Die Braut des Playboy-Scheichs

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Plötzlich Prinzessin? Die junge Eva erfährt erst jetzt, dass ihr Vater ein arabischer Prinz war! Aber mit der Aussicht auf ein neues, glamouröses Leben kommt auch eine schwere Pflicht: Sie muss den Scheich des Nachbarlandes heiraten - den berühmt-berüchtigten Playboy-Scheich Karim Al-Nasr. Ihr Schicksal ist besiegelt, als Karim vor der Tür ihres Londoner Apartments steht. Sie wird seine Wüstenkönigin! Und damit meint der feurige Scheich bestimmt keine Scheinehe. Das Feuer in seinen Augen verrät, wie er sich ihre gemeinsamen Nächte in seinem Palast vorstellt


  • Erscheinungstag 25.12.2010
  • Bandnummer 1954
  • ISBN / Artikelnummer 9783863494209
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

IMPRESSUM

JULIA erscheint 14-täglich im CORA Verlag GmbH & Co. KG,

20350 Hamburg, Axel-Springer-Platz 1

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Geschäftsführung:

Thomas Beckmann

Redaktionsleitung:

Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)

Cheflektorat:

Ilse Bröhl

Lektorat/Textredaktion:

Sarah Hielscher

Produktion:

Christel Borges, Bettina Schult

Grafik:

Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn,
Marina Grothues (Foto)

Vertrieb:

asv vertriebs gmbh, Süderstraße 77, 20097 Hamburg Telefon 040/347-29277

Anzeigen:

Christian Durbahn

Es gilt die aktuelle Anzeigenpreisliste.

 

© 2009 by Kim Lawrence

Originaltitel: „The Sheikh’s Impatient Virgin“

erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London

in der Reihe: MODERN ROMANCE

Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe: JULIA

Band 1954 (2/1) 2011 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

Übersetzung: Helga Meckes-Sayeban

Fotos: Harlequin Books S.A.

Veröffentlicht im ePub Format in 12/2010 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

ISBN-13: 978-3-86349-420-9

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

JULIA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Satz und Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

Printed in Germany

Aus Liebe zur Umwelt: Für CORA-Romanhefte wird ausschließlich 100 % umweltfreundliches Papier mit einem hohen Anteil Altpapier verwendet.

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Kim Lawrence

Die Braut des Playboy-Scheichs

1. KAPITEL

„Also ich weiß nicht, ob ich das richtig verstanden habe, Eva.“

Luke sah sie an, als warte er auf die Pointe eines Witzes.

„Du bist wirklich so etwas wie eine Prinzessin?“ Dramatisch hielt er inne und strich sich den Strubbelpony aus der Stirn, ehe er fortfuhr: „Prinzessin Evie?“ Er lachte, als hätte er einen guten Scherz gemacht.

Irgendwie konnte Eva nicht mitlachen, doch sie verstand Lukes Zweifel. Sie hatte sich ja selbst erst daran gewöhnen müssen, nach dem Tod ihrer Mutter vor einem Jahr auf einmal eine Familie zu besitzen, von der sie nichts geahnt hatte. Und was für eine Familie!

Sie schob die Finger in die Gürtelschlaufen ihrer Jeans und warf ihren Zopf zurück. „Soll das heißen, ich habe nichts Königliches an mir?“, fragte sie verletzt.

Luke Prentice hätte zur Beschreibung der Tochter der Frau, die in akademischen Kreisen eine Legende gewesen war, viele positive Eigenschaften aufzählen können – darunter auch wahnsinnig aufregend und sexy.

Er hatte keine Ahnung, ob Eva wusste, dass ihre Mutter ihn als achtzehnjährigen Studenten verführt hatte, als er an einem ihrer Seminare teilgenommen hatte, um ‚seinen Horizont zu erweitern‘ … und, Junge, der hatte sich tatsächlich erweitert! Eins wusste er jedoch: Bei ihrer Tochter hatte er keine Chance. Er nahm das philosophisch hin. Platonische Beziehungen waren eigentlich nicht seine Sache, aber Eva kannte er schon ewig, ihre Freundschaft war etwas Besonderes.

„Ich kann nicht gerade behaupten, dass ich mir Angehörige nahöstlicher Königshäuser bisher mit Sommersprossen und rotem Haar vorgestellt hätte“, erklärte er.

Widerstrebend musste Eva zugeben: „Ich auch nicht.“

Selbst jetzt noch kam ihr alles so unwirklich vor. Ihre schöne Mum – die brillante Akademikerin – war keine ledige Mutter gewesen, wie Eva immer geglaubt hatte, sondern die getrennt lebende Ehefrau eines arabischen Prinzen. Der König – ihr Großvater! – hatte neun Söhne, und ihr Vater war der Jüngste und somit Letzte in der Thronfolge gewesen.

Dennoch sei er natürlich ein Prinz gewesen, hatte Onkel Hamid ihr versichert, als er in seiner schwarzen Panzerlimousine auf der Beerdigung aufgetaucht war. Ihre Mutter war eine Prinzessin, hatte er ihr mit entsprechenden Urkunden bewiesen.

Zwar hatte ihre Mutter ihr von jeher Unabhängigkeit gepredigt, aber insgeheim hatte Eva sich immer eine Familie gewünscht. Und jetzt besaß sie eine. Wie eine Fügung des Schicksals war es ihr erschienen, im schrecklichsten und einsamsten Moment ihres Lebens in eine große exotische Familie aufgenommen zu werden.

Nun merkte sie jedoch, dass das auch Nachteile mit sich brachte, denn sie sollte einen Preis dafür zahlen. Hoffentlich schaffte sie es, dieses unerwartete Hindernis diplomatisch zu umschiffen und ihren Großvater dabei nicht zu verprellen.

„Prinzessin Eva …? Wie soll ich das alles verstehen, Evie?“

Jetzt war sie drauf und dran, die Geduld zu verlieren. „Das habe ich dir doch gerade erzählt!“ Luke, der jüngste Wirtschaftsprofessor in der Geschichte des College, war sonst nicht so schwer von Begriff.

„Aber deine Mutter war niemals verheiratet. Sicher, männliche Freunde hatte sie genug …“ Er warf Eva einen entschuldigenden Blick zu. „Verzeihung, so meinte ich das nicht.“

„Schon gut“, winkte sie ab. Ihre Mutter hatte nie verheimlicht, Liebhaber zu haben, von denen manche erheblich jünger waren als sie. Ihre Beziehungen zu den „Wegwerf-Liebhabern“, wie sie sie manchmal nannte, waren meist recht kurzlebig gewesen. Nur Luke war stets ihr Freund geblieben.

Eva empfand es als Ironie des Schicksals, dass sie als Tochter einer überaus freizügigen Mutter, die von ihren Affären in einer fast peinlichen Offenheit gesprochen hatte, mit dreiundzwanzig noch Jungfrau war. Aus Protest? Oder war ihr sexueller Trieb zu schwach ausgeprägt? Keine schöne Vorstellung, fand sie.

„Wie sich jetzt herausgestellt hat, war sie verheiratet. Aber sie hat sich nicht im Guten von meinem Vater getrennt.“ In Evas Augen erschien ein nachdenklicher Ausdruck. Sie wünschte, sie hätte Gelegenheit gehabt, diesen Mann kennenzulernen.

Natürlich hatte sie Fotos von ihm gesehen, auch sein Porträt, das im Palast neben den Gemälden seiner Brüder hing. Eva fand, dass sie ihm überhaupt nicht ähnlich sah und auch nichts von der klassischen Schönheit ihrer Mum hatte.

War sie womöglich gar ein Kuckucksei? Nach Berichten ihrer Mutter hatte sie die helle Haut, die Sommersprossen und das rote Haar von ihrer irischen Großmutter.

„Wurden sie geschieden?“

Eva schüttelte den Kopf. „Nein. Mein Vater starb bei einem Schiffsunglück, ehe die Trennung offiziell war.“

Immer noch wirkte Luke wenig überzeugt, er schien das Ganze eher für einen schlechten Witz zu halten. „Das alles hast du erst nach dem Tod deiner Mutter erfahren?“

„Ja.“

„Und jetzt soll ich dein Bettgefährte werden?“

Eva verzog das Gesicht. „Träum weiter“, erwiderte sie ironisch.

Nun musste Luke lächeln. „Wie gut du mich kennst, Evie.“

„Mein Großvater hält es für seine Pflicht, mich zu verheiraten. Und komm mir jetzt nicht damit, wir lebten im einundzwanzigsten Jahrhundert. So denkt er nun mal. Von jeher wurde ihm eingetrichtert, eine Frau brauche den Schutz ihrer Familie oder eines Ehemannes. Höchste Zeit zu beweisen, dass ich bestens auf mich selbst aufpassen kann. Die Sache ist nur die: Enkel hat der Mann genug“, gab Eva zu bedenken. „Aber ich bin seine einzige Enkeltochter.“

„Ehe du weißt, wie dir geschieht, wird er dich zwingen, diesen Kerl zu heiraten, der vielleicht Mundgeruch oder einen Bierbauch hat …“

„Einen Bierbauch wohl kaum.“ Ein guter Moslem trank ja keinen Alkohol. „Und zwingen lasse ich mich schon gar nicht.“

„Aber sie erwarten, dass du heiratest? Diesen … wie hieß er noch?“

„Karim Al-Nasr.“ Eva rümpfte die Nase. Vermutlich hatte diese Heirat politische Gründe. König Hassan hatte auch von Kindern gesprochen. Natürlich wollte sie eines Tages Kinder haben, allerdings ganz sicher nicht von einem Mann, den sie noch nie vorher gesehen hatte!

„Zwingen lasse ich mich natürlich nicht. Wenn ich mich jedoch von vornherein querstelle, hätte ich das Gefühl, die Freundlichkeit meiner Verwandten mit Füßen zu treten.“ Eva atmete tief durch. „Du magst das Ganze für verrückt halten, Luke, aber so denken sie nun mal. Ich glaube, alles wäre einfacher, wenn dieser Prinz Karim sich weigern würde, mich zu heiraten.“

„Du meinst, wenn er annehmen muss, dass du keine Jungfrau mehr bist?“

Eva senkte den Blick. „Diese Leute denken immer noch schrecklich altmodisch.“

So altmodisch doch wohl nicht mehr, Evie.“

Du würdest dich wundern!

„Wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert, wie du richtig bemerkt hast, Evie. Schließlich hast du die letzten dreiundzwanzig Jahre nicht in klösterlicher Abgeschiedenheit verbracht.“ Bewundernd betrachtete Luke sie von Kopf bis Fuß. „Dafür bist du viel zu sexy.“

Eva verdrehte die Augen. „Und da wird immer behauptet, die Romantik sei ausgestorben.“

Der erwartungsvolle Ausdruck in Lukes blauen Augen machte ihr Sorgen. Sie war sich ziemlich sicher zu wissen, was hinter seiner Stirn vorging.

Mit einem gewissen Unbehagen setzte sie hinzu: „Könnten wir meine erotische Ausstrahlung einfach außen vor lassen, Luke. Also? Tust du’s oder nicht?“

„Mich als dein Liebhaber ausgeben, der hier mit dir zusammenlebt?“ Wieder sah er sie so komisch an, und Evas Lachen fiel etwas verunglückt aus. „Nichts täte ich lieber!“

Erleichtert klatschte Eva in die Hände. „Luke, du bist ein Engel!“

„Und du noch Jungfrau.“ Er grinste, weil sie errötete. „Das Mädchen, das eine Doktorarbeit über die sexuelle Revolution der Frau im einundzwanzigsten Jahrhundert schreibt, ist eine unberührte Prinzessin!“ Vergnügt rieb er sich die Hände. „Einfach göttlich!“

„Sei still, und schaff deinen Rasierer in mein Badezimmer!“

„Welcher Mann könnte so einem Angebot widerstehen?“

Der Arzt, ein Spezialist für Krebs bei Kindern, litt normalerweise nicht mit, wenn er verzweifelte Eltern beriet. Seit Jahren war er es gewöhnt, erschöpfte Väter wie diesen zu erleben, der schon seit vier Tagen unermüdlich am Bett seiner kleinen Tochter ausharrte.

Zögernd näherte der Mediziner sich dem großen, kraftvollen Mann mit den markanten Gesichtszügen, der trotz seiner Erschöpfung starr aus dem Fenster blickte, während Krankenschwestern am Bett seines Kindes hantierten.

Wann immer er sich unbeachtet fühlte, drehte er sich um und blickte schmerzerfüllt zu der zarten kleinen Gestalt hinüber.

„Prinz Karim?“

Der Angesprochene wandte sich dem Arzt zu. „Hat sich etwas Neues ergeben?“

Der Mediziner schüttelte den Kopf. Dieser Mann wollte keine Trostworte, er schien seine Gefühle eisern unter Kontrolle zu haben, obwohl er verzweifelt war und seit Tagen kaum geschlafen hatte. „Wie ich schon sagte, Euer Hoheit, wir bekommen die Ergebnisse erst morgen.“

„Aber Sie machen weiter, wenn die Werte innerhalb des Sicherheitsrahmens liegen?“

Der Arzt nickte. „Ja. Ihnen ist sicher klar, dass wir allerdings nichts garantieren können, selbst wenn wir die Behandlung fortsetzen. Die Methode ist neu, und wir verfügen noch nicht über ausreichende Erfahrungswerte.“

Das Zögern der Fachleute begann Karim zu nerven. Zum Teufel mit der Vorsicht, hier ging es ums nackte Überleben seines Kindes! Wenn sie nichts unternahmen, musste seine kleine Amira sterben!

Karim presste die Lippen zusammen und verbot sich, an diese Möglichkeit zu denken. Es durfte einfach nicht so weit kommen! Er ballte die Hände an den Seiten zu Fäusten. Sie muss leben!

Seine Augen brannten, er wandte sich ab und hätte am liebsten um sich geschlagen.

Steif sagte er zu dem Arzt: „Ich kenne die Statistiken, Doktor.“ Er gestattete sich einen Blick zu der kleinen Gestalt im Bett, die unter dem Einfluss starker Medikamente wie bewusstlos dalag. Hier ging es um ein Kind und nicht um kalte Zahlen. Wut stieg in ihm auf. Er war es gewöhnt, sich zu beherrschen, der Wirklichkeit gefasst ins Auge zu sehen und zu handeln. Doch hier war er zur Hilflosigkeit verdammt.

Er musste seinem kleinen Mädchen helfen, dafür sorgen, dass es wieder gesund wurde. Diese Rolle anderen zu überlassen, widersprach allem, was er gewöhnt war.

„Euer Hoheit, ich glaube wirklich, Sie sollten sich jetzt eine Weile hinlegen.“

„Es geht mir gut.“

Obwohl er den Rat des Arztes gereizt zurückwies, spürte Karim, dass die ständige Krankenwache ihn seelisch und körperlich zu überfordern begann.

Er reagierte nur langsam, konnte nicht mehr richtig denken, sich auf die einfachsten Dinge nur noch mühsam konzentrieren. Als er die Papiere unterschrieben hatte, die der treue Tariq ihm ohne Erklärung vorgelegt hatte, waren seine Hände so zittrig gewesen, dass seine Unterschrift kaum zu lesen war.

„Ihre Tochter weiß doch gar nicht, dass Sie hier sind. Sie hat starke Beruhigungsmittel bekommen.“

Karim kämpfte mit sich. Natürlich wusste er, dass er seiner Kleinen noch weniger helfen konnte, wenn er zusammenbrach. „Ich werde hier sein, wenn sie aufwacht.“

„Natürlich. Bis dahin sollten Sie sich einige Stunden Schlaf gönnen. Wir haben hier Räume …“

Karim schwieg, bis er endlich widerstrebend nickte.

Der Arzt war erleichtert. „Gut. Ich werde veranlassen, dass …“

„Besprechen Sie die Einzelheiten mit Tariq.“ Karim war nicht mehr daran interessiert, das Gespräch fortzusetzen, und kehrte ans Bett seiner Tochter zurück.

Der Arzt machte sich auf die Suche nach Tariq, einem Mann unbestimmbaren Alters mit granitharten Zügen, der nur wenig zugänglicher war als sein königlicher Vorgesetzter.

„Der Raum ist angemessen.“ Tariqs trockener Ton ließ anklingen, dass das Gegenteil der Fall war. Respektvoll neigte er den Kopf und hielt seinem Herrn die Tür auf. „Ich wecke Sie in vier Stunden.“

„In zwei Stunden.“

„Wie Sie wünschen.“ Offiziell galt Tariq als Karims Berater, in Wirklichkeit war er aber sehr viel mehr. „Ich lasse Wachen am Ende des Ganges postieren. Und auf dem Nachttisch habe ich Ihnen Tee bereitgestellt, damit Sie schlafen können.“

„Gut.“ Teilnahmslos betrat Karim das Zimmer, das Tariq für ihn vorbereitet hatte.

Er war so erschöpft, dass er auch schlafen würde, wenn die Wachen vor seiner Tür Stepptänze aufführten.

Doch statt in gnädiges Vergessen hinüberzudämmern, marterten ihn Gedanken.

Eine halbe Stunde lag er da und blickte starr zur Decke. Er war völlig erschöpft, aber sein Gehirn ließ sich einfach nicht abschalten. Und der Tee, den er folgsam getrunken hatte, obwohl er ihn hasste, hatte einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen.

Wie in einem Albtraum drehten seine Gedanken sich immer wieder um das Gleiche, bis er es nicht mehr aushielt. „Genug!“ Genervt richtete Karim sich auf, obwohl seine Kopfschmerzen stärker wurden.

Er blickte auf die Uhr, zog sein Jackett an, das er über einen Stuhl gehängt hatte, fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und ging zur Tür.

Vielleicht sollte er im Freien ein wenig frische Luft schnappen, ehe er zu Amira zurückkehrte.

Er trat auf den Gang hinaus, ohne dass die Wachen am Ende des Ganges ihn bemerkten. Auf halbem Weg zu ihnen machte er kehrt. Wenn er schon spazieren ging, um etwas gegen die Kopfschmerzen zu tun und den bedrückenden Mauern des Krankenhauses zu entrinnen, war dies eine gute Gelegenheit, seine Bewacher abzuschütteln.

Niemand begegnete Karim, als er zum Notausgang ging, auch nicht auf der Treppe und beim Verlassen des Gebäudes. Draußen regnete es, doch er nahm kaum wahr, dass ihm Tropfen übers Gesicht rannen. Ziellos schritt er über den Kiesweg und durchlebte wie unter einem Zwang erneut die letzten Wochen seit der schrecklichen Diagnose.

Kaum zu glauben, dass sein Leben noch vor einem Monat normal verlaufen war. Erst vor vier Wochen waren ihm die violettfarbenen Schatten unter Amiras Augen zum ersten Mal aufgefallen.

Wie lange mögen sie schon da gewesen sein?

Hätte ein guter Vater sie nicht gleich bemerken müssen?

Karim verdrängte die Schuldgefühle, die ihn stets überkamen, wenn er an seinen Fähigkeiten als Vater zweifelte.

Jedenfalls hatte er die Gouvernante seiner kleinen Tochter an jenem Abend auf die Schatten angesprochen.

„Amira wirkt in letzter Zeit oft so müde, finden Sie nicht?“ Er hatte gewartet, in der Hoffnung, die Frau würde seine Bemerkung als übertriebene väterliche Sorge abtun.

Sie hatte innegehalten, darüber nachgedacht, dann hatten ihre Züge sich überschattet.

„Amira kam mir in letzter Zeit etwas still vor“, hatte sie zugeben müssen. „Dennoch ist sie nach wie vor lebhaft und aktiv …“

Aber was bedeuteten die blauen Flecken, die er auf ihren Armen entdeckt hatte?

Eine eisige Hand legte sich um Karims Herz. Es war nicht seine Art, sich um etwas zu sorgen, das vielleicht gar nicht existierte. Doch wenn es um seine Tochter ging, reagierte er einfach nicht normal.

Nach Amiras Geburt hatte Karim sich vorgenommen, das Kind dürfe auf keinen Fall unter den Folgen der Untreue seiner Frau leiden – oder seiner eigenen Dummheit. Er würde das Mädchen, das seinen Namen trug, so lieben, als wäre es sein eigen Fleisch und Blut. Für den Rest der Welt war Amira sowieso seine leibliche Tochter.

Als das Baby acht Monate nach der Hochzeit geboren wurde, hatte man allgemein darauf verzichtet nachzurechnen. Nur sein Vater hatte ihm einen nachsichtigen Blick zugeworfen und eine Bemerkung über die Ungeduld der Jugend gemacht. Und die Cousins hatten die üblichen Witze gerissen. Sie wären weniger amüsiert gewesen, wenn sie die Wahrheit gekannt hätten. Karim hatte die Flitterwochen keineswegs vorweggenommen – er hatte nie mit seiner Frau geschlafen. In der Hochzeitsnacht hatte sie ihm eröffnet, dass sie ein Kind von einem anderen erwartete.

Niemals hätte Karim gedacht, dass er dieses Baby lieben würde, als wäre es sein eigenes. Die Mutter war immer noch benommen gewesen, als man ihm das schreiende Bündel in die Arme gelegt hatte. Auf die Empfindungen, die ihn in diesem Augenblick übermannt hatten, war er nicht gefasst gewesen.

Das krebsrote Wesen hatte ihm direkt in die Augen geblickt, und als es zu weinen aufhörte, hielt es Karims Herz fest in seinen geballten Babyfäusten.

Inzwischen war die Kleine acht Jahre alt, und nichts hatte sich geändert – nur, dass ihre Mutter vor zwei Jahren gestorben und er der Einzige war, der das Geheimnis kannte: Amira war biologisch betrachtet nicht seine Tochter.

Und jetzt wusste es der Arzt, der eine Knochenmarktransplantation empfohlen hatte. Da war Karim nichts anderes übrig geblieben, als zu gestehen, dass er dafür vermutlich nicht infrage kam. Auf taktvolles Nachhaken des Mediziners hatte er zugeben müssen, nicht zu wissen, wer der leibliche Vater sei.

Zum ersten Mal bereute Karim, sich nicht dafür interessiert zu haben, wer der Liebhaber seiner Frau gewesen war. Er hatte Zara nicht danach gefragt.

Irgendwo dort draußen gab es einen Mann, der Amira möglicherweise helfen konnte.

Hätte er Zara geliebt, wäre es für ihn qualvoll gewesen, sich mit Einzelheiten auseinanderzusetzen. Doch letztlich hatte sie ihm nichts bedeutet. Jetzt war er froh, nicht lieben zu können. Im Lauf der Geschichte hatte es genug Männer gegeben, die daran zerbrochen waren, dass die Frau, die sie liebten, sie betrogen hatte.

Das konnte ihm nicht passieren. Spätestens seine Ehe hatte ihm gezeigt, wie gefährlich es war, einer Frau tiefe Gefühle entgegenzubringen.

Er würde nur aus Pflichtgefühl wieder heiraten.

Autor

Kim Lawrence
<p>Kim Lawrence, deren Vorfahren aus England und Irland stammen, ist in Nordwales groß geworden. Nach der Hochzeit kehrten sie und ihr Mann in ihre Heimat zurück, wo sie auch ihre beiden Söhne zur Welt brachte. Auf der kleinen Insel Anlesey, lebt Kim nun mit ihren Lieben auf einer kleinen Farm,...
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