Zum zweiten Mal von dir verzaubert

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Unsterblich war Lainie damals in J.J. Cooper verliebt - mit zwölf! Jahre später sieht sie ihn, inzwischen ein weltbekannter Skirennfahrer, auf einer Party wieder. Ein Tanz mit ihm und sein Abschiedskuss lassen ihr Herz schneller schlagen. Und plötzlich ist J.J. Teil ihres Lebens: Ausgerechnet in Lainies Heimatort kuriert er eine Sportverletzung aus. Als er sich nicht nur für ihr Wohlfahrtsprojekt einsetzt, sondern ihr auch ein traumhaftes Mondsteincollier schenkt, glaubt sie, dass er es ernst mit ihr meint - bis sie beobachtet, wie er eine schöne Fremde zärtlich küsst ...


  • Erscheinungstag 19.11.2007
  • Bandnummer 1602
  • ISBN / Artikelnummer 9783862959174
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Kristin Hardy

BIANCA erscheint 14-täglich im CORA Verlag GmbH & Co. KG, 20354 Hamburg, Valentinskamp 24

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Redaktion und Verlag:

Postfach 301161, 20304 Hamburg

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Anzeigen:

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© 2006 by Chez Hardy LLC

Originaltitel: „Under His Spell“

erschienen bei: Silhouette Books, Toronto

in der Reihe: SPECIAL EDITION

Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe: BIANCA

Band 1602 (26/1) 2007 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

Übersetzung: Michaela Rabe

Fotos: Corbis

Veröffentlicht als eBook in 07/2011 - die elektronische Version stimmt mit der Printversion überein.

ISBN: 978-3-86295-917-4

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

eBook-Herstellung und Auslieferung:

readbox publishing, Dortmund

www.readbox.net

Der Verkaufspreis dieses Bandes versteht sich einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

JULIA, BACCARA, ROMANA, MYSTERY, MYLADY, HISTORICAL

www.cora.de

PROLOG

Juli, Crawford Notch in New Hampshire

Der Blick vom Gipfel des Berges war wirklich atemberaubend. J.J. Cooper stieß sich ab und sauste den steilen Abhang hinunter, nicht auf Skiern diesmal, nicht über Schnee und Eis, sondern mit seinem Mountainbike. Adrenalin strömte durch seine Adern.

Er liebte das Risiko.

Schnelle Wagen zu fahren hatte er nie besonders verlockend gefunden. Grandiose Natur, voller Körpereinsatz, so wenig Ausrüstung wie möglich, das waren die Zutaten, die er für die Herausforderung brauchte.

Der Wind zerzauste ihm das blonde Haar, in das die nordamerikanische Sommersonne helle Strähnen gebleicht hatte. J.J. bog auf eine neue Piste ein, die nach seinen Vorgaben angelegt worden war. Direktor des Hotel Mount Jefferson Ski Resort – kein schlechter Job für einen Weltcup-Skifahrer in der Nebensaison. Jetzt musste er sein Werk nur noch testen.

J.J. steuerte eine Kuppe an, hob ab und landete mit einem wuchtigen Aufprall, den die graphitschwarze Federgabel nicht ganz abfing. Sekundenlang schlingerte er gefährlich auf der steilen Spur, dann hatte er das Mountainbike wieder unter Kontrolle.

In solchen Momenten fühlte er sich lebendig!

Hier ging es nicht darum, sich in jeder Minute des Tages auf den entscheidenden Abfahrtslauf vorzubereiten, sondern er tat etwas allein aus Spaß am Kick. Die ersten Sommermonate waren wie Ferien. Das bedeutete nicht, dass er nicht trainierte. Er trainierte ständig, aber in dieser Sommeridylle brauchte er dazu nicht im Fitnessraum zu schwitzen. An der frischen Luft in den Bergen zu laufen und zu wandern oder Rad zu fahren brachte genauso viel.

Nein, ausruhen durfte er sich nie, nicht wenn er stahlharte Muskeln und Sehnen brauchte, um mit neunzig Meilen die Stunde die Tore zu umfahren. Es machte ihm nichts aus, sich bis an den Rand der Erschöpfung zu verausgaben. Er hatte trotzdem seinen Spaß. Und darum ging es schließlich, oder? Sein Leben als Spitzensportler würde erst enden, wenn er nicht mehr diese Lust an der Gefahr, an Höchstleistungen spürte. Dann musste er sich aus dem aktiven Sport zurückziehen.

Gut, dass es noch längst nicht so weit ist, dachte er. Ein Leben ohne Wettkampf schien ihm unvorstellbar. Zwar war er vor ein paar Jahren dreißig geworden, aber er konnte sich unter den Weltbesten behaupten. Die Leute, die davon redeten, er solle sich zur Ruhe setzen, waren nicht ganz dicht. Beim letzten Weltcup war er Zweiter geworden, die Jahre davor hatte er ihn gewonnen. Nicht zu vergessen die Goldmedaille in Turin, wohl kaum die Bilanz eines alternden Skisportlers, oder?

J.J. verscheuchte den Gedanken und nahm die Böschung vor ihm in Angriff, riss das Rad herum, spürte den Ruck in Schultern und Armen. Tempo, Risiko, das reizte ihn. Heute unter den warmen Strahlen der Julisonne in New Hampshire, in vierzehn Tagen auf vereisten Pisten in Neuseeland und anschließend in einem Camp in Chile. Übungsläufe, Geschwindigkeitstraining. All das, während andere sich die Sommersonne auf den Pelz brennen ließen. Ein Weltcup-Skiläufer lebte für den Winter, und wenn der nicht zu ihm kam, fuhr er dorthin, wo Winter war.

Vor ihm kreuzte ein Wassergraben die Piste, eine Drainagerinne für die regnerischen Monate und die Schneeschmelze. J.J. grinste breit und hielt genau darauf zu.

Keine Minute später wurde er von seinem Rad getrennt und flog durch die Luft. Zum Glück habe ich keine neunzig Sachen drauf, war sein letzter Gedanke, bevor er aufprallte …

Gabriel Trask, von allen nur „Gabe“ genannt, sah auf das Klemmbrett und versuchte, sich zu konzentrieren, während die Bulldozer mit ohrenbetäubendem Lärm die letzten Yards der neuen Skipiste planierten.

Ein hundert Jahre altes Luxushotel zu führen und gleichzeitig eine Wintersportanlage zu modernisieren, kostete Nerven, Zeit und Geld. Trotzdem lag er im Plan. Wenn J.J. an den Verbesserungen nichts mehr auszusetzen hatte, war alles in Ordnung. Das Hotel Mount Jefferson in Verbindung mit einem Wintersport- und Erholungsgebiet – in ganz New Hampshire würde man nichts Vergleichbares finden.

„Ich habe gute und schlechte Nachrichten“, ertönte eine Stimme hinter ihm.

Gabe schaute über die Schulter. Sein Freund J.J. hatte ein seltsames Grinsen auf seinem Sonnyboy-Gesicht. „Was hast du jetzt wieder angestellt?“, fragte er und beugte sich über seine Notizen.

„Die gute Nachricht ist, dass die Piste oben okay ist.“

„Und die schlechte?“ Gabe blickte wieder auf. J.J. stand da, hielt mit der rechten sein Mountainbike, während der linke Arm herunterhing. Merkwürdig, fast als …

„Die schlechte ist, dass du mir jetzt was schuldest für all die Male, als ich dich gefahren habe, als wir noch auf der Highschool waren.“ J.J. klang angespannt.

„Wieso, soll ich dich nach Hause bringen?“

„Nein, in die Klinik.“ Er lächelte verzerrt. „Ich glaube, ich habe mir die Schulter ausgekugelt.“

1. KAPITEL

August, Salem in Massachusetts

„Zwei hübsche Melonen haben Sie da, Lady.“

Lainie Trask blickte von den Früchten zum Obsthändler und hielt sie ein Stück höher. Ihre dunklen Augen blitzten übermütig. „Da haben Sie recht.“

„Ein Dollar für beide. Ein besseres Angebot kann ich Ihnen nicht machen.“

Lainie reichte ihm einen Schein und verstaute die Cantaloupe-Melonen in ihrer Segeltuchtasche. „Und ich dachte, ich hätte schon zwei hübsche Melonen“, flüsterte sie ihrer Freundin Liz zu.

Liz warf einen bedeutungsvollen Blick auf ihre Brüste und wandte sich ab, ehe sie antwortete: „Eher Guaven, würde ich sagen.“

Lainie lachte und strich sich das glänzende schwarze Haar aus dem Gesicht, ehe sie weiterging. Lärm, verlockende Gerüche und paradiesische Farben prägten den Wochenmarkt von Salem. Tische und Karren bogen sich unter der Last der Körbe, die mit knallroten Tomaten, sonnengelben Zitronen, grünen Zucchini und exotischen Kiwis gefüllt waren.

„Jakobsmuscheln, direkt vom Boot! Hallo, Lainie.“

„Hi, Pete.“ Sie blieb stehen und betrachtete die Meeresfrüchte, die in der mit Eis gefüllten Holzkiste lagen. „Ganz frisch, wie?“

Der Fischhändler mit dem wettergegerbten Gesicht zwinkerte ihr zu. „Frischer geht’s nicht, sonst würden sie dich beißen.“

Lainie grinste und sah Liz an. „Wollen wir heute Abend Muscheln essen?“

Die schüttelte den Kopf. „Ich würde lieber ausgehen, falls es hier was Vernünftiges gibt.“

„Am Highway ist ein McDonald’s. Was hältst du davon, wenn wir uns mit Chicken McNuggets vollstopfen? Tut mir leid, Pete.“ Sie lächelte ihm zu. „Nächstes Mal. Komm, Liz, lass uns einen Kaffee trinken.“

„Chicken McNuggets“, murrte Liz, während sie ihren Weg fortsetzten. „Weißt du, dass der Besitzer des Tremolo nur zwei Straßen von meiner Wohnung entfernt ein neues Restaurant eröffnet hat? Mit einer Riesenauswahl kleiner Köstlichkeiten und einer sechs Seiten langen Cocktailkarte? Du hättest mich besuchen sollen statt umgekehrt.“

„Du warst dran mit Fahren“, betonte Lainie. „Außerdem habe ich keine Lust, nach Boston zu gondeln.“

„Dann zieh nach Boston. Warum lebst du überhaupt noch hier in Sibirien?“

„Salem“, berichtigte Lainie und lotste die Freundin vom Markt weg auf die Hauptstraße.

„Salem, Sibirien … wo ist der Unterschied? Beides liegt im Norden, und es ist kalt.“

„So weit nördlich nun auch wieder nicht.“

„Weit genug. Du gehörst nicht hierher. Was für ein Leben hast du hier schon?“

„Mein Leben ist völlig in Ordnung.“ Und es gefiel ihr von Tag zu Tag mehr.

„Ach, tatsächlich? Wann hattest du dein letztes Date?“

Lainie warf ihr einen finsteren Blick zu. „Fang nicht an wie meine Eltern. Es ist nicht meine Schuld. Die meisten, die ich kenne, sind verheiratet.“

„Natürlich sind sie das. Du hast es nur falsch angefangen. Erst verliebt man sich, dann heiratet man, und dann erst zieht man nach Sibirien.“

Lainie verdrehte die Augen. „Tschuldigung, die Stelle im Handbuch muss ich überlesen haben. Egal, ich weiß ja nicht mal, ob ich mich mit einem Mann verabreden will“, fügte sie mürrisch hinzu.

„Willst du nicht?“

„Sei ehrlich, meistens ist es furchtbar langweilig. Man sitzt sich gegenüber, versucht, ein Gespräch in Gang zu bringen und herauszufinden, was man gemeinsam hat, während man sich insgeheim fragt, warum man sich überhaupt auf das Treffen eingelassen hat. Da bleibe ich lieber zu Hause und sehe mir einen guten Film an.“

„Zu zweit ist fernsehen netter. Mit einem Kerl, der den Arm um dich legt, meine ich.“

„Was kann ich dafür, wenn mich nie einer fragt, ob wir ausgehen wollen?“

„Vielleicht verunsicherst du sie.“

„Liegt das an meinen sechs Nobelpreisen oder an meinem siebenstelligen Jahreseinkommen?“

„Ha, ha. Nein, es ist, weil … weil du eben du bist. Machen wir uns nichts vor, du hältst mit deiner Meinung selten hinter den Berg.“

„Versuch das mal in meiner Familie, und du kommst im Leben nicht zu Wort. Also sage ich, was ich denke. Ist das etwa ein Verbrechen?“

„Nein, aber den Durchschnittsmann schüchterst du damit nur ein. Warum richtest du dich nicht ein bisschen danach?“

Lainie blickte sie entgeistert an. „Was ist aus dem guten Rat Sei du selbst geworden? Sollte ein Mann mich nicht lieben, wie ich bin?“

„Kann er wohl kaum, wenn du ihn verscheuchst, bevor er dich richtig kennengelernt hat.“

„Vergiss es.“ Wenn sie das zarte Weibchen spielen musste, damit ein Mann sich für sie interessierte, dann eben nicht. Das war ihr zu anstrengend.

Liz ließ nicht locker. „Ich kenne ein paar nette Jungs, die ich dir vorstellen könnte, aber du wohnst zu weit weg.“

„Du meine Güte, von mir zu dir sind es höchstens fünfundvierzig Minuten.“

„So wie du fährst, vielleicht. Ich brauche eine Stunde. Männer sind bequem, sie wollen jemanden direkt vor ihrer Nase. Wann ziehst du um?“

„Wenn es an der Zeit ist“, antwortete sie achselzuckend.

„Wann ist es an der Zeit?“, konterte Liz spöttisch. „Das sagst du seit vier Jahren.“

„Na schön, also wenn ich in Boston einen Job finde.“

„Hast du schon gesucht?“

„Museumsposten liegen nicht auf der Straße, aber ich halte die Augen offen.“ Sie blieb vor einem Coffeeshop stehen. Cool Beans prangte auf dem Schild mit der dampfenden Kaffeetasse.

„Sieh mal einer an, wen haben wir denn da?“, begrüßte sie der grauhaarige Mann hinter dem Tresen.

Lainie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. „Hi, George.“

„Du musst einen sechsten Sinn haben. Gerade eben habe ich einen Blaubeerkuchen aus dem Ofen gezogen.“

„Mir läuft das Wasser im Mund zusammen.“ Sie seufzte verzückt.

„Kann gleich losgehen“, versprach er. „Übrigens fangen wir nächstes Wochenende mit dem neuen Projekt an. Bist du dabei?“

„Habe ich dich jemals im Stich gelassen?“

„Bisher nicht.“ George griff nach einem Teller. „Deine Freundin?“

„Ja.“ Lainie grinste. „Das ist Liz aus Boston. Wir haben uns auf dem College ein Zimmer geteilt.“

„Lainies Freunde sind auch meine Freunde“, sagte er und nickte Liz zu. „Was kann ich Ihnen anbieten, junge Frau?“

„Ein Stück vom Blaubeerkuchen und einen Mokka, wenn Sie haben.“

„Wir haben alles, wo Kaffee drin ist.“ Mit geübten Bewegungen bereitete er einen Espresso zu, füllte ihn mit geschäumter Milch und einem Schuss Schokoladensirup auf.

„Fragst du mich gar nicht, was ich trinken möchte?“ Lainie tat beleidigt.

George stellte eine volle Tasse auf den Tresen und einen Teller mit Kuchen dazu. „Ich weiß schon, was du willst.“

„Heirate mich, George.“

„Du bist zu teuer.“ Er zwinkerte ihr zu. „Was du an Kaffee konsumierst, kann ich mir nicht leisten.“

„Der Kuchen war himmlisch!“ Liz strich sich zufrieden über den Bauch, während sie die Uferpromenade entlanggingen, vorbei an Fischerbooten und Segelyachten.

„Siehst du, Salem hat auch etwas Gutes.“

Etwas ist das entscheidende Wort. Gib’s zu, im Herzen bist du ein Kleinstadtmädchen.“

„Das ist nicht wahr“, protestierte Lainie. „Die Zeiten sind vorbei.“ Sie hatte dem beschaulichen Eastmont in Vermont, wo sie aufgewachsen war, schon lange den Rücken gekehrt und würde eines Tages in einer Großstadt leben.

Sobald sie es sich finanziell erlauben konnte.

Dass sie Boston bei ihren letzten Besuchen laut und hektisch gefunden hatte, konnte nur ein dummer Zufall sein. „Ich werde mir wirklich einen anderen Job suchen“, sagte sie mehr zu sich selbst als zu ihrer Freundin.

„Wird auch höchste Zeit.“ Liz starrte wie gebannt auf ein Boot in der Nähe, wo ein junger Mann in Jeans mit nacktem, muskulösem Oberkörper das Hauptsegel setzte. „Lecker. Meinst du, Herkules dreht mit uns eine Runde, wenn wir ihn ganz nett bitten?“

Lainie grinste. „Benimm dich, Mädchen, der geht noch zur Schule.“

„Woher weißt du das?“

„Weil ich seine Eltern kenne.“

Liz stöhnte auf. „Kennst du jeden in dieser Stadt?“

„Fast. Und falls du nicht ins Gefängnis willst, solltest du die Finger von Jared lassen. Zumindest, bis er achtzehn ist.“

„Von hier aus sieht er älter aus.“

„Das liegt an deinen Augen.“ Lainie klopfte ihr auf die Schulter. „Komm, wir haben noch etwas zu erledigen, bevor wir die Füße hochlegen können.“ Sie steuerte auf die Ladenmeile zu. „Ich muss Geschenke kaufen. Mein Cousin Gabe heiratet demnächst, und am Wochenende feiern er und seine Liebste Abschied vom Junggesellendasein.“

„Ich dachte, ich soll dich besuchen, um ein bisschen Spaß zu haben, nicht um deine Besorgungen zu erledigen.“

„Aber das macht doch Spaß. Hast du eine Idee?“

„Geschirrtücher“, murrte Liz.

„Zu langweilig.“

„Kerzenleuchter?“ Liz zog die Tür zu einem Kunsthandwerkgeschäft auf.

„Und du nennst mich kleinstädtisch.“ Lainie schüttelte den Kopf, drückte die Tür wieder zu und marschierte mit einer einladenden Handbewegung auf eine Kunstgalerie zu.

„He, es ist dein Cousin, was habe ich damit zu … Die Hexe von Salem?“ Wie angewurzelt blieb sie vor einer Geschenkboutique stehen und starrte auf den dunklen Schriftzug gotischer Buchstaben. „So etwas wie ein Maskottchen der Stadt?“

Lainie seufzte und kehrte um. „Sicher, von Zeit zu Zeit taucht sie hier auf.“

„Ihr habt eine offizielle Stadthexe. Sind die Salemer plemplem?“

„Man muss seine Stärken nutzen.“

Liz öffnete die Tür.

„Was hast du vor?“

„Deine Stärken zu nutzen. Vielleicht können wir ein Geschenk für deinen Cousin heraufbeschwören.“

„Es ist ein Werbegag, Liz.“ Lainie folgte ihr widerstrebend. „Du weißt, dass das Zeug nicht wirkt.“

„Was? Du arbeitest im Hexenmuseum und willst mir erklären, dass es keine Hexerei gibt? Bist du nicht kraft deines Amtes Ehrenhexe oder so?“

„Höchstens die Familienhexe.“

„Na, dann musst du dich hier ja wie zu Hause fühlen. Außerdem kann jede Ehe ein bisschen Zauber gebrauchen.“ Liz inspizierte die Regale, begutachtete Kerzen, Kräutermischungen, geheimnisvolle Elixiere und Beschwörungsformeln. „Wie wär’s mit einem Potenzzauber?“

„Ich bin überzeugt, dass Gabe ohne so etwas auskommt.“

„Oh, wirklich?“ Liz bekam leuchtende Augen. „Hat er noch einen Bruder?“

„Zwei, aber du bist ein Jahr zu spät dran. Beide haben die große Liebe gefunden.“

„So ein Pech.“

„Wir könnten dir einen Liebeszauber kaufen.“ Lainie nahm ein Päckchen und las die Bedienungsanleitung. „Du brauchst nur diesen Kräutertee zu kochen, die Kerze anzuzünden und drei Nächte hintereinander nackt im Mondlicht zu tanzen.“

Liz warf ihr einen scharfen Blick zu. „Nackt?“

„Das steht hier.“

„Ich lebe mitten in Boston.“

„Du musst eben schnell fertig werden mit deinem Tanz, sonst wirst du wegen Erregen öffentlichen Ärgernisses eingelocht.“

„Ich habe eine bessere Idee.“

„Was denn?“

Ihre Freundin grinste. „Wir nehmen einen Liebeszauber für dich mit!“

Lainie stöhnte unterdrückt. „Bloß nicht. Das Letzte, was ich gebrauchen kann, ist ein Liebeszauber!“

Al und Carol Trask hatten einen sehnlichen Wunsch: Sie wollten all ihre Kinder irgendwann einmal verheiratet sehen, damit sie eigene Familien gründeten.

Im Prinzip hatte Lainie nichts dagegen, aber es gab gewisse Meinungsverschiedenheiten zwischen ihr und ihren Eltern. Irgendwann einmal, das bedeutete für Lainie, dass sie heiraten würde, bevor sie vierzig wurde. Oder fünfzig, falls notwendig.

Ihre Eltern fanden, dass sie mit sechsundzwanzig endlich daran denken sollte, sich ernsthaft zu binden.

Es passte ihr wunderbar in den Kram, dass Gabe seine Hadley heiratete. Damit hätte sie eine Weile Ruhe vor Anspielungen und Diskussionen. Doch nicht nur deshalb freute sie sich auf die Hochzeitsfeierlichkeiten und nahm gern eine mehrstündige Autofahrt nach New Hampshire in Kauf.

Hadley Stone und sie waren im letzten Jahr gute Freundinnen geworden, und Lainie konnte es kaum erwarten, nach der Party lange und ausgiebig mit ihr zu schwatzen. Außerdem war sie gespannt auf das Skizentrum, das Hadley und Gabe gekauft und renoviert hatten.

Als sie auf den Parkplatz einbog, staunte sie. Verschwunden waren die schäbigen Skihütten, und an ihrer Stelle waren herrliche Konstruktionen aus Glas und Zedernholz entstanden. Auch der viktorianische Landgasthof fristete nicht länger ein schäbiges Schattendasein, sondern erstrahlte frisch gestrichen im Glanz neuer Fenster.

Lainie lenkte den Wagen in eine Parkbucht, stieg aus und nahm das farbenfrohe Päckchen vom Rücksitz. Geschenkpapier mit weißen Rosen, Standardmuster für die Braut, das war nichts für sie. Lainie wollte ein Zeichen setzen und hatte zu leuchtend roten und silbernen Streifen gegriffen. War ja auch noch keine Hochzeit, sondern eine Junggesellen-Abschiedsparty.

Eine warme Brise fuhr unter ihren kurzen Rock und ließ die blassblaue Seide rascheln. Lainie lachte übermütig auf. Hier im Norden ließ sich der Sommer erst spät blicken, aber wenn er da war, genoss sie ihn in vollen Zügen. Schon deshalb trug sie ein eng anliegendes, bauchfreies Top und hochhackige Riemchensandaletten. In zwei, drei Monaten würde ein früher Herbst kühle Temperaturen zurückbringen.

Und acht Zentimeter hohe High Heels machten sich nicht gut auf Schnee und Eis.

Ja, sie liebte den Sommer. Herbst war etwas für leicht reizbare Leute, Winter was für die Melancholischen und Frühling etwas für die Anspruchsvollen.

Sommertypen konnten das Leben genießen.

Sie stöckelte den neu gepflasterten Weg zur Haupthütte entlang. Der Wind zerrte wieder an ihrem Rock, als sie die Verandastufen zu der breiten Doppeltür hinaufging. Rasch zog sie den Stoff herunter. Einen Moment abgelenkt, achtete sie nicht auf ihre Füße und verhakte sich an einer Stufe.

Lainie stolperte und versuchte, das Geschenk festzuhalten, ohne mit dem Gesicht voran auf den Holzplanken zu landen. Als die Eingangstür aufging, gab sie es auf, ließ das Päckchen fallen und griff nach dem Türknauf wie nach dem letzten Strohhalm. Das Geschenk würde einen Sturz überleben, ihre Nase vielleicht nicht. Sie verfehlte den Knauf und fand sich auf allen vieren wieder.

„Liegst du mir schon wieder zu Füßen, Lainie?“ Sie erkannte die tiefe, spöttische Stimme, noch bevor sie den Kopf hob und die ausgestreckte Hand sah.

J.J. Cooper, der goldblonde, erfolgverwöhnte Skiathlet, hatte sie vor vierzehn Jahren in exakt der gleichen Position gefunden, nachdem eine Skibindung gerissen und Lainie direkt vor ihm in den Schnee gepurzelt war. Wie ein Ritter in schimmernder Rüstung hatte er ihr aufgeholfen, ihr den Schnee abgeklopft und sie zu ihrem Erstaunen huckepack genommen. Sie erinnerte sich noch genau an die muskulösen Schultern unter ihren Fingern, als er mit ihr den Abhang hinabgesaust war.

War es ein Wunder, dass sie sich mit ihren zwölf Jahren hoffnungslos in ihn verliebt hatte? Sie hatte sich nach ihm gesehnt, sich buchstäblich nach ihm verzehrt in den vier langen Wochen zwischen jenem Thanksgiving-Wochenende und den Weihnachtsferien. Lainie schrieb seinen Namen in ihre Schulhefte und träumte davon, wie er sie mit seinen blaugrauen Augen ansehen und ihre Hand halten würde. Sie konnte es kaum erwarten, dass er von der Sportakademie wieder nach Hause kam.

Als es endlich so weit war, hatte er ihr deutlich klargemacht, dass er an einem dünnen Teenager wie ihr nicht das geringste Interesse hatte. Nicht dass er irgendetwas in der Richtung gesagt hätte, nein, und er war auch nicht fies zu ihr. Er hatte sie einfach nicht beachtet.

J.J. Cooper, der neue Star im Skisport, hatte nur Augen für die kurvigen, sehr erwachsenen Blondinen, die ihn umschwärmten. Erst als sie verzweifelt versuchte, mit einem gewagten Abfahrtslauf seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, und prompt erneut vor seinen Füßen landete, erkannte er sie offenbar wieder.

„Ein kleines Mädchen wie du hat hier oben nichts zu suchen“, hatte er grimmig erklärt und sie wie einen Sack Kartoffeln hochgehoben. „Du könntest dir wehtun.“

„Wie süß von dir, der Kleinen zu helfen“, flötete das schicke Skihäschen, wohl seine neueste Flamme, bevor sie zusammen ins Tal wedelten.

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