Georgia, süße Georgia

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Jackson, der nach einer Enttäuschung davon überzeugt ist, dass Frauen immer nur auf das Geld der Bradshaws aus sind, gibt sich alle Mühe, der hübschen Georgia die Ehe mit seinem Bruder Will auszureden - nicht ahnend, dass er in ihrem Fall gleich zwei Mal irrt. Denn Georgia will weder Geld noch Will, sondern nur Jackson auf falscher Fährte halten, während Will und die echte Braut ungestört heiraten. Erst am Tag danach gesteht Georgia, wer sie ist - und bringt damit Dämme zum Bersten! Gibt es nun doch nichts mehr, was das atemberaubend erotische Verlangen, das sie beide von Anfang an gespürt haben, noch zügeln könnte ...


  • Erscheinungstag 02.03.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733745967
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Irgendjemand hämmerte gegen so heftig gegen die Haustür, dass sie fast aus den Angeln sprang. Ganz allmählich drang dieses Geräusch auch in Georgia Price’ Bewusstsein.

Schönen Dank auch, dachte sie. Als ob das Haus nicht schon baufällig genug ist! Sie setzte sich auf und schwang die Beine aus dem Bett. Mit einer Hand fuhr sie sich durch das vom Schlafen zerzauste Haar.

Das Klopfen wollte nicht aufhören. „Ist ja gut, ich komme ja schon“, murmelte sie vor sich hin. Sie zog sich ihren strahlend blauen Morgenmantel aus Seide an und schaltete das Flurlicht ein. Bloß keine Eile, ermahnte sie sich. Sie hatte schon so eine Ahnung, wer da unten diesen Lärm veranstaltete, obwohl sie ihm noch niemals begegnet war.

Das Licht im Haus setzte bei ihrem Besucher offenbar neue Kräfte frei, denn nun begann er, laut zu rufen. „Ich weiß, dass du da bist, Will! Mach sofort die verdammte Tür auf!“

Die Stimme klang tief, dröhnend und streitlustig. Georgia hatte damit gerechnet, dass Jackson Bradshaw kommen würde, aber sie hatte ihn nicht gerade mitten in der Nacht erwartet. Will Bradshaw, der Verlobte ihrer Schwester, hatte seinen älteren Bruder als furchtbar starrköpfig beschrieben, und im Moment konnte Georgia dieser Charakterisierung nur beipflichten. Sie hatte sich das Zusammentreffen auch nicht einfach vorgestellt. Aber dass Jackson Bradshaw sie mitten in dieser stürmischen und regnerischen Nacht aus dem Schlaf riss, das war schlichtweg barbarisch.

Als Will sie vor seinem Bruder gewarnt hatte, hatte sie noch gedacht, dass er übertrieb. Nun, das hatte er ganz offensichtlich nicht, wie sie angesichts des bedrohlichen Hämmerns und der lauten Flüche erkannte.

Sie fragte sich, ob Jackson wohl gewalttätig war. Ganz besonders dann, wenn er herausfinden würde, dass sie drei ihn hereingelegt hatten. Sie drei, das waren sie, ihre Schwester Faith und Will. Der Plan stammte von Will, und zusammen mit Faith hatte er es geschafft, Georgia dafür zu gewinnen. Sie sollte den beiden helfen, dem Zorn seines herrischen und krankhaft misstrauischen Bruders zu entgehen.

Vielleicht sollte sie erst gar nicht öffnen. Die meisten Leute, die sie hier in Sweetwater, Texas, kannte, würden eine solche nächtliche Störung mit ihrer Schrotflinte beantworten.

Aber Georgia lehnte Waffen ab. Sie ließ ihren Sohn Noah noch nicht einmal mit einer Wasserpistole spielen. Außerdem ging sie davon aus, dass Hunde, die bellen, nicht beißen. Andererseits war Jackson ein einflussreicher New Yorker Anwalt, der für ein großes Unternehmen als Geschäftsbevollmächtigter arbeitete. Und so ein Mann kämpfte wahrscheinlich lieber mit Worten als mit den Fäusten. Und hatte Will ihr nicht auch erzählt, dass Jackson eigentlich gar nicht so übel sei, wenn man ihn erst einmal näher kannte?

Aber in diesem Moment, in dem er sich heiser schrie, kam er ihr eher wie ein Albtraum vor.

„Und ich werde jede Nacht hier auftauchen, wenn es nötig ist!“, hörte sie ihn wütend rufen.

Es grenzte schon an ein Wunder, dass er mit seinem Gebrüll nicht Noah aufgeweckt hatte. Aber ihr Sohn hatte einen gesunden Schlaf, ein Geschenk des Himmels, für das Georgia als alleinerziehende Mutter besonders dankbar war.

Der Tanz kann beginnen, sagte sie sich, und atmete einmal tief durch. Dann straffte sie den Gürtel ihres Morgenmantels und riss die Tür auf.

Jackson Bradshaw stand halb im Schatten und sah sie scharf mit seinen dunklen Augen an. Georgia verhielt sich so, wie sie es einstudiert hatte.

„Sie haben sich ganz schön Zeit gelassen, mir die Tür zu öffnen, Lady“, beschwerte sich Jackson. „Gehört das zu der berühmten texanischen Gastfreundschaft, von der ich so viel gehört habe?“

„Wo Sie gerade von Zeit reden … Wissen Sie überhaupt, wie spät es ist, Mr. …“

„Tun Sie bitte nicht so, als ob Sie nicht wüssten, wer ich bin, Miss Price“, unterbrach er sie. „Wenn ich irgendetwas nicht ausstehen kann, dann ist es Heuchelei.“

„Ich glaube, dass Sie eine ganze Menge Dinge nicht ausstehen können, Mr. Bradshaw“, gab Georgia lächelnd zurück.

„Und ich glaube, dass mein Bruder Ihnen alles über mich erzählt hat, Miss Price.“

„Nur die unwichtigen Details“, antwortete sie und lachte dabei leise.

„Gut gekontert“, erwiderte er grimmig. „Das muss ich mir merken.“

Er verschränkte die Arme vor der Brust und trat ins Licht. Dann betrachtete er sie von oben bis unten, und auch Georgia konnte ihn nun richtig in Augenschein nehmen. Sein Gesicht war gebräunt, seine ebenmäßigen Zähne blitzten weiß auf. Er hatte einen seinen sinnlichen Mund, und die Lachfalten um seine ausdrucksvollen dunklen Augen machten ihn noch attraktiver. Seine ganze Erscheinung war fesselnd, auf eine gewisse Art und Weise aber auch gefährlich.

„Wollen Sie mich nicht hereinbitten?“, fragte er schließlich.

Georgia konnte sehr gut mit einschüchternd wirkenden Männern umgehen, aber nun, wo sie Jackson in die Augen sah, schnürte es ihr die Kehle zusammen. „Natürlich. Kommen Sie herein.“ Ihre Stimme zitterte ein wenig. Sie ließ ihn eintreten und schalt sich selbst, weil sie sich so von seiner Erscheinung beeindrucken ließ. Doch sie war sehr überrascht von ihm.

Will hatte ihr zwar viel von seinem Bruder erzählt, aber dass er dermaßen gut aussah, hatte er nicht erwähnt. Allerdings besaß Jackson nicht die glatte Schönheit eines Fotomodells, sondern war eher ein Typ mit Ecken und Kanten. Und gerade das war es, was Georgia die Sprache verschlug und ihren Puls zum Rasen brachte. Sie versuchte, sich zu beruhigen, schloss die Tür und folgte ihm ins Wohnzimmer. Jackson rabenschwarzes Haar war nass vom Regen und aus der Stirn gekämmt, wodurch seine scharf geschnittenen Gesichtszüge betont wurden. Er hatte ein schmales Gesicht mit ausgeprägten Wangenknochen und einem eckigen Kinn. Und er brauchte dringend eine Rasur. Sein teures weißes Hemd war durchnässt, und darunter zeichneten sich kräftige Muskeln und breite Schultern ab. Der bunte Schlips, der offensichtlich von einem teueren Designer stammte, hing schlaff vom Kragen herab. Den kann er wahrscheinlich wegwerfen, schoss es Georgia durch den Kopf. Nun, bei seinem Vermögen würde ihm das bestimmt nicht wehtun.

Obwohl nass und voller Schlammspritzer, war er doch immer noch der attraktivste Mann, den sie seit langer Zeit gesehen hatte, und sie hätte ihn stundenlang anstarren können. Energisch zwang sie sich, den Blick von ihm zu nehmen. Behalt einen kühlen Kopf, Mädchen! befahl sie sich. Das hier ist der Feind.

Außerdem stand seine Persönlichkeit im krassen Widerspruch zu seinem verführerischen Äußeren. Er war ihr Widersacher, und sie musste ihre Rolle gut spielen. Der wunderbare Will, der, wenn alles nach Plan verlaufen war, mittlerweile ihr Schwager war, und ihre Schwester verließen sich auf sie. Also durfte sie sich nicht von Jackson Bradshaws Aussehen aus der Fassung bringen lassen. Stattdessen musste sie sich immer wieder vor Augen führen, dass dieser Typ ihrer Schwester die Chance nehmen wollte, mit dem Mann, den sie liebte, glücklich zu werden. Und das ohne einen triftigen Grund, soweit Georgia es beurteilen konnte.

Will hatte ihr einiges von Jackson erzählt. Beispielsweise von der Frau, in die er sich verliebt hatte und die er hatte heiraten wollen. Doch die Frau hatte ihn schmählich im Stich gelassen. Die traurige Wahrheit war, dass Jacksons Vater ihr nicht getraut hatte. Er befürchtete, dass sie es nur auf das Vermögen der Bradshaws abgesehen hatte, und bot ihr eine bedeutende Summe an, wenn sie Jackson verließ, was sie dann auch tat. Will vermutete, dass dies und die Tatsache, dass sie ihre Mutter früh verloren hatten, bei Jackson ein unausrottbares Misstrauen gegenüber Frauen hervorgerufen hatte. Ganz besonders dann, wenn es um Liebesbeziehungen ging. Dummerweise erstreckte sich sein Misstrauen nicht nur auf seine eigenen Freundinnen, sondern auch auf Wills.

Ja, eine wirklich traurige Geschichte, dachte Georgia, während sie hinter Jackson herging. Aber jeder erlebte Enttäuschungen. Gerade sie konnte ein Lied davon singen. Und schlechte Erfahrungen waren keine Entschuldigung dafür, das Leben anderer Leute zu ruinieren.

Vor dem bogenförmigen Eingang zum Wohnzimmer blieb Jackson stehen und betrachtete sie forschend. „Also gut, wo steckt er?“

„Ich habe keine Ahnung, von wem Sie reden.“ Georgia sah ihn so unschuldig wie möglich aus großen Augen an.

„Und ob Sie das wissen! Und sparen Sie sich dieses Kleinmädchengetue und das Wimpernklimpern. Diese Masche zieht bei mir nicht, Miss Price, egal, wie Sie sich anstrengen!“, fuhr er sie an. „Ich bin zweitausend Meilen von New York geflogen, bin drei Stunden vom Flughafen zu diesem kleinen Kaff kutschiert, habe mich fünf Mal verfahren, bis der Wagen im Schlamm stecken geblieben ist, und bin die letzte Meile durch den strömenden Regen gelaufen!“ Er hatte seine Aufzählung ganz ruhig begonnen, doch nun schrie er fast. „Und jetzt sagen Sie Will, dass er auf der Stelle herkommen soll! Ich habe es satt, Verstecken zu spielen.“

Georgia starrte ihn sprachlos an, dann begann sie zu lachen und hielt sich die Hand vor den Mund. Vielleicht war das nur eine nervöse Reaktion auf seinen Wutausbruch, oder einfach ein Reflex, um ihm zu zeigen, dass sie keine Angst vor ihm hatte.

Nein, wenn sie es sich genau überlegte, dann war es einfach komisch. Jackson Bradshaw glaubte ernsthaft, eine Mission erfüllen zu müssen. Seine Augen schienen vor Besessenheit zu glühen. Er dachte tatsächlich, er wäre gerade noch rechtzeitig aufgekreuzt, um sie davon abzuhalten, Will Bradshaw zu heiraten, von dem er noch immer annahm, dass er sich irgendwo im Haus in einer dunklen Ecke verkrochen hatte.

„Ich empfinde Ihre Belustigung als etwas unpassend, Miss Price.“

„Nennen Sie mich doch Georgia“, schlug sie übertrieben freundlich vor. „Immerhin sind wir ja schon so weit, dass wir uns anschreien.“

„Na gut, Georgia.“ Er ging gleich zum vertrauten Du über. „Würdest du also jetzt bitte Will sagen, er soll herkommen? Sonst sehe ich mich gezwungen, das ganze Haus auf den Kopf zu stellen.“

„Tu dir keinen Zwang an.“ Sie breitete auffordernd die Arme aus. „Aber es ist sinnlos. Will ist nicht da.“

Er sah sich kurz im Wohnzimmer um, als erwartete er, dass sein Bruder sich hinter dem Sofa versteckt hätte. Dann wandte er sich wieder Georgia zu, und an seiner Miene war deutlich abzulesen, dass er angestrengt überlegte, was er als Nächstes tun sollte.

„Vielleicht stimmt das sogar“, sagte er dann und rieb sich nachdenklich das Kinn. „Mein Bruder, dieser Märchenheld, würde es wohl kaum zulassen, dass eine wehrlose Maid allein gegen den Drachen kämpfen muss.“ Er ging im Zimmer herum, warf einen kurzen Blick aus dem Fenster, und zog dann angesichts des scheußlichen Unwetters rasch wieder den Vorhang zu. Als „wehrlose Maid“ hatte sie noch nie jemand bezeichnet. Es klang etwas kitschig, aber irgendwie gefiel es ihr.

„Warum ist er nicht da?“ Jackson ließ nicht locker. „Seid ihr beide etwa abergläubisch? Glaubt ihr, dass es Unglück bringt, wenn der Bräutigam die Braut in der Nacht vor der Hochzeit sieht?“

„Ich bin kein bisschen abergläubisch“, antwortete Georgia ernsthaft. „Will schon. Kaum vorstellbar bei einem Wissenschaftler, nicht wahr?“

„Wirklich sehr lustig. Also wo hat er sich versteckt? Sag es mir einfach, dann ersparst du uns beiden eine Menge Ärger.“

„Ich weiß es nicht“, antwortete sie, und als sie seinen misstrauischen Blick sah, zuckte sie mit den Schultern. „Ehrlich.“

Jackson wollte etwas entgegnen, ließ es dann aber doch bleiben. Sie fragte sich, ob er schon aufgab oder sich nur etwas Neues ausdachte. Sie beobachtete, wie er erneut voller Argwohn den Blick durchs Zimmer schweifen ließ. Sie konnte ihm ansehen, wie es in seinem Kopf arbeitete, denn sein Gesichtsausdruck sprach Bände. Er war reich und ein Snob, aufgewachsen auf einem riesigen Besitz in Connecticut und in einem Apartment in der Park Avenue in New York City. Er hatte Privatschulen besucht, an Elite-Universitäten studiert und so weiter. Georgia hingegen war in einem kleinen Nest, ähnlich wie Sweetwater, aufgewachsen, mit siebzehn schwanger und unverheiratet aus ihrem Elternhaus geworfen worden und hatte gerade so eben die Highschool geschafft.

Nachdem sie sich jahrelang mit schlecht bezahlten Jobs über Wasser gehalten hatte, besaß sie nun ihr eigenes Heim und ihr eigenes Geschäft und war sehr stolz auf das Erreichte.

Aber sosehr sie ihr eigenes Heim auch schätzte, das sie geschmackvoll eingerichtet hatte, so konnte sie sich doch vorstellen, wie es auf einen reichen Mann wie Jackson wirken musste. Also bemühte sie sich, die Einrichtung mit seinen Augen zu betrachten. Das ausladende Sofa aus der Gründerzeit war tatsächlich ein wertvolles Stück, wenn sie jemals genug Geld übrig haben würde, das Holz aufarbeiten und den Riss in dem roten Satinpolster flicken zu lassen. Im Augenblick wurde der Riss nur mit einer handgewebten Decke verdeckt. Der Schaukelstuhl mit den verschlissenen Samtkissen war auch reparaturbedürftig. Doch auf diesem Schaukelstuhl hatte sie Noah gestillt, und sie behielt ihn allein schon wegen dieser Erinnerung.

Der Orientteppich hatte auch schon bessere Zeiten gesehen. Aber im Moment musste Georgia genug andere Rechnungen bezahlen, sodass nicht an die Anschaffung eines neuen Teppichs zu denken war. Außerdem wollte sie darauf warten, dass ihr jemand einen passenden Teppich zum Kauf anbot. In ihren Augen wäre es reine Verschwendung, ein neues Stück zum regulären Ladenpreis zu erwerben, solange sie es sich günstiger second Hand beschaffen konnte. Sie musste nur ein wenig Geduld haben.

„Ich sehe, du sammelst Antiquitäten“, stellte Jackson fest.

„Das sind nicht alles Antiquitäten. Einige Möbel sind einfach nur alt. Das meiste habe ich aus meinem Laden. Ich habe ein Geschäft hier im Ort“, fügte sie erklärend hinzu. „Es ist eine Mischung aus Secondhandladen und Antiquitätengeschäft. Wir bieten fast alles an.“

„Ja, ich weiß. ‚Georgias Speicher‘.“ Sein Ton hatte etwas Besserwisserisches an sich.

„Stimmt.“ Sie hob ihren Blick. Mit ihren eins fünfundsiebzig war Georgia recht groß für eine Frau. Aber Jackson war fast eins neunzig, und in seiner Gegenwart kam sie sich irgendwie winzig vor. Dieses Gefühl war ihr im Umgang mit Männern eigentlich unbekannt.

Ruhelos schritt er durchs Zimmer und knurrte vor sich hin wie ein Tiger auf der Jagd. Er nahm eine Schale aus feinem Porzellan vom Tisch und besah sich den Prägestempel. Die Schale stammte von Limoges, und obwohl sie einen haarfeinen Riss aufwies, war sie zumindest für einen Sammler von großem Wert.

„Hübsch“, bemerkte er beiläufig und stellte die Schale vorsichtig zurück. „Auch aus deinem Laden?“

„Ja.“

„Du machst keinen Profit, wenn du die besten Stücke selbst behältst.“

„Keine Angst, ich komme ganz gut zurecht“, gab Georgia spitz zurück. Der Mann hatte vielleicht Nerven. Als ob ihn ihr Umsatz irgendetwas anginge!

Er lachte kurz auf, aber es war ein kaltes, spöttisches Lachen. „Ich habe dir schon einmal gesagt, dass du mich nicht anlügen sollst. Ich weiß genau, wie dein Geschäft läuft, oder besser gesagt nicht läuft.“

„Ach ja?“

„Ja, ich bin über deine Einnahmen genauestens informiert. Ich habe Nachforschungen angestellt, und dein Umsatz ist nicht gerade beeindruckend.“

Georgia errötete vor Wut bis an die Haarwurzeln. Es war richtig, dass sie nicht viel Geld mit ihrem Laden verdiente. Dafür hatte sie die Schriftstellerei. Früher hatte sie nur so zum Spaß geschrieben, aber wenn ihr Verleger recht behielt, dann würde sie mit ihrem zweiten Kriminalroman mehr Geld verdienen, als sie es sich jemals erträumt hatte. Er war gerade erschienen und hatte ausgezeichnete Kritiken bekommen.

Aber vielleicht hatte ihr arroganter Schwager das bei seinen Nachforschungen übersehen, zumal sie unter einem Pseudonym schrieb. Obwohl Will sie vor den Methoden seines Bruders gewarnt hatte, brachte die Vorstellung, dass er sie von einem Privatdetektiv hatte ausspionieren lassen, ihr Blut zum Kochen.

„Sie sind der letzte Mensch auf Erden, den ich beeindrucken möchte, Mr. Bradshaw“, erklärte sie unnatürlich ruhig. „Aber wenn Sie es genau wissen wollen, kann ich Ihnen versichern, dass ich noch andere Einnahmequellen besitze.“

„Da gehe ich jede Wette ein“, antwortete er in verächtlichem Ton. „Meinen Bruder zum Beispiel. Aber den können Sie von heute Nacht an von Ihrer Einkommensliste streichen. Sie werden sich einen neuen Freund suchen müssen, der Ihren offensichtlich hohen Lebensstandard finanziert. Denn Ihr Geschmack übersteigt bei Weitem Ihr Einkommen, Miss Price.“

Sie starrte ihn nur sprachlos an.

„So wie Sie aussehen, sollte es Ihnen keine große Mühe bereiten, einen anderen reichen Trottel zu finden“, fuhr Jackson fort, bevor sie sich wieder gefangen hatte. „Wenn ich mir anschaue, was Sie so zu bieten haben, wundert es mich nicht, dass Sie Will um den kleinen Finger wickeln konnten.“ Er schien ihren Körper mit Blicken zu verschlingen, und sie kam sich praktisch nackt vor.

Obwohl sie wusste, dass es unnötig war, band sie instinktiv den Gürtel ihres Morgenmantels fester. Dann drehte sie sich zu Jackson um. Sie konnte ihre Wut nicht länger bändigen. „Was glauben Sie eigentlich, sich bei mir herausnehmen zu können? Sie wecken mich mitten in der Nacht auf, benehmen sich wie ein Wahnsinniger und wagen es, mich in meinem eigenen Haus auf widerliche Weise anzugreifen und zu beleidigen!“

Natürlich gehörte diese empörte Zurückweisung zu der Rolle, die sie spielte, aber wie konnte er es wagen, einer Frau, die er gerade mal fünf Minuten kannte, zu unterstellen, dass sie es nur auf das Geld der Männer abgesehen hatte? Und selbst wenn Will seiner Freundin Geschenke machte und selbst wenn es Geldgeschenke wären, so ging dass seinen Bruder rein gar nichts an.

„Ja, spiel nur die Unschuld vom Lande. Bitte! Das arme Mädchen in den Klauen des Bösewichts.“ Seine Worte trieften vor Spott. „Oh, habe ich jetzt etwa deine Gefühle verletzt? Gut, dann lass es mich mal anders ausdrücken. Soweit ich das sehe, bist du eine Mitgiftjägerin und scharf auf das Geld meines Bruders. Aber wenn du denkst, du kannst ihn heiraten, dann täuschst du dich gewaltig.“ Wieder war Jackson sehr laut geworden.

„Ich befürchte, dass du derjenige bist, der sich täuscht“, konstatierte Georgia in nüchternem Ton. „Dein Bruder ist ein intelligenter und verantwortungsbewusster Erwachsener, der sehr wohl selbst entscheiden kann, wen er heiraten will. Und das auch ohne dein selbstherrliches Eingreifen, wenn ich das hinzufügen darf.“

„Du wirst ihn nicht heiraten“, gab Jackson Bradshaw zurück. Er stand auf der anderen Seite des Zimmers und starrte sie an. Er war, zugegebenermaßen, ein beeindruckender Mann. Er war einschüchternd, anmaßend und gleichzeitig auf eine verwirrende Art anziehend.

In Georgia stieg ein Gefühl der Ablehnung auf, auch wenn es gar nicht um sie ging, sondern um das Glück ihrer Schwester. Will hatte recht gehabt. Die liebe, nette Faith hätte sich gegen diesen Mann niemals durchsetzen können. Georgia, die sich selbst als wesentlich härter einschätzte, hatte selbst genug mit ihm zu kämpfen. Wie konnte er sie nur aufgrund eines Vorurteils, ohne den Hauch eines Beweises, einfach so anklagen? Nur wegen eines abgewetzten Sofas und des geringen Umsatzes, den sie mit ihrem Laden erzielte? Georgia hatte ohnehin eine Abneigung Menschen gegenüber, die andere nur nach ihrem Äußeren und ihrem Einkommen beurteilten. Doch obwohl sie Jackson verachtete, konnte sie nicht leugnen, dass er sie als Mann ansprach, und so sah sie ihm fasziniert in die Augen, als er durch den schwach beleuchteten Raum auf sie zukam.

Dann stand er vor ihr. Ganz nah. Sie wollte schon zurückweichen, aber sie war wie gebannt und völlig unfähig, sich vom Fleck zu rühren. Sie musste ihn einfach anblicken, sein Gesicht in allen Einzelheiten betrachten, sich den Ausdruck seiner funkelnden dunklen Augen einprägen, seinen großen, sanften Mund bewundern …

„Los. Leugne es, wenn du dich traust“, forderte er sie heraus.

„Was leugnen?“ Georgia war sehr verwirrt. Ihre Gedanken waren abgeschweift. Es fiel ihr schwer, in seiner Nähe einen klaren Gedanken zu fassen.

„Leugne, dass du meinen Bruder morgen heiraten willst.“

„Ich habe niemals vorgehabt, deinen Bruder zu heiraten“, antwortete sie völlig ehrlich. Das war die beste Möglichkeit, ihm die Wahrheit zu sagen, ohne gleichzeitig den gesamten Plan auffliegen zu lassen. Denn er durfte nicht herausbekommen, dass sie ihn absichtlich irregeführt gelockt hatten. Sie hatte zusammen mit Will und Faith eine falsche Fährte gelegt, indem sie in der Stadt das Aufgebot bestellt und eine gefälschte Verlobungsanzeige in der Zeitung aufgegeben hatten. Ihre Hoffnung war gewesen, dass Jackson sich auf der Stelle nach Texas aufmachen würde, während sich Will und Faith an einem geheim gehaltenen Ort das Jawort geben konnten.

„Lüg mich nicht an.“ Sein Tonfall hatte etwas Bedrohliches an sich. Er trat noch näher an sie heran, und Georgia musste ihren Kopf in den Nacken legen, um Blickkontakt mit ihm zu haben.

„Ich bin vor dir gewarnt worden. Du kannst es nicht ertragen, hintergangen zu werden. Schon gar nicht von einer Frau.“

Er sagte nichts. Er stand einfach nur da und musterte sie mit grimmiger Miene. Sie sah etwas in seinen Augen aufflackern, hätte jedoch nicht sagen können, was es war. Wut? Oder Begierde?

Als er ihre Unterarme mit festem Griff umklammerte, verwunderte es sie nicht. Sie spürte die Wärme seiner starken Hände durch die Ärmel ihres Morgenmantels und wusste auf intuitiv, dass er seinen Griff verstärken würde, wenn sie versuchte, sich von ihm loszureißen. Seltsamerweise beunruhigte sie dieser Gedanke aber keineswegs.

„Ich kann dich mir so gar nicht mit meinem Bruder zusammen vorstellen“, sagte er nun ganz ruhig und in einem vertraulichen Ton, der ihr Herz schneller schlagen ließ. „Du bist so ganz und gar nicht sein Typ.“

„Ach, wirklich?“ Georgia bemühte sich, belustigt zu wirken. „Bin ich vielleicht zu groß? Oder zu forsch?“

„Du bist recht unabhängig und viel zu energisch für einen Mann wie meinen Bruder, das steht für mich fest.“

„Wir kennen uns gerade mal … wie lange? Zehn Minuten? Wie kannst du da sagen, was ich für ein Typ bin?“, hielt Georgia dagegen.

„Ich kann es eben. Ich weiß alles über dich, Georgia Price. Jedenfalls alles, was ich wissen muss. Das kannst du mir glauben.“

Sie war sich nicht sicher, ob er sie nicht unmerklich noch ein Stück näher zu sich herangezogen hatte. Sie war sich nun seiner Nähe ganz stark bewusst, spürte die Wärme seines Körper, nahm seinen Duft wahr. Schließlich hielt sie seinem Blick nicht länger stand und schaute zur Seite.

„Wirst du rot?“ Jackson umfasste ihr Kinn und drehte ihr Gesicht seinem zu. „Hm, tatsächlich. Wie charmant?“ Seine Stimme klang plötzlich ganz sanft. „Ich hätte dich nicht für den Typ gehalten, der errötet. Oder bist du eine so gute Schauspielerin? Hoffst du, damit mein Mitgefühl zu erregen?“

„Dein Mitgefühl?“, stammelte sie.

„Du klingst überrascht. Meinst du denn, ich hätte keines?“

„Das ist lächerlich.“ Sie versuchte nun doch, sich seinem Griff zu entziehen, aber er hielt sie fest und zwang sie, ihm in die Augen zu sehen. Trotz ihrer Aufgewühltheit und obwohl sie innerlich zitterte, gelang es ihr, ruhig und unbeeindruckt zu klingen. Sein Gesicht war ganz nah vor ihrem, sodass sie seinen Atem spüren konnte. Plötzlich blickte Jackson wie hypnotisiert auf ihren Mund, und ihre innere Stimme warnte sie, dass er sie küssen wollte.

„Lächerlich, oh ja, natürlich“, murmelte er heiser, ohne seinen Blick von ihrem Mund zu nehmen. „Ich versichere dir, dass ich mich bemühe, genau das nicht zu sein.“

Er schob ihren Kopf nach hinten und beugte sich zu ihr. Georgia wollte eigentlich zurückweichen und energisch protestieren, aber das Einzige, was sie tat, war, ihre Hände auf seinen Brustkorb zu pressen. Als sie seine festen Muskeln spürte, war das jedoch nicht gerade dazu angetan, sie wieder zur Besinnung kommen zu lassen. Im Gegenteil, es fiel es ihr immer schwerer, vernünftig zu bleiben, wenn sie seinem kräftigen, warmen Körper so nah war.

Sie seufzte und schloss die Augen. Es war eine eigenartige Mischung aus Enttäuschung und dem Eingeständnis ihrer Niederlage. Dies war genau das Signal, auf das Jackson gewartet hatte, und im nächsten Augenblick fühlte Georgia seine hungrigen Lippen auf ihren.

Es war empörend.

Es war wundervoll.

Es war eine Offenbarung.

Obwohl Georgia in klareren Momenten sicherlich genug vernünftige Gründe gefunden hätte, die dagegen gesprochen hätten, einen Mann zu küssen, den sie nicht kannte, und schon gar nicht diesen ganz speziellen Mann, ließ sie sich einfach treiben. Sie gab sich ganz den erregenden Gefühlen hin, die sich ihrer bemächtigten.

Mit ihren Händen fuhr sie erst über seine Schultern, dann durch sein dichtes, feuchtes Haar. Seine Lippen bewegten sich einschmeichelnd auf ihren, schienen sie herauszufordern, bis sie sich schließlich nicht mehr zurückhalten konnte. Ein leises Stöhnen entrang sich ihrer Kehle, und dieses leise Geräusch spornte ihn noch mehr an.

Himmel, es war Monate, nein, Jahre her, dass sie so geküsst worden war. War sie überhaupt jemals so geküsst worden?

Gerade, als sie der Sache ein Ende bereiten wollte, bekam sie unerwartet Hilfe. Eine leise Stimme wurde von der Treppe hörbar, aber Georgia hatte das Gefühl, als käme sie aus ganz weiter Ferne.

„Mommy?“

Noah war aufgewacht.

Georgia sprang von Jackson weg, als wäre sie von einem Pferd getreten worden. Sie lief schnell zur Treppe und blickte zu ihrem Sohn hoch. Es war schon erstaunlich, dass Kinder schlafen konnten, während draußen ein Tornado tobte, und dann wiederum wachten sie auf, wenn drei Zimmer weiter eine Zahnbürste herunterfiel.

„Alles in Ordnung, Liebling“, versicherte sie ihm. „Geh wieder ins Bett. Ich bin in einer Minute bei dir.“

Autor

Kate Little
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