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Ja … nein … vielleicht! Drei Gefühle streiten in der jungen Kellnerin Layla: Ja, Drake Ashton hat unglaublich viel Charisma. Nein, der erfolgreiche Architekt ist nicht der Richtige für sie. Und vielleicht … sollte sie sich endlich eingestehen, dass er sie einfach schwachmacht?


  • Erscheinungstag 14.01.2014
  • Bandnummer 375
  • ISBN / Artikelnummer 9783733706203
  • Seitenanzahl 112
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Ist es hier noch so, wie Sie es in Erinnerung haben, Mr Ashton?“

Die in aller Unschuld gestellte Frage seines Chauffeurs Jimmy durchfuhr Drake wie ein Messerstich. Durch das getönte Wagenfenster sah er die heruntergekommenen Häuserfassaden seiner Heimatstadt an sich vorbeiziehen und spürte, wie eine Welle von Übelkeit in ihm aufstieg.

Wieso in aller Welt hatte er bloß den Auftrag der Stadtverwaltung angenommen, erschwinglichen, ästhetisch ansprechenden Wohnraum zu schaffen, um so neue Bewohner in diese Gegend zu locken? Drake konnte es sich nur mit einem Moment geistiger Unzurechnungsfähigkeit erklären, denn ihm fiel kein einziger auch nur halbwegs überzeugender Grund ein, warum jemand den Wunsch haben sollte, in so einem seelenlosen Kaff zu leben.

Während er mit unbewegter Miene die Aura von Trostlosigkeit und Armut in sich aufnahm, brannten schmerzhafte Erinnerungen hinter seinen Augäpfeln. Er riss sich aus seinen finsteren Betrachtungen und bemerkte, dass Jimmy immer noch auf eine Antwort wartete.

„Ja“, erwiderte er. „Ich wünschte, ich könnte etwas anderes sagen, aber hier ist tatsächlich noch alles genauso wie früher.“

„Ein kleines Facelifting könnte hier sicher nicht schaden.“ Das breite, gutmütige Gesicht im Rückspiegel drückte ehrliche Anteilnahme aus.

„Wo sind Sie aufgewachsen, Jimmy?“, fragte Drake.

„In Essex. Wir waren eine große Familie und hatten kaum das Nötigste zum Leben, aber wir haben immer fest zusammengehalten. Natürlich gab es viele Probleme, aber wir hatten auch jede Menge Spaß miteinander. Unterm Strich würde ich sagen, dass sich Freude und Leid die Waage gehalten haben.“

Drake rang sich ein Lächeln ab. In seinem Elternhaus hatte es keine Fröhlichkeit mehr gegeben, seit seine Mutter sich aus dem Staub gemacht hatte. Sein Vater hatte zwar notgedrungen für ihn gesorgt, aber mit einer so unverhohlenen Wut und Verbitterung, dass Drake ihm aus dem Weg gegangen war, wann immer er konnte. Das kleinste Fehlverhalten, ja manchmal schon ein simples Anliegen wurde mit drakonischen Strafmaßnahmen geahndet, und so hatte Drake bereits mit sechs Jahren gelernt, erfinderisch zu sein und sich selbst um seine Bedürfnisse zu kümmern. Ganz einfach, weil er es musste.

Schluss jetzt mit dieser sinnlosen Selbstbespiegelung! befahl Drake sich verärgert und beugte sich vor.

„Fahren Sie bitte bis zum Ende der Hauptstraße und lassen Sie mich dort raus. Sie können dann einen Parkplatz suchen und Pause machen“, wies er Jimmy an. „Da vorn ist ein Café, und ich brauche dringend Koffein und etwas zu essen. Außerdem muss ich noch einige Papiere durchgehen. Ich rufe Sie an, wenn Sie mich abholen können.“

Jimmy nickte und hielt wie gewünscht in der Nähe des Cafés. „Geht klar, Mr Ashton. Wollen Sie nicht Ihre Times mitnehmen?“

Mit einem zerstreut gemurmelten „Danke“ nahm Drake die Zeitung entgegen und ging auf das alte, viktorianische Gebäude zu, das ihm noch gut im Gedächtnis geblieben war. Vor dem Café hatte sich dort der Kiosk befunden, in dem sich sein Vater jahrelang seinen Tabak und seine tägliche Ration Bier besorgt hatte.

Bevor ihm die Erinnerung daran den Appetit verderben konnte, stieß Drake die schwere Tür auf und trat ein. Das Aroma frisch gebrühten Kaffees wirkte wie ein Magnet auf ihn, als er zum Tresen ging und die verlockende Auswahl von Kuchen, Croissants und Muffins in der Glasvitrine in Augenschein nahm.

Innere Notiz: Endlich neue Haushälterin einstellen, und zwar eine, die kochen kann!

Die letzte hatte zwar sein Haus tadellos in Ordnung gehalten, war aber leider kaum imstande gewesen, ein weiches Ei hinzubekommen, ganz zu schweigen von einem Frühstück mit allem Drum und Dran. Deswegen hatte Drake sich schließlich von ihr getrennt und begnügte sich seitdem morgens mit einer Tasse Instantkaffee und einer Scheibe halb verbranntem Toast, weil er es immer viel zu eilig hatte, um sich etwas Ordentliches zu machen.

An diesem Morgen brauchte er allerdings etwas Gehaltvolleres. Die Aufgabe, die vor ihm lag, würde ihm einiges abverlangen, und er war entschlossen, diesen Auftrag so professionell wie jeden anderen auszuführen. Als Erstes wollte er sich die verschiedenen Baugrundstücke ansehen und sich einen Überblick über die Gesamtlage verschaffen, ohne sich dabei von seinen persönlichen Gefühlen beeinflussen zu lassen. Erst danach würde er sich mit seinem Team zusammensetzen und überlegen, wie man dieser gottverlassenen Gegend wieder etwas Leben einhauchen konnte.

Als Drake das Angebot gemacht worden war, sich als leitender Architekt an dem ehrgeizigen Projekt zu beteiligen, hatte er es im ersten Moment für einen schlechten Scherz gehalten. Die Erinnerungen, die er mit dieser Gegend verband, wollte er nun wirklich nicht wiederbeleben, und das Honorar, das das Amt für Stadtplanung für seine Arbeit vorsah, war ein Witz im Vergleich zu den Summen, die er auf dem freien Markt verdiente.

Nach längerem Nachdenken war ihm jedoch klar geworden, dass dieser Auftrag die Gelegenheit war, um ein für alle Mal mit seiner verhassten Vergangenheit abzuschließen. Schon jetzt stand für ihn fest, dass er im Zuge der Sanierungsarbeiten sein ehemaliges Elternhaus abreißen und an dessen Stelle etwas sehr viel Schöneres entstehen lassen würde.

Sein Vater war schon lange tot, aber mental befand Drake sich noch immer in seinem Klammergriff. Mit diesem Akt würde er sich endlich daraus befreien.

Sieh her, du versoffene Niete! hörte er sich schon triumphieren. Nach allem, was du mir angetan hast, ist es dir doch nicht gelungen, mich kaputtzumachen. Jetzt habe ich hier das Sagen, und ich werde deinen ganzen Dreck und alles, was an dich erinnern könnte, so restlos entsorgen, als hätte es dich nie gegeben. Und wenn ich damit fertig bin, baue ich hier den Beweis, dass sich wenigstens ein Mitglied dieser Familie als soziales Wesen begreift und an der Verschönerung seiner Umwelt interessiert ist!

Drake atmete tief durch. Er war sicher kein Musterknabe gewesen, als er noch hier lebte, und er war es auch heute nicht. Aber niemand konnte ihn einen Feigling nennen, der vor seinen inneren Dämonen davonlief.

„Guten Morgen. Was kann ich für Sie tun?“

Drake hob den Blick von den Leckereien in der Vitrine und schaute in die umwerfendsten braunen Augen, die er je gesehen hatte. Falls er in diesem Moment überhaupt irgendetwas dachte, hätte er nicht sagen können, was es war. Er war wie verzaubert.

Die Besitzerin dieser wunderschönen Augen trug ein kastanienbraunes T-Shirt mit dem Logo des Cafés, Jeans und eine marineblaue Schürze, die sie um die schmale Taille gebunden hatte. Das dunkle Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden, und bis auf einen schmalen schwarzen Lidstrich am oberen Wimpernrand war sie ungeschminkt. Was ihrer Schönheit jedoch nicht den geringsten Abbruch tat.

Außerdem erinnerte sie Drake an eine italienische Schauspielerin, die er sehr verehrte – nur dass die Gesichtszüge der jungen Kellnerin noch hinreißender waren … Völlig unvorbereitet auf den heftigen Anflug von Erregung, den ihr Anblick in ihm auslöste, konnte Drake sie nur hilflos anstarren wie ein verdatterter Schuljunge.

„Ich hätte gern einen großen Americano, zwei Croissants ….“ Er räusperte sich, um seiner Stimme wieder Festigkeit zu verleihen. „… und haben Sie auch etwas Herzhaftes wie Panini? Ich bin ziemlich hungrig.“

Für den Bruchteil einer Sekunde blitzte es in den großen, dunklen Augen der jungen Frau auf, als wäre sie amüsiert. Dann senkte sie rasch den Blick. „Wir haben keine Panini, aber ich kann Ihnen einen Käse-Schinken-Toast oder Rührei mit Speck machen.“

Als ihre Blicke sich erneut begegneten, bemerkte Drake die Wachsamkeit hinter ihrem höflichen Lächeln. Hatte sie mitbekommen, wie sie auf ihn wirkte? So, wie sie aussah, wurde sie sicher ständig von Männern mit Blicken verschlungen, was ihr vermutlich fürchterlich auf die Nerven ging. Kein Wunder, dass sie auf der Hut war.

„Ich glaube, ich nehme den Käse-Schinken-Toast.“

„Okay.“ Sie stellte einen großen Becher auf ein Tablett und warf ihm noch einen flüchtigen Blick zu, bevor sie sich zu der blitzblank polierten Kaffeemaschine umdrehte.

„Setzen Sie sich doch schon mal an einen der Tische. Ich bringe Ihnen dann Ihre Bestellung.“

Wie es aussah, hatte Drake die freie Platzwahl. Schon beim Hereinkommen hatte er bemerkt, dass das Café an diesem trüben Septembermorgen nur äußerst spärlich besucht war. Nun betrachtete er seine Umgebung etwas genauer.

Die Kunstdrucke an den Wänden waren schon etwas verblasst, aber es gab einige hübsche Details. Zum Beispiel die gemütlichen, mit farbenfrohen Kissen bestückten Sofas. Oder das Regal voller Bücher, von denen viele schon deutliche Gebrauchsspuren zeigten. All das schuf eine freundliche, einladende Atmosphäre, doch um Profit abzuwerfen, müsste hier bedeutend mehr Betrieb herrschen. Außerdem waren die Preise viel zu niedrig. Offenbar war der Besitzer nicht gerade der geborene Geschäftsmann.

Plötzlich schämte Drake sich seiner Gedanken. Es war unübersehbar, dass es in dieser Stadt während all der Jahre keinerlei wirtschaftliches Wachstum gegeben hatte. Er selbst hatte das unverschämte Glück gehabt, der ständig wachsenden Armut zu entkommen, aber die, die hiergeblieben waren – insbesondere die kleineren Geschäftsleute – mussten wahrscheinlich jeden Tag um ihr Überleben kämpfen.

Er setzte sich an einen Tisch am Fenster und war kurz darauf wieder in den Anblick der zauberhaften Kellnerin versunken. Während er jede ihrer raschen, anmutigen Bewegungen beobachtete, hatte er das Gefühl, dem Tanz eines betörenden Schmetterlings zu beizuwohnen.

Als ihm nach einer Weile klar wurde, was er da trieb, schlug er den Wirtschaftsteil seiner Times auf und versuchte, sich auf die aktuellen Börsenkurse zu konzentrieren. Nach einer Weile gab er jedoch auf – sein Gehirn weigerte sich, das Gelesene in brauchbare Informationen umzuwandeln. Stattdessen wanderte sein Blick immer wieder zum Tresen zurück.

Es war jetzt sechs Monate her, seit seine Freundin Kirsty sich nach einem knappen Jahr von ihm getrennt hatte. Normalerweise dauerten Drakes Beziehungen nie länger als höchstens drei Monate, Kirsty hatte also bereits außergewöhnliches Durchhaltevermögen bewiesen. Am Ende war sie jedoch ebenso wie ihre Vorgängerinnen zu der Erkenntnis gelangt, dass Drake ein arbeitssüchtiger, bindungsunfähiger Egoist war, der ihren Wunsch nach Ehe und Kindern nie erfüllen würde.

Drake hatte ihr nicht widersprochen. Warum auch, sie hatte ja recht. Er wollte im Grunde überhaupt keine Beziehung, sondern lediglich eine feste Sexpartnerin, mit der er hin und wieder in ein Restaurant oder auf eine Party ging, ohne sie in sein Leben einzubinden. Dass Kirsty das auf die Dauer zu wenig gewesen war, verstand Drake vollkommen. Dennoch hatte er es in den letzten Monaten empfindlich vermisst, eine warme, anschmiegsame Frau in seinem Bett zu haben.

„So, bitte sehr. Ihr Kaffee und Ihr Frühstück …“

Die brünette Traumfrau war an seinen Tisch getreten und servierte ihm mit wenigen effizienten Handbewegungen seine Bestellung. Als sie damit fertig war, schenkte sie ihm ein weiteres wachsames Lächeln und wünschte ihm guten Appetit. Ihr knapper Tonfall machte aber deutlich, dass sie nicht vorhatte, sich auf einen längeren Plausch mit ihm einzulassen.

„Wie heißen Sie?“, rutschte es Drake heraus, bevor er es verhindern konnte.

Ihr zierlicher Körper spannte sich sichtlich an. „Warum wollen Sie das wissen?“

Drake zuckte mit den Schultern. „Aus reiner Neugier.“

„Verstehe. Und wie heißen Sie?“, gab sie die Frage zurück.

„Drake.“

„Ist das Ihr Vor- oder Ihr Familienname?“

„Mein voller Name lautet Drake Asthon.“

In ihren großen dunklen Augen spiegelten sich Überraschung und noch etwas anderes, das Drake nicht recht zu deuten wusste.

„Ach, Sie sind das …“, stellte sie nach einem kurzen Schweigen fest. „Der berühmte Architekt, der diese gottverlassene Gegend in ein Zentrum brodelnden Lebens verwandeln soll.“

Ihr ironischer Tonfall versetzte Drake einen unangenehmen Stich. „Ich würde meinen Auftrag nicht ganz so bombastisch beschreiben“, meinte er. „Im Übrigen bin ich nur einer von vielen, die für dieses Projekt engagiert wurden.“

„Aber die Lokalpresse interessiert sich nur für Sie.“ Sie legte den Kopf ein wenig schräg und musterte ihn beunruhigend offen. „Der Junge aus dieser Stadt, der es bis nach ganz oben geschafft hat! Das ist doch die Story, die seit Wochen die Gemüter bewegt, nicht die geplante Neubelebung der Stadt.“

Drake presste den Rücken gegen den roten Kunstlederbezug seines Stuhls und erwiderte ihren Blick mit gleicher Direktheit. „Dann sollte die Tatsache, dass ich hier geboren wurde, wenigstens ein Beweis dafür sein, dass ich ein echtes Interesse an diesem Projekt habe. Oder sehen Sie das anders, Miss …?“

Er tat so, als würde er nach einem Namensschild auf ihrem eng anliegenden T-Shirt suchen, was zur Folge hatte, dass der Anblick ihrer straffen Brüste unter dem weichen Stoff ihn sekundenlang ernsthaft aus dem Konzept brachte.

„Tut mir leid, ich wollte nicht unhöflich sein …“ Verlegene Röte brannte auf ihren Wangen, als sie leicht die Schultern zusammenzog, wie um sich vor seinen Blicken zu schützen. „Sie haben sicher gute Gründe, warum Sie diesen Auftrag angenommen haben, und es steht mir nicht zu, Sie infrage zu stellen. Aber jetzt muss ich wieder an die Arbeit …“

Bevor sie davoneilen konnte, hielt Drake sie mit einer befehlsgewohnten Handbewegung zurück. „Für mich sieht es nicht so aus, als ob Sie gerade vor Arbeit umkämen. Und Sie haben mir immer noch nicht Ihren Namen verraten.“

Ihre Wangen röteten sich erneut, aber dieses Mal sah es so aus, als sei Ärger der Grund dafür.

„Mein Name ist Layla Jerome, und ich habe noch eine Menge zu tun, ob es für Sie so aussieht oder nicht. Kaffee machen und Bedienen sind nicht die einzigen Dinge, die in einem Café erledigt werden müssen. Sagten Sie nicht, dass Sie hungrig sind? Dann sollten Sie Ihren Toast essen, bevor er kalt wird.“

Nach diesem Ratschlag zog sie sich eilig hinter ihren Tresen zurück. Als kurz darauf eine junge Frau mit einem Kleinkind das Café betrat, machte sie sich nicht einmal die Mühe, ihre Erleichterung zu verbergen.

Layla …

Der Name passte perfekt zu ihrer exotischen Schönheit.

Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen trank Drake einen Schluck von seinem Americano. Er wusste zwar noch nicht, wie er es anstellen sollte, aber er war fest entschlossen, ihre Telefonnummer zu bekommen, noch bevor er das Café verließ.

Alles in allem schien sich dieser Tag um einiges angenehmer zu entwickeln, als er erwartet hatte.

Die anderen Gäste waren bereits gegangen. Nur Drake Ashton saß immer noch da und studierte seine Baupläne.

Als er Layla vorhin noch einmal an seinen Tisch gerufen hatte, um einen zweiten Americano zu bestellen, hatte er keinen weiteren Versuch unternommen, sie in ein Gespräch zu verwickeln. Zum Glück, denn der Anblick seiner breiten, über die Planzeichnungen gebeugten Schultern und der sinnliche Sandelholzduft seines Rasierwassers waren schon Herausforderung genug für sie gewesen.

Offenbar war er sich seiner Wirkung deutlich bewusst. Als sie ihm kurz darauf seinen Kaffee brachte, entdeckte sie in seinen hellgrauen Augen dieses typische siegesgewisse Funkeln, das sie zutiefst hassen gelernt hatte.

So sahen attraktive, selbstbewusste Erfolgsmänner ihre leicht zu beeindruckenden Bewunderinnen an. Durch und durch selbstzufrieden und überzeugt davon, dass es ihr gottgegebenes Recht war, eine Frau nach Strich und Faden auszunutzen und dann eiskalt abzuservieren, sobald sie ihren Zweck erfüllt hatte.

Für diese Erkenntnis hatte Layla einen hohen Preis gezahlt. Vor knapp zwei Jahren war sie voller Hoffnungen nach London gegangen, um dort als persönliche Assistentin eines ebenso schönen wie skrupellosen Brokers zu arbeiten. Keine sechs Monate später war sie verletzt und gedemütigt nach Hause zurückgekehrt und jobbte seitdem als Mädchen für alles im Café ihres Bruders Marc.

Finanziell gesehen war es ein krasser Abstieg, aber das beschauliche, stressfreie Leben, das sie jetzt führte, war es ihr wert. Außerdem waren mit ihrem Einkommen auch ihre Ausgaben drastisch gesunken. Sie musste keine horrende Miete mehr für ein sogenanntes „Studioapartment“ zahlen, das kaum größer war als eine Abstellkammer. Kein anspruchsvoller Boss verlangte mehr von ihr, dass sie sich ständig neue, sündhaft teure Outfits zulegte, um dem Firmenimage gerecht zu werden, und auch die kostspieligen Mittagessen in der City fielen weg.

Am wichtigsten war es für Layla jedoch, dass sie jetzt für jemanden arbeitete, dem sie bedingungslos vertrauen konnte, und der ihr Respekt und Wertschätzung entgegenbrachte. Nicht wie ihr verlogener Exboss, der sie mit geübtem Charme und falschen Versprechungen dazu gebracht hatte, ihre gesamten Ersparnisse in eine seiner undurchschaubaren Spekulationen zu stecken.

Anstatt ihr finanzielle Sorglosigkeit für den Rest ihres Lebens zu bescheren, hatte der angeblich narrensichere Deal sie jeden Penny ihrer mühsam erarbeiteten Rücklagen gekostet. Eine bittere Erfahrung, aber so etwas würde ihr mit Sicherheit kein zweites Mal passieren!

Unter gesenkten Wimpern beobachtete Layla den noch immer tief in Gedanken versunkenen Drake Ashton. Den Kopf über seine Zeichnungen gebeugt, kaute er geistesabwesend am Ende seines Stifts, was ihn wie einen kleinen Jungen aussehen ließ, der angestrengt über seinen Hausaufgaben brütet. Für einen Moment tat er Layla regelrecht leid, dann setzte ihr gesunder Menschenverstand wieder ein.

Sie sollte sich lieber ganz andere Sorgen machen. Durch die Zeitungen wusste sie, dass Drake Ashton nicht nur der derzeit gefragteste Architekt des Landes war, sondern auch als taffer, kompromissloser Geschäftsmann galt. Da war es keineswegs ausgeschlossen, dass er seinen Auftraggebern von dem trostlosen, heruntergekommenen Zustand ihres kleinen Cafés berichtete. Vielleicht würde er sogar den Vorschlag machen, den Mietvertrag zu kündigen und die Räumlichkeiten an ein lukrativeres Unternehmen zu vermieten. Da das Haus Eigentum der Stadt war, bestand diese Gefahr durchaus.

Bei dem Gedanken spürte Layla heiße Wut in sich aufsteigen, dann wurde ihr für einen Moment übel vor Angst. Das Café bedeutete ihrem Bruder Marc alles, er durfte es einfach nicht verlieren!

Was wiederum für sie bedeutete, dass sie ihre persönlichen Gefühle beiseiteschieben und dafür sorgen musste, dass Drake Ashton sich hier wohlfühlte. Keine leichte Aufgabe, nachdem sie bereits so unfreundlich zu ihm gewesen war. Was konnte sie jetzt noch tun, um einen positiveren Eindruck zu vermitteln, ohne sich eine Blöße zu geben?

Als er sie just in diesem Moment noch einmal zu sich rief, setzte Laylas Herz einen Schlag lang aus. Sie fuhr sich kurz mit der Hand über die plötzlich trockenen Lippen, setzte ein extrafreundliches Lächeln auf und trat an seinen Tisch.

„Hätten Sie gern noch einen Americano?“

Sein Blick hatte etwas beunruhigend Wissendes und nagelte sie förmlich am Boden fest. „Nein danke“, erwiderte er nach einem kurzen Schweigen, das Layla wie eine Ewigkeit vorkam. „Aber Sie könnten sich für einen Moment zu mir setzen, ich würde gern mit Ihnen reden.“

Layla schluckte hart und betete im Stillen, irgendetwas möge passieren, das sie aus ihrer Bredouille rettete. Am liebsten wäre es ihr gewesen, wenn ihr Bruder Marc vom Großhändler zurückgekehrt wäre, aber zur Not hätte es auch ein Wasserrohrbruch getan.

Leider geschah weder das eine noch das andere.

„Und wenn ein neuer Gast kommt?“, wandte sie lahm ein.

Drake hob kurz die geöffneten Handflächen. „Dann werden Sie ihn selbstverständlich bedienen. Aber jetzt ist es ganz ruhig, sodass Sie mir sicher ein paar Minuten Ihrer Zeit schenken können. Ich würde gern Ihre Meinung zu etwas hören.“

„Ach, wirklich?“

„Setzen Sie sich, Layla, bitte! Es macht mich ganz nervös, wenn Sie so auf mich herabschauen.“

Widerwillig ließ sie sich auf dem Stuhl ihm gegenüber nieder und faltete ordentlich die Hände im Schoß.

„So ist es schon viel besser“, lobte Drake. Einige Sekunden lang betrachte er sie mit undurchschaubarer Miene, dann fragte er in sachlichem Tonfall: „Haben Sie schon den Fragebogen ausgefüllt, den die Stadtverwaltung an jeden Haushalt geschickt hat?“

„Ja“, antwortete Layla mit unübersehbarer Erleichterung. Er wollte sie also nur zu der geplanten Stadterneuerung befragen, nichts weiter.

„Gut. Dann würde ich gern erfahren, wo hier Ihrer Meinung nach der dringendste Verbesserungsbedarf besteht.“

Sein ausdrucksvolles Gesicht wirkte jetzt konzentriert und geschäftsmäßig, was Layla nur entgegenkam, da ihr dieses Thema sehr am Herzen lag.

„Wurden Sie ausschließlich mit dem Entwurf der neuen Wohnanlagen beauftragt?“, fragte sie.

„Nicht ganz. Das ist zwar meine Hauptaufgabe in diesem Projekt, aber ich bin auch gebeten worden, Ideen für weitere Baumaßnahmen zu entwickeln, die das Wachstum und die Lebensqualität der Kommune fördern könnten.“

„Wenn das so ist, hätte ich eine ganze Menge Verbesserungsvorschläge zu machen.“ Layla steckte sich eine lose Haarsträhne hinters Ohr und beugte sich ein wenig vor. „Vor allem brauchen wir hier einen Jugendclub. Viele Kids hängen auf der Straße herum und kommen in Schwierigkeiten, weil sie keinen Ort haben, an dem sie sich treffen können. Um in die Kneipe zu gehen, sind sie zum Glück noch zu jung. Aber sie kommen in jedem Supermarkt billig an Alkohol. Und das sogenannte Gemeindehaus ist auch keine Alternative. Dort halten sich vorwiegend ältere Leute auf, die weder Verständnis noch Interesse für die Bedürfnisse der Jugendlichen haben.“

Sie hielt gerade lang genug inne, um Atem zu holen. „Anstatt mit ihnen zu reden, um herauszufinden, wie sie wirklich sind, lästern sie über ihre Kleidung und behandeln sie wie Halbkriminelle. Es wäre also großartig, wenn die Kids einen Ort für sich bekämen, an dem sie Musik hören, Billard spielen oder einfach nur chillen können, und wo sie gleichzeitig sicher vor Drogendealern und anderen üblen Einflüssen sind. Natürlich ist es gut, dass es soziale Projekte für die Alten gibt, aber junge Menschen brauchen auch Hilfe, denken Sie nicht?“

Drake, der ihr aufmerksam zugehört hatte, betrachtete ihr vor Eifer gerötetes Gesicht. In Erinnerung an seine emotional verarmte, einsame Kindheit konnte er Layla nur zustimmen. Er hätte damals alles für einen Ort gegeben, der ihm die Möglichkeit bot, unter Gleichaltrigen zu sein und für eine Weile seinem deprimierenden Familienleben zu entkommen.

Darüber hinaus hatte die Leidenschaft, mit der Layla ihre Sache vertrat, dazu geführt, dass Drake sie nur noch heftiger begehrte. In seiner Welt traf er nur selten auf Menschen, die auch nur halb so viel Interesse am Wohlergehen anderer hatten. Diese Eigenschaft in Kombination mit ihrem sensationellen Aussehen rückte Layla in seinen Augen in die Nähe einer Halbgöttin.

Er musste unbedingt ihre Telefonnummer bekommen.

„Sie haben absolut recht“, pflichtete er ihr bei. „In den nächsten Tagen besichtige ich einige Bauplätze, die für mögliche Neubauten vorgesehen sind, und dabei werde ich Ihren Vorschlag im Auge behalten. Allerdings kann ich nur Empfehlungen aussprechen. Die Entscheidung, ob ein Jugendclub oder etwas Ähnliches ins Leben gerufen wird, liegt beim Stadtrat, der ja auch über die Vergabe der vorhandenen Mittel entscheidet.“

Layla nickte. „Das ist mir natürlich klar. Aber ein wichtiger Mann wie Sie …“ Ihre großen braunen Augen waren ein einziger Appell. „Ich bin sicher, dass Ihre Fürsprache für ein solches Projekt eine Menge bewirken könnte. Es würde für die Kids so viel bedeuten …“

Beide blickten zur Tür, als ein älteres, zerbrechlich wirkendes Paar das Café betrat. Layla war sofort auf den Füßen und eilte hinter den Tresen zurück, um ihren Pflichten nachzukommen.

Autor

Maggie Cox
<p>Schreiben und Lesen gingen bei Maggie Cox schon immer Hand in Hand. Als Kind waren ihre liebsten Beschäftigungen Tagträumen und das Erfinden von Geschichten. Auch als Maggie erwachsen wurde, zu arbeiten begann, heiratete und eine Familie gründete blieben ihre erfundenen Heldinnen und Helden ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens. Was immer...
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