Der Ritter und die schöne Bogenschützin

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Siegesgewiss überwältigt Ritter Eldric den mysteriösen Bogenschützen, der seine Kameraden auf dem Gewissen hat. Doch sein Triumph verwandelt sich in Fassungslosigkeit, als er erkennt, dass sich unter dem Umhang eine atemberaubend schöne Frau verbirgt. Was jetzt? Einen Mann würde Eldric sofort hinrichten lassen. Frauen jedoch soll er als Ritter beschützen und ehren! Zudem zieht Cressida ihn auf rätselhafte Weise an, ohne dass er sich dagegen zu wehren vermag. Obwohl er ihr weder vergeben noch vergessen kann, will er bald nichts mehr, als sie zu küssen. Doch sein ungezähmtes Begehren bringt nicht nur sein Herz in Gefahr …


  • Erscheinungstag 20.09.2022
  • Bandnummer 380
  • ISBN / Artikelnummer 9783751507523
  • Seitenanzahl 256
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

England im Frühling 1297

Den Gestank im Hafen hasste sie wirklich. In der heißen Sonne roch es nach verwesenden Kadavern und dem Urin unzähliger Seeleute; die darunterliegende frische salzige Seeluft aber schien ein besseres Leben anderswo zu versprechen.

Solche Verheißungen hielt Cressida Howe für Unsinn, denn in der Regel gab es nichts Besseres für sie als den Hafen. Doch wie um die Regel zu bestätigen, bildete dieser Tag eine Ausnahme.

Heute bedurfte sie der Gunst des Himmels, glaubte aber nicht, dass ihr von dort das Glück zugestanden wurde, ihr Schicksal abzuwenden. Daran, dass sie zu wenig betete, lag es sicher nicht. Vor sechs Monaten aber hatte ein besonders unerbittlicher Mann, dem sie Gehorsam schuldete, sie mit einem Mord beauftragt, den sie dann nicht ausführte.

Nicht, dass sie versagt hatte. Sie versagte nie, hatte diesmal aber den Befehl verweigert. Weshalb der Mann, der es peinlich genau nahm, sie bestrafen wollte.

Es schien unmöglich zu sein, seinem Zorn zu entgehen, weil er von den Warstones bezahlt wurde, einem besonders blutdürstigen Clan, der ihn mit schier unerschöpflichen Geldmitteln ausstattete. Und einen schier unerschöpflichen Hass brachte er selbst mit, denn er war Cressidas eigener Vater. Sonst war ihr keine Familie geblieben.

Über die grob zusammengehauenen unebenen Planken bahnte sie sich ihren Weg durch eine Menschenmenge aus Händlern und fahrendem Volk. Dabei zog sie sich ihre Gugelhaube tief ins Gesicht, damit niemand es sehen konnte.

Die Gefahr bestand nicht darin, als Frau erkannt zu werden. Hätte jemand gewagt, sie als Angehörige des vermeintlich schwachen Geschlechts zu attackieren, wäre demjenigen schnell klar geworden, welch tödlicher Fehler ihm unterlaufen war. Nein, es galt, ihre Identität zu verbergen.

Kaum jemand wusste, dass sie diejenige war, die man den mysteriösen Bogenschützen nannte. Sie war die einzigartige Waffe und die Schöpfung ihres Vaters, Sir Richard Howe, genannt „der Engländer“. Viele Jahre harten Trainings an allen Waffen außer dem Schwert lagen hinter ihr. Das Schwert brauchte sie nicht, solange sie einen Bogen und einen Köcher mit Pfeilen bei sich führte. Die langen einsamen Stunden ihrer Jugend hatte sie damit verbracht, die Schnitzarbeit am Schaft ihrer Pfeile selbst zu verrichten. Ihr Vater hatte sie seit jeher vor der Welt versteckt, aber besonders, seit sie vom Kind zur Frau gereift war. Er allein entschied, wann jemand ihr Gesicht zu sehen bekam.

Grundsätzlich bestimmte er alles in ihrem Leben. Cressida war erzogen worden, ihm als seelenlose Waffe zu dienen, die ihm gehorchte, ohne seine Befehle jemals infrage zu stellen.

So waren beide aus unterschiedlichen Positionen heraus gleichermaßen erschüttert gewesen, als sie ihm den Gehorsam verweigerte, indem sie einen Pfeil auf ihn abschoss und damit verhinderte, dass er einen Menschen tötete, den er bereits dem Tod geweiht hatte. Sie war sicher, seinen strafenden Gesichtsausdruck nie vergessen zu können. Selbst die Engel, die Gott einst aus dem Himmel verbannte, konnten sich nicht elender gefühlt haben als sie, die ihr Vater ebenso verstoßen hatte.

Er, bisher der Mittelpunkt in Cressidas Welt und Verkörperung von Leben, Überleben und Tod in einer Person, gewährte seiner Tochter seit Monaten keinen persönlichen Kontakt. Allein die Aufträge, die er ihr durch Boten erteilte, und mit denen er ihre Loyalität auf den Prüfstein stellte, waren die einzige Verbindung, weshalb sie sie beflissen ausführte.

Bis auf die letzte Order, deren Ausführung Cressida zurückgestellt hatte, seit ihr ein furchtbares Gerücht zu Ohren gekommen war. Es hieß, ihr Vater habe ein Kind entführt, um es auf dieselbe Weise wie sein eigen Fleisch und Blut für seine Zwecke auszubilden. Sie konnte es nicht glauben, nicht fassen, und sich auf nichts anderes mehr konzentrieren, als die Wahrheit herauszufinden. Inzwischen hatte sie die Spur ihres Vaters bis zu den Docks von Dover verfolgt, wo sie ihn zu erwischen hoffte, um von ihm zu fordern, dass er sie wieder bei sich aufnahm.

Bis dahin brauchte sie ein gutes Versteck, von dem aus sie eine freie Sicht auf die Schiffe nach Frankreich und den Publikumsverkehr hatte, ohne selbst gesehen zu werden. Zu ihrem Glück hatte sie ein solches schon vor Tagen in dem kleinen Wäldchen gefunden, das von den Bauarbeiten rund um den Hafen bisher verschont geblieben war.

Jetzt zog Cressida sich durch einige Büsche zu den Bäumen zurück, von denen sie sich bei ihrer Ankunft einen passenden ausgewählt hatte. Wie an den letzten Tagen umrundete sie ihn zuerst vorsichtig und erklomm ihn dann flink. Auf seinem verhältnismäßig breiten Astwerk, von dessen Laub sie recht gut verdeckt wurde, ließ sie sich einigermaßen bequem nieder. Obwohl sie hoch genug platziert war, um beobachten zu können, wie die Passagiere an Bord gingen, war ihr Sitz doch niedrig genug, um gefahrlos hinunterspringen zu können. Dover gehörte zu den „Cinque Ports“, einem Verbund von Häfen, die der englischen Krone zu jeder Zeit bemannte Schiffe zur Verfügung stellten. Seit Cressidas Ankunft hatte sie fast all ihre Zeit damit verbracht, die Passagiere zu beobachten, war inzwischen aber nicht nur von diesem Tun, sondern von ihrem ganzen Dasein ermüdet, das aus einer Abfolge von Kämpfen bestand, verbunden mit mühseligen langen Ritten. Obwohl sie sich ständig versteckte, wurde sie oft genug von den kampferprobten Söldnern gefunden, die ihr Vater ihr zur Strafe und zur Ertüchtigung auf den Hals schickte, und die sie stets unvermittelt und aus dem Hinterhalt überfielen. Immerhin hatte einer davon ihr berichtet, was die Leute sich über das geraubte Kind erzählten.

Den Tod, der ihr von Geburt an verwünschtes Leben jederzeit beenden konnte, fürchtete sie weit weniger als den Liebesentzug durch ihren Vater, der ihr nichts beigebracht hatte, als andere zu ermorden. Unbedingt wollte sie seine Vergebung erlangen, um nicht länger in völliger Einsamkeit dahinvegetieren zu müssen.

Fast fürchtete sie, dass er sich nach Frankreich eingeschifft hatte, bevor sie in Dover angekommen war, doch war sie jung und eine sehr gute Reiterin, sodass sie sicher war, vor ihm angelangt zu sein. Deshalb gab sie nicht auf, sondern lehnte sich mit dem Rücken an den Stamm und schloss, solange keine Schiffe ausliefen, die Augen. In dem Bewusstsein, dass der nächste Kampf schon auf sie wartete, nutzte sie jeden Moment der Erholung.

Unsanft wurde Cressida von dem Griff einer schwieligen Hand, die ihren Knöchel wie einen Schraubstock umschloss, aus dem Schlummer gerissen. Unwillkürlich stieß sie mit dem Fuß nach der Hand, ohne etwas zu bewirken. Und während ihr aufging, dass ihre Dolche unerreichbar unter ihrem Umhang steckten und Pfeil und Bogen in dieser Lage sowieso nutzlos waren, wurde der Griff unbarmherzig verstärkt.

„Nie hätte ich den Bogenschützen für so unvorsichtig gehalten, sich überraschen zu lassen“, sagte der Angreifer triumphierend und funkelte sie mit seinen himmelblauen Augen siegesbewusst an. Sein dickes und langes braunes Haar, dem sein üppiger Bartwuchs Konkurrenz machte, fiel ihm über die scharfgeschnittenen Wangenknochen ins Gesicht. Ein Anblick, der Cressida schmerzlich vertraut war, wie auch der seiner breiten Schultern und der muskulösen Arme. Dieser Mann, den sie als Eldric of Hawksmoor kannte, war der reinste Riese.

„Ihr seid es“, flüsterte sie.

„Wer, wenn nicht ich?“, war die Antwort, deren süffisanter Ton ihr neu war.

Blitzschnell hielt sich Cressida an dem Ast über ihr fest, schwang sich herum und trat Eldric mit ihrem freien Fuß gegen den Kopf.

Mit einem knurrenden Laut lockerte er seinen Griff, worauf sie sich weiter nach oben hangelte. Ihren Fuß, den er wieder zu packen suchte, zog sie mit einer heftigen Bewegung ruckartig außer Reichweite und verlor fast den Halt dabei. Auch ihr Angreifer taumelte kurz, erklomm aber den Ast unter ihr.

Die rechte Faust mit der linken Hand umfassend, rammte sie ihm mit aller Kraft ihren Ellbogen in den Nacken, sodass er schwankte. Dann konnte sie sich gerade noch ihren Bogen und den Köcher schnappen, bevor sie abstürzte.

Der harte Aufprall am Boden nahm ihr den Atem, doch sie schaffte es, sich zusammengekrümmt wie ein Ball aus der Reichweite des Kämpfers zu rollen, der sich vom Baum abstieß und in einem kraftvollen Bogen neben ihr auf der Erde landete.

Fast streiften seine Fingerspitzen ihren Umhang, als er sich streckte, um sie zu ergreifen. Sie aber sprang auf die Füße, umklammerte sein Handgelenk und trat ihm zweimal mit Wucht in die Rippen. Dass jetzt ihm die Luft wegblieb, freute sie ungemein. Sie rannte los, geriet aber in die Menschenmenge und blieb bei ihrem Versuch, nach links abzutauchen, im Gewühl stecken. Das wurde ihr zum Verhängnis, denn Eldric riss sie an ihrem Umhang zu Boden.

Erneut stockte ihr der Atem, als sie hart auf dem Rücken landete. Doch blieb ihr nur ein Bruchteil einer Sekunde, seinen Fäusten auszuweichen, die sie nur so knapp verfehlten, dass seine Knöchel sie berührten.

Dabei gelang es ihm aber, ihr die Haube vom Kopf zu ziehen, und statt den Schlag zu vollenden, zu dem er schon ausgeholt hatte, verharrte er in der Bewegung.

„Eine Frau!“, rief er mit heiserer Stimme, während sich seine blauen Augen vor Überraschung weiteten und der Mund ihm offen stehen blieb.

Auch Cressida fuhr der Schreck in die Glieder. Niemand durfte Bescheid wissen, niemand durfte sehen, wer sie wirklich war: ein Werkzeug des Todes, doch weiblich und verwundbar. Sie war ihres Geheimnisses beraubt.

Da stieß sie ihm den Kopf mitten ins Gesicht.

„Gott steh mir bei!“, keuchte er, bevor er sich aufbäumte, ihren nächsten Hieb abfing und ihr den Arm auf den Boden drückte. Nun schlug sie mit links zu, doch presste er ihre Schenkel mit seinen Beinen fest zusammen, und hielt ihr den Arm über dem Kopf fest.

Mit tränenden Augen und blutender Nase, das wirre Haar ins Gesicht geklebt, brachte Eldric of Hawksmoor also Cressida Howe zur Strecke. Und war er auch der einzige Mann, dem das ihrer Meinung nach nie hätte gelingen dürfen, war er doch der Einzige, der es je geschafft hatte.

Eldric fragte sich, ob er nicht etwa schlecht träumte; der Schmerz, der in seiner Brust und seinem Nacken pochte, und das enorme Dröhnen in seinen Ohren aber bewiesen ausreichend, dass er wach war.

Fassungslos starrte er auf die Frau hinab, deren Handgelenke er umklammert hielt, und die seinen Blick aus den hellsten blauen Augen erwiderte, die er je gesehen hatte. Ihre weißblonden Haare wurden nur unzureichend von Zöpfen gebändigt, sodass ihre außerordentlich reizvollen Gesichtszüge mit den runden Wangen und den rosigen Lippen von lose fallenden Locken eingerahmt wurden.

Ihre Haut bildete einen augenfälligen Kontrast dazu, denn, obwohl der Frühling gerade erst eingesetzt hatte, war sie sonnengebräunt.

Fasziniert starrte er auf ihren wohlgestalten Körper hinunter, der ausgestreckt auf dem Boden unter ihm lag. Groß war sie nicht, doch kräftig und gleichzeitig feingliedrig gebaut. Ihre runden Brüste und sanft geschwungene Hüften steckten in der typischen Kleidung eines Kämpfers, und die Riemen und Bänder an der Unterseite ihres dunklen Umhangs hielten verschiedene Dolche, die sich hart in seine Oberschenkel drückten. Nur das Messer, das in ihrem Stiefel befestigt gewesen war, lag inzwischen zusammen mit ihrem Bogen und Köcher unweit von ihnen im Straßendreck.

So entpuppte sich der Bogenschütze, der gnadenlose Mörder, dem er seit Monaten auf den Fersen war, weil er seine Kameraden auf dem Gewissen hatte, als atemberaubend schöne Frau, die er hier am Boden mit seinem Leib festhielt. Das überstieg jegliche Vorstellungskraft, die er hätte aufbringen können.

Etwas an ihr kam ihm vertraut vor, doch er schrieb es seinem Schock zu und bemühte sich, einen klaren Kopf zu bekommen, indem er ihn vehement schüttelte.

Der Blick der Frau, die als „der Bogenschütze“ bekannt war, bohrte sich förmlich in seinen, als wäre sie ähnlich entsetzt über ihre Gefangennahme wie er über ihr Geschlecht. Das Dröhnen in seinen Ohren nahm zu, während die Geräusche um ihn herum verebbten, und ihm ein einziger Gedanke als verwirrender Singsang im Kopf herumging:

Eine schöne Frau meine Freunde tötete, von deren Blut sich die Erde rötete.

Unvermittelt bäumte sie sich auf, und er drückte sie reflexartig mit seinem ganzen Gewicht nieder. Einmal noch keuchte sie vor Anstrengung, gab dann nach und hielt still. Blitzartig stiegen Erinnerungen in ihm hoch.

Seit Jahren stritt er für König Edward den Ersten, der stets in unterschiedlichste kriegerische Auseinandersetzungen verwickelt war, und war von ihm dafür zum Ritter geschlagen und anschließend als sein Kundschafter eingesetzt worden. Auch während des Feldzugs seines Königs gegen Schottland hatte er sich als Held bewährt, überzeugt davon, das Recht auf seiner Seite zu haben. Eines Tages dann hatte mitten im Kampf ein Pfeil seinen Arm durchschlagen und ein zweites Geschoss einen seiner Freunde, Thomas geheißen, getötet, der hinter ihm kämpfte, weil er ihm den Rücken freihielt. Bei fortschreitendem Kampfgeschehen fällte ein anderer Pfeil seinen Freund Michael, und weil Eldric nicht herausfinden konnte, wer sich so kühn mit Pfeil und Bogen in ein Kampfgeschehen einzumischen wagte, das mit Schwertern ausgefochten wurde, hatte er zum Rückzug geblasen.

Als er in einer anderen Schlacht an demselben Arm erneut getroffen wurde, hatte Eldric kurz darauf eine Gestalt in einem Baum entdeckt. Mit gezogenem Schwert war er losgestürmt, doch der Schmerzensschrei seines Freundes Philip, der, tödlich getroffen, wenig später in seinen Armen starb, hatte ihn zurückgehalten.

Während der Bogenschütze sich damals aus dem Staub machte, kniete Eldric, blind vor Zorn und Schmerz, bei dem Sterbenden und schwor, den feigen Mörder seiner Freunde zu finden, zu stellen und der königlichen Justiz zu übergeben. Dieser Schwur beherrschte fortan sein Leben.

Jetzt endlich hatte er die mörderische Schützin gefangen und hielt sie fest im Griff. Die Rache war sein, denn der Henker des Königs würde sie vor dem Tower hinrichten. Seinen Schwur endlich erfüllen zu können, ließ sein Blut sieden.

„Ihr tut mir weh“, hauchte sie, die Augen geweitet, mit offenen Lippen. Damit überraschte sie Eldric nicht, der damit gerechnet hatte, dass sie um Gnade bettelte, aber weit davon entfernt war, diese zu gewähren. Sein Mitleid verdiente sie nicht.

„Wiederholt das“, gab er höhnisch zurück. „Ich kann es nicht oft genug hören.“

Zwischen ihren Brauen erschien eine steile Falte. „Ich bekomme keine Luft.“

Das Dasein eines Ritters bestand auch in der Aufgabe, Frauen zu beschützen, was ihn in eine Zwickmühle brachte. Verkörperte dieser Feind auch tödliche Gefahr, so war er doch eine Frau, eine Bogenschützin. Ratlos machte Eldric sich etwas leichter und lockerte seinen Griff ein wenig.

Sofort nutzte Cressida ihre Chance und schlug ihm mit aller Kraft erneut die Faust auf die blutende Nase. Und während alles um ihn herum in Schwärze versank, in der einige leuchtende Punkte herumschwirrten, spürte er, wie sie unter ihm hervorglitt. Halb gelähmt vor Schmerz öffnete er ein Auge, packte eins ihrer Beine, das sich schon fast außer Reichweite befand, und zog so heftig daran, dass sie mit einem heiseren erstickten Laut hart auf dem Boden aufschlug.

Während der Ritter über sie kroch und sie erneut umklammerte, rührte sie sich nicht mehr. Schlaff und leblos, mit geschlossenen Augen, lag sie unter ihm.

Um festzustellen, ob sie noch lebte, drehte er sie auf den Rücken und stellte fest, dass sie, wenn auch fast unmerklich, atmete. Er hielt sie für ohnmächtig.

Nach und nach drang das Gemurmel der Passanten, die sich um sie versammelt hatten, ohne sich einzumischen, in sein Bewusstsein. Er setzte sich seine Feindin an sich drückend auf und starrte zurück. Ein Urinstinkt regte sich in seiner Brust, der Anspruch auf seinen Fang, und als er mühsam aufstand und sich einen Weg durch die Menge bahnte, hielt er die Frau, die er erbeutet hatte, mit Macht an sich gepresst.

2. KAPITEL

Die Bogenschützin kam in dem Moment wieder zu sich, als der Ritter auch ihr zweites Handgelenk am Kopfende eines Bettes festmachte. Sie bäumte sich auf, um zu entkommen, doch es war zu spät. Auch ihre Beine waren an den Knöcheln zusammengebunden, und ein Tuch auf ihrem Mund verhinderte, dass sie auch nur einen Ton von sich gab, bevor ihr Wärter es erlaubte.

Solcherart außer Gefecht gesetzt, blieb Cressida nichts übrig, als Eldric wütende Blicke voller Entrüstung zuzuwerfen, der bei diesem Ausdruck ihres ungebrochenen Widerstandes unvermutet einen leisen Kitzel verspürte. Doch überwog in ihm die Erleichterung darüber, dass sie das, was er unter „Auseinandersetzung“ zusammenfasste, offenbar heil genug überstanden hatte, um sich noch immer gegen ihn wehren zu wollen.

Er wusste nur zu gut, dass die rohen Kräfte seines Körpers, vor allem seiner Hände, die er selbst insgeheim „Pranken“ nannte, einigen Schaden anrichten konnten. Seine Eltern hatten ihn manchmal damit aufgezogen, er sei eigentlich der Sohn einer mächtigen Eiche, die ihn auf ihrer Schwelle abgelegt hatte, damit sie ihn an Kindes statt aufzogen. Immer hatte er seine Kameraden an Körpergröße deutlich überragt, und dieser Unterschied prägte sein Selbstbild. Wenn andere Kinder über einen Bach springen mussten, hatte er nur einen Schritt zu tun brauchen, und das Baumseil, mit dem seine Freunde sich über das Wasser schwangen und hineinsprangen, hatte ihn nicht ausgehalten. Und wenn er auf einen Baum kletterte, war oft selbst der kräftigste Ast gebrochen.

Auch als Erwachsener konnte er sich nur im Kampf richtig frei bewegen; sonst musste er jede seiner Bewegungen stets kontrollieren, um in seiner Umgebung keinen Schaden anzurichten. Besonders in Innenräumen hatte er Schwierigkeiten. Oft waren die Decken zu niedrig, die Vorhallen und Flure zu eng. Sich in kleineren Zimmern an- oder auszukleiden, glich einem akrobatischen Akt. Und beim Dinieren wurde er immer ans Kopfende der Tafel platziert, beanspruchte aber selbst dort Platz für drei.

Doch im Kampf konnte er sich entfalten, und schon seit Monaten fantasierte er davon, wie er dem Bogenschützen die Vernichtung bringen würde. Dass dieser ein Leichtgewicht war, hatte er bereits gewusst, doch war im Vergleich mit ihm selbst schließlich jeder Gegner klein. Keinesfalls hatte er sich beim Angriff gegen diesen Feind Zügel anlegen mögen und ihn mit aller Kraft attackiert. Als Ergebnis lag jetzt diese Schönheit vor ihm.

Dass sie der Bogenschütze war und er also einen harten Kampf mit einer Frau geführt hatte, der ihm noch dazu eine dicke Nase eingebracht hatte, konnte er nicht fassen. Doch der Gedanke daran, wie sie zusammengebrochen war, quälte ihn.

Während er sie durch die Menschenmenge getragen hatte, war sie ohne Bewusstsein geblieben. Er hatte auf ihren Atem und das kleinste Zucken ihrer Lider geachtet, weil er, wenn er es auch nicht verstand, sich um sie Sorgen gemacht hatte.

Dass es ihn kümmerte, ob die Bogenschützin, die außer seinen Freunden auch andere Landsleute auf dem Gewissen hatte, Luft bekam, ärgerte ihn zutiefst. Eine solche Regung erschien ihm sinnlos.

„Hört auf, den Knebel mit der Zunge zu bearbeiten“, fuhr er sie an. „Ihr werdet nur einen trockenen Mund bekommen, und ich gebe Euch nichts zu trinken.“

Noch einmal schluckte sie, dann gab sie den Versuch auf, zumindest den Knebel loszuwerden.

„Schon besser“, meinte er spöttisch, worauf sie mit ihren gefesselten Beinen nach ihm trat und damit die Decke zu Boden fegte.

„Selbst wenn es Euch gelänge, die Fesseln zu lösen, bleibt Ihr doch hier eingesperrt, solange es mir beliebt“, sagte er. „Findet Euch damit ab.“

Eldric wusste derzeit nicht recht, was er mit Cressida anfangen sollte. Mit einem männlichen Gefangenen wäre er anders verfahren. Seit Monaten war ihm der Bogenschütze immer wieder durch die Lappen gegangen, und er hatte sich oft ausgemalt, wie er ihn im Erfolgsfall durch den Hafen schleifen, auf einen Karren binden und ohne Rücksicht auf jedes menschliche Bedürfnis zu seiner Hinrichtung nach London bringen würde.

Jetzt, da es endlich so weit war, fiel zweierlei anders aus als gedacht: Zum einen hatte er eine Frau eingefangen, die er zum anderen mit seinen rohen Körperkräften, wegen derer er sich immer ein wenig schuldig fühlte, fast erdrückt hatte. Dies den Hafenwächtern, die das Gesetz vertraten, zufriedenstellend zu erklären, wäre nicht gerade einfach gewesen.

Auf seinen Sieg über eine Frau konnte er schwerlich stolz sein. Wäre sie seinen Fäusten nicht so gewandt ausgewichen, hätte er sie wohl erschlagen, was ihm eine schreckliche Vorstellung war. Für einen Ritter galt schon sein Vorgehen gegen eine Frau als unannehmbar; als Vertrauter und Spion König Edwards aber waren die Folgen im Moment noch unabsehbar.

Zwar hatten die Menschen am Hafen sich nicht eingemischt, doch sprachen ihre Blicke Bände. Kinder waren ihm und seiner weiblichen Last aufgeregt plappernd und trappelnd hinterhergelaufen, und er hätte sie nur zu gern verscheucht. Doch was hätte er sagen sollen? Niemand hätte ihm geglaubt, dass die zierliche bewusstlose Frau, die er durch die Gegend trug, eine gemeingefährliche Mörderin war. Man sah es ihr nicht an. Ein Leuchten ging von ihr aus.

Eldric ertappte sich dabei, wie ihre Schönheit sein Urteilsvermögen trübte. Dazu verwirrte ihn ihre Art zu kämpfen, die es ihm sehr schwer gemacht hatte, sie zu besiegen.

Dieser Gedanke ernüchterte ihn.

Letzten Endes hatten sein Schwert und sein gefüllter Geldbeutel den Wirt des nächsten Gasthofes davon überzeugt, ihnen, dem seltsamen Paar, sein bestes Zimmer im Erdgeschoss zu überlassen. Es war sehr geräumig, weil oft als Gemeinschaftsunterkunft genutzt, doch stand nur ein Bett darin, welches aber sogar für Eldrics Maße ausreichend groß war.

Dort hatte er die Bogenschützin ans Bett gefesselt. Jeder Vorwurf aber, den der Ritter für den Mörder seiner Kameraden bereitgehalten hatte, erstarb auf seinen Lippen. Zwar war er am Ziel, doch konnte er seinen Hass nicht an einer weiblichen Gefangenen auslassen.

In seiner Welt hatte stets eine klare Linie zwischen Gut und Böse, zwischen Richtig und Falsch bestanden. Böse Taten wurden durch die Gerichtsbarkeit der Krone im Namen Gottes geahndet, Recht gesprochen und Recht ausgeübt. Dass eine Frau mordete, war in dieser Ordnung nicht vorgesehen. Deshalb brauchte er dringend Antworten auf die Fragen, die ihn aufwühlten.

Während er auf die feingliedrige Gestalt der Bogenschützin starrte, entfernte er mit seiner linken Hand den Knebel aus ihrem Mund.

„Sprecht“, wies er sie harsch an. „Ich will alles wissen.“

Mit ihrer rosa Zunge fuhr Cressida sich über die Lippen, während sie fortfuhr, Eldric anzustarren. Ihren Eldric, der ihr einmal während eines weihnachtlichen Tanzvergnügens in Swaffham nähergekommen war. Mit geschwärzten Haaren und einer Maske hatte sie sich unkenntlich gemacht. Doch obwohl sie nichts weiter im Sinn gehabt hatte, als den großen Krieger von Weitem zu beobachten, hatte er sie zum Tanz aufgefordert. Und damals wie heute klopfte ihr das Herz bis zum Hals.

„Was kann ich sagen?“, setzte sie an. „Ihr habt mich auf einem Baum angegriffen, mich gefesselt …“ Damit weitete sie wie vor Schreck die Augen. „Ich bin noch Jungfrau und flehe Euch an, mich nicht zu ruinieren. Meine Familie wird Euch viel Silber für meine Freilassung bezahlen.“

„Tut das nicht“, erwiderte er streng mit tiefer Stimme.

„Was meint Ihr?“, fragte sie in aller Unschuld, die ihrem Dasein allerdings fremd war, und hoffte, Eldric so lange in die Irre führen zu können, bis ihr die Flucht gelang. „Ich habe nichts Unrechtes getan …“

„Von wegen!“ Rachsucht flackerte in seinem Blick, und er baute sich drohend über ihr auf, sodass sie in Erwartung eines Hiebes den Kopf abwandte und die Bauchmuskeln anspannte.

Ein heiserer Laut entrang sich seiner Kehle, während er zurücktrat, sodass seine Gefangene die Blessuren erkennen konnte, die er in dem Kampf mit ihr davongetragen hatte. Besonders seine geschwollene Nase und ein Auge, das veilchenfarben anlief, zog ihren Blick auf sich, doch auch die Stelle am Hals, wo sie ihn mit ihrem Ellenbogen malträtiert hatte, färbte sich langsam purpurn. Bis morgen würde er sich nicht erholt haben. Doch hatten auch die gemeinsten Schläge, die Cressida in ihrem Repertoire hatte, ihn nicht erledigen können.

„Und unterlasst dies ebenso!“, fügte er hinzu und betonte jede einzelne Silbe.

Diesmal wusste sie nicht, was gemeint war, sodass die Verwirrung, die sich auf ihrem Gesicht abzeichnete, echt war.

„Habt Ihr gedacht, ich schlage Euch, nun, da Ihr wehrlos seid?“, fragte er stirnrunzelnd.

Das hatte sie ihm allerdings nicht zugetraut. Ihre selbstschützende Reaktion war just das Ergebnis lebenslangen Trainings gewesen, gepaart mit Instinkt. Sie wusste, wie achtsam Eldric of Hawksmoor sich durch die Welt bewegte, dass er nur im Kampfgeschehen seine Riesenkräfte entfesselte. Als sie ihn in Swaffham beobachtet hatte, war er ihr im Umgang mit den anwesenden Frauen, von denen keine recht zu ihm zu passen schien, peinlich formell erschienen. Kaum einmal hatte er seine Arme gelockert, die er steif an seine Seiten gepresst hielt.

Als sie daran dachte, loderte ein vertrautes Gefühl von Eifersucht heiß in Cressida auf, doch war sie gewohnt, es hinunterzuschlucken.

„Wie soll ich wissen, was Ihr tut?“, antwortete sie mit einer Frage, in deren Ton sie Verachtung zu mischen versuchte. „Ich kenne Euch ja nicht!“

„Für Eure Lügen danke ich Euch. So vergesse ich wenigstens nicht, mit wem ich es zu tun habe“, entgegnete er, zog einen Dolch aus der Scheide an seiner Hüfte und hielt ihn ihr an die Kehle. „Ihr zuckt nicht einmal zusammen?“, fragte er höhnisch. „Glaubt nicht, dass ich zögern würde, die Klinge einzusetzen. Seit Monaten denke ich an nichts anderes.“

„Einer Frau tut Ihr nichts“, gab sie zurück. Über Jahre hatte sie ihn, ohne dass er es ahnte, immer im Auge behalten, sodass sie das Gefühl hatte, ihn doch recht gut zu kennen.

„Ihr habt doch keine Ahnung, wer ich bin“, spöttelte er, während er ihr die scharfe Schneide an die Gurgel hielt, „habt Ihr das vergessen?“

Cressida ärgerte sich, dass sie ihr eigenes Spiel nicht durchhielt. Doch war der Stahl auf ihrer Haut auch kalt, fügte er ihr keinerlei Schmerzen zu. „Kein Ritter vergeht sich an einer Frau.“

„Die ritterlichen Tugenden zählen nicht mehr, seit das Kriegsrecht gilt“, behauptete er mit zornigem Blick, drehte die Klinge aber auf die stumpfe Seite, „und wir wissen beide, dass Ihr keine gewöhnliche Frau seid.“

Cressida hatte Eldric stets als die Ritterlichkeit in Person wahrgenommen, obwohl er manchmal ruchlose Taten für seinen König auszuführen hatte. Seine harschen Worte meinte sie zu verdienen, weil ihre Stirn sich noch etwas taub anfühlte und sie so daran erinnerte, dass sie ihm fast die Nase gebrochen hatte. Auch der Fuß, mit dem sie ihn hart in die Rippen getreten hatte, tat ein wenig weh, dazu fiel ihr das Atmen noch immer schwer. In der normalen Welt verlor eine Frau höchstens dann das Bewusstsein, wenn ihr Unterkleid zu stark geschnürt war, und nicht, weil sie auf der Flucht von einem Baum stürzte und sich die Rippen prellte.

Ein weibliches Wesen, das diese Bezeichnung verdiente, war niemals in tätliche Auseinandersetzungen verwickelt und hatte schon gar nicht im Sinn, einem Riesen von Mann böse Verletzungen zuzufügen. Es stimmte: Die Erziehung durch ihren Vater hatte eine Kämpferin aus ihr gemacht. Wäre sie letztes Jahr beim Weihnachtstanz, wo Eldric sie zum Tanz aufforderte, nicht als Weibsperson aufgetreten, hätte sie wohl ernsthaft daran gezweifelt, eine Frau zu sein.

„Ich bin, was ich bin“, entgegnete sie kurz und ausweichend. „Wenn Ihr auf Silber aus seid …“

„Silber? Ich will Euren Kopf, das wisst Ihr genau!“

Sie wusste es sehr wohl. „Ich bitte Euch, hört mir zu“, flehte sie und ließ die Bedrängnis, die sie tatsächlich empfand, in ihrer Stimme mitschwingen, „ich bezahle Lösegeld. Meine Familie kommt dafür auf. Lasst mich gehen, dann hole ich Euch, was Ihr wollt.“

„Wagt nicht, mich bestechen zu wollen“, gab er zurück und schnaubte verächtlich durch seine geschwollene Nase, „und tut nicht so, als wüsste ich nicht, wer Ihr seid und was Ihr getan habt. Ich fing Euch, ich fesselte Euch. Euer Leben ist keinen Pfifferling mehr wert.“

Er ahnte nicht, dass Cressida ihr Leben schon lange für wertlos hielt. Ihre Mutter hatte sie nie gekannt, war dafür von klein auf hinter Klostermauern nach Anweisungen ihres Vaters aufgezogen und ausgebildet worden. Im Alter von zehn Jahren dann hatte er sie zu sich und manchmal mit auf Reisen genommen, während derer sie sich stets vor allen Blicken durch das Tragen einer Gugelhaube schützen musste. Er brachte ihr bei, Objekte auszukundschaften und zu stehlen; das Training mit dem Langbogen aber war das Hauptfach ihrer praktischen Übungen.

Schnell war sie es gewohnt, jeden Mann, der ihr begegnete, auf eventuelle Stärken und Schwächen hin zu taxieren, weil jeder ein potenzieller Gegner sein konnte. Bei Eldric of Hawksmoor aber achtete sie nicht etwa auf seine enorme Körpergröße, sondern wurde von Zuneigung erfüllt, weil er so wohlklingend pfiff.

Bis sie ihn zum ersten Mal in einem Feldlager wunderschöne Melodien pfeifen hörte, hatte sie keine Musik gekannt. Nie zuvor hatte sie ein Fest erlebt, weil sie als Kind regelmäßig zwischen verschiedenen Klöstern hin- und hergeschickt worden war, wo sie wie eine Gefangene in Einzelzimmern eingesperrt wurde. Erblickte sie überhaupt einen der übrigen Klosterbewohner, wurde so gut wie nie ein Wort mit ihr gewechselt.

Dankbar dafür, dass seine Gestalt alle anderen überragte und sie ihn so besser im Auge behalten konnte, hatte sie gebannt beobachtet, wie frei und sorglos trillernd er zwischen den Zelten hin- und herlief. Denn auch sein Lachen hatte es ihr angetan.

Sie vermutete, er war auf Grund seiner Größe, seiner Körperkraft und seines Geschicks im Kampf so geachtet, dass er sich ein solch ungewöhnliches Verhalten erlauben konnte. Ihr strenger Vater hätte ihr wohl die Zunge herausgeschnitten, hätte sie sich ähnlich aufgeführt.

Seine Angewohnheit zu pfeifen, so viel und wann immer es ihm gefiel, hatte es ihr erleichtert, ihn immer wieder ausfindig zu machen. Mit den Jahren aber hatte sich ihre kindliche Faszination in die einer Frau umgewandelt. Dann wurde er zum Ritter geschlagen und als königlicher Spion verpflichtet, worauf ihr Vater – wie stets, wenn es um König Edwards Kundschafter ging – ihr den Befehl erteilt hatte, Eldric umzubringen.

„Was habt Ihr vor mit mir? Ich meine, mit der Person, die Ihr in mir vermutet?“, fragte sie leise und stellte sich der Gegenwart.

„Das könnt Ihr Euch wohl denken!“ Er verzog verächtlich den Mund. „Seit Langem verfolge ich Euch. Wirke ich etwa unentschlossen? So hört: Ich bringe Euch zu Eurer Hinrichtung nach London.“ Er lächelte kalt. „Siehe da, eine Reaktion!“

„Die Euch nicht wundern kann. Ich weiß nicht, wen Ihr in mir seht, weiß nur, dass Ihr mich, wohl um mir Gewalt anzutun, im Schlaf überwältigt habt. Plötzlich nun ändert Ihr Euer Vorhaben und fordert meinen Kopf. Sir, ich bitte Euch, erkennt Euren Irrtum …“

Beide schraken zusammen, weil es an der Tür klopfte. Aufgescheucht zerrte Cressida so heftig an den Fesseln, dass das Bett quietschte und knarrte.

„Still, seid ruhig“, zischte er. „Man bringt nur, was ich bestellte.“

Die Chance, Aufmerksamkeit zu erregen, wollte Cressida sich nicht entgehen lassen und holte tief Luft, um laut zu schreien.

„Denkt nicht daran, um Hilfe zu rufen!“, fuhr er sie an. „Wer sollte Euch glauben?“

Weil ihr bewusst wurde, dass sie dem Unbekannten vor der Tür noch weniger Vertrauen entgegenbrachte als ihrem Wächter, machte sie den Mund wieder zu. Ihre Rolle als verängstigtes Frauenzimmer aber gab sie nicht auf.

„Lasst mich gehen!“, bat sie und bäumte sich auf.

„Ihr geht nirgendwohin“, erwiderte er, schloss mit rohem Lachen die Tür auf und trat hinaus auf den Gang, um mit einem Waschtrog und einigen Leinentücher zurückzukehren. Noch einmal ging er hinaus und trug dann ein Brett voller Speisen samt einem Krug mit zwei Bechern, das er auf dem einzigen Tisch absetzte, ins Zimmer.

Der Duft nach Essen und nach dem für die Gegend typischen Bier, Ale genannt, verbreitete sich im Raum. Obwohl Cressida daran gewöhnt war, lange ohne Nahrung auszukommen, lief ihr das Wasser im Mund zusammen. Besonders an einem Schluck Ale hätte sie sich gern gelabt. Sie schielte zu dem Tisch hinüber, was Eldric bemerkte.

„Ich hätte nicht gedacht, dass Euer Widerstand so leicht zu brechen ist“, meinte er höhnisch.

„Welchen Widerstand meint Ihr? Ich liege hier, von einem Mann gefangen und gebunden …“

„… der über Euch Bescheid weiß. Es tut nichts zur Sache, dass Ihr eine Frau seid und …“ Er brach ab, während sein Blick von ihren gefesselten Handgelenken über die sanften Kurven ihres Körpers glitt. Furcht, aber auch ein gänzlich unbekanntes Gefühl, das ihr Gänsehaut verursachte, stieg in Cressida auf, als sie sah, wie sein Blick sich verschleierte und seine Augen einen berechnenden Ausdruck annahmen.

Sie wünschte, die Decke nicht von sich gestoßen zu haben, die ihm nicht gestattet hätte, sie so unverhohlen in ihrer Unterlegenheit zu begaffen. Doch zog er jäh drohend die Augenbrauen zusammen und wandte den Kopf ab, was sie auf widersinnige Weise enttäuschte.

Für einen Wimpernschlag hatte sie gehofft, er nähme sie als Frau wahr, obwohl er sie als die Person erkannte, die seine Freunde auf dem Gewissen hatte. Gleichzeitig fürchtete sie, er könnte die Farben ihres Haars und ihrer Augen unschön finden und das Sonnenlicht, das durch das hohe Fenster fiel, leuchtete womöglich die Sommersprossen und die Narben auf ihrem Gesicht aus. Den Vergleich mit anderen Frauen scheute sie von vornherein.

„Ihr behauptet, mich zu kennen, doch irrt Ihr Euch. Während Ihr mich hier festhaltet, entkommt Euch der Schuldige“, wagte sie einen neuen Versuch, ihn zu verunsichern. Ein anderes Vorgehen, als geduldig auf einen günstigen Moment zur Flucht zu lauern, fiel ihr nicht ein.

„Dass Ihr an Euren Lügen festhaltet, war zu erwarten“, sagte er verächtlich. „Ihr denkt, weil Eure Waffen zurückblieben, hätte ich keinen Beweis. Sprecht weiter! Ihr seid sehr unterhaltsam. Wir haben alle Zeit der Welt, bis Ihr die Wahrheit bekennt.“ Obwohl er sich von ihren Worten amüsiert zeigte, bewies seine Körpersprache, dass dem nicht so war. Vor allem seine Kiefermuskeln waren so angespannt, dass sie ab und zu sichtbar zuckten. „Während Ihr hungert, esse ich. Und ich kann den Abort aufsuchen, Ihr aber werdet Euch beschmutzen. Denn, um Euren Widerstand zu brechen und Euch so zum Gestehen zu zwingen, werde ich nichts auslassen.“

Damit schnürte er ohne Hast sein Wams auf und warf es auf einen der Stühle, von dem es zu Boden fiel. Darauf trat er an den Trog, in den er ein Leinentuch tauchte, bis es triefte, und es dann langsam und sorgfältig auswrang.

In der ohnehin angespannten Atmosphäre schienen seine beißenden Worte nachzuhallen, während das leise Plätschern des Wassers in der eintretenden Stille das Gesagte zu unterstreichen schien. Cressida war an gewisse Vorgehensweisen ihres Vaters gewöhnt, der sie gern eine Zeitlang zu ignorieren pflegte, nur um ihr dann plötzlich seine ganze Aufmerksamkeit zu widmen, was dann stets den Einsatz von Gewalt bedeutete; in Worten wie in Taten.

Dass Eldric von ganz anderem Charakter war, konnte Cressida nicht völlig erfassen, weil sie nur diese eine Vergleichsmöglichkeit hatte. Zwar hatte sie von Ferne Menschen beobachtet, doch nie mit ihnen zusammengelebt. So rechnete sie jetzt damit, dass der Ritter plötzlich den Dolch nach ihr schleudern oder sie mit dem nassen Tuch ersticken würde.

Unvermittelt drehte er sich um und warf ihr einen Blick zu, dem sie in scheinbarer Unbefangenheit begegnete, während sie sich darauf konzentrierte, ihre Pulsfrequenz durch langsames Atmen niedrig zu halten. Ihrer gelangweilten Miene zum Trotz war eine Unruhe in ihr, die ihr heiß durchs Blut strömte, und die sie auf die körperliche Nähe des Mannes zurückführte, der sie schon zu lange faszinierte, als dass seine Gegenwart sie hätte kaltlassen können.

Er zog sich nun auch die Tunika über den Kopf und schleuderte sie über dieselbe Stuhllehne, von wo sie wie das Wams zu Boden glitt. Die gespannte Stille brach er nicht, sondern kühlte sein ganzes Gesicht für eine Weile mit dem nassen Tuch, das er dann im Trog auswusch.

All die Jahre hatte die Bogenschützin ihn von Weitem ausgespäht, ihn aber nie so deutlich wie jetzt vor sich gesehen.

Denn obwohl seine gute Figur auch bekleidet stets ausreichend zur Geltung kam, war Cressida nicht auf das gefasst gewesen, was sich ihr jetzt enthüllte. Wie bei einer Skulptur wurden nicht nur Eldrics breite Schultern von den Armen bis zum Hals von starken Muskeln definiert, sondern auch von den festen Strängen entlang seiner Wirbelsäule zogen sich weitere Muskeln pfeilförmig um seinen Leib herum. Seine Haut schimmerte.

Sein Oberkörper verjüngte sich zu seiner schmalen Gürtellinie hin, in deren deutlichem Einschnitt der Taillenbund seiner Kniehosen aus dickem gewebten Stoff Halt fand, welcher die Glätte seines ideal proportionierten Körpers noch betonte.

Cressida musste schlucken und fragte sich, wie um alles in der Welt sie geglaubt haben konnte, ihn, der auf überragende Weise pure maskuline Stärke verkörperte, besiegen oder ihm auch nur entfliehen zu können. Auf Grund seiner Größe konnte sie ihm nur mit einem Schuss beikommen; beim Nahkampf war er ihr in jeder Hinsicht überlegen.

Doch war der Gedanke, dass sie oder jemand anderes ihn töten, ja, ihn nur verletzen sollte, ihr ohnehin unerträglich. Behandelte er sie auch als Feindin, so war sie ihm doch herzlich zugeneigt und hoffte, dass seine Nase heil geblieben war.

Ein Ächzen, das er bei dem Versuch, sich das Gesicht abzutrocknen, von sich gab, ließ sie aufmerken.

„Ist etwas gebrochen?“, erkundigte sie sich.

Noch einmal stieß Eldric vor Schmerz heftig den Atem aus, dann ließ er das Tuch fallen. „Zählt Ihr eine ramponierte Nase zu den Trophäen, die Ihr im Kampf erringt?“

Cressida hatte noch nie eine Trophäe errungen; auch durfte sie nichts als das Lebensnotwendige behalten. Alles andere, selbst das kleinste Andenken, war nach den Regeln ihres Vaters, die er unerbittlich durchsetzte, verboten. So blieb ihre freudlose Vergangenheit, an die sie keinen Gedanken verschwenden mochte und an die sie nichts erinnerte, kaum greifbar.

Eldrics Spott ging also ins Leere, doch sein scharfer Ton war nicht misszuverstehen.

Seit dem Moment, in dem der Pfeil der Bogenschützin ganz gegen ihre Absicht seinen Freund in den Tod geschickt hatte, war sie auf seine Rache gefasst. Damals befahl ihr Vater ihr, Eldric zu töten, was sie nicht übers Herz brachte, weil er der einzige Mensch auf Erden war, mit dem sie Gutes verband. Den Auftrag offen ablehnen durfte sie nicht, weshalb sie plante, den Arm des Ritters mit ihrem Pfeil bloß zu streifen, sodass dieser darauf der Reichweite ihres Bogens entkommen konnte. Dann wollte sie behaupten, dass ihr menschliches Ziel zu weit entfernt für einen Treffer gewesen war.

Was folgte, lastete schwer auf ihrer Seele. Den Warnschuss hatte sie sorgfältig gezielt und abgegeben, doch der Krieger, der Eldrics Flanke schützte, sprang, einem Gegner ausweichend, direkt in die Schusslinie ihres Pfeils. Sie beobachtete, wie der Mann stürzte, wie Eldric aufschrie und in der Folge mit seinen rachsüchtigen Blicken das Feld absuchte.

Die Qual, die sich auf seinem Gesicht abmalte, und die Schwüre, die er lauthals leistete, wiesen darauf hin, dass es sich bei dem Getöteten nicht nur um einen Kriegskameraden, sondern um einen engen Freund handelte. Dass Cressida diesen ohne Absicht umgebracht hatte, war nicht von Belang, zumal es niemand wusste.

Seither war er hinter ihr her, und dass er jeden Grund hatte, sie zu vernichten, schmerzte sie zutiefst.

Jetzt wandte er sich um, als wartete er auf eine Antwort, nahm sie kurz ins Visier und kühlte dann weiter sein geschwollenes Gesicht mit dem nassen Tuch. Das Wasser aber war nicht kalt genug, um Linderung zu bewirken.

„Minze ist ein gutes Heilmittel“, flüsterte sie kleinlaut.

„Ich hätte Euch nicht für eine Kräuterhexe gehalten, die sich mit Giftpflanzen auskennt“, entgegnete er und warf verdrossen das Tuch in den Trog.

Damit hatte er recht. Wenn Cressida töten musste, bevorzugte sie die zwar direkte, aber körperferne Art mit Pfeil und Bogen. Sie fürchtete, es könnte daran liegen, dass sie zunehmend Mitgefühl für ihre Opfer empfand.

„W … wie kommt Ihr auf so etwas?“ Das Stammeln setzte sie mit Überlegung ein, um ängstlich zu wirken. „Als Heilerin m … muss ich auch mit Giften umgehen, doch stets in großer Verdünnung, und nie, um sie gegen Menschen einzusetzen. Ich wollte Euch nur einen guten Rat geben.“

„Eine Heilerin?“, fragte er bitter. „Ausgerechnet Ihr? Wolltet Ihr mich erheitern, denkt Euch bitte etwas Neues aus.“

Offenbar erkannte Eldric sie nicht als die junge Frau, mit der er auf dem Fest damals getanzt hatte. Damals hatten sich ihre bauschigen Röcke an seine Beine geschmiegt, und ihrer beider Hände hatten sich berührt. Dass er jetzt die Bogenschützin ihres Vaters vor sich hatte, konnte er nach Cressidas Meinung nicht sicher wissen, denn sie hatte stets größten Wert auf Abstand zu allen Menschen gelegt. So wollte sie fürs Erste weiter eine ehrbare Fassade aufrechterhalten, indem sie behauptete, eine Reisende zu sein, die im Freien darauf gewartet hatte, dass ihr Schiff auslief.

Wenn es auch nur die kleinste Chance gab, Zweifel an ihrer Schuld bei ihm zu wecken, ihn zu überzeugen, die falsche Person überwältigt zu haben, wollte sie diese nutzen. Wenn nicht …

Wenn nicht, musste sie wohl die besonderen Kampftechniken, die ihr Vater ihr beigebracht hatte, gegen Eldric zum Einsatz bringen. Doch war sie sich nicht sicher, ob es ihr überhaupt gelingen würde, ihn ernstlich zu verletzen. Wie sie es also drehte und wendete: Es war sicherer für beide, wenn sie überzeugend genug log.

„Pfefferminze ist kein Gift“, erklärte sie. „Wenn man sie zerstampft, sodass das Öl freigesetzt wird, wirkt sie kühlend.“

Als wäre er allein im Zimmer, fuhr er sich ungeniert mit dem feuchten Tuch in entschiedenen Bewegungen über Arme und Schultern, dann über seinen Brustkorb und den Rücken. Ausführlich wusch er sich Schweiß und Schmutz der letzten Tage vom Leib.

Cressida schalt sich dafür, übersehen zu haben, dass er ihr auf den Fersen gewesen war. Offenbar hatten die Gerüchte über ihren Vater sie unvorsichtig werden lassen und damit angreifbar gemacht. Sich davon ablenken zu lassen, war der entscheidende Fehler gewesen. Niemand hatte sie jemals zuvor zu überraschen vermocht. Und Eldric, ein Riese von Mann, der gern Melodien pfiff, war sicher nicht leicht zu übersehen.

Während sie ihn beim Waschen beobachtete, stellte sie sich vor, wie angenehm das kühle Nass sich nach der Hitze des Tages auf der Haut wohl anfühlte. Zugleich hätte sie gern gesehen, welchen Schaden die Hiebe, die sie beim Kampf ausgeteilt hatte, auf der vorderen Seite seines Körpers angerichtet hatten. Sie überlegte, ob Minzöl ausreichte oder feuchte Umschläge besser wären.

Vor sich selbst begründete sie ihre Sorge damit, dass im Falle eines Angriffs von dritter Seite wenigstens einer von ihnen handlungsfähig sein musste, ohne durch Fesseln oder Schmerzen außer Gefecht gesetzt zu sein. Sollte Eldric Verletzungen im empfindlichen Rippenbereich davongetragen haben, musste sie das Öl natürlich sehr vorsichtig aufbringen … Es fiel ihr nicht leicht, den unrealistischen Gedanken aufzugeben, ihn eigenhändig einzusalben. Im Plauderton richtete sie erneut das Wort an den Ritter. „In meinem Dorf bin ich als Heilerin bekannt. Jetzt aber wollte ich ein Schiff nach …“

Mit lautem Klatschen landete das Tuch mit solcher Wucht in dem Holztrog, dass dieser klappernd auf dem Tisch zu tanzen begann. Offenbar mochte Eldric sich keine weiteren Geschichten von ihr anhören, sondern ergriff erbost die Schnabelkanne mit Ale und leerte sie in einem Zug, ohne sich erst damit aufzuhalten, den Becher zu füllen. Cressida sein Profil zukehrend trank er in wenigen Schlucken alles aus und warf dann das leere Gefäß achtlos auf den Tisch, dass es umfiel.

Während sie scheinbar unbeeindruckt den Blick über seine verstreuten Kleidungsstücke, das blutige schlammbefleckte Tuch im nur noch halbvollen Trog und die Pfützen auf dem Boden wandern ließ, sah er sie wieder an. Da richtete sie erneut das Wort an ihn.

„Ich kann Euch das Öl zubereiten. Wunder kann es nicht bewirken, doch Schmerzen lindern.“

Als wäre sie Luft für ihn, ließ er seine Schultern kreisen und schnaubte laut durch seine Nase. Mit zwei Schritten war er bei seiner Schultertasche, aus der er eine saubere Tunika zerrte, die er sich mühsam über den Kopf zog.

„Beinwell könnte auch nützlich sein“, setzte Cressida ihre Rede unbeirrt fort, als führten sie eine Unterhaltung. „Ein Kraut, das besonders gegen blaue Flecke hilft. Dabei denke ich eher daran, dass Blutergüsse schmerzen, und weniger daran, dass sie auch nicht schön aussehen. Zwar sollte man es nicht im Überfluss anwenden, aber …“

Das laute scharrende Geräusch, das der schwere Stuhl machte, als Eldric ihn zu ihrem Bett schob und herumdrehte, unterbrach sie. Von Nahem wirkte seine hünenhafte Gestalt noch gefährlicher, und Cressida nahm nicht nur das Ale in seinem Atem wahr und das Meerwasser, mit dem er sich gewaschen hatte, sondern auch seinen eigenen männlichen Duft, der sie an Tannen im Winter denken ließ.

Immer noch sprach er kein Wort. Nachdem er sich gesetzt hatte, ließ er beide Arme auf der Lehne vor sich ruhen, auf die er das Kinn senkte. In dieser Haltung wirkte er erstaunlich jungenhaft und nicht sehr kriegerisch.

Der Blick aber, mit dem er seine Gefangene aus blauen Augen aufmerksam musterte, war der eines erwachsenen Mannes und bar jeder Wärme.

Da Cressida für ihn keine Gefahr mehr bedeutete, nahm sie an, er wollte sie mittels der Barriere, die die Lehne des Stuhls zwischen ihnen darstellte, vor seinem eigenen Zorn bewahren, wofür sie ihm dankbar war. Nie zuvor hatte jemand sie geschützt.

„Ich weiß nicht, was Ihr mit mir vorhabt, noch womit ich Euch auf die Füße getreten bin, doch will ich erneut klarstellen, dass ich eine einfache Reisende bin“, versuchte sie es wieder mit ihrer Geschichte.

Zwar rührte Eldric sich nicht, mit den Händen aber umklammerte er den Stuhl so fest, dass die Knöchel weiß hervortraten, und sein Blick verfinsterte sich.

„Ich wollte nach Frankreich übersetzen, wo meine Familie auf mich wartet“, behauptete Cressida. „Es tut mir leid, dass ich Euch verletzt habe, aber ich musste mich ja verteidigen. Sicher versteht Ihr, wie sehr Ihr mich durch Eurem Angriff erschreckt habt?“

„Seid Ihr jetzt fertig?“ Seine tiefe Stimme klang wie die eines Richters und was er als Frage formulierte, war eher der Befehl, den Mund zu halten. „Mir jedenfalls reicht es.“

„Ich begreife nicht …“

Mit einem zornigen heiseren Laut sprang er so heftig in die Höhe, dass der Eichenstuhl umstürzte und gegen das Bett krachte. Cressida wurde zwar nicht getroffen, spürte den Aufprall aber über die Strohmatratze, die sich unter ihr wellte.

Ihr Bewacher schien sich nur noch schwer beherrschen zu können, ballte seine Hände zu beiden Seiten des Körpers zu Fäusten und schien vor Wut zu schäumen.

Autor

Nicole Locke

Nicole Locke las ihren ersten Liebesroman als Kind im Wandschrank ihrer Großmutter. Später siedelte sie dann mit ihrer Lektüre ins Wohnzimmer um. Und noch später fing sie an, selbst Liebesromane zu schreiben. Sie lebt mit Mann und zwei Kindern in Seattle.

Foto: © David Garfield

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