Die Foleys & die McCords - Kampf um Macht und Liebe (6-teilige Serie)

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Zwei mächtige texanische Familien kämpfen um Reichtum, Recht und Liebe.

DER MILLIARDÄR UND DAS KINDERMÄDCHEN

Eine Stelle als Kindermädchen bei dem faszinierenden Milliardär Zane Foley scheint für die hübsche Melanie die Eintrittskarte in ein neues Leben. Zanes kleine Tochter ist einfach bezaubernd, er selbst entpuppt sich immer mehr als verführerischer Traummann, der sie unwiderstehlich anzieht. Heiß verliebt lässt sie sich auf eine leidenschaftliche Romanze mit ihm ein und fühlt sich bald wie in einer glücklichen Familie. Doch was auch geschieht, Zane darf nicht hinter ihr Geheimnis kommen! Zu sehr fürchtet sie, dass er ihr die Sünden der Vergangenheit nicht vergeben wird …

BLEIB BEI MIR, GABRIELLA

Ein arrogantes, verwöhntes Supermodel? Der Bodyguard Rafe Balthazar kann sich etwas Besseres vorstellen, als ausgerechnet die schöne Italienerin Gabriella McCord vor den Paparazzi zu beschützen. Doch zu seiner Überraschung ist sie überhaupt nicht so wie ihr Ruf, sondern ganz bezaubernd … und ziemlich sexy! Gegen seinen Willen fühlt Rafe sich täglich mehr zu ihr hingezogen und beginnt schon bald eine heiße Liebesaffäre mit ihr. Ein Glück auf Zeit? Rafe weiß: Sobald ihr Modeljob in Dallas endet, wird Gabriella zurück in ihre Heimat fliegen …

MÄRCHENPRINZ SUCHT ASCHENPUTTEL

Tate McCord, erfolgreicher Chirurg, unanständig reich, unverschämt sexy, verlobt mit einer Society-Schönheit, ist ein echter Märchenprinz - und daher für die attraktive Tanya der perfekte Held der heißen Sensationsstory, die ihre Karriere als Journalistin ankurbeln soll. Dass Tanya außerdem noch die Tochter seine Haushälterin ist, macht die Sache doppelt pikant. Denn im Gegensatz zu dem reichen Tate ist Tanya, jung und chronisch pleite, nur das arme Aschenputtel. Das sich leider in den Märchenprinzen verliebt …

LIEBESSKANDAL IN DER HIGH SOCIETY?

Die Frauen liegen ihm zu Füßen, doch für Blake McCord gibt es nur die eine, die er nicht haben kann: die schöne Katie Whitcomb-Salgar. Seit Jahren ist er heimlich in die Verlobte seines Bruders verliebt. Als der sich von ihr trennt, hat Blake endlich die Chance, Katie zu erobern, und seine kühnsten Träume werden wahr - ein Skandal, auf den sich Dallas' High Society begierig stürzt! Gemeiner Klatsch, Intrigen und boshafte Bemerkungen träufeln immer mehr Gift in Blakes Herz und lassen ihn zweifeln. Liebt Katie wirklich ihn, oder ist er nur ein Mann zweiter Wahl?

FUNKELND WIE EIN DIAMANT

Wo ist der legendäre Santa-Magdalena-Diamant? Paige McCord würde alles tun, um den Schmuckhandel ihrer Familie zu retten! Also begibt sie sich mutig auf Schatzsuche in eine verlassene Silbermine. Dort wird sie auf frischer Tat ertappt - ausgerechnet von dem attraktiven Besitzer Travis Foley, dem Erzfeind ihrer Familie! Als plötzlich ein Unwetter ausbricht, muss sie über Nacht bleiben - bei einem Mann, dessen aufregende Nähe gegen ihren Willen ein sinnliches Feuerwerk entfacht. Doch Vorsicht: Travis’ Bruder hat bereits ihrer Schwester das Herz gebrochen!

EIN HAPPY END FÜR UNSERE LIEBE

Seit die schöne Schmuckdesignerin Penny McCord sich in den erfolgreichen Unternehmer Jason Foley verliebt hat, ist sie glücklich wie noch nie. Endlich ein toller Mann, der sie um ihrer selbst Willen begehrt! Penny kann es kaum erwarten, ihm zu sagen, dass sie sein Kind unter dem Herzen trägt. Doch dann bekommt sie einen Anruf von ihrer Schwester. Und plötzlich muss sie sich fragen: Hat Jason sie nur benutzt, weil er sich von ihr über den legendären Santa-Magdalena-Diamanten Informationen erhofft? Hat sie vergeblich von einer gemeinsamen Zukunft geträumt?


  • Erscheinungstag 20.12.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733738921
  • Seitenanzahl 864
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cover

Crystal Green, Karen Rose Smith, Victoria Pade, Nicole Foster, Teresa Hill, Brenda Harlen

Die Foleys & die McCords - Kampf um Macht und Liebe (6-teilige Serie)

cover.jpeg

IMPRESSUM

BIANCA erscheint 14-täglich im CORA Verlag GmbH & Co. KG,

20350 Hamburg, Axel-Springer-Platz 1

file not found: Cora-LogoImpressum.jpeg

 

Geschäftsführung:

Thomas Beckmann

Redaktionsleitung:

Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)

Cheflektorat:

Ilse Bröhl

Lektorat/Textredaktion:

Christine Boness

Produktion:

Christel Borges, Bettina Schult

Grafik:

Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn,

Marina Grothues (Foto)

Vertrieb:

asv vertriebs gmbh, Süderstraße 77, 20097 Hamburg

Telefon 040/347-29277

Anzeigen:

Christian Durbahn

Es gilt die aktuelle Anzeigenpreisliste.

© 2009 by Harlequin Books S.A.

Originaltitel: „The Texas Billionaire’s Bride“

erschienen bei: Silhouette Books, Toronto

in der Reihe: SPECIAL EDITION

Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe: BIANCA

Band 1738 (15/1) 2010 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

Übersetzung: Meike Stewen

Fotos: gettyimages

Veröffentlicht im ePub Format im 07/2010 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

ISBN-13: 978-3-86295-051-5 

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

BIANCA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Satz und Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

Printed in Germany

Aus Liebe zur Umwelt: Für CORA-Romanhefte wird ausschließlich 100% umweltfreundliches Papier mit einem hohen Anteil Altpapier verwendet.

Der Verkaufspreis dieses Bandes versteht sich einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

BACCARA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYLADY, MYSTERY,

TIFFANY HOT & SEXY, TIFFANY SEXY

CORA Leser- und Nachbestellservice

Haben Sie Fragen? Rufen Sie uns an! Sie erreichen den CORA Leserservice montags bis freitags von 8.00 bis 19.00 Uhr:

CORA Leserservice

Telefon

01805/63 63 65 *

Postfach 1455

Fax

07131/27 72 31

74004 Heilbronn

E-Mail

Kundenservice@cora.de

*14 Cent/Min. aus dem Festnetz der Deutschen Telekom;

42 Cent/Min. aus dem Mobilfunknetz

 

www.cora.de

Crystal Green

Der Milliardär und das Kindermädchen

1. KAPITEL

Wenn Melanie Grandy den Internet-Artikeln glauben konnte, die sie über ihren zukünftigen Arbeitgeber gelesen hatte, dann war Zane Foley ein knallharter Unternehmertyp. Der härteste in ganz Texas.

Gleichzeitig war Foley laut besagten Artikeln ein ziemlich geheimnisvoller Mensch, der dafür sorgte, dass nichts aus seinem Privatleben an die Öffentlichkeit drang.

Dafür hatte Melanie mehr Verständnis als jeder andere.

Vom Kopfende eines langen Mahagonitisches aus beobachtete sie den erfolgreichen Geschäftsmann dabei, wie er durch ihre Bewerbungsmappe blätterte. Dabei schritt er gemächlich über das Wohnzimmerparkett seiner Stadtvilla in Dallas.

Ich darf ihn nicht ständig anstarren, ermahnte sich Melanie.

Leicht fiel ihr das allerdings nicht …

Das dunkelbraune Haar ließ er offenbar in einem teuren Salon stylen. Der Schnitt saß perfekt, bloß im Nacken standen ein paar störrische Strähnen hoch. Wahrscheinlich wusste er nichts davon, denn sonst hätte er sie längst geglättet.

Zane Foley war ausgesprochen groß und breitschultrig. Er hatte eine schmale Taille und lange Beine. Melanie wusste nicht, was er in seiner Freizeit für Sport trieb, konnte sich ihn aber gut im Sattel vorstellen.

Eigentlich kannte er ihre Bewerbungsmappe längst: Als Melanie sich vor zwei Tagen bei ihm vorgestellt hatte, hatte er ihren Lebenslauf bereits genauestens unter die Lupe genommen. Warum ging er also jetzt noch mal alles durch? Wollte er sie etwa einschüchtern?

Am anderen Ende des Raumes blieb er stehen und blickte sie an. Die Maisonne fiel durch das Buntglasfenster und zauberte sanfte Farbreflexe auf sein weißes, höchstwahrscheinlich maßgeschneidertes Hemd. Da stand er, mitten zwischen den dunklen Ledermöbeln, die dem Raum ein düsteres Ambiente verliehen.

Melanie fühlte sich ertappt, als Zane Foley ihr direkt ins Gesicht sah und mit seinen haselnussbraunen Augen fixierte. Trotzdem wich sie seinem Blick nicht aus. Sie wollte ihm beweisen, wie standhaft sie war. So standhaft, dass sie allen Herausforderungen gewachsen wäre, wenn er sie als Nanny für seine sechsjährige Tochter Olivia einstellte. Melanie hatte die Kleine beim ersten Vorstellungsgespräch bereits kurz kennengelernt und sofort ins Herz geschlossen.

Sie zwang sich, ruhig und gleichmäßig zu atmen, bis Zane Foley sich wieder ihrer Bewerbungsmappe zuwandte.

„Aha, aus Oklahoma kommen Sie also“, sagte er plötzlich mit tiefer, klangvoller Stimme.

Ein Schauer durchlief Melanie. Es fühlte sich an, als hätte er direkt neben ihr gestanden und ihr die Worte ins Ohr geraunt. Sie bemühte sich, möglichst ruhig zu sprechen, damit er ihr die Erregung nicht anmerkte. „Ja, ich bin sozusagen am Stadtrand von Tulsa aufgewachsen.“

Eigentlich hatten sie auch darüber bei ihrem ersten Termin gesprochen, und wahrscheinlich hatte Foley in den letzten zwei Tagen ihre früheren Arbeitgeber kontaktiert. Zuletzt war sie für eine Geschäftspartnerin von ihm tätig gewesen, mit der er eng zusammenarbeitete, und deren Urteil er sehr vertraute. Wahrscheinlich hatte Melanie überhaupt nur deswegen einen Fuß in die Tür bekommen.

Warum schaute er sich eigentlich gerade ihre ganze Bewerbungsmappe noch einmal an? Wollte er sie damit etwa verunsichern? Hoffte er darauf, dass sie vor lauter Nervosität ihr dunkles Geheimnis verriet?

Weil er zu ihrer Erklärung, wo sie aufgewachsen war, nichts sagte, sprach sie weiter: „Zuerst waren wir bloß zu zweit, meine Mutter und ich. Während ich im Kindergarten war, hat sie die Buchhaltung für einen kleinen Betrieb erledigt. Sobald ich etwas älter war, habe ich mich nach der Schule immer um den Haushalt gekümmert.“

Dabei verschwieg Melanie ihm, dass es sich bei dem „kleinen Betrieb“ um eine schmierige Gaststätte handelte, in der ihre Mutter hauptsächlich als Kellnerin gearbeitet hatte. Zwischendurch hatte Leigh Grandy immer mal wieder einen „guten Freund“ zum „Übernachten“ nach Hause gebracht. Wahrscheinlich war Melanie selbst auch auf diese Art entstanden, aber das wusste sie nicht genau, denn ihren Vater hatte sie nie kennengelernt.

Langsam kam Zane Foley auf den langen Mahagonitisch zu, an dem Melanie saß. Am gegenüberliegenden Ende blieb er stehen und legte ihre Bewerbungsmappe auf die Tischplatte.

Dieser Mann sah aber auch wirklich zu gut aus! Wenn sie ihn genauer betrachtete, wurde ihr ganz flau im Magen. Sie musste sich dazu zwingen, sich wieder auf ihre Bewerbungssituation zu konzentrieren. Und darauf, was es bedeuten würde, wenn er sie einstellte: Dann wäre er nämlich ihr Chef und sie die Nanny, Punkt. Und dass er sie einstellte, war noch gar nicht gesagt.

„An Ihrem Lebenslauf sehe ich, dass Sie schon sehr früh mit Kindern gearbeitet haben. Inwiefern haben denn Ihre Geschwister Ihre Berufswahl beeinflusst?“

„Eigentlich waren das meine Stiefgeschwister.“

„Oh, dann habe ich mich wohl verlesen.“

Melanie lächelte, aber Zane Foleys Miene blieb ernst. Bei ihm schien das normal zu sein.

„Als ich fünfzehn war, heiratete meine Mutter einen Mann, von dem sie behauptete, er sei ihre ‚wahre Liebe‘“, erklärte sie. Kaum zu glauben, dass Leigh Grandy sich schließlich dauerhaft auf eine ihrer Männerbekanntschaften festgelegt hatte … und noch viel erstaunlicher war es, dass diese Ehe bis heute noch nicht geschieden war.

„Der Mann hatte vier Kinder. Die beiden Mädchen waren ein ganzes Stück jünger als ich“, fuhr Melanie fort. „Also habe ich auf sie aufgepasst und nebenbei weiter die Hausarbeit erledigt. Dann gab es noch zwei Söhne, Zwillinge, die waren aber ständig unterwegs und bei irgendwelchen Sportveranstaltungen.“

„Die Mädchen waren jünger, und es gab zwei Söhne?“, wiederholte Zane Foley und zog eine Augenbraue hoch.

Melanie umklammerte die Tischplatte, bis ihre Fingerknöchel weiß hervortraten. Inzwischen hatte sich ihr potenzieller Arbeitgeber ihr gegenüber an das andere Ende in einen Ledersessel gesetzt und die Finger verschränkt. Er wirkte wie ein Staatsanwalt beim Kreuzverhör.

Ich will diesen Job haben, dachte sie. Ich brauche diesen Job. Bitte!

Fast ihre ganzen Ersparnisse hatte sie dafür ausgegeben, um zum Vorstellungsgespräch nach Dallas fliegen zu können.

„Würden Sie mir bitte erklären, woran das liegt?“, hakte er nach. „Warum sprechen Sie von Ihren Stiefgeschwistern in der Vergangenheitsform?“

Melanie zwang sich zu einem Lächeln. „Das war wohl eher ein Versehen“, erklärte sie. „Natürlich haben wir immer noch Kontakt.“ Sofern man ein paar kurze E-Mails als „Kontakt“ bezeichnen konnte … Nur ihre Mutter rief ziemlich häufig bei ihr an – um sich Geld von ihr zu leihen.

Seit der Hochzeit ihrer Mutter hatte Melanie nur noch eine unbedeutende Nebenrolle in der Familie gespielt. Ihr Stiefvater hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass ihm seine eigenen Kinder viel lieber waren. In seinen Augen war Melanie bloß die „uneheliche Tochter seiner Frau“. Alle damit verbundenen negativen Gefühle bekam sie ab, nicht Leigh.

Darüber hatte Melanie sogar einmal mit ihrer Mutter gesprochen – in der Hoffnung, dass Leigh wiederum mit ihrem Mann reden und sich die Situation für alle verbessern würde. Aber da hatte sich Melanie gründlich getäuscht: Ihre Mutter hatte sehr ärgerlich reagiert und ihr vorgeworfen, sie würde ihr bloß alles kaputt machen wollen. Ausgerechnet jetzt, wo sie endlich glücklich war.

Melanie hatte sich damals verraten und verletzt gefühlt. Und ihr war schmerzhaft bewusst geworden, dass Leigh ihre Männerbekanntschaften immer wichtiger sein würden als ihre eigene Tochter. Dabei hatte sie sich immer so angestrengt, ihrer Mutter alles recht zu machen, und dabei gehofft, dass diese Melanie dafür umso mehr lieben würde.

Sie verdrängte die schlimmen Erinnerungen. „Ich habe als Teenager mehrere Kurse zum Thema Kinderbetreuung belegt“, erklärte sie Zane Foley. „Und dann habe ich als Babysitter gearbeitet. Meistens am Wochenende, aber oft auch in der Woche, wenn ich das mit der Schule vereinbaren konnte.“

„Das scheint Ihnen nicht besonders schwergefallen zu sein, wenn ich mir Ihre ausgezeichneten Zeugnisse ansehe.“

„Ich habe mir auch alle Mühe gegeben – weil mir klar war, dass ich nur auf diese Weise etwas in meinem Leben erreichen könnte.“

Bestimmt hatte Zane Foley in den letzten Tagen sämtliche Zeugnisse und Referenzen überprüfen lassen, die sie der Bewerbung beigelegt hatte. Blieb nur zu hoffen, dass er bei seinen Nachforschungen nichts von dem einzigen Job erfahren hatte, der nicht im Lebenslauf erwähnt war. Mit diesem speziellen Job hatte Melanie sich damals das College finanziert … und jetzt wollte sie ihn am liebsten vergessen: Damals hatte sie nämlich in einem drittklassigen Casino in Las Vegas getanzt – als Showgirl.

Ganz langsam atmete sie aus und konzentrierte sich darauf, sich bloß mit keinem Wort zu verraten. „Während meiner Schulzeit habe ich neben dem Babysitten auch noch als Kellnerin gearbeitet. Das mit dem Babysitten hat sich schnell in der Nachbarschaft herumgesprochen, weil die Leute wohl zufrieden mit meiner Arbeit waren. Und so habe ich nach und nach immer mehr Aufträge bekommen.“

„Da waren Sie ja sehr engagiert“, warf Zane Foley ein. Bloß um überhaupt etwas zu sagen, oder weil er wirklich beeindruckt war?

Immerhin waren die Foleys berühmt dafür, dass sie nicht davor zurückschreckten, sich die Finger mit harter, ehrlicher Arbeit schmutzig zu machen. Nur so waren sie überhaupt zu ihrem Vermögen gekommen. Vielleicht wusste Zane Foley es ja gerade deswegen zu schätzen, dass sein Kindermädchen die gleichen Qualitäten hatte?

„Ich habe damals jeden einzelnen Dollar gespart“, fuhr sie fort. „Nur für meine vielen Tanzstunden habe ich Geld ausgegeben, weil ich sie dringend gebraucht habe, als Ausgleich.“

„Ich glaube, wir brauchen alle irgendein Ventil“, sagte er geistesabwesend und schaute wieder in ihre Bewerbungsmappe. „Hm … warum sind Sie eigentlich gleich nach der Highschool nach Las Vegas gegangen?“, fragte er dann.

Jetzt wird’s gefährlich, dachte sie. Ihr Nacken kribbelte. „Ich hatte gehört, dass die Stadt wirtschaftlich besonders gut dasteht, das wollte ich für mich nutzen. Also habe ich dort erst mal als Kellnerin in einem Café gearbeitet. So viel Trinkgeld wie in Las Vegas hatte ich bis dahin noch nie!“

Zane Foley schwieg, als erwartete er, dass sie weitererzählte.

Herausfordernd lächelte sie ihn an. „War das bei Ihnen nicht sogar ähnlich, Mr. Foley? Sind Sie nicht auch wegen der günstigen Wirtschaftslage dorthin gezogen? Sie haben ja einige Projekte in der Stadt durchgeführt.“

Bildete sie es sich nur ein, oder musste er gerade über ihre Bemerkung grinsen? Bevor sie sich seiner Reaktion sicher sein konnte, schaltete er allerdings schon wieder auf „Mr. Wichtig“ und kritzelte ein paar Anmerkungen auf ihre Bewerbungsmappe.

Natürlich hatte sie in Las Vegas nicht nur gekellnert, sondern auch getanzt – und wie! Begonnen hatte alles damit, dass sie eines Abends entdeckt worden war. Sie war mit einigen Mitstudentinnen tanzen gewesen, und dann hatte ihr der Talentscout des Grand Illusion Casino in Las Vegas seine Visitenkarte in die Hand gedrückt.

Auf seinen Vorschlag, doch mal zum Vortanzen vorbeizukommen, war sie zunächst nicht eingegangen. Immerhin verdiente sie als Kellnerin genug zum Leben. Aber dann hatte ihre Mutter sie wieder angeschrieben und um Geld gebeten, und so hatte sie doch Kontakt zu besagtem Talentscout aufgenommen. Das Grand Illusion Casino suchte damals Tänzerinnen für seine kleine, anspruchslose Revue. Dabei handelte es sich um eine etwas schlüpfrige Mischung aus Zaubershow und Musical. Wenigstens waren die Darbietungen nicht völlig geschmacklos: Alle Tänzerinnen durften ihre paillettenbesetzten Oberteile bis zum Schluss anbehalten.

Zunächst hatte Melanie sowieso nicht damit gerechnet, weiter als bis zum Vortanzen zu kommen, aber dann hatte sie alles mit Bravour gemeistert. Die Betreiber des Grand Illusion boten ihr nicht nur ein Engagement bei zufriedenstellender Bezahlung, sondern ließen ihr auch die Möglichkeit offen, sich ein paar Tage in der Woche für Studium und Kellnerjob freizuhalten.

Sobald sie aber ihren Studienabschluss in der Tasche hatte, hängte sie den Revuetanz an den Nagel und nahm ihren ersten Job als Nanny an. Ihre Studienberaterin hatte sie wärmstens einer ihrer Freundinnen empfohlen: Andrea Sandoval baute gerade ein erfolgreiches Unternehmen auf und verdiente damit bereits viel Geld. Als alleinerziehende Mutter brauchte sie allerdings dringend Unterstützung, und die hatte Melanie ihr geboten. Viele Jahre hatte sie für Andrea Sandoval gearbeitet und sich bei ihr außerordentlich wohlgefühlt – bis diese wieder heiratete und beschloss, zu Hause bei ihrem Kind zu bleiben.

Und so hatte Melanie sich mit ihren achtundzwanzig Jahren auf den Weg nach Dallas gemacht, zu Zane Foley: Ihre ehemalige Arbeitgeberin hatte mit ihm eng an einem Bauprojekt in Las Vegas zusammengearbeitet. Sie hatte ihm Melanie empfohlen, als die Nanny seiner Tochter kündigte und er verzweifelt eine neue suchte.

„Andrea Sandoval hat Ihnen ja schon erzählt, dass ich dringend jemanden suche, der sich um meine Tochter kümmert und auch bei ihr wohnt“, erklärte er. „Was ich bisher über Sie gehört habe, klingt ja schon fast zu gut, um wahr zu sein.“

Das Blut schoss Melanie ins Gesicht. Zu gut, um wahr zu sein? Dann hatte er also wirklich Nachforschungen angestellt und mehr über sie herausgefunden? Oder vielleicht doch nicht?

„Na ja, niemand ist perfekt, Mr. Foley“, erwiderte sie und wartete kurz, ob er ihr zustimmte und das Thema damit vielleicht abgehakt wäre. Keine Chance. Daher sprach sie weiter: „Andererseits scheinen Sie und Ihre Familie der Perfektion ziemlich nahe zu kommen.“

Er erwiderte ihren Blick nicht. „Wohl kaum.“

„Nicht? Dann würde ich Ihren PR-Leuten aber empfehlen, dieses Image nicht weiter zu verbreiten“, sagte sie leichthin. „Die Presse sieht die Foleys offenbar als Vorzeige-Unternehmerfamilie.“

„Dann haben Sie also Nachforschungen über mich und meine Familie angestellt“, bemerkte er. Er wirkte angespannt.

Was sollte sie dazu sagen? Es war gar nicht schwer gewesen, zumindest etwas über das erfolgreiche Familienunternehmen herauszufinden: Angefangen hatte alles mit ein paar Bohrinseln, und heute herrschten die Foleys über ein umfangreiches Immobilien- und Medienimperium. Auch für wohltätige Zwecke engagierten sie sich beispielhaft, dazu zogen sie in der Politik einige Strippen, und Zanes Bruder Jason erschien häufiger mal in den Klatschblättern. Kurz: Die Presse liebte die Foleys, obwohl Zane sich in der Öffentlichkeit so rar wie möglich machte.

„Natürlich habe ich ein bisschen recherchiert“, gab sie schließlich zu. „Ich wollte mir nämlich ein Bild davon machen, ob Sie zu mir passen würden. Genauso, wie Sie jetzt prüfen, ob ich zu Ihnen passe.“

Spontan strahlte sie ihn an – aber nicht etwa, um ihn für sich einzunehmen, sondern weil sie gerade an seine Tochter denken musste: Olivia hatte große Rehaugen und eine Nase voller Sommersprossen. Das Mädchen und sie hatten sich zwar erst kurz kennengelernt, aber selbst in der kurzen Zeit hatte Melanie gespürt, dass sie zu ihr gehörte. Irgendetwas an Olivia hatte sie tief berührt … vielleicht die Tatsache, dass das Mädchen sie ein bisschen an sie selbst erinnerte: Sie wirkte ähnlich einsam und verloren, wie Melanie sich als Kind oft gefühlt hatte.

Zane Foley erwiderte ihr Lächeln nicht. Er wich ihrem Blick sogar aus. Ein Sonnenstrahl fiel durch das bleiverglaste Fenster und überzog seine markanten Gesichtszüge mit einem rötlichen Schimmer.

Melanie schluckte.

„Sie sind ein optimistischer Mensch. Das gefällt mir“, bemerkte er. „Meiner Tochter Livie gegenüber können Sie eine gute Portion Optimismus nämlich gut gebrauchen. Ich habe Ihnen ja schon bei unserem ersten Gespräch erzählt, dass sie in den letzten sechs Jahren fünf verschiedene Nannys hatte.“

„Ja, daran erinnere ich mich gut“, erwiderte Melanie. Ihre bisherige Chefin hatte ihr auch schon davon erzählt, dass das Mädchen nach dem Tod ihrer Mutter sehr abweisend auf alle Frauen reagierte, die ihr gegenüber in die Mutterrolle schlüpfen wollten. Daher war Melanie darauf gefasst, dass sie keine leichte Aufgabe vor sich hatte. Trotzdem wollte sie die Herausforderung unbedingt annehmen: Sie wollte für das kleine Mädchen da sein – weil sie sich früher auch so sehr jemanden gewünscht hatte, der für sie da gewesen wäre.

„Meine Tochter ist nicht einfach. Das sage ich Ihnen gleich ganz offen“, sagte Zane Foley.

„Darauf bin ich gefasst“, gab Melanie zurück. „Ich gebe nicht so leicht auf.“

„Das haben mir Ihre Vorgängerinnen anfangs auch alle erzählt. Am Ende meinten dann die meisten, es wäre schön, wenn ich mich meiner Familie ähnlich intensiv widmen würde wie meinem Unternehmen.“ Er beugte sich ein Stück vor und fixierte Melanie. „Nur, damit Sie Bescheid wissen: Ich stelle Sie als Nanny an, nicht als Lebensberaterin.“

Sie zwang sich, seinem bohrenden Blick standzuhalten, und wurde dabei das Gefühl nicht los, dass Zane Foley mit seinem überheblichen Auftreten ein sehr verletzliches Innenleben schützte.

„Ich würde mir nie anmaßen, jemandem ungefragt Ratschläge zu geben, Mr. Foley“, erwiderte sie seelenruhig.

Er lehnte sich wieder zurück, hörte aber nicht auf, sie zu beobachten.

Melanie spürte seinen Blick am ganzen Körper, sie war wie elektrisiert.

„Mir ist unser Familienunternehmen ausgesprochen wichtig“, führte er aus. „Livie ist meine einzige Tochter. Eines Tages will ich ihr alles hinterlassen, was mir gehört. Und ich wünsche mir, dass sie so viel wie möglich davon hat.“

Das klang ganz so, als wüsste er jetzt schon, dass er nie wieder heiraten und auch keine weiteren Kinder bekommen würde. Melanie erschauerte. „Das wird Ihre Tochter bestimmt zu würdigen wissen“, sagte sie.

„Ich will Ihnen nicht verschweigen, dass es mich sehr viel Zeit und Kraft kostet, mich um unsere Finanzen zu kümmern. Einfach dafür zu sorgen, dass nicht alles wieder den Bach runtergeht. Das führt leider dazu, dass ich nicht so viel Zeit mit meiner Tochter in Austin verbringen kann, wie manche Menschen das vielleicht von mir erwarten.“

„Aha“, erwiderte Melanie. „Ich habe schon gelesen, dass es Rivalitäten zwischen Ihrer Familie und den McCords gibt.“ Dass die Familien seit mehreren Generationen in Feindschaft lebten, war kein Geheimnis.

Zane Foley kniff die Lippen fest zusammen. Offenbar gefiel ihm das Thema überhaupt nicht. „Nun ja, ich habe sehr viele Verpflichtungen. Daher brauche ich jemanden für Livie, auf den ich mich hundertprozentig verlassen kann. Ich suche jemanden, der sich haargenau an meine Vorgaben hält und sie so erzieht, wie ich es für richtig halte.“

Melanie schüttelte sich insgeheim. Ganz schön autoritär! Der Mann tat ja gerade so, als wäre seine Tochter eines seiner vielen Geschäftsprojekte, und nicht etwa ein kleines Mädchen mit eigenen Gefühlen und Bedürfnissen. Livie brauchte viel mehr als strenge Vorgaben; das hatte Melanie bei ihrem ersten kurzen Kennenlernen gleich gespürt.

Sie wollte schon etwas Entsprechendes erwidern, konnte sich aber gerade noch rechtzeitig bremsen. „Verstehe“, sagte sie stattdessen, obwohl sie seine Motive kein bisschen nachvollziehen konnte.

Zane Foley sah sie noch ein letztes Mal mit seinen umwerfenden haselnussbraunen Augen an. Melanie bemühte sich, einigermaßen unbewegt zu wirken – auch wenn ihr dabei ganz flau im Magen wurde.

Schließlich stand er auf. Ihre Bewerbungsmappe ließ er einfach auf dem langen Mahagonitisch liegen.

Melanie stockte der Atem. Und jetzt?, fragte sie sich. Habe ich den Job?

Ohne ein weiteres Wort ging er in Richtung Tür. Dann drehte er sich um, sah, dass Melanie noch am Tisch saß, und forderte sie mit einer Geste auf, ihm zu folgen.

Also gut.

Ihre Absätze hallten auf dem Parkettboden wider, während sie hinter Zane Foley den Flur hinunterging.

„Ich erwarte, dass Sie Livie umfangreich unterrichten, auch außerhalb der Schulstunden“, verkündete er mit fester Stimme.

„Das ist überhaupt kein Problem für mich“, sagte sie aufgeregt. Also war er tatsächlich bereit, sie einzustellen! „Mit Miss Sandovals Tochter Toni habe ich mir jeden Tag etwas Neues angeschaut. Das würde ich mit Livie gern genauso machen.“

„Ich habe gelesen, dass Sie viel tanzen. Davon kann Livie wahrscheinlich am stärksten profitieren.“

Melanie stockte der Atem. Doch dann wurde ihr bewusst, dass Zane Foley sich damit wahrscheinlich auf die vielen Kurse bezog, die sie im Lebenslauf erwähnt hatte: vom Jazztanz über Hip-Hop bis hin zu Ballettstunden war alles dabei. „Hatte Livie denn schon mal Tanzunterricht?“, fragte sie.

„Nein, aber sie braucht dringend ein geeignetes Ventil. Das Mädchen steht völlig unter Strom.“

„Ach so.“

„Abgesehen davon hat sie einen festen Zeitplan, an den Sie sich bitte genau halten. Klare Strukturen tun Livie nämlich gut, und Sie selbst können auch davon profitieren.“

Klare Strukturen also. Wenn Melanie sich in seiner perfekt durchgeplanten Stadtvilla umsah, kam ihr langsam der Verdacht, dass Livie in Austin in einer Art goldenem Käfig lebte.

Innerlich kochte sie schon vor Wut, aber sie zwang sich, ruhig zu bleiben. Immerhin wollte sie dringend diesen Job haben … und sie brauchte ihn auch.

Zane Foley führte sie in ein kleines Büro, das mit antiken dunklen Holzmöbeln eingerichtet war. Auf einem mit Schnitzereien verzierten Schreibtisch stand ein Laptop. In den Regalen reihten sich in Leder gebundene Bände, die einen leicht muffigen Geruch verströmten.

An der Wand hingen einige große Gemälde. Das größte davon zeigte die ganze Familie Foley: Zanes jüngere Brüder Jason und Travis konnten zu dem Zeitpunkt nicht älter als zehn Jahre gewesen sein. Sie standen neben ihrem Vater, Rex Foley. Der Familienvater lächelte freundlich in den Raum. Seine inzwischen verstorbene Frau Olivia Marie hatte sich bei ihm untergehakt, auch sie lächelte sanft.

Zane Foley stand ein Stück abseits. Der Teenager auf dem Bild wirkte sehr ernst und gleichzeitig überheblich – ähnlich wie der erwachsene Mann, der Melanie eben in das Zimmer geführt hatte.

Als sie sich umdrehte, stieß sie fast mit ihm zusammen. Er stand hinter ihr und betrachtete gerade ein anderes Gemälde: das seiner Tochter Livie.

Das Bild war offenbar ziemlich aktuell. Es zeigte ein süßes kleines Mädchen in einem rosafarbenen Kleid; das wellige dunkle Haar wurde von einem Band aus Spitze zurückgehalten. Sie lächelte schüchtern. Im Arm hielt sie ein Stofflämmchen.

Melanie brauchte nur das Bild zu betrachten, und schon bekam sie eine Gänsehaut. Als sie dann aber Zane ansah, zog sich ihr das Herz zusammen: Sein Blick war voller Liebe …

Doch urplötzlich verdüsterte sich seine Miene: Leid und Angst spiegelten sich darin wider.

Was hatte das eine Gefühl mit dem anderen zu tun?

Wie gebannt betrachtete Zane das Porträt seiner Tochter. Und während er eben in Gedanken noch ganz bei Livie gewesen war, musste er jetzt an einen anderen Menschen denken: nämlich an Danielle.

Sechs Jahre lag der Tod seiner Frau mittlerweile zurück … aber immer, wenn er seine Tochter ansah, hatte er ihr Gesicht wieder vor sich. Immer wieder fragte er sich dabei, ob Livie später genauso werden würde wie ihre Mutter.

Hatte Livie wohl Danielles Veranlagung geerbt, wäre sie später den gleichen manisch-depressiven Stimmungsschwankungen ausgeliefert? Im einen Moment himmelhoch jauchzend, im anderen zu Tode betrübt? Diese sich abwechselnden Extreme hatten sich fast durch ihre ganze Ehe gezogen … bis zu dem einen schrecklichen Tag, an dem Danielle sich das Leben genommen hatte.

Als er sich von dem Bild seiner Tochter abwandte, fiel sein Blick auf die schlanke Gestalt seiner neuen Nanny. Mit ihrem goldblonden, langen Haar und den strahlend blauen Augen wirkte Melanie Grandy wie das genaue Gegenteil von Danielle und Livie. Doch wenn er ihr herzförmiges Gesicht und das schlecht sitzende blaue Kostüm betrachtete, das sie sich wahrscheinlich extra für Vorstellungsgespräche zugelegt hatte, kam sie ihm auf einmal sehr verletzlich vor. Möglicherweise hatte sie also doch einiges mit Danielle gemein …

Wie immer, wenn Melanie sich beobachtet fühlte, hob sie den Kopf. Sie hatten sich zwar bisher nur zweimal kurz gesehen, aber diese Angewohnheit war Zane gleich an ihr aufgefallen. Nein, wahrscheinlich war diese Melanie Grandy doch ganz anders als seine verstorbene Frau. Offenbar ließ sie sich so schnell durch nichts erschüttern, denn sie strahlte einen gewissen Stolz aus, der Zane tief berührte.

Wie ein ungeschliffener Diamant, durchfuhr es ihn.

Aber er konnte sich jetzt unmöglich irgendwelchen Schwärmereien hingeben. Schon gar nicht bei dieser Frau. Melanie Grandy war genau die Nanny, die er für seine Tochter gesucht hatte. Davon war er fest überzeugt. Livie brauchte nämlich jemanden, der sich nicht so schnell aus dem Konzept bringen ließ. Deshalb hatte er Miss Grandy gleich auf die Probe gestellt. Und tatsächlich – die Frau war ihm beeindruckend gelassen begegnet.

Für diese Empfehlung könnte er Andrea Sandoval auf Knien danken – die letzte Nanny hatte sein Anwesen in Austin nämlich Hals über Kopf verlassen.

Er sah noch einmal zu Melanie Grandy … und sofort begann die Luft zwischen ihnen zu knistern. Jedenfalls kam es ihm so vor. Auch die neue Nanny schien davon etwas zu spüren – sie legte ihre Kostümjacke auf einem Tischchen ab, verschränkte die Arme vor der Brust und starrte wie gebannt auf das Bild seiner Tochter. Ihre Wangen glühten verräterisch.

Zane zwang sich, sich wieder auf den eigentlichen Anlass ihres Treffens zu konzentrieren. Schließlich war er mit Miss Grandy hier, um ihr auf seinem Laptop einen Grundriss des Anwesens in Austin zu zeigen. Er schaltete den Computer ein und sah zu der jungen Frau. Diese betrachtete immer noch das Gemälde.

„Ein wunderhübsches Mädchen“, bemerkte sie, und es klang ehrlich. „Ich freue mich schon auf unseren ersten gemeinsamen Tag. Vielleicht malen wir etwas zusammen. Auf diese Weise kann sie spielerisch ihre Gefühle und Wünsche ausdrücken, ohne sie aussprechen zu müssen.“

Zane lachte leise. „Wenn Sie meinen. Das hat schon mal eine Nanny versucht, und danach war sie stundenlang damit beschäftigt, Livie wieder sauber zu kriegen. Dabei war die Farbe angeblich abwaschbar.“

Er musterte Melanie aufmerksam. Offenbar überlegte sie gerade, ob sie dazu etwas sagen oder lieber schweigen sollte.

Alle anderen Nannys hatten sich bisher immer fürs Schweigen entschieden. Nicht so Miss Grandy.

Zane bewunderte ihren Mut, und gleichzeitig ärgerte er sich über ihre forsche Art.

„Wenn Livie ihren Spaß an der Sache hat, mache ich hinterher gern alles wieder sauber“, sagte sie. „Vielleicht tut es ihr sogar ganz gut, mal aus ihren gewohnten klaren Strukturen auszubrechen?“

Jetzt wurde diese Melanie Grandy ja regelrecht dreist!

Immerhin merkte sie sofort, wie schlecht ihre Bemerkung bei ihm ankam. „Mr. Foley, ich wollte damit nicht andeuten, dass ich zu drastischen Maßnahmen greifen will“, sagte sie schnell. „Mir geht es nur darum, Livie näher kennenzulernen.“

Er seufzte innerlich. Irgendwie lief ihr Gespräch gerade ganz anders als geplant. Der Tag, an dem sich seine Tochter von oben bis unten mit Farbe beschmiert hatte, war sowieso eher die Ausnahme als die Regel gewesen: Eigentlich achtete Livie immer darauf, sich gerade nicht schmutzig zu machen. Und zwar von selbst, ganz ohne sein Zutun.

Oder?

Schuldgefühle überkamen Zane – wie so oft, wenn er an Livie dachte … und an seine Vaterrolle. Sofern man überhaupt von einer Vaterrolle sprechen konnte, denn schließlich fühlte er sich dieser Aufgabe kaum gewachsen. Ihm war viel wohler dabei, die Erziehung seiner Tochter anderen Menschen zu überlassen und sich hauptsächlich um das Familienunternehmen zu kümmern: Foley Industries. Schließlich hatte er genug damit zu tun, diese verdammten McCords in ihre Schranken zu verweisen.

Er sah verstohlen zu Melanie, die immer noch lächelnd das Gemälde seiner Tochter betrachtete. Seltsam, dass diese Frau so offen ihre Gefühle für ein Mädchen zeigen konnte, das sie erst einmal kurz kennengelernt hatte!

Auf dem Laptop öffnete er das Verzeichnis, in dem sich die Bilder seines Anwesens Tall Oaks in Austin befanden.

„Miss Grandy?“, sagte er.

Hoffnungsvoll sah sie ihn an.

Die Anstellung bedeutete ihr viel, das spürte er. Aber davon ließ er sich nicht beeinflussen. „Wann können Sie anfangen?“

Sie strahlte über das ganze Gesicht. „Wann wollen Sie mich denn haben, Mr. Foley?“

Innerlich zuckte er zusammen. Wenn er ihre Frage rein persönlich verstand, müsste er sagen: Niemals. Obwohl das glatt gelogen wäre …

2. KAPITEL

Kaum hatte Melanie das Jobangebot angenommen, gab es jede Menge Formalitäten zu regeln: Zunächst mussten Zane Foley und sie sich über ihr Gehalt einig werden. Anschließend nahm er sie auf dem Computer mit auf eine virtuelle Tour über sein Anwesen in Austin, wo seine Tochter lebte.

Ich habe es geschafft!, dachte Melanie stolz. Ich bin die Nanny der ältesten Tochter des Foley-Imperiums!

Das klang schon mal unheimlich gut. Als Nächstes sollte Foleys Chauffeur sie zu ihrem Motel bringen, wo sie ihre beiden schäbigen Koffer einladen würden, um gleich weiter nach Austin zu Livie zu fahren.

Aber noch war Melanie in Dallas bei Zane Foley, und in diesem Augenblick folgte sie ihm ins Foyer. Vor einer Ledercouch blieben sie stehen. Hier sollte Melanie auf den Chauffeur warten. Über der Couch hing ein Spiegel mit Goldrahmen. Melanie musste sich zwingen, nicht ständig hineinzuschauen, um ihren neuen Arbeitgeber anzusehen. Groß und breitschultrig stand er neben ihr. Nur wenige Zentimeter trennten sie voneinander.

Es kribbelte ihr am ganzen Körper. Am liebsten hätte sie diese wenigen Zentimeter einfach überwunden … Aber das kam für sie nicht infrage. Schließlich hatte sie viel für diesen Job aufgegeben; da konnte sie ihn nicht gleich wieder aufs Spiel setzen.

Also zwang sie sich, Zane Foley nicht mehr im Spiegel anzuschauen: seinen durchtrainierten Körper, seine stolze, aufrechte Haltung …

„Bis Tall Oaks sind Sie etwa dreieinhalb Stunden unterwegs“, sprach er in ihre Gedanken hinein und holte sie damit wieder in die Wirklichkeit zurück – zum Glück! „Bis Sie dort angekommen sind, kann meine Verwalterin Mrs. Howe schon mal Ihren Vertrag vorbereiten und ihn zur Unterschrift nach Austin faxen. Sie kümmert sich übrigens um Livie, seit ihre letzte Nanny vor knapp einer Woche abgereist ist.“

„Gut, dann freue ich mich jetzt auf Tall Oaks“, erwiderte Melanie und reichte ihm die Hand. „Vielen Dank noch mal für alles. Besonders dafür, dass Sie mir Livie anvertrauen.“

Da, schon wieder! Einen kurzen Augenblick wirkte seine Miene schmerzerfüllt …

Doch dann umschloss er Melanies Hand mit seinen warmen Fingern und drückte sie.

Für einen Moment vergaß sie, dass sie ihm eigentlich nur die Hand schütteln wollte. Ihm schien es ähnlich zu gehen, denn auch er hielt ihre Finger ein oder zwei Sekunden zu lange umschlossen, bevor er sie losließ und Melanie wieder so kühl und distanziert musterte, wie sie es von ihm gewohnt war.

Sie schnappte nach Luft. Eigentlich kenne ich ihn ja gar nicht; von daher kann ich noch nichts von ihm gewohnt sein, erinnerte sie sich. Wahrscheinlich lerne ich Zane Foley nie richtig kennen, und das ist auch gut so.

Er trat einen Schritt zurück. „Ich gehe davon aus, dass Sie länger als Ihre fünf Vorgängerinnen bei uns bleiben werden.“ Dann drehte er sich um.

„Ganz bestimmt!“, rief sie ihm hinterher.

Einen Augenblick hielt er inne, als wollte er noch etwas dazu sagen. Aber dann ging er doch weiter und verschwand in einem der langen dunklen Flure des Hauses.

Melanie sah ihm noch lange hinterher, das Herz schlug ihr bis zum Hals.

Jetzt ist es aber genug, ermahnte sie sich.

Immerhin hatte sie jetzt die Chance, sich und der Welt zu beweisen, was sie konnte, und wer sie war – nämlich mehr als bloß „die uneheliche Tochter von Leigh Grandy“, wie ihr Stiefvater sie immer wieder bezeichnet hatte.

Sie atmete tief durch und nahm auf dem Ledersofa Platz, um auf den Chauffeur zu warten und sich schon mal in Gedanken auf ihre neue Aufgabe einzustimmen. Auf dem Computer hatte sie ja schon Bilder von dem Anwesen in Austin gesehen … aber in der Realität wirkte alles natürlich noch mal ganz anders. Auf jeden Fall würde es sich dort anders leben als in dem heruntergekommenen Apartment, das sie und ihre Mutter anfangs zusammen bewohnt hatten, bis sie zu ihrem Stiefvater in den Trailer gezogen waren.

Weil der Fahrer jeden Moment eintreffen konnte, suchte Melanie schon mal nach ihrer Handtasche und der Kostümjacke. Die Handtasche lag gleich neben ihr auf der Sitzfläche; ihre Jacke war allerdings verschwunden.

In Zane Foleys Büro hatte sie sie noch über dem Arm getragen … und dann hatte sie sie abgelegt, als sie Livies Porträt genauer betrachten wollte.

Mist, dachte sie. Jetzt habe ich vor lauter Aufregung meine Jacke liegen lassen!

Da blieb ihr jetzt nur eins: Sie musste schnell zurücklaufen, an die Tür klopfen und sich das Kleidungsstück holen, so peinlich ihr das auch war.

Auf halbem Weg zum Büro war sie schon wieder ein echtes Nervenbündel. Der Gedanke daran, Zane Foley gleich wiederzusehen, brachte ihren Puls zum Rasen.

Bleib ganz ruhig, ermahnte sie sich.

Die Bürotür war nur angelehnt. Drinnen führte er offenbar gerade ein Telefonat. Und obwohl Melanie nicht lauschen wollte, konnte sie nicht anders: Sie musste einfach stehen bleiben. Seine tiefe, klangvolle Stimme jagte ihr einen wohligen Schauer nach dem anderen durch den Körper.

Wie es sich wohl anfühlte, wenn er sie dabei anlächelte und wirklich sie damit meinte? Wie ein ganzer Schwarm Schmetterlinge im Bauch vielleicht?

Plötzlich schwieg er, und eine andere Männerstimme antwortete – offenbar hatte Zane Foley die Lautsprecher eingeschaltet.

Die zweite Stimme war ebenfalls tief und männlich, aber sie klang für Melanie nicht halb so attraktiv wie die ihres Arbeitgebers.

Genug mit der Lauscherei!, sagte sie sich und wollte schnell anklopfen, bevor ihr Boss sich wieder zu Wort meldete … aber zu spät!

„Ich habe heute übrigens eine neue Nanny angestellt.“

Melanie ließ die Hand sinken und blieb wie angewurzelt stehen. Der Lauscher an der Wand, dachte sie.

Der Mann am anderen Ende der Leitung lachte. „Und, wie lange soll sie diesmal bleiben?“

„Das ist überhaupt nicht witzig, Jason“, gab Zane Foley zurück.

Jason war der jüngere Bruder ihres Arbeitgebers, und nach allem, was sie über ihn gelesen hatte, hatte er es faustdick hinter den Ohren. Gleichzeitig scheute er sich offenbar nicht davor, selbst als Geschäftsführer die Ärmel hochzukrempeln und ordentlich mit zuzupacken.

„Und?“, hakte Jason gerade nach. „Wie ist die Neue so? Beschreib sie mir doch mal!“

Melanie war sich völlig im Klaren darüber, dass sie sich jetzt schnellstmöglich zurückziehen sollte. Andererseits war sie auch nur ein Mensch …

Vom Fenster aus hatte Zane einen atemberaubenden Blick über die Innenstadt von Dallas, die auf der anderen Seite des Flusses lag. Was soll ich Jason bloß über Melanie Grandy erzählen?, fragte er sich. Soll ich etwa ehrlich sein?

Am liebsten hätte er seinem jüngeren Bruder ihr helles Haar und ihr strahlendes Lächeln beschrieben … aber gleichzeitig wusste er, dass er sich lieber zurückhalten sollte – jetzt und auch in Zukunft. Zum Glück war es sehr unwahrscheinlich, dass er viel mit Melanie Grandy zu tun haben würde, denn er ließ sich nur selten auf seinem Anwesen in Austin blicken. So war es für ihn und Livie am besten.

„Die neue Nanny arbeitet viel künstlerisch. Dadurch will sie die Kreativität der Kinder fördern“, erklärte Zane schließlich. „Sie tanzt vor allen Dingen gern, das tut Livie bestimmt gut. Miss Grandy wirkt auf mich sehr … engagiert.“

„Danke für die Beschreibung, aber ich wollte eigentlich etwas anderes hören“, erwiderte Jason. „Das weißt du übrigens ganz genau.“

„Mehr erzähle ich dir nicht.“ Zane wandte sich vom Fenster ab und ging wieder zum Schreibtisch. „Aber jetzt sag mir doch mal, warum du eigentlich angerufen hast – bestimmt nicht, um mit mir über die neue Nanny zu diskutieren. Was ist los?“

„Die McCords sind los.“

Zane konnte sich lebhaft den Gesichtsausdruck seines jüngeren Bruders vorstellen, der wahrscheinlich gerade hinter seinem Schreibtisch in Houston saß. Die ganze Familie Foley war sich einig, dass die McCords unausstehliche Zeitgenossen waren. Und manchmal gab es Anlässe, sie besonders zu hassen. Dass mal wieder so einer vorlag, erkannte Zane an Jasons Tonfall.

„Travis hat mir da etwas erzählt, was du auch wissen solltest“, sagte Jason. „Es geht um seine Ranch.“

Oje, dachte Zane. Die Ranch ihres Bruders Travis stand ausgerechnet auf einem Grundstück, mit dem der ganze Streit zwischen den Foleys und den McCords losgegangen war: Damals hatte Grandpa Gavin Foley besagtes Stück Land beim Pokern aufs Spiel gesetzt und an einen notorischen Falschspieler namens Harry McCord verloren. Zu allem Überfluss hatte man auf dem Land auch noch Silber gefunden – und damit hatten die McCords dann den Grundstock ihres riesigen Schmuckimperiums gelegt. Inzwischen galten sie als die besten und teuersten Juweliere auf der ganzen Welt.

„Was ist denn mit der Ranch?“, hakte Zane gereizt nach. Seit die Silberminen nichts mehr abwarfen, hatten die McCords den Foleys das Land langfristig verpachtet, und Travis Foley betrieb darauf seine Ranch. „Die McCords haben auf dem Grundstück im Moment nichts zu suchen.“

Der Pachtvertrag war wahrscheinlich nur deswegen zustande gekommen, weil Zanes Vater Rex sich früher einmal um Eleanor McCord bemüht hatte, das derzeitige Familienoberhaupt der McCords. Eigentlich hatte es damals sogar so ausgesehen, als könnten die beiden Familien das Kriegsbeil begraben. Aber Eleanors kürzlich verstorbener Ehemann Devon hatte ihnen mit seiner fiesen Ader einen Strich durch die Rechnung gemacht: Immer und überall hatte er damit angegeben, dass er Eleanors Herz erobert und Rex den Kürzeren gezogen hatte.

„Die McCords haben auf dem Grundstück zwar nichts zu suchen, aber sie schnüffeln trotzdem darauf herum“, erklärte Jason gerade. „Wenn Grandpa Gavin noch am Leben wäre, würde er jetzt an die Decke gehen. Wir haben alle viel Arbeit in die Ranch gesteckt. Und zwar deswegen, weil wir davon ausgegangen sind, dass wir das Land dauerhaft pachten können.“

„Genau“, bestätigte Zane. Hatten die McCords jetzt etwa vor, das Grundstück wieder an sich zu nehmen und Travis von seiner Ranch zu verscheuchen? Nur über Zanes Leiche! „Was läuft da eigentlich gerade?“, erkundigte er sich. „Was haben die McCords bei Travis zu suchen? Wollen sie ihn etwa daran erinnern, dass das Land nicht wirklich uns gehört, obwohl es eigentlich so sein sollte?“

„Das wohl auch. Aber ich glaube, es geht noch um etwas anderes. Ich habe gehört, dass die McCords den Pachtvertrag ihren Anwälten zur genaueren Begutachtung vorgelegt haben … das hört sich für mich so an, als wollten sie das Land so schnell wie möglich wieder zurückhaben.“

Das würde bedeuten, dass Travis das verlor, was ihm am allerwichtigsten war. Zane kochte vor Wut. Am liebsten wäre er sofort losgefahren, um sich die McCords einzeln vorzuknöpfen. Als sein Blick auf das Gemälde seiner Tochter Livie fiel, zwang er sich, ruhiger zu atmen.

Immer, wenn er das Mädchen sah, musste er an Danielle denken, seine manisch-depressive verstorbene Frau. Seine Wutausbrüche hatten damals alles nur noch schlimmer gemacht. Daher hatte er sich meist zurückgezogen und in die Arbeit gestürzt, wenn er sich nicht mehr zu helfen wusste. Und immerhin konnte er sich bei seinen zahlreichen geschäftlichen Verhandlungen abreagieren. Dann konnte er die Konkurrenz übervorteilen, ohne mit der Wimper zu zucken, und die besten Geschäftsabschlüsse für sich erkämpfen.

Genauso würde er jetzt auch mit den McCords verfahren.

Zane zwang sich, den Blick von Livies Porträt zu lösen, und betrachtete stattdessen das Gemälde, auf dem die ganze Familie zu sehen war. Das Bild war entstanden, kurz bevor seine Mutter beim Reiten tödlich verunglückt war. Sein Vater hatte zwar getan, was er konnte, und war immer für die drei Brüder da gewesen … aber die Mutter hatte er ihnen nicht ersetzen können.

Manchmal fragte Zane sich, ob er dazu verdammt war, alle wichtigen Frauen in seinem Leben frühzeitig zu verlieren. Jedenfalls hatte der Tod seiner Mutter Olivia die Familie noch enger zusammengeschweißt. Zane als der älteste Sohn war schnell in die Rolle des zweiten Familienoberhauptes hineingewachsen und hatte sich gemeinsam mit seinem Vater um seine jüngeren Brüder gekümmert. Inzwischen war er sechsunddreißig und fühlte sich für alles verantwortlich: ob es nun um die geschäftlichen Dinge oder um die McCords ging.

Jason riss ihn aus seinen Gedanken: „Zunächst habe ich mich noch gewundert, warum sich die McCords auf einmal so sehr für die Ranch interessieren“, fuhr er fort. „Ich habe zwar Gerüchte gehört, dass sie mit ihrem Schmuckkonzern gerade in finanziellen Schwierigkeiten stecken, aber wenn sie das Land verkaufen, bringt ihnen das auch nicht viel. Dann sind mir allerdings die Silberminen auf dem Grundstück wieder eingefallen.“

„Ja, aber die sind doch alle stillgelegt, weil es da längst nichts mehr zu holen gibt“, wandte Zane ein. „Sonst hätten uns die McCords das Land nicht verpachtet.“

„Während du nach dieser neuen Nanny gesucht hast, hast du wohl nicht viel von dem mitgekriegt, was hier passiert ist?“

Das hatte gesessen! Als ältester Sohn fühlte sich Zane für alles verantwortlich. Für ihn war es unverzeihlich, wenn ihm etwas Wichtiges entging.

Sein Bruder lachte. „Ich erzähle es dir kurz“, sagte er. „Einer meiner Assistenten hat herausgefunden, dass Blake McCord in letzter Zeit zahlreiche lose gelbe Diamanten aufgekauft hat.“

„Aha.“ Noch verstand Zane nicht, worauf sein Bruder hinauswollte.

„Erinnerst du dich an diese Diamantengeschichte, die vor ein paar Monaten durch die Presse ging?“, erkundigte sich Jason.

„Meinst du die vom Santa-Magdalena-Diamanten?“, fragte Zane zurück. Der lupenreine gelbe Diamant von achtundvierzig Karat war weltberühmt und galt als einer der schönsten Edelsteine überhaupt. Offenbar stammte er aus einer indischen Mine, und man sagte ihm nach, dass er verflucht sei: Der Stein würde allen Besitzern Unglück bringen, bis er wieder in die Hände seines rechtmäßigen Eigentümers fiel, hieß es.

Der Diamant war inzwischen seit über einem Jahrhundert verschollen. Allerdings hatten Taucher vor Kurzem ein Schiffswrack entdeckt, auf dem sich der Stein befunden haben soll – zusammen mit weiteren Wertgegenständen ungewisser Herkunft. Auch der Urgroßvater der Foley-Brüder, Elwin Foley, war damals auf dem Schiff gewesen. Er hatte als einer der wenigen den Untergang überlebt.

In der Familie erzählte man sich, dass Elwin den Diamanten sowie eine juwelenbesetzte Truhe mit Münzen an sich genommen und in Sicherheit gebracht hatte. Möglicherweise war das bloß ein Gerücht. Aber nachdem man das Schiffswrack durchsucht und weder den Diamanten noch die Truhe gefunden hatte, stellte sich wieder die Frage nach dem Wahrheitsgehalt der Geschichte.

„Ich kann mir gut vorstellen, dass die McCords hinter dem Diamanten her sind“, meldete sich Jason wieder zu Wort. „Vielleicht vermuten sie, dass Elwin Foley den Stein wirklich an sich genommen und ihn irgendwo auf dem Grundstück versteckt hat, auf dem Travis’ Ranch steht. Schließlich hat Elwin einmal das Land gehört, bevor er es an Gavin vererbt hat, der es dann beim Pokerspiel an die McCords verlor. Mit dem Diamanten könnten die McCords ihren angeschlagenen Konzern wieder ordentlich aufmöbeln.“

„Klingt ziemlich weit hergeholt“, bemerkte Zane.

„Das finde ich nicht. Zeitlich passt meiner Meinung nach alles: Kurz nachdem die Taucher das Wrack durchsucht haben, haben sich die McCords auf einmal verstärkt für das verpachtete Grundstück interessiert.“

„Vielleicht. Jedenfalls sehe ich nicht einfach tatenlos dabei zu, wie diese Familie Travis schikaniert.“

„Prima, dann machst du also mit.“

Zane runzelte die Stirn. „Wie bitte? Wobei genau soll ich mitmachen, Jason?“ Offenbar hatte sein jüngerer Bruder wieder eine seiner genialen Ideen. Seinem Einfallsreichtum hatten sie es immerhin zu verdanken, dass das Familienunternehmen weiterhin schwarze Zahlen schrieb.

„Na ja … wenn die McCords gerade irgendetwas aushecken, dann würde ich gern frühzeitig darüber Bescheid wissen. Damit wir das Schlimmste verhindern können.“

„Und wie genau willst du da vorgehen?“, hakte Zane nach. „Gut, von deinen Anwaltsfreunden weißt du, dass die McCords sich gerade intensiv mit dem Pachtvertrag auseinandersetzen … aber sehr viel mehr kannst du auf diesem Weg auch nicht herausfinden, oder?“

„Stimmt. Und deswegen muss ich jetzt eine bessere Informationsquelle auftun.“

„Aha.“ Zane wartete auf eine genauere Erklärung.

„Es gibt ein paar Schwachstellen in der Familie McCord“, fuhr Jason fort. „Eine davon heißt Penny.“

Offenbar sprach Jason von Penelope McCord, eine der McCord-Zwillingstöchter. Die blonde, sehr zurückhaltende Frau arbeitete als Schmuckdesignerin für das Familienunternehmen … und Jason Foley war ein berüchtigter Ladykiller.

„Was hast du vor, Jason?“

„Ach, nichts Besonderes. Vor Kurzem habe ich mitgekriegt, dass wir demnächst beide auf dieselbe Hochzeitsfeier eingeladen sind – eine riesige High-Society-Veranstaltung. Ich hatte mal geschäftlich mit dem Bräutigam zu tun, deswegen bin ich auch dabei. Auf der Feier wollte ich mich mal ganz locker zu Penny McCord an den Tisch setzen und ihr eine Art Friedensangebot machen, in Form eines höflichen kleinen Gesprächs …“

„… ja, und nebenbei horchst du sie unauffällig darüber aus, was sie über den Diamanten weiß.“ Keine schlechte Idee, fand Zane.

Jason sagte nichts weiter dazu. Das bedeutete wahrscheinlich, dass er im Moment nicht wie vermutet von seinem Schreibtisch aus telefonierte, sondern im Liegestuhl auf der Veranda die Sonne genoss.

„Also gut“, sagte Zane schließlich. „Es wäre natürlich toll, wenn du auf diese Weise ein paar Dinge herausfinden könntest. Zum Beispiel, ob die McCords wissen, wo der Diamant versteckt ist, und wie es wirklich um ihre Finanzen bestellt ist.“

„Tja, und wenn sich über die Hochzeit hinaus noch etwas ergeben sollte …“

„Jason!“, fiel Zane seinem Bruder ins Wort.

„Nicht das, was du vielleicht denkst. Ich meinte eigentlich eher, dass Penny und ich uns danach noch mal auf einen Kaffee treffen … oder so.“

Dass Jason es dabei belassen würde, nahm Zane ihm nicht ab, denn dafür kannte er seinen jüngeren Bruder zu gut: Jason war ein echter Frauenheld, und die wunderschöne Penny McCord entsprach haargenau seinem Beuteschema. Das wollte Zane gerade ansprechen, doch plötzlich hörte er ein Geräusch, das aus Richtung Tür kam.

„Moment mal“, sagte er zu seinem Bruder, dann stand er auf, um auf dem Flur nachzuschauen … nichts!

Trotzdem kam es ihm vor, als würde er einen ganz leichten sommerlichen Duft wahrnehmen. Sein Puls beschleunigte sich.

Seufzend schloss er die Tür und zwang sich, sämtliche sommerliche Gefühle, die in ihm hochkamen, zu ignorieren.

4Erst als der Wagen schon die Hälfte der Strecke nach Austin hinter sich gebracht hatte, konnte Melanie wieder ruhig atmen. Sie hatte sich abgelenkt, indem sie die Landschaft beobachtet hatte, die hinter den getönten Fensterscheiben an ihr vorbeigezogen war. Außerdem hatte sie sich angeregt mit Monty unterhalten, dem Chauffeur. Und so wusste sie inzwischen fast alles über seine vier temperamentvollen und ziemlich anspruchsvollen Töchter.

Fast hatte sie darüber schon vergessen, dass sie vor einiger Zeit noch ihren Chef beim Telefonieren belauscht und dabei mitbekommen hatte, dass er sie als „engagiert“ bezeichnet hatte – mehr nicht.

So ungern sie sich das eingestand, es enttäuschte sie doch ein bisschen. Insgeheim hatte sie nämlich gehofft, Zane Foley würde seinem Bruder von ihrem umwerfenden Lächeln erzählen … von ihrem gewissen Etwas …

Hör auf damit!, ermahnte sie sich. Nimm dich zusammen. Schluss mit der Träumerei!

Als Nächstes hatte sich Zane mit Jason über die Familie McCord unterhalten … und über den Santa-Magdalena-Diamanten.

Der Edelstein war so berühmt, dass er selbst Melanie ein Begriff war. Sie hatte auch schon gehört, dass er in dem Schiffswrack vermutet wurde, das ein paar Taucher kürzlich entdeckt hatten. Was die beiden Brüder darüber gesagt hatten, verwirrte sie allerdings nur noch mehr. Die Familie Foley gab ihr echte Rätsel auf. Sie seufzte.

Als sie aufsah, traf ihr Blick im Rückspiegel auf Montys. Der Chauffeur war etwa Ende dreißig, hatte eine olivfarbene Haut, einen Dreitagebart und dunkle Augen, aus denen der Schalk blitzte.

„Soll ich die Belüftung hochdrehen?“, erkundigte er sich.

Melanie lächelte ihm im Spiegel zu. „Nein, danke. Ich bin bloß …“

„Na los, raus mit der Sprache, was haben Sie auf dem Herzen? Wenn Sie mir alles erzählen, geht die Zeit bis Austin viel schneller rum.“

Monty machte es einem wirklich leicht, sich ihm zu öffnen – andererseits sollte er lieber nicht wissen, wie sehr ihr gemeinsamer Arbeitgeber, Zane Foley, sie beschäftigte.

„Ich habe eben dummerweise meine Kostümjacke im Büro vergessen“, erwiderte sie. „Und das gleich am ersten Tag – wahrscheinlich hält Mr. Foley mich jetzt für völlig zerstreut.“

Monty lachte und zuckte mit den Schultern. „Kein Problem. In Austin esse ich dem Koch nur schnell den Kühlschrank leer, und dann fahre ich den Schlitten hier wieder zurück nach Dallas zu Mr. Foley. Bei der Gelegenheit kümmere ich mich darum, dass Sie Ihre Jacke schnell wiederbekommen.“

„Das ist wirklich sehr freundlich, aber ich will Ihnen keine Umstände bereiten.“

Monty machte eine wegwerfende Handbewegung. Offenbar sah er die Sache ganz gelassen.

„Das ist echter Luxus, finde ich: immer einen Chauffeur in der Nähe zu haben, wenn man einen braucht“, bemerkte Melanie.

„Ja, Mr. Foley ist ein reicher Mann. Sie werden staunen, wenn Sie das Haus in Austin sehen, wo Livie wohnt. Leider ist er selbst nie da.“

Melanie traute ihren Ohren nicht. „Wie bitte, Mr. Foley ist nie in Tall Oaks?“

„Na ja, jedenfalls nur sehr selten. Zu Livies Geburtstag oder zu Weihnachten schaut er natürlich vorbei. Hin und wieder nutzt er die Räume für eine Wohltätigkeitsveranstaltung. Er hat eben immer viel zu tun. Trotzdem sorgt er dafür, dass Livie alles bekommt, was sie braucht.“

Sie hat jedenfalls immer eine Nanny, dachte Melanie und erinnerte sich daran, dass sie ihrem Chef versprochen hatte, nicht über ihn zu urteilen. Und weil Monty so wirkte, als wollte er nicht weiter darüber sprechen, beschloss Melanie, ein anderes Thema anzuschneiden. Allerdings war das auch ziemlich heikel.

„Komisch, wie es manchmal so kommt im Leben“, bemerkte sie. „Wenn Harry McCord damals Gavin Foley nicht beim Kartenspiel betrogen hätte, dann hätten die Foleys vielleicht heute ein Schmuckimperium.“

„Stimmt“, bestätigte Monty. „Auf dem Grundstück gab es nämlich sage und schreibe fünf Silberminen. Da hat der alte Foley ganz schön was aufs Spiel gesetzt.“ Der Chauffeur lachte leise. „Zu der Geschichte mit dem Kartenspiel gibt es übrigens noch ein paar andere Versionen, nicht nur die der Foleys.“

„Wie meinen Sie das?“

Monty warf ihr einen kurzen Schulterblick zu und konzentrierte sich dann wieder auf die Straße. „Was ich Ihnen gleich erzähle, bleibt aber unter uns, okay?“

„Auf jeden Fall.“ Ihr Herzschlag beschleunigte sich.

„Meiner Meinung nach war Gavin Foley einfach beleidigt, dass er das Pokerspiel verloren hat. Gerade, wo das Land so viel abgeworfen hat. Dass Harry McCord geschummelt hat, ist gar nicht gesagt.“

„Ach so?“, erwiderte Melanie.

„Na ja, zum Glück waren die Foleys dann im Ölgeschäft sehr erfolgreich, und da tat der Verlust nicht mehr ganz so weh. Trotzdem hat der alte Gavin immer wieder erzählt, dass die Silberminen eigentlich auch den Foleys gehören müssten, nicht den McCords. Mit der Geschichte sind die drei Brüder also praktisch aufgewachsen, besonders Travis, der jüngste. Als er noch klein war, saß er gern bei seinem Großvater auf dem Schoß und hörte sich seine Geschichten an. Zane war ja schon älter; er hat sich nach dem Tod der Mutter um das Familienanwesen gekümmert.“

Sofort fiel Melanie die Frau von dem Gemälde wieder ein, Olivia Foley. Auf dem Bild hatte sie so liebevoll und sanftmütig ausgesehen, wie Melanie sich immer ihre eigene Mutter gewünscht hatte. Sie spürte einen Stich in der Herzgegend. „Dann war Zane Foley also lange Zeit das zweite Familienoberhaupt, neben dem Vater Rex Foley?“

„Ja, Ma’am. Zane Foley hat sich schnell um die Ölfelder und das Immobiliengeschäft gekümmert. In geschäftlichen Dingen ist er sehr zielstrebig und ehrgeizig. Das hat er früh gelernt.“

Melanie lehnte sich gegen die Rückbank und schloss die Augen. Sie sah Zane Foley vor sich, seine haselnussbraunen Augen … Erst als sie wieder in den Rückspiegel und damit in Montys verwundertes Gesicht sah, wurde ihr bewusst, dass sie laut geseufzt hatte.

„Er hat eine ziemlich schwere Vergangenheit, das hängt mit seiner verstorbenen Frau zusammen“, bemerkte der Chauffeur. „Ich erzähle Ihnen am besten schon mal, was damals passiert ist. Als neues Familienmitglied kommen Sie um die Geschichte nicht herum. Aber sagen Sie bitte niemanden, dass Sie das alles von mir haben.“

„Keine Sorge.“

„Okay … Danielle war manisch-depressiv. Nachdem sie eigenmächtig ihre Medikamente abgesetzt hat … hat sie sich das Leben genommen.“

Melanie zuckte zusammen. Auf einmal war ihr klar, warum Zane Foley mit der Presse nicht über sein Privatleben sprach. Wie Livie wohl auf den Selbstmord ihrer Mutter reagiert hatte? Und Zane selbst?

Auf einmal fiel ihr wieder sein schmerzerfüllter Blick ein. „Das tut mir furchtbar leid“, sagte sie leise.

„Ja, das ging uns allen so. Inzwischen ist das fast sechs Jahre her, aber irgendwie ist sie immer noch da, die ganze Zeit.“

Dazu wusste Melanie nichts zu sagen. Es kam ihr vor, als würde sie in ein Geisterhaus ziehen. Bald würde sie über denselben Boden gehen wie Danielle, würde dieselben Wände berühren …

„Er hat seine Frau direkt nach der Highschool geheiratet“, fuhr Monty fort. „Kurz danach ging es gleich los mit ihren extremen Stimmungsschwankungen. Ganz offensichtlich wusste Mr. Foley nicht, wie er damit umgehen sollte, aber er hat alles versucht. Sie hat dann auch Medikamente genommen, aber als sie dann einfach damit aufgehört hat …“

Melanie schloss die Augen und bereitete sich auf das vor, was jetzt kommen würde – obwohl sie es nicht hören wollte.

„Mr. Foley ist es gewohnt, alles im Griff zu haben: früher in der Schule, zu Hause, beim Sport und im Geschäft. Aber Danielle hat er nicht helfen können. Er konnte sich nur darum kümmern, dass sie medizinisch und therapeutisch in den allerbesten Händen war. Nachdem sie die Überdosis Schlaftabletten genommen hatte, hat er sich schreckliche Vorwürfe gemacht und sich völlig in seiner Arbeit vergraben.“

Melanie öffnete die Augen. „Und Livie?“

„Livie war damals noch ein Baby, aber sie sieht Danielle immer ähnlicher, je älter sie wird. Sie können sich bestimmt vorstellen, wie schrecklich das für Mr. Foley ist …“ Monty brach ab, den Rest konnte Melanie sich denken.

Besuchte Zane Foley seine Tochter etwa deswegen so selten? Weil er befürchtete, dass sie nicht nur äußerlich, sondern auch psychisch nach ihrer Mutter käme und sich das Drama irgendwann wiederholen würde?

Und hatte Livie sich vielleicht deswegen so benommen, dass eine Nanny nach der anderen gekündigt hatte? Weil sie spürte, dass ihr Vater Angst davor hatte, bei ihr zu sein, und sie ihren Schmerz darüber an ihre Betreuerinnen weitergab?

Auf einmal glaubte Melanie zu verstehen, warum Zane Foley manchmal so unendlich traurig aussah … und sie wünschte sich umso mehr, für seine Tochter da zu sein.

Auch wenn sie ihre eigene schmerzvolle Vergangenheit noch längst nicht bewältigt hatte.

3. KAPITEL

Mit seinen Türmchen und Erkern und weitläufigen Rasenflächen wirkte Tall Oaks auf Melanie wie ein Märchenschloss.

Weiden und Eichen umgaben das Gebäude aus dem neunzehnten Jahrhundert, auf der Veranda mit dem kunstvoll gesägten Holzgeländer standen gusseiserne Gartenmöbel.

Aber kaum hatte Melanie einen Fuß ins Haus gesetzt, zerplatzte der Kleinmädchentraum: Die Einrichtung wirkte düster und spartanisch. Melanie hatte gerade ihre beiden Koffer in das Foyer gehievt, da schloss die Verwalterin Mrs. Howe schon die Tür und eilte ihr voraus zur Treppe.

Mrs. Howe trug ein mausgraues Kleid. Die roten Haare hatte sie zu einem strengen Knoten frisiert. „Kommen Sie bitte, Miss Grandy“, sagte sie und legte eine Hand auf das hölzerne alte Treppengeländer.

Bevor sie der Verwalterin folgte, spähte Melanie durch die offen stehenden Doppeltüren ins Wohnzimmer. Sie ließ den Blick über einen alten Sekretär schweifen, dann über den nackten Parkettboden. Der ganze Raum wirkte düster und kahl. An den Decken befanden sich zwar aufwendig gestaltete Gemälde von Engeln, die durch bauschige Wolkenlandschaften schwebten, aber die Farben waren schon stark verblichen.

Irgendwie unheimlich, fand Melanie.

Ihr Blick fiel auf einen großen goldenen Käfig in einer Zimmerecke. Darin hockte ein einsamer Kanarienvogel stumm auf einer Stange.

„Das ist Sassy“, stellte Howe den Vogel vor. „Sie lebt schon seit ein paar Jahren bei uns. Manchmal versucht Livie, sie zum Singen zu bringen, aber das klappt nicht immer. Störrisches kleines Tier.“

Melanie überraschte das nicht weiter – sie selbst hätte in der Umgebung auch keine Lust, fröhlich vor sich hin zu trällern. Sie griff nach ihren Koffern und folgte Mrs. Howe zur Treppe. Draußen hatte sie ihre und Montys Angebote zurückgewiesen, ihr mit dem schweren Gepäck zu helfen. Spätestens auf dem Weg nach oben bereute sie diese Entscheidung.

Viel versprach sie sich inzwischen nicht mehr von ihrem Zimmer – zum Glück, wie sich zeigte! Die türkisfarbene Decke auf ihrem Bett stammte wahrscheinlich noch aus den Fünfzigerjahren, und auch die spartanische Möblierung hatte wenig Märchenhaftes.

Egal, sagte sie sich. Ich kann mir sowieso nicht erlauben, hier die Prinzessin auf der Erbse zu spielen.

Mit aller Kraft hievte sie ihre beiden Koffer auf das Bett und bedankte sich bei Mrs. Howe für den Empfang.

„Livie spielt gerade noch ein bisschen“, erklärte die Verwalterin. „Um sechs Uhr gibt es Abendessen. Danach muss sie noch lernen, und dann geht’s auch schon bald ins Bett. Um Punkt sieben steht sie übrigens auf. Sie müssen sie für die Vorschule fertigmachen und auch hinfahren.“

Dass Melanie seine Tochter zur privaten Vorschule bringen sollte, hatte Zane Foley ihr bereits erklärt. Der Rest verwunderte sie allerdings. „Lernen? Livie ist doch erst sechs. Was muss sie da lernen?“, hakte sie nach.

Mrs. Howe lächelte nachsichtig. Aus der Nähe fiel Melanie auf, wie glatt die Haut der Verwalterin war. Die Frau konnte also kaum älter als vierzig sein. Zuerst hatte Melanie sie für wesentlich älter gehalten – wegen ihres Haarknotens, und weil sie kein Make-up trug. Ansonsten war sie schwer einzuschätzen.

„Mr. Foley legt Wert darauf, dass seine Tochter vertieft, was sie in der Vorschule gelernt hat, indem sie sich Bilderbücher anschaut“, erklärte Mrs. Howe.

„Was für eine schöne Kindheit“, bemerkte Melanie leichthin, um die Reaktion der Verwalterin zu testen.

Diese wirkte überrascht.

„Entschuldigen Sie bitte“, sagte Melanie schnell. „Es kommt mir bloß so vor, als wäre Mr. Foley ziemlich …“

Sie suchte nach Worten.

„… schwierig?“, schlug Mrs. Howe vor.

Melanie grinste verlegen, und die andere Frau lächelte nachsichtig. „Na ja, es ist ihm eben wichtig, dass Livie in seine Fußstapfen tritt … und wir halten uns an seine Anweisungen, weil er ein wirklich fairer Arbeitgeber ist.“

Bevor Melanie etwas erwidern konnte, sah Mrs. Howe in Richtung Flur, denn sie schien dort etwas entdeckt zu haben.

Melanie wandte sich gerade noch rechtzeitig um, um einen geblümten Rockzipfel verschwinden zu sehen.

„Da ist offenbar jemand neugierig auf Sie“, raunte ihr die Verwalterin zu.

Melanie stockte das Herz. Livie!

Sie ging zur Tür und schaute um die Ecke, aber das Mädchen war schon nicht mehr zu sehen. Mrs. Howe war inzwischen damit beschäftigt, die Bettdecke glatt zu ziehen, die durch die schweren Koffer ein paar Falten warf.

Oje, dachte Melanie.

Die Verwalterin strich sich über den grauen Rock und verließ das Zimmer. Im Türrahmen drehte sie sich noch einmal um. „Livies Spielzimmer liegt übrigens ein Stockwerk höher, wenn Sie mal vorbeischauen wollen.“ Sie lächelte. „Viel Glück!“ Dann ging sie den Flur hinunter – und Melanie hätte schwören können, dass die Frau noch ein „Das werden Sie auch brauchen“ gemurmelt hatte.

Melanie ließ sich nicht abschrecken. Sie ging in den ersten Stock und blieb dort vor einer verschlossenen Tür stehen, hinter der Licht brannte.

An der Tür war ein Schild angebracht, auf dem in lilafarbenen Buntstift-Großbuchstaben „LIVIE“ stand.

Melanie zögerte. Das Mädchen hatte so einen strengen Tagesablauf, dass sie dadurch bestimmt Zeit für sich brauchte. Da wollte Melanie nicht einfach in ihren Privatbereich eindringen.

Schließlich klopfte sie doch an die Tür und wartete. Keine Reaktion.

„Livie?“, rief sie. „Hier ist Miss Grandy, deine neue Nanny. Ich wollte dir nur kurz Hallo sagen.“

Immer noch keine Antwort. War das Mädchen überhaupt in ihrem Zimmer?

Vorsichtig drückte Melanie die Klinke herunter. Die Tür war nicht abgeschlossen – was Melanie auch verwundert hätte. So etwas gestattete Zane Foley bestimmt nicht.

Ganz unvermittelt musste sie an ihr eigenes Zimmer in diesem Haus denken. Sie stellte sich vor, wie sie nachts unter der türkisfarbenen Decke lag, wie sich die Zimmertür öffnete und Mr. Foley hineinschaute …

Sie erschauerte. Dann fasste sie sich schnell wieder und drückte die Kinderzimmertür auf. Ihr Blick fiel auf ein ordentliches, schmuckloses Dachzimmer. An den Wänden befanden sich Regale mit Spielsachen; dazwischen standen Kisten und niedrige Holztische.

Als Melanie nach unten sah, bemerkte sie, dass ihr dort eine Gruppe von Stofftieren den Weg versperrte. Jemand hatte sie schnell im Halbkreis auf den Boden gesetzt.

Von links hörte sie eine Mädchenstimme: „Sie wollen nicht, dass du reinkommst.“

Melanie drehte den Kopf. Livie saß in einem Kinderschaukelstuhl; die Hände hatte sie im Schoß gefaltet. Sie trug Riemchenschuhe mit kurzen Söckchen. Ihre Haare waren mit einem Spitzenband zurückgebunden. Fehlte nur noch das Stofflamm, dann wäre sie ein Ebenbild des Mädchens auf dem Gemälde in Dallas gewesen. Allerdings fiel Melanie noch etwas an Livie auf, das auf dem Gemälde nicht richtig zur Geltung gekommen war: Das Mädchen hatte unendlich traurige große Augen …

Melanie spürte einen Stich in der Brust. „Ich dachte, hier wäre niemand“, sagte sie und lächelte freundlich, dann wies sie auf die Stofftiere am Boden. „Du hast ja eine Riesensammlung.“

Die Kleine musterte ihre neue Nanny in aller Seelenruhe. Ein wunderhübsches Kind, dachte Melanie. Wahrscheinlich genau wie ihre Mutter.

Livie warf einen Blick auf die Stofftierversammlung. „Die hat mir Daddy alle dieses Jahr zum Geburtstag geschickt. Weil er diesmal nicht selbst da sein konnte.“

Armes Kind, dachte Melanie. Die Worte des Mädchens taten ihr im Herzen weh, am liebsten hätte sie die Kleine fest in die Arme geschlossen. Immerhin wusste sie selbst zu gut, wie es sich anfühlte, wenn der eigene Geburtstag übergangen wurde. Ihre Mutter hatte Melanies Geburtstag ständig vergessen. Ein paar Tage später war er ihr meist wieder eingefallen, und dann hatte sie versucht, alles wiedergutzumachen, und beim Bäcker einen alten Kuchen aus dem Ausverkauf geholt.

„Und was machen die Tiere da auf dem Boden?“, erkundigte sie sich – obwohl sie genau wusste, warum Livie sie dorthin gesetzt hatte.

Das Mädchen stand aus dem Schaukelstuhl auf. Das knarrende Geräusch ließ Melanie zusammenfahren. Livie ging zu einem der Regale und drehte dabei Melanie den Rücken zu. „Die Tiere wollen dir sagen, dass das hier ihr Zimmer ist, nicht deins.“

„Verstehe“, gab Melanie zurück. „Dann hätten wir das schon mal geklärt. Wir müssen aber noch ein paar andere Regeln besprechen, Livie. Darf ich mich irgendwo hinsetzen? Bisher haben wir uns noch nicht richtig unterhalten. Das würde ich jetzt gern tun.“

Das Mädchen drehte ihr immer noch den Rücken zu, aber auch von hinten war deutlich zu erkennen, dass sie gerade die Arme vor der Brust verschränkte. „Ich heiße Olivia“, sagte sie.

„Alles klar.“ Melanie blieb seelenruhig. Nach allem, was das Mädchen durchgemacht hatte, hatte sie jede Menge Geduld verdient. „Olivia, was hältst du davon, wenn wir auf der Veranda hinter dem Haus zusammen eine Limonade trinken?“

„Limonade hat zu viel Zucker. Davon werde ich unruhig. Hat Daddy gesagt.“

Melanie musste sich sehr zusammennehmen, um nicht mit den Augen zu rollen. Zane Foley machte sie noch völlig wahnsinnig – dabei war er nicht mal hier!

„Dann bereite ich uns einfach einen ungesüßten Eistee zu. Was hältst du davon?“, schlug sie vor.

Livie seufzte und suchte weiter in ihrem Regal nach Spielzeug. Sie beachtete ihre neue Nanny nicht weiter.

Trotzdem ließ Melanie sich nicht abschrecken. Sie blieb einfach im Zimmer stehen und sah sich gründlich um. Nachdenklich betrachtete sie die Stofftiere auf dem Boden: Hunde, Delfine und ein Schaf … alles eher sanftmütige Wesen.

Neben der Tür stapelten sich gleich mehrere Puzzlekartons, die so aussahen, als hätte Livie noch nie damit gespielt. Und dann gab es noch jede Menge Puppen, besonders Barbies.

Melanie lächelte leise und zog sich zurück – aber nur deswegen, weil ihr gerade eingefallen war, wie sie Livie vielleicht aus der Reserve locken könnte. Mit ihrem ersten Schützling war ihr das auch gelungen.

In ihrem Zimmer öffnete sie einen der Koffer und holte eine Tasche mit Nähutensilien und Puppenkleidern heraus. Schon damals, als sie noch als Babysitterin gejobbt hatte, hatte sie mit diesem Hobby angefangen. Und fast alle kleinen Mädchen hatte sie damit begeistern können.

In Livies Kinderzimmer setzte Melanie sich wieder in den Halbkreis, den die Stofftiere vor der Tür bildeten, und zog ein besonders fein gearbeitetes Barbie-Brautkleid hervor. Zuerst bauschte sie die zarten Ärmel auf und breitete dann den weiten Rock aus. Dabei sprach sie Livie nicht weiter an, aber das war auch nicht nötig.

Das Mädchen schien immer noch die Spielzeugregale zu durchsuchen. Dabei arbeitete sie sich aber allmählich und kaum merklich immer näher an Melanie heran.

Als Nächstes legte sich Melanie das Kleid auf die Knie und strich es glatt. Dann zog sie noch ein langes schmales Satinkleid aus dem Beutel. In diesem Party-Outfit sah jede Barbie einfach umwerfend aus.

Inzwischen war Livie nur noch ein paar Schritte von Melanie entfernt, stand allerdings nach wie vor auf der anderen Seite der Stofftiere. Melanie sah hoch und tat, als wäre sie überrascht, das Mädchen zu entdecken. Sie hielt ihr das Hochzeitskleid hin, und Livie berührte es kurz, zog aber schnell die Finger wieder weg.

„Du darfst es dir gern angucken“, forderte Melanie sie auf. „Hol doch mal eine Puppe. Dann probieren wir, ob es ihr steht, okay?“

Livie sah ihrer neuen Nanny nicht in die Augen, ging aber sofort zum Spielzeugregal und kam kurze Zeit später mit einer braunhaarigen Barbie zurück. Mit glänzenden Augen fixierte sie das Kleid.

Auch Melanies Augen leuchteten, als das Mädchen die Puppe in das Hochzeitskleid steckte. Unwillkürlich musste sie wieder an Zane Foley denken … daran, dass bestimmte Dinge mit einem Mann wie ihm nie möglich wären …

Seit Zane das Telefonat mit seinem Bruder Jason beendet hatte, war er nicht einmal vom Schreibtisch aufgestanden. Ständig klingelte das Telefon in irgendeiner geschäftlichen Angelegenheit. Während Zane mit den Leuten sprach, blätterte er in einem Buch über den legendären Santa-Magdalena-Diamanten und suchte alte Zeitungsartikel heraus, die über seinen Urgroßvater Elwin und das Verschwinden des Edelsteins berichteten.

Eigentlich hatte Zane sich alles längst mehrfach angeschaut, aber wer weiß – vielleicht hatte er doch eine wichtige Information übersehen?

Schon wieder klingelte das Telefon. Diesmal erschien die Nummer seines jüngeren Bruders auf dem Display. Zane setzte sich das Headset auf und lief zur Küche. Er hatte Hunger.

„Hey, Travis“, begrüßte er seinen Bruder, während er den dunklen Flur entlangging. Er brauchte kein Licht, denn er kannte jeden Quadratzentimeter in- und auswendig. „Bist du gerade draußen auf der Weide?“

„Nein, ich bin schon wieder im Haus. Ich habe bis eben noch ein paar Zäune repariert. Jason hat mir erzählt, dass er inzwischen mit dir über die McCords gesprochen hat … und darüber, dass sie sich auf einmal für das Grundstück hier interessieren.“

„Das stimmt.“

„Dann hat er dir ja auch von seinem tollen Plan und der Sache mit Penny McCord berichtet. Mir ist übrigens nicht ganz wohl dabei. Aber falls sich die Sache dadurch aufklärt, könnte ich damit leben.“ Travis war im Grunde seines Herzens ein echter Cowboy und Einzelgänger. Dass die McCords auf dem von ihm gepachteten Grundstück herumschnüffelten, würde ihn nicht weiter stören, wenn er nicht befürchten müsste, seine Ranch dadurch zu verlieren.

„Jason und ich wollten dir auf jeden Fall vorher Bescheid sagen, bevor wir deswegen etwas unternehmen“, erwiderte Zane und öffnete den Kühlschrank – nichts, bis auf einen kleinen Rest Milch und einige Bierflaschen. Er holte sich eine Flasche und ging weiter zur Speisekammer.

„Ich finde es gut, wenn wir alle Bescheid wissen“, sagte Travis. Dann schwieg er eine Weile. Als er weitersprach, klang seine Stimme gleich viel ruhiger. Sobald es um die McCords ging, konnte auch er nicht gelassen bleiben. „Ich habe gehört, dass du eine neue Nanny eingestellt hast. Jason hatte übrigens den Eindruck, dass sie dir ziemlich gut gefällt.“

Beinahe wäre Zane die Bierflasche aus der Hand gefallen. Nicht nur deswegen, weil Travis ihn völlig überrumpelt hatte, sondern auch, weil ihn auf einmal ein heftiges Verlangen überkam, das er lange verdrängt hatte. Und dafür hatte er nur kurz an Melanie Grandy denken müssen …

Immerhin gelang es ihm, sich innerhalb weniger Sekunden wieder einigermaßen zu sammeln. „Meine Güte, Travis, ihr tratscht ja wie zwei alte Weiber beim Teekränzchen.“

Travis lachte leise. „Ich wollte dich nur mal ein bisschen aus der Reserve locken. Na ja, jedenfalls meinte Jason auch, dass Livie jetzt endlich wieder eine engagierte Nanny an ihrer Seite hat, und das kann sie gut gebrauchen. In dem großen Haus fühlt sie sich bestimmt einsam.“

Zane atmete tief durch. Diese Leier kannte er schon: Jason und Travis liebten ihre kleine Nichte sehr und gaben Zane immer wieder zu verstehen, dass er sich intensiver um sie kümmern solle. Das war sicher gut gemeint, allerdings hatten sie ja keine Ahnung, wie schwer die ganze Situation für ihn war. Keiner der beiden war mit Danielle verheiratet gewesen und hatte durchgemacht, was Zane nach ihrem Selbstmord durchgemacht hatte. Demnach konnten seine Brüder ihn auch nicht verstehen … ihn und seine Angst davor, dass ihm das Gleiche mit Livie passieren könnte.

„Zane“, begann Travis vorsichtig, „ich weiß, dass Danielles Todestag dir sehr bevorsteht, und ich will jetzt auch gar kein Fass aufmachen, aber … hast du dir schon mal ernsthafte Gedanken darüber gemacht, was du wegen Livie unternehmen willst?“

„Halt dich da bitte raus.“

Travis überging die Anweisung einfach – typisch Foley! „Glaubst du wirklich, dass es gut für Livie ist, wenn du Danielle ihr gegenüber völlig totschweigst?“, beharrte er. „Livie wird ja wohl kaum vergessen, dass sie mal eine Mutter gehabt hat. Ich glaube, du machst gerade alles nur noch schlimmer.“

Zane begann innerlich zu kochen. Aber insgeheim wusste er, was dahintersteckte: Er machte sich selbst schreckliche Vorwürfe. „Das muss ich mir von dir nicht bieten lassen“, schimpfte er.

„Hör mal, Zane …“

Aber Zane legte einfach auf. In der Dunkelheit drückte er die Stirn gegen die Tür und wünschte, er könnte Travis vermitteln, wie leid ihm das alles tat. Travis und noch einigen anderen Menschen, die ihm nahe standen …

4Um zehn vor sechs klingelte eine Glocke im Erdgeschoss. Livie sprang in ihrem Kinderzimmer sofort auf die Beine und räumte blitzschnell alle Barbies und Stofftiere ins Regal zurück, als ginge es um Leben und Tod.

„Gleich gibt’s Essen“, verkündete das Mädchen mit ernster Stimme.

Melanie sammelte die Puppenkleider wieder ein. Dabei beobachtete sie Livie mitfühlend. Das Mädchen hatte die Stofftiere, die Melanie den Zutritt versperrt hatten, nach und nach entfernt – ganz unauffällig, damit die neue Nanny auch ja nicht merkte, dass Livie einen Schritt auf sie zumachen wollte. Schließlich war eine Lücke entstanden, durch die das Mädchen zu Melanie geschlüpft war.

In dem Moment hatte Melanie eine Gänsehaut bekommen.

Jetzt stand Livie neben der Tür, verschränkte die Arme vor der Brust und sah Melanie erwartungsvoll an.

Verwirrt erwiderte Melanie ihren Blick.

„Um diese Zeit kommt meine Nanny immer ins Zimmer, um nachzuschauen, ob ich auch alles ordentlich weggeräumt habe“, erklärte das Mädchen.

Ach so, dachte Melanie.

Trotzdem blieb sie zunächst auf ihrer Seite der Grenze, die Livie vorhin aufgebaut hatte. „Darf ich denn reinkommen, Olivia?“, erkundigte sie sich.

Die Kleine warf Melanie einen langen Seitenblick zu. Es sah so aus, als könnte sie nicht glauben, was sie da gerade gehört hatte. Ganz leicht zuckte es um ihre Mundwinkel, in ihren Wangen erschienen niedliche Grübchen. Sie nickte. Dann wurde sie wieder völlig ernst.

Erst jetzt stand Melanie vom Boden auf und ging zu den Regalen, in denen alle Puppen und Tiere in Reih und Glied saßen. Am liebsten hätte sie ein bisschen Unordnung hineingebracht, einfach um Zane damit zu provozieren – obwohl er gar nicht hier war.

„Wunderbar, besser geht’s nicht“, sagte sie und drehte sich zu Livie um. Das Mädchen hatte sie offenbar aufmerksam beobachtet, aber jetzt sah sie schnell weg. „Ich glaube, du bist sehr fleißig, stimmt das?“

„Ja, Miss Grandy.“

Am liebsten hätte Melanie dem Mädchen über das dunkle Haar gestreichelt oder ihr die Hand auf die Schulter gelegt. Allerdings war ihr sehr wohl bewusst, dass das nicht gut ankommen würde … jedenfalls im Moment noch nicht. „Okay“, sagte sie stattdessen. „Dann waschen wir uns noch schnell die Hände und schauen mal, was heute auf der Speisekarte steht.“

Das Esszimmer war genauso spartanisch eingerichtet wie die anderen Räume, die Melanie bisher gesehen hatte. In der Mitte stand ein langer Tisch, der dem in Zane Foleys Stadtvilla in Dallas sehr ähnlich sah. Offenbar hatte er eine Vorliebe für Möbelstücke, die die Menschen auf Abstand hielten. Um den Tisch herum standen schlichte Stühle. Außerdem gab es in dem Raum eine Anrichte. Das einzige dekorative Element im ganzen Zimmer war ein nichtssagender Kronleuchter mit Kelchen aus Milchglas.

Livie setzte sich auf die eine Seite des Tisches, und Melanie nahm ihr gegenüber Platz. In diesem Moment kam Mrs. Howe ins Zimmer.

Melanie blickte auf. Erst jetzt fiel ihr auf, dass das Mädchen sie mit großen Augen anstarrte – offenbar weil sie es nicht gewohnt war, dass die Nanny mit ihr am Familientisch saß.

„Miss Grandy“, meldete sich Mrs. Howe zu Wort. „Das hier ist Livies Esszimmer. Würden Sie bitte mitkommen?“

Augenblicklich senkte Livie den Blick.

Melanie konnte ihren Gesichtsausdruck nicht erkennen. Kommentarlos stand sie auf und folgte Mrs. Howe auf den Flur. Kaum hatten sie die Tür geschlossen, blieb sie jedoch stehen. „Ich verstehe ja, dass es hier gewisse Regeln gibt, die auch alle ihren Sinn haben“, begann sie, „ich möchte Sie bloß darum bitten, dass ich den heutigen Abend mit Olivia verbringen darf. Eben hatte ich den Eindruck, dass sie sich mir schon ein bisschen öffnet, und jetzt würde ich gern dranbleiben …“

Der Blick der Verwalterin war schwer zu deuten. „Das müssten Sie schon mit Mr. Foley besprechen, Miss Grandy. Er hat ganz klar angeordnet, dass alle Bediensteten in der Küche essen.“

„Wenn das so ist“, erwiderte Melanie lächelnd, „nehme ich das gern auf meine Kappe.“

Mrs. Howe runzelte die Stirn und ging einfach.

Livie hob den Kopf, als Melanie wieder ins Esszimmer kam, und ihre Miene erhellte sich kaum merklich. Dann sah sie schnell wieder auf ihren Teller, aber es war zu spät.

Melanie hatte das Mädchen schon fest in ihr Herz geschlossen. Für einen Moment traute sie sich nicht, etwas zu sagen. Dann nahm sie sich zusammen. „Da bin ich wieder. Ich wollte lieber bei dir essen. Hier ist es so schön ruhig.“

„Stimmt.“ Verstohlen schaute Livie zu ihrer Nanny.

Melanie lächelte ihr zu und bemerkte dabei, dass es dem Mädchen schwerfiel, ein Grinsen zurückzuhalten. Offenbar war ihr sehr wohl bewusst, dass die Nanny wegen dieser Aktion in Schwierigkeiten kommen konnte.

Die Tür öffnete sich, und ein junger blonder Mann mit Zottelbart brachte ein zweites Gedeck für Melanie. Er war ganz in Weiß gekleidet, wahrscheinlich der Koch.

Verschwörerisch zwinkerte er ihr zu.

Er sieht die Dinge ähnlich wie ich, dachte Melanie. Endlich jemand, der auf meiner Seite ist!

Als Nächstes trug der Mann das Essen ins Zimmer: Hackbraten, Brokkoli, Nudeln und Fruchtcocktail.

Livie legte in einem atemberaubenden Tempo los, hielt aber inne, als sie Melanies verwunderten Blick wahrnahm. „Ich esse nur deswegen so schnell, weil Mrs. Howe mir erlaubt hat, dass ich noch kurz mit meinem neuen Geschenk spielen darf, bevor ich wieder lernen muss“, erklärte sie.

„Ja?“

Das Mädchen nickte und spießte ein paar Nudeln auf. „Daddy hat mir gerade eine neue Puppe geschickt. Ich bekomme jede Woche eine von ihm, wenn ich lieb war.“ Hektisch aß Livie weiter.

Melanie dagegen hatte immer noch keinen Bissen angerührt. Bei dem Gedanken daran, dass Zane Foley seine Tochter mit Geschenken ruhigstellte, statt sie zu besuchen, drehte sich ihr der Magen um.

Livies nächste Worte verstärkten das Gefühl nur: „Die Puppen sind echt toll“, sagte sie leise. „Aber es wäre noch viel toller, wenn er sie selbst vorbeibringen würde.“

Melanie presste die Lippen zusammen. Das Mädchen sehnte sich so sehr nach der Liebe ihres Vaters, dass Melanie es am ganzen Körper spürte. Warum wollte Zane das nicht einsehen?

„Ja, das verstehe ich, Olivia“, erwiderte Melanie und musste dabei an ihre eigene Mutter denken. „Du glaubt gar nicht, wie gut ich das verstehe.“

„Ich heiße Livie“, sagte das Mädchen, ohne dabei aufzublicken. Sie hatte die Worte ganz leise und vorsichtig ausgesprochen, und gleichzeitig sagten sie so unendlich viel.

Melanie hatte einen Kloß im Hals. Sie schluckte und nahm ihre Gabel in die Hand. Sie wünschte, Zane Foley wäre hier … natürlich nur wegen Livie.

Zane Foley … ihr wurde plötzlich ganz warm. Es begann irgendwo in der Magengegend und ging dann immer tiefer. Und insgeheim musste Melanie zugeben, dass sie sich ihren Arbeitgeber doch nicht bloß Livies wegen hierher wünschte.

4. KAPITEL

Die Zeit auf Tall Oaks verging wie im Flug. Jede Woche kamen neue Puppen mit der Post, und jeden Tag aß Melanie mit Livie zusammen am Esszimmertisch. Danach musste das Mädchen regelmäßig „lernen“, und Melanie unterstützte sie dabei. Allerdings achtete sie auch auf Ausgleich und steckte sie nach und nach mit ihrer Begeisterung für das Tanzen an.

Nur eines war in den vielen Wochen, die sie bereits auf Tall Oaks war, noch nicht geschehen: Zane Foley hatte seine Tochter bisher kein einziges Mal besucht und auch nicht veranlasst, dass Livie zu ihm nach Dallas kam.

Natürlich rief er alle paar Tage an, aber Melanie hatte nicht den Eindruck, dass er sich aus echtem Interesse meldete, sondern dass er die Gespräche eher als Aufgabe sah, die erledigt werden musste. Immer, wenn Livie gerade aufgelegt hatte, sah sie unendlich traurig aus.

Umso wichtiger war es Melanie, ihr zu zeigen, dass das Mädchen ihr wirklich etwas bedeutete. Ganz besonders dann, wenn Livie sich immer mal wieder vor Melanie zurückzog und die Stofftiere für sich sprechen ließ.

„Sie wollen, dass du sie in Ruhe lässt“, sagte Livie manchmal. „Sie brauchen nämlich keinen, der so tut, als würde er sie mögen.“

Wie sollte sie der Kleinen bloß vermitteln, dass sie nicht nur so tat, sondern Livie wirklich ins Herz geschlossen hatte? Vielleicht am besten, indem sie sich nicht abschrecken ließ und einfach weiter für sie da war.

Melanie wünschte bloß, sie wüsste, wie sie Zane Foley zur Vernunft bringen konnte. Damit er endlich begriff, dass er seiner Tochter mit seiner Abwesenheit keinen Gefallen tat, im Gegenteil.

Eigentlich hätte Melanie ihren Arbeitgeber hassen müssen. Aber wenn sie nachts in ihrem Bett lag, wenn der Wind die Zweige der umstehenden Bäume gegen die alten Mauern schlug und der Mond seinen fahlen Schein in ihr Zimmer warf … musste sie unweigerlich an ihn denken. Daran, wie es sich angefühlt hatte, zum Abschied seine Hand zu berühren.

Jedes Mal, wenn sie sich daran erinnerte, lief ein Prickeln über ihre Haut.

Inzwischen war es Juni, und der Sommer stand vor der Tür. Nach den Ferien würde Livie auf die Grundschule kommen. Für das Mädchen war das ein wichtiger Schritt, den Melanie gern mit ihr feiern wollte. Gemeinsam wollten sie den Hausangestellten einen kleinen Tanz vorführen, genauer gesagt: Mrs. Howe und dem Koch. Die beiden saßen auf Decken auf dem Fußboden. Aus einer weiteren Decke hatten Livie und Melanie einen Vorhang gebastelt. Dahinter wartete das Mädchen jetzt, und Melanie stand als Ansagerin davor. Gleich sollte es losgehen.

Der Koch hockte im Schneidersitz da und grinste Melanie an. Schon in der ersten Woche hatte er ihr angeboten, ihn Scott zu nennen.

Daneben saß Mrs. Howe. Sie hatte die Beine damenhaft untergeschlagen. Der helle Rock reichte ihr bis zu den Knöcheln. Ihr Vorname war Sue, aber als Melanie sie einmal so angesprochen hatte, hatte ihr das offenbar gar nicht gefallen. Daher blieb Melanie ihr gegenüber förmlich.

„Ist die Künstlerin schon bereit?“, erkundigte sich Melanie bei Livie.

„Noch fünf Minuten!“, rief das Mädchen zurück.

„Okay.“ Melanie lächelte den Zuschauern zu, setzte sich daneben und zupfte ihr Sommerkleid zurecht. „Hinter dem Vorhang wird wahrscheinlich noch geprobt“, flüsterte sie. „Livie ist ziemlich nervös.“

Scott zuckte mit den Schultern. Er wirkte so gelassen und entspannt wie immer. „Kein Problem, das ist schließlich ihre Premiere. Da darf die Kurze sich ruhig Zeit lassen.“

Mrs. Howe seufzte. Offenbar gefiel ihr der Ausdruck „die Kurze“ nicht. Dass sie Scotts Ausdrucksweise missbilligte, kam überhaupt häufiger vor.

Melanie grinste den Koch an. „Tja, das ist das Schöne an den Sommerferien … dass wir uns nicht mehr so streng an irgendwelche Zeitpläne halten müssen.“

„Trotzdem haben Zeitpläne durchaus ihre Berechtigung“, warf Mrs. Howe ein.

In den letzten Wochen waren sich Melanie und Mrs. Howe über einige Dinge uneinig gewesen, die Melanie gern anders handhaben wollte als vorgegeben. Offenbar hatte die Verwalterin aber Zane Foley noch nichts davon erzählt; jedenfalls hatte er sich noch nicht bei Melanie gemeldet, um sie zurechtzuweisen oder sogar zu feuern.

„Stimmt“, sagte Melanie zu Mrs. Howe. „Zeitpläne haben wirklich ihre Berechtigung. Darum habe ich sie auch nicht völlig abgeschafft. Die Struktur tut Livie nämlich gut. Aber ich finde Spontaneität und Flexibilität auch sehr wichtig.“

Scott lachte leise. „Ohne Listen und Diagramme wäre Mrs. Howe aufgeschmissen“, warf er ein. „Du machst die arme Frau gerade vollkommen nervös, Melanie.“

Die Verwalterin machte eine abwehrende Handbewegung in seine Richtung. Dabei schien sie sich allerdings ein Lächeln zu verkneifen. In Melanies Augen war Scott für Mrs. Howe so etwas wie ein kleiner Bruder: Einerseits raubten sie sich manchmal gegenseitig den letzten Nerv, andererseits bestand zwischen ihnen eine gewisse Sympathie. Romantisches Interesse bestand dabei wohl nicht, denn Mrs. Howe war verheiratet und wohnte mit ihrem Mann ganz in der Nähe im eigenen Häuschen, und Scott hatte Melanie mal etwas von seiner festen Freundin erzählt.

„Ich bin gleich so weit!“, rief Livie ihnen gerade zu.

„Okay!“, riefen die drei Erwachsenen zurück.

Scott betrachtete den improvisierten Vorhang. Der Koch wirkte sehr nachdenklich.

Melanie beugte sich zu ihm. „Was ist denn los?“

Gerade wollte er antworten, da unterbrach er sich wieder und lächelte.

Melanie wartete einfach ab.

„Ich finde es schön, sie auch mal so zu erleben“, sagte er. „Keine Ahnung, wie du das angestellt hast, aber vorher hätte ich mir nicht vorstellen können, dass Livie irgendwann mal etwas vor uns aufführt.“

Melanie errötete. „Na ja, wir sind hier nicht im Stadttheater, sondern bloß in einem Kinderzimmer. Also ist das keine große Sache.“

„Doch“, warf Mrs. Howe ein, „auf jeden Fall.“

Verwundert sah Melanie die andere Frau an. Zum ersten Mal hatte sie den Eindruck, dass die Verwalterin ein bisschen aus sich herauskam.

Es war Melanie etwas unangenehm, dass ihre beiden Kollegen sie aufrichtig für das zu bewundern schienen, was sie bereits bei Livie erreicht hatte. Unangenehm, weil sie noch viel, viel mehr erreichen wollte.

Manchmal saß Livie einfach nur da und starrte stumm aus dem Fenster. An solchen Tagen fürchtete Melanie, nie wieder zu dem Mädchen durchdringen zu können. Und dann wiederum gab es Tage, an denen Livie so bockig war, dass Melanie fast die Geduld verlor und nur zu gut verstehen konnte, warum ihre Vorgängerinnen früher oder später gekündigt hatten.

Trotzdem – Melanies Meinung nach lag das an der unglücklichen Situation, nicht etwa an Livie selbst. Vielleicht waren ihre Vorgängerinnen auch einfach nicht damit klargekommen, dass sie dem Mädchen gegenüber manchmal so streng sein mussten.

„Ich finde, dass du ein echter Glücksgriff bist, Melanie“, meldete sich Scott wieder zu Wort. „Mrs. Howe sieht das übrigens genauso.“

Die Verwalterin räusperte sich. „Erst war ich mir etwas unsicher“, bemerkte sie.

„Ja, aber dann sind Sie doch von Ihrer Meinung abgekommen, was?“ Scott sprach mit hoher Stimme weiter und ahmte damit Mrs. Howes Tonfall nach. „Mr. Foley hat keine Ahnung, worauf er bei einer Nanny zu achten hat. Kaum kommt jemand mit einem hübschen Gesicht vorbei, schon …“

„Jetzt ist es aber gut“, unterbrach die Verwalterin ihn.

„Ich wiederhole nur wortwörtlich, was Sie gesagt haben“, verteidigte sich Scott und grinste schelmisch.

Melanie beachtete ihn nicht weiter, sondern dachte noch über das nach, was Mrs. Howe über sie gesagt haben sollte. Fand Zane Foley sie wirklich hübsch? Am Telefon hatte er sie seinem Bruder gegenüber bloß als „engagiert“ bezeichnet, aber vielleicht wussten die Angestellten auf Tall Oaks mehr?

Und was war mit den anderen Nannys, ihren Vorgängerinnen? Hatten die ihm etwa gefallen? Melanie spürte einen Stich. War das etwa Eifersucht? Das ist doch lächerlich, dachte sie.

Allerdings war sie unheimlich neugierig auf alles, was sie über ihren mysteriösen Arbeitgeber in Erfahrung bringen konnte. Bisher hatte ihr nur Monty, der Chauffeur, ein paar Details aus Mr. Foleys Leben erzählt … und von seiner verstorbenen Frau Danielle.

„Ich bin jetzt so weit!“, rief Livie ihnen gerade zu.

Melanie stand auf und stellte die tragbare Stereoanlage an, die neben dem Vorhang stand. Dann zog sie den Vorhang zurück.

Das kleine Mädchen trug einen pinkfarbenen Gymnastikanzug und Ballettschuhe, die Zane Foley ihr an Melanies zweitem Tag zugeschickt hatte.

Mrs. Howe und Scott applaudierten laut.

Die ersten Takte des Stückes, das Livie sich als Begleitung ausgesucht hatte, erklangen, aber das Mädchen regte sich nicht.

„Livie?“, flüsterte Melanie ihr zu.

Mit großen Rehaugen blickte das Mädchen ihre Nanny an – als hätte sie alle Tanzschritte vergessen, die Melanie ihr jemals gezeigt hatte. Für die kleine Aufführung hatten sie kein festes Programm einstudiert. Stattdessen hatte sie Livie ermutigt, sich einfach spontan für einen Stil zu entscheiden, der gerade zu dem Stück passte: ob Ballett, Jazz- oder Stepptanz.

Vielleicht war genau das falsch gewesen, und Livie brauchte wirklich eine feste Struktur, an der sie sich orientieren konnte – schließlich war sie das so gewohnt.

Melanie schluckte. Dann ging sie auf das Mädchen zu, fasste sie an den Händen und tanzte einfach mit ihr los.

Livie ging sofort darauf ein. Lachend ahmte sie alle Tanzschritte nach, die Melanie ihr vormachte. Dabei hatte sie die ganze Zeit nur Augen für ihre Nanny.

Als das Stück vorbei war, klatschten Scott und Mrs. Howe Beifall und riefen laut „Bravo!“ Livie und Melanie verneigten sich. Die Kleine hatte gerötete Wangen und strahlte über das ganze Gesicht. Dann schaute sie wieder ihre Nanny an.

Melanie stockte der Atem. So hatte sie noch nie jemand angesehen, keines von den anderen Kindern, um die sie sich gekümmert hatte. Spontan schloss sie Livie fest in die Arme.

Ohne zu zögern erwiderte Livie die Umarmung und schmiegte dabei den Kopf an Melanies Schulter.

Für einen Augenblick stand für Melanie die Welt still. Und dann wurde ihr klar, was sie sich die ganze Zeit so sehr gewünscht hatte: Sie wollte gebraucht werden, wollte Liebe geben und bekommen – so wie jetzt.

In ihrer Fantasie kam noch ein Mann dazu und legte die Arme um sie und das Kind, zog sie zu sich heran. Jetzt waren sie eine richtige Familie, wie Melanie es sich immer gewünscht hatte.

Der Mann war Zane Foley.

Baulärm durchbrach ihre Träumerei. Weil auf Tall Oaks Anfang Juli eine Wohltätigkeitsveranstaltung stattfinden sollte, sanierten ein paar Arbeiter gerade die Fassade. Offenbar hatten sie jetzt ihre Pause beendet.

Wenigstens sieht Livie auf der Veranstaltung ihren Vater endlich mal wieder, dachte Melanie. Sie strich dem Mädchen eine Locke aus dem Gesicht.

Auf einmal wirkte sie wieder sehr traurig, als wüsste sie, was ihre Nanny gerade gedacht hatte. Sie drückte Melanie noch einmal fest an sich und ging dann zu Mrs. Howe und Scott, die ihr herzlich zu ihrem ersten Auftritt gratulierten.

Ach, war das schön eben, dachte Melanie.

Offenbar sehnte sie sich genauso sehr nach Liebe und Zuneigung wie Livie …

Plötzlich klingelte Mrs. Howes Handy. Sie zog das Gerät aus der Rocktasche, klappte es auf, und nach einem kurzen Blick aufs Display war es mit der Gelassenheit vorbei. „Hallo, Mr. Foley“, sagte sie.

Schlagartig wurde Melanie am ganzen Körper heiß. Sie stellte die Musik aus und sah zu Livie, die wiederum mit glänzenden Augen Mrs. Howe beobachtete.

Bei diesem Anblick tat Melanie das Herz weh. Zane Foley hatte erst gestern mit seiner Tochter gesprochen. Ganz bestimmt rief er heute nicht noch mal ihretwegen an – schließlich hatte er seinen eigenen Rhythmus, den er auch einhielt.

Verdammt, dachte Melanie. Wie kriege ich diese schreckliche Situation bloß in den Griff?

Inzwischen sprach Mrs. Howe weiter mit ihrem Chef und bestätigte ihm, dass die Arbeiter gut mit der Fassade vorankamen. Livie zupfte die Verwalterin leicht am Rock, als wollte sie dadurch die Aufmerksamkeit ihres Vaters auf sich ziehen.

Melanie konnte das alles nicht mehr mit ansehen. Entschlossen ging sie zu Livie und legte ihr eine Hand auf den Kopf.

„Darf ich auch mal mit ihm sprechen?“, flüsterte Livie der Verwalterin zu. „Bitte!“

Mitfühlend sah Mrs. Howe sie an. Dann warf sie Melanie einen bedauernden Blick zu und gab ihr ein Handzeichen, die Kleine aus dem Raum zu führen, damit sie ungestört mit Zane Foley sprechen konnte.

Melanie wurde heiß vor Ärger … vielleicht aber auch noch aus einem anderen Grund.

Sie hockte sich vor Livie. „Wie wär’s, wenn wir ihn später anrufen?“, schlug sie vor. „Nachdem er seine Geschäfte abgewickelt hat?“

Das Mädchen sah unendlich traurig aus – wie so oft. Melanie zog sich der Magen zusammen. Sie ahnte, wie die Kleine sich jetzt fühlen musste. Das Gefühl, übergangen zu werden, kannte sie selbst zu gut.

Kopfschüttelnd verließ Scott das Zimmer. Wahrscheinlich war er enttäuscht, dass Melanie nicht mehr hatte bewirken können. Mrs. Howe beendete das Telefonat und steckte das Handy wieder weg.

Plötzlich hatte Melanie eine Idee. Sie kniff Livie sanft ins Kinn und hob ihren Kopf an. „Weißt du, was?“, brachte sie hervor, obwohl sie einen dicken Kloß im Hals hatte.

„Was?“, formte Livie mit den Lippen. Ganz offensichtlich kämpfte sie mit aller Kraft gegen die Tränen an.

„Ich sorge dafür, dass du deinen Daddy ganz bald wiedersiehst.“

Hinter ihr schnappte Mrs. Howe hörbar nach Luft, aber Melanie beachtete sie nicht weiter. Livie sah sie gerade so hoffnungsvoll an, dass sie alles tun würde, um ihr Versprechen wahr zu machen. Alles? Auf einmal wurde ihr klar, dass die bevorstehende Aktion sie sehr wohl ihren Job kosten könnte. Bestimmt ertrug es Zane Foley gar nicht gut, wenn sie seine Anweisungen nicht einhielt.

Andererseits ging es hier um Livie … und bisher hatte sich offenbar noch niemand für sie eingesetzt.

„Meinen Sie das wirklich ernst, Miss Grandy?“, fragte das Mädchen ungläubig.

„Aber natürlich.“ Melanie stand auf und wandte sich an Mrs. Howe. „Bald ist doch Vatertag, oder?“ Normalerweise hatte sie mit dem Tag nichts weiter zu tun, aber immerhin wusste sie, dass der Termin irgendwann Mitte Juni lag.

„Miss Grandy …“, begann die Verwalterin. Es klang wie eine Warnung.

Melanie nahm Livies Hand und drückte sie fest. „Wir wollen ihm ein Geschenk basteln, und das bringen wir dann persönlich vorbei.“

Seufzend schloss Mrs. Howe die Augen, und Melanie lächelte Livie an, die vor Freude durch die Gegend hüpfte. „Toll!“, rief sie. „Wir fahren nach Dallas!“

Allerdings, dachte Melanie. Immerhin war ihr dabei in Ansätzen bewusst, dass sie das alles nicht nur für Livie tat … sondern auch für sich selbst.

4Obwohl es Samstag war, war Zane wie immer lange im Büro geblieben. Gerade hatte er einen alten, heruntergekommenen Vergnügungspark südlich von Austin aufgekauft, den er später in eine Wellness-Oase verwandeln wollte. Danach hatte Jason angerufen und ihm von seinem Zusammentreffen mit Penny McCord auf der Hochzeit berichtet.

Zane duschte schnell und schlüpfte dann in Trainingshose und T-Shirt. Dabei dachte er über das nach, was Jason ihm vorhin am Telefon erzählt hatte. Offenbar hatte er nicht viel aus Penny McCord herausbekommen, obwohl er seinen ganzen Charme eingesetzt hatte. Er wollte aber am Ball bleiben und plante auch schon die nächste „Zufallsbegegnung“.

Eigentlich gefielen Zane solche Methoden gar nicht … andererseits war den McCords gegenüber alles erlaubt.

Mit ein paar Unterlagen über den Schiffsuntergang, bei dem auch der berühmte Diamant versunken sein sollte, setzte er sich aufs Wohnzimmersofa.

Plötzlich klingelte es an der Tür.

Zane sah zur Leuchtanzeige auf dem DVD-Player hinüber: Acht Uhr abends.

Wer kommt denn jetzt noch vorbei?

Im Flur schob er ein Stück der Vertäfelung zur Seite. Dahinter kam ein Bildschirm zum Vorschein. Im Eingangsbereich war eine Kamera installiert, die seine Besucher auf den Monitor brachte.

Kaum hatte er den blonden Schopf entdeckt, überkam ihn ein heißes Verlangen. Seit er Melanie Grandy zum ersten Mal gesehen hatte, waren ihm ihr helles Haar und ihr schlanker, langbeiniger Körper nicht mehr aus dem Kopf gegangen.

Und jetzt hatte er sie wieder vor sich – erst mal nur auf dem Bildschirm, und gleich auch wirklich. Langsam atmete er aus und versuchte, auf diese Weise seine Anspannung loszuwerden. Sein ganzer Körper begann zu kribbeln; so hatte Zane sich seit Jahren nicht mehr gefühlt. Dafür hatte er gar keine Zeit gehabt, denn das Geschäft hatte ihn schließlich voll beansprucht.

Außerdem hatte er in seinem Leben schon genug Ärger mit Frauen gehabt, da war es einfacher für ihn, ihnen aus dem Weg zu gehen.

Oder etwa nicht?

Gerade wollte er auf den Knopf für die Gegensprechanlage drücken, um sich zu erkundigen, was Melanie Grandy hier zu suchen hatte – da erblickte er Livie. Sie stand neben ihrer Nanny und hatte die Hand in ihre geschoben.

Mitten in seiner Bewegung hielt Zane inne.

Livie.

Heftige Schuldgefühle überkamen ihn. Er verdrängte sie schnell und konzentrierte sich stattdessen darauf, wütend auf die neue Nanny zu werden. Das war nämlich viel leichter.

Er riss die Tür so heftig auf, dass der Luftzug Melanie das Haar aus dem Gesicht wehte. Lange, seidige Strähnen …

„Hallo“, begrüßte sie ihn ruhig und lächelte ihn an.

Livie dagegen war deutlich aufgeregt. „Hi, Daddy!“, rief sie und hielt eine hellblaue Karte aus Fotokarton hoch, die mit Federn und Pailletten beklebt war. „Alles Gute zum Vatertag!“, stand darauf.

Zane bekam weiche Knie. Das machte ihn nur noch wütender.

Trotzdem nahm er Livies Karte entgegen und lächelte seine Tochter zaghaft an. In dieses Lächeln steckte er alles, was er ihr niemals würde sagen können. Denn er durfte ihr seine Gefühle nicht offen zeigen, das würde sich irgendwann bitter rächen …

Livies Lächeln verschwand. Auf einmal sah sie schrecklich enttäuscht aus.

Verdammt!, dachte Zane.

Plötzlich fühlte er sich wieder unendlich hilflos, und das machte ihn wütend. Natürlich durfte er seine Wut nicht an dem Kind auslassen, sondern brauchte einen Sündenbock.

Sein Blick fiel auf die Nanny.

„Ich kann mich nicht daran erinnern, Sie eingeladen zu haben“, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Melanie Grandy hielt seinem Blick stand. „Morgen ist Vatertag, da wollten wir Ihnen alles Gute wünschen. Livie hat Ihnen auch ein Geschenk gebastelt.“

Zane bemerkte, dass die Nanny die Hand seiner Tochter drückte und ihr dabei ein Zeichen gab. Offenbar sollte sie ihm eine schmale Schachtel überreichen, die sie in der anderen Hand hielt.

Das Mädchen zögerte. Seine Reaktion auf die Karte hatte sie wohl abgeschreckt. Und das konnte er ihr nicht mal übel nehmen.

Manchmal kann ich mich selbst nicht ausstehen, dachte er und beugte sich zu Livie hinunter, um die Schachtel entgegenzunehmen. Als er sie öffnete, kam eine handgenähte Flanellkrawatte zum Vorschein. Darauf waren lauter kleine Roboter zu sehen.

„Miss Grandy hat mir beim Nähen geholfen“, erklärte das Mädchen leise.

„Die Krawatte ist aus einem alten Schlafanzug, der Livie nicht mehr passt“, ergänzte die Nanny.

Fassungslos betrachtete Zane das Geschenk. Es kam ihm so vor, als hätte er noch nie so etwas Schönes gesehen.

Als er dann aber wieder seine Tochter betrachtete, zuckte er zusammen. Die Kleine lächelte genauso süß und unschuldig, wie Danielle früher gelächelt hatte! Damals, als sie sich gerade erst kennengelernt hatten …

Damals hatte er noch fest daran geglaubt, dass alles in bester Ordnung war. Erst als die Katastrophe ihren Lauf genommen hatte, war ihm bewusst geworden, wie unvorsichtig er gewesen war.

Was sollte er Livie bloß sagen? Sekundenlang suchte er nach Worten. „Vielen Dank, meine Süße“, brachte er endlich hervor und berührte ihre Wange.

„Bitte schön.“

So, wie sie ihn jetzt ansah, wünschte sie sich mehr von ihm als nur ein paar Worte. Unbeholfen breitete er die Arme aus.

Livie zögerte erst, bis Melanie Grandy sie sanft zu ihm hinschob.

Zane schloss die Augen und drückte seine Tochter ganz fest an sich. Vielleicht zu fest? Das Mädchen wich zurück und griff schnell wieder nach der Hand ihrer Nanny.

So weit war es also schon gekommen, dass seine eigene Tochter sich bei einer fremden Frau sicherer fühlte als bei ihm. Andererseits … war er für Livie nicht auch ein fremder Mann?

Er räusperte sich. „Komm doch rein, Livie“, schlug er vor. „Du kannst gern im Wohnzimmer fernsehen.“

„Fernsehen?“ Sie wirkte gleich begeistert, denn auf Tall Oaks durfte sie sich nämlich nur selten etwas anschauen. Und weg war sie.

Jetzt war Zane mit der Nanny allein. Er zwang sich, ihr ins Gesicht zu sehen, in die leuchtend blauen Augen. Ein heißkalter Schauer durchfuhr ihn. „Dann haben Sie also mit Livie Krawatten genäht und Karten gebastelt, statt sich auf ihre Schulaufgaben zu konzentrieren?“

Melanie Grandy runzelte die Stirn. „Livie hat gerade Sommerferien, Mr. Foley.“

Zane zuckte zusammen. Dass er daran nicht gedacht hatte, war ihm schrecklich peinlich. Egal – er war wütend auf die Nanny, und das sollte sie ruhig spüren. „Und was genau bezwecken Sie mit diesem Überraschungsbesuch?“

Sie lächelte unschuldig. „Na ja, erstens wollten wir Ihnen die neue Krawatte geben und zweitens einen schönen Vatertag wünschen. Persönlich. Für Livie ist es nämlich auch wie ein Geschenk, ihren Vater wiederzusehen.“

Was redete die Frau da eigentlich? Wollte sie ihm damit etwa Vorschriften machen, wie er sich als Vater zu verhalten hatte? Das hatte bisher noch keiner seiner Bediensteten gewagt – jedenfalls nicht, solange sie noch bei ihm angestellt gewesen waren. Zane war kurz davor, zu explodieren.

„Wir sind leider erst spät in Austin losgefahren“, fuhr Melanie Grandy ungerührt fort. „Ich hatte vorher bei Ihnen angerufen. Ihre Assistentin meinte, Sie würden erst gegen sieben nach Hause kommen.“

„Na, dann fahren Sie am besten gleich wieder zurück nach Austin. Sie haben schließlich noch eine lange Fahrt vor sich.“

Statt einer Antwort verschränkte die Nanny nur die Arme vor der Brust.

„Warten Sie mal … das haben Sie doch extra so eingefädelt, damit Sie hier übernachten müssen, oder?“, sagte er. „Habe ich recht?“

„Ich hätte nicht gedacht, dass das so schlimm für Sie ist“, gab sie zurück. „Immerhin ist Livie Ihre Tochter.“

Fassungslos schüttelte Zane den Kopf. Am liebsten würde er diese Melanie Grandy auf der Stelle feuern.

Verdammt, dachte er, ich habe aber keine Zeit, schon wieder nach einer neuen Nanny zu suchen.

Außerdem tat es Livie nicht gut, sich immer wieder auf neue Menschen einstellen zu müssen … außerdem schien das Mädchen mit Melanie Grandy sehr gut zurechtzukommen. Insgeheim fragte Zane sich allerdings, ob es nicht noch einen weiteren Grund gab, aus dem er an dieser Frau so festhielt.

Nein, dachte er. Auf gar keinen Fall.

Überhaupt hatte die Nanny recht: Morgen war Vatertag; da konnte er unmöglich seine eigene Tochter wieder wegschicken.

„Also gut“, sagte er schließlich. „Eine einzige Nacht. Ich bin aber nur deswegen einverstanden, weil ich nicht möchte, dass Sie mit Livie im Dunkeln wieder zurück nach Austin fahren.“

„Gut.“

„Ich habe übrigens zurzeit extrem viel zu tun und möchte nicht, dass Sie mir in die Quere kommen.“

Lauter Ausreden, dachte er. Das merkt man doch sofort.

„Verstehe“, erwiderte Melanie Grandy und lächelte etwas gequält. Dann hob sie die beiden Koffer hoch, die sie vor der Tür abgestellt hatte: Der eine war alt und abgestoßen, der andere sah aus wie neu. Vor der Treppe setzte sie das Gepäck wieder ab und lief gleich zu Livie ins Wohnzimmer.

Zane trug die beiden Koffer nach oben in die Gästezimmer. Er selbst schlief im Erdgeschoss, und es war ihm sehr recht, seine ungebetenen Besucher so auf Abstand zu halten.

Als er wieder die Treppe hinunterkam, lachten seine Tochter und ihre Nanny gerade zusammen über irgendetwas, was sie im Fernsehen gesehen hatten. Ohne nachzudenken ging er in Richtung Wohnzimmer. Dann hielt er abrupt inne, drehte um und machte sich auf den Weg in sein Büro.

Dort war er vor ihnen sicher. Das dachte er zumindest.

Fehlanzeige – auch von hier aus konnte er sie noch lachen hören.

Und seltsamerweise gefiel ihm das.

5. KAPITEL

In der Nacht konnte Melanie nicht einschlafen. Sie drehte sich unruhig hin und her und wickelte sich dabei die Bettdecke um die Beine. Ständig musste sie daran denken, dass Zane Foley nur ein Stockwerk tiefer lag. Sie bildete sich ein, seine Anziehungskraft bis ins Gästezimmer zu spüren … vielleicht auch deswegen, weil sie schon so lange mit keinem Mann mehr zusammen gewesen war.

Sie hatte sich mal für eine Weile mit einem Barkeeper in Las Vegas getroffen, der mit dem Gedanken spielte, seinen eigenen Laden aufzumachen. Sie waren sich immerhin so nah gekommen, dass sie glaubte, eine echte, tiefe Liebe zu diesem Mann zu entwickeln … bis er sie irgendwann einfach sitzen ließ.

Seitdem war sie sehr vorsichtig geworden, was ihr Gefühlsleben anging. Sex kam für sie nur dann infrage, wenn sie schon beim Küssen im siebten Himmel war und sich vorstellen konnte, den Rest ihres Lebens mit diesem Mann zu verbringen.

Dass sie ständig an ihren Boss denken musste, war allerdings nicht der einzige Grund, der sie wach hielt. Sie musste auch immer wieder an Livie denken … und daran, wie liebevoll ihr Vater sie angesehen hatte, als sie ihm das Geschenk überreicht hatte. Dieser Moment war es Melanie wert, ihren Job aufs Spiel gesetzt zu haben. Hätte Zane Foley allerdings abweisend auf die ganze Aktion reagiert, wäre sie mit dem Mädchen sofort zurückgefahren.

Zum Glück war es nicht so gekommen, im Gegenteil: Dass Zane Foley seine Tochter liebte, war ihr völlig klar – er wusste bloß offenbar nicht, wie er Livie seine Liebe zeigen sollte. Daran ließ sich so schnell wohl nichts ändern, schon gar nicht an diesem einen Wochenende … Dafür hatte Danielles Selbstmord zu tiefe Wunden hinterlassen.

Unten im Wohnzimmer schlug die Standuhr gerade zwölf. Melanie setzte sich im Bett auf. Es hatte keinen Sinn, sie konnte ja doch nicht schlafen. Möglicherweise half es ja, wenn sie einen Kräutertee trank? Allerdings kam Zane Foley ihr nicht so vor, als hätte er Kräutertee im Haus. Aber vielleicht ein Glas Milch? Das half meistens auch ziemlich gut.

Melanie kletterte aus dem Gästebett, zupfte das mit Rosen bestickte Leinennachthemd zurecht, das knapp über dem Knie endete, und ging zur Tür.

Sie schlich zu Livies Zimmer und spähte kurz hinein. Die Kleine lag quer über der Matratze und schlief tief und fest. Friedlich und entspannt sah sie dabei aus.

Melanie wurde es warm ums Herz.

Stufe für Stufe schlich sie die Treppe hinunter und ging weiter in Richtung Küche. Gerade wollte sie am Wohnzimmer vorbei, als sie plötzlich ein Geräusch hörte. Zane?

War er etwa auch noch wach?

Ihr Herz hämmerte wie wild.

Vorsichtig lugte sie durch den Türbogen. Da stand er – im Schein einer Tiffany-Stehlampe ließ er gerade einen Gegenstand in einem Kästchen verschwinden.

Schnell zog Melanie den Kopf zurück. Vielleicht sollte sie jetzt doch lieber ins Gästezimmer zurückgehen.

Andererseits sträubte sich ihr Körper dagegen: Das Blut schoss ihr heiß durch die Adern, und ihre Knie wurden weich, sodass sie sich kaum mehr bewegen konnte.

„Livie?“, rief er. Es klang mürrisch.

Zu spät! Sie konnte nicht mehr unauffällig verschwinden.

„Nein!“, rief Melanie zurück. Jetzt erst wurde ihr bewusst, dass sie bloß ein Nachthemd trug, wenn auch ein eher konservatives. Ihre Brustspitzen richteten sich auf – bloß deswegen, weil sie seine Stimme gehört hatte.

Sie ging ins Wohnzimmer. „Ich bin’s“, sagte sie. „Ich wollte mir nur etwas zu trinken aus der Küche holen, und …“

Zane betrachtete sie so eindringlich, dass es ihren Puls in die Höhe jagte.

Es ist kurz nach Mitternacht, und wir sind ganz allein, dachte sie.

Inzwischen hatte er das Holzkästchen, das er eben noch in der Hand gehabt hatte, neben den Fernseher gestellt, aber darauf achtete Melanie nicht. Sie interessierte sich auch nicht weiter dafür, was es damit auf sich haben könnte.

Im Moment galt ihr Interesse einzig und allein Zane Foley … erst recht, als er die Hände in die Hüften stemmte und stolz und breitschultrig vor ihr stand. Unter seinem T-Shirt zeichnete sich seine ausgeprägte Brustmuskulatur ab. Bestimmt hatte er auch einen Waschbrettbauch. In ihrer Vorstellung strich Melanie ihm über die erhitzte, glatte Haut …

„Tut mir leid, wenn ich Sie erschreckt habe“, sagte er mit seiner klangvollen Stimme.

„Kein Problem.“ Und jetzt? Was sollte sie noch sagen? Tja, tut mir leid, ich bin gerade im Nachthemd, aber das steht mir immerhin besser als das schreckliche Kostüm, das ich bei meinen beiden Vorstellungsgesprächen anhatte. Nein, keine gute Idee …

„Soll ich Ihnen …?“ Er wies in Richtung Küche. Offenbar bot er ihr an, ihr etwas zu trinken zu holen.

Komisch, wie höflich sie auf einmal miteinander umgingen …

„Nein, danke, das schaffe ich schon selbst.“ Gerade wollte sie wieder durch die Tür verschwinden und statt in die Küche zurück in ihr Zimmer gehen – das erschien ihr sicherer.

„Warten Sie mal.“

„Ja?“

Ganz langsam ließ er den Blick über sie gleiten, vom Kopf bis zu den Zehen. Als er bemerkte, dass sie ihn dabei beobachtete, verschränkte er schnell die Arme vor der Brust.

Ihr ganzer Körper kribbelte. Unglaublich, was ein einziger Blick bewirken konnte!

„Wegen heute Abend …“, begann er ruhig.

Na toll, dachte Melanie. Muss das jetzt sein? „Mr. Foley, wenn Sie mich deswegen feuern wollen … würden Sie das eventuell auf morgen verschieben? Ich möchte mich nämlich wenigstens noch von Livie verabschieden.“

„Ich will Sie nicht feuern.“

Ungläubig starrte sie ihn an.

Er hielt ihrem Blick ernst und ruhig stand. „Jedenfalls jetzt noch nicht.“

Dieser Mann bringt mich noch um den Verstand, dachte sie. Ich werde einfach nicht schlau aus ihm.

War er jetzt ärgerlich auf sie, weil sie Livie hergebracht hatte, oder war er es nicht? Kaum hatten sie ihre Sachen in die Gästezimmer gebracht, hatte er sich schon wieder in seinem Büro verschanzt, und danach hatte er sich nur noch einmal blicken lassen, um ihnen eine gute Nacht zu wünschen. Wahrscheinlich wollte er morgen ein ernstes Wort mit Melanie sprechen – wenn er mehr Ruhe hatte.

Sicher war sie sich allerdings nicht. Für sie war Zane Foley ein Buch mit sieben Siegeln. Und was hatte er eigentlich so hektisch in dem Kästchen verschwinden lassen, als er sie gehört hatte?

„Da bin ich ja beruhigt, dass Sie mich noch nicht auf die Straße setzen wollen“, erwiderte sie schließlich und bemühte sich dabei, so selbstbewusst wie möglich zu wirken – auch Livie zuliebe. „Ich glaube nämlich, dass ich sehr gut mit Ihrer Tochter zurechtkomme.“

„Ja, das habe ich gemerkt. Sie sieht … glücklich aus.“ Einen kurzen Augenblick kam es Melanie so vor, als wollte er lächeln. Aber dann wurde er wieder ganz ernst, als wäre es zu anstrengend für ihn, die Mundwinkel zu heben.

„Jedenfalls ist sie jetzt glücklicher als vorher.“ Melanie wartete seine Reaktion ab, aber er sagte nichts. Stattdessen wurde seine Miene undurchdringlich, ähnlich wie bei ihren Vorstellungsgesprächen. Am liebsten würde sie etwas daran ändern, bloß wie? „Wissen Sie, worüber Livie sich wirklich freuen würde?“

„Worüber denn?“ Sein Gesichtsausdruck war immer noch der gleiche.

„Wenn Sie mal etwas mit ihr unternehmen würden. Und wenn Sie nur mit ihr zu Mittag essen. Falls Sie etwas mehr Zeit haben, könnten Sie auch mit ihr reiten gehen. Sie erzählt mir immer, dass sie das unheimlich gern lernen würde.“

„Das halte ich für keine gute Idee, denn Livies Großmutter ist nämlich durch einen Reitunfall ums Leben gekommen“, gab er zurück, als hätte er nur auf einen Vorschlag gewartet, den er deutlich ablehnen konnte.

„Das tut mir leid, das wusste ich nicht.“

Bei ihrer Recherche über die Foleys und ihre Familiengeschichte hatte Melanie nicht viel herausfinden können – die Presse verlor sich in Andeutungen, und meistens ging es um die Rivalität mit den McCords.

„Ich sorge dafür, dass möglichst wenig aus unserem Privatleben an die Öffentlichkeit dringt“, erklärte er.

Sofort musste Melanie wieder an Danielle denken. Vielleicht ging es ihm ja ähnlich, und möglicherweise wirkte er deswegen so bedrückt.

„Okay“, unternahm sie einen neuen Versuch, „wie wäre es dann, wenn wir einfach mal ein Stündchen durch den Park gehen? Ein, zwei Straßen weiter gibt es doch einen, oder? Den habe ich auf der Hinfahrt gesehen.“

Er zögerte.

Melanie atmete tief durch. „Ihre Tochter hat Sie sehr vermisst“, fuhr sie fort. „Sie würden ihr damit wirklich eine riesengroße Freude machen.“

Zane Foley sah zu dem Holzkästchen neben dem Fernseher. Seine Miene wirkte wie versteinert. Melanie rechnete schon fest mit einem Nein, da wandte er dem Kästchen den Rücken zu und ging in Richtung Tür. Als wollte er auf diese Weise etwas zurücklassen … oder zumindest Abstand davon nehmen.

„Okay, sagen wir, um ein Uhr.“

Melanie war sich nicht mal sicher, ob sie richtig gehört hatte.

„Ich muss vorher noch in die Innenstadt, aber ich sehe zu, dass ich rechtzeitig wieder hier bin“, erklärte er.

„Meinten Sie eben …?“

Er blieb stehen und schaute auf den Boden. „Ein Uhr.“

Am liebsten hätte Melanie einen Freudensprung gemacht. „Wunderbar. Ich packe uns etwas zu essen ein.“

„Ich habe nicht viel im Haus, fürchte ich.“ Erneut setzte er sich in Bewegung. „Am besten, ich lasse Ihnen Einkaufsgeld da. Dann können Sie auf dem Markt ein paar Sachen besorgen, wenn Ihnen das nichts ausmacht.“

„Nein, das macht mir nichts aus. Überhaupt nicht.“ Melanie strahlte vor Glück.

Zane Foley hob den Kopf, schaute ihr ins Gesicht … bis sein Blick schließlich auf ihrem Mund hängen blieb.

Dann sah er ihr wieder in die Augen, und schlagartig wurde ihr bewusst, welches Verlangen dieser Mann in ihr weckte – sosehr sie sich auch dagegen wehrte.

Sie nickte ihm kurz zu, dann schlüpfte sie aus dem Raum, lief die Treppe hoch und schloss die Tür zum Gästezimmer hinter sich.

Zane hatte wirklich fest vorgehabt, wie verabredet um ein Uhr zurück zu sein, um mit Livie und Melanie Grandy in den Park zu gehen. Aber dann hatte er eine Unstimmigkeit in der monatlichen Buchhaltung gefunden. Als er endlich alle Fehler behoben hatte und zur Wanduhr sah, war es schon nach drei Uhr.

Verdammt! Wie hatte das passieren können?

Am liebsten hätte er die Schuld auf jemand anders abgewälzt. Auf Melanie Grandy zum Beispiel. Warum hatte sie ihn nicht angerufen?

Wahrscheinlich, weil sie ihn längst aufgegeben hatte – sein Verhalten hatte ihr bestätigt, das er wirklich der mieseste Vater war, den man sich vorstellen konnte.

Und seine Tochter? Wie hatte die wohl reagiert? Wie immer, dachte er. Schließlich war sie schon oft genug von ihm enttäuscht worden; also konnte sich ihr Bild von ihm nicht großartig verändert haben.

Er ließ sich von Monty abholen. Der Chauffeur sagte nichts weiter zu der verpassten Verabredung. Im Gegensatz zu Melanie Grandy mischte er sich nicht in Zanes Leben ein. Stattdessen überreichte er seinem Arbeitgeber stillschweigend eine kleine Schachtel.

„Was ist das?“, erkundigte sich Zane.

Monty lenkte den Wagen vom Parkplatz hinter dem Bürokomplex. „Das hat mir Miss Grandy mitgegeben. Sie meinte, dass Sie es bestimmt gut gebrauchen können.“

Zane holte tief Luft. Was wollte die Nanny jetzt schon wieder von ihm? Einerseits begann er innerlich zu kochen, und andererseits … musste er unwillkürlich an die letzte Nacht denken. Daran, wie sie im Nachthemd vor ihm gestanden hatte. Das Hemd war zwar noch einigermaßen zünftig gewesen, hatte aber trotzdem den Blick auf ihre langen, schlanken Beine freigegeben.

Am liebsten wäre er gestern sofort zu ihr gegangen, hätte ihre Knöchel umfasst, um dann ganz langsam über ihre festen Waden zu streichen, immer höher, bis zu den Kniekehlen, und dann …

Zum Glück hatte er sich beherrschen können – und das lag nicht zuletzt daran, dass er kurz davor in das Holzkästchen neben dem Fernseher geguckt hatte. Darin bewahrte er ein gerahmtes Foto von Danielle auf. Nach dem Tod seiner Frau hatte er alle Fotos von ihr aus dem Wohnbereich entfernt, nur dieses eine nicht. Livie sollte es nicht sehen, aber er selbst schaute in größeren Abständen immer wieder in das Kästchen, um sich vor Augen zu führen, was damals passiert war. Sich zu fragen, wie er dieses schreckliche Unglück hätte verhindern können. Inzwischen stand ihr sechster Todestag bevor. Ihm wurde schlecht, wenn er sich daran erinnerte, wie er damals ins Badezimmer gekommen war, und …

Melanie Grandy hatte ihn für kurze Zeit aus seiner düsteren Verfassung herausgerissen und ihn dabei fast in eine peinliche Lage gebracht.

Zane betrachtete die Schachtel, die Monty ihm gerade überreicht hatte. Am liebsten würde er nicht hineinsehen. Da er allerdings sowieso zu wissen glaubte, was sich darin befand, nahm er den Deckel ab.

Und Bingo – in der Schachtel lag die selbst genähte Krawatte. Wahrscheinlich hatte Melanie sie in der Küche gefunden; dort hatte er sie nämlich vergessen. Diese Frau macht mich völlig fertig, dachte er. Beine bis in den Himmel, aber kein Gefühl für einen angemessenen Abstand zu ihrem Arbeitgeber!
 Er seufzte. Dann lockerte er seine Armani-Krawatte und tauschte sie gegen Livies selbst gemachtes Geschenk aus.

Wenig später setzte Monty ihn vor der Stadtvilla ab.

Zane fuhr sich durchs Haar, atmete noch einmal tief durch und ging dann ins Haus. Im Foyer stellte er seine Aktentasche ab und lauschte. Nichts. Weder lief der Fernseher, noch hörte er Geräusche aus der Küche.

Auf einmal hörte er ein leises Lachen, das von der Wendeltreppe her kam.

Die Dachterrasse!, durchfuhr es ihn.

Da war es wieder, das Lachen. Einen Augenblick wehrte Zane sich nicht dagegen, sondern ließ es auf sich wirken. Wie es wohl wäre, wenn er dieses Lachen öfter hören würde? Hier, in diesem Haus?

Andererseits wusste er, dass es spätestens dann nichts mehr zu lachen gab, wenn er höchstpersönlich auf der Dachterrasse erschien.

Also gut, sagte er sich. Ich habe heute gründlich versagt, und jetzt muss ich auch dafür geradestehen.

Er rückte den selbst genähten Roboterschlips gerade und ging die Treppe hinauf, immer dem Lachen nach, als würde es ihn magisch anziehen.

Livie und ihre Nanny hatten es sich oben in zwei Liegestühlen bequem gemacht und genossen den atemberaubenden Blick auf die Skyline von Dallas. Außerdem hatten sie den kleinen künstlichen Wasserfall eingeschaltet, der neben dem Warmwasserbecken stand. Das leise Plätschern vermischte sich mit Melanies Stimme. Sie erzählte gerade eine Anekdote von ihrer ersten Erfahrung mit Wasserskiern.

„Ich habe noch nie so viel Wasser geschluckt“, sagte sie schließlich. „Danach hatte ich noch stundenlang schlimme Magenschmerzen.“

Livie kicherte und trank Milch mit einem Strohhalm. Dabei beobachtete sie ihre Nanny so fasziniert, als wäre sie das achte Weltwunder.

Während Zane die beiden weiter beobachtete, bekam auch er ein seltsames Gefühl in der Magengegend. Wann hatte Livie ihn eigentlich zuletzt so angeschaut, wie sie gerade ihre Nanny ansah?

Gestern Abend, beantwortete er sich selbst die Frage. Und er? Er hatte ihren Blick nicht erwidert. Rabenvater! Ich wünschte, ich wäre anders, dachte er. Wenigstens für die nächsten paar Stunden.

Als er sich räusperte, drehten sich die beiden zu ihm um. Livie wirkte verletzt. Melanie dagegen sah aus, als würde sie ihm am liebsten an die Gurgel springen. Das konnte er ihr nicht mal übel nehmen. Immerhin war sie Livies wegen so wütend auf ihn.

„Es tut mir schrecklich leid, dass ich unsere Verabredung nicht eingehalten habe“, begann er. „Ich habe nicht rechtzeitig auf die Uhr geschaut.“

Was für eine miese Ausrede, dachte er. Melanie Grandy funkelte ihn immer noch ärgerlich an.

„Livie, ich weiß, wie sehr du dir gewünscht hast, dass ich heute dabei bin“, setzte er noch mal an.

Inzwischen fixierte das Mädchen seine Roboterkrawatte.

Und auf einmal … begann sie zu lächeln! Sie wirkte zwar immer noch sehr verletzt, aber immerhin schien er heute wenigstens etwas richtig gemacht zu haben. Allerdings musste er sich selbst gegenüber eingestehen, dass er das Melanie zu verdanken hatte.

Die Nanny betrachtete ebenfalls die Krawatte, der Anblick schien sie aber nicht zu besänftigen. „Dafür haben wir Verständnis“, erwiderte sie. „Die Arbeit ist eben auch wichtig.“

Das ist sie auch, dachte Zane, sprach die Worte aber nicht aus. Irgendwie kamen sie ihm unpassend vor.

Livie und ihre Nanny saßen immer noch mit dem Rücken zu ihm auf den Liegestühlen, nur die Köpfe hatten sie ihm zugewandt. Als wollten sie ihm damit etwas sagen …

„Es war toll heute, Daddy“, sagte Livie. „Miss Grandy hat uns Sandwiches mit Erdnussbutter und Marmelade gemacht und sie in Sternchenform ausgeschnitten. Und dann haben wir mit Sheree und Tammy Orangen gegessen.“

Unglaublich – obwohl er seine Tochter heute im Stich gelassen hatte, sprach sie immer noch mit ihm und lächelte ihn sogar an!

„Sheree und Tammy sind zwei Nachbarsmädchen“, erklärte die Nanny und grinste Livie dabei zu. „Sie sind sechs und sieben, also in Livies Alter.“

„Ja, und sie haben auch solche Puppen, wie du sie mir geschickt hast“, fügte Livie hinzu.

Jetzt kicherten die beiden wieder.

Zane hätte am liebsten mitgelacht, aber das ging natürlich nicht – oder etwa doch?

Irgendwie musste er wiedergutmachen, was er heute angerichtet hatte. Er war den beiden etwas schuldig: einen bombastischen Abend nämlich! Danach konnte er sie beruhigt zurück nach Austin fahren lassen, und er hatte wieder seinen Frieden. „Dann unternehmen wir eben jetzt etwas zusammen“, sagte er. „Macht ihr euch schnell startklar?“

Sofort sprang Livie auf.

Zane lächelte.

„Was machen wir denn, Daddy?“

„Etwas richtig Schönes“, erwiderte er. „Das kannst du mir glauben.“

Während seine Tochter aufgeregt auf und ab hüpfte, verzog Melanie immer noch keine Miene.

Eigentlich hatte Melanie sich geschworen, dass sie sich von niemandem und um keinen Preis kaufen lassen würde. Aber als sie sich in der Boutique eines Luxus-Kaufhauses im Spiegel bewunderte, war sie sich da nicht mehr so sicher.

„Sie sehen einfach umwerfend aus!“, schwärmte die Verkäuferin und zupfte an dem Rock des meerblauen Cocktailkleides, das Melanie gerade angezogen hatte. „In dem Kleid kommen Ihre schönen Augen und Ihr Haar besonders gut zur Geltung. Darin sehen Sie aus wie ein Hollywoodstar.“

Livie saß hinter Melanie auf einem Ledersofa und betrachtete eines der vielen Bilderbücher, die ihr Vater ihr vorhin gekauft hatte. Jetzt blickte sie auf. „Oh, Miss Grandy, Sie sind wunderschön!“, rief sie aus.

Melanie lächelte und vermied es dabei, Zane anzusehen. Er saß gleich neben seiner Tochter.

„Das Kleid nehmen wir also auch“, sagte er.

Die Verkäuferin strahlte – offenbar freute sie sich über die hohe Provision, die sie später kassieren würde. Dann sammelte sie die sechs Outfits ein, die Melanie bisher anprobiert hatte, und verschwand damit.

Melanie versuchte trotz allem, möglichst gelassen zu bleiben, was gar nicht so einfach war. Sie brauchte nur einen Blick in den Spiegel zu werfen, und schon kam sie sich vor wie Aschenputtel auf dem Ball. Gleichzeitig war ihr bewusst, dass der ganze Zauber sehr bald vorbei sein würde, genau wie im Märchen.

Offenbar spürte Zane Foley, wie unbehaglich ihr zumute war. „Ich schenke Ihnen das Kleid“, versicherte er ihr schnell. „Und die anderen Outfits auch. Natürlich nur, wenn Ihnen das recht ist.“

Und ob ihr das recht war! Das wusste er doch ganz genau. Melanie erkannte das an seinem selbstzufriedenen Lächeln. Wahrscheinlich bildete er sich ein, dass er mit dieser Aktion alles ungeschehen machen konnte, was er seiner Tochter angetan hatte.

Dabei glaubte ihm Melanie wirklich, dass er vorhin im Büro vergessen hatte, auf die Uhr zu sehen. Eine Ausrede war das bestimmt nicht, sondern nichts als die Wahrheit. Und genau das war ja das Problem: So etwas wie heute würde immer wieder passieren, er würde seine Tochter auf diese Weise immer wieder „vergessen“ … es sei denn, er unternahm etwas dagegen.

Sie drehte sich zu ihm um und sah ihn an: Das dunkle Haar war leicht zerzaust, mit seinen haselnussbraunen Augen betrachtete er sie eingehend. Ein ganzer Schwarm Schmetterlinge wirbelte ihr durch den Bauch.

Und dann war da noch diese Roboterkrawatte …

Melanie rechnete es ihm hoch an, dass er Livies Geschenk immer noch trug – obwohl sie ihn mehr oder weniger dazu genötigt hatte.

„Mr. Foley, ich glaube nicht, dass …“

„Schluss mit der falschen Bescheidenheit“, unterbrach er sie. „Sie sind Livies Nanny; da müssen Sie auch etwas darstellen.“

„Ich weiß, das haben Sie mir schon einmal erklärt.“

Ihr Blick sagte aber noch viel mehr: Meinen Sie etwa, Sie könnten mich kaufen, wie all die anderen Leute? So, wie Sie es auch bei Livie versuchen, indem Sie ihr die vielen Puppen schicken, anstatt sie hin und wieder zu besuchen?

Aussprechen konnte sie diese Worte allerdings nicht, jedenfalls nicht, wenn Livie mithörte. „Ich glaube aber nicht, dass Livie und ich noch auf besonders viele Cocktailpartys gehen“, sagte sie stattdessen.

Zane beugte sich zu ihr vor, und wieder wirbelten die Schmetterlinge auf. So heftig, dass sie den Drang spürte, sich die Hand auf den Bauch zu legen.

„Also gut, dann geht es mir eben nicht nur darum, dass Sie für gesellschaftliche Anlässe die passende Kleidung haben“, gab er zu. Und schwieg daraufhin.

Aber worum ging es ihm noch? Wollte er sich mit dem Großeinkauf für ihren Besuch zum Vatertag bedanken? Forschend sah sie ihn an, aber seine Miene war undurchsichtig.

Schließlich drehte sie sich wieder zum Spiegel und strich sich über das Kleid. Es wirkte so edel, dass sie sich darin kaum wiedererkannte. Weder das ehemalige Showgirl noch das Mädchen aus ärmlichen Verhältnissen.

Und trotzdem: Selbst in diesem Kleid konnte sie ihre Vergangenheit nicht hinter sich lassen.

Im Spiegel beobachtete sie, wie Zane seiner Tochter etwas zuflüsterte. Sofort sprang sie auf und sammelte ihre Bücher ein.

„Wir kommen bald wieder“, sagte er und lächelte Melanie im Spiegel zu.

Sie bekam eine Gänsehaut.

„Jetzt kommt nämlich die Krönung des Ganzen“, verkündete er. „Es gibt hier einen riesigen Spielzeugladen, den ich Livie gern zeigen würde.“

„Aber …“, begann Melanie.

Hartnäckig zog das Mädchen ihn am Arm.

Zane schien das zu gefallen. „Keine Angst“, wandte er sich wieder an Melanie, „Sie werden sich hier nicht langweilen.“

Kaum hatte Livie mit ihrem Vater die Boutique verlassen, kam auch schon die Verkäuferin zurück. Sie wirkte so fröhlich-beschwingt, dass es fast schon beängstigend war. „Sind Sie so weit?“, erkundigte sie sich.

Melanie zögerte. „Was kommt denn jetzt?“

Die Frau lachte hell. „Ma’am, Sie bekommen gleich das volle Schönheitsprogramm geboten. Mit Make-up und allem Drum und Dran.“

Ein letztes Mal sah Melanie in den Spiegel. Auf einmal hatte sie wieder ganz deutlich das Bild des ärmlich gekleideten Mädchens vor sich, das sie einmal gewesen war. Das der jungen Frau, die immer nur gekämpft und hart gearbeitet hatte.

Und jetzt sollte sie das volle Schönheitsprogramm geboten kriegen?

Da konnte sie unmöglich Nein sagen!

6. KAPITEL

Es dauerte eine Weile, bis Zane von Melanie die Nachricht bekam, dass sie mit ihrem Schönheitsprogramm fertig sei. Mit Montys Hilfe brachte Livie die Spielsachen, die sie sich ausgesucht hatte, zum Auto, während Zane zurück ins Kaufhaus ging, um Melanie abzuholen. Hoffentlich ist sie mir jetzt etwas freundlicher gesinnt, dachte er. Dann könnten sie gleich alle gut gelaunt nach Hause fahren und sich morgen früh ganz höflich voneinander verabschieden.

Und dann würde alles wieder seinen gewohnten Lauf nehmen.

Als er in die Nobelboutique kam, standen dort einige Frauen vor dem Spiegel und redeten aufgeregt auf jemanden ein.

Gerade wollte Zane nach seiner Hausangestellten fragen, da wichen die Frauen zur Seite, und zum Vorschein kam … die Nanny!

Er wollte etwas sagen, aber ihm blieben die Worte im Hals stecken.

Melanies blondes Haar war zu einem eleganten Knoten hochgesteckt. Die Frisur passte wundervoll zu dem schmalen, kurzen Jäckchen und dem ebenfalls schmalen, aber dafür langen Rock, der an Jackie Onassis erinnerte. Das dezente Make-up brachte Melanies umwerfend blaue Augen zum Leuchten und betonte ihr herzförmiges Gesicht.

Sie sah eher wie eine Prinzessin aus und nicht wie eine Hausangestellte. Für einen Augenblick gab Zane sich der heimlichen Vorstellung hin, sie als seine wunderschöne Begleitung zur nächsten Wohltätigkeitsveranstaltung mitzunehmen.

Mehrere Sekunden sagte er nichts … vielleicht waren es sogar Minuten? Er konnte sie nur noch anstarren.

Sie erwiderte seinen Blick und verschränkte die Finger. Das machte sie offenbar häufiger, wenn sie nervös wurde. Inzwischen kannte er die Geste.

„Sie …“ Er hielt inne.

Unglaublich, dass ausgerechnet ihm, Zane Foley, die Worte fehlten!

Zwei Verkäuferinnen begannen zu kichern, und ihm schoss das Blut in den Kopf.

Er steckte die Hände in die Anzugtaschen. „Sie sind jetzt fertig, stimmt’s?“, erkundigte er sich bei seiner Angestellten. Seine Stimme klang kühl. Förmlich.

Das schien seine Nanny wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen. Sie nickte erst ihm zu, und dann bedankte sie sich bei den Verkäuferinnen.

Das Funkeln war aus ihren Augen verschwunden – seinetwegen. Und dafür hasste er sich.

Gemeinsam gingen sie in Richtung Rolltreppe. Dabei mussten sie auch durch die Abteilung für Herrenschuhe, wo sich einige der Verkäufer bewundernd nach Melanie umdrehten. Am liebsten hätte Zane sich bei ihr untergehakt, um den Männern deutlich zu machen, dass diese wunderschöne Frau zu ihm gehörte. Stattdessen begnügte er sich damit, ihnen warnende Blicke zuzuwerfen.

Als sie an der Stelle ankamen, an der Monty sie einsammeln sollte, war der Wagen noch nicht da. Wahrscheinlich hatte Livie dem Chauffeur erst noch ihre neuen Spielsachen zeigen wollen, und deswegen waren sie nicht rechtzeitig losgekommen.

„Wie hat Livie der Spielzeugladen gefallen?“, erkundigte sich Melanie.

Unwillkürlich musste Zane lächeln. „Ach, das war ziemlich aufregend für sie. Die hatten da so eine Art Riesenrad im Laden aufgebaut. Damit sind wir dreimal gefahren.“

„Klingt toll.“ Jetzt lächelte auch Melanie. Wahrscheinlich freute sie sich gerade darüber, dass ihr Plan so gut aufgegangen war. Dass er und Livie sich tatsächlich näher gekommen waren.

Damit war für Zane allerdings eine Grenze erreicht. Das würde auch Melanie bald merken, und dann würde sie ihn nicht mehr so anstrahlen wie jetzt. Schade eigentlich …

Aber im Moment hatte sie offenbar noch sehr gute Laune. Sie lachte leise – es klang allerdings auch etwas unsicher.

„Was ist denn?“, hakte er nach.

Melanie blickte an sich hinunter. „Na ja, dieser Abend kommt mir so merkwürdig vor … dass Sie Ihren Spaß daran haben, mir dieses Schönheitsprogramm zu gönnen …“

Zane schnappte nach Luft.

„Nein, Entschuldigung, so meinte ich das gar nicht“, verbesserte sie sich. „Mir ist dabei nur wieder eingefallen, dass … ich habe gehört, wie wichtig es Ihnen war, dass alle meine Vorgängerinnen gut aussehende Frauen waren.“

Worauf wollte sie bloß hinaus?

„Ja – und?“, erkundigte er sich.

„Man erzählt sich, dass Sie die Nannys nach ihrem Äußeren ausgewählt haben.“

Allmählich wurde ihm immer wärmer. „Von wem haben Sie das gehört?“

„Was sagen Sie denn selbst dazu?“

Ihm war schon klar, dass sie ihre Informationsquelle auf keinen Fall verraten würde. Einerseits wurmte ihn das, andererseits bewunderte er sie für ihre Loyalität. „Nein, ich habe mir meine Angestellten noch nie nach dem Aussehen ausgesucht“, erwiderte er. Und das stimmte auch. Inzwischen könnte er gar nicht mehr sagen, ob er die anderen Nannys hübsch gefunden hatte. Er wusste nur, dass Melanie ihn so tief berührte, wie es keine ihrer Vorgängerinnen getan hatte. Und das gefiel ihm ganz und gar nicht.

„Wenn es auf das Aussehen nicht ankommt“, warf sie ein, „warum haben Sie mir dann dieses Schönheitsprogramm spendiert?“ Dabei sah sie ihm direkt in die Augen.

Zane erwiderte ihren Blick und rechnete fest damit, dass sie irgendwann schon wieder wegsehen würde, wenn er sie nur lange genug schweigend musterte.

Aber Melanie ließ sich nicht beirren. Schließlich war er derjenige, der schwach wurde, weil er sich völlig in ihren blauen Augen verlor. Ihr Blick strahlte eine Tiefe und innere Stärke aus, die ihm schon aufgefallen war, bevor die Frauen in der Boutique sie entsprechend geschminkt hatten.

Bevor er wusste, was er tat, hatte er ihr eine Hand auf die Wange gelegt, die auch ohne das zusätzlich aufgetragene Rouge immer leicht gerötet war.

Kaum wurde ihm klar, was gerade passiert war, rieb er sanft mit dem Daumen über das Make-up, als wollte er es wieder abrubbeln. „Sie … haben das alles gar nicht nötig“, sagte er.

Und das meinte er auch so.

Mit großen Augen sah Melanie ihn an. Offenbar hatte er sie gerade sehr erschreckt. Die Frage war nur, woran das lag? Daran, dass er ihr zu nah gekommen war, oder daran, dass ihre Haut genauso erregend prickelte wie seine, wenn sie sich berührten?

Melanie schluckte, und sein Atem beschleunigte sich.

Was wohl passieren würde, wenn er ihr jetzt mit den Fingerspitzen über das Kinn fuhr und dann über ihren zarten Hals? Wie würde sie darauf reagieren?

Und er? Was würde er dann tun?

Es kam ihm so vor, als würde um sie herum die Zeit stehen bleiben. Für ihn gab es nur noch sie und ihn … und ihre Berührung. Er versank in Melanies Augen, in denen sich ihm eine neue, wunderschöne Welt eröffnete. Eine Welt voller Fröhlichkeit und Lachen, wie er es vor ein paar Stunden vom Dach seiner Stadtvilla gehört hatte. Ein verlockender Gedanke … und gleichzeitig machte er Zane Angst.

Ganz langsam zog er die Hand wieder zurück, wandte sich ab und holte sein Handy aus der Tasche. Wo blieb bloß Monty mit dem Wagen?

Er tippte den Schnellwahl-Code ein und spürte dabei deutlich, dass Melanie hinter ihm stand und sich gar nicht wohl in ihrer Haut fühlte. Jetzt hatte er diese sonst so selbstsichere Frau völlig aus der Fassung gebracht.

Na toll, sagte er sich. Es ist also mal wieder so weit: Der große Zane Foley hat alles vermasselt.

Von jetzt an wollte er aufpassen, dass so etwas nie wieder passierte.

Am nächsten Morgen stand Melanie bei Sonnenaufgang auf. Schon wieder hatte sie kaum ein Auge zugetan. Jetzt wollte sie wenigstens das Beste aus ihrem letzten Morgen hier machen.

Sie duschte schnell, schlüpfte in ein Sommerkleid und ging dann in die Küche hinunter. Gestern hatte sie auf dem Markt die Zutaten für das heutige Frühstück gekauft: Muffins mit Ei, Käse und Speck. Das hatten bisher alle Kinder gern gegessen.

Während sie die Förmchen füllte, sah sie immer wieder zum Flur. Gleich nebenan lag Zanes Büro, und dahinter befand sich sein Schlafzimmer.

Immer wieder musste Melanie daran denken, wie er sie gestern Abend berührt hatte. Ihr war am ganzen Körper heiß geworden. Wie jetzt, wenn sie sich erneut an die Berührung erinnerte – oder lag das am vorgeheizten Ofen?

Auf jeden Fall konnte sie es sich nicht leisten, sich in irgendwelche Fantasien um Zane Foley hineinzusteigern. Schließlich hatte er sich sofort wieder zurückgezogen und ihr den Rücken zugedreht.

Sie musste den Dingen ins Auge sehen: Zane Foley war ein erfolgreicher Mann – und sie selbst? Wahrscheinlich hatte er ihr wirklich nur das etwas zu großzügig aufgetragene Make-up aus dem Gesicht wischen wollen.

Während die Muffins im Ofen waren, ging Melanie den Flur entlang in Richtung Wohnzimmer. Unwillkürlich fiel ihr wieder das Holzkästchen ein, das er so schnell weggestellt hatte, als er sie im Flur gehört hatte.

Sollte sie vielleicht nur einmal kurz hineinschauen? Möglicherweise verstand sie ihren Arbeitgeber ja dann etwas besser.

Bevor sie es sich anders überlegen konnte, nahm sie das Kästchen von der Ablage neben dem Fernseher.

Unmöglich, was du da gerade tust, warf sie sich vor. Das ist Vertrauensbruch!

Andererseits … wenn es ihr Zane Foleys seltsames Verhalten erklären konnte, heiligte der Zweck in diesem Fall vielleicht die Mittel?

Das Kästchen war nicht abgeschlossen; Melanie konnte es einfach so aufklappen. Als sie den Inhalt sah, zuckte sie zusammen. In dem Kasten lag ein Foto. Und ohne die Frau, die darauf abgebildet war, jemals vorher gesehen zu haben, wusste sie sofort, wer es war: Danielle. Die Ähnlichkeit zwischen ihr und Livie war geradezu unheimlich. Beide hatten die gleichen großen Augen, das gleiche dunkle Haar, das gleiche hübsche Gesicht. Schnell klappte Melanie den Deckel wieder zu, stellte das Kästchen zurück und ging wieder in die Küche.

Seltsam, dachte sie. Warum bewahrte Zane das Bild in einem Kasten auf, statt es offen ins Regal zu stellen? Vielleicht, damit nur er selbst es sich immer wieder ansehen konnte, und niemand sonst? Damit er Danielle ganz für sich allein hatte?

Melanie sah zur Arbeitsplatte, auf der sie die Geräte, Schüsseln und Zutaten für die Frühstücksmuffins verteilt hatte. Das Bild verschwamm vor ihren Augen. Bis vorhin hatte sie sich noch eingebildet, dass Zane Foley sich möglicherweise für sie interessieren könnte … inzwischen stand das völlig außer Frage. Mit einer Frau, deren Erinnerung nie dieses Haus verlassen würde, konnte sie es unmöglich aufnehmen.

Irgendwo im ersten Stock ging gerade eine Tür auf. Dann hörte Melanie Schritte auf der Treppe. Wenig später steckte Livie den Kopf zur Küchentür herein. Ihr Haar war völlig zerzaust. Melanie breitete die Arme aus.

Das Mädchen rieb sich die Augen und ließ sich zur Begrüßung fest drücken. Das ist nicht fair, dachte Melanie. Mit einem Geist kann es niemand aufnehmen. Weder Livie noch … sonst irgendjemand.

Wieder hörte sie Schritte auf dem Flur, doch diesmal kamen sie aus der anderen Richtung.

Melanies Puls raste.

„Als ich aufgewacht bin, roch es auf einmal so lecker“, sagte Zane Foley mit seiner angenehm tiefen Stimme.

Seine Tochter grinste schüchtern, als fragte sie sich gerade, ob sie ihren Daddy auch zur Begrüßung umarmen dürfe.

Aus dem Augenwinkel bekam Melanie mit, dass er in die Hocke ging und sie auf ihn zulief. Na immerhin, dachte Melanie und holte die Muffins aus dem Ofen.

Als die beiden sich wieder voneinander lösten, wagte sie es endlich, ihn anzusehen: Er trug eine Trainingshose und dazu ein T-Shirt genau wie vorgestern Nacht, als sie sich im Wohnzimmer begegnet waren …

„Guten Morgen“, begrüßte er sie.

„Guten Morgen.“ Sie nickte ihm kurz zu und widmete sich wieder den Muffins.

Sofort kam Livie zu ihr und schmiegte sich müde an ihr Bein. Und schon war es vorbei mit Melanies Konzentration.

Als Zane sie beide interessiert musterte, wurde alles nur noch schlimmer. Sein Blick wirkte so sehnsüchtig, dass ihr die Tränen in die Augen schossen.

Dass so ein starker, wundervoller Mann so verletzlich sein konnte …

Am liebsten hätte sie ihn auch sofort in die Arme geschlossen, um ihn zu trösten.

„Hey, Livie“, sagte sie und legte dem Mädchen eine Hand auf den Kopf. „Wollt ihr zwei euch schon mal an den Tisch setzen, dein Daddy und du, und zusammen einen Orangensaft trinken? Er muss ja gleich wieder ins Büro.“

Zane sah ihr in die Augen. Sein Blick wirkte dankbar.

Lächelnd wies sie mit dem Kopf auf den Wandschrank, in dem sich die Gläser befanden. Er verstand den Hinweis sofort und holte drei Gläser heraus.

Drei, nicht zwei …

Allerdings ging es Melanie eigentlich darum, Vater und Tochter zusammenzubringen. Dabei wollte sie nicht ständig wie bisher die Vermittlerin spielen. Eigentlich müssten die beiden inzwischen auch ohne sie klarkommen, wie gestern Abend im Spielzeuggeschäft.

„Danke, Mr. Foley“, begann sie, „aber ich esse nur ganz schnell zwischendurch etwas und setze mich nicht mit an den Tisch. Ich muss nämlich noch unsere Sachen zusammenpacken, bevor wir losfahren.“

„Ach so.“ Er stellte die Gläser auf die Arbeitsplatte.

„Können wir denn nicht noch einmal hier schlafen?“, meldete sich Livie zu Wort. „Heute Abend spielt im Park eine Band, da könnten wir uns doch auf der Dachterrasse in diese tolle Wanne setzen und zuhören.“

Gestern hatten Livie und Melanie Flyer gefunden, die ein kleines Konzert im Park ankündigten. Wahrscheinlich konnte man die Musik vom Dach der Stadtvilla gut hören, und außerdem wollte Livie unbedingt das Warmwasserbecken ausprobieren.

Zane stützte beide Hände auf die Arbeitsplatte. Offensichtlich führte er gerade einen inneren Kampf.

Ich muss ihm helfen, dachte Melanie.

„Wir müssten morgen noch nicht unbedingt in Austin sein“, begann sie. „Es wäre sogar gar nicht schlecht, wenn wir aus dem Weg wären, dann könnten die Arbeiter nämlich in Ruhe innen weiterrenovieren.“

Endlich sah Zane zu ihr herüber. Er wirkte hin- und hergerissen.

Bitte, dachte Melanie. Livie zuliebe!

Er holte den Orangensaft aus dem Kühlschrank und schenkte allen ein Glas ein. „Also gut“, sagte er. „Eine Übernachtung noch. Aber ich muss heute den ganzen Tag arbeiten.“

Hurra!

„Natürlich“, erwiderte Melanie.

Livie schlang die Arme fest um ihr Bein. Melanie drückte ihre Schulter und lächelte ihr zu. Der Ernst des Lebens ging früh genug wieder los – ab morgen nämlich.

Während Zane Foley im Büro war, malte und tanzte Melanie mit Livie. Anschließend picknickten die beiden zusammen im Park. In einem kleinen Café in der Nähe bestellte Melanie für sie beide Tee, und Livie kam sich dabei wie eine „richtige Dame“ vor.

Im Café gab es auch einen Internet-Bereich. Melanie mietete für jeden einen Computer und stellte für Livie ein Musik- und Lernspiel ein, von dem sie mal in einer pädagogischen Zeitschrift gelesen hatte. Sobald Livie in ihre Aufgabe versunken war, setzte Melanie sich an ihren Rechner und drehte den Monitor ein Stück zur Seite, damit das Mädchen auch wirklich nicht sah, welchen Namen sie gerade in die Suchmaske eintippte: Danielle Foley.

Etwa eine Stunde später war Melanie allerdings auch nicht viel klüger als vorher. Offenbar war Danielle genauso pressescheu gewesen wie ihr Mann. Immerhin hatte Melanie ein paar Highschool-Ehemaligenseiten mit Bildern und vereinzelten Informationen gefunden. Auch auf den älteren Fotos sah Danielle ihrer Tochter so ähnlich, dass es fast schon beängstigend war.

Danach las Melanie noch ein paar Artikel über manisch-depressive Erkrankungen. Als sie mit ihrer Recherche fertig war, hatte Livie auch ihr Spiel beendet.

In Zanes Stadtvilla bereiteten Melanie und Livie zusammen fürs Abendessen gefüllte Tortillas und einen Obstsalat vor. Dabei fiel es Melanie schwer, nicht weiter an Danielle Foley zu denken … zumal Livie ihr wie aus dem Gesicht geschnitten war. Zane ging das bestimmt ganz genauso. Wahrscheinlich hielt er Livie deswegen auf Abstand – weil er immer noch so sehr um seine verstorbene Frau trauerte. Der Gedanke daran bedrückte Melanie.

Als Zane aus dem Büro zurückkehrte, kam er sofort zu ihnen nach oben auf die Dachterrasse. Die Band hatte gerade angefangen, die sanften Töne erfüllten die warme Abendluft.

Melanie servierte Zane und Livie ihre Tortillas. Sie selbst wollte sich zum Essen in die Küche zurückziehen, damit Vater und Tochter ein bisschen Zeit zu zweit verbringen und sich näherkommen konnten. Später wollte sie wieder hochgehen und Zane ablösen, der bestimmt noch ein paar geschäftliche Dinge erledigen wollte. Sie selbst würde dann für Livie das Warmwasserbecken füllen.

„Moment mal!“, rief Zane ihr zu, als sie gerade die Schiebetür öffnete. „Wo wollen Sie denn jetzt hin?“

„Viel Spaß!“ Sie lächelte Vater und Tochter zu. „Ich muss noch ein paar Dinge erledigen.“

Jetzt drehte sich auch Livie zu ihrer Nanny um und fixierte sie mit ihren großen Augen. Da saßen die beiden, sahen zu ihr und wirkten dabei schrecklich verloren.

Zane stand auf und zog einen dritten Stuhl unter dem Glastisch hervor. „Wir würden uns aber freuen, wenn Sie mit uns essen.“

Melanie stellte sich vor, wie es wäre, mit ihnen am Tisch zu sitzen. Wie es wäre, wirklich zur Familie zu gehören … ein Traum, der nie wahr werden würde.

„Miss Grandy?“, hakte Zane mit sanfter Stimme nach. Es war wie eine zärtliche Berührung, die jeden Widerspruch zwecklos machte.

„Okay“, willigte sie schließlich ein und sah zu Livie. „Ich hole nur schnell meinen Teller.“

Im Weggehen bemerkte sie noch, dass Vater und Tochter sich anlächelten.

Als sie sich kurze Zeit später mit ihrem Teller zu ihnen setzte, beschloss sie, den beiden zu helfen, ein paar gemeinsame Themen zu finden. Sie erkundigte sich nach Livies Onkeln, ihrer Vorschule und danach, was ihr an Austin und Dallas jeweils am besten gefiel.

Zane hörte seiner Tochter äußerst aufmerksam zu und musste dabei hin und wieder sogar lächeln – Livie war aber auch einfach süß!

Ein richtig harmonischer Abend, dachte Melanie. Ab jetzt fällt es den beiden bestimmt viel leichter, sich näherzukommen.

Aber dann passierte etwas Unerwartetes.

„Die Tortillas schmecken lecker“, schwärmte Livie und steckte sich einen weiteren Bissen in den Mund. „Sie können ganz toll kochen, Miss Grandy.“

„Vielen Dank.“

Ein Schauer durchfuhr sie, als Zane sie betrachtete. Schon wieder … Während sie gegessen hatten, hatte sie immer wieder seinen Blick gespürt – und sich dabei gefragt, wie er damals wohl Danielle angesehen hatte, als er sich in sie verliebt hatte.

Das geht mich nichts an, hatte sie sich dann gesagt. Ich bin nur die Nanny.

„Unser Koch hat mir erzählt, dass Mommy auch sehr gern Tortillas gegessen hat“, fuhr Livie gerade fort. Sie hielt kurz inne. „Stimmt das, Daddy?“

Zane erstarrte. Dann wischte er sich den Mund mit einer Papierserviette ab. „Ja, das stimmt.“

Blitzschnell stellte er ihr eine Frage zu ihrer Vorschule. Sobald er seinen Teller leer gegessen hatte, ging er zur Schiebetür, die ins Haus führte. Davor blieb er kurz stehen, kam noch mal zurück und berührte erst Livies Schulter, dann ihre Wange. Und weg war er.

Melanie beobachtete Livie aufmerksam. Das Mädchen konzentrierte sich ganz auf ihre restliche Tortilla, ohne ihrem Vater hinterher zu sehen, der sie schon wieder allein gelassen hatte.

Spontan schloss Melanie sie in die Arme und küsste sie auf die Stirn.

Livie aß unbeirrt weiter.

Trotzdem ließ Melanie das Mädchen nicht los.

Melanie ging fest davon aus, dass Zane sich für den Rest des Abends in seinem Büro verschanzen würde. Nach dem Essen zogen sie und Livie sich die Badeanzüge an, die sie sich gestern noch gekauft hatten, und stiegen in das Warmwasserbecken.

Nach und nach besserte sich Livies Stimmung wieder – erst recht, als Melanie zwei Fläschchen mit Seifenblasen ins Spiel brachte, die sie ebenfalls gestern eingekauft hatten. Sie pusteten sich Blasen ins Gesicht, bis Livie laut kichern musste. Dann lehnten sie sich zurück und hörten sich die letzten Musikstücke aus dem Park an.

Später brachte Melanie Livie ins Bett und las ihr vor dem Einschlafen noch die Geschichte von den drei kleinen Schweinchen vor. Sie war gerade in der Mitte angekommen, da nahm sie schon Livies gleichmäßige Atemzüge wahr. Melanie legte das Buch auf den Nachttisch und betrachtete das schlafende Kind. Wie ein Engel sah sie aus, mit ihren langen Wimpern – so friedlich.

Melanie legte Livie eine Hand auf den Arm. Lächelnd schloss sie die Augen. Ich bin so froh, dass ich hier bei ihr sein darf, dachte sie. Ich habe den schönsten Beruf auf der ganzen Welt.

Sie küsste Livie auf die Wange, knipste das Licht aus und ging in ihr Gästezimmer. Es war immer noch ziemlich früh am Abend – vielleicht konnte sie im Wohnzimmer noch etwas fernsehen? Oder würde sie dann Zane über den Weg laufen?

Sofort musste sie wieder daran denken, wie unglücklich das Abendessen geendet hatte. Alles hatte sich so gut entwickelt … und jetzt sah es aus, als müssten Vater und Tochter wieder bei Null anfangen. Arme Livie! Bestimmt war sie schrecklich enttäuscht. Viel mehr als Melanie selbst.

So kann das nicht weitergehen, dachte Melanie. Ich muss noch mal mit Zane reden, bevor wir wieder nach Austin fahren.

Entschlossen ging sie die Treppe hinunter. Sie trug ein langes Nachthemd und darüber einen weißen Morgenmantel aus Seide, den Zane in der Luxusboutique offenbar mit zu den anderen Einkäufen gelegt hatte. Vielleicht störte es ihn ja, wenn sie im Nachthemd durchs Haus lief?

Den Eindruck hatte er allerdings nicht gemacht, als sie sich vorgestern Nacht im Wohnzimmer begegnet waren – im Gegenteil. Sein Blick war voller Verlangen gewesen und hatte sie am ganzen Körper zum Kribbeln gebracht.

Ehrfürchtig strich sie über den edlen Stoff des Morgenmantels.

Eigentlich hatte sie so ein Kleidungsstück nicht verdient; außerdem war sie auch gar nicht der Typ dafür. Immerhin war sie schon in einem knappen, mit Federn und Pailletten bestickten Kostümchen über eine drittklassige Bühne in Las Vegas getanzt. Und jetzt? Jetzt trug sie weiße Seide, spielte das Mädchen aus gutem Hause und machte ihrem Umfeld etwas vor.

Aber in diesem Moment war das alles zweitrangig – erst mal wollte sie ernsthaft mit Zane Foley sprechen, immerhin ging es um Livie.

In seinem Büro brannte Licht. Leise klopfte sie an.

„Ja, bitte?“

„Ich bin’s. Darf ich reinkommen?“

Keine Antwort.

Melanie konnte sich lebhaft vorstellen, was gerade in ihm vorging. Wahrscheinlich war ihm völlig klar, was sie von ihm wollte.

„Die Tür ist offen“, sagte er schließlich.

Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie die Klinke herunterdrückte. Zane Foley saß seitlich zur Tür am Computer. Von ihrem Standort aus hatte Melanie einen ganz guten Blick auf den Bildschirm. Darauf meinte sie den berühmten Santa-Magdalena-Diamanten zu erkennen.

Als sie die Tür hinter sich schloss, sah er zu ihr. Er wirkte angespannt.

Nervös zupfte Melanie den Ausschnitt ihres Seidenmantels zurecht. Der Stoff strich ihr zart über die Haut, und die feinen Härchen auf ihrem Arm richteten sich auf.

„Entschuldigen Sie die Störung“, sagte sie, „aber ich würde gern mit Ihnen über Livie sprechen.“

Zane sah zu Boden. Es schien ihm nicht leichtzufallen, die Augen von ihr zu lösen, und das gefiel ihr.

„Ich kann mir schon vorstellen, worum es geht“, bemerkte er.

„Na, dann sind Sie ja darauf eingestellt.“

Autor

Karen Rose Smith
<p>Karen Rose Smith wurde in Pennsylvania, USA geboren. Sie war ein Einzelkind und lebte mit ihren Eltern, dem Großvater und einer Tante zusammen, bis sie fünf Jahre alt war. Mit fünf zog sie mit ihren Eltern in das selbstgebaute Haus „nebenan“. Da ihr Vater aus einer zehnköpfigen und ihre Mutter...
Mehr erfahren
Victoria Pade
Victoria Pade ist Autorin zahlreicher zeitgenössischer Romane aber auch historische und Krimi-Geschichten entflossen ihrer Feder. Dabei lief ihre Karriere zunächst gar nicht so gut an. Als sie das College verließ und ihre erste Tochter bekam, machte sie auch die ersten schriftstellerischen Gehversuche, doch es sollte sieben Jahre dauern, bis ihr...
Mehr erfahren
Teresa Hill

Teresa Hill wurde mitten im romantischen Kentucky geboren und wuchs mit dem Gedanken auf, es gäbe nichts Schöneres auf der Welt als Bücher zu schreiben. Kein Wunder, denn die Stadtbibliothek war in einer wunderschönen alten Kirche eingerichtet, und hier verbrachte Teresa richtig viel Zeit. Bücher erschienen ihr fast als heilig...

Mehr erfahren
Crystal Green
<p>Crystal Green – oder bürgerlich Chris Marie Green – wurde in Milwaukee, Wisconsin, geboren. Doch sie blieb nicht lange: Sie zog zunächst nach Südkalifornien, von dort nach Kentucky und wieder zurück nach Kalifornien. Die Reisezeit vertrieb sie sich, indem sie Gedichte und Kurzgeschichten über die ultimativen Superhelden Supermann und Indiana...
Mehr erfahren
Brenda Harlen
<p>Brenda ist eine ehemalige Rechtsanwältin, die einst das Privileg hatte vor dem obersten Gerichtshof von Kanada vorzusprechen. Vor fünf Jahren gab sie ihre Anwaltskanzlei auf um sich um ihre Kinder zu kümmern und insgeheim ihren Traum von einem selbst geschriebenen Buch zu verwirklichen. Sie schrieb sich in einem Liebesroman Schreibkurs...
Mehr erfahren
Nicole Foster
Mehr erfahren