Verlieben verboten, Prinzessin!

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Prinz Felipe von Nazarine muss dringend heiraten – sonst verliert er den Anspruch auf den Thron. Eine sentimentale Liebesheirat kommt für ihn zwar nicht infrage, doch seit wenigen Tagen gibt es eine Frau in seinem Leben, die er sich als die zukünftige Königin vorstellen kann: die attraktive Claudine, nach einem gefährlichen Badeunfall sein persönlicher Gast im Palast. Wird sich die blonde Schönheit auf eine Vernunftehe einlassen – und schwören, dass sie sich trotz der heißen Leidenschaft, die zwischen ihnen herrscht, niemals in ihn verliebt?


  • Erscheinungstag 12.12.2023
  • Bandnummer 2627
  • ISBN / Artikelnummer 9783751518987
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Du wirst hier draußen sterben!“, rief der Prinz aus seinem Schnellboot heraus. „Ich fahre dir bestimmt nicht hinterher!“

Gut so, dachte Claudine Bergqvist, obwohl das Meer so kalt war, dass sich ihre Muskeln verkrampften. Das Wasser war dunkel, und ihr langes Kleid zog sie hinab. Als sie versuchte, einen Schwimmzug zu machen, verhedderte sich die Seide um ihre Beine. Um sie herum rollten hohe Wellen, was es ihr schwer machte, Luft zu holen, ohne Wasser zu schlucken.

Sie versuchte, die Insel nicht aus den Augen zu verlieren. Aber obwohl sie eine gute Schwimmerin war, war die schwarze Landzunge mit den wenigen, funkelnden Lichtern immer noch erschreckend weit entfernt. Während Panik in ihr aufstieg, lief ihre Fantasie auf Hochtouren. Was lauerte noch in diesen Gewässern außer ihr und diesem schrecklichen Mann, der sie auf sein Boot gelockt hatte?

Als sie hörte, wie der Motor wieder ansprang, hielt sie inne und drehte sich um, um zu sehen, ob er hinter ihr herkam.

Nein. Die Bootslichter wendeten sich von ihr ab. Das schnittige Schnellboot schoss mit einem Aufheulen davon und spritzte Gischt hinter sich her. Durch die Wellenberge konnte sie weder das Boot sehen noch die Superjacht, auf der dieser furchtbare Abend begonnen hatte.

Wie bei einer russischen Puppe war an diesem Abend eine gefährliche Situation der nächsten gefolgt, auch wenn sie es nicht sofort gemerkt hatte: „Kommt heute Abend zu einer großen Party auf eine Jacht.“ Dann später: „Warum kommen nicht einige von euch mit zu einer kleineren Party auf meine kleinere Jacht?“ Und noch später: „Lass uns eine Spritztour mit meinem Flitzer machen, nur du und ich.“

Jetzt kehrte nur einer nach Stella Vista zurück, der größten Insel der Kette, aus der das Königreich Nazarine bestand: der Prinz. Sie selbst, Claudine, blieb allein im Meer zurück. Ihr Herz schlug unregelmäßig. Ihre Brust zog sich vor Angst zusammen, sodass sie kaum noch atmen konnte. Das Kielwasser des sich entfernenden Schnellboots hob sie empor und ließ sie dann zurück ins nächste Wellental fallen. Als sie sich wieder umwandte, war die kleine Insel verschwunden.

Verzweifelt drehte sie sich um sich selbst.

Keine Panik!

Dort war die Insel. Während Claudine gegen den Stoff ihres Kleides ankämpfte, ließ sie das rettende Land nicht mehr aus den Augen. Entschlossen streifte sie die Träger ab, dann schob sie das Kleid über Taille und die Hüften herunter, bis sie endlich befreit war.

Ich kann es schaffen!

Sie hatte schon viele schwierige Dinge geschafft, einschließlich dies: als Vertreterin Schwedens bei der Wahl zur Miss Pangea anzutreten, obwohl sie die letzten fünfzehn Jahre in Amerika gelebt hatte.

Mom braucht mich, ermahnte sie sich. Ich darf hier nicht sterben.

Doch der Gedanke an ihre Mutter machte sie nur noch ängstlicher. Ann-Marie Bergqvist hatte nicht gewollt, dass ihre Tochter Claudine an dem Schönheitswettbewerb teilnahm. Weder an diesem noch an irgendeinem anderen. Sie hielt diese Wettbewerbe für unzeitgemäß und sexistisch.

Das sind sie auch, hatte Claudine zugestimmt. Aber sie war aus Spaß mit Freundinnen in den ersten hineingestolpert und hatte dann einfach immer weiter gewonnen. Der bescheidene Ruhm und die Fernsehinterviews hatten ihr geschmeichelt.

Als sich die Multiple Sklerose ihrer Mutter plötzlich drastisch verschlechterte, hatte Claudine das Auto, das sie gewonnen hatte, zusammen mit allen anderen Gewinnen verkauft. Das Geld hatte ihrer Mutter eine Auszeit von der Arbeit sowie eine Reihe von Facharztuntersuchungen verschafft. Aber die Krankheit war insgesamt nicht heilbar, sie konnte nur verlangsamt werden.

Jedes Mal, wenn Claudine einen größeren Wettbewerb gewann, konnte sie sich eine bessere Versorgung ihrer Mutter leisten. Und der Schönheitswettbewerb zur Miss Pangea mit Teilnehmerinnen aus allen Ländern der Welt war einer der einträglichsten. Er hatte sie nach Nazarine geführt, ein kleines Königreich vor der italienischen Südküste. Wenn sie als eins der Models für den berühmten sexy Badeanzug-Kalender ausgewählt wurde, würde ihr das ein sehr großzügiges Honorar einbringen. Und falls sie es als Siegerin des Schönheitswettbewerbs gar aufs Cover schaffte, würde sie noch mehr verdienen.

Falls sie es bis ans Ufer schaffte.

Hatte der Prinz es deshalb auf sie abgesehen? Weil sie Chancen auf den Sieg hatte?

Sie versuchte, nicht daran zu denken. Sie war müde. Das Schwimmen an sich war nicht das Problem, aber dies war kein ruhiges Schwimmbecken, in dem sie durch das Wasser gleiten konnte. Die Gewalt des Meeres warf sie hin und her, Wasser drang in ihre Nase, sie schluckte Salzwasser.

Was, wenn sie nicht überlebte? Wenn sie es morgen nicht zum Shooting für die Auswahlfotos schaffte? Wenn sie kein Preisgeld gewann und ihre Mutter keine ärztliche Versorgung mehr bekam?

Was, wenn sie ertrank und ihre Mutter nie wiedersah?

Denk nicht daran! Beinschlag, Armschlag, atmen. Beinschlag, Armschlag, atmen.

„Ein Eindringling, Eure Hoheit.“ Gerade als Prinz Felipe sich zu einem späten Abendessen setzte, reichte ihm ein Wachmann ein Tablet.

Francois. Immer wenn etwas Unvorhergesehenes und Unangenehmes passierte, dachte er als Erstes an seinen Zwillingsbruder. Kalter Hass überflutete ihn, aber ganz automatisch schob er die düsteren und wenig hilfreichen Gefühle beiseite und konzentrierte sich auf das Problem.

„Wie viele?“ Er nahm das Tablet.

„Nur einer, Sir.“ Der Wachmann tippte auf den Monitor, um die Sicherheitsaufnahmen sowohl in Nachtsicht als auch in Infrarot zu zeigen. Ein Schwimmer näherte sich der Westseite der Insel.

Am weitesten von den anderen Inseln des Nazarine-Archipels entfernt, war Sentinella vor Hunderten von Jahren nach den Schutzarmeen benannt worden, die damals auf der Insel stationiert waren.

Die hohen Klippen ermöglichten eine Überwachung der umliegenden Gewässer, und das Fehlen flacher Sandstrände erschwerte das Eindringen. Der Zugang war nur durch einen natürlichen Hafen in einer Lagune möglich, und jedes Boot und jeder Schwimmer, die versuchten, in diese Lagune einzudringen, mussten zuerst Strömungen aus allen Richtungen überwinden. Einmal drinnen, lauerten dann Hunderte scharfer Felsen unter der Oberfläche der flachen Bucht. Sie zerstörten Schiffe und zerschmetterten auch mal ein Knie, wenn man nicht genau wusste, wo sie sich befanden. Und falls man den Strand am Fuß der Klippen erreichte, warteten Steine und grober Sand.

Wie seine Bewohner war Sentinella Furcht einflößend und Fremden gegenüber abweisend.

Felipe versuchte, das Bild auf dem Tablet zu vergrößern, aber es war zu grobkörnig.

„Wie ist die Person dorthin gekommen? Ist ein Schiff in der Nähe?“

„Auf der Favorit der Königin wurde heute zum Sonnenuntergang ein Abendessen für die Kandidatinnen des Schönheitswettbewerbs veranstaltet. Die Gäste haben wie üblich Abstecher zu den kleineren Inseln unternommen. Vor einer Stunde haben wir etwa eine Meile entfernt ein Schnellboot gesehen. Das kam uns am nächsten.“

Die Lippen des Wachmanns waren angespannt. Er kannte die Feindseligkeit, die zwischen den Prinzen bestand.

Felipe war nicht von der Nachricht überrascht, dass sein Bruder in der Nähe war. Francois verbrachte den größten Teil seines Lebens damit, rund um den Globus von einer Party zur anderen zu jetten und den Frauen nachzujagen. Zu dieser Jahreszeit kam er jedoch immer nach Hause und brachte seinen schmutzigen kleinen Schönheitswettbewerb ins Inselreich mit. Normalerweise allerdings schickte er seine Leute nicht dreist direkt bis zu Felipes Haustür. Was hatte er diesmal vor?

„Gehen wir zum Strand und begrüßen wir unseren Besucher.“ Ohne die geschmorte Ente gekostet zu haben, erhob sich Felipe.

„Sir, er könnte bewaffnet sein.“

Er? Felipe sah wieder auf den Bildschirm. Der Schwimmer hatte einen Felsen gefunden, an dem er sich festklammern konnte.

Als ein Arm aus dem Wasser kam, erschien der Träger eines Bikinioberteils.

„Ich glaube nicht, dass sie eine Waffe trägt. Es sei denn, sie hat vor, mir eine Zyanidkapsel ins Gesicht zu spucken.“

Er ging über den gepflasterten Hof der Burg hinüber zu dem Tor in der Mauer. Zwei Wachen folgten ihm, zwei weitere flankierten ihn, als er durch ein zweites Tor in der Mauer zu den Treppen ging, die die Klippe hinunterführten. Die schmalen Stufen waren vor langer Zeit von Soldaten aus der Steinmauer geschlagen worden. Ein verwittertes Seil bot etwas Halt, falls ein Fuß ausrutschen sollte.

Seit Jahren war Felipe diese Stufen nicht mehr hinuntergegangen und niemals nachts, aber er winkte ab, als ein Wächter versuchte, den Weg mit einer starken Taschenlampe zu beleuchten. Er wollte sich dem Eindringling unbemerkt nähern.

Die schmale Mondsichel machte den Abstieg tückisch. Als sie das Ende der Treppe erreichten, konnte er hören, wie die Wellen außerhalb der Lagune gegeneinander ankämpften. In der Nähe des Ufers hörte er ein Husten und keuchenden Atem.

Er schob sich an dem Wachmann vorbei, der einen Arm ausstreckte und versuchte, Felipe davon abzuhalten, sich dem Ufer zu nähern.

Wie gebannt sah er zu, als sich im fahlen Mondlicht eine Frau – eine Meerjungfrau? eine Sirene? – aus dem glitzernden, schwarzen Wasser schob. Dann richtete sie sich auf und kniete im seichten Wasser. Wellen schwappten um ihre Oberschenkel. Im Mondlicht war ihr Haar zinnfarben und klebte in rankenartigen Locken an ihren Schultern und ihrer Brust. Silberne Tröpfchen fielen von ihrem Kinn und legten sich wie Diamanten auf ihre Brüste, bevor sie über ihren Bauch rannen. Ihre Brust hob und senkte sich. Jeder Atemzug von einem mühsamen Schluchzen begleitet.

Das war kein Bikini. Es waren BH und Slip, ein Spitzenset in einer unbestimmten Farbe, dunkel wie Kohle. Ihre Haut mochte golden oder sanft gebräunt sein, aber im kühlen Licht des Mondes wirkte sie blass. Die Frau sah aus wie ein Schwarz-Weiß-Foto eines Schiffbrüchigen.

Oder wie ein Gemälde der Venus, die aus der Tiefe aufgestiegen war! Sie war das Schönste, was Felipe je gesehen hatte. Sein Inneres verkrampfte sich in einer Mischung aus Ehrfurcht und Lust; dem Verlangen, sie zu besitzen, und einer instinktiven Gewissheit, dass sie nicht gefangen werden konnte.

Eine Woge ganz untypischer Eifersucht überflutete ihn. Er wollte die Blicke seiner Wachen von ihr abwenden. Sie gehörte ihm.

Mit einem erneuten Stöhnen der Anstrengung schob sie sich weiter aus dem Wasser hinaus. Dann brach sie zusammen.

Als Felipe auf sie zuging, ließ er seinen Blick über ihren Körper wandern, über ihre Schenkel und den flachen Bauch hin zu ihren Brüsten und ihren Augen, die sie jetzt öffnete.

„Was tun Sie hier?“, fragte er im nazarinischen Dialekt des Italienischen und hockte sich neben sie.

Sie stieß einen gequälten Laut aus, bewegte überraschend ihren Arm, und eine Handvoll Kies traf sein Gesicht.

Wie, verdammt noch mal, kam er so plötzlich hierher?

Es ergab keinen Sinn, aber Claudine dachte nicht nach, sondern reagierte instinktiv. Um dem Teufel höchstpersönlich zu entkommen! Sie schloss ihre Hand um die Muscheln und Steine, die es an diesem gottverlassenen Strand gab, und warf sie nach ihm. Während er laut fluchte, versuchte sie, sich von ihm wegzurollen und irgendwie aufzustehen, aber ihre Muskeln waren völlig erschöpft. Sie zitterte und war schwach.

Im selben Moment ertönten laute Rufe. Eine schroffe Männerstimme bellte etwas auf Italienisch. Ein schweres Gewicht legte sich grob auf ihre Schulter und drückte sie auf den Boden. Sie hätte sich besser vom Meer holen lassen sollen, denn heute Nacht würde sie sterben, ganz gleich, wie hart sie eben um ihr Leben gekämpft hatte. Sie ließ ihr Gesicht auf den Kies sinken.

Es tut mir leid, Mom. Du hattest recht. Es tut mir leid.

Plötzlich wurde ihr klar, dass sie laut gesprochen hatte. Gleich darauf hörte sie einen dumpfen Schlag, den sie bis in ihre Schulter spüren konnte, und das Gewicht von ihrem Rücken verschwand.

Es war ein Fuß gewesen, erkannte sie jetzt, ein Stiefel mit einer groben Sohle. Das war alles, was sie sehen konnte. Stiefel und noch mehr Stiefel.

„Greifen Sie mich nicht noch einmal an“, warnte der Prinz in akzentuiertem Englisch. „Meine Wachen mögen das gar nicht.“

Hätte ich nur auch Wachen, dachte sie mit einem Anflug von Hysterie. Doch sie war nur eine Frau, die sich gegen seinen Angriff verteidigt hatte.

Sie versuchte, sich aufzusetzen und ihn anzusehen, aber ihre Arme gaben nach. Alles tat ihr weh. Sie hatte nicht einmal mehr die Kraft zu weinen.

„Wie sind Sie hierhergekommen?“, fragte er jetzt.

Das schien ihr zu offensichtlich, um darauf zu antworten. Hektisch suchte sie nach einem Fluchtweg, aber sie sah nur Stiefel, Steine und noch mehr Stiefel. Dann plötzlich Füße in maßgefertigten italienischen Schuhen. Keine Bootsschuhe, wie sie der Prinz getragen hatte, sondern Schnürschuhe aus Leder mit ausgefallenen Details.

Hinter sich hörte sie immer noch das Rauschen und Plätschern des Wassers in der Lagune. Sanfte Wellen streichelten ihre Waden. Sollte sie es wagen, diesen Weg noch einmal zu nehmen? Aber obwohl sie um ihr Leben geschwommen war, hatte sie es schon beim ersten Mal nicht geschafft, ihm zu entkommen.

Mit einem Schluchzen völliger Verzweiflung ließ sie den Kopf auf ihre Handgelenke fallen.

„Warum sind Sie hier?“, wiederholte er.

Ernsthaft? „Ich wollte nach Sizilien. Bin ich hier etwa falsch?“, fragte sie krächzend.

Einer der Wachleute grinste, ein anderer, der Aggressive, der den Fuß auf ihre Schulter gestellt hatte, stieß jetzt mit seiner Stiefelspitze gegen ihre Hüfte. „Keine dummen Antworten. Beantworten Sie die Fragen des Prinzen!“

Der Prinz, den sie gerne in die heißeste Ecke der Hölle verbannt hätte, sagte etwas auf Italienisch, das alle seine Wachen einige Schritte zurückweichen ließ.

„Nun“, fuhr er dann in Englisch fort, „wenn Sie hier liegen bleiben und darauf warten wollten, dass sich Ihre Wunden infizieren, können Sie das gerne tun. Oder Sie kommen zur ärztlichen Versorgung mit ins Schloss und geben mir eine vollständige Erklärung für Ihre Anwesenheit. Können Sie alleine aufstehen?“

Er wollte ihren Arm ergreifen, aber ein Schwall puren Adrenalins schoss durch ihre Adern. Sie schlug seine Hand weg und tastete nach einer neuen Handvoll Steine, um sie nach ihm zu werfen.

„Nein!“

Vor ihren Augen fiel sein Knie auf die Kieselsteine, während seine starke Hand ihr Handgelenk auf den Boden drückte. Seine andere Hand hielt ihren angewinkelten Arm fest und drückte sie auf den Rücken. „Darüber hatten wir doch eben gesprochen.“

Sie war sich schwach eines Geräusches bewusst, das sie nur aus Filmen kannte. Es war das Geräusch von Waffen, die gespannt und feuerbereit gemacht wurden. Noch nie in ihrem Leben war sie so versteinert gewesen. Ihr Herz raste, als ob es gleich explodieren wollte.

Aber sie weigerte sich, ihn anzusehen, und starrte stattdessen auf die Bügelfalte seiner Hose. Kalter Hass erfüllte sie.

„Nicht! Anfassen!“

„Öffnen Sie Ihre Hand“, befahl er.

„Scheren Sie sich zum Teufel!“

„Wir bleiben also am Strand?“

Sie hasste ihn. Hasste ihn wirklich. Aber als sein Griff um ihr Handgelenk nicht nachließ, erlaubte sie ihm widerwillig, ihre Finger zu spreizen. Ihre einzige Waffe fiel aus ihren Fingern auf den Strand.

Sein Griff löste sich. „Können Sie alleine stehen?“

Sie konnte es nicht, aber sie weigerte sich, es zuzugeben.

„Ich gehe nirgendwo mehr mit Ihnen hin“, brachte sie heraus. „Lieber ertrinke ich.“

Nach ihren Worten herrschte so tiefes Schweigen, dass sie die Augen öffnete und sich umsah. Halb erwartete sie, dass die Wachen sich irgendwie verflüchtigt hatten.

„Sie waren auf der Favorit der Königin?“, fragte der Prinz.

„Das wissen Sie ganz genau!“

Sie war wirklich am Ende ihrer Kräfte. Das Salz brannte in ihren Wunden, und der Schmerz brachte sie fast um, während ihr Magen mit dem Meerwasser kämpfte, das sie geschluckt hatte.

„Sie sind den ganzen Weg von der Jacht geschwommen? Unmöglich.“

„Nun, haben Sie einen Rettungsring oder sonst etwas in der Art gesehen? Was für ein Mensch lässt jemanden im offenen Meer allein? Nachts!“

Die Stärke ihres Gefühlsausbruchs presste ihren Magen zusammen. Die Reaktion auf alles, was geschehen war – und alles, was ihr jetzt bevorstand –, traf sie mit erschütternder Wucht. Sie würde sich jeden Moment übergeben.

Porta la luce.“ Er schnippte mit den Fingern, als er nach Licht verlangte.

Einer seiner Wachmänner trat vor, um sie mit einer schrecklich grellen Fackel zu blenden. Sie zuckte zusammen und versuchte, sich wegzuducken, aber der Prinz packte erneut ihren Arm und zwang sie, auf dem Rücken liegen zu bleiben.

Es tat höllisch weh, aber er hielt sie rücksichtslos fest und befahl: „Schauen Sie mich an!“ Er deutete auf eine weiße Linie auf seiner Wange. „Hatte ich diese Narbe, als Sie mich das letzte Mal gesehen haben?“

„Nein.“

Oh nein … oh nein. Sie hatte gedacht, es gäbe nichts Schlimmeres, als vom Prinzen von Nazarine gefangen zu werden und ihm ausgeliefert zu sein. Es gab jedoch etwas noch Schlimmeres. Einen schlimmeren Mann. Den anderen Prinzen!

„Ich bin Felipe, Kronprinz von Nazarine. Sie werden mich jetzt zum Schloss begleiten und mir alles erzählen, was heute Nacht passiert ist.“ Er stand auf und reichte ihr die Hand. „Können Sie laufen? Oder soll ich Sie tragen?“

Sie konnte nicht antworten. Es kostete sie all ihre Kraft, sich wegzurollen, damit sie sich nicht auf seine hübschen Schuhe übergab.

2. KAPITEL

Felipe bedeutete seinen Männern, ihnen den Rücken zuzuwenden. Dann schob er sanft ihr nasses Haar hinter ihre Schultern und stützte sie, während sie das geschluckte Meerwasser von sich gab.

Als sie mit dem Würgen fertig war, setzte er sich zu ihr und zog sie zwischen seine angewinkelten Beine.

„Lehnen Sie sich an mich“, beharrte er, während er sein Hemd auszog.

Sie zitterte, wahrscheinlich vom Schock. Ihr langer, kalter Schwimmmarathon war etwas, was er selbst trotz seines täglichen Trainings nicht freiwillig versucht hätte.

Als er ihre Arme in seine Hemdsärmel schob, war sie schlaff wie eine Stoffpuppe. Er streifte den Sand von ihrer Schulter, was sie zusammenzucken ließ und ihm klarmachte, dass ihre Haut aufgeschürft war. Ihre Schienbeine trugen ähnliche Verletzungen wie die Arme, und am Ellbogen seines Hemdes bildete sich gerade ein dunkler Fleck.

Vorsichtig nahm er sie auf seine Arme und stand auf. Sie war groß, sehr schlank und lag schlaff in seinen Armen, weil sie so erschöpft war und kaum noch bei Bewusstsein, wie er vermutete. Als einer seiner Wachmänner mit ausgestreckten Armen einen Schritt auf ihn zu machte, wies Felipe das Hilfsangebot mit einem Kopfschütteln zurück und trug sie selbst zum Fuß der Treppe, wo ihm Männer mit einer Rettungstrage entgegenkamen. Sanft legte er sie darauf ab, breitete eine Foliendecke über sie und sicherte sie mit Gurten.

„Wie heißen Sie?“, fragte er währenddessen. „Gibt es jemanden, den wir anrufen sollten?“

„Ich will nach Hause“, antwortete sie.

„Da bin ich mir sicher.“ Mitleid stieg in ihm auf. Er wusste, wie es war, Opfer von Francois’ Bosheiten zu sein. Sein Bruder war grausam genug, um es zu genießen, jemanden zu terrorisieren und dabei zu töten.

Beruhigend streichelte er ihre Wange. „Kümmern wir uns zuerst um Ihre Verletzungen. Dann reden wir darüber, wie es weitergeht.“

Sie wandte den Kopf von ihm ab und schloss abwehrend die Augen.

Das hätte ihn nicht stören sollen, tat es aber. Es war ein Beweis dafür, dass Francois immer noch giftige Lügen über ihn verbreitete und dass die Leute diese Lügen weiterhin glaubten. Normalerweise war ihm das egal, aber es störte ihn, dass die Fremde ihnen glaubte.

Er nahm einen der Griffe der Trage auf und half, sie die Klippen hinauf und dann zur Krankenstation innerhalb der Festungsmauern zu tragen.

Claudine erwachte in einem schwach beleuchteten Raum. Sie lag in einem Krankenhausbett mit einem Infusionsschlauch in ihrem Handrücken, aber das Zimmer sah eher nach einem Fünf-Sterne-Hotel aus: mit einer Tiffany-Lampe auf einem Nachttisch im Renaissance-Stil und zwei Ohrensesseln direkt vor einem Großbildfernseher über dem Kaminsims.

War sie wieder im Hotel auf Stella Vista? Gott sei Dank!

Als sie versuchte, sich aufzusetzen, konnte sie ein leises Stöhnen nicht unterdrücken. Jeder Muskel protestierte. Sie griff nach dem Bettgitter, um sich hochzuziehen, als ein dunkler Schatten auf sie zukam.

Ihr Herz stolperte, und ihre Kehle wurde trocken.

„Guten Morgen“, sagte Felipe. Im schwachen Tageslicht wirkte er in seinem strahlend weißen Hemd und einer grauen Hose noch imposanter. Sein dunkles Haar war kurz geschnitten, das Kinn glänzte frisch rasiert. Die Narbe auf seiner Wange war gleichzeitig beruhigend und beängstigend. Er war nicht Francois. Aber was für ein Mensch war er? Was hatte er mit ihr vor?

Sie sank zurück in ihr Kissen.

„Meine Ärzte haben Ihre Wunden versorgt.“ Prüfend legte Felipe seine Fingerrücken auf ihre Stirn und Wange.

Ein seltsames Gefühl breitete sich in ihrem Körper aus. Vertraue ihm nicht, warnte ihr Verstand. Doch ein Teil von ihr sehnte sich nach jemandem, der sich um sie kümmerte.

„Kein Fieber. Das ist schon mal gut.“ Er streckte die Hand aus, um auf einen Knopf zu drücken, dabei stieg ihr der Duft seines Aftershave in die Nase. „Unser Gast ist wach“, sagte er, ließ den Knopf wieder los und richtete sich auf. „Sind Sie hungrig?“

„Wie spät ist es?“ Ihre Stimme klang heiser und schwach.

Er schaute auf die Uhr an der Wand. „Zwanzig nach sechs.“

Blieb ihr Zeit genug für das Fotoshooting? Sie musste um acht Uhr dort sein.

„Dr. Esposito“, begrüßte der Prinz den Mann, der jetzt den Raum betrat. Der Arzt schien in seinen Siebzigern zu sein. Er unterdrückte ein Gähnen, als er seinen weißen Mantel über der zerknitterten Kleidung zuknöpfte.

„Guten Morgen, Claudine. Wie fühlen Sie sich? Haben Sie Schmerzen?“

„Woher kennen Sie meinen Namen?“ Sie sah Felipe an.

„Mein Sicherheitsteam setzt die neuesten Technologien zur Gesichtserkennung ein“, erwiderte Felipe ungerührt. „Aber das war gar nicht nötig. Ich habe die diesjährigen Miss Pangea-Kandidatinnen nachgeschlagen. Und da waren Sie, Zweite von links.“

„Ihr Puls ist erhöht“, sagte der Arzt und hielt ihr Handgelenk, während er auf die Uhr sah. „Es ist bekannt, dass der Prinz diese Wirkung auf Frauen hat. Soll ich ihn bitten, den Raum zu verlassen?“

Sollte das ein Scherz sein? Felipe schien sich jedenfalls großartig zu amüsieren. Seine Mundwinkel zuckten, und die dunkelbraunen Augen funkelten.

Sie presste die Lippen zusammen. Wenn sie Ja sagte, würde das bestätigen, dass sie auf ihn reagierte. Wenn sie Nein sagte, wirkte das, als ob sie wollte, dass er blieb.

Es ist Angst, wollte sie ihm sagen.

Als ob er ihre Gedanken gelesen hätte, vertiefte sich der selbstgefällige Zug um seine Mundwinkel.

„Ich muss auf die Toilette“, sagte sie statt einer Antwort zu dem Arzt. „Könnten Sie das entfernen?“ Sie hob die Hand mit der Infusionsnadel.

Der Arzt nickte, entfernte vorsichtig die Kanüle und klebte ein Pflaster auf die Einstichstelle. Dann wollte er das Bettgitter herunterlassen, aber Felipe hatte es schon auf der anderen Seite getan.

„Ich rufe die Krankenschwester“, bot Dr. Esposito an.

„Nicht nötig, ich helfe ihr“, beharrte Felipe.

Verärgert darüber, wie mühelos der Prinz sie mit einer leichten Berührung aufrichtete und sie dazu brachte, sich auf die Bettkante zu setzen, schüttelte sie abwehrend den Kopf. Aber bei der abrupten Bewegung wurde ihr schwindelig, sodass sie eine Hand gegen seine Brust stützen und sich an seinen Ärmel klammern musste, während sie darauf wartete, dass sich der Raum nicht mehr um sie drehte.

Felipes feste Hand an ihrer Taille sorgte dafür, dass sie nicht nach vorn aus dem Bett kippte. „Der Krankenpfleger ist auch nur ein Mann, also gibt es keinen Unterschied, wer Ihnen hilft“, erklärte er. „Nur Dr. Esposito sollte es nicht tun. Letztes Jahr hatte er eine Rückenverletzung.“

Es gibt aber doch einen Riesenunterschied, wollte sie sagen. Doch als sie aus dem Bett aufstehen wollte, gaben ihre Knie nach, Felipe hielt sie gerade noch fest.

Autor

Dani Collins

Dani Collins verliebte sich in der High School nicht nur in ihren späteren Ehemann Doug, sondern auch in ihren ersten Liebesroman! Sie erinnert sich heute immer noch an den atemberaubend schönen Kuss der Helden. Damals wurde ihr klar, dass sie selbst diese Art von Büchern schreiben möchte. Mit 21 verfasste...

Mehr erfahren