, aber nur um ihnen ausdrücklich die Gelegenheit zu geben, mit einem anderen Partner wahres Eheglück zu finden.

„Ihre Bestellung, Miss Bridgeport“, riss Hank sie jetzt aus ihren Gedanken. „Ich habe noch einen Teller mit Schokoladenkeksen dazugetan.“

„Danke, Hank.“

„Sie werden sie fertig machen, Miss Bridgeport.“

„Mit dem größten Vergnügen, Hank.“

Romy nahm das Tablett und ging davon. Sebastian Fox war nirgends zu sehen. Sicher war er schon im Konferenzraum. Das Tablett in der Hand, machte Romy sich ebenfalls auf den Weg, vorbei an den modernen Sofas und avantgardistischen Tischen im Empfangsbereich und dann durch unzählige Flure, und je mehr sie sich dem Konferenzraum näherte, umso mehr hatte sie das Gefühl, dass ihr der Beruhigungskristall bei dem, was ihr nun bevorstand, nicht sehr von Nutzen sein würde.

Sebastian bog zweimal falsch ab, was ihn beim ersten Mal in einer Kinderkrippe, beim zweiten Mal in einem Kochkurs landen ließ. Wenn ihm auf den Fluren nicht ständig Männer in Anzügen und Frauen in Kostümen begegnet wären, die unverkennbar juristische Unterlagen unter dem Arm trugen, hätte er nicht glauben wollen, dass er sich in einer Anwaltskanzlei befand. Endlich erreichte er den Konferenzraum, klopfte an die offene Tür und trat ein.

Alan stand auf und begrüßte ihn. „Das ist aber auch höchste Zeit, mein Lieber.“

„Tut mir leid. Alles schien sich verschworen zu haben, mich von hier fern zu halten.“

Alan lachte. „Das kann ich mir lebhaft vorstellen.“

Ein stakkatoartiges Klopfen ließ Sebastian aufhorchen. „Das Geräusch kenne ich doch“, sagte er und drehte sich zu Janet um. Lächelnd ging er um den Tisch herum, nahm Janet bei beiden Händen, zog sie hoch und küsste sie auf die Wange.

„Du kommst zu spät“, sagte sie tadelnd.

„Delilah hat mich aufgehalten“, antwortete er. „Ich musste sie in den Kindergarten bringen.“ Was nicht gelogen war.

„Du und diese Kinder. Du hast mehr Zeit mit ihnen als mit mir verbracht. Dir ist doch klar, dass wir deshalb heute hier sind, nicht wahr?“

Er wusste es, und es stimmte ihn traurig. „Was soll ich sagen? Ich denke, ich habe bewiesen, dass ich nicht zum Ehemann tauge.“ Sebastian sagte das mit einem kleinen Lächeln, aber im Grunde war ihm überhaupt nicht zum Lachen zumute. Das Gefühl von Leere, das ihn beschlichen hatte, als er Delilah am Kindergarten abgesetzt hatte, wurde mit Fortschreiten des Tages immer größer.

Janet seufzte resigniert und legte ihm die perfekt manikürte Hand auf die Wange. „Das ist Unsinn, Darling. Du bist nur nicht der richtige Ehemann für mich.“

Er lächelte sie liebevoll an, denn trotz des Missverständnisses, das ihn veranlasst hatte zu glauben, sie sei die Richtige für ihn, war sie liebenswert und einfühlsamer, als sie gewöhnlich ahnen ließ. Aber sie hatte recht, sie war nicht die Richtige für ihn, auch wenn sie beide es – aus unterschiedlichen Gründen hatten glauben wollen.

Janet tätschelte ihm sacht die Wange, bevor sie wieder neben einer ernsten jungen Frau Platz nahm, die von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet war. Sebastian hatte bereits gehört, dass Janets Anwältin knallhart und eine Männerhasserin sein sollte, und diese Frau sah ganz so aus. Mit ihrer schwarzen Kleidung, der kurzen schwarzen Stachelfrisur und den großen, durch schwarzen Lidstrich und Mascara betonten dunklen Augen konnte sie einem fast Angst einjagen. Fast.

Die überheblichen, in juristischem Fachjargon gehaltenen Briefe, die er über Alan aus dem Büro einer Miss Bridgeport erhalten hatte, hatten in seiner Vorstellung das Bild einer verknöcherten alten Jungfer heraufbeschworen, grau meliert und bekleidet mit einem bis oben zugeknöpftem marineblauem Kostüm. Doch der zornige Kobold, der ihm da gegenübersaß, sah so aus, als könnte er an Überheblichkeit die unzugänglichste Jungfer in den Schatten stellen.

„Sebastian“, sagte Alan, als hätte er seine Gedanken gelesen, „darf ich Ihnen Gloria vorstellen, Miss Bridgeports Anwaltsgehilfin?“

Vielleicht hatte er also doch recht. Vermutlich kippte die grauhaarige Jungfer sich gerade heimlich in ihrem Büro ein Gläschen Rum hinter die Binde und würde gleich wieder auftauchen, nach Mottenkugeln duftend. Der Gedanke ließ ihn lächeln.

Romy sah durch die offene Tür Sebastian lächeln und war für einen Moment erneut aus dem Konzept gebracht. Sie hätte die letzten Jahre schon auf dem Mond verbracht haben müssen, um dieses Lächeln nicht aus dem Fernsehen zu kennen. Frisch und jungenhaft, hatte es sie mehr als einmal veranlasst innezuhalten, wenn sie durch die Kanäle gezappt war und Sebastian Fox, sei es anlässlich der Siegerehrung bei einem Golfturnier, sei es auf irgendeiner Wohltätigkeitsveranstaltung für Kinder, auf der Mattscheibe erschienen war.

Gespannt beobachtete Romy, wie Gloria, an die Sebastian sich jetzt direkt wandte, auf dieses Lächeln reagieren würde.

„Gloria“, sagte er nun, und seine Stimme klang warm und schmeichelnd, „es ist mir ein Vergnügen, Sie kennen zu lernen.“

Doch Gloria, die Gute, strahlte tatsächlich spürbare Missbilligung aus. Auf sie war immer Verlass. Sie schüttelte Sebastian kühl die Hand und rieb sich anschließend ostentativ die Hände, als wollte sie jegliche Spur dieser Berührung tilgen. Romy unterdrückte ein Lachen.

In diesem Moment bemerkte Alan sie auf der Schwelle. Der Zeitpunkt war gekommen, dem Gegner ins Auge zu blicken. Gloria hatte sie ebenfalls entdeckt und beeilte sich, aufzustehen und ihr das Tablett mit den Drinks abzunehmen.

„Romy Bridgeport“, stellte Alan vor, „das ist mein Klient Sebastian Fox.“

Sie richtete sich kerzengerade auf, zog ihr Kleid glatt und wappnete sich insgeheim gegen die Konfrontation. Er ist nur ein herzloser Schuft, rief sie sich ins Gedächtnis, und du wirst ihn in die Schranken weisen!

Doch als Sebastian Fox sich ihr zuwandte, um sie zu begrüßen, kamen zwei Dreikäsehochs in den Raum gestürmt und riefen: „Romy! Romy!” im Chor. Die Zwillinge klammerten sich ungestüm an ihre Beine, sodass der Rock ihres Kleides hochglitt und Romy Mühe hatte, das Gleichgewicht zu wahren. Ihr Wunsch, einen professionellen Eindruck auf Sebastian Fox zu machen, war gründlich fehlgeschlagen.

Was immer Sebastian erwartet hatte, sie war ganz anders. Weder eine grauhaarige Jungfer noch ein zorniger Kobold und ganz anders als alle Anwälte, die er bis dahin kennen gelernt hatte. Romy Bridgeport war groß und gertenschlank und trug ein meerblaues Kleid, das sich eng an ihre sanften Rundungen schmiegte und augenblicklich einen aufreizenden Blick auf ihre wohlgeformten Oberschenkel gewährte. Ein farblich dazu passender, langer Blazer hing über der Rückenlehne eines Stuhls auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches.

Sebastian fiel es schwer, den Blick von ihr zu wenden. Atemberaubend ihre seidig schimmernde kastanienbraune Mähne mit dem frechen Fransenpony, der ihre strahlend blauen Augen betonte. Ihre anmutige Schönheit erinnerte eher an eine Meerjungfrau als an eine Anwältin.

Und während sie sich lachend in der Aufmerksamkeit der beiden Jungen sonnte, unterdrückte Alan ein Gähnen, hatte Gloria längst zum Telefon gegriffen, bemüht, die Kindergärtnerin ausfindig zu machen, saß Janet verkrampft auf ihrem Stuhl, als wären Mäuse ins Zimmer gehuscht. Letzteres überraschte Sebastian nicht mehr. Er hatte zu spät entdeckt, dass Janet nichts mit Kindern anfangen konnte.

„He, Jungs“, sagte Romy atemlos, „wie habt ihr mich gefunden? Seid ihr Samantha weggelaufen?“

„Erzähl uns eine Geschichte, Romy!“, befahlen die beiden mit einer Selbstverständlichkeit, wie es nur Dreijährige konnten.

Sie warf einen entschuldigenden Blick in die Runde, aber ihre blauen Augen blitzten vergnügt. „Romy hat jetzt keine Zeit. Sie muss diesen netten Leuten hier eine Geschichte erzählen.“

„Was für eine Geschichte?“, fragten die beiden wie aus der Pistole geschossen.

Sie überlegte keine Sekunde. „Die Geschichte, wie Rapunzel es mit dem fiesen Troll aufnimmt … und gewinnt.“

Sebastian unterdrückte ein Lachen.

„Wir wollen aber nicht, dass Rapunzel gewinnt!“

He, die beiden Jungen gefielen ihm!

„Das dachte ich mir“, antwortete Romy. „Wie wär’s, wenn ihr zu Samantha zurückgeht, und ich komme später und erzähle euch die Geschichte, wie der fiese Troll und sein noch fieserer Cousin, der Menschenfresser, Rapunzel gegessen haben, okay?“

Die Zwillinge sahen sich kurz an, nickten und stürmten dann so schnell wieder davon, wie sie gekommen waren.

„Entschuldigen Sie bitte“, wandte Romy sich an die Anwesenden, „die beiden gehören zu einer der Partnerinnen in der Kanzlei und haben ein Faible für meine Gruselmärchen entwickelt.“

„Ich kann es ihnen nicht verübeln“, warf Sebastian ein. „Der Troll und der Menschenfresser … das klingt wirklich verlockend.“

Ihr Lächeln verschwand, und sie sah ihn kühl an. Errötend zog sie sich den Rock ihres Kleides glatt und strich sich das zerzauste Haar aus dem Gesicht.

Sebastian reichte ihr über den Tisch die Hand, die sie nach merklichem Zögern ergriff. „Miss Bridgeport. Es freut mich sehr, Sie persönlich kennen zu lernen.“

„Und mich freut es, dass Sie endlich die Zeit dazu gefunden haben, Mr. Fox“, antwortete sie frostig.

„Nennen Sie mich doch Sebastian“, bat er.

Sie nickte, erwiderte aber ihrerseits nicht das Angebot, sie beim Vornamen zu nennen.

Sebastian war fasziniert. Er spürte hinter ihrer zur Schau getragenen Gleichmütigkeit eine mitreißende Energie, die ansteckend war. „Romy, nicht wahr?“, ließ er nicht locker. „Ein interessanter Name. Sicher steckt eine tolle Geschichte dahinter.“

Er sah, wie sie in ihrer Linken einen seltsamen, runden blauen Stein bewegte. Ein probates Mittel, um Nervosität und Spannungen abzubauen. Offenbar war sie doch nicht so cool und abgeklärt, wie sie andere glauben machen wollte.

„Es gibt heute Wichtigeres zu besprechen als meinen Namen, Mr. Fox“, sagte sie nun. „Setzen Sie sich doch bitte, damit wir zum Wesentlichen übergehen können.“

Mit besten Vorsätzen fügte sich Sebastian und nahm wieder Platz. Aber leider setzte sich Romy auch, ließ die Finger gedankenverloren durch ihr langes kastanienbraunes Haar gleiten und schlug die wohlgeformten Beine übereinander.

Wow.

Romy wiederum fühlte sich gar nicht wohl in ihrer Haut. Überraschenderweise schien sich ihr Gegner fast zu amüsieren! Romy hasste Überraschungen. Wenn man vorbereitet war, wurde man mit allem fertig. Nur das Unbekannte konnte tödlich sein. Nein, entschied sie. Es würde keine Überraschungen geben. Sie war bestens vorbereitet wie immer. Deshalb war sie auch nicht nervös … jedenfalls so gut wie gar nicht.

„Mr. Campbell, Mr. Fox, lassen Sie uns diese Sache so schnell wie möglich hinter uns bringen, in Ordnung? Dann können wir alle uns mit angenehmeren Dingen befassen.“ Sebastian sah sie bedeutsam an, und ihr Herz pochte schneller, angesichts der „angenehmeren Dinge“, die ihr in den Sinn kamen. Entschlossen legte sie ihren Beruhigungsstein als Papierbeschwerer auf ihre Unterlagen. Energiefluss und innere Schönheit konnten warten. Der Schürzenjäger hatte die Wildkatze in ihr geweckt, und die würde bald dafür sorgen, dass ihm sein selbstgefälliges Lächeln vergehen würde!

„Mr. Fox“, begann sie, „ich bin der Auffassung, dass meine Klientin Anrecht auf eine sehr viel großzügigere Abfindung hat, als Sie es bislang vorgeschlagen haben …“

In einer Stunde war alles vorbei. Ehe Romy richtig zur Hochform auflief, kapitulierte Sebastian urplötzlich. Er warf einen Blick auf die Uhr und sagte. „Es tut mir leid, wenn ich die Sache abkürzen muss, aber ich habe noch einen wichtigen Termin. Geben Sie Janet, was immer Sie haben will.“

Und zur Überraschung aller Anwesenden unterschrieb er mit schwungvoller Handschrift die von Romy vorbereiteten Verträge, klopfte seinem Anwalt freundschaftlich auf den Rücken und verließ den Konferenzraum.

Er hatte kampflos auf eine beträchtliche Summe verzichtet, nur um pünktlich zu einer Verabredung zu kommen. Romy fragte sich unwillkürlich, wer so wichtig für ihn sein konnte. Und der Gedanke, dass jemand Sebastian Fox so viel bedeutete, versetzte ihr einen schmerzhaften Stich.

2. KAPITEL

Eine Stunde später versuchte Sebastian immer noch, die Anwältin und ihre beißende Kritik zu verdrängen.

„He, Onkel Sebastian, aufgepasst!“, rief eine helle Stimme über den Footballplatz.

Sebastian nahm den Ball und rannte im Zickzack durch die Reihen der Jungen. Die körperliche Betätigung war genau das Richtige, um seiner Frustration Luft zu machen. Schließlich verlangsamte er seinen Lauf gerade genug, dass sein älterer Neffe ihn stellen konnte, ohne dass es wie Absicht aussah.

„Ich hab dich!“, rief Chris triumphierend.

„Ja, Chris, tatsächlich.“ Sebastian schüttelte ungläubig den Kopf und überließ den Football seinem Gegner. „Du bist einfach zu schnell für einen alten Mann wie mich.“

Stolz nahm Chris den Ball. „Sind alle bereit?“, rief er seiner Mannschaft zu und trabte zu den Toren. Von der Seitenlinie winkte jemand Sebastian wild zu. Sebastian vergewisserte sich, dass noch andere Erwachsene ein Auge auf das Spiel der Jungen hatten, und ging vom Platz.

„Schön, dich zu sehen, Tom.“ Er umarmte seinen Schwager und klopfte ihm auf die Schulter.

„He, pass auf, du bist ja ganz verschwitzt.“ Melindas Mann schüttelte den Kopf. „Die machen dich fertig da draußen!“

Sebastian lächelte. „Glaubst du, du kannst es besser? Dann mach mit!“

Tom hob abwehrend die Hände. „Nein, besten Dank. Du weißt doch … mein schlimmes Knie. He, Melinda hat mir gesagt, dass heute der Schicksalstag war. Die Scheidung, richtig?“

„Ja.“ Sebastians Lächeln verschwand. Er wich dem Blick seines Schwagers aus.

„Nun erzähl schon, was hat sie bekommen?“, ließ Tom nicht locker. „Du hast ihr doch nicht etwa das Strandhaus überlassen, oder? Wir haben den Kindern versprochen, eine Woche in den Sommerferien dort zu verbringen.“

„Nach dem Strandhaus hat sie nicht einmal gefragt.“ Sebastian zuckte die Schultern. „Aber sie hat reichlich bekommen. Allerdings lag das nicht einmal an ihr, sondern an ihrem Rechtsbeistand.“ Die Anwältin. Sie ging ihm einfach nicht aus dem Kopf. Lange Beine, strahlende Augen und dieses hinreißende Haar. Und nicht zuletzt ihre scharfen Vorwürfe hinsichtlich seines Lebenswandels. Er war schon des Öfteren als Playboy oder sogar als Schuft bezeichnet worden. Aber die Anwältin hatte ihn einen „neurotischen Neandertaler“ genannt, der „Frauen nur benutzte, um seinem aufgeblasenen Ego zu schmeicheln“, und das war schon hart.

„Muss ja eine richtige Kanone gewesen sein“, riss Tom ihn aus seinen Grübeleien. „Wie heißt er denn?“

„Er ist eine Sie, und ihr Name ist Romy Bridgeport.“

Tom grinste breit. „Du armer Kerl. Einige meiner Kollegen hatten bereits das Vergnügen, gegen sie auf der Verliererseite zu stehen. Allerdings hätte ich gedacht, dass, wenn überhaupt, du eine Chance hättest, ihrem Zauber zu widerstehen. Ist sie wirklich so eine Männerhasserin, wie man sagt?“

„Na ja, ich glaube, mich mochte sie jedenfalls nicht besonders.“

„Ach nein? Und ich dachte, jeder würde dich mögen, wo du doch so süß bist …“ Tom zwickte ihn neckend in die Wange, und Sebastian schlug seine Hand lachend weg. Aber ihm war eigentlich gar nicht zum Lachen zumute.

Es war wahr. Sie hatte ihn überhaupt nicht gemocht, hatte nicht einmal versucht, es aus Höflichkeit zu verbergen. Dennoch hatte er sich stark zu ihr hingezogen gefühlt … nicht nur ihre körperlichen Reize, sondern vor allem auch ihre übersprühende Energie hatten ihn in den Bann gezogen trotz ihrer harten Anschuldigungen.

„Wie man hört, ist sie mit irgendeinem Amerikaner verlobt“, fuhr Tom fort. „Welche Ironie … eine Scheidungsanwältin will heiraten! Man sollte meinen, sie stünde der Ehe sehr skeptisch gegenüber.“

Sebastian konnte sich nicht erinnern, einen Verlobungsring an ihrer Hand gesehen zu haben. „Du sagst, sie ist mit einem Amerikaner verlobt?“

„Ja, so heißt es. Allerdings habe ich noch keinen getroffen, der den Burschen schon einmal persönlich zu Gesicht bekommen hat. Vielleicht ist das Ganze ja auch nur ein Ablenkungsmanöver, um frisch geschiedene Klienten abzuwehren. Nach dem Motto: ‚Denken Sie erst gar nicht daran … ich bin verlobt!‘“

Lauter Jubel ließ Sebastian aufblicken. Einer aus seiner Mannschaft hatte einen Versuch erzielt. Sebastian sah sich zu Tom um und sprang ungeduldig von einem Fuß auf den anderen, als könnte er es nicht erwarten, auf den Platz zurückzukehren.

„Schwein gehabt“, sagte Tom lachend. „Geh schon. Aber ich bestehe darauf, die Details zu erfahren. Kommst du zum Abendessen und bleibst über Nacht?“

„In Ordnung.“ Sebastian lief schon los auf den Platz.

Hundemüde betrat Romy nach zehn Uhr das Foyer des Apartmenthauses, in dem sie wohnte. Sie hatte den Abend mit ihrer Gruppe von geschiedenen Singles verbracht … ehemals geprügelten Ehefrauen, betrogenen Ehemännern und einem Paar, das die erstaunliche Neuigkeit verkündet hatte, dass es sich wieder verlobt habe … miteinander! Die Arbeit mit diesen Menschen war Romy wichtig, weil sie wusste, dass sie alle sich eine gute, dauerhafte Beziehung wünschten.

Autor

Ally Blake
<p>Ally Blake ist eine hoffnungslose Romantikerin. Kein Wunder, waren die Frauen in ihrer Familie doch schon immer begeisterte Leserinnen von Liebesromanen. Sie erinnert sich an Taschen voller Bücher, die bei Familientreffen von ihrer Mutter, ihren Tanten, ihren Cousinen und sogar ihrer Großmutter weitergereicht wurden. Und daran, wie sie als junges...
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