Tiffany Sexy Christmas Band 7

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VERFÜHRUNG UNTERM MISTELZWEIG von WILDE, LORI
Ein verrückter Fall: Rechtsanwältin Alana soll Santa Claus verteidigen. Festgenommen wurde er von dem sexy Cop Noah Briscoe, mit dem Alana mal ein heißes Date hatte. Jetzt führt an Noah kein Weg vorbei ? und plötzlich ist da sein atemberaubender Kuss unterm Mistelzweig

AUSGEPACKT! von O'REILLY, KATHLEEN
Wer bin ich? Seit einem Unfall hat Chloe keine Erinnerung mehr. Aber Eric, ihr attraktiver Retter, ist immer bei ihr. Dabei sollte sie nicht mit ihm auf die Weihnachtsgala gehen und schon gar nicht in seinem Haus vor dem Kamin Sex haben! Denn sie trägt einen Ehering ?

JEDE NACHT EIN FEST DER LIEBE von HAVENS, CANDACE
Eigentlich ist Feuerwehrmann Jason Single aus Überzeugung. Aber seit er mit Kristen Lovejoy zusammen die Weihnachtsgala plant, sprühen die Funken. Und dann brennt die Lust lichterloh! Da hilft kein Wasser. Sondern nur jede Menge Liebe in heißen Dezembernächten ?


  • Erscheinungstag 11.10.2013
  • Bandnummer 7
  • ISBN / Artikelnummer 9783733751081
  • Seitenanzahl 256
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Lori Wilde, Kathleen O’Reilly, Candace Havens

TIFFANY SEXY CHRISTMAS BAND 7

LORI WILDE

Verführung unterm Mistelzweig

Wie jedes Jahr leidet Polizist Noah Briscoe unter dem Weihnachtsblues – und hat ein tolles Mittel dagegen: Er denkt an das unvergesslich heiße Date mit seiner sexy Traumfrau Alana … Und plötzlich steht er ihr gegenüber: Die schöne Rechtsanwältin soll jemanden verteidigen, den Noah wegen Brandstiftung festgenommen hat: den Weihnachtsmann höchstpersönlich!

KATHLEEN O′REILLY

Ausgepackt!

„Ich heiße … ich weiß es nicht.” Soll Eric der Frau im Krankenbett glauben? Denn er weiß genau, wen er vor dem Feuer gerettet hat: Chloe Skidmore! Aber wie hat sie sich verändert: Aus dem pummeligen Teenager ist eine Schönheit geworden, die ihn verführerisch anblickt und sein Verlangen weckt – doch was, wenn sie sich an ihre gemeinsame Vergangenheit erinnert?

CANDACE HAVENS

Jede Nacht ein Fest der Liebe

Moment mal – hat Jason sie eben wirklich gefragt, ob sie mit ihm essen gehen möchte? Und ob Kristen will! Dann hätte sie den aufregenden Feuerwehrmann mit den breiten Schultern, der ganz oben auf der Wunschliste jeder Single-Frau in Pine Crest steht, einen Abend für sich allein. Und wenn alles klappt, auch noch eine heiße Dezembernacht lang …

1. KAPITEL

Sergeant Noah Briscoe, Leiter einer Ermittlungsgruppe der Polizei in Pine Crest, Virginia, starrte auf die schwelenden Trümmer des ehemaligen herrschaftlichen Wohnhauses von Colin T. Price, dem vermutlich beliebtesten Gouverneur aller Zeiten. Price Mansion war das meistbesuchte historische Wahrzeichen in der Stadt gewesen. Eine Million Touristen hatten es jährlich besichtigt.

Der beißende Gestank konfrontierte Noah mit düsteren Erinnerungen, die er ungeduldig zur Seite schob. Nein, daran wollte er nicht denken. Aber wie konnte er die Vergangenheit ausblenden, wenn der Schutt, verschmorte Metallpfeiler und die glimmende Asche ihm ein anderes abgebranntes Haus, eine andere verletzte Frau und ein anderes ruiniertes Weihnachtsfest ins Gedächtnis riefen?

Noah hatte gerade in einem rund um die Uhr geöffneten Fitnessstudio seine Frustration mit Sport abgebaut, als er den Anruf der Einsatzzentrale erhalten hatte. In letzter Zeit schlief er schlecht, was viel mit dem Stress in der Weihnachtszeit zu tun hatte. Im November und Dezember nahmen die Verbrechen – Raubüberfälle, Ladendiebstähle, häusliche Gewalt – signifikant zu. Die Feiertage hatten etwas an sich, das die Menschen aggressiv machte und anstachelte. Wenn es nach ihm ginge, gehörte das verdammte Weihnachtsfest verboten.

Aber es gab noch einen Grund, weshalb er Probleme mit dem Einschlafen hatte. Seit fast einem Jahr hatte er keinen Sex mehr gehabt. Er musste dringend wieder einmal mit einer Frau ins Bett gehen. So viel Sport wie möglich zu machen, war auf Dauer keine Lösung.

Wann immer Noah an Sex dachte, hatte er Alana O’Hara vor Augen. Die temperamentvolle, rothaarige Rechtsanwältin hatte er im vergangenen Sommer fast dazu überredet, bevor die Vernunft die Oberhand gewonnen hatte. Sie hatten wochenlang miteinander geflirtet, sich einmal in ihrem Büro heiß und leidenschaftlich geküsst und waren genau zu einem Date verabredet gewesen.

Nachdem sie am Ende des Abends auf dem Rücksitz seines SUV heftig rumgemacht hatten, hatte Alana gekniffen. Sie hatte ihm gesagt, dass sie beide einfach nicht zusammenpassten. Selbst wenn die sexuelle Anziehung zwischen ihnen nicht zu leugnen wäre. Und sie hatte recht. Sie waren wie Feuer und Wasser. Aber, verdammt, diese Frau war einfach etwas Besonderes. Sie hatte eine tolle Figur, einen scharfen Verstand und keine Angst, ihre Meinung zu vertreten.

Noah unterdrückte ein Lächeln. An Alana zu denken, hatte den erwünschten Effekt. Die verstörenden Weihnachtserinnerungen spukten ihm nicht mehr im Kopf herum. Jetzt muss ich mich wieder auf meine Aufgabe hier konzentrieren.

Der Brandermittler Bic Beckham stocherte in der Asche herum. Mitarbeiter der Spurensicherung machten Fotos. Feuerwehrmänner liefen geschäftig hin und her. Seine Leute waren damit beschäftigt, den Tatort mit gelbem Flatterband abzusperren, tragbare Scheinwerfer aufzustellen und die Schaulustigen hinter den Polizeibarrieren auf Abstand zu halten.

Sanitäter trugen die noch nicht identifizierte, bewusstlose Frau auf einer Trage zum Krankenwagen am Straßenrand. Sie hatte Price Mansion nicht mehr rechtzeitig verlassen können und eine Rauchvergiftung erlitten. Wer war sie, und was hatte sie nach den offiziellen Öffnungszeiten noch in dem Haus zu suchen gehabt? Wenn Noah hier fertig wäre, würde er sich auf den Weg ins Krankenhaus machen, um sich nach ihrem Gesundheitszustand zu erkundigen. Wenn die Frau starb, hatte die Polizei es mit einem Mordfall zu tun, und Mordkommission würde die weiteren Ermittlungen übernehmen.

„Briscoe.“ Bic winkte ihn zu sich. „Kommen Sie her.“

Auf dem Weg zu ihm lief Noah vorsichtig um die Wasserlachen und heißen Trümmerteile herum. Beckham stand neben einem Haufen ramponierter Ziegelsteine, aus denen sich vor dem Brand einer der vier Schornsteine zusammengesetzt hatte. „Was haben Sie entdeckt?“

„Sehen Sie sich das an.“ Er zeigte auf ein dünnes schwarzes dreieckiges Zeichen, das sich in die Pflastersteine rund um den eingestürzten Kamin eingebrannt hatte.

Dieses sehr schmale verkohlte Muster in V-Form war ein Hinweis darauf, dass das Feuer heißer als normalerweise gebrannt hatte. Zum Beispiel weil das Feuer absichtlich gelegt wurde und ein Brandbeschleuniger benutzt worden war. Noah rieb sich das unrasierte Kinn.

„Wenn die Glut abgekühlt ist und wir anfangen können, die Asche zu durchsuchen, weiß ich mehr“, sagte Bic. „Aber angesichts dieses Brandzeichens und den Beobachtungen der Feuerwehrleute über die Entwicklung des Feuers scheint es sich hier um Brandstiftung zu handeln.“

Er fuhr sich durch die Haare. Wer könnte die größte Touristenattraktion der Stadt abfackeln wollen und warum? Während Bic sich wieder seiner Arbeit zuwandte, rief Noah seine Männer zu sich und informierte sie über den Verdacht. Die meisten Brandstifter verspürten den Drang, das Feuer zu beobachten, das sie gelegt hatten. Oft wurden sie währenddessen entdeckt und gefasst. „Kommt Ihnen bei den Schaulustigen irgendjemand verdächtig vor?“

„Außer dem Weihnachtsmann, meinen Sie?“, fragte Jimmy Thornton, der erst seit kurzem bei der Polizei und noch nicht ganz trocken hinter den Ohren war.

Der Weihnachtsmann? Noah sah in die Richtung, in die Jimmy zeigte. Tatsächlich stand mitten in der Menschenansammlung ein als Santa Claus verkleideter Mann. Noah sah dem Mann in die blauen Augen. Dessen Alter konnte er nicht schätzen. Der Weihnachtsmann wich seinem Blick nicht aus. Noah lief es unerklärlicherweise kalt über den Rücken. War seine Reaktion nur auf seine Aversion gegen alles zurückzuführen, was mit Weihnachten zusammenhing? Oder wollte ihm sein Bauchgefühl etwas sagen? „Gehen Sie zu ihm und finden Sie heraus, wer er ist“, wies er Jimmy an.

„Sie halten den Weihnachtsmann doch nicht wirklich für den Brandstifter?“

Er rief den jungen Polizisten wegen dessen Naivität mit einem strengen Blick zur Ordnung. „Nur weil er ein Santa-Claus-Kostüm anhat, ist doch nicht ausgeschlossen, dass er das Gesetz bricht.“

Jimmy wurde rot.

Der Grünschnabel hat bestimmt noch vor ein paar Jahren am Heiligabend seinen Strumpf am Kamin aufgehängt und darauf gewartet, dass Santa in der Nacht durch den Kamin ins Haus kommt und ihm den Strumpf mit Gaben füllt. Zur Hölle, wahrscheinlich tat Jimmy das noch immer. „Thornton, so etwas wie den Weihnachtsmann gibt es in Wirklichkeit nicht. Und jetzt Abmarsch.“ Er deutete mit dem Kopf auf den pausbäckigen Mann ganz in Rot.

„Ich bin schon unterwegs, Sergeant.“ Er lief eilig weg.

„Scrooge“, neckte Beckham ihn in Anspielung auf den grantigen Geizhals und totalen Weihnachtsverächter aus Charles Dickens’ Weihnachtsgeschichte.

Noah drehte sich zu Bic um, der ihn angrinste. „Nicht Sie auch noch.“

„Oh, mir ist völlig bewusst, dass es Brandstifter in allen möglichen Ausführungen, Altersklassen und Outfits gibt. Aber jetzt mal im Ernst – warum sollte der Mann ausgerechnet in einem Santa-Claus-Kostüm Brandstiftung begehen? Darin hat er zu wenig Bewegungsfreiheit und zieht viel zu viel Aufmerksamkeit auf sich. Ganz zu schweigen davon, dass er sich den roten Mantel mit dem Ruß ruiniert.“

„Dann kann er einfach behaupten, das rührte daher, dass er einen Kamin hinuntergerutscht ist. Die perfekte Ausrede.“

Bic lachte und nahm seine Arbeit wieder auf. Noah ging um das Haus herum zu dessen Vorderseite, die weitgehend intakt geblieben war. Im Foyer hatten die zuerst eingetroffenen Rettungskräfte die geheimnisvolle, bewusstlose Frau gefunden. Sie hatte keinerlei Papiere am Körper getragen, anhand derer man sie hätte identifizieren können. Aber vielleicht hatte sie eine Handtasche dabeigehabt. Er öffnete die Haustür. Alles war von dem Löschwasser durchweicht. Doch in diesem Teil des Hauses befand sich viel weniger Schutt.

Er betrat das Foyer, holte eine Taschenlampe aus der Jackentasche und sah sich im Lichtstrahl den Fußboden genauer an. Durch die Hitze hatte sich das alte Mahagoniholz verformt. Was für eine Schande. Kopfschüttelnd begutachtete er den verkohlten Perserteppich, der vom Foyer in den Salon führte. Als er noch ein Kind gewesen war, hatte ihn seine Mutter zu einem Weihnachtsausflug hierher mitgenommen. Sie hatte sowohl die Weihnachtsfeiertage als auch die Geschichte dieses Hauses geliebt.

Verdammt, jetzt stiegen diese alten Erinnerungen erneut in ihm auf. Seitdem waren zwanzig Jahre vergangen. Aber Weihnachten war ein Fluch. Und jetzt, da das Feuer Price Mansion zerstört hatte, war es unausweichlich, dass er an das damalige Feuer dachte. Noah fuhr sich über das Gesicht. Was war nur los? Mit der Vergangenheit hatte er eigentlich seit langem seinen Frieden gemacht.

Schluss damit. Er entschied, sich mit einem der nicht jugendfreien Tagträume abzulenken, in denen Alana O’Hara die Hauptrolle spielte. Seine Wahl fiel auf den, in dem sie schwarze Lederstiefel trug, die ihr bis zum Oberschenkel reichten, und dazu einen winzigen roten Bikini. Bei dieser Vorstellung lächelte er. Ihre Beziehung mochte nie wirklich begonnen haben. Aber Alana war ihm eine große Hilfe, wenn er auf andere Gedanken kommen musste. Allein diese endlos langen Beine und die rote Mähne …

Moment mal. Da glitzerte etwas im Lichtstrahl der Taschenlampe. Noah konzentrierte sich wieder auf seine Aufgabe und entdeckte eine goldene Gürtelschnalle an einem etwa zehn Zentimeter dicken schwarzen Gürtel, der lang genug für einen Taillenumfang von 110 Zentimetern war. Er holte ein Paar Plastikhandschuhe aus seiner Jackentasche und entfernte vorsichtig ein verkohltes Stück Tapete vom Beweisstück. Der Gürtel war genau so ein Modell, wie es ein Weihnachtsmann tragen könnte. Was hatte er im Foyer des Price Mansion zu suchen?

Nur fünfzehn Prozent der Fälle, in denen es um Brandstiftung ging, wurden jemals gelöst – auch wenn die Fernsehnachrichten die Leute das Gegenteil glauben machten. Könnte er aus dem Stand zu den wenigen Glücklichen gehören, denen es doch gelang? Er zog die Handschuhe aus, ging nach draußen und rief einen der Mitarbeiter der Spurensicherung, damit das Beweisstück zunächst fotografiert und dann in einer Plastiktüte sichergestellt würde. Mit den Augen suchte er die Menschenansammlung ab, konnte aber weder Jimmy Thornton noch den Weihnachtsmann ausmachen.

Einer seiner Männer kam zu ihm. „Sergeant, wir haben eine Zeugin.“

„Wen?“

Der Officer blickte auf seinen Tablet-PC. „Ihr Name ist Agnes Gaines. Wohnt nebenan.“

„Wo ist sie?“

Er zeigte auf eine ältere Frau, die hinter der nächsten Barriere stand.

„Bringen Sie die Frau zu mir“, ordnete Noah an.

Die Nachbarin war sehr dünn, hatte kurze weiße Haare und braune Augen. Sie trug eine viel zu große Brille, Hausschuhe und einen Männermantel über dem Pyjama. „Was haben Sie gesehen, Mrs Gaines?“

„Ms Gaines“, verbesserte sie ihn. „Ich habe nie geheiratet.“

„Haben Sie etwas beobachtet?“

Sie nickte. „Ich konnte nicht schlafen und bin aufgestanden, um mir ein Glas heiße Milch zu machen.“

„Wann genau war das?“

„Hm, etwa eine halbe Stunde vor Mitternacht“, antwortete Agnes Gaines.

Noah warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Jetzt war es zwei Uhr nachts. „Was haben Sie gesehen?“

„Durch das Küchenfenster habe ich gesehen, dass Vollmond ist. Ich liebe den Vollmond. Also bin ich auf die Veranda hinter dem Haus gegangen, um ihn besser betrachten zu können.“

Er wollte ihr sagen, dass sie sich kurzfassen und zum Punkt kommen sollte. Doch er zwang sich zur Geduld. Zuhören zu können, gehörte zum Handwerkszeug eines erfolgreichen Ermittlers. „Ja, Ma’am.“

„Der Mond stand direkt über Price Mansion. Es war so ein elegantes, altes Haus. Eine Schande ist das.“ Agnes Gaines schüttelte den Kopf.

Noah räusperte sich.

„Ich schweife ab, nicht wahr? Also, der Mond schien hell, und ich habe gesehen, wie die Haustür aufging. Da es im Haus stockdunkel war und es um fünf Uhr nachmittags für die Öffentlichkeit geschlossen wird, bin ich aufmerksam geworden. Ich dachte, dass vielleicht Jugendliche am Werk sind, die sich einen Scherz erlauben. Und als die Tür offen war, wer ist dann herausspaziert? Was vermuten Sie?“

„Keine Ahnung, Ma’am.“

„Ich mache es spannend, nicht wahr? Verzeihen Sie, Officer, das ist eine schlechte Angewohnheit von mir. Ich war zweiundvierzig Jahre lang Schauspiellehrerin auf der Highschool.“

Noah trat von einem Fuß auf den anderen und sah sie an. „Ja, Miss Gaines.“

„Raten Sie?“

„Der Weihnachtsmann.“

„Woher wissen Sie das?“, fragte sie enttäuscht.

„Zufallstreffer.“ Noah wandte sich an den Officer, der die Frau zu ihm gebracht hatte. „Begleiten Sie Miss Gaines nach Hause.“

„Ja, Sir.“

Der Weihnachtsmann unter den Schaulustigen. Der zu einem Santa-Claus-Kostüm gehörende Gürtel, den er im Foyer gefunden hatte. Außerdem eine Zeugin, die einen als Weihnachtsmann verkleideten Mann gesehen hatte, der kurz vor Ausbruch des Feuers das Haus verlassen hatte. Ho, ho, ho, verdammt frohe Weihnachten. Noah hatte jetzt einen Hauptverdächtigen: den Weihnachtsmann.

Als das Handy klingelte, hatte Alana O’Hara einen heißen Sextraum. Darin spielte kein anderer die Hauptrolle als der extrem männliche Sergeant Noah Briscoe. Sie wurde ausgerechnet in dem Moment unsanft geweckt, als sie zum guten Teil kamen. Frustriert setzte sie sich in ihrem Bett auf. Warum drehten sich ihre erotischen Träume noch immer um diesen Mann?

Das einzige Date mit ihm lag Monate zurück und hatte mit Rummachen im Auto sowie der Übereinkunft geendet, dass eine Beziehung zwischen ihnen unhaltbar wäre. Inzwischen hätte sie ihn vergessen müssen. Ihr Unterbewusstsein bewies allerdings das Gegenteil. In dieser Woche träumte sie bereits das dritte Mal von Noah. Vielleicht hätte sie einfach mit ihm schlafen und ihn dann ad acta legen sollen. Sie musste zugeben, dass er fantastisch küsste. Und was er alles mit seinen Fingern anstellen konnte … Pure Magie.

Das Handy klingelte immer noch. Alana schnappte es sich und sah auf das Display. Es war ihr Chef Dwight Jacoby.

„Ich habe einen Fall als Pflichtverteidigerin für Sie“, sagte er.

Natürlich. Das waren die einzigen Fälle, die sie zugeteilt bekam. Die Stadt Pine Crest unterhielt nämlich kein Büro mit Pflichtverteidigern, sondern engagierte stattdessen einige private Anwaltskanzleien für diejenigen Angeklagten, die sich keinen eigenen Anwalt leisten konnten. Die Kanzleien waren Auftragnehmer und erhielten einen festgelegten finanziellen Ausgleich aus der Stadtkasse. Die Junganwälte in den Kanzleien bekamen bei solchen Fällen Gelegenheit, ihre ersten praktischen Erfahrungen zu machen.

„Ja, Sir. Um welchen Fall handelt es sich?“ Alana schlug die Bettdecke zurück und stand auf. Telefonanrufe um drei Uhr morgens waren Teil des Drills. Während sie telefonierte, streifte sie die Pyjamahose ab und zog den Rock an, den sie am Tag vorher getragen hatte.

„Brandstiftung“, antwortete ihr Chef. „Price Mansion.“

„Im Ernst? Price Mansion ist abgebrannt?“

„Ja.“

„Ah, was für eine Schande. Ich habe dieses Haus geliebt.“

„Es ist ein Wahrzeichen der Stadt.“

„Wer ist der Angeklagte?“, fragte Alana.

Dwight schnaubte. „Jetzt kommen wir zum amüsanten Teil.“

Sie schlüpfte mit dem linken Arm aus der Pyjamajacke, nahm das Handy in die linke Hand und streifte dann die Pyjamajacke über den rechten Arm. „Was ist denn so komisch?“

„Der Weihnachtsmann.“

„Was ist mit ihm?“

„Anscheinend ist er der Feuerteufel.“

„Nein. Wirklich?“ Alana hasste es, das zu hören. Sie liebte Weihnachten. Es war ihre absolute Lieblingszeit im Jahr. In der Dunkelheit zog sie die Schublade der Kommode auf, tastete nach ihrem BH, fand ihn und schaffte es, ihn anzuziehen.

„Sein richtiger Name ist Christopher Clausen“, erläuterte ihr Chef. „Er arbeitet als Weihnachtsmann im Einkaufszentrum Pine Crest Mall und leugnet, das Feuer gelegt zu haben. Obwohl Indizienbeweise gegen ihn vorliegen. Außerdem behauptet er, tatsächlich der Weihnachtsmann zu sein. Deshalb übergebe ich Ihnen den Fall. Sie haben noch diesen unschuldigen Glauben an Weihnachten.“

„Warum habe ich das Gefühl, in einer Neuverfilmung des Weihnachtsklassikers ‚Das Wunder von Manhattan‘ gelandet zu sein?“

„Weil es so ist.“ Er lachte. „Machen Sie sich auf den Weg ins Polizeirevier. Christopher Clausen wurde ins Vernehmungszimmer Nummer zwei gebracht. Sie werden dort erwartet.“

Eine Viertelstunde später klopfte Alana ungeschminkt an die Tür des Vernehmungszimmers Nummer zwei im Pine Crest Police Department. Als die Tür aufging, sah sie in zwei scharfsinnig dreinblickende braune Augen. Entnervt ließ sie den Blick über das zerknitterte, hellblaue Hemd mit den aufgekrempelten Ärmeln, die gebräunten Unterarme und die langen, schlanken Beine in der schwarzen Hose bis zu den neuen schwarzen Lederschuhen voller Ruß wandern, mit denen er offensichtlich am Brandort herumgelaufen war.

Sie nahm den Geruch von Rauch war, der an seinen Kleidern haftete. Schnell sah sie ihm ins Gesicht und wünschte, sich die zusätzlichen fünf Minuten Zeit genommen zu haben, um Mascara, Lippenstift und Rouge aufzutragen. Kein Wunder, dass ihre Sexträume sich noch immer um ihn drehten. Noah Briscoe strahlte eine kaum zu bezähmende männliche Energie aus, die ihr sofort einen erregenden Kick versetzte.

Alana wusste, dass er die ganze Nacht über wegen des Feuers ermittelt hatte. Aber er machte einen munteren und hellwachen Eindruck und sah sie mit dem für ihn typischen intensiven und zynischen Blick an. Trotzdem besaß er eine innere Ruhe, die sie anziehend fand. Sie stammte aus einer lauten, streitlustigen Familie – überwiegend Anwälte und Richter, die über jede Seite irgendeiner Sache debattieren konnten. Noah war ganz anders. Er hatte seine festen Überzeugungen. Richtig oder falsch. Schwarz oder Weiß. Ihre Welt dagegen hatte viele Nuancen Grau, war vielschichtig und kompliziert.

Machte diese Einfachheit für sie einen Teil seiner Anziehungskraft aus? „Ich bin Mr Clausens Pflichtverteidigerin“, verkündete sie. Noah musterte sie anerkennend, betrachtete ihre Augen, dann den Mund und schließlich ihren Körper von oben bis unten. Überall, wo sie seinen Blick auf der Haut spürte, wurde ihr heiß. Dann trat er einen Schritt näher und berührte ihren Pullover – genau über ihrem Herzen. Sie zuckte überrascht zurück.

„Wir wollen seinen Wahnvorstellungen doch keine neue Nahrung geben.“

Erst jetzt wurde Alana bewusst, dass sie eine Brosche in Form eines Weihnachtsmannes an ihrem Pullover befestigt hatte. „Oh.“ Sie blinzelte. „Oh.“

Als Noah den Verschluss der Brosche öffnete und sie von ihrem Pullover löste, streifte er sie mit den Fingerknöcheln knapp über der linken Brust. Ihr stockte der Atem. Er trat zurück und hielt ihr die Brosche hin. Sie streckte die Hand aus, und er ließ den Weihnachtsmann auf ihre Handfläche fallen. Seine umwerfende Wirkung auf sie erinnerte sie daran, warum sie sich nicht näher auf ihn eingelassen hatte. Mit dem sarkastischen Witz, den düsteren Anschauungen und dem verdammt gut gebauten Körper war dieser Prachtkerl einfach zu viel für sie gewesen.

„Ich habe keine Wahnvorstellungen“, sagte der Mann in Handschellen, der am Tisch saß. „Ich bin der wahre Weihnachtsmann.“

Zum ersten Mal bemerkte Alana ihren Mandanten, der in vollem Santa-Claus-Outfit in dem Zimmer saß. Nur ein langer schwarzer Gürtel fehlte, um die Kostümierung komplett zu machen. Sein Alter konnte sie nicht genau schätzen. Er hatte die Lebensmitte überschritten, war jedoch kein älterer Mann. Er wirkte robust und gesund, hatte blaue Augen, rosige Wangen, ein ungekünsteltes Lächeln und einen langen, weißen Bart. „Hallo, Mr Clausen“, sagte sie. „Mein Name ist Alana O’Hara.“

„Der Geist des Weihnachtsfestes.“ Clausen lächelte.

„Wie bitte?“

„Das ist alles, was er sagt“, schaltete sich Noah ein und ging zum offiziellen Teil über. „Jetzt, da Sie hier sind, hoffe ich, dass wir ein Stück weiterkommen.“

„Wie lautet die genaue Anklage?“ Sie erfuhr, dass bei dem Feuer eine Frau verletzt worden war. Das fügte der vermuteten Brandstiftung einen ganz neuen Aspekt hinzu. Der Santa Claus steckte bis zum Hals in Schwierigkeiten.

Noah verbrachte die nächste Viertelstunde damit, Christopher Clausen zu verhören. Die meiste Zeit über riet Alana ihrem Mandanten, nicht auf die Fragen zu antworten. Oberflächlich betrachtet schien der Tatverdächtige offen, ehrlich und völlig bereit zu sein, mit der Polizei zu kooperieren. Das einzige Problem war, dass er weiterhin darauf bestand, der Weihnachtsmann zu sein.

„Mr Clausen, haben Sie eine Erklärung dafür, wie Ihr Gürtel in das Foyer des Price Mansion gekommen ist?“, fragte Noah.

Alana legte ihrem Mandanten die Hand auf den Arm. „Darauf müssen Sie nicht antworten.“ Sie erwiderte Noahs scharfen Blick und stand auf. „Es ist Zeit, dieses Verhör zu beenden, Sergeant Briscoe. Ich muss unter vier Augen mit meinem Mandanten reden.“ Sie sah, dass Noah ein abweisendes Gesicht machte. Wie so oft markierte er den knallharten Kerl. Sie hatte bereits einen Blick hinter diese Fassade geworfen und spürte seine große Verletzbarkeit, die er niemandem offenbarte.

Er lächelte kühl. Aber seine Augen funkelten. „Was immer Sie brauchen, Ms O’Hara.“

Hatte er das Wort ‚brauchen‘ besonders betont, oder bildete sie sich das nur ein? Sie erinnerte sich an ihren erotischen Traum und wurde rot. Als er ihre Verlegenheit bemerkte, grinste er anzüglich. Einem entgegenkommenden Polizisten traute sie nicht über den Weg. Warum war er so gefällig? Sergeant Briscoe. Ms O’Hara. Sie gingen so förmlich miteinander um, als hätten sie sich nicht auf dem Rücksitz seines SUV gegenseitig gehörig auf Touren gebracht.

Noah stand auf, ging zur Tür und nickte dem Wachposten zu, der draußen stand. „Sie können Mr Clausen in die Arrestzelle bringen.“

Als er und Alana dann allein im Vernehmungszimmer waren, wandte er ihr wieder seine ganze Aufmerksamkeit zu. „Der Weihnachtsmann ist schuldig.“

„Ich liebe es, wie schnell du dein Urteil fällst. Das sieht dir so ähnlich.“ Sie könnte schwören, dass er trotz seines skeptischen Gesichtsausdrucks ein amüsiertes Lächeln unterdrückte.

„Wir haben eine Zeugin, die gesehen hat, dass er kurz vor Ausbruch des Feuers das Haus verlassen hat. Im Foyer wurde ein schwarzer Gürtel gefunden, der seinem Weihnachtsmannkostüm fehlt. Clausen hielt sich unter den Schaulustigen auf, die zugesehen haben, wie das Haus in Flammen aufgegangen ist.“ Noah zählte die Argumente an den Fingern ab.

„Das sind alles nur Indizien“, entgegnete Alana.

„Indizien sind zu Unrecht in Verruf geraten. Du weißt, dass die Beweise für eine Verurteilung reichen.“

„Ich weiß, dass du knallhart bist, Briscoe. Aber ich hatte keine Ahnung, dass du auch engstirnig bist.“

„Dein Mandant ist ein Spinner.“

„Mr Clausen ist ein bisschen unkonventionell. Das macht ihn aber noch nicht zu einem Verrückten.“

„Er hält sich für den Weihnachtsmann“, führte Noah ins Feld.

„Ich glaube nicht, dass er das im Wortsinn meint“, entgegnete Alana. „Es geht ihm um den Geist des Weihnachtsfestes. Das hat er ja gesagt. Er will deutlich machen: Ja, Leute in Virginia, es gibt einen Weihnachtsmann.“

„Wie niedlich.“

„Darauf will ich hinaus. Clausen versucht nur, diese Ansicht zu bestätigen.“ Ihre Argumentation war aus der Luft gegriffen. Das wusste sie, und Noah wusste es auch. Sie hatte keine Ahnung, ob Clausen psychisch gestört war oder nicht. Aber schließlich war sie seine Anwältin. Es war ihre Aufgabe, ihn zu verteidigen.

„Und welcher Geist ist das?“ Er verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihr herausfordernd in die Augen.

Seine Nähe sorgte dafür, dass ihre Nervenenden prickelten. Insbesondere in einer bestimmten erogenen Zone ihres Körpers, die seit langer Zeit nicht mehr von einem Mann berührt worden war. Alana reckte das Kinn. „Der Geist des Weihnachtsfestes steckt in jedem von uns. Sogar in dir, Scrooge.“

Noah lachte laut. „Lass mich raten: Dein absoluter Lieblingsfilm ist: ‚Das Wunder von Manhattan‘.“

Ja. Er hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Aber das sagte sie ihm nicht. Sie hielt seinem Blick stand. Was sie in seinen Augen sah, ließ sie Christopher Clausen, das abgebrannte Haus und alles andere vergessen. Er wollte sie. So sehr, wie sie ihn wollte. „Welches Motiv sollte Clausen haben?“ Sie war entschlossen zu ignorieren, dass er sie heiß begehrte. „Er hat kein Motiv, Price Mansion abzufackeln.“

Er zuckte mit den Schultern. „Vielleicht ist Santa Claus schlichtweg ein Feuerteufel, der sexuell auf seine Kosten kommt, wenn er etwas ansteckt.“

Ihr Atem ging schneller. Jetzt erinnerte Alana sich an den wahren Grund, weshalb sie der angehenden Romanze einen Riegel vorgeschoben hatte. Noah war Testosteron pur und viel zu viel für sie. Sie hätte sich Hals über Kopf in ihn verliebt, wenn sie jemals mit ihm geschlafen hätte. Das war ein Risiko, das sie einfach nicht eingehen konnte. Sie begann gerade, als Anwältin Karriere zu machen, und war nicht bereit für eine ernsthafte Beziehung. Ein unverbindliches Abenteuer war alles, was sie wollte. Aber ihr war völlig klar, dass Noah Briscoe alles andere als der geeignete Kandidat dafür war.

2. KAPITEL

Noah verließ um zehn Uhr morgens das Revier, um nach Hause zu fahren und etwas Schlaf nachzuholen. Alanas Worte gingen ihm nicht aus dem Kopf. War er tatsächlich engstirnig? Er glaubte das nicht. Die Indizienbeweise gegen den verrückten Clausen waren eindeutig.

Ich bin also nicht engstirnig und voreingenommen, he? Gerade habe ich Clausen in Gedanken als verrückt bezeichnet, obwohl ich keinen stichfesten Beweis dafür habe, dass er psychisch gestört ist. Abgesehen davon, dass Clausen von Weihnachten total entzückt war. Wenn die Polizei alle Leute einsperrte, die übermäßig von Weihnachten begeistert waren, wäre das Gefängnis in Pine Crest überfüllt – und Alana wäre die Rädelsführerin der Häftlinge.

Wie kam es, dass ihre flapsigen Kommentare sich derart in seinem Kopf festsetzen und leise Zweifel in ihm hervorrufen konnten? Meistens war Noah selbstsicher genug, um sich nicht so schnell infrage zu stellen. Aber sie hatte es irgendwie an sich, ihn aus dem Konzept zu bringen, wenn er es am wenigsten erwartete.

Als er durch den Hintereingang hinaus auf den von einem hohen Stacheldrahtzaun umgebenen und von mehreren Kameras überwachten Mitarbeiterparkplatz ging, sah er die Demonstranten schon. Sie marschierten auf dem Bürgersteig auf und riefen durcheinander. Auf den Schildern, die sie in die Höhe reckten, stand: „Freiheit für Santa Claus“ und „Das Polizeirevier in Pine Crest ruiniert Weihnachten“. Ein Wagen des lokalen Fernsehsenders parkte am Straßenrand. Die amüsierte Kameracrew filmte sowohl die Demonstranten als auch Noah, als er in seinen schwarzen SUV einstieg.

Er knallte die Autotür hinter sich zu, seufzte und verdrehte die Augen. Wer hatte so schnell durchsickern lassen, dass Clausen verhaftet worden war? Alana? Sofort verwarf er den Gedanken. Sie mochte ganz erfüllt vom Geist des Weihnachtsfestes sein. Aber so etwas Hinterhältiges würde sie nicht tun. Oder? Sie war eine eifrige, junge Anwältin, die sich beweisen wollte. Sein angeborenes Misstrauen meldete sich zu Wort. Er hatte vor langer Zeit gelernt, dass man niemandem zu sehr vertrauen sollte.

An den Demonstranten und den Nachrichtenreportern vorbei fuhr er zu seinem Apartment. Er hatte sich vorgenommen, ein Haus zu kaufen. Die Zinsen waren sehr niedrig, und er hatte genug Geld für eine Anzahlung auf der Bank. Also gab es keinen Grund, diesen Schritt nicht zu tun. Aber er hatte keine Ehefrau, keine Freundin, nicht einmal ein Haustier. Zur Eile bestand also kein Anlass. Andererseits war er es leid, zur Miete in einem Apartment zu wohnen. Er wollte etwas, das ihm gehörte und von Dauer war. Merkwürdig. Bis vor kurzem hatte er gerade die durch eine Mietwohnung gegebene Unverbindlichkeit und Flexibilität geschätzt. Wann hatte sein Umdenken eingesetzt?

Die Luft roch nach Schnee, als Noah die Stufen zu seinem Apartment hinaufging. Diese Jahreszeit war absolut nicht sein Fall. Er wünschte, er könnte sich freinehmen und Ferien auf den Bahamas machen. Allerdings war er nicht der Typ für einen Strandurlaub. Seine Vorstellung von Erholung beinhaltete eine einsame Hütte in Montana und Fliegenfischen. Das war im Winter nicht möglich.

Nachdem er sich ausgezogen hatte, schrubbte er sich unter der Dusche den Ruß und den Gestank von verbranntem Holz von der Haut. Er dachte an Alana, die im Vernehmungszimmer mit den verwuschelten Haaren und den schläfrigen Augen ausgesehen hatte, als wäre sie geradewegs aus dem Bett gestiegen. Sofort wurde er hart. Er verfluchte sich und besorgte es sich kurzerhand selbst. Danach trocknete er sich ab, fiel nackt ins Bett und war entschlossen, von überhaupt nichts zu träumen.

Als Noah um halb sechs Uhr abends wieder aufwachte, fühlte er sich wie benebelt und hatte einen Bärenhunger. Er hatte nicht vorgehabt, so lange zu schlafen. Noch etwas wackelig auf den Beinen, ging er in die Küche, öffnete den Kühlschrank und musterte den Inhalt: eine Flasche Ketchup, ein Glas Senf, Ahornsirup, spanische Oliven, ein Sechserpack Bier und eine halbvolle Tüte Milch. Er roch an der Milch. Sie war inzwischen verdorben. Also schüttete er sie in die Spüle.

Die Speisekammer war genauso spärlich bestückt. Er fand eine Büchse Sardinen vor, aber keine Cracker. Außerdem gab es Cerealien, eine Tüte scharf gewürzte Kartoffelchips, in der nur noch Krümel waren, sowie Dosen mit Mais, grünen Bohnen und Spinat. Er suchte in der Tiefkühltruhe weiter. Darin stapelten sich einige Fertiggerichte. Doch seine Mikrowelle war defekt. Weit hinten entdeckte er noch eine lange vergessene Packung steinhart gefrorener Eiskrem, die mit Eiskristallen überzogen war.

Seufzend schloss Noah die Tiefkühltruhe und beschloss, sich anzuziehen. Nicht viel später saß er an einem Tisch im Mac’s Diner in der Nähe des Polizeireviers und sah sich die Abendnachrichten im Fernsehen an, die gerade angefangen hatten. Der große Bildschirm hing an der Wand über der Theke. Eine hübsche Reporterin stand auf den Treppenstufen, die zum Gerichtsgebäude führten. Sie hielt ein Mikrofon in der Hand, lächelte in die Kamera und war von Demonstranten umgeben, die Schilder mit der Aufschrift „Freiheit für Santa Claus“ trugen. Er verdrehte die Augen. War der Spuk immer noch nicht vorbei?

„Hier ist Maxie Marks, Ihre Reporterin für KPCV. Vor dem Rathaus ging es heute äußerst lebhaft zu. Demonstranten strömten in Scharen herbei, um sich für Christopher Clausen einzusetzen. Sie forderten die sofortige Freilassung des Weihnachtsmannes aus der Untersuchungshaft. Clausen wird verdächtigt, Price Mansion in Brand gesteckt zu haben. Heute Nachmittag hat Richter Kline dann dem Antrag von Clausens Anwalt stattgegeben.“

Die Reporterin und die Kameracrew liefen noch einige Stufen zum Gerichtsgebäude hinauf. „Gegen eine schockierend niedrige Kaution von zehntausend Dollar ist der in der Stadt als Geist des Weihnachtsfestes bekannte Clausen wieder auf freiem Fuß und kann seinem Job als Weihnachtsmann in der Pine Crest Mall nachgehen. Mal sehen, ob wir dazu ein Statement von einem der Beteiligten bekommen.“

Noah reckte den Kopf und suchte den Bildschirm nach Alana ab. Sie konnte ziemlich stolz auf sich sein, ihren Mandanten gegen eine so niedrige Kaution freibekommen zu haben. Doch die Reporterin hielt nicht Alana, sondern Dwight Jacoby, einem der renommiertesten Verteidiger landesweit, das Mikrofon vor das Gesicht. Was hatte ein so bedeutender Anwalt wie Jacoby mit einem so unbedeutenden Fall zu schaffen? Und was war mit Alana passiert? Sie sollte das Interview geben.

In diesem Moment ging die Eingangstür des Lokals auf und ließ einen Schwall kalter Dezemberluft herein. Gefolgt von einer auffallend rothaarigen Frau, die einen Wollmantel im Hahnentrittmuster trug. Mit gesenktem Kopf steuerte sie auf die Sitzecke neben Noahs Tisch zu, murmelte etwas vor sich hin und zog im Gehen ihre Handschuhe aus. Sie setzte sich, nahm die weiße Wollmütze ab, die zu ihrem Schal passte, und legte sie auf den Sitz neben sich. Dann fuhr sie sich durch die Haare und sah schließlich hoch.

Alana. Sie machte ein aufgebrachtes Gesicht und sah höllisch sexy aus. Sofort erinnerte Noah sich an die frühen Morgenstunden, in denen er mit ihr im Vernehmungszimmer gestanden und sie heftig mit ihm über den Fall debattiert hatte.

„Oh, Mist“, murmelte sie so laut, dass er es hören konnte. „Du bist es.“

Er stand auf und schlenderte zu ihr hinüber. „Isst du allein zu Abend?“

„Ja. Geh weg.“ Als Noah sich ihr gegenüber an den Tisch setzte, meinte sie: „Hast du nicht verstanden, was ich gesagt habe? Geh weg.“

„Ich habe dich verstanden“, erwiderte er milde.

„Du scheinst Schwierigkeiten zu haben, Anweisungen zu befolgen“, stellte Alana fest.

„Diesen Fehler mache ich oft.“

„Das habe ich bemerkt.“

„Was hat dich so aufgebracht?“, fragte Noah. Er sah ihr an, dass sie reden wollte. Sie war nur unsicher, ob sie mit ihm reden sollte.

„Dumm“, grummelte Alana. „Dumm, dumm.“

„Unterbreche ich ein privates Gespräch?“ Er versuchte, nicht zu grinsen. Sie machte den Eindruck, dass sie ziemlich wütend würde, wenn er grinste.

„Nein. Ja. Geh weg.“

„Du redest wirres Zeug.“

Die Kellnerin kam zum Tisch. „Was kann ich Ihnen bringen?“

„Ein Reuben-Sandwich und einen Kaffee“, bestellte Noah und klappte die Speisekarte zu.

Im selben Moment sagte Alana: „Er wollte gerade gehen.“

Er schüttelte den Kopf und sah die Kellnerin an. „Ich bleibe.“

„Geh weg“, forderte Alana ihn kurz und bündig auf. „Ich bin Männer leid.“

„Sie sprechen mir aus der Seele“, stimmte die Kellnerin ihr zu.

Alana wandte sich an die Frau. „Was ist los mit diesen Kerlen? Sie geben dir die Routinearbeit. Und wenn so ein langweiliger Auftrag anfängt, Spaß zu machen, nehmen sie einem den Job wieder weg.“

„Es sind Schweine“, erklärte die Kellnerin. „Erfolgsgierige Schweine, die den Hals nicht voll kriegen können.“ Sie warf Noah einen misstrauischen Blick zu, bevor sie wieder ihre Leidensgenossin ansah. „Wollen Sie, dass ich den Sicherheitsdienst rufe, damit Sie ihn loswerden?“

Er lächelte Alana an. „Ich lade dich zum Abendessen ein, wenn ich bleiben kann.“

„Ich rufe den Sicherheitsdienst“, bot die Kellnerin ihr an. „Es dauert nur eine Sekunde. Sagen Sie nur ein Wort.“

„Nein, nein. Er ist nicht das Schwein, von dem ich rede. Zumindest nicht im Moment.“

„Okay.“ Die Frau funkelte Noah böse an und zeigte mit dem Finger auf ihn. „Aber ich lasse Sie nicht aus den Augen.“

„Ich habe es zur Kenntnis genommen.“

„Und jetzt“, sagte die Kellnerin zu Alana und zückte ihren Notizblock. „Was kann ich Ihnen bringen?“

„Einen Cobb-Salat. Die Vinaigrette bitte extra. Und einen Tee.“

„Kommt sofort.“ Sie funkelte Noah ein letztes Mal an und ging.

„Warum nur habe ich das Gefühl, mitten in irgendetwas hineingeraten zu sein?“, fragte er Alana.

„Weil du aus Neugier an meinen Tisch gekommen bist.“

„Ich habe mir nur Gedanken um dich gemacht.“

Sie hob skeptisch eine Augenbraue. „Ernsthaft?“

„Jacoby hat dir den Fall Clausen weggenommen?“

Alana nickte. „Ja.“

Noah zuckte die Schultern. „Demonstranten und die Berichterstattung in den Medien. Das war abzusehen.“

„Ich war diejenige, die für Clausen die niedrige Kaution verhandelt und durchgesetzt hat.“ Sie breitete eine Papierserviette auf ihrem Schoß aus. „Jacoby erntet jetzt dafür die Lorbeeren.“

„Das ist Politik. Ich möchte nicht schmälern, was du erreicht hast – aber du hast Clausen gegen die niedrige Kaution freibekommen, weil Kline nächstes Jahr wiedergewählt werden will. Er hat sich der öffentlichen Stimmung gebeugt.“

„Das klingt so gelassen und hört sich überhaupt nicht nach dem Hitzkopf Noah Briscoe an, den ich kenne. Das ist einer der Gründe, warum aus uns nichts geworden ist. Du warst so festgefahren und starr.“

„Ich dachte, dass dir das an mir gefallen hat“, neckte er sie.

Alana ignorierte die sexuelle Anspielung. „Und ich habe immer versucht, dich dazu zu bringen, etwas flexibler zu sein und beide Seiten einer Sache zu sehen. Jetzt ist es umgekehrt. Was ist passiert?“

„Der Weihnachtsmann hat Price Mansion abgefackelt.“

Die Kellnerin kehrte an den Tisch zurück, servierte Alana den Tee, Noah den Kaffee und ging wieder.

„Clausen hat es nicht getan.“

Autor

Kathleen O'Reilly
Kathleen schrieb ihren ersten Liebesroman im Alter von 11, welcher, zu ihrem ungebrochenen Erstaunen, laut in ihrer Klasse in der Schule vorgelesen wurde. Nach 20 Jahren ist sie jetzt stolz Karriere als Romanautorin gemacht zu haben. Kathleen lebt mit ihrem Ehemann und ihren zwei Kindern in Texas.
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