Tiffany Exklusiv Band 100

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

SO WILD UND DOCH SO SANFT von TORI CARRINGTON
Wie ist Will wohl beim Sex – wild und hemmungslos oder zärtlich und sanft? Seit Renae ihren neuen Nachbarn kennengelernt hat, will sie es unbedingt wissen! Als er sie eines Tages ganz überraschend küsst, ist der Moment der Wahrheit gekommen ...

DER FREMDE VOM SEE von KATHLEEN O’REILLY
Oh, was für ein toller, nackter Mann! Jennifer kann den Blick nicht von dem breitschultrigen Fremden abwenden, der auf der anderen Seite des Sees langsam ins Wasser steigt. Nie war es so erregend für das City-Girl, die freie Natur zu beobachten …

HEISSE FAHRT NACH FLORIDA von LORI WILDE
Boone Toliver ist fest entschlossen, die Hochzeit seiner Schwester in Florida zu stoppen! Auch wenn er dafür tage- und nächtelang mit seiner Nachbarin Tara quer durchs Land fahren muss. Mit einer Frau, die nichts als Ärger verspricht, weil sie so gefährlich sexy ist …


  • Erscheinungstag 02.08.2022
  • Bandnummer 100
  • ISBN / Artikelnummer 9783751507660
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Tori Carrington, Kathleen O’Reilly, Lori Wilde

TIFFANY EXKLUSIV BAND 100

1. KAPITEL

Auf die Größe kam es an.

Will Sexton, Unfallchirurg, war stets dieser Auffassung gewesen. Da er Brite war, gefiel ihm, dass die Amerikaner das verstanden. Es war Unsinn, dass die Größe eines Schiffes nicht entscheidend war, sondern die Bewegung des Ozeans. Während er nach einer Zwölfstundenschicht im St. Vincent Mercy Medical Center in Toledo, Ohio, in seinem riesigen Geländewagen, in dem locker drei Familien Platz fanden, nach Hause fuhr, munterte ihn die Aussicht auf, dass er sich gleich in seiner riesigen Eigentumswohnung, die auf einem riesigen Stück Land stand, auf sein riesiges Bett werfen konnte. Alles hier war so ungeheuer groß, wie er es von England und dem Arbeiterviertel Southwark in South London nicht kannte.

Will parkte seinen Wagen auf dem großen Parkplatz, der für große Wagen gebaut war und auf dem immer ein Platz frei war, und stieg aus. Die Sonne ging gerade auf, als er den langen Weg zu seiner riesigen Wohnung und seinem riesigen Bett ging. Na schön, manchmal vermisste er Würstchen mit Kartoffelbrei. Und heiß wurde es im guten alten England im August auch nur selten. Doch seit er vor neun Jahren für sein Medizinstudium am Medical College of Ohio über den Atlantik geflogen war, war er nie länger als eine Woche in der Heimat gewesen. Ihm gefiel es hier bei den Yankees. Es war nicht nur alles größer, sondern die Leute schienen auch großzügiger in ihrem Denken zu sein. Gut, nicht alle, aber wer entschlossen war, konnte sich hier viel leichter hocharbeiten als in England. Arbeite hart, und du wirst belohnt. Will schien das eine gute, solide Philosophie zu sein.

Und wenn William Charles Sexton, der zweitälteste Sohn von Dorothy, der Hausfrau, und Simon Sexton, dem Arbeiter in einer Fleischfabrik, eines sein Leben lang getan hatte, dann war es hart arbeiten.

Und es hatte sich ausgezahlt.

Will rückte seinen Matchbeutel ein wenig höher auf die Schulter. Trotzdem, dachte er, werde ich mich nie an die heißen Sommer hier im Mittleren Westen der USA gewöhnen. Heiß im doppelten Sinn, wohlgemerkt. Denn heiß war es in letzter Zeit auch in seinem Leben.

Bei der Erinnerung daran verschwand seine gute Stimmung sofort wieder.

Fünf Monate war er jetzt schon ohne Sex ausgekommen. Seit fünf Monaten war er mit der Medizinerin Janet Nealon zusammen, und zu seinem Pech hatte sie in dem Monat, bevor sie sich kennen lernten, beschlossen, bis zur Hochzeitsnacht zu warten, ehe sie wieder Sex hatte.

Wills Miene verfinsterte sich.

Er erinnerte sich an die Worte seines besten Freundes Colin, als er, Will, sich vor ein paar Monaten über sein nicht vorhandenes Liebesleben beklagt hatte: „Ach, eine von diesen wiedergeborenen Jungfrauen. Das sind die Schlimmsten.“

Will hatte den Fehler begangen, Colin zu fragen, warum das so war.

„Tja, weil du weißt, dass sie sich aufsparen – nur nicht unbedingt für dich.“

Will betrachtete das Gebäude mit den sechs Wohneinheiten, und sein Blick wanderte unwillkürlich zu der Wohnung im zweiten Stock hoch, die direkt über seiner lag. Natürlich machte es die Sache nicht leichter, dass die Nachbarinnen aus 3B Hauptrollen in seinen immer intensiver werdenden sexuellen Fantasien hatten. Kaum eine Nacht verging, in denen er nicht an die beiden Lesbierinnen dachte, nackt und schweißnass im Bett. Letzte Woche hatte er sogar nach einem besonders heißen Traum, in dem die beiden Frauen ihn verwöhnt hatten, die Laken wechseln müssen.

Natürlich wusste er, dass diese Fantasien aufhören würden, sobald Janet nachgeben würde. Nun, vielleicht würden sie nicht ganz verschwinden – schließlich war der Traum von einem flotten Dreier mit zwei Frauen bei Männern seines Alters weit verbreitet –, aber er würde nicht mehr länger auf diese Fantasien angewiesen sein. Außerdem hatte er nicht vor, die Dinge „in die eigene Hand“ zu nehmen, wie Colin vorgeschlagen hatte.

Das Problem war, dass er mit Janet nicht vorankam. Vorletzte Nacht, bevor sie L.A. für ein zehntägiges Fachseminar verlassen hatte, hatte er bei ihrem leidenschaftlichen Petting sämtliche Register gezogen und sie genüsslich zum Höhepunkt gebracht. Doch noch während er glaubte, dass sie sich revanchieren würde, knöpfte sie sich bereits die Bluse wieder zu, gab ihm einen flüchtigen Kuss und bedankte sich, ehe sie ihn verabschiedete.

Will hatte die Zähne so fest zusammengebissen, dass es wehtat.

Sicher, Janet sah gut aus und war sehr temperamentvoll, aber er wusste nicht, wie lange er ihren Enthaltsamkeitstrip noch durchhalten konnte.

Er öffnete die Tür zu dem Gebäude und erstarrte. So etwas konnte auch nur ihm passieren. Als wäre sein Liebesleben nicht schon traurig genug.

Auf dem Treppenabsatz kam Star Nummer eins seiner Fantasien in Sicht, Renae Truesdale. Und wenn er sich nicht irrte, trug sie etwas, das aussah wie … Er schluckte. Sie trug ein Bauchtanzkostüm. Um acht Uhr morgens.

Ja, er wusste wirklich nicht, wie lange er es ohne Sex noch aushalten würde …

Renae Truesdale wusste zwei Dinge mit Gewissheit: Dass sexy Doktor Will Sexton aus 2B sie scharf fand und für lesbisch hielt.

Sie verlangsamte ihre Schritte auf der Treppe, und die goldenen Ziermünzen, mit denen das Top und die Hüftpartie ihres Bauchtanzkostüms besetzt waren, klirrten verlockend. Es verstand sich von selbst, dass sie scharf auf den Doc war, seit er vor sechs Monaten hier eingezogen war. Welche Frau wäre das angesichts seiner welligen, leicht wirren hellbraunen Haare, der blauen Schlafzimmeraugen und des schiefen Grinsens nicht? Und dann waren da noch der unwiderstehliche britische Akzent und sein eigenartiges Zögern, das den Anschein erweckte, als habe er ganz schlimme Gedanken, wenn sie sich trafen.

Dieses Mal war keine Ausnahme.

Natürlich war sie nicht lesbisch. Ihre Mitbewohnerin, Tabitha, stand auf Frauen, aber sie nicht. Doch inzwischen machte es ihr Spaß, Will im Irrtum zu lassen und zu beobachten, wie dieser attraktive Mann darauf reagierte. Auch wenn in den Medien viel darüber geredet wurde, kannten doch verhältnismäßig wenige Menschen tatsächlich jemanden, der schwul oder lesbisch war.

Aus persönlicher Erfahrung wusste Renae außerdem, dass manche Männer die Vorstellung von zwei attraktiven Frauen, die zusammenlebten, erregte, egal, ob sie nun lesbisch waren oder nicht. Will mit seinen glühenden Blicken und seinem ständigen verlegenen Räuspern gehörte eindeutig in diese Kategorie.

„Guten Morgen, Will“, begrüßte sie ihn, stieg mit betontem Hüftschwung die letzten Stufen herunter und blieb vor ihm stehen. Sie beobachtete, wie sein Adamsapfel hüpfte, als er die Augen auf ihre Brüste richtete und dann tiefer auf den roten Glitzerstein, der ihren Bauchnabel zierte.

„Oh … klar, guten Morgen.“

Irgendwann sollte sie den armen Kerl wirklich von seinem Elend erlösen und ihm sagen, dass sie keine Lesbe war. Aber nicht heute Morgen. Ihr Lächeln vertiefte sich. Nicht wenn er aussah, als würde er sie am liebsten auf der Stelle vernaschen.

Als einzige Tochter einer Stripperin hatte sie vor langer Zeit gelernt, dass es nicht so sehr darauf ankam, was man sagte, sondern eher darauf, wann man es sagte. Niemand brauchte etwas über ihre schwierige Kindheit zu wissen, solange sie nicht darüber reden wollte. Das Gleiche galt für ihre Freundschaft mit Tabitha. Sie und Tabby waren seit der High School beste Freundinnen, lange vor Tabithas Coming-out. Und als Tabby ihr vor sechs Monaten gestand, dass sie nach ihrer Entlassung die Raten für ihre Eigentumswohnung nicht mehr allein bezahlen konnte, hatte Renae nicht gezögert und war bei ihr eingezogen, ohne sich darum zu kümmern, was die Leute dachten.

Auch was der gut aussehende Doc Sexton glaubte, war ihr egal.

Er räusperte sich erneut und deutete auf ihre Kleidung, wobei sein Handrücken fast ihre Brustspitzen streifte. „Sind wir auf dem Weg zur Arbeit?“

Renae musste lachen. Er schien sich so unbehaglich zu fühlen und sah dabei so sexy aus. „Ja, ich bin tatsächlich auf dem Weg zur Arbeit.“

Ihr war durchaus klar, dass er keine Ahnung hatte, welcher Arbeit sie nachging. Angesichts der Kleidung, die sie um acht Uhr an einem Samstagmorgen trug, konnte sie nur ahnen, was er vermutete. Ganz sicher würde er nicht darauf kommen, dass sie im Women-Only-Shop als Verkäuferin arbeitete und gleichzeitig Bauchtanzkurse gab. Normalerweise trug sie ihr Kostüm auch nicht auf dem Weg zur Arbeit, aber sie war spät dran und hatte feststellen müssen, dass sie keine akzeptablen sauberen Sachen mehr hatte. Daher hatte sie improvisiert.

Außerdem war sie davon ausgegangen, dass sie so früh am Samstagmorgen niemand sehen würde. Nur leider hatte sie dabei ganz vergessen, dass Will gewöhnlich um diese Uhrzeit nach Hause kam.

Sie saugte an ihrer Unterlippe. Vielleicht hatte sie es aber auch gar nicht richtig vergessen.

„Geben Sie auch Privatvorstellungen?“ wollte er wissen.

Renae runzelte die Stirn. Normalerweise machte es ihr Spaß, Will zu necken, aber jetzt wurde er zum ersten Mal direkt und sagte etwas Anzügliches zu ihr. Sie vermutete, es hatte damit zu tun, dass ihn seine heißen Fantasien nicht losließen. Seine Anmache markierte eine Veränderung. Und sie hatte nichts dagegen, ihn weiter zu ermutigen.

„Hm“, meinte sie ausweichend, und ein Schauer lief ihr über ihre nackte Haut, da sie deutlich sein Interesse an ihr und ihrem Kostüm spürte. „Es kommt ganz darauf an, wer die Vorstellung wünscht.“

Er sah aus, als würde er gleich seine Brieftasche zücken, um ihr jeden Betrag anzubieten, damit sie für ihn tanzte. Er konnte ja nicht ahnen, dass sie es ganz umsonst machen würde.

„Ich verstehe“, sagte er und räusperte sich schon wieder.

Renae machte eine aufreizende Tanzbewegung. „Gefällt Ihnen das Kostüm?“

„Und wie! Ich finde es faszinierend.“ Er gestikulierte erneut, und diesmal berührte er wirklich kurz ihre Brüste, ehe er die Hand rasch wieder zurückzog. „Allerdings scheinen ein paar Teile zu fehlen.“

„Meinen Sie?“ Sie bewegte die Hüften, so dass die goldenen Ziermünzen klirrten.

Renae hielt sich nicht für die perfekte Frau, aber sie wusste sehr wohl, dass sie attraktiv war, obwohl sie klein war und ausgeprägte Rundungen besaß. Allein die üppige Größe ihrer Brüste zog Blicke auf sich. Und die Bauchtanzkurse in den letzten vier Monaten hatten ihre Bauchmuskeln fest und geschmeidig gemacht. Ihre Haut war goldbraun, weil sie jeden Morgen und jeden Nachmittag im Gemeinschaftspool schwamm.

Wills leises Lachen überraschte sie.

„Sie wollen mich bloß scharf machen, nicht wahr, Miss Truesdale?“

Sie musterte ihn vielsagend. „Wie kommen Sie denn darauf, Dr. Sexton?“

Seine blauen Augen verdunkelten sich, während er sie betrachtete und sich mit ihr weiter auf unbekanntes Terrain vorwagte.

Renae stutzte, verblüfft von dem Hormonschub, den sie verspürte. Was als harmloses Flirten begonnen hatte, entwickelte sich zu etwas Sinnlicherem, Ernsterem. Sie hätte gern herausgefunden, wohin das führen würde.

Und Will schien es ebenso zu gehen. „Wie würden Sie es denn sonst nennen, was Sie jedes Mal tun, wenn wir uns über den Weg laufen?“

„Oh, ich weiß nicht“, erwiderte sie. „Sie auffordern?“

„Mich auffordern?“ wiederholte er.

„Genau.“ Sie trat näher und strich den Kragen seines weißen Hemdes glatt, aus dessen hochgekrempelten Ärmeln seine muskulösen behaarten Unterarme hervorschauten. Es war ihre Absicht gewesen, ihn zu reizen, doch stattdessen verspürte sie ein sinnliches Kribbeln, als ihre Hand über die ägyptische feine Baumwolle strich, durch die sie seine Körperwärme spürte.

„Eine Aufforderung zu was, wenn ich fragen darf?“

Sie trat noch näher und war sich zunehmend bewusst, dass sie nicht nur Will erregte, sondern auch sich selbst. Ihre Brustspitzen richteten sich in süßer Erwartung auf, in ihrem Bauch kribbelte es, und ihre Knie wurden weich. „Was glauben Sie?“

Ihre Hüften streiften seine, und sofort registrierte sie seine körperliche Reaktion auf ihre Anmache. Du liebe Zeit. Plötzlich fiel ihr das Schlucken ebenso schwer wie ihm.

Wer hätte das gedacht? Zwar hatte es ihr immer Spaß gemacht, mit Will zu flirten, aber sie hatte nie ernsthaft daran gedacht, etwas mit ihm anzufangen. Doch als sie jetzt vor ihm stand und sich der Signale, die er ihr sandte, sehr wohl bewusst war, wurde ihr klar, dass sie sich an einer Weggabelung befanden. Sie hatte zwei Möglichkeiten: Entweder tat sie das erotische Knistern zwischen ihnen mit einem Lachen ab und ging, oder sie küsste ihn und ließ den Dingen ihren Lauf.

Seltsamerweise hatte sie es nicht eilig, eine Entscheidung zu treffen. Stattdessen betrachtete sie in Ruhe seinen Mund. Seine Lippen waren so sinnlich und sexy. Und sie hatte keinen Zweifel, dass er sie auch entsprechend einzusetzen wusste.

Ein prickelnder Schauer überlief sie. Wie lange war es her, seit sie zuletzt Sex gehabt hatte? Oder wenigstens ein Date? Zu lange, antwortete ihr Körper prompt. Mindestens acht Monate. Und selbst davor hatte es nichts Erinnernswertes gegeben.

„Sie müssen wahrscheinlich los“, bemerkte er.

Doch Renae hatte das Gefühl, dass er nicht wollte, dass sie irgendwohin ging, es sei denn in seine Wohnung.

„Sonst kommen Sie noch zu spät“, fügte er hinzu.

Es gefiel ihr, dass er sie so offenkundig begehrte und dennoch seine Gründe zu haben schien, weshalb er nicht den ersten Schritt unternahm. Gründe, die über seine irrige Annahme, sie sei lesbisch, hinausgingen.

„Stimmt“, sagte sie. „Ich sollte mich besser auf den Weg machen.“

Sie sprach diese Worte aus, obwohl sie genau wusste, dass sie nirgendwohin gehen würde.

Verdammt, er würde sie küssen.

Will sah in Renaes Gesicht und verspürte ein so heftiges Verlangen wie noch nie zuvor. Sicher, er war ein normaler Mann mit normalen Bedürfnissen. Doch in Anbetracht dessen, was er über diese Frau wusste, die ihn wie ein wahr gewordener erotischer Traum ansah, sollte er schleunigst verschwinden.

Stattdessen sagte er: „Was würden Sie tun, wenn ich Sie küsse?“

Ihre vollen, sinnlichen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. „Ich weiß nicht. Den Kuss erwidern?“

Diese Antwort genügte. Er legte ihr die Hände auf den nackten Rücken, zog sie an sich und presste seine Lippen auf ihren Mund.

Grundgütiger! Er hatte gehofft, ihre Lippen wären trocken oder sie könnte nicht gut küssen. Aber Renae Truesdale zu küssen war himmlisch. Und verführerisch. Denn auf eine Verführung lief es ja wohl hinaus, wenn er außer Janet eine Frau küsste. Eine Frau, die ein anderes Leben führte als der Großteil der Bevölkerung.

Eine Frau, die schuld daran war, dass ihn das alles nicht im Geringsten interessierte, solange sie mit ihrer Zunge so aufregende Dinge anstellte wie jetzt.

Will fühlte ihre sanfte Haut und ihre geschmeidigen Muskeln unter seinen Händen. Schweres Atmen drang an seine Ohren, und erschrocken registrierte er, dass es von ihm kam.

Er stöhnte, umfasste ihren wohl gerundeten Po und drückte sie noch fester an seine beinah schmerzhafte Erektion. Wie einfach wäre es, sie hinauf in seine Wohnung zu tragen, sie auf sein Bett zu legen und sämtliche Fantasien mit ihr auszuleben, die er seit ihrem Einzug vor sechs Monaten gehabt hatte.

Aber damit würde er nur das Schicksal herausfordern. Dummerweise war das seinem Körper egal.

Renae zog ihm das Hemd aus der Hose und fuhr mit den Händen über seinen flachen Bauch und von dort zu seiner pulsierenden Härte. Will erschauerte so heftig, dass er fürchtete, er würde sie hier und sofort lieben, wenn sie den Vorschlag machte.

Die Hand verschwand von seiner Hose, und gleichzeitig löste Renae ihre Lippen von seinen. Benommen starrte Will sie an.

„Tja, ich gehe dann lieber“, verkündete sie mit heiserer Stimme.

Er nickte bloß töricht. „Klar, mach das.“

Sie lächelte und streifte ihn mit ihren üppigen Kurven auf dem Weg zur Eingangstür. Will hatte Mühe, nicht gegen die Briefkästen zu sinken. Zum Glück stand er noch aufrecht da, als sie sich umdrehte.

„Das war sehr interessant“, meinte sie, als sei sie erstaunt und zufrieden über die letzten Augenblicke.

„Interessant … ja, das war es“, stimmte er zu.

Und Will hatte den Verdacht, dass es von jetzt an noch viel interessanter werden würde.

2. KAPITEL

Renae liebte es, bei Women Only zu arbeiten. Der Laden an der Grenze zwischen Michigan und Ohio bedeutete ihr mehr als nur ein wöchentliches Einkommen. Seit die Besitzerin Ginger Wasserman ihn eröffnet und Renae vor fünf Jahren vom Fleck weg eingestellt hatte, fühlte sie sich für den Erfolg des Ladens mit verantwortlich. Sie ließ sich nicht nur neue Service-Ideen und Angebote einfallen, an denen Frauen interessiert sein könnten, sondern verwirklichte ihre Ideen auch.

Deshalb kam es ihr auch sehr seltsam vor, dass sie gar nicht an den Laden dachte, als sie fünfzehn Minuten nach ihrer Begegnung mit Will Sexton im Hausflur neben den Briefkästen dort ankam.

„Du meine Güte, du scheinst dich ja wirklich auf den neuen Kurs zu freuen.“

Renae stutzte und sah in Lucky Clayborns hübsches Gesicht. Lucky war nicht bloß eine Kollegin. Sie und Renae verband eine gemeinsame Vergangenheit, die dazu beigetragen hatte, dass sie in den letzten zwei Monaten zu Freundinnen geworden waren. Und jetzt, wo Lucky eine Filiale von Women Only in der Innenstadt aufmachte, sah Renae sie noch öfter, wodurch ihr die Arbeit doppelt so viel Spaß machte.

„Ich meine das Kostüm“, bemerkte Lucky statt einer Erklärung.

Renae schaute an sich herunter und war beinah überrascht, dass sie ihr Bauchtanzkostüm noch anhatte.

Es war lange her, dass ein Mann sie so durcheinander gebracht hatte. Sehr interessant.

„Dein Kurs wartet“, informierte Lucky sie und deutete zu einem durch einen Vorhang abgetrennten Raum zur Rechten.

Was einst als kleiner Laden mit einem Verkaufsraum begonnen hatte, hatte sich nach und nach auf vier Einheiten im Einkaufszentrum ausgebreitet. Zwei Strip-Clubs waren noch geblieben, doch Women Only breitete sich immer mehr aus und würde sie bald verdrängen. Dann würde die Gegend nur noch dafür bekannt sein, für die positiven Bedürfnisse der Frauen da zu sein, statt für die niederen Instinkte der Männer.

Zur Linken des Verkaufsraumes befanden sich die gemütlichen Massageräume und eine behagliche Unterrichtszone, die wie ein einladendes Wohnzimmer gestaltet war, und in der von der gekonnten oralen Stimulierung des Mannes bis zum G-Punkt alles diskutiert wurde. Zur Rechten lag das offene Studio mit den Spiegelwänden, in dem Renae und andere Bauchtanz und die Kunst des Strippens unterrichteten. Aber die Frauen sollten nicht strippen lernen, um damit Geld zu verdienen, sondern um ihre Partner daheim zu erfreuen.

„Renae?“ Lucky bewegte die Hand vor ihren Augen. „Ist alles in Ordnung mit dir?“

Renae dachte an das Kribbeln in ihrem Bauch und lächelte. Oh ja, es war alles mehr als in Ordnung. Es war großartig.

„Bestens. Es geht mir prächtig. Hast du Ginger gesehen?“

Lucky schrieb etwas auf einen Block und schien selbst ein wenig abgelenkt zu sein. Was normal war, wie Renae fand. Wenn sie einen Mann wie Colin McKenna zu Hause hätte, würde sie den Rest ihres Lebens mit dem Kopf in den Wolken herumlaufen.

„Sie war schon hier und ist gleich wieder verschwunden. Sie meinte, dass sie nach dem Mittagessen wieder zurück ist.“ Lucky sah sie an. „Willst du etwas von ihr? Du kannst sie auf dem Handy anrufen.“

Renae verzog das Gesicht und zupfte ihr Top zurecht. Was sie mit Ginger zu besprechen hatte, konnte sie nicht am Telefon klären. Verabreden wollte sie sich aber auch nicht, denn wenn sie es tat, würde sie damit andeuten, dass etwas sie beschäftigte. Nein, sie wollte Ginger in einem ruhigen Moment erwischen.

„Ich wollte sie bloß nach einer neuen Lieferung fragen, das ist alles“, erklärte sie.

„Hm.“ Lucky schien ihr nicht zu glauben.

Renae hörte Musik aus dem angrenzenden Raum und schaute in die Richtung. „Die Eingeborenen werden unruhig. Ich gehe mal lieber hinein.“ Vor dem Vorhang blieb sie noch einmal stehen und drehte sich um. „Übrigens, was weißt du eigentlich über Colins Freund Will?“

Lucky hielt mit dem Stift über ihrem Klemmbrett inne. „Nur, dass er Arzt ist.“

„Sehr witzig. Ich meinte es eigentlich etwas genauer.“

„Zum Beispiel, was seine Lieblingsfarbe ist?“

Renae verdrehte die Augen. „Ob er mit jemandem zusammen ist.“

Lucky stutzte. „Oh.“ Sie legte das Klemmbrett auf den Tresen. Die orientalischen Klänge aus dem anderen Raum wurden lauter. „Ich glaube, er ist mit einer Assistenzärztin aus dem Krankenhaus zusammen.“

Verdammt! Ausgerechnet jetzt, wo der Doc und sie sich näher gekommen waren, musste sich herausstellen, dass er schon mit jemandem zusammen war. Andererseits war sie ja nicht auf eine Beziehung mit ihm aus. Sie wollte bloß Sex. Aber die Vorstellung, die „andere“ zu sein, und sei es auch nur für kurze Zeit, gefiel ihr nicht. Nun, eins nach dem anderen. Sie musste entscheiden, ob sie wirklich mehr von diesem Feuerwerk wollte, das heute Morgen zwischen ihnen explodiert war.

Lucky starrte sie noch immer an. „Was ist passiert?“

Renae grinste nur. „Nichts. Und alles. Erinnere mich daran, es dir später zu erzählen.“

Sie betrat den Nebenraum, zog den Vorhang hinter sich zu und ignorierte Luckys „Verlass dich drauf!“

„Du siehst übel aus.“

Genau das brauchte Will jetzt. Er sah Colin McKenna an, der ihm gegenüber saß, und nahm einen großen Schluck von seinem eiskalten Bier. Harry’s Bar war in letzter Zeit ihre Lieblingskneipe. Wenn er sich richtig erinnerte, hatte er hier Colins Freundin Lucky Clayborn kennen gelernt. Kurz zuvor war sie als Kellnerin in einer Bar gefeuert worden und war Patientin eines von Colins Kollegen geworden. Schließlich war sie Colins große Liebe geworden.

„Danke für die scharfsinnige Bemerkung“, erwiderte Will trocken.

Colin lachte und schob die Speisekarte beiseite, die keiner von beiden brauchte. „Darf ich fragen, was sich hinter deiner finsteren Miene verbirgt? Oder geht es um den Kampf, der seit fünf Monaten andauert?“

„Der immergleiche Kampf“, bestätigte Will, leerte sein Glas zur Hälfte und streckte sich.

„Läuft immer noch nichts mit deiner neuen Freundin?“

Will winkte ab und machte Platz für die Kellnerin, damit sie ihm Fish and Chips servieren konnte. Harry’s war die einzige Kneipe, die etwas anbot, womit er aufgewachsen war, nämlich britisches Fast Food. „Nein, das ist es nicht.“

Colin runzelte die Stirn. „Sie lässt dich also ran?“

Wills Miene verfinsterte sich wieder. „Nein, leider nicht.“

„Was ist denn dann los?“

Will versuchte, sich ein Stück Fisch zu nehmen, stellte fest, dass es zu heiß war, und wedelte mit den Fingern, um sie abzukühlen. „Na ja, da mein Sexleben in letzter Zeit kaum stattfindet, arbeitet meine Fantasie umso mehr.“

„Ah, die Lesben vom Stockwerk über dir.“ Colin nickte.

„Um genau zu sein, es geht nicht um beide, sondern, wie der Zufall es will, nur um die eine.“ Er kaute nachdenklich auf einer Fritte. „Ich hatte heute Morgen eine sehr aufregende Begegnung mit Miss Renae Truesdale im Flur neben den Briefkästen.“

Colin, der gerade in seinen Chicken Burger beißen wollte, hielt inne. „Definiere ‚Begegnung‘.“

„Ach, nichts Ungewöhnliches, nur harmloses Flirten.“ Der Fisch war endlich abgekühlt, und Will fing an zu essen. „Oh, und der phänomenalste Kuss.“

„Du hast sie geküsst? Von wem ging die Initiative aus?“

Will überlegte einen Moment. „Ich weiß es nicht. Ich schätze, es beruhte auf Gegenseitigkeit.“

Colin grinste selbstzufrieden. „Ich dachte, Lesben interessieren sich nicht für Männer.“

Will verzog das Gesicht und wischte sich mit der Serviette das Kinn ab. „Vielleicht gehört sie zu diesen neumodischen Lesben, die bisexuell sind statt homosexuell.“

Er hatte die Tatsache, dass Renae ihn geküsst hatte, selbst ein wenig seltsam gefunden. Zwar spielte sie in seinen erotischen Fantasien eine Hauptrolle, aber er hatte bis jetzt keine Ahnung gehabt, dass sie an ihm interessiert sein könnte, trotz ihres ständigen Flirtens. „Was soll ich deiner Meinung nach tun?“ fragte er.

„Was meinst du?“

Die Kellnerin brachte ihnen frisch gezapftes Bier und verschwand mit den leeren Gläsern. „Was ich wegen der faszinierenden Renae Truesdale unternehmen soll, natürlich.“

„Oh nein.“ Colin legte seinen Burger hin. „Da mische ich mich auf keinen Fall ein. Lucky arbeitet mit Renae zusammen.“

Will zuckte mit den Schultern. „Möglicherweise hat sich die Sache ohnehin schon erledigt, weil sie ihren Fehler inzwischen erkannt hat.“

„Klar, sie hat dich irrtümlich für eine Frau gehalten.“

Will erinnerte sich daran, wie sie ihn berührt hatte. „Nein, es war wohl eher ein Ausrutscher oder so.“ Er trank einen weiteren Schluck Bier. „Wie dem auch sei, es dürfte ziemlich leicht sein, ihr aus dem Weg zu gehen.“

„Wenn es das ist, was du willst.“

„Willst du damit andeuten, dass es nicht das ist, was ich wollen sollte?“

„Ich habe nichts dergleichen angedeutet.“ Colin öffnete die Ketchupflasche und goss eine rote Lache neben seine Pommes Frites. „Aber es wird langsam öde, ständig das Gejammer über dein leeres Bett zu hören.“

Will kniff die Augen zusammen. „Du meinst also, ich sollte die Sache mit Janet vorantreiben?“

Colin lachte leise. „Ich finde, du solltest tun, was immer du tun musst.“

„Du bist mir eine schöne Hilfe.“

Ja, dachte er. Er würde Renae aus dem Weg gehen. Das müsste leicht sein. Wenn er morgens von der Arbeit nach Hause kam, ging sie normalerweise zur Arbeit. Also würde er den Wagen in einer entfernten Ecke des Parkplatzes abstellen und warten, bis sie weg war, bevor er das Haus betrat.

Klar, das würde funktionieren.

Es musste ja auch nicht für lange sein. Schließlich würde Janet in etwas mehr als einer Woche zurückkommen.

„Was hältst du davon, wenn wir unsere Tennismatches wieder aufnehmen?“ schlug er Colin vor.

Der schüttelte nur den Kopf.

3. KAPITEL

Na schön, dachte Renae nach Feierabend, ich werde Will einfach aus dem Weg gehen. Sie konnte auf dem angrenzenden Parkplatz parken, um ihm nicht über den Weg zu laufen, wenn er zur Arbeit ging oder nach Hause kam.

Die Wahrheit war, dass sie heute Morgen nicht damit gerechnet hatte, sich so sehr zu Dr. Will Sexton hingezogen zu fühlen. Sie hatte auch nicht damit gerechnet, dass ihre Begegnung über das übliche Flirten hinausgehen würde. Der Kuss hatte sie selbst völlig überrascht, da sie momentan eigentlich nichts mit Männern im Sinn hatte, auch wenn ihr Körper ihr etwas anderes erzählte. Sie war nicht gegen Männer eingestellt, nur musste sie sich im Augenblick voll und ganz auf ihre Karriere konzentrieren. Um genau zu sein, sie musste Ginger Wasserman davon überzeugen, sie zur Partnerin von Women Only zu machen.

Nicht, dass sie für ihre Arbeit nicht gut genug bezahlt würde. Sie rutschte auf dem brüchigen weißen Ledersitz ihres pinkfarbenen 1971er Cadillac Eldorado Cabriolet herum. Sie wollte nur dem Unternehmen mehr verbunden sein – und ein größeres Stück vom Kuchen abhaben.

Ihr war durchaus klar, dass sie vermutlich nicht so empfinden würde, wenn Leah Westwood keine Filiale von Women Only im Westteil der Stadt aufmachen würde und Lucky in der Innenstadt. Wäre keine dieser Frauen in ihr und Gingers Leben getreten, würde sie sehr wahrscheinlich noch genauso zufrieden arbeiten wie in den letzten fünf Jahren.

Aber jetzt sah sie die Sache anders. Jetzt wollte sie mehr, denn es ging auch um ihre Zukunft.

Sie wünschte sich endlich ein eigenes Zuhause. Sicher, sie konnte eine kleine Eigentumswohnung finden oder sogar ein Haus, aber sie wollte etwas Größeres, Hübscheres. Zwar wohnte sie gern mit Tabitha zusammen, doch hatte Nina, Tabithas Freundin, ihr deutlich zu verstehen gegeben, dass ihr dieses Arrangement nicht passte. Nina wollte, dass Renae auszog, obwohl Nina selbst erst vor drei Monaten eingezogen war, während Renae schon sechs Monate dort wohnte.

Sie zupfte ihr T-Shirt von ihrem feuchten Rücken und fragte sich, ob es so klug war, bei diesen heißen August-Temperaturen mit offenem Verdeck zu fahren. Tabitha übrigens hatte keine Ahnung von der Feindseligkeit zwischen ihr und Nina. Mann-Frau, Frau-Frau, das Geschlecht spielte bei den Beteiligten keine Rolle; was zählte, war die Bedrohung von außen durch einen Freund oder Nachbarn.

Renae nahm rasant eine Kurve, so dass die Ziermünzen an ihrem Bauchtanzkostüm, das sie in einer Plastiktüte auf dem Rücksitz verstaut hatte, leise klirrten. Bei der Arbeit im Verkauf hatte sie Jeans, T-Shirt und Flip-Flops angezogen, die sie im Laden deponiert hatte. Sie schaute auf das Kostüm und lächelte. Es erinnerte sie an Will, seinen sinnlichen Mund und seinen muskulösen Körper …

Vielleicht war die Hitze schuld, jedenfalls konnte sie sich nicht erinnern, jemals einen Mann so heftig begehrt zu haben wie heute Morgen Will. Dabei war sie dazu erzogen worden, Männern und Beziehungen eher skeptisch gegenüberzustehen und lieber die Finger davon zu lassen. Das hatte ihr zum Beispiel an Ginger sofort gefallen. Ginger verstand sie auf eine Art, wie irgendeine normale, brave Hausfrau es nie können würde. Und deshalb hatte sie auch gleich gewusst, was dieser verlorene Ausdruck in Lucky Clayborns Augen zu bedeuten hatte, als sie vor Monaten in den Laden kam.

Renae schob ihre riesige dunkle Sonnenbrille höher und stellte das Radio lauter, um ihre ernsten Gedanken mit Rockmusik zu vertreiben. „Crazy on You“ von der Gruppe Heart dröhnte aus den Lautsprechern, und sie drehte die Lautstärke noch ein wenig mehr auf. Dabei vergaß sie glatt ihren ursprünglichen Plan und bog auf den regulären Parkplatz vor ihrem Gebäude ein. Im letzten Moment riss sie das Steuer herum, was ihr wütendes Hupen der hinter ihr Fahrenden einbrachte. Sie winkte entschuldigend und fuhr weiter auf den hinteren Parkplatz, wo sie den letzten freien Platz erwischte. Sie wandte den Blick zu dem Geländewagen rechts von ihr und fand, er sah Wills Wagen sehr ähnlich …

Und dann stieg Will aus.

Na schön, irgendeine höhere Macht hatte es auf ihn abgesehen.

Zu diesem Schluss kam Will, als er neben seinem Geländewagen stand und Renae anstarrte. Sein Blick wanderte über ihre langen dunkelblonden Haare mit den sonnengebleichten Strähnen, ihr enges weißes T-Shirt, unter dem sich ihr Spitzen-BH abzeichnete, und dann zu ihrem Gesicht. Sexy sah sie aus mit der großen dunklen Sonnenbrille.

Sie stellte ihr Radio aus, so dass peinliche Stille eintrat.

„Du kommst öfter her, was?“ fragte er und sah ein, dass er ihr jetzt nicht mehr aus dem Weg gehen konnte.

Sie schob die Sonnenbrille auf ihre Stirn und lächelte mutwillig. „Komisch, ich habe hier geparkt, um dir aus dem Weg zu gehen.“

Er lachte über ihre erfrischende Aufrichtigkeit. „Ironischerweise hatte ich das Gleiche vor.“

„Ich weiß, weshalb ich dir nicht begegnen wollte“, meinte sie, als sie zusammen den Pfad entlanggingen, der zu ihrem Gebäude führte. „Aber wieso wolltest du mir aus dem Weg gehen?“

Will war verblüfft von dem Durcheinander an Emotionen, das allein dadurch hervorgerufen wurde, dass er neben dieser Frau ging. Er konnte kaum den Blick von ihrem hübschen gebräunten Gesicht losreißen, obwohl es ganz ungeschminkt war. Und so, wie er ihr T-Shirt und ihre Jeans betrachtete, könnte man meinen, er habe noch nie eine Frau in diesem Aufzug gesehen. Besonders fasziniert war er von ihren Füßen in den pinkfarbenen Flip-Flops, und das bereitete ihm die größte Sorge.

„Sind deine Füße tatsächlich gebräunt?“ hörte er sich fragen.

Renae schaute nach unten und schien von seiner idiotischen Frage ebenso überrascht zu sein wie er. Das Problem war, dass er nie vorher auf die Füße einer Frau geachtet hatte, ob gebräunt oder nicht. Und es lag auch nicht nur an ihren pinkfarben lackierten Fußnägeln. Ihre Füße hatten etwas Erotisches, das ihn davon fantasieren ließ, wie sie aus einer Badewanne voll Schaum ragten, während Renae nackt auf ihm saß.

„Ja, es sieht so aus“, antwortete sie schließlich und schenkte ihm ein aufreizendes Lächeln. „Aber du weichst meiner Frage aus.“

Will wurde nervös. „Ich weiche deiner Frage nicht aus. Es ist nur …“ Er musste grinsen. „Ich habe sie vergessen.“

„Wieso gehst du mir aus dem Weg?“

„Tja, also da ist diese Frau, mit der ich zusammen bin …“

„Die Assistenzärztin.“

„Du weißt von ihr?“

„Lucky hat mir von ihr erzählt.“

„Colins Lucky, nehme ich an?“

„Genau die“, bestätigte Renae, den Blick auf seinen Mund geheftet.

„Und sie erzählte dir von ihr, weil …“

„… ich sie danach gefragt habe.“

„Ich verstehe.“ Er räusperte sich. „Und weshalb wolltest du mir aus dem Weg gehen?“

„Oh, aus so ziemlich dem gleichen Grund. Wegen der Assistenzärztin.“

Er lachte. „Du gehst mir aus dem Weg, weil ich mit einer anderen zusammen bin?“

„Ja. Wieso überrascht dich das?“

„Weil du mir nicht wie jemand vorkommst, der so etwas tut.“

„Und wieso?“

Er zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Du kommst mir vor wie jemand, der sich nimmt, was er will.“

„Komisch“, bemerkte sie zum zweiten Mal innerhalb genau so vieler Minuten. „Das Gleiche dachte ich von dir.“

Er sah sie an und las die provozierende Einladung in ihren grünen Augen. „Zu dir oder zu mir?“ fragte er.

Ohne mit der Wimper zu zucken, antwortete sie: „Eindeutig zu dir.“

Kaum hatte Will die Tür hinter sich geschlossen, fielen Renae und er übereinander her wie zwei sexhungrige Teenager. Renae ließ die Plastiktüte mit ihrem Kostüm und ihre Handtasche fallen, während Will bereits ihr T-Shirt hochschob und ihre Brüste umfasste.

„Autsch“, beschwerte sie sich, als er ein wenig zu fest zupackte.

„Entschuldige.“

Sofort umfasste er sie zarter. Renae zerrte sein Hemd aus der Jeans und legte die Hände auf seinen Waschbrettbauch. Abrupt bewegte sie den Kopf nach rechts und stieß gegen seine Nase.

„Autsch“, sagte er.

„Entschuldige.“

Hastig zerrten sie an Reißverschlüssen. Nähte rissen. Renae schien nicht genug von ihm bekommen zu können. In fieberhafter Eile ließ sie ihre Hände über seinen Körper gleiten, von seinem Hals bis zu seiner Erektion.

Will berührte ihre intimste Stelle. Renae erschauerte und war zu ihrem Erstaunen kurz vor dem Höhepunkt. Sie biss sich auf die Unterlippe, als Will behutsam mit einem Finger in sie eindrang und ihn wieder zurückzog. Sie begann so heftig zu zittern, dass sie kaum noch stehen konnte.

Oh ja. Das war noch besser, als sie es sich mit dem sexy Doc vorgestellt hatte.

„Das Schlafzimmer ist hier entlang“, sagte er unnötigerweise, während er sie in die Richtung drehte, ohne den Kuss zu unterbrechen, so dass er gegen ihre Nase stieß, wie sie kurz zuvor gegen seine. Renae ging rückwärts, wobei sie gegen die Couch stieß – weißes Leder – und beinah über einen weißen Pflanzenkübel stolperte, bevor sie mit dem Rücken gegen den Türrahmen zum Schlafzimmer stieß. Eng umschlungen ließen sie sich auf das Bett fallen.

Renae schmiegte sich an Will und genoss es, seine Hände auf ihren Brüsten zu spüren. Es war lange her, seit sie ein so starkes Verlangen verspürt hatte wie bei Will. Sie küsste ihn und löste sich von ihm, um den Blick nach unten zu richten, wo sich seine Erektion gegen ihren Bauch drückte.

„Hast du ein Kondom?“ flüsterte sie, umschloss sein Glied und begann es zu reiben.

Er erschauerte. „In der Schublade rechts von dir. Ja, genau da.“

Renae fand ein Streichholzheft von einer nahe gelegenen Bar, einen Stift und endlich die Kondome. Rasch riss sie ein Päckchen mit den Zähnen auf und streifte Will den hauchdünnen Schutz vorsichtig über. Dann spreizte sie die Beine so, dass er ihren intimsten Punkt berührte.

Will küsste sie, während sie sich unter ihm wand, um ihn zu ermutigen, endlich in sie einzudringen. Sie rieb ihre Brüste an seinem Oberkörper und glaubte, es vor Begierde nicht länger aushalten zu können. Will saugte an ihrer rechten Brustspitze, und Renae stöhnte auf. Sie warf den Kopf in den Nacken und bog sich ihm begierig entgegen.

„Bitte“, flehte sie.

Endlich drang er tief in sie ein. Es war besser als in ihrer kühnsten Fantasie.

Und vorbei, noch ehe es richtig begonnen hatte.

4. KAPITEL

Grundgütiger …

Als das Pulsieren nachließ, hielt Will über Renae gebeugt inne und fühlte sich gedemütigt wie noch nie in seinem Leben.

Es gab nichts zu beschönigen an dem, was gerade passiert war. Es hatte keinen Sinn, so zu tun, als sei er nicht so schnell zum Höhepunkt gelangt wie ein Dreizehnjähriger, der für das Vergnügen bezahlt hatte. Obwohl er alle Willenskraft aufgeboten hatte, war nichts mehr zu machen.

Und Renae signalisierte ihm, er solle von ihr herunterrollen.

Er tat ihr den Gefallen, lag auf dem Rücken und starrte zur Decke. „Das war ein bisschen unglücklich, nicht wahr?“

Er betrachtete es als gutes Zeichen, dass sie nicht sofort aufgestanden und wortlos verschwunden war.

„Ich würde es eher enttäuschend nennen“, sagte sie.

Er drehte ihr das Gesicht zu. „Jedenfalls für einen von uns.“

Sie wollte sich aufsetzen, doch er hielt sie am Arm fest.

„Tut mir Leid, das war ein schwacher Versuch, es mit Humor zu nehmen.“ Er atmete tief durch. „Gib mir einen Moment Zeit, ja? Ich kann dich nach der schwächsten Vorstellung meines Lebens unmöglich gehen lassen.“ Er schluckte hart. „Du liebe Zeit, ich war nicht mehr so schnell, seit … eigentlich noch nie. Jedenfalls nicht seit ich mit sechs Jahren entdeckte, wie viel Spaß man mit sich selbst haben kann.“

„Mit sechs?“ Sie runzelte skeptisch die Stirn.

„Ich war ein Frühstarter.“

Renae drehte sich auf die Seite und stützte den Kopf auf den Ellbogen. „Und ein schneller Sprinter.“

„Sehr witzig.“

„Solange du mir nicht das Gegenteil beweist, ist das meine Version.“

„Deine Version?“

„Du wirst in meine persönliche sexuelle Geschichte als der schnelle Will eingehen.“

„Autsch.“

Trotz allem fand er ihr Geplänkel entspannend. „Was wäre die weibliche Entsprechung zu dem, was gerade passiert ist?“

„Oh, keine Ahnung. Vielleicht, wenn ich eine Zeitung dabei lese.“

„Nein, das wäre ziemlich rüde.“

„Siehst du hier irgendwo eine Zeitung?“

Will betrachtete die Schatten an der Decke. Er hatte die Jalousien nicht hochgezogen, so dass das Zimmer kühl und dämmrig war.

Und die Frau neben ihm war aufregend und verlockend.

„Sei so lieb und gib mir noch ein Kondom“, bat er.

Sie stutzte. Dann fiel ihr Blick auf seine größer werdende Erektion. Renae lehnte sich zurück und nahm ein weiteres Päckchen aus der Nachttischschublade. „Bist du dir sicher, dass du es noch mal probieren willst?“

Er nahm das Kondom von ihr. „Die Frage ist eher, ob du bereit bist für eine weitere Runde?“

„Da ich mich an die erste kaum erinnern … Oh!“

Will legte sich wieder auf sie, drückte ihre Arme über dem Kopf auf die Matratze und betrachtete ihren aufregenden Körper. Dann spreizte er ihre Beine mit seinem Knie und drang erneut in sie ein. Diesmal ließ er sich Zeit und genoss jeden Schauer, der sie durchlief.

Als er ganz in sie eingedrungen war, stöhnte Renae. Er küsste sie und drückte seine Nase an ihre. „Was wolltest du sagen?“

Sie befeuchtete ihre Lippen. Ihr Herz pochte heftig, und ihre Muskeln zogen sich zusammen, als stünde sie bereits kurz vor dem Gipfel. Es war unglaublich. Will begann sich auf eine Weise zu bewegen, wie nur wenige Männer es fertig brachten. Immer wieder reizte er ihren G-Punkt, indem er tief in sie eindrang und sich wieder zurückzog. Renae packte seinen festen Po und bog sich ihm jedes Mal entgegen.

Oh ja, das kam ihren Erwartungen schon viel näher. Erneut stöhnte sie. Wenn sie ehrlich war, übertraf es ihre Erwartungen sogar um einiges.

Plötzlich hielt er inne, und sie öffnete die Augen, in der Befürchtung, er könnte schon wieder vor ihr fertig sein. Doch das war nicht der Fall. Stattdessen umfasste er ihre rechte Brust und fuhr langsam mit der Zunge über die hoch aufgerichtete Knospe. Fasziniert beobachtete Renae ihn, wie er ihre Brustspitze zuerst umspielte, ehe er daran zu saugen begann und irgendeine unsichtbare Verbindung zwischen ihren Brüsten und ihrem intimsten Punkt herstellte. Ohne dass er sich bewegte, hatte Renae das Gefühl, kurz vor dem Höhepunkt zu stehen.

Sie warf den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und versuchte sich zu beherrschen. Sie wollte, dass es andauerte und er sein Versprechen, dass es beim zweiten Mal besser sein würde, erfüllen konnte. Sie wollte, dass sich das Risiko auszahlte, das sie eingegangen war, indem sie mit in seine Wohnung gekommen war.

Er zog sich halb zurück, um gleich darauf wieder kraftvoll so tief es ging einzudringen. Renae bog den Rücken durch und keuchte.

Ehe sie wusste, wie ihr geschah, rollte er sich mit ihr herum, so dass sie oben lag.

Da sie kurz vor dem Gipfel gewesen war, wusste sie nicht recht, ob ihr diese neue Stellung gefiel. Zumindest bis er sich bewegte und dadurch jeden Zweifel auslöschte.

Sie stützte sich auf seine Schultern und passte sich seinem Rhythmus an. Es war wundervoll. Will war so gebaut, dass er einer Frau garantiert Lust bereitete. Vorausgesetzt natürlich, er blieb erregt. Denn was nützte es, wenn ein Mann gut gebaut war, aber kein Stehvermögen hatte? Trotz des enttäuschenden Anfangs übertraf der sexy Notaufnahmearzt ihre Fantasien, die sie den ganzen Tag beschäftigt hatten.

Ein Kribbeln breitete sich in ihrem Magen aus. Sie krallte die Finger in Wills Schultern und warf den Kopf in den Nacken. Selbst sie war nicht vorbereitet auf die unfassbare Intensität ihres Höhepunkts. Als sie wieder ein klein wenig ruhiger atmete, wusste sie nicht, was sie sagen sollte.

„Und?“ fragte Will und liebkoste ihre Brüste.

Ein weiterer Schauer durchlief ihren Körper, und sie sah Will lächelnd an. „Dir eine zweite Chance zu geben hat sich definitiv gelohnt.“

Verdammt, war er sexy. Seine Haare waren zerwühlt, was ihm zusammen mit seinem schiefen Grinsen etwas Verwegenes verlieh.

Renae wollte von ihm herunterrollen, doch er hielt sie fest, indem er die Hände auf ihre Oberschenkel legte.

„Wohin willst du?“

Sie sah ihn verständnislos an. Es war drei Uhr nachmittags, und sie war noch nicht in ihrer Wohnung gewesen.

„Oh, Miss Truesdale, ich bin noch lange nicht fertig mit Ihnen.“

Zum Spaß machte sie große Augen. Sie war so überwältigt gewesen, dass sie gar nicht bemerkt hatte, ob er schon zum Höhepunkt gelangt war. „Nein?“

„Nein.“ Er schüttelte den Kopf und schob seine Hände von ihren Schenkeln nach innen, so dass er mit den Daumen ihren intimsten Punkt berühren konnte.

Renae stöhnte.

„Das war erst die Vorspeise. Ich bin fest entschlossen, das hier zu einem Fünf-Gänge-Menü zu machen.“

Renae sog scharf die Luft ein, als er sie anhob und in die andere Richtung drehte, so dass sie zwar immer noch rittlings auf ihm saß, aber zu seinen Füßen blickte.

„Sei so lieb und gib mir noch ein Kondom, ja?“

Renae lehnte sich zurück und nahm eine Handvoll Kondome, die sie ihm auf die Brust regnen ließ. „Na dann los.“

5. KAPITEL

Am nächsten Tag stand Renae in der Küche der Wohnung, die sie sich mit Tabitha teilte, und machte summend den Abwasch. Überrascht stellte sie fest, dass ihr ein bestimmter Song nicht mehr aus dem Sinn ging: „Crazy on You“ – verrückt nach dir.

Lächelnd erinnerte sie sich an Wills beinah panischen Gesichtsausdruck, als er nach ihrem letzten Liebesakt auf die Uhr gesehen hatte. Sie hatten praktisch vierundzwanzig Stunden im Bett verbracht. Will schien darüber nicht besonders erfreut zu sein. Im Gegenteil, er sah aus, als würde er ihr am liebsten ihre Sachen in die Hand drücken und sie vor die Tür setzen. Auch wenn ein gewisser Teil seines Körpers da anderer Ansicht war.

Gegangen war sie letztlich, weil sie keine Kondome mehr hatten, weder in seiner Schublade noch in ihrer Handtasche.

Und selbst jetzt überlegte sie, ob sie vielleicht noch in einer anderen Handtasche eines hatte.

Sie lachte bei der Vorstellung, wie Will wohl reagieren würde, wenn sie jetzt mit ein oder zwei neuen Päckchen vor seiner Tür stünde. Er war schon erstaunt genug gewesen, dass sie, eine angebliche Lesbe, Kondome bei sich hatte. Wahrscheinlich würde er sie zuerst schockiert ansehen und sie dann wieder in seine Wohnung zerren.

„Diesen Ausdruck habe ich schon lange nicht mehr auf deinem Gesicht gesehen.“

Renae sah über die Schulter zu Tabitha, die eine Einkaufstüte auf den Glastisch stellte.

„Welchen Ausdruck? Den einer Frau, die endlich mal wieder leidenschaftlich geliebt wurde?“

Tabitha fing an, die Tüte auszupacken. „Genau den.“

Renae versuchte vergeblich, nicht zu grinsen. Sie beendete den Abwasch und trocknete sich die Hände ab.

„Ist es jemand, den ich kenne?“ wollte Tabitha wissen. Sie faltete die leere Tüte zusammen und warf sie in die Recyclingtonne.

„Ja.“

Tabitha musterte sie skeptisch, während Renae ihr half, die Lebensmittel in den Kühlschrank und die Regale zu räumen. „Darf ich fragen, wer?“ Tabitha nahm zwei Dosen Eistee aus dem Kühlschrank und gab Renae eine. Sie setzten sich einander gegenüber auf die schmiedeeisernen Stühle, die um den Glastisch standen.

„Klar.“ Renae deutete mit dem Daumen auf das Stockwerk unter ihnen.

„Es war enttäuschend?“

Renae begriff, dass die Geste auch als gesenkter Daumen gedeutet werden konnte, und lachte. „Quatsch, ich meinte unseren Nachbarn unter uns.“

„Du meine Güte! Sag, dass das nicht wahr ist!“

Renae genoss die Reaktion ihrer Freundin.

Es hatte ihnen beiden Spaß gemacht, Doc Sexton den ganzen Sommer über zu provozieren. Sie waren extra in ihren knappen Bikinis zum Pool gelaufen und hatten darauf geachtet, ihn in seinem Glauben, sie seien lesbisch, zu bestärken.

So etwas hatten sie nicht zum ersten Mal gemacht. Sie waren im ersten Jahr auf der High School Freundinnen geworden und hatten Tabithas zögerndes Coming-out im zweiten Jahr überstanden. Lange bevor Tabitha ihrer Freundin ihre sexuelle Veranlagung gestand, hatte Renae gewusst, was mit ihr los war. Wenn sie Footballspiele besuchten, machte Renae stets Bemerkungen über die knackigen Pos der Spieler, während Tabitha sich mehr für die Cheerleader interessierte.

Seit der Pubertät wussten sie, dass Männer erotische Fantasien hatten, sobald sie zwei attraktive Frauen zusammen sahen, und sie hatten gelernt, das geschickt einzusetzen. Angefangen vom Abschlussball auf der High School, den sie als Paar besucht hatten, bis zu Will.

„Du hast ihm natürlich erklärt, dass wir nicht zusammen sind“, meinte Tabitha und riss Renae aus ihren Gedanken.

„Natürlich nicht.“

„Und er hat trotzdem mit dir geschlafen?“

„Und wie.“

Tabithas missbilligende Miene konnte ihrer Schönheit nichts anhaben. Sie war immer die Attraktivere von ihnen beiden gewesen und diejenige, hinter der die Männer her waren, allerdings erfolglos.

„Hat er …“

„Was?“ Renae wusste genau, was ihre Freundin meinte. „Ob er mich gebeten hat, dich anzurufen und einzuladen?“ Sie schüttelte den Kopf. „Interessanterweise nicht.“

„Aber du hast damit gerechnet, dass er es tun könnte.“

Renae überlegte einen Moment. „Ja, schon möglich. Aber nach den ersten fünf Minuten habe ich überhaupt nicht mehr daran gedacht, und ich glaube, ihm ging es genauso. Zumindest bis heute Morgen, als er mich fragte, ob du eifersüchtig wärst.“

„Eines Tages handelst du dir noch Ärger ein“, meinte Tabitha tadelnd.

„Ach wo. Dafür bin ich zu schlau.“ Renae spähte ins Wohnzimmer. „Apropos eifersüchtige Partner, wo steckt Nina?“

„Nina ist nicht eifersüchtig.“

Renae lachte. „Wer handelt sich hier Ärger ein? Nina ist von Natur aus eifersüchtig.“

„Ist sie nicht.“ Tabitha winkte ab. „Egal, erzähl mir lieber noch mehr von Doc Will. Wirst du ihn wiedersehen?“

Renae drehte ihre Getränkedose wieder und wieder auf dem Tisch und wischte die Kondensflüssigkeit weg. „Ich weiß nicht. Vielleicht.“

„Dann ging es letzte Nacht nur um Sex.“

„Und wie.“

„Hast du keine Absichten darüber hinaus?“

„Ich glaube nicht. Außerdem hat er ja eine Freundin.“

„Ach, das ist interessant.“ Tabitha griff über den Tisch und stoppte Renaes nervöses Hin- und Hergeschiebe der Getränkedose. „Sei vorsichtig, hörst du? Du wärst nicht die erste Frau, die großartigen Sex mit einer Beziehung verwechselt.“

„Kann sein“, räumte Renae ein. „Aber du solltest deinen eigenen Rat auch beherzigen.“ Sie zwinkerte ihrer Freundin zu.

„Was soll das denn …?“

„Tabby, ich habe draußen auf dich gewartet. Ich kann nicht glauben …“ Nina verstummte, als sie Renae und Tabitha Hand in Hand am Tisch sitzen sah. „Oh. Hallo, Renae.“

Sie sagte die Worte mit etwa so viel Freundlichkeit, wie eine Schlange sie einer Maus entgegenbringen mochte.

Renae erwiderte die Begrüßung nicht viel freundlicher und tätschelte Tabithas Hand, ehe sie sie losließ. „Genau das meinte ich.“

„Du hast mit ihr geschlafen.“

Colins Worte erschreckten Will so sehr, dass er prompt seinen Aufschlag verpatzte. Als er versuchte, den hüpfenden Ball einzufangen, entglitt ihm der Schläger.

„Was?“

Colin zeigte mit seinem Schläger auf ihn. Er hatte darauf bestanden, in diesem Privatclub zu spielen, obwohl zu der Wohnanlage, in der Will lebte, sehr gute Tennisplätze gehörten. „Du weißt genau, wovon ich rede. Von dieser lesbischen Bauchtänzerin, die über dir wohnt. Du hast mit ihr geschlafen, oder nicht?“

Will verzog das Gesicht und fragte sich, ob jeder ihn durchschaute. Falls ja, hatte er nämlich ein gewaltiges Problem, wenn Janet nächste Woche aus Kalifornien zurückkam. „Du könntest nicht weiter danebenliegen“, log er und konzentrierte sich ganz auf seinen Aufschlag.

Der Ball ging ins Aus, und Will schnappte sich einen neuen Ball.

Colin musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen. „Komm schon, Will. Dein Gesichtsausdruck rührt nicht daher, dass du die Dinge selbst in die Hand genommen hast.“

„Sozusagen.“

„Sozusagen.“

„Und wieso nicht?“ Will probierte es erneut und war froh, dass der Ball diesmal wenigstens im Spielfeld blieb.

Colin machte locker seinen Return. „Weil du dann nicht so aussehen würdest, als hättest du tollen Sex gehabt. Du wärst nicht so entspannt und würdest nicht die ganze Zeit grinsen. Und ich schwöre, du hast gepfiffen. Man pfeift nicht, wenn man bloß Sex mit sich selbst hatte.“

Das Geräusch eines zu Boden fallenden Schlägers war zu hören. Will schlug den Volley zurück und schaute zum Platz nebenan, auf dem zwei attraktive junge Frauen spielten. Eine musste Colins Bemerkung gehört und mitten im Return ihren Schläger fallen gelassen haben. Die beiden Frauen sahen sich an und lachten.

„Na klasse“, meinte Will, schlug den nächsten Ball mit besonders viel Wucht und registrierte zufrieden, dass Colin einige Mühe damit hatte. „Ich glaube, ich kenne eine der beiden Frauen neben uns aus dem Krankenhaus. Das fehlt mir noch, dass solche Gerüchte die Runde machen. ‚Der bereitwillige Will, der keine Angst hat, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen.‘“

Colin lachte und versuchte nicht einmal, den nächsten Volley zu kriegen, den Will über das Netz feuerte.

„Punkt, Satz und Sieg.“

„Gut.“ Colin sammelte die Tennisbälle ein und ging ans Netz, um Will die Hand zu schütteln. „Ein weiteres Spiel mit solchen Aufschlägen hätte ich auch nicht ausgehalten. Ich glaube, du gefällst mir besser, wenn du frustriert bist.“

Vom Platz nebenan war erneutes Gekicher zu hören.

„Würdest du bitte aufhören“, zischte Will. „Überleg nur mal, wie Janet reagieren wird, wenn ihr solche Gerüchte zu Ohren kommen.“

„Du solltest dir lieber größere Sorgen darüber machen, was sie wohl denkt, wenn sie herausfindet, dass du es mit deiner Nachbarin getrieben hast.“ Colin sah ihn forschend an. „Du hast doch nicht etwa mit beiden geschlafen, oder?“

Will winkte ab. „Nein, nein. Nur mit der einen.“

Colin stieß ihm mit dem Schläger gegen die Brust. „Aha! Ich wusste es!“

Will zuckte zusammen, als er begriff, dass er sich verraten hatte.

„Und wie war es?“ wollte Colin sofort wissen.

„Frag ich dich etwa, was zwischen dir und Lucky passiert, sobald die Sonne untergegangen ist?“

„Ständig.“

„Und verrätst du es mir?“

„Nie.“

„Na bitte.“

„Mag ja sein, aber Lucky und ich sind ein Paar. Du und …“

„Ja“, bestätigte Will und weigerte sich, Renaes Namen preiszugeben.

„Bei dir war es ein One-Night-Stand. Es ging nur um Sex. Das zählt nicht.“

„Mit welcher Begründung?“

Colin betrachtete ihn eine Spur zu prüfend. „Es sei denn, es war nicht nur Sex.“

Sie erreichten den Parkplatz. Will öffnete die Heckklappe seines Geländewagens und warf seinen Schläger und die Sporttasche hinein. „Natürlich war es bloß Sex, Mann. Bist du verrückt?“

Colin hatte neben Wills Wagen geparkt und lud ebenfalls seine Sportsachen ein. „Na, dann kannst du mir auch erzählen, wie es war.“ Er schloss die Hecktür seines Geländewagens. „Also?“

Will starrte ihn an, dann grinste er. „Großartig.“

„Ich wusste es!“

„Mehr als großartig – es war unglaublich. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass es so lange her ist, aber wir waren fast zwanzig Stunden im Bett. Klar, zwischendurch haben wir mal kurz geschlafen und geduscht.“

Colins Amüsiertheit verschwand. „Zwanzig Stunden?“

Will nickte und musste grinsen. „Ja, zwanzig Stunden. Und aufgehört haben wir nur, weil uns die verdammten Gummis ausgingen.“

Colin sagte nichts mehr.

Will gefiel die nachdenkliche Miene seines Freundes nicht. „Was? He, was denkst du jetzt?“

„Oh, keine Ahnung. Ich denke, letzte Nacht ging es möglicherweise doch nicht nur um Sex.“

„Bist du verrückt? Natürlich ging es nur darum. Was denn sonst?“

Colin sah ihn weiter nachdenklich an und ging auf die Fahrerseite seines Geländewagens. „Du vergisst, dass ich Eheberater bin.“

„Jetzt kommt’s.“ Will wischte sich das Gesicht mit einem Handtuch aus seiner Tasche ab, warf es wieder in den Wagen und schloss die Tür. „Ich wusste, ich würde es irgendwann bereuen, dass ich dich während des Medizinstudiums durchgeschleppt habe.“

Colin lachte. „Meiner beruflichen Ansicht nach dauern sexuelle Begegnungen nie länger als eine halbe, höchstens eine Stunde, wenn es nur um Sex geht.“

Will hob den Zeigefinger über der Motorhaube. „Deiner Meinung nach. Das ist das Schlüsselwort.“

„Meiner Expertenmeinung nach.“

Mit finsterer Miene öffnete Will seine Fahrertür. „Meinetwegen, aber wer hat dich eigentlich um deine Meinung gebeten? Ich kann mich nicht daran erinnern.“

Colin grinste nur und fragte: „Zu Harry’s?“

„Okay.“ Will startete den Motor und lenkte seinen Wagen in Richtung der ganz in der Nähe liegenden Bar.

Von wegen, es war mehr als Sex, dachte er. Lächerlich.

Am nächsten Morgen lächelte Renae immer noch.

Sie war noch immer nicht dazu gekommen, ihre Wäsche zu waschen.

Sie schloss ihre Wohnungstür ab und lief die Treppe hinunter, wobei sie darauf achtete, sich in ihrem Bauchtanzkostüm möglichst leise zu bewegen.

Wenigstens hatte sie etwas Schlaf gefunden. Nachdem Tabitha und Nina gestern Abend gegen sechs ins Kino gegangen waren, hatte sie es sich mit dem letzten Buch aus der Stephanie-Plum-Reihe von Janet Evanovich im Bett gemütlich gemacht und war sofort eingeschlafen. Erst als ihr Wecker um sechs klingelte, war sie wieder aufgewacht. Wahrscheinlich hatte sie den Schlaf nach der langen Nacht bei Will nötig gehabt. Trotzdem, es war lange her, dass sie mehr als acht Stunden Schlaf gebraucht hatte.

Sie ging die Treppe hinunter, wobei ihr Blick automatisch zur Tür von 2B ging. Ein breites Grinsen erschien auf ihrem Gesicht. Allein daran zu denken, was sie und Will getan hatten …

Wow.

Selbstverständlich hatte sie nicht die Absicht, ihn wiederzusehen. Außer sie liefen sich im Hausflur über den Weg. Aber eine Wiederholung dessen, was gewesen war, kam nicht infrage.

Eine leise Stimme in ihr fragte: Wieso?

Und Renae antwortete. Erstens konnte es nie und nimmer besser werden als das, was sie miteinander erlebt hatten. In dieser Nacht hatte sie den besten Sex ihres Lebens gehabt. Ihr wurde heiß und kalt, wenn sie daran dachte.

Zweitens war da Wills Freundin. Es gab keinen Zweifel daran, dass er eine feste Beziehung hatte, sonst hätte er sie gar nicht erwähnt, bevor er mit ihr, Renae, in seine Wohnung gegangen war. Und wenn es eines gab, woran sie kein Interesse hatte, dann war es, die Rolle der „anderen Frau“ zu spielen. Sie war nie so dumm gewesen und würde ganz bestimmt nicht jetzt mit so etwas anfangen, ganz gleich, wie gut der Sex gewesen war.

Und der Sex war gut gewesen, oder?

Genau wie vor zwei Tagen blieb sie kurz vor der Haustür stehen, durch die in diesem Augenblick Will kam. Er sah Renae genauso perplex an wie sie ihn.

„Hallo“, sagte sie und zwang sich trotz ihrer weichen Knie, die letzten Treppenstufen hinunterzugehen.

Er reagierte nicht gleich, und Renae befürchtete schon, dies würde einer jener peinlichen Morgen danach werden, wo man sich nur so rasch wie möglich aus dem Weg gehen wollte.

„Selber hallo“, sagte Will schließlich.

Renae verzog das Gesicht. Eindeutig das Das-Morgen-danach-Syndrom. Und Will war derjenige, dem die Sache unangenehm war.

Na schön. Das war in Ordnung. Sie würde damit fertig werden. Schließlich war sie keineswegs darauf aus, zu wiederholen, was neulich Nacht zwischen ihnen passiert war.

Sie wollte an Will vorbeigehen und versuchte, sich eine zwanglose Bemerkung einfallen zu lassen, bevor sie zur Tür stürmte. Doch dann hob er endlich den Blick und meinte mit einem umwerfenden Grinsen: „Was würdest du sagen, wenn ich dir eine Wiederholung unserer gemeinsamen Nacht vorschlage, inklusive Kostüm?“

Renae musste schlucken. „Ich würde dich fragen, wann und wo.“

Will starrte auf ihren Mund. „Wie wäre es mit hier und jetzt?“

Renae lächelte. „Und was ist mit Kondomen?“

Er hielt eine Tüte hoch. „Hab ich.“

„Dann würde ich sagen, geh voran.“

6. KAPITEL

Will wollte nicht auf seine innere Stimme hören, die ihm sagte, dass das, was er vorhatte, möglicherweise nicht so gut war. Als er auf dem Heimweg vom Krankenhaus heute Morgen bei der Apotheke angehalten hatte, um neue Kondome zu kaufen, hatte er sich eingeredet, er tue es nur, weil er und Janet vielleicht endlich Sex haben würden, wenn sie Ende der Woche aus Kalifornien zurückkam.

Doch eine andere, bösartige leise Stimme behauptete, er habe ein ganz anderes Ziel verfolgt. Sonst wäre er wohl kaum so eilig nach Hause gefahren, in der Hoffnung, Renae noch zu sehen, bevor sie zur Arbeit fuhr.

Er schloss seine Wohnungstür auf und schob Renae hinein. Er mochte es, wenn die goldenen Ziermünzen an ihrem Kostüm bei jeder Bewegung klirrten. Und er mochte es, dass sie so sexy in ihrer orientalischen Kleidung aussah. Aber am besten gefiel ihm, dass er sie so schnell wie möglich von ihren Sachen befreien würde.

Falls er Zweifel gehabt hatte, ob sie das Gleiche empfand, so verschwanden sie in dem Moment, als sie sich in seine Arme warf und ihn mit glühender Leidenschaft küsste.

Ihre nackte Haut am Rücken war herrlich weich. Vergeblich suchte er den Verschluss ihres Oberteils.

Lachend befreite sie sich aus seiner Umarmung. „Warte. Ich muss im Shop anrufen und Bescheid sagen, dass ich ein bisschen später komme.“

Will runzelte die Stirn. „Ein bisschen?“

Er nahm ihre Hand und legte sie auf seine dünne OP-Hose, damit sie seine Erregung spürte.

Renae machte große Augen. „Na schön“, meinte sie langsam, „viel später.“

Er schob einen Finger in ihr Top. „Sag ihnen, dass du den ganzen Tag ausfällst.“

Sie schluckte. „Den ganzen Tag?“ Ein sinnliches Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. „Dann hast du tatsächlich vor, unsere Nacht von neulich zu wiederholen.“

Er nickte. „Mindestens.“

Renaes Finger zitterten so heftig, dass sie drei Versuche brauchte, bis sie ihr Handy aus der Handtasche herausbekam. Inzwischen hatte Will eine ihrer Brüste aus dem Oberteil des Kostüms befreit und umspielte die Knospe mit der Zunge.

Renae unterdrückte ein Stöhnen und stieß ihn an. „Gib mir eine Minute.“

Er schaute demonstrativ auf seine Uhr. „Ich gebe dir zwanzig Sekunden.“

Renae drückte die Taste für ihr Telefonverzeichnis und erhielt die Nachricht, dass es keine Einträge gab. Sie starrte auf das farbige Display, drückte erneut die Taste und erhielt das gleiche Ergebnis.

Das war seltsam. In ihrem Telefonverzeichnis befanden sich nicht weniger als fünfzig Nummern, von denen die für den Shop die wichtigste war.

Will begann auf sie zuzugehen, und sie wich lachend zurück. „Benimm dich lieber, sonst zeige ich dir keine Show.“

„Eine Show?“

Sie fragte sich, ob alle Briten so sexy waren wie Will. Falls ja, musste sie schnell London besuchen. „Genau.“

Sie schaltete ihr Handy aus, schaltete es wieder an und bekam die gleiche Meldung, dass in ihrem Telefonbuch keine Einträge waren.

Das war äußerst merkwürdig …

Will zog sein grünes OP-Hemd aus, unter dem seine muskulösen Arme und Bauchmuskeln zum Vorschein kamen. Renae lief das Wasser im Mund zusammen, und sie konnte sich beim besten Willen nicht mehr an die Nummer von Women Only erinnern.

Irgendwann gelang es ihr, die Nummer einzugeben. Danach schaltete sie das Handy aus und fuhr Will mit ihren Fingern durch die Haare. Er kniete vor ihr, das Gesicht an ihren nackten Bauch geschmiegt.

„Ich mag Nabelringe“, gestand er und ließ die Zungenspitze erst in ihren Nabel und dann über den Nabelring gleiten, der mit einem roten Edelstein besetzt war.

Renae durchlief ein Schauer, wofür der Ventilator über ihr nur zur Hälfte verantwortlich war. „Möchtest du eine Privatvorführung oder nicht?“ flüsterte sie.

„Klar.“

„Hast du Musik?“

Er machte ein Gesicht, als hätte sie sich erkundigt, ob er Hummer im Kühlschrank habe.

„Etwas Griechisches wäre gut. Oder orientalische Musik.“

Will schien auf Knien vor ihr festgewachsen zu sein.

Renae hätte am liebsten ihren Bauchtanzrock ausgezogen und ihn mit dem fortfahren lassen, was er da tat.

Endlich schien er zu begreifen. „Sting.“

Renae war skeptisch. Der Popsänger Sting machte ja nicht gerade das, was man unter Bauchtanzmusik verstand. Doch Will stand bereits vor seiner Stereoanlage und durchsuchte seine umfangreiche CD-Sammlung, ehe er eine CD einlegte.

Sofort erklang orientalische Musik und die Stimme eines arabischen Sängers. „Desert Rose von Sting“, erklärte Will.

Zwar war es nicht ganz der Bauchtanzrhythmus, den sie sich gewünscht hatte, aber es konnte trotzdem funktionieren. So wie Will sie ansah, hätte sie ihre Hüften wahrscheinlich auch zu einem Barbra-Streisand-Song schwingen können, und er wäre zufrieden gewesen.

Sie schüttelte die Arme und hob sie über den Kopf, um die richtige Position zu finden, die es ihr ermöglichte, ihre Muskeln zu lockern und in die richtige Stimmung zu kommen. Dann schob sie langsam die linke Hüfte vor und ließ sie kreisen, so dass die Ziermünzen leise klirrten.

Will beobachtete ihren Tanz gebannt. Ein heißes Gefühl durchströmte sie, während sie ihre Erfahrung aus den Kursen ausspielte – auch wenn sie eher selten dazu kam, den Bauchtanz privat auszuprobieren. Ihre Bewegungen wurden immer geschmeidiger und sinnlicher, während sie sich in den Rhythmus hineinsteigerte.

„Heiliger Bimbam.“

Renae musste grinsen, als Will sich praktisch auf sie stürzte und sie aufs Sofa warf.

„Warte!“ rief sie atemlos nach etlichen Küssen und dem Versuch, seine Hände von ihrem Kostüm abzuwehren. „Hast du eine Ahnung, was das kostet? Ginger reißt mir den Kopf ab, wenn ich es ruiniere.“

„Ich kaufe dir zehn davon.“

Sie lachte und biss ihn in die Unterlippe.

„Au! Warum hast du das getan?“

„Gib mir eine Minute Zeit.“

„Noch eine? Ich habe dir doch vorhin erst eine gegeben.“

„Das waren zwanzig Sekunden.“

Widerstrebend löste er sich von ihr. „Na gut. Ich gebe dir weitere vierzig Sekunden. Aber nur, wenn du versprichst, sie nicht alle in Anspruch zu nehmen.“

Renae stand auf und zog sich schnell das Kostüm aus. Noch ehe sie das Top über eine Sessellehne legen konnte, zerrte Will sie wieder zurück aufs Sofa. Auf allen vieren kniete sie darauf, während er sich hinter ihr befand.

Ehe sie noch einen Scherz über seine Ungeduld machen konnte, lagen seine Hände plötzlich auf ihren Hüften und glitten zwischen ihre Beine. Sie sog scharf die Luft ein, als er geschickt ihren intimsten Punkt zu streicheln begann.

„Oh, du bist gut“, flüsterte sie und erschauerte am ganzen Körper.

„Du hast ja keine Vorstellung.“

Renae streckte sich ihm entgegen. „Oh, das habe ich schon. Aber falls es dir nichts ausmacht, kann ich auf den gleichen Beginn wie beim letzten Mal verzichten.“

Er lachte leise und drang behutsam mit zwei Fingern in sie ein. Renae schnappte nach Luft, berauscht vor Verlangen. Ihre Lider sanken herab, und pulsierende Hitze durchströmte sie.

„Du bist wundervoll“, flüsterte er mit vor Erregung heiserer Stimme.

Es war acht Uhr an einem Montagmorgen, und Renae hatte Sex mit Will auf seiner Couch. Diese sündige Vorstellung erregte sie heftig und ließ sie das Leben mit ganz neuen Augen sehen. Normalerweise war sie verantwortungsbewusst und fleißig. Doch ein verwegenes Lächeln von Will, und schon meldete sie sich krank, um vor ihm zu strippen und mit ihm Sex zu haben.

Sie entschied, dass sie genug Vorspiel gehabt hatte. Sie wollte ihn jetzt in sich spüren, sofort.

Als sie nach hinten griff, um ihn zu sich zu führen, stellte sie zu ihrer Überraschung fest, dass er sich bereits ein Kondom übergestreift hatte. Er zog seine Finger zurück und drang stattdessen mit seinem Glied so tief in sie ein, dass sie beinah sofort zum Höhepunkt gelangte.

Oh ja, das war eindeutig besser, als zu arbeiten. Besser als der verantwortungsbewusste Erwachsene zu sein, der ein verantwortungsbewusstes Leben führte. Die Verwegenheit ihres Tuns gab ihr das Gefühl, stark und anders zu sein … und lebendig – zum ersten Mal seit langer, langer Zeit, dass sie sich wünschte, es würde nie mehr enden.

Will schien sich genau auf ihre Bedürfnisse einzustimmen und zog ihr Liebesspiel so in die Länge, dass sie alles ganz besonders intensiv erlebte. Er legte ihr eine Hand auf den Rücken, die andere auf ihre Hüfte und hielt sie fest. Dann drang er erneut so quälend langsam in sie ein, dass sie glaubte, verrückt vor Lust zu werden.

Sie hörte ein lang gezogenes Stöhnen und merkte, dass es von ihr selbst stammte, weil sich tief in ihr eine wundervolle Spannung aufbaute, die sich mit jedem Stoß steigerte. Das weiße Ledersofa fühlte sich weich an unter ihren Knien und Handflächen, und sie spürte Wills heiße Haut an ihrem Rücken. Sie wollte, dass er das Tempo beschleunigte. Einerseits glaubte sie, es vor Verlangen nicht mehr länger aushalten zu können, andererseits wollte sie nicht, dass diese berauschenden Empfindungen, die sie jedes Gefühl für Raum verlieren ließen, jemals endeten.

Will stellte den rechten Fuß auf den Boden und schob die Hand von ihrem Rücken zu ihrer Hüfte, wo er seinen Griff gerade so weit verstärkte, dass sie es spürte. Kaum hatte sie die Veränderung bemerkt, drang er noch tiefer ein. Er steigerte sein Tempo, bewegte sich immer heftiger, fordernder. Renae bog den Rücken durch und streckte sich ihm entgegen, ihre Brüste schwangen hin und her. Er hielt sie gepackt, während er wieder und wieder in sie eindrang und sie in eine Welt entführte, die aus purer Empfindung und Begierde bestand.

„Renae, was machst du nur mit mir!“ stieß Will kurz vor dem Höhepunkt aus.

Sie stöhnte auf. Alles um sie herum schien in einer Wolke aus purer Lust zu versinken, während sie gemeinsam den Gipfel erreichten. Es war so unbeschreiblich schön, dass Renae sich wünschte, Will möge nie mehr aufhören, sie zu lieben.

Drei Stunden später lag Will auf dem Rücken, sein Kopf ragte über das Fußende des Bettes hinaus, während Renae quer auf der Matratze lag, ihre Beine mit seinen verschlungen. Er hatte seit fast zwanzig Stunden kaum Schlaf bekommen, dann hatte er eine zermürbende Zwölfstundenschicht im Krankenhaus gearbeitet, während der er nicht weniger als sieben Teenager behandelt hatte, die offenbar in einen Kampf verfeindeter Gangs verwickelt gewesen waren, außerdem vier Opfer eines Autounfalls, von denen eines mit dem Rettungshubschrauber gebracht worden war.

Dennoch war er nicht müde. Erschöpft vielleicht und ganz sicher lüstern. Aber nicht müde.

Zwar grinste er zufrieden übers ganze Gesicht, doch ahnte er bereits, dass hier etwas nicht stimmte. Sex war ihm stets wichtig gewesen, aber er hatte nie ein so unersättliches Verlangen nach einer Frau gehabt. Selbst nach drei Stunden ohne Pause hatte er noch nicht genug von Renae.

Er hob den Kopf und betrachtete ihren sexy Po. Sofort erwachte seine Lust von neuem.

Sie schaute über die Schulter zu ihm, und ihr gerötetes Gesicht und ihr Lächeln spiegelten seine Gefühle wider.

„Wow“, sagte sie.

Will ließ den Kopf wieder sinken. „Tja, wow.“

Renae wollte ihr rechtes Bein unter seinem hervorziehen, doch es gelang ihr nicht. Sie drehte sich auf die andere Seite, so dass sie ihm das Gesicht zuwandte, und setzte sich auf.

„Du weißt, dass ich keine Lesbe bin, nicht wahr?“

Will sah sie an. „Wie bitte?“

Sie strich sich die Haare aus dem Gesicht. „Tabitha und ich wohnen zusammen. Wir sind kein Liebespaar. Vermutlich ist es dir nicht klar, aber Tabitha hat eine Freundin namens Nina, die ebenfalls bei uns wohnt.“

Will verzog das Gesicht. „Schade, da zerplatzt gerade meine Lieblingsfantasie.“

Renae lächelte, sagte aber nichts.

„Übrigens habe ich schon vermutet, dass du nicht auf Frauen stehst. Ich meine, wenn du eine echte Lesbe wärst, hättest du wohl kaum mit mir geschlafen oder wärst sofort verschwunden nach unserem etwas unglücklichen Beginn.“

Die Matratze bewegte sich leicht, und Will begriff, dass Renae lachte. „Was willst du damit schon wieder sagen?“

„Oh, ich weiß nicht. Ich nehme an, dass selbst Homosexuelle mal Abwechslung beim Sex brauchen. Aber wenn du wirklich homosexuell wärst, hättest du dich nach meinem Frühstart vermutlich kopfschüttelnd abgewendet und deinen Glauben an die erotische Unfähigkeit des anderen Geschlechts bestätigt gefunden.“

Renae warf sich lachend aufs Bett. Sie berührten sich nicht, doch aus irgendeinem Grund fühlte Will sich der Frau neben ihm näher als sonst irgendeinem Menschen seit langer Zeit. Aber warum das so war, darüber wollte er jetzt lieber nicht nachdenken.

„Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du ein bisschen engstirnig bist?“ meinte sie, hob ein Kissen vom Boden auf und legte es sich unter den Kopf.

Will versuchte, ihr das Kissen wegzunehmen. „Ich bin nicht engstirnig, sondern denke eben wie der Durchschnittsmann.“

Renae schob seine Hand von ihrem Kissen. „Und das bedeutet?“

Er gab den Kampf um das Kissen auf und schnappte sich selbst eines von der anderen Seite des Bettes. „Das bedeutet, dass ich die Dinge so sehe, wie ich sie sehen will. Wenn ich mich dazu entschließe, die Dinge aus deiner Sicht zu betrachten, tja, dann verpufft meine Fantasie von dem lesbischen Pärchen, oder? Denn eine echte Lesbe würde sich nicht zum anderen Geschlecht hingezogen fühlen, ganz gleich, wie sexy der betreffende Mann ist.“ Er zwinkerte ihr zu. „Was mich zurückbringt zu meinem Eindruck, dass du keine echte Lesbe bist.“

„Du hast ziemlich gewundene Gedankengänge, aber immerhin haben sie dich zu dem richtigen Ergebnis geführt. Tabitha ist allerdings tatsächlich lesbisch.“

Will rollte sich auf die Seite und stützte sich auf den Ellbogen. „Erzähl. Vielleicht muss meine Lesben-Fantasie doch keinen langsamen und qualvollen Tod sterben.“

Renae zog das Kissen unter ihrem Kopf hervor und schlug ihn damit. Nachdem sie es sich wieder bequem gemacht hatte, schwieg sie seine Weile und schaute zur Decke. Dann sagte sie schließlich: „So, und nun erzähl mir mal von deiner Freundin, der Assistenzärztin.“

7. KAPITEL

Will starrte Renae entgeistert an. Gerade eben noch war er auf einer warmen Woge der Zufriedenheit dahingetrieben, und jetzt kam ein großer weißer Hai aus dem Nichts, um sich auf sein Privatleben zu stürzen.

„Oh. Falsche Frage?“

„Nein … nein. Weniger die falsche Frage als der falsche Zeitpunkt.“

Renae drehte sich auf die Seite, um ihn anzusehen. „Na ja, da wir ständig im Bett landen, wenn wir uns begegnen, wann wäre dann der richtige Zeitpunkt?“

Will brachte es nicht fertig, ihr ins Gesicht zu schauen. „Keine Ahnung. Vielleicht nie?“ Ihn hatte plötzlich jeder Sinn für Humor verlassen.

„Versteht ihr euch gut im Bett, du und deine Assistenzärztin?“ wollte Renae wissen.

Was für eine Frage! dachte er. „Um ehrlich zu sein, wir haben noch nie richtig miteinander geschlafen.“

Renae runzelte die Stirn. „Noch nie?“

Er schüttelte den Kopf.

Ihr Lächeln wurde breiter, und er hatte den Verdacht, er würde es noch bereuen, dass er die Katze aus dem Sack gelassen hatte. „Na, dann gibt es auch keinen Grund, so schuldbewusst dreinzublicken, wie du es gerade jetzt tust.“

Ihre Worte ließen ihn stutzen. „Wie bitte?“

Renae bewegte sich in ihrer Nacktheit mit wundervoller Selbstverständlichkeit. „Möchtest du, dass ich dir erkläre, wie ich die Sache sehe?“

Autor

Tori Carrington

Lori und Tony Karayianni haben unter dem Namen Tori Carrington mehr als 35 Liebesromane veröffentlicht, und schreiben seit über 21 Jahren gemeinsam. Diese Tatsache verrät schon einiges über die beiden!

Auch wenn sie sich mittlerweile gar nicht mehr vorstellen können, jemals ohne einander gewesen zu sein, gab es auch ein...

Mehr erfahren
Kathleen O'Reilly
Kathleen schrieb ihren ersten Liebesroman im Alter von 11, welcher, zu ihrem ungebrochenen Erstaunen, laut in ihrer Klasse in der Schule vorgelesen wurde. Nach 20 Jahren ist sie jetzt stolz Karriere als Romanautorin gemacht zu haben. Kathleen lebt mit ihrem Ehemann und ihren zwei Kindern in Texas.
Mehr erfahren
Lori Wilde

Lori Wilde wollte schon immer Autorin werden. Sie machte eine Ausbildung zur Krankenschwester und konnte in dieser Zeit auch nebenbei ihrer Leidenschaft zu schreiben nachgehen. Ihr erstes Buch hat sie 1994 veröffentlicht.

Sie arbeitete 20 Jahre als Krankenschwester, doch ihre große Liebe ist die Schriftstellerei. Lori Wilde liebt das Abenteuer....

Mehr erfahren