In der weiten Prärie - 5 wildromantische Liebesromane

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NUR DU UND ICH UND DIE PRÄRIE von KATHLEEN EAGLE

Als Cougar von der Armee zurückkehrt, haben seine Einsätze Narben hinterlassen - vor allem in seiner Seele. Auf einer Ranch für Wildpferde sucht er Frieden - und findet Celia. Für die Lehrerin ist die Ranch wie ein zweites Zuhause, denn die Nähe zu den Tieren tut ihrem kranken Sohn gut. Cougar fühlt sich von der starken und doch verletzlichen Frau angezogen - und als sie in einer Scheune Zuflucht vor einem Sturm suchen, will er sie nie mehr loslassen. Es ist, als sei er wieder im Leben angekommen. Doch kann ein Mann mit seiner Vergangenheit an Liebe und Glück glauben?

SO KÜSST MAN NUR IM WILDEN WESTEN von QUINN WILDER
Es gibt viele Dinge, die den athletischen Cowboy Cliff Carpenter an Mandy Marlowe ärgern, aber am meisten ist er auf sich selbst wütend: der Wunsch, sie in die Arme zu reißen, ist übermächtig. Da hilft auch nicht die Einsamkeit, die er in der Prärie sucht …

MIT DIR EIN LEBEN LANG von LOIS GREIMAN

Erst fackelt sie beim Eierkochen fast seine Ranch ab, dann steht sie unschuldig nur mit einem Handtuch bekleidet vor ihm. Der raue Cowboy Tyrel könnte verzweifeln. Wenn er bloß nicht davon träumen würde, Hannah zu küssen und sie ein Leben lang heiß zu verwöhnen ...

KOMM ZU MIR, KOMM IN MEIN BETT! von DEBBI RAWLINS
Hilfe kann Annie wirklich dringend gebrauchen! Und als der gut aussehende Cowboy Luke McCall ihr anbietet, sie auf der Ranch zu unterstützen, sagt sie sofort Ja. Denn sie spürt: Sie will diesen Mann - auf dem Feld, im Haus und ... im Bett!

EINE SCHWÄCHE FÜR COWBOYS von CATHIE LINZ
Abbie weiß, dass Männer wie Dylan Janos gefährlich für sie sind: der Cowboy ist viel zu gut aussehend und charmant! Sie schwört sich, ihm auf jeden Fall zu widerstehen - und ahnt nicht, dass er von seiner Schwester Gaylynn ein magisches Kästchen geschickt bekommen hat …


  • Erscheinungstag 19.09.2024
  • ISBN / Artikelnummer 9783751535472
  • Seitenanzahl 407
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Kathleen Eagle

Nur du und ich und die Prärie …

IMPRESSUM

BIANCA erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
Telefon: 040/60 09 09-361
Fax: 040/60 09 09-469
E-Mail: info@cora.de
Geschäftsführung: Thomas Beckmann
Redaktionsleitung: Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)
Produktion: Christel Borges
Grafik: Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn,
Marina Grothues (Foto)

© 2011 by Kathleen Eagle
Originaltitel: One Brave Cowboy
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
in der Reihe: SPECIAL EDITION
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BIANCA
Band 1852 - 2012 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg
Übersetzung: Patrick Hansen

Fotos: gettyimages

Veröffentlicht im ePub Format im 10 / 2012 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

eBook-Produktion: GGP Media GmbH , Pößneck

ISBN 978-3-95446-149-3

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY, STURM DER LIEBE

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1. KAPITEL

Der Fahrer des schwarzen Pick-ups starrte gebannt auf das wuchtige, zweistöckige, weiße Haus am Ende der Straße. Es war alt und brauchte dringend einen frischen Anstrich. Nur das Schild am Geländer der Veranda war neu.

Office

Double D Wildhorse Sanctuary

Es war die Art von Kontrast, die magisch seinen Blick auf sich zog und ihn wachsam werden ließ, obwohl er sich mühsam angewöhnt hatte, gelassen zu bleiben. Es gab keinen Grund zur Nervosität. Schließlich war er wieder in den Staaten. South Dakota. Land der Häuptlinge aus Granit und aller tapferen Vorfahren.

Nur weil an diesem viel zu ruhigen Ort irgendetwas nicht zusammenzupassen schien, musste Cougar nicht in Deckung gehen. Er war hier, weil er einen Tipp von einer Kameradin bekommen hatte. Die einzigen Menschen, denen er heutzutage noch traute, waren die Typen, mit denen er in der Armee gedient hatte. Und Sergeant Mary Tutan gehörte zu den anständigsten „Typen“, die er kannte.

Sie konnte ihm zwar nichts mehr befehlen, aber sie hatte ihn aufgespürt, ans Telefon holen lassen und so mit ihm gesprochen, dass er fast Haltung angenommen hätte. Setz deinen Hintern in Bewegung, Soldat! Meine Freundin Sally Drexler veranstaltet einen Wettbewerb, bei dem es darum geht, Wildpferde zu trainieren. Und dieser Wettbewerb ist genau das, was die Ärzte für einen Veteranen wie dich empfehlen.

Dann hatte sie sich verbessert: Ihre Freundin hieß jetzt nicht mehr Sally Drexler , sondern Sally Night Horse , weil sie einen Indianer geheiratet hatte. Ob er Hank Night Horse kannte? Oder Logan Wolf Track?

Als ob alle Indianer einander kannten.

Das Privatleben des Sergeants interessierte Cougar nicht, aber beim Wort Wildpferde hatte er die Ohren gespitzt. Und Training , Wettbewerb und Preisgeld klangen auch ziemlich reizvoll.

Er hatte viel zu lange ohne Pferde gelebt, und als er eines etwa eine halbe Meile entfernt über die Weide traben sah, musste er lächeln. Eine hübsche braune Stute, gefolgt von einem kräftigen gescheckten Hengstfohlen. Ein heißer South-Dakota-Wind wehte.

Cougar freute sich über den Geruch von Pferdeschweiß, Büffelgras und über den Lehmstaub, den sein Pick-up aufwirbelte. Sein Bruder Eddie hatte ihn „aufgemotzt“, aber auf die übergroßen Reifen hätte er verzichten können. Ebenso wie auf so manche andere Überraschung, die ihn bei seiner Heimkehr erwartet hatte. Aber er wollte seinem Bruder keine Vorwürfe machen, denn Eddie hätte für immer geschmollt, wenn Cougar ihm vorgeworfen hätte, so viele Meilen in seiner Abwesenheit mit dem Wagen gefahren zu sein.

Für das „Hauptquartier“ der angeblich größten privat unterhaltenen Schutzstation für Wildpferde in den Dakotas sah das Haus ziemlich ruhig aus. Die Größe des Reservats interessierte Cougar nicht. Hauptsache, es hielt, was sein Ruf versprach. In letzter Zeit war er in zu vielen Sackgassen gelandet.

Auch am Ende dieser Straße schien es kaum menschliche Aktivität zu geben, aber dafür tauchte aus dem wogenden Grasmeer ein Pferd nach dem anderen auf. Sie blieben auf Abstand, aber sie beobachteten ihn und registrierten jede Bewegung.

Genau wie Cougar. Sein Überlebensinstinkt war nicht so ausgeprägt wie bei den Pferden, aber er war höher entwickelt als bei jedem anderen Menschen, ob nun Mann, Frau oder …

… Kind.

Cougar stieg auf die Bremse. Er sah nichts, hörte nichts, aber Augen und Ohren nahmen nicht alles war. Das wusste er. Männer und Frauen konnten auf sich aufpassen, aber Kinder waren wie Fohlen. Immer verletzlich. Sie sandten Signale aus, und Cougar empfing sie mit dem Bauch. Was eine verdammt gute Sache war. Ohne seinen Bauch hätte er nichts unternommen.

Und wäre da nicht die rote Baseballkappe gewesen, hätte er vermutlich geglaubt, dass er wieder halluzinierte. Dann hätte er wahrscheinlich Gas gegeben. So rettete die rote Kappe sowohl das Kind als auch den Fahrer.

Und die Ziege.

Cougar hatte die Augen weit aufgerissen. Sein Puls hämmerte. Die Ziege flüchtete, und oberhalb der in Tarnfarben gestrichenen Stoßstange erschien eine kleine Hand.

Stoppen Sie nicht, Sergeant. Das Kind bedeutet nichts Gutes. Wenn Sie langsamer werden, sind wir erledigt. Stoppen. Sie. Nicht.

Cougar schloss die Augen, holte tief Luft, legte den Rückwärtsgang ein, drehte sich um, ließ den Motor aufheulen und hätte fast seinen Anhänger zum Umkippen gebracht. Als er wieder nach vorn schaute, war die Ziege weg. Er sah ein hellhaariges Kind in dunkelblauen Jeans. Es lag auf dem Bauch. Er sah den Kühler seines schwarzen Pick-ups. Er sah eine rot-weiß gestrichene Scheune, eine Schotterstraße und die Erde von South Dakota.

Er zog die Handbremse an, stieß die Fahrertür auf und sprang hinaus. Seine Stiefel berührten den Boden in dem Moment, in dem das Kind sich auf Hände und Knie stützte. Es blickte zu Cougar hinauf, die Augen voller Entsetzen, aber ohne Tränen.

Und es lebte. Danke, Jesus.

Cougars Schatten fiel auf den Jungen wie eine Wolldecke von einer oberen Pritsche. Seine Knie gehorchten ihm nicht, also blieb er stehen. „Alles in Ordnung?“

Der Junge starrte ihn an.

„Ich habe dich nicht gesehen“, sagte Cougar und flehte den Jungen stumm an, endlich aufzustehen. Aufstehen zu können . „Bist du verletzt?“

Der Junge streckte einen Arm aus, zeigte zur anderen Straßenseite und lächelte. Cougar schaute über die Schulter und bemerkte eine graue Katze.

„War die das?“ Er drehte sich zu dem Jungen um. „Eine verdammte Katze? Eine Sekunde lang dachte ich …“

Seine Beine begannen zu zittern, und ein Knie knackte, als er in die Hocke ging. „Jesus“, flüsterte er, stützte einen Ellbogen auf die Knie und legte den Kopf in die Hände. Sein Herz schlug gegen die Rippen. Er brachte es nicht fertig, dem Kind in die Augen zu sehen. Noch nicht. Er wollte ihm keine Angst machen. Er wollte ihnen beiden keine Angst machen.

Eine kleine Hand landete leicht wie ein Vogel auf seiner Schulter. Er zuckte zusammen, beherrschte sich jedoch. Aus den Augenwinkeln sah er die rote Kappe. Er fühlte, wie der Wind sein Haar zerzauste, roch das Gras und hörte das leise Brummen des Pick-ups hinter ihm.

Es war sein eigener Wagen, keiner von der Army. Er klammerte sich ans Hier und Jetzt und musterte den Jungen von Kopf bis Fuß, nur die Augen ließ er aus. Er traute sich nicht zu, dem Jungen in die Augen zu schauen. Dazu war er noch nicht stark genug.

„Das war knapp, was? Du hast mich zu …“

Kein Wort von dem Jungen.

Cougar riskierte es, die Hand auf seiner Schulter zu tätscheln. Seine Finger zitterten nicht. „Aber dir ist nichts passiert, oder? Du hast dir nicht wehgetan, oder?“

Keine Antwort. Entweder hatte es dem Jungen die Sprache verschlagen, oder er war taub.

Oder blind. Jedenfalls auf einem Auge. Das andere bewegte sich nicht. Cougar betrachtete ihn noch einmal von Kopf bis Fuß. Blut war nur am aufgeschürften Knie durch ein Loch in seinen Jeans zu sehen.

Wortlos drehte der Junge sich um und rannte davon. Cougar stand langsam auf und blickte die Straße entlang.

An der Scheune flog eine Seitentür auf, und die Mutter kam heraus. „Mark!“, rief sie besorgt.

Auf die Plätze, fertig, los! Cougar hörte es im Kopf, wo der Puls im Rhythmus seiner Schritte schlug. Er stieg in den Pick-up und fuhr los. Im Schneckentempo. Vorbei am Haus und zur Scheune. Die Frau war klein, schlank, hübsch und ziemlich aufgebracht. Er musste mit ihr reden. Daran führte kein Weg vorbei.

Er parkte, holte tief Luft, sagte sich, dass er heute niemanden getötet hatte, stieß die Luft wieder aus und dankte dem Himmel. Nur für den Fall, dass dort oben jemand zuhörte. Den Trick mit dem langsamen Durchatmen hatte er vom Doc, und er schien zu funktionieren.

„Geht es dem Jungen gut?“, rief Cougar, als er die Wagentür hinter sich zuwarf.

Die Frau hielt das Gesicht des Jungen zwischen den Händen. Cougar beobachtete, wie ihr langer Pferdeschwanz wippte, als sie ihren Schützling untersuchte. Das volle Haar schwang von einer Schulter zur anderen, als sie sich zu ihm drehte und ihn mit großen, leuchtend braunen Augen ansah. „Was ist passiert?“

Allein wegen der faszinierenden Augen wünschte er, er hätte eine Antwort. „Was immer er Ihnen erzählt hat.“ Er wagte einen Schritt in ihre Richtung. „Ich selbst bin mir noch nicht sicher.“

„Er hat mir gar nichts erzählt. Er spricht nicht.“

Cougar senkte den Blick, bis er den Jungen erfasste. „Deshalb konntest du mir nichts sagen. Aber du bist weggelaufen, bevor ich mich …“ Er streckte die Hand aus. „Es tut mir leid. Ich habe dich nicht gesehen.“

„Was ist passiert ?“, wiederholte die Frau.

„Ich könnte behaupten, dass er aus dem Nichts aufgetaucht ist, aber das würde nach einer Ausrede klingen. Ich weiß nur, dass ich scharf gebremst habe und …“ Er schüttelte den Kopf. „Erst habe ich seine Kappe gesehen, dann eine Hand, und ich dachte, ich hätte …“ Er warf dem Jungen einen Blick zu, und in ihm zog sich etwas zusammen. „Jemanden angefahren.“

„Sie haben angehalten, bevor Sie etwas gesehen haben?“

„Ja. Ich …“ Er musste ehrlich zu ihr sein. Wenigstens das war er ihr schuldig. „Ich hatte so ein Gefühl. Es ist schwer zu erklären. Wahrscheinlich habe ich die Landschaft bewundert.“ Er rückte seinen neuen braunen Stetson zurecht und scharrte mit den Stiefeln im Kies. „Ich habe ihn nicht gesehen. Habe nicht gehupt. Nichts.“

„Ich wollte nur …“ Sie zeigte auf die offene Tür. „Oh Gott, ich habe nicht auf ihn geachtet. Ich habe ihn aus den Augen gelassen.“ Sie schüttelte den Kopf. „Eine Minute lang. Mehr als eine Minute .“ Sie drückte den Kopf des Kleinen an sich. Er passte genau zwischen ihre Brüste. Der Junge umarmte sie kurz und schlüpfte aus ihren Armen. „Oh, Markie, ich dachte, du hättest mit den Kätzchen gespielt.“

„Ich glaube, die Katzenmutter ist weggelaufen. Er wollte sie wohl einfangen.“ Cougars Blick traf sich mit dem des Jungen. „Richtig, Mark? Du wolltest die Katzenmutter zu ihren Babys zurückbringen?“

„War es knapp?“, fragte die Frau so leise, dass er sie kaum verstand.

„Er muss hingefallen sein, denn er lag mit dem Gesicht im Staub. Hat sich die Jeans aufgerissen.“ Cougar wandte sich ihr zu. „Und er kann auch nicht hören?“

Wieder schüttelte sie den Kopf. „Soweit wir wissen.“

„Gibt es dafür keine Tests?“ Du hast gerade die Grenze überschritten, Cougar.

„Doch, natürlich. Tests. Alle möglichen.“ Sie gab ihm die Hand. „Ich bin Celia Banyon. Mein Sohn Mark gibt uns Rätsel auf. Wir wissen nicht genau, was mit ihm los ist.“

„Ja, es war knapp.“ Seine Knie wurden weich. Lag es an der Wahrheit oder an ihrer Berührung? Er blickte zur Seite. „Wirklich knapp.“

„Ich bin …“ Sie räusperte sich, wich einen Schritt zurück, und ihre Hand glitt aus seiner. „Sind Sie hier, um Sally zu sprechen?“

Richtig. Dass ich hier bin, hat nichts mit einem Kind zu tun.

„Ja, ich bin wegen des Wettbewerbs hier. Ich heiße Cougar.“

„Vorname? Nachname?“

„Beides.“ Sie warf ihm einen verwirrten Blick zu, und er probierte es mit einem Lächeln. „Einfach nur Cougar. Ein Name ist genug.“ Er schaute zum Haus hinüber. „Ist sie hier?“

„Nein, heute halten Mark und ich die Stellung. Alle anderen sind draußen unterwegs oder kümmern sich ums Geschäft. Sind Sie Trainer?“

„Ich habe meine eigenen Pferde trainiert, ja. Eine gute Freundin hat mir von dem Wettbewerb erzählt, und da dachte ich, ich sehe mich mal um und finde heraus, ob ich mich qualifizieren kann.“

„Mustang Sally’s Wild Horse Makeover Competition. Mit dem Wettbewerb habe ich nichts zu tun. Wir arbeiten ehrenamtlich für die Schutzstation. Nicht wahr, Mark?“ Sie berührte den Jungen an der Schulter, und er sah zu ihr hoch. „Wir helfen Sally mit den Pferden.“ Sie wandte sich wieder Cougar zu und hielt sich eine Hand an die Stirn. „Sally und ihr Mann haben einen Termin. Alle anderen sind bei der Arbeit. Ich könnte Ihnen eine Informationsbroschüre aus dem Büro holen.“ Sie lächelte dem Jungen zu. „Wir müssen uns sowieso um dein Knie kümmern.“

Mark starrte Cougar an, bis dieser sich ein zweites Lächeln abrang.

„Wo war er denn?“, fragte Celia. „Weit weg kann er nicht gewesen sein, oder? Er war bei mir und dann …“

„Er ist ziemlich schnell.“

„Ich weiß.“ Sie seufzte.

„Ich komme später wieder.“ Cougar trat einen Schritt zurück. Ihre Sorgen gingen ihn nichts mehr an. Der Junge war unverletzt.

„Falls Sie Sally Ihre Nummer hierlassen möchten …“

„Ich rufe sie an. Wahrscheinlich fahre ich nach Sinte zurück und bleibe eine Weile dort.“

„Ich sage Sally Bescheid. Woher kommen Sie?“

„Wyoming. Aus der Gegend um den Wind River.“

Sie nickte und lege den Arm um den Jungen. „Das nächste Mal …“

„Ja.“ Er zwinkerte Mark zu. „Das nächste Mal sind wir vorsichtig. Wir passen beide aufeinander auf.“

Ein Stück die Straße entlang begegnete Cougar der grauen Katze. Sie saß genau dort, wo er sie zuletzt gesehen hatte, als würde sie darauf warten, abgeholt zu werden. Er hielt an und hob sie auf. Die Katze wehrte sich nicht, nicht einmal, als er eine Hand um ihren Bauch legte. Er konnte ihre geschwollenen Zitzen fühlen. Der Anhänger machte das Wendemanöver schwierig, aber er wollte auf keinen Fall rückwärtsfahren. Mit toten Winkeln kannte er sich aus.

Celia erschien in der Tür, hielt die Hand vor die Sonne und blickte ihm misstrauisch entgegen. Vermutlich fürchtete sie, dass er die Ranch ausgekundschaftet hatte und nichts Gutes im Schilde führte. Das konnte er ihr nicht verdenken.

„Ich habe die Katze gefunden!“, rief er beim Aussteigen und drückte das Tier an die Brust. „Dachte mir, es könnte ihn trösten.“

„Danke.“ Sie nahm Cougar die Katze nicht ab, und er reichte sie ihr nicht. Die Frau sah blass aus. Vielleicht hatte der Schock erst nach seiner Abfahrt eingesetzt. Sie musterten einander, während er wie ein zu groß geratener Junge dastand und die Katze hinter den Ohren kraulte.

„Sie wäre von allein zurückgekommen“, sagte Celia auf dem Weg in die Scheune.

Die Katze begann zu schnurren. Er mochte das. „Ich bin wie der Junge und will nicht, dass sie sich zu weit von ihrem Wurf entfernt.“

„Mark spielt mit ihnen. Ich glaube nicht, dass er weiß, wie … Leider habe ich ihm noch nicht klarmachen können, dass er … nicht einfach …“

Cougar hockte sich neben den Jungen und setzte die Katze in die mit Zeitungspapier ausgelegte Kiste, sehr zur Freude der miauenden Kätzchen.

„Sieh nur mal, wie willkommen die Mama ist“, sagte Celia.

Cougar beobachtete, wie die Kätzchen sich zum Mittagessen um die Zitzen der Mutter drängten. Mark achtete darauf, dass alle sieben einen Platz fanden. Er schien ganz vergessen zu haben, wie knapp er einer Katastrophe entgangen war. Aber vielleicht hatte er auch schon seine Lektion gelernt und würde in Zukunft vorsichtiger sein.

Cougar wünschte, er hätte den Vorfall ebenso gut verkraftet, was er vermutlich mit der Mutter des Jungen gemeinsam hatte. Er drehte sich um und wollte in ihren großen braunen Augen nach einer Bestätigung suchen, doch sie war nicht mehr da. Offenbar hatte sie keine Angst, ihn mit Mark allein zu lassen.

Woher wusste sie, dass sie ihm vertrauen konnte? Sie hatte ihm bereits verraten, dass sie und der Junge allein im Haus waren. Natürlich ging es ihn nichts an, aber vielleicht sollte er ihr ein paar warnende Worte …

Plötzlich hörte er aus der offenen Tür zu einem dunklen Raum ein leises Weinen. Er überzeugte sich, dass der Junge beschäftigt war, und ging hinüber.

„Celia?“ Ihr Name kam ihm über die Lippen, als würde er ihn seit Jahren aussprechen.

Sie atmete tief durch, um den Schluckauf zu unterdrücken. „Es … geht mir gut.“

Es geht ihr gut. Lass sie in Ruhe. „So hören Sie sich aber nicht an.“

„Ich will nur nicht, dass er mich so sieht“, flüsterte sie verzweifelt.

Cougar betrat den Raum. Es war eine Sattelkammer, und die Frau stand zwischen dem aufgehängten Zaumzeug. Sie war so klein und schlank, dass er genau hinsehen musste, um sie zu erkennen.

„Wie knapp war es wirklich?“, fragte sie leise.

„Sehr knapp.“

„Sie haben ihn nicht gesehen, aber trotzdem angehalten?“

„Ja.“ Jetzt, da er die – selbst gesetzte – Grenze, überschritten hatte, wusste er nicht recht, was er tun sollte. Er war der Frau gerade erst begegnet, und schon hatte er das Gefühl, dass er sie anstarrte, als wäre sie nackt.

Er griff nach einem Halfter, hielt sich daran fest und machte sich auf einiges gefasst. „Manche Menschen haben Augen am Hinterkopf. Ich habe etwas im Kopf. Es registriert Dinge, die ich weder sehen noch hören kann. Manchmal, nicht immer.“

„Was immer es ist, ich könnte es gebrauchen.“

Er lachte. „Es geht nicht immer so gut aus.“

„Aber diesmal. Mark lebt in seiner eigenen Welt, und ich versuche, von außen hineinzusehen. Ich blinzle, schon ist er weg.“ Ihre Lippen zitterten, als sie Luft holte. „Aber er ist unverletzt. Warum bin ich so erschüttert?“

„Ich habe mich auch noch nicht von dem Schreck erholt. Wir wissen beide, was alles hätte passieren können. Mark nicht, deshalb muss er sich im Moment keine großen Sorgen machen. Das tun wir für ihn.“

„Er weiß, was hätte passieren können. Irgendwo im Hinterkopf weiß er es sogar besser als wir.“ Sie schluckte so laut, dass Cougar ihre Tränen schmecken konnte. „Er hatte einen schrecklichen Unfall. Er hat ein Auge verloren.“

„Ein Autounfall?“

„Nein. Es war …“ Sie beendete den Satz nicht. Mehr würde er im Moment nicht darüber erfahren. „Dies war nicht das erste Mal, dass ich geblinzelt habe.“

„Und auch nicht das letzte Mal. Gibt es in Ihrer Familie noch jemanden, der ihn im Auge behalten könnte?“

„Marks Vater und ich sind geschieden.“ Sie zögerte. „Ich möchte haben, was Sie haben. Bei einem Kind wie Mark ist der normale Mutterinstinkt nicht genug.“

„Normalerweise würde ich sagen, nehmen Sie meinen, aber heute bin ich froh, dass ich ihn hatte.“

„Ich auch.“ Sie wischte sich die Augen mit dem Handrücken ab und kam zwischen dem Zaumzeug hervor. „Einfach nur Cougar?“

„Mehr brauche ich nicht. Es ist ein ziemlich großer Name.“

„Ich finde, Cougar ist ein toller Name.“ Sie schob sich an ihm vorbei, und er machte einen Schritt zurück. „Wissen Sie, der Gewinner des Trainingswettbewerbs erhält zwanzigtausend Dollar.“

„Ja, das hat Sergeant Tutan mir erzählt.“ Er folgte ihr aus der Sattelkammer. „Mary Tutan. Sie ist die, durch die ich von dem Wettbewerb erfahren habe.“

„Ach ja, Mary.“ Sie klang nicht mehr ganz so traurig. „Sie hat gerade geheiratet.“

„Ich bin auf dem Weg hierher bei ihr vorbeigefahren und habe ihren Mann kennengelernt. Sie ist …“

„… wieder in Texas.“

„Sie hat die Entlassung aus der Armee beantragt. Hat mich überrascht.“ Sein Blick fiel auf den Jungen und die Kätzchen, und er musste lächeln. „Sie war mit Leib und Seele Soldatin. Und eine verdammt gute. Uncle Sam wird sie vermissen, aber sie hat genug für ihn getan.“

„Sie auch?“

„Ich bin jetzt seit zwei Monaten Zivilist. Offiziell.“ Dazu gab es viel mehr zu sagen, aber das wollte Celia bestimmt nicht hören. „Sagen Sie Sally, dass ich bei Logan bin und mich bei ihr melde.“ Er beugte sich vor und berührte Mark an der Schulter. „Du hast eine nette Familie.“ Der Junge hielt ihm ein dreifarbiges Kätzchen hin. Cougar strich mit dem Zeigefinger über den winzigen Kopf und nickte. „Sie sind noch zu jung, um ohne ihre Mama auszukommen.“

„Wenn Sie wiederkommen, dürfen Sie sich eins aussuchen“, sagte Celia.

„Vielleicht kann Mark mir dabei helfen.“ Der Junge sah ihn noch immer an, und Cougar spürte eine Verbindung zwischen ihnen. Gemeinsam überstandene Gefahren konnten so etwas bewirken. Das hatte er oft genug erlebt. „Ich wette, Sie kennen die Mustangs hier ganz gut. Ich könnte Ihren Rat brauchen.“

„Das würde Mark gefallen. Danke. Ich …“ Sie legte eine Hand auf seinen Arm. Unwillkürlich drehte er sich zu ihr um, schaute in ihre Augen und hatte das Gefühl, ihr bis ins Herz zu blicken. „Danke.“

Er hatte es verdammt eilig, von hier zu verschwinden. Mit ihrer Dankbarkeit konnte er nicht umgehen. Denn es ging nicht um etwas, was er getan hatte. Oder um das, was er nicht getan hatte. Bestenfalls ging es um einen Unfall, der nicht passiert war. Er musste weg von hier. Weg von dem, was hätte geschehen können, und den Gesichtern, die ihn daran erinnerten.

Aber zugleich wollte er bleiben, und das verblüffte ihn. Und es bereitete ihm in etwa so viel Unbehagen wie ein neues Paar Stiefel.

Logan Wolf Track lebte in einem Blockhaus am Stadtrand von Sinte, wo er für seinen Lakota-Stamm im Gemeinderat saß. Cougars Mutter war eine Lakota gewesen, aber er selbst gehörte über seinen Vater zu den Schoschonen.

Cougar hatte Logan erstmals kennengelernt, als er am Abend zuvor an dessen Tür geklopft hatte. Sergeant Mary Tutan Wolf Track war der Mensch, der sie beide miteinander verband. Eine weiße Frau, was ungewöhnlich genug war.

Aber vielleicht war es das gar nicht. Das Land der Indianer war Fremden gegenüber offener als jemals zuvor, dank der Spielkasinos und der Bildungsprogramme, die immer häufiger für Begegnungen über die Grenze hinweg sorgten. Und davor war es das Militär gewesen, wo seit Generationen immer mehr von Cougars Leuten ihr Geld verdienten.

Cougar hatte bei der Militärpolizei gedient, und Mary war Hundeführerin gewesen. Sie hatte als Ausbilderin gearbeitet, zuletzt in Afghanistan, und für Cougar war sie die mit Abstand beste Trainerin in Uniform. Sie hatte ihn im Lazarett in Kandahar besucht und ihm geschrieben, nachdem man ihn in die USA zurückgebracht hatte.

Vor Kurzem hatten sie miteinander telefoniert. Da sie sich beide für die Ausbildung von Tieren interessierten, fanden sie ein spannendes Thema, und als sie ihm vom Wettbewerb erzählte, hörte er ihr aufmerksam zu. Ihr allein war es zu verdanken, dass er sich nach der Entlassung aus dem Krankenhaus nicht komplett von der Welt zurückgezogen hatte.

Erfreut sah Cougar, dass Logans Pick-up in der Einfahrt stand. Das hier war für ihn kein Zuhause, denn das stand auf Rädern, und er nahm es überallhin mit. Aber Logan Wolf Track war ein Mann, bei dem er sich jederzeit willkommen fühlte, weil er nicht nur Indianer und Cowboy, sondern auch mit einer ehemaligen Kameradin aus der Armee verheiratet war. Logan öffnete die Tür, noch bevor Cougars Fingerknöchel das Holz berührten.

„Hast du dich zum Wettbewerb angemeldet?“, fragte Logan, als er Cougar den ersten Becher Kaffee reichte.

„Noch nicht.“ Cougar setzte sich auf den Küchenstuhl, den Logan ihm anbot. „Die Chefin war nicht da.“

„War überhaupt niemand da?“ Logan klang, als hätte es das noch nie gegeben.

„Eine Frau. Eine ehrenamtliche Mitarbeiterin. Und ihr Kind.“ Cougar nippte am pechschwarzen, starken Gebräu, schloss die Augen und holte tief Luft. „Ich hätte es fast überfahren.“

Logan schwieg und ließ Cougar Zeit, die noch frischen Erinnerungen zu ordnen. Sie flackerten in ihm auf, wie Bilder aus einem alten Stummfilm, bis er zu der Frau kam. Ihr Gesicht war gestochen scharf, und ihre Stimme begleitete die Bilder wie langsame Tanzmusik.

„Ihm ist nichts passiert“, fuhr Cougar fort. „Tauchte aus dem Nichts auf, und ich habe rechtzeitig gebremst. Er hat mir einen höllischen Schreck eingejagt. Und ich seiner Mutter. Der Junge …“ Er schüttelte den Kopf. „Verdammt, ich glaube, er hat es gar nicht richtig mitbekommen. Kann nicht sprechen, nicht hören und ist auch noch halb blind. Ich habe ihn nicht gesehen.“ Noch ein Schluck Kaffee. Zur Stärkung. „Verdammt war das knapp.“

Logan stellte einen Teller mit gebratenem Weißbrot auf den Tisch und nahm seinem Gast gegenüber Platz. „In deinem Pick-up sitzt du ganz schön hoch.“

Cougar nickte. „Ich muss diese Monsterreifen loswerden. Mein kleiner Bruder hat ihn gefahren, während ich weg war, und dachte, er tut mir einen Gefallen, wenn er ihn aufmotzt. Als Geschenk zur Heimkehr weißt du?“

„Wie fahren sie sich?“

„Als ob du einen Ackergaul sattelst. Ich muss Eddie sagen, dass ich zu alt für Monstertrucks bin.“

„Das wird hart. Ein Geschenk ist ein Geschenk.“

„Und der Monstertruck war ein Kindertraum.“ Cougar hob den Becher. „Guter Kaffee. Schmeckt wie in der Armee.“

Logan lächelte. „Du und Mary, wart ihr in derselben Einheit?“

„Nein, aber sie hat eng mit uns zusammengearbeitet. Sie ist eine echte Spezialistin. Ich bin der Typ, den niemand zur Party einlädt.“

„Aber wenn die Party ungemütlich wird, ist es der Typ mit den Buchstaben MP am Ärmel, der die Streithähne voneinander trennt.“

„Stimmt. Ich habe viele Streithähne voneinander getrennt.“ Er griff nach einer Scheibe Brot. „Warst du auch dort drüben?“

„Golfkrieg.“ Logan nahm sich ebenfalls eine Scheibe und brach sie in zwei Hälften. „Ich war noch jung, und als ich zurückkam, habe ich mich nach einem ganz normalen Leben gesehnt. Dann habe ich mir eine heiße Frau gesucht und geheiratet. Sie ist schnell abgekühlt. Ist abgehauen und hat mir ihre beiden Söhne da gelassen. Jetzt sind es meine.“ Er biss vom Brot ab. „Hat Mary dir erzählt, dass wir ein Baby bekommen?“

„Schon?“

„Ja, verdammt. Wir sind schließlich in Sinte, South Dakota. Woher kommst du? Wyoming, richtig? Und wo in Wyoming? Wahrscheinlich …“

„Im Moment lebe ich dort, wo immer ich mein Gespann parke.“ Cougar nickte zur Tür hinüber. „Groß genug, um zwei Pferde zu transportieren und zwei Leuten einen Schlafplatz zu bieten.“

„Was braucht ein Mann mehr?“, entgegnete Logan lächelnd.

„Nicht viel.“ Cougar schaute durch die Terrassentür zu Logans Koppeln und der Scheune hinüber. Alles nicht sehr edel, aber stabil und gepflegt. „Mein Bruder und ich haben etwas Land westlich von Fort Washakie. Außerdem hatten wir ein paar Weiden gepachtet, aber er hat sie abgegeben, während ich in Übersee war.“ Er zuckte mit den Schultern. „Kann ich ihm nicht verdenken. Ich war weg.“

„Hattet ihr Rinder?“

„Ich hatte Pferde. Eddie musste sie verkaufen.“ Aber daran wollte er jetzt nicht denken. Er sah seinen neuen Freund an. „Kennst du die Leute auf der Double D Ranch näher?“

„Nur Sally. Sie und Mary sind schon lange befreundet. Tolle Frau, diese Sally Night Horse. Sie hat multiple Sklerose, lässt sich dadurch aber kaum bremsen.“ Logan warf ihm einen Blick zu. „Sie hat viele ehrenamtliche Helfer. Wie heißt die Frau, der du begegnet bist?“

„Celia Banyon. Ihr Junge heißt Mark.“

„Ja, ich kenne sie. Celia ist Lehrerin.“ Logan lächelte. „Hübsche kleine Frau.“

„Hübsch genug.“ Cougar ertappte sich, dass er ebenfalls lächelte.

„Vorsicht“, warnte Logan. „Wenn du deine Gesichtsmuskeln bewegst, merkst du es.“

Cougar lachte. „Hey, ich kann lächeln, ich tue es nur selten.“

„Es steht dir.“ Logan schenkte Kaffee nach. „Nach was für einem Pferd suchst du?“

„Ein Kriegspony. Eins, das den ganzen Tag durchhält, ohne sich zu beklagen.“

„Du weißt, dass es ein Wettbewerb ist.“

„Mary hat erzählt, dass du ein Pferd so trainieren kannst, dass es zu allem fähig ist.“

„Die Käufer wollen vor allem Nutzpferde. An Kriegsponys herrscht heutzutage kein großer Bedarf.“

„Aber ich brauche eins. Ein Pferd, aus dem ein Kriegspony werden kann.“ Cougar lehnte sich zurück und streckte die Beine unter dem Tisch aus. „Bevor ich zur Armee gegangen bin, habe ich an einigen Ausdauerrennen teilgenommen. Für mich sind Mustangs und Araber am besten dafür geeignet.“

„Darauf kommt es dir an?“

„Ja, warum nicht? Ausdauerrennen sind gut für das Pferd und den Reiter und inzwischen noch beliebter als früher. Meinst du, ich könnte an dem Wettbewerb teilnehmen, wenn ich ein Kriegspony ausbilde?“

„Ich denke, du würdest Sallys Teilnehmerfeld abrunden. Zumal ich wieder ausgestiegen bin.“

„Braucht sie einen Ersatzindianer?“

„Einen indianischen Cowboy.“ Logan grinste. „Sind beides gefährdete Arten. Cowboys sind selten genug, aber indianische Cowboys …

„Warum bist du ausgestiegen?“

„Die Pferde werden nach dem Wettbewerb versteigert, und meine Frau und ich …“ Er lächelte schon wieder. „Adobe ist uns wichtiger als ein Sieg beim Wettbewerb, also haben wir ihn adoptiert und aus dem Rennen genommen.“

„Klasse. Das Pferd ist aus dem Rennen, der Eigentümer nicht mehr auf dem Markt.“

„Beide Eigentümer.“

„Sergeant Tutan verdient nur das Beste.“ Cougar sah nach draußen. Sein Blick erfasste auch den runden Reitplatz neben den Koppeln. „Du hast einen Roundpen. Wie gefällt er dir?“

„Wenn du dein Pferd bekommst, solltest du ihn mal ausprobieren. Ich würde nie wieder darauf verzichten.“

„Sie haben mich auf der Double D Ranch nicht erwartet“, gab Cougar zu. „Ich habe ihnen zwar gesagt, dass ich komme, aber nicht wann. Heute bei Sonnenaufgang bin ich spontan losgefahren.“

„Und jetzt bist du hier“, sagte Logan. „Lass dir Zeit. Übernachte hier, dann fahre ich morgen mit dir hin.“

„Ich brauche nur einen Platz zum Parken.“

„Davon gibt es hier reichlich, aber auch ein freies Zimmer.“ Logan zeigte den Flur entlang. „Das kannst du haben, wenn du willst.“

Cougar wollte lieber allein und ungestört sein. Er war dabei, ein neues Leben zu beginnen, und wollte mit dem anfangen, was er am meisten liebte.

Pferde.

2. KAPITEL

Cougar schlief in seinem Wohnwagen. Das Bett war bequem. Von der Kaltschaummatratze mit Memory-Funktion hatte ihm ein Mitpatient in der Veteranenklinik vorgeschwärmt, bis er versprochen hatte, sich eine zu kaufen. Erst dann hatte der Kerl endlich den Mund gehalten.

Aber das Beste war das Alleinsein. In der Armee war es schon schwer genug, sich mal zurückzuziehen, und im Krankenhaus vollkommen unmöglich. Tag und Nacht war man von Menschen umgeben, und dann kamen auch noch ständig Ärzte und Psychologen, die einem auf die Pelle rückten.

Der Trailer war Eddies Idee gewesen. Hab ihn günstig gekriegt. Eddie hatte mit dem Geld, das er für ihre Pferde bekommen hatte, einen Anhänger für seinen Bruder gekauft. Das erinnerte Cougar an eine Geschichte, die er in der Schule mal gelesen hatte, und wäre er nicht so gerührt gewesen, hätte er Eddie den Kopf abgerissen.

Logan hatte ihn eingeladen, seine Dusche zu benutzen, und er wollte das Angebot annehmen, aber nicht ohne mit ein paar Einkäufen fürs Frühstück in der Hand an die Tür des Blockhauses zu klopfen. Nachdem er den Sonnenaufgang mit einem Song begrüßt hatte, kuppelte er den Anhänger ab, fuhr nach Sinte hinein und parkte vor dem Supermarkt.

Die Kassiererin musterte ihn so unauffällig wie möglich, als er Schinkenspeck, Eier und Orangensaft auf dem Band deponierte. Typisch Kleinstadt, dachte er. Nein, sie kannte ihn nicht.

„Noch etwas?“, fragte sie mit ausdrucksloser Stimme.

Ihm gingen verschiedene freche Antworten durch den Kopf, aber er begnügte sich mit einem schlichten Nein.

Als er sich mit der vollen Tüte zum Ausgang umdrehte, schaute er in zwei große braune Augen. Eins davon blickte freundlich, das andere war aus Glas.

Cougar lächelte. „Hallo Mark, wie geht es dir heute? Besser als gestern?“

„Gestern?“ Ein Mann, der etwa so groß wie Cougar war, trat hinter den Jungen. Der dunkelrote Kinnbart verlieh den farblosen Augen fast etwas Menschliches. Er legte eine Hand auf Marks Schulter, aber seine Frage galt allein Cougar. „Was war gestern?“

Das ist also der Exmann.

„Wir hatten eine kleine Kollision.“ Cougar zwinkerte dem Jungen zu und rieb sich die glatt rasierte Wange. „Na ja, zum Glück nur fast. Mark hat nach seiner Katze Ausschau gehalten, und ich nach den Pferden.“

„Ach ja?“ Der Mann rückte seine Baseballkappe zurecht, legte den Arm um Marks Schultern und schob ihn zwei Schritte weiter in den Laden hinein. „Und wo ist das passiert?“

„Auf der Double D Ranch. Sind Sie …?“

„Marks Vater.“

Cougar atmete tief durch und streckte die Hand aus. „Ich heiße Cougar.“

„Was meinen Sie mit Kollision?“ Der Mann schüttelte die Hand, nannte aber keinen Namen. „Waren Sie zu Fuß? Oder sind Sie geritten?“

„Ich saß am Steuer. Ich habe ihn nicht gesehen. Ich fahre einen …“

„Wo war seine Mutter?“

„In der Nähe.“ Cougar betrachtete die Hand auf der Schulter des Jungen. Er konnte fühlen, wie sich die Fingerspitzen in die Haut gruben. Entspann dich, Marks Vater. „Manchmal geht alles so schnell, dass niemand es verhindern kann.“

„Bei Mark muss man das aber.“

Mann sind die Augen kalt.

„Ich weiß. Sie hat es mir erzählt. Deshalb war mein Schreck vermutlich größer als seiner.“ Er lächelte Mark zu. Wir beide vertragen uns, oder? „Aber niemand ist verletzt worden, wir haben die Katze gefunden, und es war eine gute Übung.“

„Übung? So etwas nennt sie Übung?“

„Ich nenne es eine gute Übung.“ Cougars Schlüssel klirrten in der rechten Hand, als er die geballte Faust lockerte. „Waren Sie in der Armee? Wenn niemand getötet wird, ist es eine gute Übung.“

„Nein, ich war nicht beim Militär.“ Wieder berührte er den Schirm seiner Kappe, auf der Bread and Butter Bakery stand. „Aber wissen Sie … danke, dass Sie gedient haben. Cougar?“

„Richtig.“

„Wie kann ich Sie erreichen? Kann sein, dass ich noch ein paar Informationen brauche.“

„Worüber?“

Cougar hatte genug von dem Kerl. Er wäre durch den Mann hindurch und aus dem Supermarkt marschiert, wenn der Junge ihn nicht die ganze Zeit angesehen hätte. In seinem Blick lag eine Bitte, aber Cougar wollte gar nicht wissen, was Mark von ihm wollte. Er hatte nichts zu geben.

„Mark braucht besondere Förderung“, sagte Rotbart und sprach die Worte so aus, als würde er einen Fachausdruck verwenden. „Ich bin sein Vater und habe Rechte. Ganz zu schweigen von der Verantwortung dafür, dass er alles bekommt, was ihm zusteht. Man kann nie wissen, was für Beweise die eigene Position stärken.“

„Position? Gegen wen?“

„Nicht gegen jemanden. Für Mark. Beweise, dass er ganz spezielle Bedürfnisse hat und entsprechend gefördert werden muss.“

„Seine Mutter weiß, wie ich zu erreichen bin“, sagte Cougar, ohne den Jungen aus den Augen zu lassen, als er um die beiden herumging. „Schau immer in beide Richtungen, Mark. Wir sehen uns.“

Cougar roch Schinkenspeck. Verdammt, wie er diesen Duft liebte. Bei seinem Einsatz in Afghanistan hatte das Essen im Camp überraschend gut geschmeckt, und das Frühstück war die beste Mahlzeit des Tages gewesen. Es sei denn, man besetzte einen Außenposten, dann kam jede Mahlzeit mit Sand als zusätzlicher Beilage.

Inzwischen hatte Logan sich damit abgefunden, dass Cougar sich um das Frühstück kümmerte. Er verstaute die Einkäufe im Kühlschrank, stellte das Brot auf den Tisch, warf einen skeptischen Blick auf die Tüte von der Bread and Butter Bakery , entschied sich gegen Toast und goss sich einen Becher Kaffee ein.

„Ich bin drüben im Supermarkt dem Kind begegnet, von dem ich dir erzählt habe. Es war in Begleitung seines Vaters.“

Logan stand am Herd, um sich Schinkenspeck zu nehmen, drehte sich um und zog eine Augenbraue hoch. „Begegnet …“

„Ich war zu Fuß“, beruhigte Cougar ihn. „Seine Mutter hat erzählt, dass der Junge sein Auge bei einem Unfall verloren hat. Weißt du etwas darüber?“

„Nicht viel. Ich habe nur gehört, dass es auf einer Baustelle passiert ist. Bevor sie herkam, um an unserer Schule zu unterrichten. Ihr Exmann ist vor ein paar Monaten aufgetaucht.“ Logan schaltete den Herd aus. „Ich weiß nur, dass sie eine gute Lehrerin ist.“

„Er hat gefragt, wie er mich erreichen kann, falls er einen Zeugen braucht. Keine Ahnung, was er damit meint. Es war knapp, aber dem Jungen ist nichts zugestoßen.“ Cougar schaute zu den Hügeln am blauen Horizont hinüber. „Ich bin mir sicher, dass er sich nicht verletzt hat.“

„Hat seine Mutter ihn untersucht?“

„Ein aufgeschürftes Knie, mehr nicht.“ Cougar erinnerte sich daran, wie der Junge sich auf Hände und Knie gestützt hatte, und fühlte erneut, wie die Panik in ihm aufstieg und dann einer ungeheuren Erleichterung wich. „Er spricht nicht. Er kann niemandem beschreiben, was er …“

„In dem Alter finden Kinder selten die richtigen Worte. Manchmal schweigen sie auch nur. Die ganze Geschichte kennt man erst, wenn man den Schaden begutachtet hat.“

„Sie zerbrechen leicht“, sagte Cougar leise.

„Wenn sie erst mal erwachsen sind, blickt man zurück und denkt sich, dass außer einem selbst noch jemand auf sie aufgepasst haben muss.“ Logan gab Cougar einen Teller.

Cougar bediente sich am Herd. Logan legte ihm Toast dazu und schenkte ihm Kaffee nach.

„Mein älterer Sohn Trace ist Rodeo-Cowboy.“ Logan stellte seinen eigenen Teller zu Cougars. „Er hat sich oft etwas gebrochen. Du musst lernen, biegsam zu werden, habe ich ihm gesagt. Sieh dir die Bäume an, die den Wind hier aushalten. Wir sind Überlebenskünstler.“

„Biegsam werden“, wiederholte Cougar.

Er kannte Logan noch nicht lange, aber schon ganz gut. Sie beide hatten die gleichen Stiefel getragen. Cowboy-Stiefel mit Reitabsätzen, Armeestiefel mit runden Kappen, zerschlissene Basketball-Hightops, die nachts unter einem Bett in einem indianischen Internat standen, und winzige Babyschuhe. Sie hatten die gleichen Lektionen gelernt.

Cougar nippte am Kaffee und warf Logan über den Becher hinweg einen nachdenklichen Blick zu.

„Ganz schön tiefsinnig, was?“ Logan grinste schief. „Nach ein paar Jahren in der Stammespolitik weiß man, wie man sich mit ein paar weisen Worten Respekt erwirbt. Nur so bekommt man die Unentschiedenen auf seine Seite, wenn abgestimmt wird.“

Cougar stellte den Becher ab. „Was immer als Weisheit durchgeht.“

„Es hilft, wenn es wahr ist.“

„Damit habe ich letzte Zeit so meine Probleme. Ich dachte, sobald ich in die Staaten zurückkehre, blicke ich wieder durch. Ist leider noch nicht passiert. Wahrheit, Gerechtigkeit und der American Way of Life .“ Cougar lachte bitter. „Was zum Teufel ist das?“

„Superman“, sagte Logan lächelnd. „Ich habe gehört, er ist gestorben. Ist nie biegsam geworden, wird behauptet.“

„Superhelden sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.“

„Nein, aber die Pappel spuckt ihren Samen in den Wind. Egal, wie heftig er weht.“ Logan nickte zur Glastür hinüber, hinter der die Terrasse im Schatten eines jungen Baums lag. „Ich weiß nicht, wie ihr Schoschonen darüber denkt, aber die Lakota halten sehr viel von der Pappel. Die ist nämlich verdammt anpassungsfähig.“

„Dort, wo ich herkomme, haben wir kaum Bäume.“ Cougar aß die Eier auf und stellte den Teller weg. „Ich könnte dir den ganzen Tag zuhören, Logan, aber das verschafft mir keinen Platz beim Trainingswettbewerb. Fahren wir jetzt los, um diese Mustang Sally zu treffen?“

Logan schob seinen Stuhl zurück. „Besorgen wir dir ein Pferd, mein Freund.“

Celia blickte durch das breite Scheunentor und erkannte den weißen Kastenwagen bereits, als er noch so groß wie ein Spielzeugauto war. Er verkörperte zugleich die größte Freude und den traurigsten Moment ihres Lebens. Einerseits wünschte sie, er würde langsamer werden und zur Double D Ranch abbiegen, andererseits hoffte sie inständig, dass er vorbeifuhr.

Er bog ab.

Es war noch zu früh. Sie hatte ihren Exmann erst gestern Abend gesehen, als er Mark für das Wochenende abholte. Er war zwar einigermaßen höflich gewesen, doch das machte seine Nähe auch nicht erträglicher. Die zweite Begegnung würde nicht so glimpflich abgehen. Entweder hatte er sich einen neuen Grund zur Beschwerde ausgedacht, oder er hatte sich etwas anderes einfallen lassen, womit er sie aus der Fassung bringen konnte.

Oder irgendetwas war passiert, und er verzichtete auf den Rest seiner Zeit mit Mark. Kein Problem. Er brauchte ihr nichts zu erklären. Gib mir einfach meinen Sohn zurück und sag nichts weiter.

Oh, würde er doch nur nichts weiter sagen.

Sie kippte den Inhalt der Schubkarre auf den Misthaufen und machte sich auf den Rückweg zur Scheune, denn sie wollte Greg nicht unter freiem Himmel begegnen. Sobald er Publikum witterte, lief er zur Höchstform auf. Selbst im Normalzustand war er einige Dezibel lauter als alle Umstehenden. Greg liebte es, seinen Mitmenschen eine Szene zu machen.

Schade, dass ihr keine Zeit mehr zum Duschen blieb. Natürlich war es albern, aber wenn sie gut duftete, fühlte sie sich selbstsicherer. Greg machte sich nur selten die Hände schmutzig.

Als Mark die Scheune erreichte, rannte er sofort zu seiner Mutter und umarmte sie. Ich bin lieber bei dir. Dann eilte er zu den Kätzchen.

„Wir wollen in den Reptilienzoo“, begann Greg. „Und da dachten wir uns, du bist hier, also sind wir vorbeigekommen.“

„Die Ranch liegt nicht auf dem Weg zum Reptilienzoo.“ Sie zog die Lederhandschuhe aus und beobachtete, wie Mark ein grau getigertes Kätzchen in jede Hand nahm und sie an seinen Hals drückte. Am liebsten hätte sie sich bei der toleranten Katzenmutter und ihren Winzlingen dafür bedankt, dass sie den Jungen zum Strahlen brachten. „Aber Mark musste wohl unbedingt nach den Kätzchen sehen.“

„Die Bäckerei hat meine Route geändert. Ich habe jetzt den Supermarkt in Sinte und heute Morgen etwas dort abgeliefert. Dabei bin ich deinem neuen Freund über den Weg gelaufen.“ Er lächelte kalt. „Nennt sich Cougar, was?“

Celia stopfte die Handschuhe in eine Gesäßtasche ihrer Jeans. Sie hatte gelernt, in Ruhe abzuwarten, bis Greg endlich zur Sache kam. Auf die Weise ging es schneller.

„Er hat gesagt, dass er Mark fast überfahren hätte. Er hätte ihn umbringen können.“

So hat er sich bestimmt nicht ausgedrückt, dachte Celia. Sie kannte Cougar kaum, war sich jedoch ziemlich sicher, dass er das nicht gesagt hatte. Greg wollte sie nur aus der Reserve locken. Wenn sie den Mund hielt, würde er irgendwann verschwinden. Vielleicht sogar ohne Mark, falls ihm rechtzeitig eine Ausrede einfiel. Zum Beispiel, dass Klapperschlangen aus dem Zoo entwischt waren. Oder dass die Schildkröten in Quarantäne waren.

„Warum hast du nicht auf ihn aufgepasst?“

Darauf war sie nicht vorbereitet. Die Frage war logisch und quälte sie, seit es passiert war. „Wir waren in der Scheune“, antwortete sie leise. „Ich dachte, er …“

„Du dachtest“, unterbrach er sie hämisch. „Genau das ist dein Problem, Celia. Du denkst zu viel, anstatt auf ihn zu achten. Wer weiß, was er denkt?“

„Er hat mit den Katzen gespielt.“

„Und womit hast du gespielt? Heraus damit. Womit hast du gespielt, Celia.“ Er packte ihre Schulter. „Oder sollte ich lieber fragen, mit wem?“

Celia wich zurück, aber nur einen Schritt, und wehrte Greg mit einem trotzigen Blick ab. „Ich habe gearbeitet.“

„Dein Job ist der Junge, den du zu betreuen hast …“

„Hey, Mark.“ Cougar schlenderte in die Scheune, steuerte die Kinderstube der Katzen an und warf Celia einen aufmunternden Blick zu. Vor der Kiste ging er in die Hocke, berührte Mark an der Schulter und streichelte die Kätzchen. „Sind alle da? Hast du sie gezählt?“

Mark hielt ihm ein Kätzchen unters Kinn.

„Weißt du schon, wie viele Jungen und wie viele Mädchen es sind? Ich glaube, das Dreifarbige ist ein Mädchen.“ Er stand auf, ohne sich von der gespannten Stille verunsichern zu lassen, und sah Celia an. „Hi“, sagte er mit leiser, sanfter Stimme.

„Hallo.“ Plötzlich fühlte sie sich unerwartet ruhig. „Wie ich höre, seid ihr zwei euch schon begegnet.“

„Ja, Mark hat uns miteinander bekannt gemacht.“ Cougar zerzauste dem Jungen das Haar. Der Junge sah hoch und lächelte. „Ich bin froh, dass du hier bist. Du kannst mir helfen, ein Pferd auszusuchen.“

„Mein Sohn und ich haben etwas vor“, warf Greg ein. „Ich bin nur hier, um zu hören, was sie über den Vorfall gestern zu sagen hat. Bisher …“

„Ich bin mit Logan hier“, sagte Cougar zu Celia. „Ich habe vorher angerufen.“

„Deshalb haben die Jungen ein paar Pferde geholt“, erwiderte sie.

Er warf Greg einen flüchtigen Blick zu, als wäre er eine Figur in einer Fernsehsendung, die niemanden interessierte. „Mark und ich können sie uns ansehen, falls Sie beide reden müssen.“

„Mark ist bei mir.“ Greg baute sich vor Celia auf. „Dies ist mein Wochenende. Wenn ihr beide schon mal hier seid, könnt ihr mir vielleicht erklären, wieso mein Sohn sich auf der Straße herumgetrieben und niemand ihn gesehen hat, bevor er …“

„Weil er schnell ist. Und klein“, sagte Cougar. „Das Schicksal war uns gnädig. Sie sollten dankbar sein.“

„Sagen Sie mir nicht, ich soll dankbar sein.“ Greg wirbelte zu ihm herum, die Hände in die Hüften gestützt. „Sie haben keine Ahnung, womit wir es hier zu tun haben. Aber das werden Sie erfahren, wenn ich noch mehr Anzeichen für ein emotionales oder psychologisches Trauma erkenne.“

Cougar lächelte. „Sie wollen mich wegen einer Sache verklagen, die gar nicht passiert ist. Was sind Sie? Anwalt?“

„Nein, aber ich habe einen.“

„Schön für Sie. Falls ich dem Kind etwas getan habe, werde ich dafür …“

„Er ist unverletzt“, beharrte Celia leise. „Es geht ihm gut, und er braucht das hier nicht zu hören.“

„Er kann nicht hören, schon vergessen?“, fuhr Greg sie an, bevor er sich wieder Cougar zuwandte. „Die Ärzte haben keine Ahnung, warum er so ist, aber ich weiß es. Er ist taub, weil seine Mutter ihn …“

„Greg, bitte. Lass uns damit aufhören“, flehte Celia. „Du weißt, wozu das führt.“ Während sie mit gedämpfter Stimme fortfuhr, spielte Mark mit den Kätzchen. Er schützte sich auf seine Weise, und sie wollte alles tun, was in ihrer Macht lag, um ihm dabei zu helfen.

Vielleicht konnte ihr Sohn wirklich nicht hören, aber sie war überzeugt, dass er es eines Tages tun würde. Und bis dahin würde sie nicht zulassen, dass man ihn behandelte, als wäre er geistig behindert.

Sie schob sich an Greg vorbei und sah Cougar an. „Sehen wir uns die Mustangs an.“

„Zum Teufel mit den Mustangs!“, rief ihr Exmann. „Willst du den Jungen jetzt etwa auch noch einem Rudel wilder Pferde aussetzen?“

„Sie leben in Herden“, sagte Cougar.

„Leg die Katzen zurück, Mark.“ Greg packte den Jungen am Ellbogen und zog ihn hoch. „Wir fahren nach Rapid City und sind rechtzeitig zur Schlangenshow da.“ Marks kleine Hand verschwand in seiner riesigen. „Wie gesagt, ich habe einen Anwalt. Wir sind noch nicht fertig miteinander, Celia. Noch lange nicht.“

Cougar sah ihnen nach, als der Mann seinen Sohn zum Kastenwagen schleifte und ihm dabei fast den Arm ausriss. Er widerstand der Versuchung, ihnen zu folgen und den Jungen zu befreien. Warum gab es kein Gesetz dagegen, dass Erwachsene Kinder benutzten, um sich aneinander zu rächen? Er hätte es liebend gern angewendet.

Komm schon, Marks Vater, verklag mich.

„Tut mir leid“, sagte Celia.

Cougar drehte sich zu ihr um, und sein Zorn begann sich zu legen.

„Sie können sich wahrscheinlich denken, dass es keine friedliche Scheidung war. Wenn er sich so benimmt, sage ich möglichst wenig. Es ist sinnlos, mit ihm zu reden.“ Sie berührte seinen Arm. „Danke für Ihr Verständnis.“

„Der Kerl ist mir heute schon einmal auf die Nerven gegangen, deshalb habe ich viel Verständnis für Sie. Schwerer ist es, Mark gehen zu lassen. Er will nicht mit.“

„Ich weiß. Aber Greg hat einen neuen Gerichtsbeschluss.“ Sie klang nicht sehr glücklich. „Und er hat seinen Anwalt.“

„Das ist nicht meine Angelegenheit“, sagte Cougar laut. „Es sei denn, er macht es dazu.“

„Hoffentlich nicht.“ Sie seufzte. „Ich bin das Kämpfen leid. Es hält mich nur davon ab, herauszufinden, was für Mark am besten ist.“

Sie klang erschöpft, und er wusste, dass auch er daran schuld war. Aber zugleich war er froh, dass er sich eingemischt hatte. Als er den weißen Lieferwagen neben ihrem kleinen blauen Chevy gesehen hatte, war er sofort zur Scheune gegangen.

Er hatte sich angewö...

Autor

Kathleen Eagle
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