Verführt von so viel Lust

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Von Männern hat Olivia genug. Auch wenn sie so sexy sind wie Jackson Crow, ihr unvergesslicher One Night Stand - und ihr neuer Nachbar. Dass er ständig Damenbesuch hat, sollte Olivia egal sein. Ist es aber nicht …


  • Erscheinungstag 03.01.2016
  • ISBN / Artikelnummer 9783733743338
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

PROLOG

Jackson Crow wurde abrupt vom heftigen Schlagen seines Herzen geweckt. Er rollte sich zur Seite und streckte die Hand nach Olivia aus. Die Stelle, wo sie gelegen hatte, war leer. Jackson ahnte, dass sie schon lange fort sein musste. Er ging trotzdem durch die Wohnung und rief ihren Namen. Das einzige Zeichen, dass er sich ihre Anwesenheit nicht nur eingebildet hatte, war das zweite Champagnerglas auf dem Nachttisch.

Leise fluchend griff er nach dem Telefonhörer und wählte die Nummer ihres Zimmers.

„Miss Emory hat das Hotel verlassen, Sir“, erklärte die Telefonistin.

„Wann?“

„Das kann ich Ihnen leider nicht sagen. Soll ich Sie mit der Rezeption verbinden?“

„Ja.“

Er unterdrückte einen weiteren Fluch, während er wartete, aber als er hörte, dass sie schon vor drei Stunden abgereist war, machte er seinem Ärger doch Luft.

Wie war es nur möglich, dass er erst um zehn Uhr erwacht war? Er hatte noch nie verschlafen. Verwunderlich war es allerdings nicht, wenn er daran dachte, dass er in der letzten Nacht kaum Schlaf bekommen hatte. Noch nie war ihm eine Frau wie Olivia begegnet, und noch nie hatten ihn seine Gefühle so überwältigt.

Schon als er sie das erste Mal gesehen hatte, war ihm klar gewesen, dass sie etwas ganz Besonderes war. Es gab wohl kaum jemanden bei Irish Ellisons und Kyle Rutledges Hochzeit, dem nicht aufgefallen war, wie groß die Anziehungskraft zwischen ihnen beiden – Brautjungfer und Trauzeuge – gewesen war.

Es war schwierig gewesen, sie allein zu sprechen. Beide waren sie ständig von Menschen umringt, und genau das schien Olivia zu beabsichtigen. Sie hatte gereizt reagiert, als er versucht hatte, sie von den anderen zu trennen. Unmissverständlich hatte sie ihm bedeutet, er solle verschwinden. Aber Jackson ließ sich davon nicht beeindrucken, und er war entschlossen, Olivia Emory zu erobern, auch wenn sie sich noch so ablehnend gab.

Jackson hatte sich schon ausgemalt, sie mit nach Texas zu nehmen, und jetzt war sie ihm einfach davongelaufen. Okay, dann würde er sie eben suchen. Es gab keinen Ort, wo sie sich vor ihm verstecken konnte.

Als er am Flughafen ankam, musste er feststellen, dass Olivias Maschine vor zwei Stunden abgeflogen war, und inzwischen war die Startbahn geschlossen worden, da ein schwerer Schneesturm heraufzog. Jackson hatte versucht, ein Flugzeug zu chartern, aber bis das Unwetter sich gelegt haben würde, war kein Start zugelassen.

Auf der Fahrt zurück ins Hotel wurde Jacksons Stimmung immer düsterer. Er war selbst verblüfft, wie unglücklich er sich fühlte. Olivia Emory hatte ihn verzaubert.

Weshalb war so fasziniert von ihr? Obwohl sie eine schöne Frau war, war sie nicht der Typ, den er sonst bevorzugte. Olivia war eine intelligente, gebildete Frau, und er war im Vergleich mit ihr ein Dummkopf. Frauen, die sich unnahbar gaben, hatten ihn nie sonderlich interessiert. Es gab so viele willige Partnerinnen, warum sollte er sich also unnötig anstrengen?

Aber diese Frau war etwas Besonderes, das hatte er sofort gesehen.

Er hatte sie das ganze Wochenende bei seinem Cousin Kyle beobachtet, denn trotz ihrer Ablehnung war er sicher gewesen, dass sie sich auch zu ihm hingezogen fühlte.

Sie hatten gerade einen Walzer getanzt mit einiger Distanz zwischen sich, als Olivias Verhalten sich überraschend änderte. Zunächst hatte sie am ganzen Körper zu zittern begonnen, und gleich darauf schmiegte sie sich eng an ihn. „Tanzen Sie mit mir bis zur Tür“, hatte sie geflüstert. „Und dann lassen Sie uns von hier verschwinden.“

„Fühlen Sie sich nicht gut?“

Sie schüttelte den Kopf.

Er machte sich keine weiteren Gedanken über den Grund für ihren Stimmungsumschwung und schrieb es einfach seinem berühmten Charme zu. Also tanzten sie bis zur Tür und verließen den Saal. Einige Straßen entfernt fanden sie ein ruhiges Restaurant, wo sie aßen und sich unterhielten.

Olivia besaß den gleichen Sinn für Humor wie Jackson, und er hatte sich in ihr Lachen verliebt. Er hatte ihr alle komischen Geschichten aus seinem Leben erzählt, die ihm einfielen, nur um sie lachen zu hören. Danach waren sie zu anderen Themen übergegangen, und Jackson konnte sich nicht erinnern, wann er ein Gespräch mit einer Frau so sehr genossen hatte.

Zurück im Hotel, hatte er sie im Aufzug geküsst. Und als die Tür in seinem Stockwerk aufglitt, waren sie zusammen zu seiner Suite gegangen, als ob es das Natürlichste von der Welt wäre. Die Nacht mit ihr war unvorstellbar schön gewesen, jenseits seiner kühnsten Träume.

Und jetzt war sie fort, und er war verzweifelt.

Jackson fror. Die Temperaturen befanden sich unter dem Gefrierpunkt, und erst jetzt merkte er, dass er keinen Mantel trug. Verdammt, diese Frau hatte ihn völlig um den Verstand gebracht!

Er hatte nicht einmal seinen Zimmerschlüssel mitgenommen. Als er an der Rezeption darum bat, reichte man ihm einen Umschlag.

„Was ist das?“, fragte er stirnrunzelnd.

„Eine Nachricht für Sie, Sir.“

Jackson riss den Umschlag auf und blinzelte ein paar Mal. Die Worte verschwammen vor seinen Augen. Er fluchte leise, zerknüllte das Papier in der Hand und ging hastig auf den Lift zu.

Irgendwie würde er nach Washington gelangen, selbst wenn er dafür einen Bulldozer mieten musste.

1. KAPITEL

Es ist ein Fehler, sagte sich Olivia, als sie auf einer der hinteren Bänke in der blumengeschmückten Kirche Platz nahm.

Sie hätte sich nicht von ihrer Freundin Irish dazu überreden lassen sollen, zur Trauung von Eve, Irishs Schwester, nach Dallas zu kommen. Hochzeiten brachten ihr nur Pech. Wäre sie einfach nach Austin weitergefahren, ohne vorher bei Irish vorbeizuschauen, befände sie sich jetzt nicht in dieser Klemme. Aber jetzt war es zu spät.

Kaum hatte sie Jackson zusammen mit seinem Bruder und den anderen am Altar gesehen, als ihr klar wurde, dass sie sich in den letzten eineinhalb Jahren etwas vorgemacht hatte. Sie schluckte mühsam. Jacksons Anblick genügte, um ihr Verlangen erneut zu wecken.

Allmählich bekam sie das Gefühl, an dem Duft der Blumen zu ersticken, und die Menge der Hochzeitsgäste drohte sie zu erdrücken. Ihr Instinkt riet ihr dringend, zu fliehen.

Gerade als sie aufstehen wollte, wurde die Musik lauter, und alle Blicke wandten sich zum Gang der Kirche. Die ersten Brautjungfern erschienen am Portal. Es war zu spät, um noch unauffällig verschwinden zu können.

Olivia erschauerte unwillkürlich. Sie wusste, dass Jackson sie entdeckt haben musste, und gleich darauf trafen sich ihre Blicke. Olivias Widerstand schmolz, die Musik und die Menschen um sie herum verschwanden, die Zeit stand still.

Und dann blinzelte er ihr frech zu. Wer außer Jackson Crow würde mitten in einer Hochzeit mit einer Frau flirten? Wahrscheinlich würde er sogar bei seiner eigenen Trauung flirten.

Zum Kuckuck mit ihm, mit seiner Stärke und ihrer Schwäche. Vielleicht konnte man sich etwas vormachen, aber Olivia bereitete gerade ihre Dissertation in Psychologie vor, und ihr war nur allzu klar, was in ihr vorging. Wie die sprichwörtliche Motte, die sich vom Licht angezogen fühlte, so war auch sie zur Hochzeit gekommen, weil sie Jackson wiedersehen wollte.

Mühsam zwang sie sich, ihre Aufmerksamkeit auf die Braut und die Hochzeitszeremonie zu richten. Eve Ellison, Irishs jüngere Schwester, sah in ihrem schlichten Satinkleid hinreißend aus. Matt Crow, Jacksons jüngerer Bruder, betrachtete die Braut mit solcher Zärtlichkeit, dass Olivia vor Rührung die Tränen in die Augen stiegen. Neben ihnen standen Irish, die noch strahlender und schöner aussah, seit sie wusste, dass sie schwanger war, und Dr. Kyle Rutledge, Facharzt für plastische Chirurgie und ihr Ehemann.

Obwohl sie versuchte, aufmerksam zu sein, bekam Olivia es kaum mit, als das Brautpaar das Ehegelübde ablegte. Unruhig ging ihr Blick von Jackson zum Ausgang. Sie wollte die Zeremonie nicht stören, indem sie mittendrin fortging, aber sie wollte auch Jackson nicht begegnen. Sobald die Hochzeit vorbei war, würde sie sich davonschleichen, ein Taxi zu Irishs und Kyles Haus nehmen und …

Aber sie hatte ja keinen Schlüssel!

„Sie dürfen die Braut küssen.“

Olivia hob den Blick von dem Papiertaschentuch, das sie in ihrer Nervosität in kleine Stücke gerissen hatte. Das frisch getraute Ehepaar umarmte sich. Jacksons Blick ruhte ernst auf Olivia, und sie versuchte, das zerpflückte Tuch in ihre Tasche zu stopfen.

„Liebe Gäste, darf ich Ihnen Mr und Mrs Matthew Crow präsentieren?“

Das verliebte Paar strahlte vor Glück, die Gäste erhoben sich und klatschten begeistert. Orgelmusik setzte ein, und alle beeilten sich, ihre Glückwünsche auszusprechen. Um Jacksons Blick auszuweichen, vertiefte Olivia sich verzweifelt in die Betrachtung eines der schönen Buntglasfenster und achtete sorgfältig darauf, tief und ruhig zu atmen.

Sie wartete, bis fast alle Gäste die Kirchenbänke verlassen hatten, dann eilte sie zu einer Seitentür und stieß sie auf.

Vor ihr stand Jackson Crow, lässig an die Wand gelehnt. „Willst du irgendwo hin, Darling?“

„Ich … ich suche die Damentoilette.“

Er lächelte amüsiert und trat zur Seite. „So ein Zufall. Du stehst genau davor. Ich werde auf dich warten.“

„Das brauchst du nicht“, versicherte sie ihm mit gespielter Fröhlichkeit. „Du bist schließlich der Bruder des Bräutigams und musst dich fotografieren lassen.“

„Ich werde warten.“

Olivia flüchtete in die Toilette und zögerte den Augenblick, da sie sich Jackson stellen musste, so lange wie möglich hinaus. Sie spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht und legte neuen Lippenstift auf. Als ihr nichts mehr zu tun blieb, straffte sie die Schultern und öffnete die Tür.

Jackson betrachtete sie mit einem Lächeln. „Du bist eine wahre Augenweide. Weißt du, wie lange ich nach dir gesucht habe, nachdem du Akron in solcher Hast verlassen hattest? Wo warst du?“

„Ich bin nach Hause geflogen, nach Washington.“

„Das meine ich nicht. Ich war gegen Mitternacht in Washington, D.C., und du warst schon wieder fort. Ich habe alles versucht, konnte dich aber nicht finden.“

„Ich habe eine Freundin in Colorado besucht. Obwohl dich das nicht das Geringste angeht.“

„Und ob es mich etwas angeht. Nach so einer Nacht …“

„Ich würde das Wochenende lieber vergessen, Jackson. Ich weiß nicht, was in mich gefahren war, dass ich … Nun, ich bin normalerweise sehr viel vernünftiger. Es muss am Champagner gelegen haben. Ich vertrage Alkohol nicht besonders gut und …“ Sie unterbrach sich, als sie sein amüsiertes Lächeln sah, und holte tief Luft, bevor sie fortfuhr. „Ich wüsste es sehr zu schätzen, wenn du dich als Gentleman erweisen würdest und vergessen könntest, dass es diese Nacht je gegeben hat.“

Jacksons Mund verzog sich zu einem spöttischen Lächeln. Wie lange hatte der Gedanke an diesen sinnlichen Mund sie fast in den Wahnsinn getrieben! Olivia erinnerte sich immer noch daran, wie berauschend seine Küsse gewesen waren.

„Wohl kaum, mein Schatz“, sagte er leise und fuhr sanft mit dem Finger an ihrer Wange entlang. „Obwohl meine Mutter ihr Bestes getan hat, mich zu einem Gentleman zu erziehen, ist mit meinem Gedächtnis leider alles in Ordnung.“

Olivia spürte Panik in sich aufsteigen, aber sie riss sich zusammen. Sie würde sich nicht mit einem Mann wie Jackson einlassen. Wenn sie damals nicht so erschrocken gewesen wäre, als sie ihren Exmann am anderen Ende der Tanzfläche gesehen hatte, wäre sie niemals mit Jackson fortgegangen. Die Tatsache, dass Thomas sie gefunden hatte, war so beängstigend gewesen, dass sie impulsiv geflüchtet war. Damals war Jackson ihr wie der Retter in der Not erschienen.

„Es wäre besser für dich, wenn du es vergessen würdest“, sagte sie heftig. „Es wird sich ohnehin nicht wiederholen. Und jetzt entschuldige mich bitte.“ Sie wollte an ihm vorbeischlüpfen, aber er stellte sich ihr in den Weg.

„Nicht so schnell“, sagte er und hielt sie zwischen seinen Armen und der Wand gefangen. „Jetzt da ich dich endlich wiedergefunden habe, entkommst du mir nicht so leicht.“

Am Ende des Ganges wurde eine Tür geöffnet, und Jacksons Großvater streckte den Kopf heraus. „Jackson …“ Er lachte amüsiert. „Ich hätte mir schon denken können, dass du irgendwo eine hübsche Frau in die Enge treibst. Verzeihen Sie, Ma’am, aber Jackson, du kommst jetzt besser rein, sonst reißt dir deine Mutter den Kopf ab.“

„Ich komme gleich, Grandpa Pete.“

„Geh ruhig schon“, sagte Olivia erleichtert.

Jacksons Großvater, von allen Cherokee Pete genannt, kam auf sie zu. Obwohl er schon über achtzig war, hielt er sich immer noch aufrecht, und seine dunklen Augen zwinkerten fröhlich. Die langen grauen Zöpfe boten einen interessanten Gegensatz zu seinem Frack.

„Ich traue meinen Augen nicht“, sagte er. „Wenn das nicht Olivia Emory ist. Wie geht es dir, junge Dame?“

Sie lächelte und reichte ihm die Hand. „Jetzt Olivia Moore. Es geht mir gut, vielen Dank, Mr Beamon.“

„Moore?“, wiederholte Jackson heftig. „Bist du verheiratet?“

„Du brauchst mich nicht Mr Beamon zu nennen“, sagte Pete, und weder er noch Olivia achteten auf Jacksons Einwurf. „Ich bin immer noch der alte Cherokee Pete. Geh endlich, Jackson. Ich kümmere mich schon um Olivia, bis du mit dem Fotografieren fertig bist.“

Jackson rührte sich nicht vom Fleck. „Bist du verheiratet?“

Fast hätte Olivia ihn angelogen. Eine kleine Lüge würde so viele Probleme lösen, aber etwas in seinem Tonfall hielt sie zurück. Sie seufzte und schüttelte den Kopf.

„Warum hast du dann deinen Namen geändert?“

„Das ist eine lange Geschichte.“

„Ich habe Zeit.“

„Nein, mein Junge, hast du nicht“, sagte Pete. „Geh jetzt. Du kannst später mit ihr darüber reden.“ Nachdem er seinen Enkel davongescheucht hatte, legte er Olivias Hand auf seinen Arm. „So, kleine Lady, wollen wir beide zusammen zum Hochzeitsempfang gehen? Es ist genug Platz in der Limousine, und jeder Mann wird mich beneiden, wenn ich mit einer so schönen Frau am Arm auftauche. Du willst mir doch diesen Triumph nicht vorenthalten, oder?“ Er tätschelte ihr die Hand und schenkte ihr ein so liebenswürdiges Lächeln, dass sie es erwidern musste.

„Sie sind unwiderstehlich, Pete Beamon. Jetzt weiß ich, von wem Ihre Enkel den Charme geerbt haben.“

Sein Lächeln wurde breiter, und er zwinkerte. „Ich habe ihnen alles beigebracht, was sie wissen. Komm, Olivia. Auf dem Weg zum Restaurant kannst du mir erzählen, warum du jetzt Moore heißt. Ich bin auch ein bisschen neugierig. Du hast also nicht wieder geheiratet?“

„Ganz bestimmt nicht. Ich bin zwar schon seit drei Jahren geschieden, aber ich habe mich erst vor Kurzem dazu entschlossen, wieder meinen Mädchennamen anzunehmen.“ Das war nicht die ganze Wahrheit, aber die einfachste Erklärung. Tatsächlich hatte sie den Namen Moore aufs Geratewohl aus einem Telefonbuch herausgepickt.

Pete nickte. „Du wolltest den Namen des Kerls loswerden, was?“

„Warum nennen Sie meinen Exmann einen Kerl?“

„Nun, wenn er etwas taugen würde, wärst du noch mit ihm verheiratet. Er muss ein großer Dummkopf sein, eine Frau wie dich gehen zu lassen.“

Wenn er mich doch nur wirklich gehen ließe, dachte Olivia kläglich, während sie sich einer der Limousinen näherten, die vor der Kirche parkten.

„Freut mich aber, dass du ungebunden bist“, sagte Pete und half ihr in den Wagen. „Wie es aussieht, hat Jackson einen ziemlichen Narren an dir gefressen, und ich möchte dir einen Vorschlag machen.“

„Was meinen Sie?“

„Ich habe mir nie etwas mehr gewünscht, als dass jeder meiner vier Enkel eine gute Frau findet und mit ihr eine Familie gründet. Ich war glücklich, als Kyle Irish fand und Matt und Eve sich zusammentaten, obwohl sie alle viele Schwierigkeiten zu überwinden hatten, das kann ich dir sagen. Damit sind also zwei meiner Enkel verheiratet, und es bleiben noch zwei übrig. Es wird Zeit, dass Jackson als Ältester diese ganz besondere Frau heiratet, die er endlich gefunden hat. Ich sehe, dass er bereit dazu ist.“

„Wie bitte?“ Olivia stockte der Atem, und sie spürte, wie sie rot wurde. „Wer ist diese ganz besondere Frau?“

„Na, du natürlich“, erwiderte Pete freundlich.

„Ich?“ Ihre Stimme überschlug sich fast.

Er nickte. „Irish lobt dich in den höchsten Tönen, und ich weiß, dass Jackson hin und weg von dir ist. Er benahm sich wie ein verwundeter Bär, als er deine Spur verlor. Eine ziemlich lange Zeit hat er überall nach dir gesucht. Er engagierte sogar eine Menge Leute, die ihm helfen sollten. Jetzt will ich dir meinen Vorschlag nennen: Wenn du Jackson heiratest, gebe ich dir an eurem Hochzeitstag zwei Millionen Dollar.“

Olivia starrte ihn sekundenlang sprachlos an. Sie wusste, dass der alte Herr sehr reich war und durchaus in der Lage, ein solches Angebot zu machen. Trotzdem war es unglaublich. Schließlich stammelte sie: „Zwei Millionen Dollar, dafür, dass ich Jackson heirate? Das kann nicht Ihr Ernst sein.“

„Es ist mein völliger Ernst. Gerade eben hat Eve ihre zwei Millionen bekommen.“

„Das ist absurd! Ich werde Ihren Enkel nicht für zwei Millionen heiraten.“

Pete seufzte tief auf. „Nun, um die Wahrheit zu sagen, es wird nicht leicht für dich sein, mit Jackson fertig zu werden. Nicht dass er keinen guten Charakter hätte. Er ist ein wirklich guter Junge. Aber er ist der Älteste, und ich würde gerne sehen, dass eine Frau mit starkem Willen ihn ein wenig in seine Grenzen verweist. Es wird allmählich Zeit, dass er sein wildes Leben vergisst und vernünftig wird. Du scheinst mir die richtige Frau zu sein, die ihn zähmen könnte, als Psychologin und so. Irish hat mir gesagt, dass du sehr klug bist.“

„Zu klug, um Jackson Crow heiraten zu wollen. Ich bin nicht daran interessiert, ihn zu zähmen, und ich bin auch nicht auf der Suche nach einem Ehemann.“

„Warte noch ein bisschen mit deiner Antwort. Lass dir Zeit und denk darüber nach. Es würde mir so viel bedeuten, meinen Jungen glücklich zu sehen. Ich wäre sogar bereit, mein Angebot zu erhöhen und auf vier Millionen zu gehen, wenn es sein muss.“

2. KAPITEL

Jackson wartete nicht länger. Sobald der Fotograf seine Fotos geschossen hatte, fuhr er mit einer Schnelligkeit davon, als wäre ein Rudel Wölfe hinter ihm her. Er brach so ziemlich jede Geschwindigkeitsbegrenzung von der Kirche bis zum Restaurant am Turtle Creek, aber das war ihm egal. Er musste Olivia so schnell wie möglich sehen. Bei der Vorstellung, sie könnte ihm schon wieder entkommen sein, trat ihm der Angstschweiß auf die Stirn.

Er konnte beim besten Willen nicht sagen, warum sie eine so starke Wirkung auf ihn hatte, aber irgendetwas an Olivia hatte ihm völlig den Kopf verdreht. Selbst nach eineinhalb Jahren musste er ständig an sie denken. Vielleicht hatte er sie zu einer Art Göttin gemacht, ohne dass es dazu wirklich einen Grund gäbe. Vielleicht brauchte er nur ein wenig Zeit mit ihr zu verbringen, um zu erkennen, dass sie eine ganz normale Frau war wie alle anderen.

Aber als er das Foyer des Restaurants betrat und Olivia und Grandpa Pete nebeneinanderstehen sah, waren alle Zweifel vergessen. Er musste sie nur ansehen, und sein Herz klopfte schmerzhaft in der Brust. Wie schön sie war, mit ihren langen Beinen, dem sinnlichen Körper und diesen herrlichen Lippen, die darauf zu warten schienen, von ihm geküsst zu werden.

Es war nicht nur ihre Schönheit, die ihn in Gedanken beschäftigte. Da war noch etwas an ihr, das ihm die Kehle zuschnürte und das er weder definieren, noch verstehen konnte. Jedes Mal wenn Olivia in seiner Nähe war, erinnerte sie ihn an etwas, das lange zurücklag.

Als er etwa zehn oder elf Jahre alt gewesen war, hatte er zu Weihnachten ein Luftgewehr geschenkt bekommen. Er hatte nur mit halbem Ohr den Ermahnungen zugehört, vorsichtig damit zu sein, da er sicher war, genau zu wissen, was er tun musste. Schließlich schoss er schon seit fast einem Jahr mit Scooter Franklins Flinte. Jackson kam sich sehr erwachsen vor, als er hinter Grandpa Petes Laden in den Wald ging und eine Schießscheibe an einen Baum hängte.

Nachdem er die Scheibe durchlöchert hatte, sah er sich nach einem anderen Ziel um. Er probierte es mit ein paar Kiefernzapfen auf einem Zaunpfosten. Kleine Fische für ihn. Und in dem Moment entdeckte er den Eichelhäher. Ohne zu überlegen, legte er das Gewehr an, zielte und drückte den Abzug.

Der Vogel fiel auf die Erde, und Jackson lief hin, um seine Beute zu begutachten. Aber der Eichelhäher war nicht tot, er war nur verwundet und flatterte hilflos hin und her. Plötzlich kam Jackson sich vor wie der gemeinste aller Menschen. Er hatte versucht, den Vogel hochzunehmen, um ihm zu helfen, aber das verletzte Tier ließ ihn nicht an sich heran. Es stieß mit dem Schnabel nach ihm und kreischte und kämpfte gegen ihn an, bis Jacksons Hände ganz blutig waren und ihm Tränen in die Augen stiegen. Schließlich hatte er sein Hemd ausgezogen und es über den Eichelhäher geworfen. So konnte er ihn zu Grandpa bringen, der seinen verletzten Flügel richtete und ihn in einem Käfig auf der Veranda hielt, bis der Vogel wieder in der Lage war zu fliegen.

Jackson hatte das Luftgewehr in der hintersten Ecke seines Schranks versteckt und es nie wieder angerührt. Er konnte den Blick des verletzten Vogels nicht vergessen, der seine Hilfe brauchte, aber sich instinktiv gegen ihn wehrte.

Olivia hatte die gleiche gehetzte Art an sich, als kämpfe auch sie um ihr Überleben. War sie irgendwann einmal verletzt worden? Jackson sehnte sich danach, sie in die Arme zu nehmen, sie zu beruhigen und festzuhalten.

Eine verrückte Idee, sagte er sich. Immerhin war Olivia die Psychologin. Er selbst war nur ein normaler Mann, der mehr Geld als Verstand hatte und der einen Golfklub für seine reichen Freunde im Millionärsklub gegründet hatte, damit er etwas zu tun hatte.

Aber er würde sie trotzdem nicht gehen lassen. Sie wusste es vielleicht nicht, aber sie brauchte ihn.

Entschlossen ging er auf sie zu. Bleib ganz ruhig, Crow, sagte er sich. Lass dir nichts anmerken. Und vor allem jag ihr keine Angst ein.

Sie sah wie ein aufgeschrecktes Reh aus, als er ihr das Weinglas aus der Hand nahm und es seinem Großvater gab.

„Lass uns tanzen“, sagte er und nahm sie in die Arme.

„Es gibt keine Musik.“ Sie schob ihn leicht von sich. „Die Band ist doch noch gar nicht auf der Bühne.“

„Ich summe, bis sie anfangen.“ Er zog sie wieder an sich. „Was wäre dir am liebsten? Walzer? Foxtrott? Tango? Beim Tango bin ich unschlagbar.“

Sie befreite sich lachend von ihm. „Jackson, du hast dich nicht verändert. Sei jetzt bitte vernünftig.“

Er zwinkerte ihr zu. „Mit dir würde ich sehr gern unvernünftig sein.“

„Jackson!“, flüsterte sie. „Dein Großvater.“

„Grandpa Pete ist nicht mehr hier. Er ist ein kluger Mann und weiß, wann er überflüssig ist. Wenn du nicht mit mir tanzen willst, wie wäre es dann mit einem Drink? Die Bar ist offen.“

„Nein, danke. Höchstens ein kleines Glas.“

„Kein Problem.“ Er machte einem Kellner ein Zeichen und nahm dann zwei Champagnergläser von dessen Tablett und reichte Olivia eins davon.

„Danke“, sagte sie und senkte den Kopf, um Jacksons Blick nicht begegnen zu müssen.

Er berührte eine dunkle Locke ihres Haars. „Du hast dir das Haar kürzer schneiden lassen.“

Sie nickte. „Ein bisschen.“

„Hast du abgenommen?“

„Etwas.“

Er hob ihr Kinn sanft hoch und strich mit dem Daumen über das hübsche Grübchen. „Warum bist du vor mir davongelaufen?“

„Ich bin nicht weggelaufen, ich bin gegangen.“

„Und warum in solcher Eile?“

„Das habe ich in meiner Nachricht an dich erklärt. Ich musste meinen Flug nach Hause noch erreichen.“

„Aber dann bist du nicht zu Hause geblieben. Du warst wie vom Erdboden verschluckt. Ich weiß es, weil ich überall nach dir gesucht habe. Deine Mitbewohnerin Kim wusste nicht, wo du warst – nicht einmal Irish, deine beste Freundin. Kyle hätte mich fast erwürgt, als ich seine Hochzeitsreise mit Irish unterbrach, um mir von ihr weiterhelfen zu lassen.“

„Ich habe dir schon gesagt, ich war zu einer Freundin in Co­lorado unterwegs. Man hatte mir dort einen Job versprochen, also bin ich hingeflogen.“

„Ohne eine Adresse zu hinterlassen?“

Sie zuckte die Achseln, und man sah ihr deutlich an, dass sie am liebsten auch jetzt geflohen wäre. Jackson zwang sich, ruhig zu bleiben und sie nicht zu drängen. Er lächelte und hielt ihr sein unberührtes Glas hin. „Möchtest du noch eins?“

Sie schüttelte den Kopf.

„Irish hat mir nicht gesagt, dass du zur Hochzeit kommen würdest.“

„Ich wusste gar nichts von der Hochzeit. Ich war nur auf der Durchfahrt und wollte kurz bei Irish und Kyle vorbeischauen. Aber du kennst ja Irish. Bevor ich wusste, wie mir geschah, fing sie an, mich für die Hochzeit vorzubereiten.“

„Auf der Durchreise?“, fragte er scheinbar gelassen.

Sie nickte.

Es folgte ein längeres Schweigen, während Jackson darauf wartete, dass sie ihre Bemerkung weiter ausführte, und schließlich sagte er: „Und wo wolltest du hin?“

„Nach Austin.“

Autor

Jan Hudson
Abgesehen von einem kurzen Aufenthalt in Fort Knox, wo ihr Mann eine Weile stationiert war, hat Jan ihr ganzes Leben lang in Texas gelebt. Eine ihrer frühesten Erinnerungen ist, wie sie abends, bereits im Pyjama, im Dorfladen ihrer Großeltern saß und den Geschichten lauschte, die die Erwachsenen erzählten.

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