Hochzeit wie im Märchen

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Die Musik ertönt und Carolyn schreitet zum Altar - wo Scheich Tarik Oman sie erwartet. Allerdings ist Tarik nicht ihr Zukünftiger. Sie proben nur für die Hochzeit seiner Schwester. Dabei ersehnt sich Carolyn nichts mehr als einen echten Brautkuss von dem Wüstenherrscher…


  • Erscheinungstag 16.08.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733779412
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Draußen trommelte der Frühlingsregen gegen das Schaufenster. Drinnen regierten weißer Satin, pinkfarbene Rosen und Ausstellungsstücke von Pariser Hochzeitskuchen. Carolyn Evans saß hinter ihrem Schreibtisch. Ihr gegenüber hatte ein junges Paar Platz genommen, das mit ihrer Hilfe die perfekte Hochzeit vorbereiten wollte. Natürlich war das eine reine Illusion. Irgendwelche Zwischenfälle gab es immer – ein kleiner Ringträger, der auf dem Weg zum Altar stolperte und in Tränen ausbrach, ein unpassender Trinkspruch des Trauzeugen, eine Band, die zu laut oder zu leise spielte. Aber man durfte immerhin hoffen und träumen, so wie Carolyn es tat – und wenn nicht von der perfekten Hochzeit, dann von einem perfekten Bräutigam. Doch das lag alles noch in weiter Ferne – es war eben nur ein Traum.

Aus den Augenwinkeln sah Carolyn, dass ein sonderbarer Mann in einem dunklen Anzug vor ihrem Schaufenster stand und sie anstarrte. Ein leichter Schauer lief ihr über den Rücken. War das ein abgewiesener Verehrer, der auf Rache aus war? Nein, natürlich nicht. Die Fantasie ging mit ihr durch. Das musste an dem Regen liegen und an diesem Tag, der nur Unannehmlichkeiten mit sich gebracht hatte. Angefangen hatte es mit einer wütenden Brautmutter, weil die Farben für die Kleider der Brautjungfern falsch geliefert worden waren. Das Schlimmste jedoch war ein Bräutigam gewesen, der zuerst an ihrer Kompetenz gezweifelt und schließlich die ganze Hochzeit infrage gestellt hatte, weil er plötzlich Sorge hatte, überhaupt nicht zur Ehe zu taugen. Sie seufzte, lächelte dem Mann vor dem Fenster kurz zu und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Paar ihr gegenüber zu.

„An einem Punkt der Trauung“, fuhr der Bräutigam auf der anderen Seite des Tisches fort, „würde ich mit Melinda gern das Balzritual der Königspinguine nachvollziehen. Wäre das ein Problem?“

„Oh, nein“, versicherte Carolyn ihm. Zumindest kein größeres, als die Hochzeit im Heißluftballon oder die Unterwassertrauung, die sie vorbereitet hatte. „Ich bin hier, um mit Ihnen eine perfekte Hochzeit zu planen. Eine Hochzeit, die Ihren persönlichen Stempel tragen soll. Ich habe noch nie gesehen, dass jemand ein Pinguinritual nachmacht, aber ich sehe keinen Grund, warum man das nicht …“

Der mysteriöse Mann in dem Armani-Anzug wählte diesen Augenblick, um ihr Büro zu betreten. Wahrscheinlich war er es leid, im strömenden Regen zu stehen. Alle drei drehten ihre Köpfe in seine Richtung.

„Ms. Evans?“, fragte er mit einer angenehmen, sehr männlichen Stimme, die zu seinem Äußeren passte.

„Ja, das bin ich, wenn Sie bitte einen Moment warten würden“, erwiderte Carolyn und bemerkte, dass sein Haar und sein eleganter Anzug im Regen kaum nass geworden waren. Er wirkte, als wäre er gerade einem Modemagazin entstiegen.

„Ich kann nicht warten“, erwiderte er und trat hinter das Paar, das vor ihrem Tisch saß. „Ich muss Sie sofort sprechen“, beharrte er.

Carolyn brachte das anmaßende Verhalten des Fremden einen Moment lang so aus der Fassung, dass sie aufstand und ihn wütend anstarrte. Die zukünftige Braut saß vor Überraschung mit offenem Mund da, und ihr Verlobter bekam weite Augen.

„Wenn es Ihnen nichts ausmacht“, begann Carolyn. Doch es war offensichtlich, dass es dem Eindringling etwas ausmachte. Das junge Paar warf einen fast ängstlichen Blick über ihre Schultern zu dem Störenfried hinüber, griff dann nach den Prospekten, die auf dem Tisch lagen, und trat den Rückzug an.

„Wir kommen wieder, wenn Sie etwas mehr Zeit haben“, erklärte Melinda hastig.

„Wenn Sie nicht so beschäftigt sind“, fügte ihr Verlobter unnötigerweise hinzu, bevor er eilig die Tür hinter sich schloss.

„Das ist schon besser“, sagte der Fremde. „Jetzt können wir über das Geschäftliche sprechen.“

„Sie haben uns unterbrochen“, warf sie ihm vor. „Dieses Paar hatte einen Termin, was man von Ihnen nicht behaupten kann.“

„Sie können ein anderes Mal zurückkommen. Ich nicht. Ich bin ein sehr beschäftigter Mann.“

Carolyn wollte protestieren, wollte ihm sagen, dass diese jungen Leute auch berufstätig und sehr beschäftigt waren, aber er ließ sie nicht zu Wort kommen.

„Mein Name ist Scheich Tarik Oman“, stellte er sich vor, nahm unaufgefordert Platz und schaute sie mit seinen beeindruckend dunklen Augen unverwandt an.

„Scheich …“ Während sie sich setzte, lief ihr ein Schauer über den Rücken. War das in arabischen Ländern nicht so etwas wie ein Fürst? Befand sie sich in der Gegenwart einer Durchlaucht oder wie immer man solche Leute anredete? Und glaubte er deswegen, dass jeder alles stehen und liegen lassen müsste, nur um ihm zu Diensten zu sein?

„Das ist nur ein unwichtiger Titel. Er bedeutet nichts. Zumindest nicht hier in diesem Land“, erklärte er.

Sie hätte ihn gern gefragt, warum er dann eine Spezialbehandlung von ihr erwartete. Ein Scheich zu sein mochte in diesem Land nichts bedeuten, aber sie hatte das untrügliche Gefühl, dass es woanders nicht so war. Dort lasen die Leute ihm bestimmt jeden Wunsch von seinen Augen ab. Nun, so etwas gab es auch in Amerika, nur dass man hier diese Männer nicht Scheichs nannte. Es waren ganz einfach arrogante Kerle, Chauvinisten vom übelsten Typ, die sich für etwas Besseres hielten. Und mit diesem Typ Mann hatte Carolyn bereits so viel Bekanntschaft gemacht, dass sie einen großen Bogen um ihn machte. Und zwar für den Rest ihres Lebens.

„Was kann ich für Sie tun?“, fragte sie schließlich. Sie wusste, dass sie ihn eigentlich rauswerfen sollte, aber da ihre Kunden ohnehin verschwunden waren, konnte sie sich auch genauso gut um ihn kümmern. Sie seufzte. Es ärgerte sie, dass sie sich nicht gegen ihn durchgesetzt hatte. Außerdem wünschte sie, sie hätte Zeit gehabt, ihre widerspenstigen Locken zu bürsten oder ein wenig frisches Make-up aufzulegen. Sie sah bestimmt reichlich mitgenommen aus. Und so fühlte sie sich auch.

„Sie planen Hochzeiten“, begann er geschäftsmäßig. „Ich möchte, dass Sie für mich eine Hochzeit ausrichten.“

Automatisch griff sie zu einem Formblatt und klemmte es auf ihrem Schreibbrett fest. Sie würde die nötigen Informationen so aufnehmen und sie dann wie immer später in den Computer eingeben.

„Zuerst würde ich Ihnen gern erzählen, wie meine Philosophie in Bezug auf Hochzeitsvorbereitungen aussieht“, erklärte sie. „Nur um festzustellen, ob wir beide auf der gleichen Wellenlänge liegen. Sie wissen bestimmt, was ich meine.“

„Es ist wirklich nicht wichtig, auf welcher Wellenlänge Sie liegen“, unterbrach der Scheich sie unhöflich. „Sie mögen Ihre Philosophie haben, ich habe meine eigene. Da ich für diese Hochzeit verantwortlich bin, werden wir uns an meine halten.“

Sie zuckte regelrecht zusammen. Noch nie war ihr jemand im Geschäftsleben so barsch über den Mund gefahren. Bisher hatten zumindest alle die Höflichkeit besessen, ihr ein paar Minuten zuzuhören. Nein, das Leben war zu kurz, um sich mit einem so überheblichen Mann wie diesem Typ abzugeben. Sie sollte ihm sofort die Tür zeigen. Der Anfang zeigte bereits, dass sie beide nicht weit kommen würden. Die arme Frau, die diesen Mann heiraten wollte, tat ihr jetzt schon leid. Ein Leben der Unterwerfung lag vor ihr.

Carolyn atmete tief durch. „Was ist mit der Braut? Vielleicht sollten wir sie auch zu Worte kommen lassen?“

„Die Braut ist in einem Internat in der Schweiz. Ich zahle die Hochzeit, ich plane sie. Oder zumindest habe ich es bisher getan. Jetzt brauche ich Hilfe. Professionelle Hilfe. Ihre Hilfe. Ich bin nicht sehr stolz darauf, das zugeben zu müssen.“ Er schien nicht daran gewöhnt, um Hilfe zu bitten. „Ich habe gehört, dass Sie die Beste in dieser Branche sind“, fügte er hinzu.

Ja, sie war die Beste, aber leider war sie nicht die finanziell Erfolgreichste. Die Miete der Büroräume war gerade erst erhöht worden. Und leider so stark, dass sie kalkulieren musste, ob sie und ihre Partnerin es sich weiterhin leisten konnten, das Geschäft in dieser erstklassigen Gegend zu unterhalten. Hinzu kam, dass die Kunden oft zu spät zahlten oder gar Schwierigkeiten beim Bezahlen machten. Ein Scheich, so ging es ihr durch den Kopf, war sicherlich ein zahlungsfähiger Kunde, oder?

Sie betrachtete sein gut geschnittenes Gesicht, sein aristokratisches Auftreten und dachte an all die Gründe, warum sie ihn sofort verabschieden sollte, bevor sie auch nur ein weiteres Wort mit ihm sprach. Zum einen war er sehr dominant. Zweitens plante er die Hochzeit ohne die Braut, was immer Probleme brachte. Natürlich kam es des Öfteren vor, dass eine Braut allein die Initiative ergriff. Aber Blumen und Kleider waren nun mal Domänen der Frau. Es lag auf der Hand, dass eine Frau eher Interesse dafür zeigte.

Doch dass ein Mann sich allein um alles kümmerte? Nein, das war wirklich sehr ungewöhnlich. So ungewöhnlich, dass sie sich unwillkürlich die Frage stellte, wer wohl die Frau sein mochte, die diesen gut aussehenden Scheich eingefangen hatte und bereit war, unter seiner Bevormundung zu leben. Aber natürlich verkniff sie sich diese Frage.

„Wann“, fragte sie stattdessen, „soll die Hochzeit stattfinden, Mr. … ich meine, Eure Hoheit, oder muss ich Sie …“

„In einem Monat“, unterbrach er sie schroff.

Carolyn schnappte überrascht nach Luft. „In einem Monat eine Hochzeit vorzubereiten, das ist ein Ding der Unmöglichkeit“, erklärte sie bestimmt. „Ich habe noch andere Kunden und Verpflichtungen.“

„Nichts ist unmöglich. Vielleicht schwierig, aber nicht unmöglich. Jeder, der ein Geschäft hat, weiß das. Es gibt immer einen Weg.“

Carolyn presste die Lippen zusammen, um zu verhindern, dass sie etwas sagte, was sie hinterher bedauern könnte. Sie hätte ihn nur zu gern rausgeworfen und ihm erklärt, dass sie sich keine Befehle erteilen ließ.

Er schien ihren Widerwillen jedoch nicht mal zu spüren. „Ich bin hier, weil diese Hochzeit mir sehr viel bedeutet“, fuhr er fort. „Mir und meiner Familie. Sie zählen auf mich.“ Sein Blick war so intensiv, dass ihr erneut ein Schauer über den Rücken lief. Sah er seine Verlobte auch so an?

Sie hatte das Gefühl, dass er ein Nein niemals akzeptieren würde. Und sie war zu müde, um noch länger mit ihm herumzustreiten. Vielleicht handelte es sich ja nur um eine Trauung im engsten Familienkreis. Eine Feier, die nicht viel Vorbereitung bedurfte und ihr kaum Arbeit bereiten würde. Zumindest konnte sie einige Fragen stellen.

Carolyn hielt das Klemmbrett zwischen sich und den Scheich, als wenn sie damit die Energie dieses Mannes abschmettern könnte, der es offensichtlich gewohnt war, Befehle zu erteilen.

„Bevor ich den Auftrag annehme, brauche ich einige Informationen“, erklärte sie. „Wir haben das Datum. Wo soll die Trauung stattfinden?“

„In der Grace Kathedrale.“

Sie sah ihn überrascht an. „In der Grace Kathedrale?“ Die Kirche, in der alle Reichen und Berühmten von San Francisco sich trauen ließen? In dem gotischen Prunkstück, das sich über dem Zentrum der Stadt auf dem Nob Hill erhob?

„Ja, warum nicht?“, fragte er. „Meine Schwester ist zum Christentum konvertiert, und ihr Verlobter ist Protestant. Also habe ich einer christlichen Mission eine beachtliche Schenkung gemacht und bereits vor einiger Zeit einen Hochzeitstermin beim Pfarrer festgelegt. Die Kathedrale bietet genug Raum für beide Familien sowie die Geschäftspartner. Mehr ist bisher nicht unternommen worden. Den Rest überlasse ich Ihnen.“

„Ich verstehe“, erklärte sie und stellte sich vor, wie der Scheich mit seiner zeremoniellen Keffieh am Altar wartete, während die Braut ihm entgegenschritt – unwirklich schön in dem Licht, das durch die kunstvollen Fenster der Kathedrale einfiel. Carolyn hatte noch nie eine Hochzeit ausgerichtet, die in der Kathedrale stattfand, hatte sich das aber schon immer gewünscht. Sie konnte geradezu den Duft der Blumen wahrnehmen, mit denen sie den Mittelgang schmücken würde, und die Orgelmusik hören, die das Kirchenschiff erfüllte. Sie wusste, dass es die spektakulärste, romantischste Hochzeit des Jahres, wenn nicht des Jahrzehnts werden würde. Und sie wäre diejenige, die sie geplant hätte. Diese Werbung würde ihrem Geschäft bestimmt sehr guttun.

Bevor sie zu sehr ins Träumen kam, fragte sie ihn rasch die anderen Punkte auf dem Formblatt ab – die Wahl der Blumen, der Ablauf der Zeremonie, Fotografen und der Empfang danach, um nur einiges zu nennen. Der Scheich zuckte bei jeder Frage jedoch nur die Schultern und meinte, dass er ihr freie Hand lassen und Geld keine Rolle spielen würde. Als sie ihr Formblatt ausgefüllt hatte, war ihr klar, dass sie eine Hochzeit ganz nach ihrem Geschmack planen konnte, wenn sie diesen Auftrag tatsächlich annahm.

Zu ihrer Überraschung erhob Tarik sich abrupt, als ob das Gespräch abgeschlossen und der Vertrag bereits unterzeichnet wäre, und streckte ihr die Hand entgegen. Wahrscheinlich wurden Geschäfte in seinem Kulturkreis mit einem Handschlag abgeschlossen. Hier waren die Dinge allerdings etwas komplizierter. Sie erinnerte sich auch nicht daran, ihm gesagt zu haben, dass sie den Auftrag annehmen würde.

„Einen Moment noch“, sagte sie. „Ein Handschlag reicht leider nicht. Sie müssen den Vertrag unterschreiben.“

Er zuckte die Schultern, nahm ihr das Formblatt aus der Hand und unterschrieb es.

„Noch eines“, erklärte sie. Carolyn war plötzlich überwältigt von der Aussicht, eine Hochzeit dieses Umfangs innerhalb eines Monats vorbereiten zu müssen. „Ich brauche Hilfe. Das kann ich unmöglich allein schaffen.“

„Natürlich nicht“, erwiderte er. „Sie haben doch bestimmt Angestellte.“

„Ich habe eine Partnerin, aber sie ist ebenso beschäftigt, wie ich es bin. Wir teilen uns das Büro und arbeiten mit denselben Floristen und anderen Dienstleistungsbetrieben zusammen, aber wir haben beide unsere eigenen Kunden. Wenn ich sage, ich brauche Hilfe, meine ich die von Ihnen und Ihrer Braut. Zumindest müssen Sie mit mir zusammen die Entscheidungen treffen, sonst werden Sie eine Hochzeit haben, die weder Ihre Persönlichkeit noch Ihren Lebensstil widerspiegelt. Sie wollen doch sicher, dass das ein Tag wird, an den Sie Ihr ganzes Leben lang denken werden.“

„Oh, ja das will ich“, bestätigte er. „So sehr wie möglich. Also gut, Sie wollen meine Hilfe. Sie wollen meine Meinung. Sie werden sie bekommen. Heute Abend habe ich keine Zeit mehr, aber um Ihnen zu beweisen, wie wichtig diese Hochzeit für mich ist, lade ich Sie ein, morgen vor dem Frühstück bei mir vorbeizukommen.“

„Das ist wirklich sehr entgegenkommend von Ihnen“, sagte sie und hoffte, dass sie nicht zu sarkastisch wirkte. „Manche Männer kümmern sich überhaupt nicht um die Hochzeitsvorbereitungen. Sie überlassen alles der Braut.“

„Vielleicht hängt bei denen nicht so viel von der Hochzeit ab wie bei mir“, warf er ein.

„Vielleicht nicht. Ihre Braut muss etwas ganz Besonderes sein.“

„Etwas Besonderes ist sie auf jeden Fall, aber leider ist sie auch sehr eigensinnig. Meine Schwester ist ziemlich verwöhnt“, sagte er.

Carolyn runzelte die Stirn. „Ihre Schwester?“

„Meine Schwester Yasmine, die Braut, die in einem Monat heiraten wird. Das habe ich Ihnen doch bereits gesagt. Ich brauche Sie, um Yasmines Hochzeit zu planen.“

Carolyn sah ihn erstaunt an. „Ich verstehe.“ Aber sie verstand überhaupt nichts. Offensichtlich hatte sie das mit der Schwester überhört. Welche Frau würde ihre Hochzeitsvorbereitungen ihrem Bruder überlassen? Dabei sollte ihr das letztlich gleichgültig sein. Sie hatte sich einverstanden erklärt, diese Hochzeit vorzubereiten. Das allein zählte. In einem Monat war alles vorbei, und sie würde den Scheich nie mehr wiedersehen. Und das war ein Moment, auf den sie sich bereits jetzt freute.

„Sie ist noch in einem Internat in der Schweiz“, erklärte er. „Sie muss noch einige Prüfungen ablegen und wird erst kurz vor der Hochzeit hier eintreffen. Wenn sie ankommt, wird alles schon bereit sein – ihr Kleid, die Blumen. Alles wird wie am Schnürchen laufen.“

„Es wird natürlich wie am Schnürchen laufen, aber trotzdem ziehen die meisten Bräute vor, ihr Kleid allein auszusuchen. Vor allem muss Ihre Schwester es vor der Hochzeit anprobiert haben. Auch in der Schweiz gibt es Hochzeitskleider. Vielleicht könnte sie es dort kaufen.“

„Dafür hat sie keine Zeit. Und eine Anprobe wird nicht notwendig sein“, bemerkte er. „Stehen Sie auf.“

„Was?“

„Wenn ich mich nicht irre, haben Sie dieselbe Größe wie meine Schwester. Stehen Sie auf, damit ich Sie mir anschauen kann.“

Widerwillig erhob sie sich. Anerkennend musterte er sie von Kopf bis Fuß, und ihr wurde auf einmal ungemütlich warm. Hätte er sie nicht einfach nach ihrer Konfektionsgröße fragen können?

„Ja“, stellte er fest, während er sie eingehend betrachtete, als wäre sie ein Objekt, das zum Verkauf stand. „Ich hatte recht. Das wird gehen.“

Das wird gehen? Wütend nahm Carolyn wieder Platz.

„Was meinen Zeitplan betrifft“, erklärte sie, das Gesicht immer noch leicht gerötet. „Ich weiß nicht, in welcher Branche Sie tätig sind, aber …“

„Erdöl.“

Ein arabischer Scheich. Öl. Sie hätte es sich denken können. „Nun ja, aber in unserer Branche müssen wir unsere Termine monatelang, manchmal ein ganzes Jahr vorher festlegen. Ich kann nicht einfach alles stehen und liegen lassen und mich völlig um Ihre Hochzeit kümmern.“

„Ich bin sicher, dass Sie alle Schwierigkeiten überwinden werden“, erklärte er galant. „Vergessen Sie nie, dass meine Geldressourcen unerschöpflich sind, und dass diese Hochzeit sehr wichtig für mich ist.“

„So denkt jeder, dem eine Hochzeit ins Haus steht. Ich werde tun, was ich kann. Zufällig habe ich morgen Vormittag Zeit. Sagen wir um neun Uhr?“

„Um acht wäre noch besser. Hier ist meine Adresse.“ Er reichte ihr eine Visitenkarte. „Sehen Sie, es gibt immer einen Weg“, meinte er. Dabei lag so viel Selbstsicherheit in seiner Stimme, dass ihr erneut klar wurde, dass dieser Mann keine Niederlagen kannte. Wie hatte sie auch nur eine Sekunde lang annehmen können, dass er selbst vor den Altar treten würde. Welche Frau würde so einen Mann heiraten? Nun, es gab bestimmt genug Frauen, die hinter seinem Geld her waren. Aber kein Geld der Welt könnte sie in Versuchung bringen, einem Mann das Jawort zu geben, der alle Entscheidungen für seine Frau traf, der seine Frau jeglicher Verantwortung enthob. Selbst dann nicht, wenn er so ungeheuer attraktiv und weltgewandt war wie der Scheich, der vor ihr stand.

Sie hatte plötzlich Mitleid mit seiner Schwester, die erst kurz vor der Hochzeit in San Francisco eintreffen würde und ein Kleid anziehen musste, dass er mithilfe einer bezahlten Beraterin ausgesucht hatte. Sie hatte jedoch nicht das Recht, das oft seltsame Verhalten ihrer Kunden zu kritisieren. Sie war einzig und allein dazu da, die Träume ihrer Kunden zu verwirklichen. Allerdings bezweifelte sie, dass dieser dunkle, gut aussehende Scheich überhaupt Träume hatte. Für ihn zählten wahrscheinlich nur Pläne, Ziele und seine fürstlichen Befehle.

Wenn er glaubte, er könnte sie mit einem kurzen Treffen vor dem Frühstück abspeisen und dann bis zur Hochzeit verschwinden, irrte er sich. Und zwar gründlich. Sie hatte keine Lust, die ganze Verantwortung für die Hochzeit zu übernehmen. Wenn er seine Wünsche nicht deutlich mitteilte, würde er dann möglicherweise mit der Hochzeit seiner Schwester sehr unzufrieden sein. Und sie hatte irgendwie das Gefühl, dass er in einem solchen Fall sehr unangenehm werden könnte.

Schließlich legte Carolyn ihr Klemmbrett beiseite und erhob sich. Sie hatte das Gefühl, zehn Runden im Ring durchgestanden zu haben. Aber hatte nun er gewonnen oder sie? Im Moment war sie einfach nur froh, dass es vorbei war, zumindest für den heutigen Tag. Morgen, wenn sie ausgeschlafen und vorbereitet war, würde sie gegen diesen Scheich besser ankommen.

„Gehen Sie jetzt nach Hause?“, fragte er.

„Ja.“

„Es ist spät. Ich werde Sie zum Wagen begleiten.“

„Das ist nicht nötig, danke. Er steht am Hinterausgang.“

„Am Hinterausgang? Das hört sich ja noch gefährlicher an“, meinte er entsetzt. „Ich bin sicher, dass Ihr Ehemann Sie nicht gern allein in der Dunkelheit sieht.“

„Ich parke immer dort und bin noch nie überfallen worden“, erwiderte sie. „Und ich habe keinen Ehemann“, fügte sie nach einer kurzen Pause hinzu. Warum hatte sie sich verpflichtet gefühlt, ihm das zu sagen? Ihr Familienstand ging ihn gar nichts an. „Ich versichere Ihnen, dass mir nichts zustoßen wird. Außerdem wird sich Ihre Frau bestimmt Sorgen machen, wenn Sie so spät nach Hause kommen.“ So, jetzt hatte er seine Retourkutsche bekommen.

Ein amüsiertes Lächeln huschte über sein Gesicht, als er einen Blick auf seine teure Armbanduhr warf. „Es ist noch nicht sehr spät“, erklärte er. „Selbst wenn ich eine Frau hätte, was nicht zutrifft, so würde ich trotzdem darauf bestehen, Sie zum Wagen zu begleiten. Sie hätte volles Verständnis für mein Verhalten.“

„Ich nehme an, ihr wird die Aufgabe zufallen, das Essen warm zu halten und Ihnen die Slipper zu bringen.“ Sie versuchte, humorvoll zu klingen, aber bei der Erinnerung an das Leben ihrer Mutter klang gegen ihren Willen eine gewisse Bitterkeit in ihrer Stimme mit. Ihre Mutter hatte ihrem Vater zuliebe ein Leben lang ihre eigenen Interessen unterdrückt.

„Das hört sich vielversprechend an. Aber heutzutage ist es schwierig, solch eine Frau zu finden“, erwiderte er.

„Ich nehme an, das ist der Grund, warum Sie noch nicht verheiratet sind.“ Sie wusste nicht, warum sie sich auf eine derartige Unterhaltung einließ. Außerdem kam ihr die Tatsache, dass sie ihn nicht davon abbringen konnte, sie zum Wagen zu begleiten, wie ein schlechtes Omen vor. Dieses Muster, dass er Befehle erteilte und sie diese Befehle ausführte, musste sie unbedingt durchbrechen.

Als Kind hatte sie sich nie gegen den egoistischen, tyrannischen Vater durchsetzen können, aber jetzt war sie eine erwachsene Frau und trug Verantwortung für ihr Leben und ihr Geschäft. Ihr Vater hatte keinen Einfluss mehr auf sie. Sie hatte gelernt, für sich selbst und für die Dinge, an die sie glaubte, einzustehen. Natürlich war es nicht immer leicht, das, was sie gelernt hatte, in die Praxis umzusetzen. Um das zu vereinfachen, hatte sie es sich zur Regel gemacht, niemals mit einem Mann auszugehen, der einen zu starken Willen oder ein zu großes Selbstbewusstsein hatte.

Eigentlich ging sie in letzter Zeit sowieso selten aus, da die meisten Männer, die sie kannte, schon verlobt oder verheiratet waren. Doch sie gab die Hoffnung nicht auf. Sie sagte sich immer wieder, dass eines Tages ein netter, liebevoller Mann auftauchen würde. Dann würden sie sich ineinander verlieben, und sie wäre sehr froh, dass sie bisher auf Sex verzichtet und sich niemals auf flüchtige Affären eingelassen hatte wie ihre Freundinnen. Aber da sie bereits fünfundzwanzig Jahre alt war, stellte sie sich immer öfter die Frage, wann und ob es überhaupt passieren würde.

Normalerweise würde sie jetzt noch ihren Schreibtisch aufräumen, nachsehen, ob E-Mails für sie eingetroffen waren, und die Daten für den neuen Auftrag eingeben. Aber da der Scheich sie wie ein Habicht beobachtete, griff sie nur nach ihrer Jacke und ihrer Handtasche, schloss die Eingangstür ab und schaltete das Licht aus. Als er sie zur Hintertür hinaus begleitete, umfasste er ihren Ellbogen, als ob sie Hilfe bräuchte. Ha! Dabei hatte sie in den letzten acht Jahren sehr gut allein zu ihrem Wagen gefunden. Und als ob das noch nicht genug Machogehabe wäre, nahm er ihr auch noch den Wagenschlüssel aus der Hand und schloss die Tür auf.

Reg dich nicht auf, sagte sie sich, schließlich kommt er aus einem anderen Land, einer völlig anderen Kultur, in der Frauen noch tief verschleiert hinter ihren Männern herlaufen.

„Danke“, sagte sie steif.

„Bis morgen“, erwiderte er und deutete mit dem Kopf eine Verbeugung an.

Sie nickte und brauste davon. Vor was sie allerdings flüchtete, war ihr nicht richtig klar. Er war nur ein Kunde, ein Mann, der zu ihr gekommen war, damit sie die Hochzeit seiner Schwester ausrichten sollte.

Im Rückspiegel sah sie ihn am Straßenrand stehen, eine einsame geheimnisvolle Figur, die ihr nachschaute und der auch der heftigste Regen nichts anzuhaben schien. Sie stellte die Heizung an, aber nichts half, um die Kälte zu nehmen, die sich plötzlich in ihr ausbreitete. Als sie zu Hause ankam, fror sie noch immer. Sie zitterte vor Kälte wegen eines Fremden, der an diesem Abend in ihr Leben getreten war.

Aber morgen würde alles anders sein, das schwor sie sich. Zugegeben, es war ihm gelungen, über sie zu bestimmen, obwohl sie in ihrem eigenen Büro gewesen war. Aber damit war nun Schluss. Er mochte über eine riesige Erdölgesellschaft das Sagen haben, er hatte aber keine Kontrolle über sie.

Autor

Carol Grace
Carol Grace wurde mit Fernweh im Blut geboren. Sie wuchs in Illinois auf, sehnte sich aber sehr bald danach, die weite Welt zu erkunden. Während des Studiums erfüllte sie sich diesen Traum erstmals mit einem Auslandssemester an der Sorbonne in Paris. Ihren Abschluss machte sie an der Universität von Los...
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