Sag Ja zur Liebe

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Heiraten muss ansteckend sein – fürchtet Travis. Oder warum hat er sich bei der Hochzeitsfeier seines Bruders sofort in die bezaubernde Lacey verliebt? Ein bisschen unverbindlicher Sex hier und da war Travis immer genug. Aber Lacey weckt erschreckend tiefe Gefühle in ihm...


  • Erscheinungstag 16.11.2014
  • ISBN / Artikelnummer 9783733786960
  • Seitenanzahl 128
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Stirnrunzelnd legte Lacey einen Arm um das Lenkrad ihres Wohnmobils und schaute auf das schmiedeeiserne Schild, das die Einfahrt der Double-Heart-Cross-Ranch markierte. Wie passend, dachte sie bitter. Ihrer Einschätzung nach war der Besitzer der Ranch, Lucas McCloud, eine doppelzüngige, die Herzen der Frauen brechende Schlange, deshalb schien es nur passend, dass der Name seiner Ranch diese Eigenschaften widerspiegelte.

Und heute würde sie ihm von Angesicht zu Angesicht sagen, was sie von ihm hielt. Entschlossen bog sie in die Auffahrt ein und fuhr den holprigen Weg entlang.

Vieh graste auf beiden Seiten der langen Auffahrt, unbeeindruckt von dem Staub, den sie aufwirbelte, doch ein paar Pferde hoben neugierig die Köpfe. Zu einer anderen Zeit hätte Lacey vielleicht angehalten, einfach nur, um die Tiere und die raue texanische Landschaft zu genießen. Doch heute nicht. Heute hatte sie eine Mission zu erfüllen.

Sie hatte zwei Jahre lang auf diesen Moment gewartet. Fort Worth, wo sie gestern am Rodeo teilgenommen hatte, lag nahe genug bei Austin und der Double-Cross-Heart-Ranch, um diesen Abstecher zu rechtfertigen. Nicht, dass sie eine Rechtfertigung brauchte. Eine Konfrontation mit Lucas McCloud war längst überfällig.

Als sie auf einen kleinen Hügel kam, erblickte sie ein großes, stattliches Haus. Plötzlich krampfte sich ihr Magen zusammen. Sie legte eine Hand auf den Bauch und versuchte, den Anfall von Nervosität zu unterdrücken. Sie würde das jetzt durchstehen. Und sobald sie Lucas ihre Meinung gesagt hatte, würde sie zurück nach Missouri fahren und nie wieder einen Gedanken an diesen Mann verschwenden.

Nachdem sie ihren Pick-up vor dem Haus geparkt hatte, sprang sie heraus und marschierte zur Veranda. Sie klopfte heftig an die dicke Eichentür, trat dann zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und wartete.

Sie wollte gerade noch einmal klopfen, als die Tür geöffnet wurde und eine junge Frau erschien. Doch noch bevor Lacey etwas sagen konnte, rief jemand aus dem Haus: „Mandy! Wo ist die Bibel?“

Die Frau rief über die Schulter zurück: „Im Bücherregal im Büro.“ Sie verdrehte die Augen, als sie sich wieder an Lacey wandte und entschuldigend lächelte. „Tut mir leid. Im Moment ist es hier ein wenig hektisch. Bei uns findet gleich eine Trauung statt.“

Eine Hochzeit? Wie immer war Laceys Timing mehr als schlecht. Macht nichts, redete sie sich ein. Hochzeit oder nicht, sie würde bleiben, bis sie Lucas McCloud gesehen hatte.

Die Frau streckte ihr eine Hand zur Begrüßung hin und lächelte. „Ich bin Mandy Barrister. Was kann ich für Sie tun?“

Widerstrebend schüttelte Lacey die dargebotene Hand. „Lacey Cline. Ich möchte zu Lucas McCloud.“

„Lucas?“, wiederholte Mandy, während ihr Lächeln langsam schwand.

„Ja“, erwiderte Lacey, ohne ihre Verbitterung zu verbergen. „Sagen Sie ihm, seine Tochter möchte ihn sprechen.“

Mandy riss die Augen auf. „Sie sind eine Tochter von Lucas?“

Lacey schaute an der Frau vorbei ins Haus. „Ist er da? Ich bin etwas in Eile.“

Tief einatmend ließ die Frau langsam den Türrahmen wieder los und hob hilflos die Hand. „Nein. Er ist …“ Sie ließ die Hand kraftlos fallen. „Lucas ist tot.“

Lacey stockte der Atem. „Tot?“, brachte sie mühsam heraus.

„Ja. Seit dreizehn Jahren.“

Lucas war tot? Lacey fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und bemühte sich, ihre Gefühle unter Kontrolle zu bekommen. Da hatte sie zwei Jahre auf die Gelegenheit gewartet, dem Mann, der sie gezeugt hatte, sagen zu können, was für ein elender Schuft er war, weil er sie nicht als seine Tochter anerkannt hatte, und jetzt war er tot. Wahrscheinlich sollte sie froh sein, aber sie spürte nur eine schreckliche Leere in sich. Sie trat einen Schritt zurück. „Es … es tut mir leid“, stotterte sie. Weil sie nicht wusste, was sie sonst noch sagen sollte, drehte sie sich um und lief die Treppe hinunter.

Sie war fast bei ihrem Pick-up angekommen, als sie Schritte hinter sich hörte.

„Lacey! Warten Sie!“

Sie blieb stehen und holte tief Luft, bevor sie sich umdrehte. Die Sorgenfalten auf dem Gesicht der Frau beschämten sie. Sie wusste nicht, was für Erinnerungen ihre Frage nach Lucas ausgelöst hatten, aber es waren offensichtlich keine angenehmen. „Hören Sie … Mandy, oder?“ Auf das Nicken der Frau hin fuhr sie fort. „Es tut mir leid, dass ich Sie belästigt habe. Ich wusste es nicht.“

„Sie haben gesagt, Sie sind Lucas’ Tochter?“

„Ja“, murmelte Lacey und senkte dann den Blick, um die unerwünschten Tränen zu verbergen.

„Ich auch.“

Lacey riss den Kopf hoch. „Wie bitte?“

Mandy atmete tief durch. „Ich bin Lucas’ Tochter. Außerdem habe ich zwei jüngere Schwestern. Merideth und Samantha, genannt Sam.“

Lucas hatte mehrere Töchter? Das bedeutete ja, dass sie, Lacey, Halbschwestern hatte. Völlig fassungslos stand sie da und starrte Mandy an.

Diese schien genauso sprachlos zu sein, denn sie rang die Hände, bis die Knöchel weiß hervortraten. Schließlich zuckte sie hilflos mit den Schultern. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“

„Sie brauchen gar nichts zu sagen. Es tut mir leid.“ Lacey wandte sich wieder ab, doch Mandy griff nach ihrem Arm und hielt sie auf.

„Bitte, gehen Sie nicht“, bat sie. Sie schaute unsicher zum Haus. „Jetzt findet erst mal die Trauung statt. Doch die wird nicht allzu lange dauern, und ich würde gern mit Ihnen sprechen. Wir alle würden das sicherlich gern.“

Lacey zog ihren Arm weg. Sie bedauerte, jemals einen Fuß auf die Double-Cross-Heart-Ranch gesetzt zu haben. „Tut mir leid, aber ich wollte mit Lucas sprechen. Da er tot ist, gibt es für mich keinen Grund, hier zu bleiben.“

„Aber Sam und Merideth werden Sie auch gern kennenlernen wollen.“

Lacey schnaubte. „Das bezweifle ich.“

Mandy runzelte die Stirn. Laceys Sarkasmus irritierte sie. „Ich nicht, und ich glaube, ich kenne die beiden besser als Sie.“

Lacey zuckte mit der Schulter. „Das kann ich nicht abstreiten, da ich von ihrer Existenz, genauso wenig wie von Ihrer, bis vor ein paar Minuten nichts wusste.“

Mandy hob herausfordernd das Kinn. „Nun, wir wussten bis eben von Ihnen auch nichts.“

Lacey war klar, dass diese Diskussion zu nichts führen konnte. „Hören Sie“, sagte sie und bemühte sich um Geduld. „Tun Sie einfach so, als wäre ich nie hier gewesen und als hätte diese Unterhaltung nie stattgefunden. Okay?“

„Niemals.“ Entschlossen griff Mandy nach Laceys Hand und zog Lacey ins Haus. „Sie können doch nicht einfach solch eine Bombe platzen lassen und uns dann mit all unseren unbeantworteten Fragen allein lassen.“

Lacey stemmte die Absätze ihrer Stiefel in den Boden, um sich zu befreien, musste zu ihrer Überraschung jedoch feststellen, dass Mandy, auch wenn sie eher zart aussah, genauso stark war wie sie selbst. „Hey! Ich habe mich schon entschuldigt. Okay? Es war ein Fehler. Ich hätte nie herkommen sollen.“

„Zu spät“, murmelte Mandy.

„Aber Sie bereiten sich doch gerade auf eine Trauung vor“, erinnerte Lacey sie.

„Die Hochzeit Ihrer Cousine Alayna. Sie werden sie auch kennenlernen wollen.“

Lacey blieb abrupt stehen und schaffte es, dass auch Mandy innehielt. Halbschwestern und Cousinen? Sie hatte nie an die Möglichkeit gedacht, dass Lucas eine Familie haben könnte. Er war immer nur ein Name für sie gewesen, mit dem sie keinen konkreten Menschen verbunden hatte, und sie wollte mit seiner Familie nichts zu tun haben. Sie überlegte fieberhaft, was sie tun konnte, um Mandy zu entkommen. Plötzlich hatte sie eine Eingebung. „Mein Pferd ist im Anhänger“, sagte sie. „Ich kann es in dieser Hitze nicht dort lassen.“

Mandy zog Lacey weiter die Treppe hinauf. „Keine Sorge. Ich werde meinen Sohn Jaime bitten, sich darum zu kümmern.“

Sie stieß die Tür auf. „Merideth! Sam!“, rief sie. „Kommt her. Hier ist jemand, den ihr kennenlernen müsst.“

Lacey stand in der hintersten Ecke des großen Wohnzimmers und versuchte sich so klein wie möglich zu machen. Das Zimmer war voll mit Mitgliedern der McCloud-Familie – alles Fremde für sie. Halbschwestern, Schwäger, Cousins und Cousinen, Nichten und Neffen. Vor der Trauung hatte Mandy darauf bestanden, ihr jeden Einzelnen vorzustellen.

Sie atmete einmal tief durch. Wie hatte Mandy es nur geschafft, sie zum Bleiben zu überreden? Sie wollte überhaupt nicht hier sein. Sie wollte im Wagen sitzen und nach Missouri fahren, um schnellstens so weit wie möglich von der Double-Cross-Heart-Ranch wegzukommen.

Doch sie war hier, und es sah nicht so aus, als würde sie in absehbarer Zeit gehen können.

Ihre Nackenhärchen stellten sich auf, und sie drehte leicht den Kopf. Merideth starrte sie missbilligend an, und Lacey erwiderte ihren Blick genauso grimmig. Mit einem hochmütigen Heben des Kinns wandte Merideth sich wieder ab und konzentrierte sich auf den Pfarrer sowie die Braut und den Bräutigam, die vor dem Kamin standen.

Zum Teufel mit dir! dachte Lacey wütend. Sie war nicht hier, um Freunde zu gewinnen.

Das war alles Mandys Schuld. Sie hatte darauf bestanden, dass Lacey so lange blieb, bis die Zeremonie vorbei war, damit sie miteinander reden konnten. Lacey hatte schließlich zugestimmt, um nicht länger im Mittelpunkt des Interesses zu stehen. Als Lucas’ uneheliche Tochter vorgestellt und von all diesen Menschen angestarrt zu werden war ziemlich aufreibend gewesen.

Eins musste sie ihnen jedoch lassen, keiner von ihnen hatte ihre Aussage, Lucas’ Tochter zu sein, angezweifelt, und alle hatten sie höflich behandelt.

Abgesehen von Merideth.

Lacey schaute noch einmal zu ihr. Merideth war nicht richtig unfreundlich zu ihr gewesen, doch sie beobachtete Lacey, als erwartete sie, dass diese mit dem Familiensilber durchbrennen würde.

Lacey verzog das Gesicht und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Brautpaar zu. Die Entdeckung, dass eine ihrer Halbschwestern ein Filmstar war, hatte Lacey ein wenig geschockt, doch es änderte nichts an ihren Gefühlen gegenüber Merideth. Sie machte sich genauso wenig aus Merideth, wie diese sich etwas aus ihr machte. Und sobald die Sache hier erledigt war, würde sie verschwinden. Auch wenn sie etwas anderes versprochen hatte. Schließlich schuldete sie den McClouds keine Erklärung.

Sie hörte, wie hinter ihr die Haustür geöffnet wurde, und schaute über die Schulter, um zu sehen, wer da so spät kam. Dann musste sie fast lachen, weil ihr die Sinnlosigkeit dieser Geste bewusst wurde. Sie kannte weder Braut noch Bräutigam, geschweige denn die Hochzeitsgäste. Also drehte sie sich wieder um und hoffte, dass der Pfarrer endlich zum Ende kam.

Ein leichter Stoß gegen ihre Schulter brachte sie dazu, sich wieder zur Seite zu wenden. Ein Mann war ins Zimmer geschlüpft und hatte sich neben sie gestellt. Als sie sein Gesicht sah, stutzte sie, schaute nach vorn zum Bräutigam und wieder zurück. Hatte sie Halluzinationen? Die beiden Männer sahen absolut identisch aus, nur dass der Bräutigam einen Anzug trug, während der Mann neben ihr eine Kakihose und ein schwarzes T-Shirt anhatte. Sie unterdrückte ein Lachen, als ihr einfiel, dass sie sich Sorgen darüber gemacht hatte, der Zeremonie in Stiefeln und Jeans beizuwohnen.

Die Augen, die ihrem Blick begegneten, waren schokoladenbraun. Neugierig musterte Lacey den Mann. Er hatte offensichtlich seit Tagen keinen Rasierer in der Hand gehabt, denn ihm spross bereits ein Bart im gleichen Braunton wie die Haare, die ihm ziemlich lang in den Nacken fielen. Und in seinen Augen funkelte etwas Wildes, Verzweifeltes, das fast beängstigend wirkte.

„Entschuldigung“, murmelte er und trat einen Schritt zur Seite.

Lacey riss den Blick von ihm los und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Pfarrer, der gerade sagte: „Wenn jemand einen Grund weiß, warum dieser Mann und diese Frau nicht in den heiligen Bund der Ehe eintreten sollen, dann möge er jetzt sprechen oder für immer schweigen.“

„Ich weiß einen“, sagte der Mann neben Lacey laut und deutlich.

Wie alle anderen Gäste fuhr Lacey herum, um ihn anzustarren. Und genau wie Lacey vorhin schauten auch die Gäste verdutzt von dem Mann zum Bräutigam und wieder zurück.

„Travis!“, rief der Bräutigam und lächelte. „Du bist gekommen!“

Der Fremde, den der Bräutigam Travis genannt hatte, erwiderte das Lächeln nicht. „Und gerade noch rechtzeitig“, hörte Lacey ihn leise sagen, während er sich von der Wand abstieß und einen Schritt nach vorn trat. Dann straffte er die Schultern, die genauso breit waren wie die des Mannes, den er konfrontierte. „Mike, unser Vorarbeiter, hat mir ein Telegramm geschickt und mir deine Nachricht ausgerichtet. Ich kann nicht zulassen, dass du das hier machst, Jack.“

Das Lächeln, das sich auf dem Gesicht des Bräutigams ausgebreitet hatte, schwand augenblicklich. Er drehte sich zu dem Pfarrer um. „Ignorieren Sie ihn. Machen Sie einfach weiter.“

Travis kam noch einen Schritt näher. „Hören Sie nicht auf ihn, Herr Pfarrer. Er ist verrückt.“

Lacey sah, wie der Bräutigam mühsam um Geduld kämpfte, bevor er sich wieder herumdrehte. „Mit mir ist alles in Ordnung, Travis. Ich bin okay.“

Travis ging zu ihm. „Nein, bist du nicht.“ Er nickte in Alaynas Richtung, die ihn entsetzt mit weit aufgerissenen Augen anstarrte. Ihr Gesicht unter dem dünnen Schleier war blass geworden. „Nicht, wenn du vorhast, wieder zu heiraten. Du hast schon einmal einen Fehler begangen. Ich kann nicht zusehen, wie du das wiederholst.“

„Dann verschwinde“, fuhr der Bräutigam ihn an. Er schaute zum Pfarrer. „Machen Sie weiter“, brummte er.

Der Pfarrer schluckte und schaute nervös vom einen zum anderen.

Travis ließ eine Hand auf Jacks Schulter niedersausen und drehte ihn zu sich herum. „Wenn ich gehe“, sagte er warnend, „dann nehme ich dich mit.“

Jacks Gesicht lief rot an. Wütend stieß er Travis’ Hand von seiner Schulter. „Einen Teufel wirst du tun.“

Lacey konnte später nicht sagen, wer zuerst zugeschlagen hatte, aber plötzlich flogen die Fäuste. Die Braut schrie auf, und eins der kleinen Kinder fing an zu weinen. Ein anderes Kind brüllte: „Cool! Gib’s ihm Dad!“

Jemand stieß einen Schmerzensschrei aus, doch Lacey wusste nicht, ob es Travis oder Jack gewesen war.

Mandys Mann Jesse und Sams Ehemann Nash warfen sich ins Getümmel und versuchten Jack und Travis auseinanderzubringen. Aber es war Merideths Mann John Lee, der es schaffte, sich zwischen die beiden Männer zu drängen und sie zu trennen. Für seine Mühe erntete er den linken Haken, der für Jack bestimmt war.

Mit einer Hand betastete er sein Kinn, um sicherzugehen, dass nichts gebrochen war, während er die andere Hand auf Jacks Brust presste, um ihn zurückzuhalten. Gleichzeitig bemühten sich Jesse und Nash, Travis’ Arme hinter seinem Rücken festzuhalten.

John Lee schaute von einem wütenden Gesicht ins andere und meinte dann ruhig: „Warum erzählt ihr Jungs uns nicht, was das alles soll?“

„Er ist verrückt“, sagten beide Brüder gleichzeitig.

John Lee nickte. „Nun, da kann ich euch nur zustimmen, denn ihr benehmt euch beide wie zwei Irre.“ Er schaute zu Travis. „Nette Linke“, fügte er hinzu und rieb sich über sein schmerzendes Kinn.

„Danke“, murmelte Travis.

John Lee ließ Jack los und begann, zwischen den beiden Männern auf und ab zu gehen, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Er sah aus wie ein Staatsanwalt beim Kreuzverhör. Dann blieb er stehen und schaute Travis an. „Warum willst du die Hochzeit verhindern?“

Travis warf Jack einen grimmigen Blick zu. „Weil er noch nicht so weit ist, um heiraten zu können.“

„Das ist eine verdammte Lüge.“

John Lee schüttelte missbilligend den Kopf. „Jack, denk dran, es sind Frauen und Kinder hier, ganz zu schweigen vom Mann Gottes.“

Jack stopfte die Hände in die Hosentaschen und senkte schuldbewusst den Kopf. „Entschuldigung“, murmelte er, bevor er wütend zu Travis sah. „Ich weiß, was ich tue.“

„Das denkst du vielleicht, aber du bist gefühlsmäßig noch viel zu sehr belastet. Deine Frau ist erst vor knapp einem Jahr gestorben.“

„Exfrau“, korrigierte Jack ihn.

John Lee hörte sich den Schlagabtausch an und wandte sich an Jack. „Liebst du Alayna?“

„Von ganzem Herzen.“

„Und willst du sie heiraten?“

Jack drehte sich zu seiner Braut herum, nahm ihre Hand und drückte sie. Während er ihr tief in die Augen schaute, sagte er: „Ja.“

„Und möchtest du Jack heiraten?“, fragte John Lee die Braut.

Ihre Lippen zitterten, und sie konnte nur nicken.

John Lee hob die Schultern. „Das erscheint mir ausreichend.“ Zu Travis meinte er: „Ich würde sagen, Junge, du führst einen aussichtslosen Kampf.“ Er betrachtete ihn einen Moment lang und fügte dann hinzu: „Glaubst du, dass du dich jetzt benehmen kannst?“

„Ja“, brummte Travis, obwohl Lacey sehen konnte, dass sein Kampfgeist noch nicht gebrochen war.

John Lee nickte Jesse und Nash zu. „Okay.“

Travis riss sich von den beiden Männern los und fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund, um das Blut von seiner schnell anschwellenden Lippe zu wischen. John Lee nahm ein Taschentuch aus der Tasche und reichte es ihm.

„Danke“, murmelte Travis.

John Lee verschränkte die Arme vor der Brust und betrachtete ihn. „Der Ähnlichkeit nach zu urteilen, nehme ich an, dass du Jacks Zwillingsbruder bist.“

Travis warf seinem Bruder noch einen grimmigen Blick zu, bevor er sich an John Lee wandte, heftig seufzte und dann die Hand ausstreckte. „Ja, Travis Cordell.“

Lächelnd schüttelte John Lee ihm die Hand. „Freut mich, dich kennenzulernen, Travis. Ich bin John Lee Carter.“ Er kam näher. „Balgt ihr euch immer so?“

Die Brüder tauschten einen Blick aus, bevor Travis brummig hervorstieß: „Ja, meistens.“

John Lee lachte und schlang freundschaftlich einen Arm um Travis Schultern. „Das hab’ ich mir gedacht.“ Er drehte Travis zur Tür. „Wie wär’s, wenn wir beide ein Bier trinken, bis die Sache hier erledigt ist?“

Obwohl die Trauung einen größeren Unterhaltungswert gehabt hatte als erwartet, war Lacey nicht sicher, wie lange sie diese Familienfeier noch ertragen konnte. Ihre Geduld wurde während des Empfangs auf eine harte Probe gestellt, als sie auf das Gespräch mit ihren Halbschwestern wartete. Sie konnte schon gar nicht mehr zählen, wie oft man das Brautpaar hatte hochleben lassen oder wie oft das Blitzlicht einer Kamera sie geblendet hatte.

Seufzend schaute sie sich um, in der Hoffnung, Mandys Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, doch stattdessen blieb ihr Blick am Bruder des Bräutigams hängen. Sie hatte ein wenig Mitleid mit ihm. Obwohl sie seine Methoden nicht gerade guthieß, nahm sie an, dass er das Herz auf dem rechten Fleck hatte. Und im Moment sah er aus, als fühlte er sich genauso unglücklich und fehl am Platze wie sie. Aus diesem Grund ging sie zu ihm.

„Was macht Ihre Lippe?“

Er hob kurz den Eisbeutel, den er gegen den Mundwinkel gepresst hielt, und meinte: „Tut weh.“

Lacey trat vor ihn und kniff die Augen zusammen, um sein Gesicht im Schein der Fackeln, die den Innenhof beleuchteten, besser sehen zu können. „Das Auge und die Schläfe sehen auch ziemlich bös aus. Haben Sie schon etwas draufgetan?“

Er zog eine Augenbraue hoch. Anscheinend war er sich der Verletzung nicht bewusst. Als er mit dem Finger darüber strich, zuckte er zusammen.

Sie verbiss sich ein Grinsen. „Ich vermute nicht.“ Sie schaute zum Haus und überlegte, ob sie dort wohl einen Verbandskasten finden könnte, erschauderte aber, als sie die Menschenmassen sah, durch die sie sich hindurchzwängen müsste. Also straffte sie die Schultern, hakte sich bei Travis unter und meinte: „Kommen Sie, Rocky. Ich hab eine gute Wundsalbe für Pferde in meinem Wagen.“

„Ich bin doch kein Pferd!“, protestierte er laut.

Sie lachte und zog ihn mit sich zum Stall. „Nein, aber der Vorstellung nach zu urteilen, die Sie vorhin gegeben haben, könnten Sie ein entfernter Verwandter sein.“ Auf seinen fragenden Blick hin erklärte sie: „Ein Esel.“

Er schnaubte, doch die Bewegung bereitete ihm Schmerzen, und er zuckte zusammen.

Lachend zog Lacey ihren Arm aus seinem und öffnete die Tür zu ihrem Wohnmobil. Nachdem sie das Licht eingeschaltet hatte, holte sie einen Verbandskasten aus einem der Schränke. Als sie sah, dass Travis immer noch draußen stand und sie misstrauisch beobachtete, bedeutete sie ihm, hereinzukommen. „Es ist okay, Rocky“, witzelte sie und hielt den Verbandskasten hoch. „Ich habe auch Medizin für Menschen.“

Widerstrebend kam Travis herein. Sie zeigte auf eine breite, gepolsterte Bank, die sie als Bett benutzte, wenn sie auf Rodeo-Tour war. „Setzen Sie sich und ich schau mir das einmal an.“

Er ließ sich fallen, beobachtete sie aber weiterhin skeptisch, während sie den Kasten öffnete und ein Fläschchen herausnahm.

„Ein antiseptisches Mittel, um die Wunde zu reinigen“, erklärte sie, als sie seine misstrauische Miene bemerkte.

Als sie seine Wunde mit dem Mittel behandeln wollte, zuckte er zurück und griff nach ihrem Handgelenk. „Wenn Sie mir wehtun“, warnte er sie, „können Sie was erleben.“

Die Kraft seiner Hand überraschte sie nicht, doch es waren die Empfindungen in seinen braunen Augen, die ihr fast den Atem nahmen: Wut, Frustration und Sorge. Das alles spiegelte sich in ihnen wider, aber es war die Sorge, die sicherlich mit der Hochzeit seines Bruders zusammenhing, die ihr zu Herzen ging. Um das aufkeimende Mitgefühl zu unterdrücken, neckte sie ihn. „Angsthase.“

Sein Gesichtsausdruck wurde noch grimmiger, doch er lockerte seinen Griff.

Sie behielt seine Warnung im Kopf, obwohl sie spürte, dass er nicht die Art von Mann war, der seine Drohung wahr machen würde, und bemühte sich, so vorsichtig wie möglich zu sein, als sie die Wunde reinigte. „Ihr Bruder hat eine ziemlich bösartige Rechte.“

„Ein Zufallstreffer“, meinte er schlecht gelaunt.

Lacey unterdrückte ein Lächeln. „War es das alles hier wert, um die Trauung aufzuhalten?“

„Wenn ich Erfolg gehabt hätte, ja.“

„Sie sagten, er wäre verrückt.“

„Ich habe mich schlecht ausgedrückt.“

„Was ist er denn dann?“

„Verwirrt. Voller Trauer.“ Travis seufzte. „Er hat seinen Sohn und seine Exfrau bei einem Autounfall verloren. Das ist noch nicht einmal ein Jahr her.“

„Sie glauben also, dass er nur heiratet, um sich über den Verlust hinwegzutrösten?“

„Es scheint mir durchaus möglich.“

„Ich hatte den Eindruck, dass er es wirklich ehrlich meint.“

„Vielleicht“, erwiderte er zweifelnd.

Mit einem gleichgültigen Schulterzucken warf Lacey den Wattebausch beiseite und nahm den nächsten.

Travis beobachtete sie und wünschte, er könnte die ganze Sache genauso leicht abtun. Doch das ging nicht. Jack war sein Zwillingsbruder. Und wenn Jack verletzt wurde, tat es auch ihm weh. Jacks erste Ehe hatte Wunden hinterlassen, für die Travis sich mitverantwortlich fühlte, und der Unfall, bei dem sein Sohn gestorben war, hatte Jack aus dem seelischen Gleichgewicht gebracht. Deshalb fühlte Travis sich verpflichtet, darauf zu achten, dass sein Bruder nicht noch einmal Schaden nahm.

Er seufzte und merkte, wie sich der Frust in ihm ansammelte. Doch er wollte jetzt weder über seinen Bruder noch seine eigene Unfähigkeit, die Trauung zu stoppen, nachdenken.

Und die Frau, die seine Wunden behandelte, bot genau die Ablenkung, die er brauchte, um für eine Zeit lang seine Sorgen zu vergessen. Ein kleiner niedlicher Po, eine schlanke Taille und hübsche, große Brüste. Schöne Lippen, die jetzt, wo sie sich konzentrierte, zusammengekniffen waren.

Seine eigenen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, als sie sich zwischen seine gespreizten Beine stellte. Ja, sie war genau die Ablenkung, die er brauchte. Zufrieden mit dieser Aussicht, legte er den Kopf zurück und schloss die Augen, um die Berührung zu genießen. Er spürte ihre Finger auf seine Schläfe, als sie sein Haar zurückstrich. Er atmete tief ein … und nahm Lacey mit allen Sinnen wahr.

Fasziniert von ihr und der kurzen Geschichte, die John Lee ihm über ihre zweifelhafte Herkunft erzählt hatte, öffnete er die Augen, um sie zu betrachten. Sie hatte große grüne Augen, die von langen dunklen Wimpern eingerahmt wurden, eine kleine Stupsnase mit lauter Sommersprossen darauf, volle, sinnliche Lippen und ein ausgeprägtes Kinn, das auf Sturheit schließen ließ.

Ein Gesicht voller Gegensätze.

Als er zu diesem Schluss gekommen war, legte sie einen Finger unter sein Kinn und schob seinen Kopf nach hinten.

„Die Wunde ist ziemlich tief“, sagte sie. „Eigentlich müsste sie genäht werden.“

„Können Sie nähen?“

Irritiert sah sie ihn an. „Nein“, erwiderte sie und unterdrückte dann ein Lächeln, als sie merkte, dass er sie neckte. Sie schaute noch einmal auf die Wunde und seufzte. „Ohne ein paar Stiche werden Sie eine Narbe zurückbehalten.“

„Das unterstreicht nur meine Persönlichkeit.“

Lacey zuckte mit den Schultern. „Es ist Ihr Gesicht.“

„Und ein verdammt attraktives, oder?“

Gereizt warf sie den Wattebausch beiseite. „Eigenlob stinkt.“

Er griff nach ihrer Hand und drehte Lacey wieder zu sich herum. „Sind Sie Krankenschwester?“

Sie musste zugeben, dass er recht hatte. Er hatte wirklich ein attraktives Gesicht. Und trotz der dicken Lippe war sein Lächeln das anziehendste, das sie je gesehen hatte.

Plötzlich wurde ihr unangenehm bewusst, dass er ihre Hand hielt, und sie machte sich hastig frei, um nach der antiseptischen Salbe zu greifen. „Nein, ich bin Rodeoreiterin.“

„Eine Rodeoreiterin, soso. Zu schade. Sie hätten eine gute Krankenschwester abgegeben. Sie haben so zarte Hände.“

Weil sie nicht wusste, was sie darauf antworten sollte, schwieg Lacey und verteilte die Salbe.

„Sie heißen Lacey, oder?“

„Ja.“

„Man merkt es sofort.“

„Was?“, fragte sie geistesabwesend, während sie sich darauf konzentrierte, die Salbe auf die Wunde und nicht in sein Auge zu streichen.

„Dass Sie eine McCloud sind.“

Autor

Peggy Moreland

Peggy Moreland hat die Stephen F. Austin State Universität in Nacogdoches, Texas, mit einem BBA (Bachelor of Business Administration) abgeschlossen. Sie veröffentlichte 1989 ihren ersten Roman bei Silhouette Books. Sie war Gewinnerin des „National Readers‘ Choice Award“, war für den „Romantic Times Reviewers Choice Award“ nominiert und zweimal Finalistin beim...

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