Eine Woche - und dann ein ganzes Leben?

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„Wie konnte das passieren?” Verblüfft schaut Milliardär Matt Taylor sie an. Hannah muss fast lachen. Ja, wie wohl? Er hat Urlaub in ihrer Heimatstadt Melbourne gemacht, bei Freunden sind sie sich begegnet, hatten eine kurze Affäre. Nun ist sie nach London geflogen, um ihm zu sagen, dass sie ein Baby bekommt! Doch nichts hat Hannah auf Matts Reaktion vorbereitet: Er will, dass sie bei ihm bleibt. Und ihn heiratet! Ein Leben mit dem attraktiven Tycoon – es könnte der Himmel auf Erden sein. Doch Hannah sagt Nein. Denn sie weiß: Matt glaubt nicht an Liebe …


  • Erscheinungstag 02.10.2023
  • Bandnummer 2617
  • ISBN / Artikelnummer 9783751518833
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Hannah Murphy war von Chrom und Glas umgeben.

Wäre der obszön teure Plüschsessel nicht gewesen, hätte sie schwören können, sie säße in einem normalen Geschäftshochhaus. Vielleicht sogar in dem, in dem sie selbst arbeitete. Aber ein Blick durch die riesigen Panoramafenster verriet ihr, dass sie sich in London befand.

Und Melbourne, ihre Heimat, war Tausende von Meilen entfernt. Alle Menschen, die sie kannte, schliefen wahrscheinlich schon. Na ja, fast alle.

Mit wippendem Fuß und rasendem Herzen blickte sie auf das Smartphone, das sie in der Hand hielt, und las Emmas Nachricht, die sie kürzlich erhalten hatte:

Du tust das Richtige. Er verdient es, davon zu erfahren!

Hannah sah das ähnlich. Trotzdem zitterte sie bei dem bloßen Gedanken an ein Wiedersehen mit Matt Taylor – dem Mann, den sie vor sieben Monaten in Melbourne kennengelernt und der ihre Welt in so vielerlei Hinsicht auf den Kopf gestellt hatte. Der ihr Vergnügen bereitet hatte, wie sie es nie für möglich gehalten hätte. Der ihr das Gefühl gegeben hatte, die schönste Frau der Welt zu sein.

Sie legte die Fingerspitzen an die Lippen, wo sie noch immer die Kraft ihres ersten Kusses und die ernüchternde Resignation ihres letzten spüren konnte.

Am Flughafen hatten sie sich traurig voneinander verabschiedet. Danach hatte sie wochenlang in der Wohnung, die sie bis vor Kurzem mit Emma geteilt hatte, wach gelegen, sehnsüchtig an ihn gedacht und sich nach seiner Berührung verzehrt, während sie sich selbst berührte. Den Moment ihres Abschieds hatte sie in Gedanken immer wieder durchgespielt.

Doch sie konnten nicht zusammen sein. Ihre Leben waren Lichtjahre voneinander entfernt. Deshalb hatte sie ihn auch nicht kontaktiert, seit er gegangen war.

Bis sich alles geändert hatte.

Hannah schaute auf ihren Bauch und legte die Hand auf die kleine Rundung. Das Baby bewegte sich bei ihrer Berührung, und ein sanftes Lächeln umspielte ihre Lippen.

Oh ja, Matt Taylor hatte ihre Welt definitiv aus den Angeln gehoben, und jetzt war sie dabei, das Gleiche mit seiner zu tun. Sie hatte keine Ahnung, wie er auf ihre Nachricht reagieren würde. Vermutlich schockiert. Wenigstens hatte sie selbst in den vergangenen Monaten reichlich Zeit gehabt, sich mit der neuen Situation zu arrangieren.

Die Welt war ungerecht. Es gab Frauen, deren Zyklus so zuverlässig war wie ein Uhrwerk. Hannah beneidete sie darum, denn bei ihr war das leider anders. Deshalb hatte sie sich auch nichts dabei gedacht, als ihre Periode dreimal ausgeblieben war. Natürlich hätte ihr die extreme Müdigkeit eher auffallen müssen, genauso wie ihre spannenden Brüste …

Irgendwann war sie zum Arzt gegangen, dessen drei kleine Worte ihr Herz hatten stolpern lassen: Sie sind schwanger.

Wie war das möglich? Mutter zu sein war ein Traum, den sie schon lange aufgegeben hatte, weil sie wusste, dass er sich für sie wahrscheinlich nie erfüllen würde. Das alles musste ein Irrtum sein. Sie konnte doch nicht schwanger sein!

Es hatte eine Weile gedauert, bis sie sich mit diesem Gedanken anfreunden konnte. Erst nach dem ersten Ultraschall eine Woche später hatte sie die Wahrheit endgültig akzeptiert. Sie würde wirklich Mutter werden.

Zuerst hatte sie zu niemandem etwas gesagt. Was, wenn es sich um einen Irrtum handelte? Dann hätte sie alle grundlos beunruhigt. Und niemand hatte eine Veränderung an ihrem Körper bemerkt. Sie war nicht schlank und groß wie ihre beste Freundin Emma, sondern hatte weibliche Kurven.

Aber der Ultraschall hatte alles verändert.

Gerade ging wieder eine Nachricht von Emma ein:

Wenigstens hast du einen Termin bei ihm vereinbart, sodass ihr beide etwas Zeit zum Reden habt.

Schuldgefühle beschlichen Hannah. Nein, sie hatte keinen offiziellen Termin mit Matt. Zwar hatte sie vorgehabt, einen zu vereinbaren, sich dann aber einfach nicht dazu durchringen können, bei ihm anzurufen. Was hätte sie ihm auch sagen sollen?

Vor allem weil sie diese brisante Nachricht monatelang für sich behalten und auch Emma und Alex zu Stillschweigen verdonnert hatte. Es war nicht leicht für Alex gewesen, ihr Geheimnis vor seinem Kumpel zu bewahren, das wusste sie. Immerhin waren die beiden wie Brüder – eine weitere Sache, die ihr Gewissen belastete.

Diese letzten drei Monate waren die Hölle gewesen. Jeden Tag hatte Hannah sich vorgenommen, Matt anzurufen und es ihm zu sagen, andererseits kannte sie ihn kaum. Schließlich hatte sie nicht mehr als eine Woche mit ihm verbracht. Er war für einen kurzen Urlaub nach Melbourne gekommen und im Grunde immer noch ein Fremder für sie. Außerdem hatte er ihr gesagt, dass er keine Kinder wolle.

Irgendwie hatte sie es geschafft, sich einzureden, dass es für alle Beteiligten einfacher wäre, wenn sie unangemeldet in London auftauchte. Und falls Matts engagierte und ein wenig furchteinflößende Assistentin sie wegschickte, konnte Hannah wenigstens behaupten, dass sie es versucht hatte.

Sie starrte auf ihr Handy und rief sich in Erinnerung, was Emma und Alex ihr mit auf den Weg gegeben hatten. Und ihre Angst vor dem, was sie in diesem Büro erwartete, nahm immer weiter zu …

Hannah hatte es sich auf der großen hellbraunen Ledercouch in ihrer Wohnung gemütlich gemacht, eingekuschelt in eine weiche Decke. In den Händen hatte sie eine dampfende Tasse mit heißer Schokolade gehalten.

Am Ende ihres zweiten Schwangerschaftsdrittels war sie zugleich verängstigt und aufgeregt wegen der Geburt ihres Babys. Erstaunlich, wie sehr eine Nacht das ganze Leben verändern konnte.

In diesem Moment war Alex ins Wohnzimmer gekommen, und Hannah hatte bemerkt, wie verliebt er ihre Freundin angelächelt hatte. Sie freute sich unbeschreiblich für Emma und das Glück, das sie gefunden hatte. Ihr selbst war das leider nicht vergönnt. Sie verspürte bloß eine unglaubliche Anziehungskraft zu einem Mann, der weder Vater sein wollte noch eine Beziehung mit ihr führen konnte.

„Du musst es ihm wirklich sagen, Han“, hatte Emma ihr sanft geraten. „Auch wenn du denkst, dass er dich zurückweisen wird. Du musst es wenigstens versuchen.“

„Er hat damals erwähnt, er wolle keine Kinder“, war Hannahs knappe Antwort gewesen.

„Trotzdem musst du mit ihm reden“, hatte Alex ernst eingeworfen. „Was genau hat er denn gesagt?“

„Dass er nicht dafür geschaffen wäre, Vater zu sein.“ Lebhaft erinnerte Hannah sich an den Strandspaziergang, als sie eine junge Familie beim Ballspielen beobachtet hatten. „Du hast sein Gesicht nicht gesehen. Wie kann ich ihm da eine Schwangerschaft aufzwingen?“

„Hannah.“ Alex hatte ihr aufmunternd zugelächelt. „Ich kenne Matt besser als jeder andere. Er würde es wissen wollen, denn er stellt sich immer seiner Verantwortung. Und er wird dich nicht im Stich lassen.“

Vor Aufregung war Hannah leicht übel geworden.

„Willst du ihn für den Rest deines Lebens meiden? Dann müsstest du auch Emma aus dem Weg gehen, immerhin bin ich eng mit Matt befreundet.“

Alex hatte einige gute Argumente vorgebracht. Und ihre Freundin Emma hatte tröstend nach ihrer Hand gegriffen. „Han, Matt ist nicht Travis. Er ist ein guter Kerl.“

„Ich kenne keinen besseren Mann“, hatte Alex hinzugefügt.

Erneut bewegte sich Hannahs Baby. Es schien genauso unruhig zu sein wie sie selbst. Gott, war sie müde! Und sie betete, dass ihre Freunde recht behielten.

Mit so viel Mut, wie sie in ihrer Situation aufbringen konnte, holte sie tief Luft, bevor sie die Antwort an ihre beste Freundin tippte:

Ehrlich gesagt habe ich keinen Termin vereinbart, aber ich bin jetzt in seinem Büro und warte auf ihn.

Vor ihrem geistigen Auge sah Hannah, wie ihre Freundin missbilligend den Kopf schüttelte.

Matt war eingefleischter Junggeselle. Sie beide hatten nur eine Urlaubsromanze gehabt – sehr leidenschaftlich, aber leider mit Verfallsdatum.

Hannah war extrem gestresst bei der Vorstellung, alleinerziehende Mutter zu sein, die Geburt allein durchzustehen, ihre Arbeit während des Mutterschaftsurlaubs aufgeben zu müssen und ihr Zuhause für ein Neugeborenes vorzubereiten. Die Vorstellung, dass Matt ihr Baby ablehnen könnte, verursachte ihr Unbehagen, doch sie durfte nicht darauf vertrauen, dass er für sie da sein würde.

Außerdem war ihr die Zeit davongelaufen. Matt musste endlich von der Schwangerschaft erfahren, und das war nicht die Art von Nachricht, mit der man jemanden am Telefon überraschte. Besonders nicht, nachdem sie so lange damit gewartet hatte …

Sie wollte ihm sagen, dass er bald Vater wurde und dass sie nichts anderes von ihm erwartete als das, was er von sich aus zu geben bereit war. Dass es ihr nichts ausmachen würde, ihr Kind allein großzuziehen. Kein Druck. Sie hatte einen tollen Job als Softwareentwicklerin in einem angesehenen Technologieunternehmen und eine große Wohnung, aus der Emma gerade ausgezogen war.

Es gab nichts, was sie von Matt brauchte. Wie könnte sie sich überhaupt auf jemanden verlassen, den sie kaum kannte?

Sie würde es ihm sagen, ihre Antwort bekommen und den nächsten Flug zurück nach Melbourne nehmen. Doch während sie so dasaß, wurde ihr klar, dass sie sich selbst in die Ecke gedrängt hatte. Was, wenn er nicht bereit war, sie einfach gehen zu lassen, nachdem sie ihm diese weltbewegende Nachricht mitgeteilt hatte?

Was anfangs eine gute Idee gewesen zu sein schien, kam ihr jetzt wie eine schwerwiegende Fehleinschätzung vor. Nervös drehte sich Hannah zu dem Korridor mit verglasten Büros um. Sie konnte Matt nirgendwo sehen und fing nur den missbilligenden Blick seiner Assistentin auf. Die Frau in dem strengen schwarzen Kostüm wirkte unfreundlich, aber darüber konnte und wollte Hannah sich im Augenblick keine Gedanken machen. Sie war sowieso schon ein Nervenbündel.

Jetzt wartete sie schon fast eine Stunde. Ein Teil von ihr fragte sich, ob die Assistentin ihr Anliegen überhaupt weitergegeben hatte. Voller Unbehagen überlegte sie, wie oft Matts Assistentin wohl mit Frauen zu tun hatte, die in irgendeiner Form Anspruch auf ihn erhoben. Offensichtlich kam er viel herum, zumindest hatte er den Ruf, ein Playboy zu sein: reich, attraktiv und ständig im Mittelpunkt öffentlichen Interesses.

Mit wie vielen Frauen er wohl etwas gehabt hatte, seit er Melbourne verlassen hatte? War Hannah schnell in Vergessenheit geraten? Oder hatte ihre Affäre ihm etwas bedeutet? Ihn nachts genauso wach gehalten wie sie? Wahrscheinlich nicht. Trotz allem, was Alex meinte, betrachteten Männer Beziehungen meistens eher rational. Diese harte Lektion hatte sie schon vor langer Zeit lernen müssen.

Hannah versuchte, diese Gedanken zu verdrängen. Sie und Matt hatten sich wie zwei Erwachsene voneinander verabschiedet. Und auch wenn sie ihn schmerzlich vermisste, waren sie sich nichts schuldig. Was er tat, ging sie nichts an.

Nur würden sie bald für immer durch das kleine Leben, das sie in sich trug, verbunden sein. Wenn er sein Kind denn überhaupt kennenlernen wollte … Hannah atmete tief durch und versuchte, ihre außer Kontrolle geratene Panik zu bändigen. Sie biss die Zähne zusammen und starrte aus dem Fenster. Die Aussicht auf London war großartig, aber auch das vermochte sie nicht davon abzulenken, was ihr bevorstand.

Als sie gerade nach ihrer Tasche greifen und aus dem Gebäude fliehen wollte, meldete sich die kühle Empfangsdame zu Wort. „Mr. Taylor wird Sie jetzt empfangen“, verkündete sie höflich.

„Danke.“ Hannah richtete sich so elegant auf, wie es ihr möglich war, und strich ihr rotes Hemdkleid über dem Bauch glatt. Dann schob sie sich den Riemen ihrer Handtasche über die Schulter und steckte ihr Handy ein, bevor sie der Frau den langen Flur entlang folgte.

Hannahs Puls raste, als sie sich Matts Büro näherte. Nun war es so weit, es gab kein Zurück mehr. Ihre letzte gemeinsame Nacht hatte unabänderliche Folgen für sie beide gehabt. Und obwohl sie eigentlich nicht hätte schwanger werden dürfen, war sie es doch geworden.

Ihr Kind hatte allen Widrigkeiten getrotzt, um auf die Welt zu kommen. Es verdiente das beste Leben, das Hannah ihm geben konnte. Gerade als sich der Gedanke in ihrem Kopf festsetzte, strampelte das Baby heftig, als wollte es seiner Mutter etwas beweisen. Sie stöhnte auf, bevor sie die Lippen aufeinanderpresste.

Die Assistentin blieb stehen und warf einen Blick über die Schulter. „Geht es Ihnen gut? Brauchen Sie Hilfe?“, fragte sie in diesem herablassenden Ton, der Hannah ziemlich nervte.

„Nein, mir geht’s gut.“ Sie riss sich zusammen und lächelte kühl.

Endlich hielten sie vor einem großen Eckbüro. Die Glaswände waren milchig, aber trotzdem konnte Hannah erkennen, dass der Raum in das goldene Licht der Nachmittagssonne getaucht war. Sie straffte sich. Alles für das Baby, schoss es ihr durch den Kopf.

Sie beobachtete, wie die andere Frau mit den Fingerknöcheln an die Tür klopfte, sie dann öffnete und zur Seite trat.

Und da war er. Mit seinen hochgekrempelten Hemdsärmeln und den breiten Schultern raubte er ihr den Atem. Seine grünen Augen leuchteten vor Erstaunen auf, dann runzelte er die Stirn und erhob sich.

„Hannah?“ Er war groß und muskulös, athletisch wie ein Rugbyspieler, und hatte ein energisches, glatt rasiertes Kinn. Sie erinnerte sich daran, wie sie ihn dort geküsst hatte, und an das Lächeln, das ihr Kuss ihm ins Gesicht gezaubert hatte.

„Hi, Matt.“

Hannah war eine umwerfende, feurige Erscheinung. Wilde rote Locken fielen ihr über die Schultern. Doch in ihren braunen Augen, die ihn vor Monaten derart in den Bann gezogen hatten, lag so viel Besorgnis, dass er Hannah am liebsten sofort in die Arme geschlossen hätte.

Wow! Sie war noch schöner, als er sie in Erinnerung hatte. Oh, und er erinnerte sich an jedes Detail!

Er ließ den Blick an ihr hinuntergleiten, und dann bemerkte er plötzlich, was sich an ihr verändert hatte. Langsam ging er auf sie zu, und einen Moment lang wollte er sie einfach nur küssen. Sich vergewissern, dass sie wirklich und wahrhaftig in seinem Büro stand. Die Erinnerung an ihren letzten Kuss durch einen neuen ersetzen.

Sie war der intensivste Urlaubsflirt gewesen, den er je gehabt hatte. Noch Monate später hatte er mit klopfendem Herzen an sie gedacht. Wenn er sie jetzt ansah, hatte er das Gefühl, dass überhaupt keine Zeit vergangen war.

Doch da waren ihre volleren Brüste und der sichtlich gerundete Bauch, die ihn zutiefst irritierten.

„Du hast nie angerufen“, sagte er und nahm ihre Hand. „Aber wie es scheint, haben wir eine Menge zu besprechen.“

Er beobachtete, wie sie mühsam schluckte, den Mund öffnete und wieder schloss, ohne ein Wort herauszubringen. Schließlich ließ sie den Kopf sinken und seufzte.

Hilfsbereit zog er den Stuhl vor seinem Schreibtisch hervor und half ihr, sich hinzusetzen, bevor er sich gegen die Kante lehnte. Ihre Körper waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt.

„Danke“, murmelte Hannah.

Ihre heisere Stimme ging ihm direkt unter die Haut. Als er Hannah vor sieben Monaten kennengelernt hatte, war sie voller Leben gewesen, selbstbewusst und temperamentvoll. In dem Moment, in dem er sie gesehen hatte, war er blind für jede andere Frau geworden. Sie war wie ein strahlendes Licht, das alle anderen Verehrerinnen farblos machte.

Aber jetzt schien es ein Problem zu geben. Was auch immer es war, sie musste die Worte selbst aussprechen. Ein kleiner Teil von ihm hoffte, dass sie nur die Hilfe eines Freundes brauchte und nichts weiter. Bestimmt hatte sie ein ausgefülltes Sozialleben. Es gab keinen Grund zu der Annahme, dass das, was hier vor sich ging, etwas mit ihm zu tun hatte.

„Ich möchte dich gern fragen, wie es dir geht, Hannah. Doch ich glaube, du solltest mir vorher sagen, was los ist.“

Matts tiefe Stimme drang kaum durch das laute Pochen in ihren Ohren.

Hannah musste dringend durchatmen und sich beruhigen. Sie ermahnte sich, dass Stress weder für sie noch für das Baby gut war, und schloss die Augen. Als sie wieder zu Matt aufblickte, wartete er immer noch geduldig auf eine Antwort.

Mit beiden Händen stützte er sich auf der Tischkante ab, den Kopf hatte er leicht zur Seite geneigt. Warum sah er nur so verdammt sexy aus?

Sie räusperte sich, um die Worte so verständlich wie möglich herauszubekommen. „Ich denke, es ist ziemlich offensichtlich, dass ich schwanger bin.“ Sie schluckte und sprach hastig weiter: „Und das Baby ist von dir.“

In seinem Kiefer zuckte ein Muskel – das einzige Anzeichen dafür, dass er sie überhaupt gehört hatte – und sein Blick ruhte bleischwer auf ihrem Gesicht. Stille Sekunden zogen sich ewig hin und wurden zu Minuten. Schließlich griff Matt hinter sich und drückte einen Knopf.

„Ja, Matt?“, ertönte eine weibliche Stimme.

„Halten Sie meine Anrufe zurück.“

„Sie haben in fünfzehn Minuten einen Termin.“

„Verschieben Sie ihn um eine Stunde nach hinten.“

Es folgte kurzes Zögern. „Ja, Sir.“

Hannah wusste nicht genau, welche Reaktion sie von ihm erwartet hatte. Zumindest Überraschung, vielleicht sogar Wut. Aber diese Ruhe war zermürbend. Bedeutete das, es interessierte ihn nicht besonders? Hatte sie ihre Zeit damit verschwendet, den ganzen Weg hierherzukommen?

Ihre Gedanken begannen zu kreisen.

„Wie konnte das passieren?“, wollte er wissen, und sein beherrschter Tonfall zerrte an ihren Nerven.

„Weißt du, wenn ein Mann und eine Frau …“, begann sie schnippisch.

„Hannah!“, unterbrach er sie. „Du weißt genau, was ich meine. Ich dachte, das wäre nicht möglich.“

„Das dachte ich auch. Man hat mir gesagt, ich sei unfruchtbar, also … eigentlich alles in Ordnung. Und in jener Nacht …“ Sie brach ab, weil die Erinnerung ihr immer noch Tränen in die Augen trieb.

Ihre letzte Nacht in Melbourne war so besonders gewesen, dass Hannah sie niemals vergessen würde. Nie zuvor hatte sie eine solche Verbindung gefühlt – zu niemandem, nicht einmal zu dem Mann, den sie hatte heiraten wollen. Dem Mann, der ihr ein für alle Mal das Herz gebrochen hatte.

Für einen kurzen Moment hatte Matt sie glauben lassen, sie könne wieder etwas Tiefgründiges erleben. Aber nachdem die Sonne aufgegangen war und sie zum Flughafen hatten aufbrechen müssen, hatte sie gewusst, dass sie sich nur etwas vorgemacht hatte. Sie kannten sich ja kaum. War seine Reaktion jetzt nicht der beste Beweis dafür?

Matt hatte gerade erfahren, dass er Vater wurde, und er tat, als hätte sie ihm einfach eine neue Akte auf den Schreibtisch gelegt. Er brauchte klare Fakten und sonst nichts. Und das zerriss sie innerlich. Insgeheim hatte sie sich gewünscht, dass er sie für etwas Besonderes hielt und nicht bloß einen bedeutungslosen Sommerflirt in ihr sah. Es war dumm von ihr gewesen herzukommen. Sie hätte ihm schon vor Monaten eine Nachricht schicken und es dabei belassen sollen.

„In jener Nacht hast du mir gesagt, dass du nicht schwanger werden kannst. Und ich habe es dir abgekauft, nicht wahr?“ In seinen Augen lag jetzt eine Kälte, die sie erschreckte. „Die Frage ist: Was machen wir jetzt?“

Das klang dermaßen herzlos, dass Wut in Hannah hochkochte.

Wir müssen gar nichts tun“, erwiderte sie gereizt. „Du solltest es bloß wissen. Ich bin hergekommen, um es dir zu sagen, und das habe ich hiermit getan. Nun kannst du entscheiden, was du tun willst. Denn ich bin auch absolut glücklich damit, das Kind allein aufzuziehen!“

Hinter der ruhigen Fassade fühlte sich Matts Kopf an, als würde er gleich explodieren. Er konnte doch nicht Vater werden! Für diese Aufgabe hatte er keinen Plan. Kein Vorbild, keinerlei Grundwissen. Er schloss die Augen.

Wie hatte es nur so weit kommen können? Er war immer extrem vorsichtig. Nur in dieser letzten Nacht mit Hannah nicht. Weil er eine Erinnerung hatte schaffen wollen, die bis in die Ewigkeit reichte. Und nun sah er sich mit den Folgen seines Kontrollverlusts konfrontiert.

Sein Herz klopfte wild. Er war wütend auf sich selbst, weil er zugelassen hatte, dass Hannah ihn derart austrickste. Das hatten schon andere Frauen vor ihr versucht. Und er war zutiefst enttäuscht, weil er gedacht hatte, sie sei anders. Was ihn aber am meisten frustrierte, war die Tatsache, dass sein Körper sogar jetzt noch heftig auf sie reagierte.

Er wusste, dass er seine Gefühle irgendwie unter Kontrolle bringen musste. Auf keinen Fall durfte er Schwäche zeigen. Oder Verletzlichkeit. Das war nicht akzeptabel. Ruhige Selbstbeherrschung war die einzige Möglichkeit, jetzt eine Lösung zu finden.

Auf diese Art und Weise war er schon sein ganzes Leben lang an Herausforderungen herangetreten. So hatte es ihm sein Vater beigebracht.

Mit der Hand fuhr er sich über das Gesicht und kniff sich in den Nasenrücken. „Das kam eben falsch rüber, Hannah. Dafür entschuldige ich mich. Aber du irrst dich gewaltig, wenn du glaubst, du könntest hier reinkommen und versuchen, mich mit deinem Plan in eine Falle zu locken.“

„Was für ein Plan?“

„Wie würdest du es sonst nennen? Schließlich hast du behauptet, keine Kinder kriegen zu können, und jetzt sitzt du schwanger vor mir …“, stieß er mühsam beherrscht hervor.

„Du spinnst wohl!“, wehrte sie sich.

Er bewunderte das Feuer, das noch immer in ihr loderte und ihre anfängliche Erschöpfung beiseitefegte. Ihr Temperament beeindruckte ihn nach wie vor.

Schweigend durchquerte er das Büro und ging zu dem kleinen Kühlschrank in der Ecke. Er holte eine Flasche Wasser heraus, schraubte den Deckel ab und reichte sie Hannah.

Nur widerwillig nahm sie die Flasche entgegen, und er beobachtete, wie sie die Hälfte des Wassers austrank. Ihr Durst musste stärker gewesen sein als ihre Wut auf ihn. Dabei hatte sie kein Recht, verärgert zu sein. Nicht wenn sie so offensichtlich gelogen hatte.

„Wie würdest du das Ganze dann erklären?“, erkundigte er sich geduldig.

„Ich habe dich nie belogen, Matt. Die Diagnose habe ich nicht erfunden. Dieses Baby ist ein Wunder“, erklärte sie. „Jetzt kann es meins sein oder unseres. Das liegt ganz bei dir.“

„Du erwartest, dass ich dir einfach so glaube? Ich bestehe auf einen Vaterschaftstest.“

„Wie bitte? Das Kind ist von dir! Du bist der einzige Mann, mit dem ich jemals ungeschützt geschlafen habe. Außerdem hatte ich sonst mit niemandem etwas.“

„Worte, Hannah. Das sind alles nur Worte.“ Er lehnte sich wieder an seinen Schreibtisch und verschränkte die Arme vor der breiten Brust. „Ich werde den Vaterschaftstest veranlassen. Und falls du mich wieder belogen hast, kannst du dich auf was gefasst machen.“

„Ich habe dich noch nie belogen“, antwortete sie ihm trotzig und funkelte ihn an.

„Das wird sich noch zeigen.“ Er konnte es sich nicht erlauben, ihr zu vertrauen. Das hatte er schon einmal getan – mit fatalen Folgen. „Wer ist mit dir nach London gekommen?“ Vielleicht waren ja Emma oder sogar Alex hier. Sein Freund, der ihm näherstand als ein Bruder. Der vielleicht von der Schwangerschaft gewusst und es ihm verschwiegen hatte!

„Niemand.“

„Wo bist du untergekommen?“

Hannah nannte ihm den Namen des Hotels, und er fuhr sich mit den Fingern durch sein zerzaustes blondes Haar.

„Okay. Wir haben eine Menge zu besprechen, aber hier ist nicht der richtige Ort. Ich werde heute Abend im Hotel vorbeikommen.“

Matt wollte sie loswerden.

Hannah konnte es ihm nicht verdenken. Sie hatte eine Bombe platzen lassen, ohne vorher auch nur Guten Tag zu sagen, trotzdem brachte seine Reaktion ihr Blut in Wallung. Hatte sie sich den liebevollen und mitfühlenden Kerl, den sie vor sieben Monaten kennengelernt hatte, bloß eingebildet?

Dass er auf einem Vaterschaftstest bestand, ergab zwar Sinn, aber im Moment wollte sie kein Verständnis dafür aufbringen. Alles, was sie fühlte, war Wut auf diese Person, die sie gar nicht wirklich kannte. Und Angst vor dem, was noch auf sie zukam.

Sie stemmte beide Hände auf die Armlehnen und wollte aufstehen, aber Matt war schneller. Er legte seinen starken Arm um ihre Schultern und half ihr galant auf die Beine.

Ein Dankeschön lag ihr auf der Zunge, aber sie schluckte es hinunter und drehte sich nur wortlos zu ihm um. Ihr Herz setzte einen Schlag aus, als er mit den Fingern ihre Wange streifte.

Dann betrachtete er seine Hand, als ob er sich über die Berührung ärgern würde.

„Auf Wiedersehen, Matt.“

2. KAPITEL

Als sie Matts Büro verließ, fühlte Hannah sich völlig ausgelaugt. Am ganzen Körper zitternd, trat sie in die Nachmittagssonne hinaus und atmete tief durch.

Das Gespräch mit ihm hatte ihr überhaupt nicht weitergeholfen. Seine Reaktion war seltsam gewesen. Und dann hatte er ihr auch noch unterstellt, sie würde lügen und wolle ihn erpressen. Wie konnte er es wagen?!

Plötzlich brannten ihr die Augen, aber sie weigerte sich, seinetwegen auch nur eine einzige Träne zu vergießen. Auf keinen Fall wollte sie wie eine verrückte, weinende, schwangere Frau durch London laufen.

Stolz warf sie ihr rotes Haar zurück und hielt ein Taxi an. Als sie sich kurz darauf im Sitz zurücklehnte, versuchte sie immer noch, sich einen Reim auf das zu machen, was Matt gesagt hatte.

Ihr war vor Aufregung ganz schwindelig geworden, als er sie nach ihrer Begrüßung gemustert hatte. Auf die gleiche intensive Art hatte er sie auch damals schon angesehen. Allein schon dadurch war ihr heiß geworden – eine Reaktion, die sie extrem irritierte.

Schließlich hatten sie sich nach ihrer kurzen Affäre Lebewohl gesagt. Hannah brauchte Matt Taylor nicht in ihrem Leben, sie wollte überhaupt keine Beziehung mehr führen. Einmal und nie wieder. Nein, alles, was sie gewollt hatte, war eine flüchtige Romanze gewesen. 

Autor

Bella Mason
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