Gefährliches Spiel mit dem italienischen Millionär

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Zwei Wochen in seinem Bett! Das ist die Bedingung, die der millionenschwere Business-Tycoon Cesare Durante stellt, damit er Jemimas Familie vor dem Ruin rettet. Dass sie einwilligt, liegt nicht nur an Jemimas Familiensinn - Cesare weckt ein nie gekanntes Begehren in ihr. In den Armen des sexy Italieners erlebt sie ein Feuerwerk leidenschaftlicher Gefühle. Doch was wird am Ende der zwei Wochen sein? Denn plötzlich kann Jemima sich ein Leben ohne Cesare nicht mehr vorstellen. Denkt er genauso - oder ist alles nur ein Spiel für ihn?


  • Erscheinungstag 28.07.2020
  • Bandnummer 2450
  • ISBN / Artikelnummer 9783733714284
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Cesare blieb stehen und warf einen Blick in das elegante Restaurant. In dem stimmungsvoll beleuchteten Raum drängten sich die Schönen und Reichen, die so gestylt waren, dass es fast schon wehtat.

Die Ironie der Tatsache, dass er draußen stand und hineinguckte, war ihm sehr wohl bewusst. Schon als Kind hatte er so oft als Außenstehender Einblick in die Räume der Privilegierten gehabt, in eine Welt, der er nicht angehört hatte und in der er nicht erwünscht gewesen war. Selbst als Teenager mit einem Stipendium an einer der besten Schulen Englands hatte er sich noch als Außenseiter gefühlt. Er war anders gewesen als die anderen, und alle hatten es gewusst. Anders als seine damaligen Mitschüler, die allesamt aus reichen Häusern kamen, war er der einzige Sohn einer armen alleinerziehenden Mutter gewesen, die in eben einem solchen reichen Haus als Kindermädchen gearbeitet hatte.

Doch inzwischen war auch er in schicken Restaurants wie diesem willkommen. Er wusste, dass man ihm drinnen respektvoll Platz machen und um seine Aufmerksamkeit buhlen würde. Das passierte neuerdings mit schöner Regelmäßigkeit. Er sah sich in dem angesagten Lokal um und erkannte den Mann, mit dem er verabredet war, sofort. Laurence Woodcroft bettelte förmlich darum, dass Cesare in seinen Hedgefonds investierte. Cesare verzog die Lippen zu einem süffisanten Lächeln. Als er in seiner Jugend von den britischen Adeligen so geringschätzig behandelt worden war, hatte er sich geschworen, dass er es ihresgleichen heimzahlen würde. Er hatte sich geschworen, dass er stets besser und erfolgreicher sein würde.

Sein Blick wanderte zu Laurences Begleiterin. Genauer, zu dessen Cousine. Ein allzu offensichtlicher Trick, um sich bei ihm einzuschmeicheln, oder ihn vom Geschäftlichen abzulenken. Cesare wusste, dass man ihn für einen Womanizer hielt, und er störte sich nicht daran. Er hatte ein Faible für Frauen und liebte die Abwechslung. Und wenn Laurence glaubte, dass es ihm irgendeinen Vorteil einbrachte, dass er sie zu diesem Geschäftsessen mitgenommen hatte, dann hatte der Kerl keine Ahnung, wie kompromisslos Cesare in geschäftlichen Dingen war.

Jemima Woodcroft war in natura mindestens so schön wie auf den Plakaten. Das Supermodel beugte sich gerade zu ihrem Cousin vor, um ihm etwas ins Ohr zu sagen, worauf Laurence lachend nickte. Sie lächelte, und etwas in ihrem Blick weckte die Neugier Cesares.

Und sein Verlangen.

Sie war genau die Art Frau, die Cesare gern als Bettgenossin wählte: gut aussehend, kultiviert, und, wenn man den Medien Glauben schenkte, wie er für kurze Abenteuer zu haben. Als sie ihr Haar über die Schulter strich und gedankenverloren mit einer Strähne spielte, musste sich Cesare unwillkürlich vorstellen, wie sie rittlings auf ihm saß, mit den Fingernägeln über seinen Körper fuhr und das Haar um ihr schönes Gesicht fiel.

Auf einmal freute er sich auf den Abend.

Erwartungsvoll betrat er das Restaurant. Die Welt lag ihm zu Füßen, dafür hatte er selbst gesorgt, und er würde nie genug davon bekommen, seinen Erfolg voll und ganz auszukosten.

1. KAPITEL

„Noch verstehe ich nicht, was ich davon haben sollte.“

Cesare Durante hatte eine etwas heisere tiefe Stimme und einen Akzent, der gleichzeitig italienisch und vornehm britisch klang. Jemima beobachtete ihn mit halb geschlossenen Lidern und wünschte, er würde der Vorstellung, die sie von ihm gehabt hatte, nicht ganz so sehr entsprechen. Der milliardenschwere Selfmademan sah unfassbar gut aus, war charmant und offenbar sehr intelligent – genau, wie sie gelesen hatte.

Zusätzlich hatte er etwas Arrogantes, das sich in seinem wachen, etwas überheblichen Blick und in seinem leicht spöttischen Lächeln zeigte.

Nichts an diesem Mann war weich. Als er sich vorstellte, sprach er seinen Namen auf Italienisch aus; es klang wie „Tsche-sahr-e“. Seine tiefe Stimme war atemberaubend.

„Die Vielseitigkeit des Fonds ist das Hauptverkaufsargument“, warf Laurence mit einer Zuversicht ein, von der Jemima wusste, dass sie aufgesetzt war.

„Wenn meine Investoren herausfinden, dass der Fonds bereits ein Drittel seines Werts eingebüßt hat, bin ich geliefert, Jem. Das sind hundert Millionen Pfund. Ich muss Durante auf meine Seite bringen, wenn ich da glimpflich rauskommen will. Bitte hilf mir. Bitte.“

Schon als Kind hätte sie alles getan, worum Laurence sie gebeten hätte, doch seit dem Tod ihres Bruders hatte die Trauer sie noch enger aneinandergeschweißt. Laurence war der einzige Mensch, der die Leere verstehen konnte, die Jemima in sich spürte, und diese Leere gleichzeitig zumindest teilweise zu füllen in der Lage war. Sie waren miteinander verwandt, sie waren Freunde, und sie wussten beide zu gut, wie es war, mit einem solchen Verlust und den damit verbundenen Schuldgefühlen klarzukommen. Also hätte sie alles für ihn getan.

Genau, wie er alles für sie getan hätte. Und sie wusste auch, dass genau das der Grund für seine abenteuerliche Investition gewesen war: Er wollte Almer Hall retten. Er wusste, wie tief ihre Eltern in der Kreide standen, und auch, dass Jemima deren Schulden trotz ihres guten Einkommens nicht ausgleichen konnte. Und nun arbeitete er wie ein Verrückter und nahm große Risiken in Kauf, weil er wusste, was das Gutshaus ihnen allen bedeutete.

„Die meisten Fonds sind vielseitig“, antwortete Cesare Durante, der verstimmt wirkte. „Ich bin nicht aus Rom hierhergekommen, um mir einen schlechten Pitch anzuhören. Was hast du sonst noch zu bieten?“

Jemima spürte Laurences Anspannung, und ihr wurde ganz flau im Magen. Sie hasste es, ihn so zu sehen, und konnte seine Nervosität nachempfinden. Sie wusste, was ihm das hier bedeutete. Und sie wusste, was passieren würde, wenn Cesare Durante nicht in Laurences Hedgefonds investierte. Es wäre der finanzielle Ruin ihres Cousins. Und möglicherweise drohte Laurence sogar Strafverfolgung, weil er anderer Leute Geld zu riskant angelegt hatte, ohne die Betroffenen über sein Tun in Kenntnis zu setzen.

Obendrein wären ihre Eltern ruiniert, weil Laurence nicht mehr in der Lage wäre, sie finanziell zu unterstützen. Nachdem sie schon so viel verloren hätten, würden sie mit einem weiteren Rückschlag nicht fertigwerden.

Jemima nahm ihr Champagnerglas und sah Cesare über den Rand des Glases hinweg an; dabei achtete sie darauf, dass ihre Augen gut zur Geltung kamen. Ihre großen grünen Augen waren das Auffälligste an ihr. Ihr erster großer Auftritt, eine Mascara-Werbung für einen Kosmetikgiganten, war der Anfang einer internationalen Karriere gewesen. Sie beugte sich leicht vor. „Sie sind heute erst angekommen?“, fragte sie.

„Wenn du dabei bist, wird es viel ungezwungener und lockerer sein. Du musst ihn von mir und der Summe, die ich von ihm will, ablenken“, hatte Laurence gesagt.

In der Gegenwart von Cesare Durante locker zu sein, war leichter gesagt als getan. Als er sich ihr zuwandte, beschleunigte sich ihr Puls. Sie musste sich sehr zusammenreißen, um ein unbeteiligtes Gesicht zu machen.

„Heute Abend“, antwortete er und musterte sie interessiert.

Als eines der gefragtesten Models der Welt war man sich seiner Schönheit natürlich bewusst. Jemima war klar, dass ihr Gesicht anziehend auf andere wirkte, aber sie sah das eher nüchtern. Sie wusste, dass ihr Aussehen kein besonderer Verdienst war, sondern Glück, und dass sie schön war, verschaffte ihr kaum Befriedigung. Es fiel ihr leichter, auf etwas stolz zu sein, wofür sie hart gearbeitet hatte, als auf irgendetwas, das sie nur dem Zufall zu verdanken hatte. Also interessierte sie sich jenseits ihres Berufes nicht weiter für ihr gutes Aussehen.

Doch als Cesare sie jetzt musterte und seine wohlgeformten Lippen sich zu einem leisen Lächeln verzogen, wurde ihr ganz warm vor Genugtuung. Als sein Blick auf ihrem Mund verharrte, begannen ihre Lippen zu kribbeln, und sie spürte, wie sich ein Gefühl in ihr breitmachte, mit dem sie kaum Erfahrung hatte, das sie aber trotzdem sofort erkannte – Verlangen.

„Und Sie?“, fragte er zurück und beugte sich ebenfalls ein Stück vor, sodass sie sich seiner dominanten Präsenz überdeutlich bewusst wurde. Er war sehr groß, aber es war nicht allein sein imposanter Körper, der ihn so beeindruckend machte. Er hatte sehr breite Schultern, schmale Hüften und lange Beine. Sein Jackett hatte er ausgezogen, nachdem man die Teller vom Hauptgericht abgeräumt hatte, und unter dem wahrscheinlich maßgeschneiderten Hemd, das er darunter trug, zeichneten sich deutlich seine Armmuskeln ab.

Doch das, was sie den Abend über am meisten fasziniert hatte, war sein Gesicht. Genau wie sein Körper wirkte es wie gemeißelt – von einem sehr talentierten Bildhauer. Es war ein symmetrisches Gesicht mit markanter Nase, kantigem Kinn, aufmerksamen, dicht bewimperten Augen und einem breiten, großzügigen Mund. Wenn er lächelte, was er allerdings nicht oft tat, zeigten sich zwei tiefe Grübchen auf seinen Wagen. Sein dichtes dunkles Haar war kurz geschnitten, und beim Anblick seines Dreitagebartes spürte Jemima förmlich, wie rau sein Kinn sich unter ihren Fingerspitzen anfühlen würde.

Jemima war ständig von Models umgeben und ließ sich normalerweise nicht von gutem Aussehen beeindrucken. Wenn überhaupt, dann fühlte sie sich eher zu interessanten, ungewöhnlichen Merkmalen hingezogen – ob es ein Tattoo war oder ein ausdrucksvolles Gesicht, das eine Geschichte erzählte.

Er war einfach nur schön, und trotzdem faszinierte er sie. Er hatte irgendetwas an sich, das sie neugierig machte – und den Wunsch in ihr auslöste, mehr über ihn zu erfahren.

„Jemima wohnt um die Ecke“, antwortete Laurence an ihrer Stelle und winkte dabei dem Kellner. Cesare und Jemima sahen einander weiter unverwandt an; es war, als wären sie plötzlich allein miteinander.

„Ich habe eine Wohnung hier“, bestätigte Jemima.

„Sind Sie in London aufgewachsen?“, fragte er.

„Nein.“ Sie schüttelte den Kopf. „Auf einem Gut in der Nähe von York. Almer Hall.“ Als sie das Anwesen der Familie erwähnte, das ihnen so viel bedeutete, tauschte sie mit Laurence einen kurzen Blick aus.

Cesares Gesichtsausdruck wechselte von zynisch über spöttisch zu beiläufig interessiert. „Sie sind adelig.“

Das war keine Frage, doch Jemima hatte das Bedürfnis, darauf zu antworten. „Ja, wir haben einen Titel. Aber wir benutzen ihn nicht“, antwortete sie schulterzuckend.

„Warum nicht?“

„Es ist irgendwie unzeitgemäß.“ Sie nippte an ihrem Champagner und genoss es, die kühle, perlende Flüssigkeit ihre Kehle hinunterrinnen zu spüren. Ihr war ganz heiß geworden von seinem intensiven Blick, darum war sie dankbar für die erfrischende Wirkung des Getränks.

„Scotch, Cesare?“, fragte Laurence, worauf Cesare sich endlich abwandte und Jemima erleichtert aufatmete. Sie blinzelte, als sei sie gerade aus einem Traum aufgewacht, und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück.

Wie wäre es wohl, wenn er sie voller Verlangen mit diesen grauen Augen ansehen würde? Wie wäre es wohl, ihm mit dem Finger über den Unterarm zu streicheln, ein bisschen mit ihm zu flirten und ihm etwas Neckisches ins Ohr zu flüstern?

Wäre sie nicht so unerfahren gewesen, hätte sie es vielleicht getan. Nicht zum ersten Mal empfand sie ihre Jungfräulichkeit als Last. Die Medien hatten sie ohnehin schon zum Flittchen abgestempelt – da konnte sie sich genauso gut ein wenig Spaß gönnen. Ja, wenn sie nur ein wenig erfahrener gewesen wäre, hätte sie tun können, worauf sie Lust hätte. Wobei das möglicherweise die Situation für Laurence verkomplizierte.

Cesare nannte eine Whiskysorte, deren Name Jemima geläufig war, weil sie zu den Lieblingssorten eines befreundeten Fotografen gehörte. Es war ein unfassbar teurer Whisky. Laurence bestellte ihn ebenfalls, und bevor sie den Kellner entließen, wandte sich Cesare wieder ihr zu. „Und Sie sind zufrieden mit Ihrem Champagner?“

Ihr Herz machte einen Satz. Obwohl sie allen Grund hatte, sich von ihm fernzuhalten, zog die Sehnsucht nach ihm sie weiter in seine Richtung. Ihr Körper war wie ferngesteuert. Es war verrückt.

Als jugendliches Model war sie unzähligen Designern, Fotografen, Journalisten und PR-Typen begegnet, die alle sicher gewesen waren, dass sie für ihre Karriere alles tun würde. Das hatte dazu geführt, dass sie bereits mit fünfzehn perfekt darin gewesen war, Körbe zu verteilen, ohne jemanden zu brüskieren. Besser noch, sie hatte gelernt, Nein zu sagen, ohne dass die Leute merkten, dass sie sie abblitzen ließ, worum es auch immer ging. Sex, Drogen, Alkohol, Orgien. Jemima hatte ein Händchen dafür, andere zurückzuweisen, ohne sich unbeliebt zu machen.

Aber Cesare hatte irgendetwas Gefährliches an sich – etwas Düsteres, das sie anzog. Er machte sie schwach, und gerade wünschte sie sich nichts mehr, als dass sie die Frau wäre, für die man sie hielt. Sie wünschte, sie wäre weltgewandt und erfahren und wüsste genau, was man sagen musste, um einen Mann wie Cesare dazu zu bringen, mit einem ins Bett zu gehen.

Der bloße Gedanke war so beunruhigend, dass sie unvermittelt aufstand. Ihr Stuhl schabte geräuschvoll über den Boden; beide Männer sahen verdutzt zu ihr auf.

„Alles in Ordnung?“, wollte Laurence wissen.

„Ja, alles in Ordnung“, antwortete sie und setzte ein Lächeln auf, als sie bemerkte, dass noch mehr Leute in ihre Richtung sahen. Sie verfluchte den Umstand, dass jeder sie erkannte, und dass Laurence ausgerechnet diesen Promischuppen als Treffpunkt ausgesucht hatte, um seinen zukünftigen Investor zu beeindrucken, und nickte hastig. „Ich bin gleich wieder da.“

Sie zwang sich, gemessenen Schritts zu den Toiletten zu gehen. Im Waschraum lehnte sie sich mit dem Rücken an die kühle Marmorwand und schloss die Augen.

Wahrscheinlich würde sie Cesare Durante nach dem heutigen Abend nie wiedersehen. Sie war nur aus einem einzigen Grund mitgekommen: um Laurence dabei zu helfen, Cesare als Investor zu gewinnen.

Sie musste alles tun, um ihren Cousin zu unterstützen. Auf keinen Fall durfte sie den Abend ruinieren, indem sie Cesare anstarrte und sich vorstellte, wie er sie mit seinen großen, geschickten Händen am ganzen Körper streichelte. Ihre Wangen glühten bei dem Gedanken, denn sie wusste, dass es sich großartig anfühlen würde. Aber das spielte keine Rolle, weil nichts zwischen ihnen laufen würde. Es stand zu viel auf dem Spiel. Sie musste sich zusammenreißen.

Also schaute sie kurz in den Spiegel, zog ihren Lippenstift nach und kämmte mit den Fingern ihren Pony schräg zur Seite, sodass er über ein Auge fiel. Dann atmete sie tief durch, öffnete die Tür und betrat den schummrig beleuchteten Gang, der zurück in den Gastraum führte. Ein Riesenstrauß Lilien stand auf einer Anrichte in dem schmalen Korridor. Sie lächelte wehmütig.

Als sie klein gewesen war, hatte es in Almer Hall immer Blumen gegeben. Riesige Sträuße wie diesen, prächtig und duftend. Jemima blieb vor dem Strauß stehen und streckte eine Hand aus, um behutsam über die Blütenblätter zu streicheln, die sich zart und seidig anfühlten. Sie atmete den Duft ein, schloss die Augen und erinnerte sich daran, wie es gewesen war, als Kind ihre Großeltern zu besuchen. Wie sie über die Marmorfliesen der Flure entlanggerannt war. Im Sommer war der Blütenduft fast schon zu viel gewesen.

Jetzt gab es in Almer Hall keine Blumen mehr. Zwei Drittel des Hauses waren stillgelegt, die Türen verschlossen, die Möbel, die noch dort waren, abgedeckt. Der genutzte Teil war bescheiden eingerichtet, aber gemütlich, und fing an, heruntergekommen auszusehen. Was hätte sie nicht dafür getan, das Haus wieder in seinem alten Glanz zu sehen!

Laurence musste das hier durchziehen. Es war die letzte Chance, den Verkauf von Almer Hall zu verhindern. Sie würde es nicht ertragen, zuzusehen, wie es den Besitzer wechselte. Das Gut war das Einzige, das ihren Eltern geblieben war, nachdem sie so viel verloren hatten.

Missmutig öffnete sie die Augen, doch als ihr Blick auf den Spiegel hinter dem Strauß fiel, blickte sie direkt in jene Augen, die sie schon den ganzen Abend lang durcheinanderbrachten. Sie hielt die Luft an, und ihr wurde schwindelig.

„Hast du dich verirrt?“, fragte er mit einem spöttischen Lächeln, das einen Schwarm Schmetterlinge in ihrem Bauch auffliegen ließ. Das Verlangen, das sie so mühselig unterdrückt hatte, war schlagartig wieder da.

Jemima schüttelte den Kopf; sie bekam keinen Ton heraus, so trocken war ihre Kehle geworden, als sie Cesare unerwartet hinter sich entdeckt hatte. Sie sah, wie er eingehend ihren in einem hellgrauen Seidenkleid steckenden Körper inspizierte.

Mit heftig pochendem Herzen wandte sie sich zu ihm um. Sie waren einander nun ganz nah.

„Sie sind viel kleiner, als ich gedacht hätte“, bemerkte er. Als Jemima ihn daraufhin fragend ansah, fuhr er fort: „Die meisten Models, die ich kenne, sind wesentlich größer als Sie.“

„Sie kennen also sehr viele Models?“ Aus irgendeinem Grund wich sie nicht zurück, obwohl es eigentlich klug gewesen wäre, etwas mehr Abstand zwischen sich und ihn zu bringen.

„Ein paar“, bestätigte er auf eine Weise, die Jemima vermuten ließ, dass er untertrieb. Doch dann machte er ein ernstes Gesicht und musterte sie aufmerksam. „Sie sind so zierlich. Wie ein kleiner Vogel.“

„Das hat noch niemand zu mir gesagt“, antwortete sie lächelnd, doch als er sie weiterhin unverwandt ansah, erlosch ihr Lächeln. Sie nahm alles überdeutlich wahr: ihren eigenen Atem und die Geräusche seines Atems, die Wärme seines Körpers und die leiseste Bewegung seiner Lippen. „Wie auch immer.“ Sie wandte den Blick ab und sah in Richtung Gastraum. „Laurence wundert sich bestimmt, wo ich bleibe.“

Cesares Gesichtsausdruck änderte sich schlagartig. „Das glaube ich nicht. Momentan ist das Einzige, woran er denkt, wohl die Frage, ob ich ihn vor dem finanziellen Ruin rette.“

Jemima wandte den Blick wieder Cesare zu. Niemand wusste über Laurences finanzielle Lage Bescheid. Er hatte sich alle Mühe gegeben, den desolaten Zustand des Fonds zu verschleiern, zumal er ja anderer Leute Geld investiert hatte. Jemima mochte gar nicht darüber nachdenken, dass er sie in dieses Schlamassel mithineingezogen hatte und sie damit womöglich zu einer Art Komplizin wurde. Niemand durfte von alldem wissen. Und dieser gut aussehende, faszinierende Italiener konnte eigentlich keine Ahnung haben, wie schlecht die Dinge für Laurence standen.

„Sie sind überrascht?“

Er sah es ihr also an. Sie spürte, wie sie blass wurde, und öffnete den Mund, sagte aber nichts – schon allein, weil sie nicht wusste, was sie hätte sagen sollen.

Nur ein kleines Stück näherte er sich ihr, aber es reichte, um alles an ihm größer, stärker und überwältigender wirken zu lassen – und die Verlockung, gegen die sie die ganze Zeit ankämpfte, zu verstärken. „Wirke ich wie ein Mann, der sich auf ein Treffen wie dieses nicht vorbereitet?“

„Nein.“

Er nickte zufrieden. „Und? Was sind Sie? Ein Lockvogel?“

Sie runzelte die Stirn.

„Meint Laurence, Ihre Anwesenheit würde mich so sehr ablenken, dass ich mich dazu drängen lasse, bei ihm zu investieren? Dass ich jede Vernunft vergesse und mich mit einer halben Milliarde in seinen Fonds einkaufe, nur weil die schönste Frau, die ich je gesehen habe, mir den ganzen Abend lang schöne Augen macht?“

In ihrem Bauch machte sich der Schwarm Schmetterlinge erneut bemerkbar, auch wenn das eben eher ein vergiftetes Kompliment gewesen war. Er hatte fast etwas gekränkt geklungen und auf alle Fälle ein wenig vorwurfsvoll. Jemima hatte das Bedürfnis, ihren Cousin in Schutz zu nehmen. „Ganz im Gegenteil, Laurence wollte nur, dass es ein netter Abend wird, und nicht nur ein nüchternes Geschäftsessen.“

Cesares spöttisches Lächeln zeigte deutlich, dass er ihr nicht glaubte. „Aber es ist ein Geschäftsessen“, erwiderte er. „Und wenn es um geschäftliche Dinge geht, lasse ich mich von nichts beirren, was nichts mit diesem Geschäft zu tun hat.“ Er kam ihr so nah, dass sein Arm ihren streifte. Jemima atmete tief ein – ein großer Fehler, denn die Luft roch nach ihm, supermännlich und zitronig. „Auch wenn Sie es mir ziemlich schwer gemacht haben, mich daran zu halten.“

Schon wieder so ein als Kompliment getarnter Vorwurf. Sie sah zu ihm auf. „Habe ich das?“

„Als ob Sie das nicht wüssten“, antwortete er und streichelte ihr mit einem Finger über die Wange; die leise Berührung ließ sie erbeben. „Ein exzellenter Schachzug.“ Als er ihr mit dem Daumen über die Unterlippe fuhr, machte sich heftiges Verlangen in Jemima breit. „Verständlich, dass er denkt, dass Sie mich überzeugen würden.“

„Das denkt er nicht“, erwiderte sie empört.

Cesares Lachen breitete sich in ihr aus wie geschmolzenes Karamell. „Oh doch, das tut er. Vielleicht hat er es Ihnen nicht gesagt, aber ich bin ganz sicher, ihr Cousin glaubt, dass dieser Deal glatter laufen wird, wenn er Sie dazu auf dem Silbertablett serviert.“

„Ich werde weder Ihnen noch sonst irgendwem serviert“, entgegnete sie, ohne zurückzuweichen, obwohl ihr klar war, dass sie genau das hätte tun müssen. „Ich begleite Laurence oft zu Geschäftstreffen“, fügte sie hinzu, doch es klang nicht besonders überzeugend.

„Ach ja?“ Er legte seine Hand auf ihre bloße Schulter und folgte der Bewegung mit dem Blick.

„Ist das so schwer zu glauben?“

„Ja.“

„Warum?“

„Das hier ist wohl kaum Ihr Terrain.“

„Mein Terrain?“ Ihr Puls beschleunigte sich.

„Ein weltberühmtes Topmodel nimmt an Geschäftsessen teil, in dem es um Hedgefonds geht.“

Sein Spott machte sie nervös. „Meinen Sie, dass das eine das andere ausschließt, Mr. Durante?“

„Nennen Sie mich Cesare.“

Das ließ sie sich nicht zweimal sagen. Es fühlte sich gut an, seinen Namen auszusprechen. Sie schluckte, um das Summen zu besänftigen, das ihren Körper ergriffen hatte. „Es ist doch egal, wie ich dich nenne, es ändert nichts daran, dass deine Mutmaßungen mich beleidigen.“

„Nenn mir drei Firmen, an denen dein Cousin Anteile hält.“

Sie blinzelte.

„Nur drei. Von den siebenundzwanzig Firmen, die in dem Fonds vertreten sind.“

Jemima errötete. „Die Details interessieren mich nicht so.“

„Genau. Und du bist nicht hier, um dich an unseren geschäftlichen Gesprächen zu beteiligen.“

„Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich nur als eine Art Kaufanreiz hier bin.“

„Mir fällt kein anderer sinnvoller Grund für deine Anwesenheit ein.“

Sie funkelte ihn an und schüttelte den Kopf. „Dann irrst du dich.“

„Das bezweifele ich.“ Es sah ihr fest in die Augen, bevor er den Blick über ihr Gesicht schweifen ließ. „Ich habe dich schon auf unzähligen Bildern gesehen. In Bussen, auf Plakatwänden und im Fernsehen. Du siehst immer wunderschön aus, aber in natura bist du noch viel schöner.“ Er runzelte die Stirn, als habe er ihr dieses Kompliment gar nicht machen wollen. „Wenn Laurence bezweckt hat, dass ich jede Vernunft in den Wind schlage und einfach unterschreibe, dann hat er mit dir eine perfekte Wahl getroffen.“ Er beugte sich vor, bis sein Mund nur noch wenige Zentimeter von ihren Lippen entfernt war. „Ich bin sicher, dass eine Nacht mit dir eine halbe Milliarde wert ist.“

Jetzt packte das Verlangen sie vollends. „Du kennst mich doch gar nicht“, erwiderte sie, rührte sich aber nicht.

Seine Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Lächeln. „Aber ich kenne die Gerüchte über dich. Ich weiß, dass du eine Affäre mit Clive Angmore hattest, die fast seine Ehe zerstört hat, obwohl er über sechzig war und du gerade erst sechzehn.“

Ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Es wunderte sie, wie sehr es sie verletzte, das alte Gerücht aus seinem Mund zu hören. Immerhin hatte sie sich im Laufe der Zeit an Clives Lügen gewöhnt. Eigentlich gingen sie ihr nicht mehr nahe. Aber sie nahm es sich sehr zu Herzen, dass Cesare ihr die angebliche Affäre vorhielt. „Du glaubst doch wohl nicht alles, was in den Zeitungen steht?“

„Nicht alles“, antwortete er. „Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass an dem alten Sprichwort ‚Wo Rauch ist, ist auch Feuer‘ oft etwas Wahres dran ist.“

Jemima kniff die Lippen zusammen. Es störte sie, dass er offenbar all den Unsinn glaubte, der über sie geschrieben wurde. „Sie irren sich, Mr. Durante“, sagte sie und nannte ihn bewusst wieder beim Nachnamen. „Ich bin hier, um meinen Cousin zu unterstützen, weiter nichts.“ Ihre Stimme schwankte ein wenig, aber sie war zufrieden mit dem kalten Tonfall. Und jetzt erst trat sie beiseite und sog erleichtert die durantefreie Luft ein.

Nein, nicht erleichtert. Eher wehmütig. Denn wenn sie geblieben wäre, wo sie gestanden hatte, dann hätte er sie jeden Moment geküsst, da war sie sich ganz sicher. Bei dem bloßen Gedanken schaltete sich ihr Verstand ab, und ein warmes Gefühl breitete sich in ihr aus.

„Halt.“

Jemima hatte keine Ahnung, warum sie ihm gehorchte, aber sie blieb stehen und blickte zu ihm auf. Er musterte sie aufmerksam; es fühlte sich an, als würde er tief in sie hineinsehen.

Autor

Clare Connelly
Clare Connelly liebt Liebesromane – von Jane Austen bis  E L James. Nachdem sie lange erfolgreich Selfpublisherin war, ging 2017 ihr Traum in Erfüllung, als ihr erstes  Buch bei einem Verlag erschien. Seitdem ist sie nicht mehr zu stoppen. Clare liest und schreibt leidenschaftlich gerne, und lebt in einem kleinen...
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