Wie erobert man seine Traumfrau?

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Risiko ist Lucys Lebensmotto. Und deshalb sagt sie Greg, dass er nicht der Richtige für sie ist. Sie findet ihn zu normal und verlässlich. Das sieht er natürlich ganz anders. Er will Lucy für immer erobern. Und nach einer leidenschaftlichen Nacht weiß er, dass er auf dem richtigen Weg ist …


  • Erscheinungstag 22.04.2023
  • ISBN / Artikelnummer 9783751522298
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Was muss ich nur tun, damit das Glück auch mich endlich einmal findet, dachte Lucy Lake, als der Hausmeister an ihr vorbeilief und ihren Fernseher an den Straßenrand stellte. Sie sehnte sich nach wahrer Liebe und geriet doch immer wieder an die falschen Männer. Sie hatte um eine Gehaltserhöhung gebeten. Und was hatte sie bekommen? Die Kündigung. Und in ihrem Briefkasten hatten keine Liebesbriefe gelegen, sondern der Räumungsbescheid.

„Mr. Kopetsky, es muss sich um ein Versehen der Bank handeln.“ Sie folgte ihm über die Außentreppe zurück in ihre Wohnung. Was konnte sie dafür, dass das Geld hinten und vorne nicht mehr reichte? Als sie noch ihre gut bezahlte Arbeit gehabt hatte, war es nie ein Problem gewesen, die Miete pünktlich zu bezahlen. Aber die Gelegenheitsarbeiten, mit denen sie sich über Wasser zu halten versuchte, brachten nicht genug ein, um ihren gewohnten Lebensstil zu finanzieren.

„Dass ich nicht lache. Sie wollen mir doch nicht weismachen, dass der Scheck verloren gegangen ist! Es war übrigens auch nicht der erste.“ Kopetsky beugte sich über das Geländer. „Sorgen Sie dafür, dass Sie den richtigen Mulch verwenden!“, rief er dem im Garten arbeitenden jungen Mann zu.

„Keine Sorge, Mr. Kopetsky.“ Der Gärtner richtete sich zu voller Größe auf. Er war mindestens einsneunzig groß. Trotz all ihrer Sorgen verschlug sein Anblick Lucy den Atem. Sein bloßer, von der Sonne gebräunter Oberkörper, seine breiten Schultern sandten ein lustvolles Kribbeln durch ihren Körper.

„Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein, Madam?“, rief er ihr zu.

Und schon war das Kribbeln im Bauch verschwunden. Dieser göttergleiche Mann hatte in dem Moment alles verdorben, als er den Mund aufgemacht hatte. Nicht dass seine Stimme unangenehm gewesen wäre – im Gegenteil, sie klang voll und durchaus männlich –, aber das kleine Wort ‚Madam‘ hatte genügt. Sie war keine Dame. Ihre Mutter war eine gewesen. Und auch ihre Großmutter. Aber Lucy Lake war Lichtjahre davon entfernt.

„Geht es Ihnen gut, Madam? Ist alles in Ordnung?“

„Ja“, zischte sie und wandte sich ab. Nie würde sie sich für einen Mann interessieren, der sie mit ‚Madam‘ anredete. Daran konnten auch seine breiten Schultern nichts ändern.

Kopetsky trug einen Karton mit Geschirr an ihr vorbei. „Nehmen Sie es nicht persönlich, Ms. Lake. Ich tue nur meine Arbeit.“

„Natürlich nehme ich es nicht persönlich. Wieso sollte ich es auch persönlich nehmen, wenn man mein gesamtes Hab und Gut an den Straßenrand stellt?“

Die ganze Zeit war sie sich peinlichst bewusst, dass dieses umwerfende Mannsbild von einem Gärtner Zeuge ihres persönlichen Dramas wurde. Auch ohne diesen Adonis war es schon schlimm genug, auf die Straße gesetzt zu werden. Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu, den er zu ihrer Verärgerung mit einem Lächeln quittierte. Ein hinreißendes Lächeln, das seine schneeweißen Zähne zeigte und das sie zu einem anderen Zeitpunkt vielleicht sogar sexy gefunden hätte.

Kopetsky hatte bei ihrer Bemerkung den Kopf eingezogen und schaute sie ärgerlich an. „Sehen Sie zu, dass dieses Zeug hier verschwunden ist, bevor die Müllabfuhr kommt.“

Seufzend brachte Lucy einen Arm voll Kleidung zu ihrem Auto hinüber, bemüht, die neugierigen Blicke von Nachbarn und Passanten zu ignorieren. Hatten die alle nichts Besseres zu tun?

Andere Frauen an ihrer Stelle hätten wahrscheinlich geweint oder eine Szene gemacht, aber Lucy hatte sich schon fast daran gewöhnt, dass bei ihr alles schief ging. Vor zwei Monaten hatte sie ihren Arbeitsplatz verloren. Den besten, den sie je gehabt hatte. Und einen Mann, der für sie sorgte, gab es auch nicht. Ihr letzter fester Freund hatte sie wegen einer Cheerleaderin sitzen lassen. Seither hatte sie sich mit einem Rodeoreiter getroffen, mit einem Motorradrennfahrer, einem Schauspieler und einem neurotischen Musiker. Alle hatten sie toll gefunden, solange sie nichts von ihnen erwartet hatte – wie zum Beispiel einen Ehering.

Und jetzt war sie auch noch ihre Wohnung los. Was würde als Nächstes passieren?

„Wohin soll ich das bringen?“ Erschreckt blickte sie auf. Vor ihr stand der Gärtner, ihren Fernseher auf dem Arm, als wäre er leicht wie eine Feder.

„Stellen Sie ihn einfach hier auf den Rücksitz.“ Sie öffnete die Tür, sodass er das Gerät hineinschieben konnte. „Danke“, murmelte sie.

„Keine Ursache.“ Er trat einen Schritt zurück und betrachtete ihr Auto, das auch schon bessere Tage gesehen hatte. „Allzu viel passt da nicht rein.“

„Ich werd mir schon etwas einfallen lassen.“

„Ich habe einen Transporter …“

Warum war dieser Typ so nett? Sie kannte ihn nicht einmal. „Nein danke. Ich habe Sie nicht um Ihre Hilfe gebeten.“

„Stimmt. Aber Sie brauchen sie.“

Super! Das war ja wohl Mr. Besserwisser! Sollte er sich doch um seine eigenen Angelegenheiten kümmern.

Sie drehte sich um und ging zum Haus zurück. Der Gartenmensch folgte ihr. Manche Leute begriffen wirklich gar nichts.

Mr. Kopetsky stellte gerade einen halb vertrockneten Ficus auf den Bürgersteig. „Der gehört nun aber wirklich auf den Müll. Der ist schon tot.“

„Er ist nicht tot.“ Als sie die Hand nach dem kleinen Baum ausstreckte, fiel eine Unzahl gelber Blätter zu Boden.

„Der hat zu wenig Wasser und wahrscheinlich auch zu wenig Licht bekommen.“ Fachmännisch prüfte der Gärtner den Zustand der Blätter.

Lucy verdrehte die Augen. „Wer hat Sie denn gefragt?“

„Niemand. Ich versuche nur zu helfen.“

„Wenn ich Ihre Hilfe will, werde ich Sie darum bitten.“

„Ja, Madam.“

„Und hören Sie auf, mich so zu nennen.“

„Wie soll ich Sie denn anreden?“

„Überhaupt nicht. Kümmern Sie sich um Ihre Arbeit.“

„Mein Gott. Auf den Mund gefallen sind Sie wirklich nicht.“ Lachend kehrte er zu seinen Blumenbeeten zurück.

Sie schaute ihm nach und musste zugeben, dass sein muskulöser Rücken schon eine gewisse aufreizende Wirkung auf sie hatte. Vielleicht war sie doch ein wenig zu unfreundlich gewesen. Wahrscheinlich war er ein netter Typ. Für ihren Geschmack allerdings zu nett. Keine Tattoos, kein Piercing. Mit seinen kurz geschnittenen Haaren hätte er Reklame für den anständigen netten Amerikaner, den Traum einer jeden Schwiegermutter, machen können.

Genau der Typ, der ihrer Mutter gefallen hätte. Mom stand auf höfliche, anständige Männer. „Auf einen anständigen Mann kannst du dich immer verlassen“, pflegte sie zu sagen.

Aber wie langweilig waren solche Männer doch im Vergleich zu einem Elvis-Imitator, einem einäugigen Pizzalieferanten oder einem Mann, der seinen Lebensunterhalt als Kläranlagentaucher verdiente? War das Leben nicht zu kurz, um sich mit Langweilern abzugeben?

Von dem Ficus mochte sie sich nicht trennen. Ihre Mutter hatte ihn ihr irgendwann einmal geschenkt.

Mom hatte ihr viele praktische und nützliche Dinge geschenkt. Vor allem aber hatte sie ihr immer mit Rat zur Seite gestanden. Den Lucy allerdings meistens in den Wind geschlagen hatte. Wie oft hatte ihre Mutter ihr gesagt: „Sei nicht so ungeduldig. Irgendwann wirst du eine gute Arbeit finden. Du musst nur zeigen, was du kannst, und immer die Augen offen halten. Dann wirst du auch irgendwann den Mann finden, der dich glücklich macht.“

Aber was konnte Lucy dafür, dass die Männer, die ihr gefielen, nichts von der Ehe hielten?

Ihre Mutter hatte mit zwanzig geheiratet, mit fünfundzwanzig Lucy bekommen und gearbeitet, bis ihre Krankheit dies nicht mehr zugelassen hatte. Solch ein Leben entsprach nun wirklich nicht dem, was Lucy sich für sich selbst erträumte.

Als sie einen weiteren Stapel Kleidung und den Ficus zum Auto trug, stellte sie fest, dass der Gärtner verschwunden war. Typisch! Ein Mann, der sich wirklich für ein Mädchen interessierte, hätte nicht so schnell aufgegeben. Doch jetzt wühlten zwei Frauen in ihren Sachen herum. Eine begutachtete gerade eine Lampe, die Lucy von ihrer Tante geerbt hatte. „Ich gebe Ihnen fünf Dollar dafür.“

„In Ordnung.“

„Und wie viel wollen Sie für diese Tupperdose?“

„Auch fünf Dollar.“

In kürzester Zeit hatte Lucy das Sofa, zwei Küchenstühle, einen nicht funktionierenden Toaster und einen Mixer verkauft. Im Nu verfügte sie über mehr als hundert Dollar in bar.

Tut! Tut! Tut! Sie schaute auf und fühlte, wie sich ihr Magen beim Anblick des wohlbekannten blauen Pickups verkrampfte. Ihr Vater reckte sich aus dem herabgelassenen Fenster. „Hallo, mein Mädchen. Warum hast du mir nicht gesagt, dass du einen Straßenflohmarkt veranstaltest?“ Ihr Vater hatte dichtes graues Haar, das er seit seiner Entlassung aus der Armee im Jahre 1969 kurz geschoren trug.

Sie stopfe das Geld in ihre Tasche und ging widerstrebend zu ihm hinüber. „Das ist eigentlich kein Flohmarkt, Dad.“

Er musterte die beiden Männer, die gerade Lucys Couch wegtrugen. „Du verkaufst dein Sofa?“

Lucy tat, als hätte sie seine erstaunte Frage nicht gehört. „Was machst du hier, Dad?“

„Ich wollte dich mal wieder zu einem anständigen Essen einladen.“

Seit ihre Mutter im letzten Jahr gestorben war, hatte ihr Vater sie in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen zum Essen eingeladen. Es war wohl nicht nur die Sorge um ihre Gesundheit, die ihn dazu veranlasste. Lucy wusste, dass er sich seit dem Tode seiner Frau sehr einsam fühlte.

„Wenn du keinen Flohmarkt veranstaltest, was machst du dann?“

Lucy starrte zu Boden. „Man hat mich rausgeworfen.“

Die befürchteten Vorwürfe blieben aus. Ihr Vater schwieg.

Als das Schweigen unerträglich wurde, sah sie ihn forschend an. „Ist alles in Ordnung mit dir, Dad?“

Er seufzte. „Ich habe heute Morgen ein paar Sachen deiner Mutter durchgeschaut.“

Mitfühlend berührte sie seinen Arm. „Oh, Daddy.“ Aber wie konnte man jemanden trösten, der den Menschen verloren hatte, den er mehr als dreißig Jahre seines Lebens geliebt hatte?

„Im Gartenhaus liegen und stehen noch so viele Dinge von ihr herum“, erwiderte er. „Blumenzwiebeln und Pflanzen. Und all ihre Gartenbücher. Was soll ich damit machen?“

Lucys Mutter war eine leidenschaftliche Gärtnerin gewesen. Zu ihrem allergrößten Bedauern hatte sie ihren grünen Daumen jedoch nicht an ihre Tochter vererbt.

„Ich hatte gehofft, du würdest mitkommen und mir ein bisschen helfen“, fuhr ihr Vater fort.

„Sicher. Natürlich mache ich das.“ Nachdenklich betrachtete sie das, was von ihren Besitztümern übrig geblieben war. Sie würde für ein paar Tage bei einer ihrer Freundinnen unterkriechen müssen. „Wie wär’s mit nächster Woche?“

Ihr Vater öffnete die Wagentür und stieg aus. „Komm schon. Ich helfe dir mit dem Rest. Du kannst bei mir einziehen.“

„Ich weiß nicht, Dad. Ich will dir nicht zur Last fallen.“

„Wohin willst du denn sonst gehen?“ Energisch ergriff er ihre Sachen und lud sie auf seinen Wagen.

Mit hängenden Schultern folgte sie ihrem Vater. Sie hatte ihre Arbeit verloren, ihre Wohnung war geräumt worden, und jetzt zog sie wieder zu Hause ein. Es stimmte, aller schlimmen Dinge sind drei.

Greg Polhemus betrachtete mit Stolz die kleine Messingplakette an der Wand, die er als bester Aussteller der alljährlichen Kunsthandwerkermesse verliehen bekommen hatte.

„Dein Vater wäre so glücklich darüber gewesen.“ Marisel, die Gärtnerin aus Guatemala, die seit vielen Jahren schon hier arbeitete, schaute ihn liebevoll, fast mütterlich an.

„Wahrscheinlich würde er mir vorwerfen, bei all der vielen Arbeit, die es hier zu erledigen gibt, meine Zeit mit Schnickschnack zu vertrödeln.“ Greg stellte sich seinen Vater vor, wie er mit krauser Stirn vor ihm stehen und ihm Vorhaltungen machen würde, während seine Augen den Stolz auf seinen Sohn nicht verleugnen könnten. Nie hätte er gedacht, dass er seinen Vater je so sehr vermissen würde.

Marisel spießte einen Stapel Auftragszettel auf die Spindel neben der Kasse. „Es ist Freitagabend und schon nach sechs. Was machst du hier noch?“

„Was mach ich denn wohl? Ich arbeite. Ich muss mich um die Rechnungen kümmern.“

„Du solltest jemanden einstellen, der sich um den Papierkram kümmert. Du kannst doch nicht alles selbst machen.“

Greg lachte. „Du willst doch wohl nicht in die Fußstapfen meines Vaters treten und an mir herummeckern?“

Marisel runzelte die Stirn. „Ein gut aussehender junger Mann wie du sollte sich amüsieren, tanzen gehen und sich mit hübschen Mädchen treffen.“

Wenn das so einfach wäre. Er hatte keine Lust, alleine an irgendeiner Bar herumzuhängen. Denn die Freunde, mit denen er früher immer zusammen gewesen war, waren entweder verheiratet, hatten Kinder oder befanden sich noch in der Ausbildung, lebten in Wohngemeinschaften und ernährten sich von Bier und Fastfood. Er steckte irgendwo dazwischen. Er hatte ein eigenes Haus und einen Betrieb, um den er sich kümmern musste, doch keine Familie, mit der er sein Leben teilte.

Er musste an die junge Frau von heute Morgen denken. Die man auf die Straße gesetzt hatte. Die meisten Frauen, die er kannte, wären angesichts dieser öffentlichen Demütigung in Tränen aufgelöst gewesen. Aber diese hatte sich weder vom Hausmeister etwas gefallen lassen, noch hatte sie seine Hilfe angenommen. Im Gegenteil. Wie eine Giftschlange war sie auf ihn losgegangen.

Sie hatte recht. Es ging ihn nichts an. Aber wie sie da so mutterseelenallein am Straßenrand neben ihren Habseligkeiten gestanden hatte, hatte er ihr einfach helfen wollen. Er hatte gespürt, dass sie sein Angebot aus gekränktem Stolz zurückgewiesen hatte und nicht, weil sie wirklich wütend auf ihn gewesen war. Schade, dass er keine Gelegenheit haben würde, sie näher kennen zu lernen.

Natürlich könnte er Kopetsky nach ihrem Namen fragen. Aber was für einen Sinn hätte das? Außerdem hatte er nicht die Zeit, diese geheimnisvolle Frau aufzuspüren.

„Du solltest ausgehen und dich mit einer netten Dame treffen.“

„Ich treffe viele nette Damen. Erst heute Morgen habe ich bei den Lawson-Schwestern ein neues Rosenbeet angelegt. Und Margery Rice ruft mich mindestens einmal die Woche an, um mich einzuladen.“

Marisel verzog das Gesicht. „Die Lawson-Schwestern sind mindestens so alt, dass jede von ihnen deine Großmutter sein könnte. Und Margery Rice sollte sich schämen. Eine verheiratete Frau!“

„Ach, ich nehme sie doch nicht ernst.“ Greg blätterte die Rechnungen durch. Margery Rice war eine gut gebaute Vierzigjährige, die ihm zu verstehen gegeben hatte, dass sie nichts dagegen hätte, wenn er – wann immer er wollte – seine Schuhe unter ihr Bett stellte. Natürlich hatte er nicht die Absicht, ihre Einladung anzunehmen. Wenngleich es lange her war, dass eine Frau seine Laken gewärmt hatte. Marisel hatte schon recht. Er musste sich mehr bemühen.

„Ich verspreche, auszugehen und mich nach schönen Frauen umzusehen, sobald die Kunsthandwerksmesse vorbei ist und ich den Auftrag der Firma Allen Industries an Land gezogen habe.“

„Die Firma wäre gut beraten, dein Angebot anzunehmen. Aber schon dein Vater hat viele Jahre immer wieder versucht, an diesen Auftrag zu kommen. Immer ohne Erfolg.“ Sie schüttelte den Kopf. „Das zeigt, dass diese Leute nicht besonders intelligent sind.“

Greg nickte. Es stimmte, dass sein Vater sich jahrelang vergeblich um einen Auftrag dieser Firma bemüht hatte. Aber in diesem Jahr würde Greg alles daransetzen, um endlich Erfolg zu haben. „Sie müssen mein Angebot akzeptieren. Die Pläne, die ich ihnen vorgelegt habe, entsprechen genau ihren Vorstellungen. Außerdem bin ich preislich nicht zu schlagen.“

„Aber du kannst doch nicht deine ganze Zeit nur damit verbringen, perfekte Arbeit zu leisten. Wo bleibt dein Privatleben? Du bist viel zu jung, um dich zu verkriechen.“ Sie drohte ihm mit dem Finger, fast so, wie sein Vater es zu tun pflegte.

„Zu Befehl, meine Dame.“ Es fiel ihm schwer, nicht lauthals loszulachen.

„Lach du nur. Aber die Frau, die zu dir passt, wird nicht einfach so vom Himmel fallen.“

„Vielleicht finde ich sie ja eines Tages hinter einem Rosenbusch, wo sie sich versteckt hat. Mein Vater hat immer gesagt, die besten Dinge im Leben kann man nur in einem Garten finden.“

„Dabei hat er wahrscheinlich nicht an Frauen gedacht.“

„Wer weiß das schon?“ Greg schob die Rechnungen in eine Schublade. „Komm, Marisel. Auf meinem Weg nach Hause setze ich dich vor deiner Haustür ab.“

„Das ist nicht nötig. Ich kann auch den Bus nehmen.“

Er legte einen Arm um ihre Schultern. „Komm schon. Es könnte ja sein, dass du unterwegs Frauen entdeckst, die zu mir passen könnten. Die zeigst du mir dann.“

„Du bist mir ein Schlingel, Greg Polhemus.“

„Ich weiß, aber ich werde mich bessern.“

Lachend verließen sie die Gärtnerei.

2. KAPITEL

Lucy konnte noch immer nicht fassen, dass sie, die starke, unabhängige junge Frau, für die sie sich selbst hielt, tatsächlich wieder in ihr Elternhaus zurückgekehrt war. Nachdenklich schaute sie sich in ihrem alten Kinderzimmer um, in dem sich seit ihrem Auszug nichts verändert zu haben schien. Damals hätte sie sich nicht vorstellen können, jemals wieder hier einzuziehen.

Seufzend ließ sie sich auf ihr Bett fallen. Das wirkliche Leben war anders, als sie es sich in ihren Teenagerträumen vorgestellt hatte.

„Lucy! Wo bist du?“

„Hier. In meinem Zimmer.“

Ihr Vater erschien in der Tür, den Ficus im Arm. „Das Bäumchen hier war das Letzte. Die anderen Sachen habe ich schon alle ins Haus gebracht.“

„Danke, Dad.“

Ihr Vater setzte sich ans Fußende des Bettes. „Wo arbeitest du eigentlich zurzeit?“

„Ich … ich arbeite noch immer mal hier, mal da. Bis ich etwas Festes gefunden habe.“

„Ich habe dich doch nicht aufs College geschickt, damit du Aushilfsjobs erledigst.“

„Ich habe ein Diplom in englischer Literatur. Houston ist voll von Leuten, die auch so ein Diplom haben und in Restaurants und Bars als Bedienung arbeiten. Wer braucht schon jemanden, der Thomas Wolfe oder Emily Dickinson interpretieren kann?“

„Was hältst du davon, wenn ich mal im Personalbüro meiner Firma nachfragen würde?“ Dad war Elektriker. „Die haben vielleicht eine Lehrstelle für dich. Möglicherweise lernst du da vielleicht sogar einen netten jungen Mann kennen.“

„Ich will aber keinen netten jungen Mann kennenlernen .“

„Ich weiß. Du stehst auf andere Typen.“

Lucy schüttelte den Kopf. Sie lächelte ihren Vater an. „Ich will überhaupt keinen kennenlernen .“ Auf jeden Fall niemanden, den ihr Vater toll fand.

Besorgt musterte er sie an. „Gibt es da etwas, das du mir mitteilen möchtest, mein Kind?“

„Wie meinst du das?“

„Na ja, du sagst, Männer interessieren dich nicht. Willst du damit andeuten, dass du dich für Frauen interessierst?“

Ungläubig starrte sie ihren Vater an. „Um Gottes willen, nein!“

„Es würde mir nichts ausmachen. Auch wenn ich es nicht verstehen würde. Aber …“

„Ich bin nicht lesbisch!“ Sie spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. Sie stand auf und begann, ihre Sachen einzuräumen. Als sie die Schranktür öffnete, schlug ihr der Duft des Lieblingsparfüms ihrer Mutter entgegen.

„Was machen Moms Kleider in meinem Schrank?“

Das Bett knarrte, als ihr Vater aufstand. „Als du ausgezogen bist, hat sie nach und nach einige ihrer Sachen hier reingehängt.“ Er räusperte sich. „Irgendwie bin ich noch nicht dazu gekommen, sie auszusortieren. Ich kann sie auf den Boden bringen.“

„Nein, lass nur. Da ist noch genügend Platz für meine Sachen.“

Nachdenklich betrachtete sie ihre kurze rote Lederjacke, wie sie jetzt so einträchtig neben den dezenten Kleidern ihrer Mutter hing. Ihrer Mutter hatte die Jacke nie gefallen.

„Dann werde ich mal in der Firma anrufen“, riss Dad sie aus ihren Gedanken.

„Ich möchte aber nicht Elektriker werden.“

„Warum nicht? Das ist gute, ehrliche Arbeit. Immerhin hat sie viele Jahre dafür gesorgt, dass du ein Dach über dem Kopf und immer etwas zu essen hattest.“

Lucy verdrehte die Augen. Daran hatte sie nicht gedacht. So lange sie mietfrei bei ihrem Vater wohnte, würde sie sich sein Gerede wohl oder übel anhören müssen. Das war nun einmal der Preis, den sie zu zahlen hatte.

Betont auffällig sah sie auf ihre Uhr. „Mein Gott! Schon so spät. Wird Zeit, dass wir uns ums Abendessen kümmern.“

„Ich gehe noch weg.“ Er wandte sich zur Tür. „Ich muss mich beeilen. Sonst komme ich noch zu spät.“

Sie folgte ihm in den Flur. Sie war den ersten Abend wieder zu Hause, und ihr Vater ging aus? „Wollten wir heute Abend nicht das Gewächshaus aufräumen?“

„Mach du das, mein Kind. Ich habe eine Verabredung.“ Er verschwand im Badezimmer am Ende des Flures.

Ihr Vater ging aus? Achselzuckend lief sie in die Küche und öffnete den Kühlschrank: eine angebrochene Packung Milch, ein Stück schimmliger Käse, ein Zwölferpack Bier. Im Schrank entdeckte sie noch ein paar Cracker, eine Dose Tomatensuppe und ein Glas Erdnussbutter.

Als ihr Vater aus dem Badezimmer kam, duftete er nach Rasierwasser. Er hatte den Jogginganzug gegen gebügelte Jeans und ein gestreiftes Westernhemd eingetauscht. Seine Stiefel waren frisch poliert. „Wie findest du mich?“, fragte er.

„Seit Tante Ednas dritter Hochzeit hast du dich nicht mehr so schick gemacht.“ Langsam dämmerte es ihr. „Du triffst dich mit einer Frau?“

Er strahlte übers ganze Gesicht. „Ja. Warte nicht auf mich.“ Er küsste sie auf die Wange und eilte davon.

Lucy ließ sich auf einen Stuhl fallen. Ihr Vater? Eine Verabredung? Mom war doch gerade einmal ein Jahr tot. Gestern noch war er der trauernde Witwer gewesen, und heute takelte er sich auf und sagte ihr, sie brauche nicht auf ihn zu warten.

Wer war diese Frau überhaupt? Wahrscheinlich irgend so ein Flittchen, das er in irgendeiner Kneipe kennen gelernt hatte. Dreißig Jahre lang war er mit ihrer Mutter verheiratet gewesen – wieso trieb er sich jetzt mit anderen Frauen herum?

Zwar musste sie zugeben, dass ihr Vater ein erwachsener Mann war und das gute Recht hatte, abends auszugehen, aber er war schließlich ihr Vater. Väter hatten keine Verabredungen. Nun ja, einige vielleicht. Aber doch nicht ihr Vater.

Und was die Sache noch schlimmer machte: Es war Freitagabend, und sie hatte keine Verabredung, sondern war allein zu Haus, während ihr Vater sich amüsierte.

Sie fühlte sich jämmerlich und zerfloss vor Selbstmitleid. Sie öffnete eine Flasche Bier und ging durch die Hintertür zum Gartenschuppen hinüber.

Hier, hinter dem Haus, war das Reich ihrer Mutter gewesen. Hier hatte sie ihre preisgekrönten Rosen angepflanzt. Mehr als dreißig Rosenbüsche in allen erdenklichen Farben gab es zu bestaunen.

Der Gartenschuppen ähnelte einem Spielhaus für Kinder. Mit richtigen Glasfenstern auf beiden Seiten einer leuchtend blau gestrichenen Tür. Hier war ihre Mutter ihrer Lieblingsbeschäftigung nachgegangen. Als Lucy die Tür öffnete, umgab sie sofort der Geruch von Blumenerde, vermischt mit dem Duft des Parfüms, das ihre Muter so sehr geliebt hatte. Lucy verspürte einen Kloß im Hals. Ihr war, als würde ihre Mutter jeden Augenblick erscheinen, mit aufgekrempelten Ärmeln, die Hände schwarz von der Gartenarbeit.

Aber natürlich war sie nicht da. Nur ein Durcheinander von Tontöpfen, Saatpäckchen und Düngestäbchen. Lucy atmete tief durch, bevor sie hineinging. Sie würde hier Ordnung schaffen. Das war das Mindeste, was sie für ihre Mutter tun konnte.

Sie begann damit, die Tontöpfe zu stapeln. Auf einem Regal fand sie in einem alten Schuhkarton Saatpäckchen, die ihre Mutter in alphabetischer Reihenfolge geordnet hatte. Aster, Basilikum … Wahrscheinlich hatten sie in die Blumenbeete ausgesät werden sollen.

Unter den Päckchen entdeckte sie ein Notizbuch. Gartenplaner war in Goldschrift zu lesen. Sie lächelte, als sie das Geschenk wiedererkannte, das sie vor Jahren ihrer Mutter zu Weihnachten gemacht hatte.

Autor

Cindi Myers
Cindi Myers hat ein paar feste Überzeugungen: Liebe auf den ersten Blick gibt es wirklich; gute Schokolade und kühler Champagner passen fast immer; Leuten, die keine Tiere mögen, ist nicht zu trauen, und Gott muss ziemlich viel Humor haben. Außerdem ist sie davon überzeugt, dass es keinen besseren Job gibt,...
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