Julia Collection Band 175

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Riccardo, Gabriele und Matteo De Campo wollen den Weinhandel ihrer Familie zum internationalen Erfolg führen. Ob den Brüdern da noch genug Zeit für die Liebe bleibt?

TRILOGIE VON JENNIFER HAYWARD

ZURÜCK IN DEN ARMEN DES MILLIONÄRS
Ein Skandal um die De Campos? Unmöglich. Riccardo denkt nicht daran, Lillys Scheidungspapiere zu unterzeichnen! Er braucht eine Ehefrau zum Repräsentieren! Und vielleicht noch für etwas anderes …

MIT EINEM KUSS FING ES AN
Gefährliche Versuchung: Alexandra kann einfach nicht widerstehen, ihren faszinierenden Boss Gabriele De Campo zu küssen. Auch wenn sie damit weit mehr als nur ihre berufliche Zukunft riskiert!

EIN KUSS, SO SÜSS WIE WEIN
Geschäftsfrau Quinn lebt nur für die Arbeit. Das ändert sich schlagartig, als sie den attraktiven Matteo De Campo kennenlernt. Kann er Quinn das geben, wonach sie sich insgeheim schon lange sehnt?


  • Erscheinungstag 19.08.2022
  • Bandnummer 175
  • ISBN / Artikelnummer 9783751511858
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Jennifer Hayward

JULIA COLLECTION BAND 175

1. KAPITEL

Es würde schlimm werden.

Unwillkürlich zuckte Lilly Anderson zusammen und presste die Hand gegen ihre pochende Schläfe. Wenn sie sich nicht mehr bewegte, würden ihre entsetzlichen Kopfschmerzen vielleicht nicht in einer ausgewachsenen Migräne enden.

Leider konnte sie nicht einfach im angenehm dunklen und ruhigen Inneren des Rolls-Royce sitzen bleiben und sich von Riccardos langjährigem Fahrer Tony durch die Gegend kutschieren lassen. Sie kam ohnehin schon zu spät zu ihrer Scheidungsparty.

„Oh nein!“, stieß ihre Zwillingsschwester Alex angewidert hervor. „Wie können die diesen Mist drucken?“

„Was für einen denn?“

„Ach nichts.“

„Nun sag es schon.“

„Du willst bestimmt nicht hören, was Jay Kaiken in seiner Kolumne schreibt.“

„Lies vor.“

„Okay, aber ich habe dich gewarnt.“ Alex räusperte sich. „Die Scheidungsparty des millionenschweren Weingroßhändlers Riccardo De Campo und des Farmermädchens Lilly De Campo aus Iowa, das sich immerhin zur Physiotherapeutin gemausert hat, verspricht das skandalöseste Event des Jahres zu werden. Es gab einmal eine Zeit, da habe ich geglaubt, die beiden seien das letzte echte Traumpaar in New York. Dann machten aber Gerüchte die Runde, er habe sie betrogen – und damit war das Märchen zu Ende. Ich bin zu der Party eingeladen, und ich verspreche euch, ich werde alle schlüpfrigen Details mit euch teilen.“

Alex knüllte die Zeitung zusammen. „So ein Mistkerl.“

Lilly schloss die Augen, denn ihr wurde speiübel. So oft hatte sie sich den Moment vorgestellt, in dem sie endlich Riccardo los sein würde. Doch mit einem hatte sie nicht gerechnet: mit den seltsam gemischten Gefühlen, die sie plötzlich empfand. Wieso war sie mit einem Mal traurig und glücklich zugleich?

„Es tut mir leid, Lil. Ich hätte gar nicht damit anfangen sollen.“

Lilly zog den Saum ihres pinkfarbenen Seidenkleides über die Knie. Es war ausgesprochen elegant und in einer Farbe, die Riccardo nicht ausstehen konnte, was ein weiterer Pluspunkt war. Nur schien es im Moment überall zu spannen. Als sie kurz zuvor in den Spiegel geblickt hatte, hatte ihr ein blasses Gesicht mit dunklen Ringen unter den haselnussbraunen Augen entgegengeblickt.

„Du siehst ein bisschen zu gut aus“, murmelte Alex. „Du hättest wohl besser etwas weniger Auffälliges anziehen sollen.“

Das Kompliment ihrer Schwester baute Lilly ein wenig auf. Ihre Schwester war der unverblümteste Mensch, den sie kannte. „Und warum?“

„Riccardo ist so etwas wie eine verbotene Substanz für dich“, erwiderte Alex trocken. „Sei hässlich, Lilly, das macht alles einfacher.“

Lilly lächelte und zuckte gleich darauf zusammen, weil ihre Kopfschmerzen heftiger wurden. „Er hat der Scheidung endlich zugestimmt. Du solltest dich mit mir freuen.“

„Wenn ich das wirklich glauben könnte, würde ich es tun. Hat er dir schon die Papiere gegeben?“

„Ich hoffe, er macht es heute Abend.“

Alex’ Miene wurde finster. „Ich fürchte, er plant etwas.“

Wieder durchzuckten Lilly die qualvollen Vorboten der Migräne. Dabei sollte sie eigentlich froh sein, dass Riccardo endlich zur Vernunft gekommen war. Endlich hatte er eingesehen, dass es nach allem, was vorgefallen war, keine Chance auf einen Neuanfang gab. Warum also hatte sein Entschluss, das Aus ihrer Ehe in aller Öffentlichkeit zu verkünden, sie so betroffen gemacht? Dass er sich zwölf Monate mit dieser Entscheidung Zeit gelassen hatte, bedeutete ganz sicher nicht, dass sie hoffen konnte, er würde sie noch lieben. Denn das wäre dumm und naiv.

„Wenn ich frei sein und eine richtige Beziehung mit Harry führen will, brauche ich Riccardos Unterschrift auf den Scheidungspapieren.“

„Ach, Lil.“ Ihre hübsche Schwester schnitt ein Gesicht. „Harry Taylor mag ja ein gefeierter Herzchirurg sein, aber sonst? Er besitzt den Charme einer Spülmaschine.“

„Er sieht gut aus, ist klug und wirklich süß“, verteidigte Lilly ihn. „Ich bin froh, ihn an meiner Seite zu haben.“

Doch Alex winkte nur ab. „Nach Riccardo kann er nur ein müder Abklatsch sein … wie Traubensaft im Vergleich zu einem Cabernet.“

„Gerade wolltest du mir noch weismachen, Riccardo sei nicht gut für mich.“

„Harry Taylor aber auch nicht. Er wird dich zu Tode langweilen.“

Lilly musste sich beherrschen, um nicht laut aufzulachen. „Ich habe genug von Männern, bei denen mein Herz schneller klopft und meine Handflächen zu schwitzen beginnen. Die machen mich klein.“

„Vor allem der, den du geheiratet hast … Wann sollten wir eigentlich dort sein?“

Lilly blickte auf ihre Uhr. „Vor einer halben Stunde.“

Alex lächelte süffisant. „Das wird Riccardo gefallen.“

Ihre Schwester kam immer zu spät. Sosehr sie sich auch bemühte. Es entsprach ihrem Wesen, so viel wie möglich in einen Tag zu quetschen. Für den Grund hatte Riccardo sich nie interessiert. Ihn interessierte nur, was er wollte und wann er es wollte.

„Ich habe heute mit David gesprochen“, sagte Alex unvermittelt.

Lilly erstarrte. Dass Alex mit ihrem Bruder in Iowa sprach, konnte nur einen Grund haben. „Wie geht es Lisbeth?“

„Sie hatte keine gute Woche. Der Arzt sagt, sie muss mit der neuen Therapie innerhalb der nächsten Monate anfangen.“

Verdammt! Lilly verkrampfte die Hände in ihrem Schoß. Das altbekannte Gefühl der Hoffnungslosigkeit erfasste sie. Ihre jüngere Schwester Lisbeth litt an Leukämie. Vor ein paar Wochen hatte ihr Zustand sich verschlechtert. Die Ärzte waren der Meinung, eine neu entwickelte Behandlung könnte ihre einzige Chance sein. Aber diese Therapie kostete ein Vermögen.

„Ich kann Riccardo nicht um Geld bitten, Alex. Ich weiß, es klingt verrückt, aber ich würde erpressbar werden.“

„Ich weiß.“ Alex drückte ihre Hand. „Wir finden schon einen Weg.“

„Gleich morgen werde ich mit den Leuten bei der Bank sprechen. Vielleicht gewähren sie uns einen Kredit.“

Es musste einfach einen Weg geben, denn Lisbeth brauchte die Therapie. An diesem Abend jedoch musste sie sich auf ihr eigenes Überleben konzentrieren.

Kaum bog der Wagen in die Einfahrt des alten Stadthauses ein, wurden ihre Kopfschmerzen noch schlimmer. Schon damals hatte sie sich in das wunderschöne Haus verliebt. Und Riccardo hatte es ihr gekauft. „Du liebst es“, hatte er gesagt, den Preis über fünfunddreißig Millionen Dollar ignorierend.

In diesem Moment hielt der Wagen vor der Eingangstür des Gebäudes, aus dem sie vor zwölf Monaten mit nur einem Koffer in der Hand geflüchtet war. Seither war sie nicht mehr hier gewesen. Allmählich kam ihr in den Sinn, wie verrückt diese Scheidungsparty eigentlich war. Wollte sie wirklich das Ende ihrer Ehe vor all den Leuten ausbreiten, die ihr das Leben zur Hölle gemacht hatten?

Aber eine Wahl hatte sie gar nicht gehabt. „Wir müssen diesen Stillstand beenden“, hatte Riccardo gesagt, „und den Status unserer Beziehung öffentlich machen. Ich erwarte, dass du erscheinst, Lilly, oder es wird keine Scheidung geben.“

„Noch können wir zurückfahren“, stellte Alex ruhig fest. „Wenn Riccardo wirklich die Scheidung will, wird er zu dir kommen.“

Lilly schüttelte den Kopf. „Ich muss es tun.“

Mit weichen Knien ging sie neben Alex her zur Eingangstür. Ein junger Mann in Livree öffnete sie und bat sie herein.

„Wie seltsam“, flüsterte Alex, „in sein eigenes Haus eingeladen zu werden.“

„Es ist nicht mehr meins.“

Nebeneinander gingen sie die Treppe hinauf, und mit jedem Schritt beschleunigte sich Lillys Herzschlag.

Du kannst es. Du hast es schon hundert Mal geschafft.

Aber damals war Riccardo an ihrer Seite gewesen – ihr Fels in einer Welt, die nie die ihre geworden war.

Auf der Schwelle des Saals blieb sie unvermittelt stehen und betrachtete die glitzernden Kleider der anwesenden Frauen. In einer Ecke hatte eine Jazzband Stellung bezogen. Sie hasste diese Musik. Wollte Riccardo damit auf etwas Bestimmtes anspielen? Ihr zeigen, wie wenig sie ihn noch interessierte?

Alex griff nach ihrem Arm. „Du brauchst einen Drink.“

Eher zehn, dachte Lilly finster, während sie sich von ihrer Schwester durch die Menge ziehen ließ.

Als sie Jay Kaiken entdeckte, hob sie das Kinn und ging einfach weiter. Während sie sich der Bar am anderen Ende des Saals näherten, geschah etwas Seltsames. Die Menge teilte sich und ließ sie passieren. Auf der linken Seite sah sie Freunde und Bekannte, die den Kontakt eher zu ihr als zu Riccardo gehalten hatten. Auf der anderen standen Riccardos Geschäftsfreunde und Familienangehörige.

„Wie bei unserer Hochzeit“, flüsterte sie ihrer Schwester zu und erinnerte sich daran, als sie in der alten Kirche an der Upper East Side zum Altar geschritten war. Auf der einen Seite hatten ihre wenig glamouröse Familie und Freunde aus dem ländlichen Iowa gesessen, auf der anderen hatte Riccardos eleganter Clan Platz genommen, der zum Teil adelige Stammbäume vorzuweisen hatte.

Vielleicht hätte ihr das ein erster Hinweis sein sollen.

Plötzlich überlief sie ein Schauer und ihr wurde kalt. Sie spürte instinktiv, dass Riccardo sich in der Nähe befand und sie beobachtete.

Sie wandte den Kopf und entdeckte ihn sofort. Sie schluckte hart und hatte das Gefühl, Schmetterlinge im Bauch zu haben. Er beherrschte vier Sprachen: Englisch, Spanisch, Deutsch und natürlich seine Muttersprache Italienisch. Aber er brauchte kein einziges Wort zu sagen, sie wusste auch so, dass er unglaublich wütend war.

„Lass nicht zu, dass er dir Angst macht“, flüsterte ihr Alex zu. „Es ist deine Scheidungsparty! Deine.“

Das war leichter gesagt als getan. Vor allem deshalb, weil Riccardo zwei Gläser Champagner von einem Tablett nahm und langsam auf sie zukam. Unverschämt gut sah er in dem schwarzen Anzug aus. Doch es ging auch eine Härte von ihm aus, die sie noch nicht an ihm kannte. Seine Gesichtszüge schienen härter geworden zu sein. Er trug die Haare kürzer, was ihn unnachgiebiger wirken ließ, gefährlicher und noch attraktiver.

Ihr Puls beschleunigte sich, unwillkürlich bohrte sie die Fingernägel in ihre Handflächen. Warum war er nach allem, was er ihr angetan hatte, noch immer der einzige Mann, der sie nur anzusehen brauchte, um sie erschauern zu lassen?

Alex stupste sie unauffällig an. „Gefährliche, verbotene Substanz, vergiss das nicht.“

Lilly atmete tief ein, als Riccardo vor ihr stehen blieb, sich zu ihr hinunterbeugte und sie auf die Wange küsste.

„Du kommst zu spät und dazu noch in Pink. Man könnte meinen, du würdest mich ärgern wollen, Lilly.“

„Vielleicht feiere ich auch nur meine neu gewonnene Freiheit.“

„Die hast du aber noch nicht“, erwiderte er und hauchte ihr einen Kuss auf die andere Wange. „Und du versetzt mich nicht gerade in die Stimmung, sie dir zu geben.“

„Spiel keine Spielchen mit mir, Riccardo“, entgegnete sie ruhig. „Sonst drehe ich mich auf dem Absatz um und gehe wieder.“

„Das hast du schon immer getan, tesoro.“

Seine Worte brachten sie auf, und am liebsten hätte sie ihm haarklein erklärt, was sie von seinem Ultimatum hielt, aber da begrüßte er schon Alex.

Buona sera. Ich nehme an, es geht dir gut?“

„Es ging mir nie besser!“

„Darf ich mich kurz mit meiner Ehefrau unter vier Augen unterhalten?“

Ehefrau. So wie er das Wort aussprach, klang es wie eine Herausforderung.

„Was auch immer du mir zu sagen hast, meine Schwester darf es hören.“

„Das nicht. Und wenn du nicht willst, dass jeder Klatschreporter in New York unser Gespräch mitbekommt, dann schlage ich vor, dass wir uns für einen Moment aus der Öffentlichkeit zurückziehen.“

„Gabe holt dir einen Drink von der Bar“, wandte Riccardo sich an Alex.

Lillys Schwester verdrehte die Augen. „Hast du etwa vor, heute Abend alle Andersons und De Campos aufeinander zu hetzen?“

„Man reagiert nur auf Menschen so heftig, die Gefühle in einem wecken“, entgegnete Riccardo. „Reiß ihm nicht gleich den Kopf ab.“

Als er Lilly daraufhin die Treppen hinauf in den dritten Stock zu den Schlafzimmern führte, konnte sie kaum mit ihm Schritt halten. „Warum unterhalten wir uns nicht in deinem Arbeitszimmer?“

„Ich möchte nicht das Risiko eingehen, dass jemand uns belauscht. Wir unterhalten uns am besten auf dem Balkon unseres Schlafzimmers.“

Deines Schlafzimmers“, berichtigte Lilly ihn. „Und ich glaube nicht …“

Basta, Lilly. Ich bin dein Mann, nicht irgendein Kerl, der dich begrabschen will.“

Lilly folgte ihm zögernd in den Raum. Unter gar keinen Umständen würde sie das große Himmelbett ansehen, zu viele Erinnerungen waren damit verbunden.

Er stieß die Flügeltür auf, die auf den Balkon hinausführte. Die Rosen hatten bereits angefangen zu blühen und verströmten ihren Duft.

„Also, was hast du mir zu sagen?“

Seine Miene verfinsterte sich. „Ich bin stark genug, dich übers Knie zu legen, tesoro. Mach nur so weiter, und ich werde es tun.“

Vor ihrem geistigen Auge sah sie, wie sie mit nacktem Po über Riccardos Beinen lag und er die Hand hob …

„Verdammt, Riccardo! Seit über einem Jahr bitte ich dich, in die Scheidung einzuwilligen. Doch du hast mich immer auflaufen lassen. Dann rufst du mich plötzlich an und erklärst mir, alles auf einer Party offiziell zu machen. Was, zur Hölle, soll das?“

„Wenn du dich mit mir getroffen hättest, hätte ich das vielleicht nicht getan.“

„Es ist nie etwas Gutes herausgekommen, wenn wir zusammen waren, und das weißt du.“

„Das ist eine Lüge!“

Lilly legte die Arme um ihren Körper. „Sex ist keine gute Basis für eine Ehe.“

„Wir hatten mehr als nur Sex. Wir hatten viel, viel mehr.“

„Es war nicht genug! Hast du eine Ahnung, wie unglücklich ich im letzten Jahr war?“

Riccardo wurde blass. „Wir waren zusammen einmal glücklich.“

„Wir sind besser dran, wenn wir getrennte Wege gehen.“

„Dem werde ich nie zustimmen.“

„Ich will die Scheidung. Und wenn du nicht einwilligst, werde ich meinen Anwalt beauftragen, darum zu kämpfen.“

„Ich werde den Prozess jahrelang verzögern.“

„Warum? Wir sind fertig miteinander.“

Wortlos schob er die Hände in die Hosentaschen, doch sein kämpferischer Blick sagte alles. Schweigen breitete sich aus, bis Lilly glaubte, aus der Haut fahren zu müssen.

„Na schön. Du bekommst die Scheidung. Unter der Bedingung, dass du noch sechs Monate meine Frau bleibst.“

„W…wie bitte?“

„Mein Vater ist der Meinung, ich solle den Vorstandsvorsitzenden das Bild einer gefestigten Persönlichkeit bieten, bevor sie die Entscheidung für den neuen Geschäftsführer treffen.“ Er lächelte zynisch. „Anscheinend haben sie mir den Geläuterten noch immer nicht abgenommen.“

Bis zu diesem Moment hatte Lilly sich noch in der Illusion gewiegt, dass Riccardo deshalb in die Scheidung nicht einwilligt hatte, weil er sie noch liebte. Jetzt traten ihr Tränen in die Augen.

„Das ist ja lächerlich“, stieß sie hervor. Wenn Riccardo eines während ihrer gemeinsamen Zeit getan hatte, dann das Bild des egoistischen Rennfahrers, der nur an sich und nicht an eine Familie dachte, zurechtzurücken.

„Mein Vater möchte, dass wir uns versöhnen. Nur dann gibt er mir seine Stimme. Er denkt, du übst einen guten Einfluss auf mich aus.“ Er lächelte leicht, was seine Gesichtszüge weicher machte. „Vermutlich hat er recht.“

„Das ist doch verrückt.“

„Sechs Monate. Mehr verlange ich nicht.“

„Ich will die Scheidung“, wiederholte sie. „Wieso sollte ich dir helfen?“

„Wovor hast du Angst?“

„Hat dein Vater noch weitere Bedingungen gestellt?“, fragte sie. „Zum Beispiel, dass du Schluss mit den Rennwagen und den Verabredungen mit Supermodels machst?“

„Die Gerüchte sind nicht wahr“, erwiderte er. „Nach dir hat es keine andere Frau gegeben.“ Er kam auf sie zu. „Was ist mit dir, tesoro? Hast du Pläne mit Harry Taylor?“

Woher wusste er das? Harry und sie hatten sich immer diskret verhalten. „Ja“, fuhr sie ihn an. „Ich würde gern mein Leben so weiterführen, wie es jetzt ist. Vielleicht solltest du das bezüglich deines auch tun.“

„Du vergisst, dass wir ein Versprechen abgelegt haben: in guten, wie in schlechten Zeiten …“

„Du hast es zuerst gebrochen!“

Seine Augen funkelten gefährlich. „Ich habe nie mit Chelsea Tate geschlafen.“

„Was das betrifft, werden wir nie einer Meinung sein! Deshalb glaube ich auch nicht, dass wir in der Lage sind, ein glücklich verliebtes Paar zu spielen! Es ist vorbei …“

Doch ehe sie den Satz vollenden konnte, verschloss er ihr den Mund mit einem leidenschaftlichen Kuss, der Lilly erbeben ließ. Mit Vorgeplänkel hielt er sich nie auf. Er nahm sich, was er wollte, und küsste sie genau so, wie sie es mochte. Lilly wollte ihn wegstoßen, brachte es dann jedoch nicht über sich.

Er zog sie enger an sich.

„Ric…“

„Halt den Mund, Lilly“, befahl er und küsste sie noch einmal.

Diesmal tat er es sanfter, weniger strafend, sondern verführerisch. Es war lange her, dass er sie so geküsst hatte, dass sie in seinen Armen gelegen hatte …

„Verdammt! Das ist nicht fair.“

Riccardo ließ die Hand über ihren Rücken zu ihrer Hüfte gleiten. Als sie spürte, wie erregt er war, überlief ein Schauer sie.

„Nichts war jemals fair zwischen uns. Es war wie eine wilde Achterbahnfahrt, von der wir nicht genug bekommen konnten.“

Heißes Verlangen durchflutete sie plötzlich. Doch sie konnte nur lustvoll stöhnen.

Riccardo presst sie noch fester an sich. „Öffne den Mund, Lil.“

Voller Verlangen gehorchte sie. Sie dachte nicht mehr an die hundertfünfzig wartenden Gäste oder daran, dass sie gerade einen großen Fehler beging.

Plötzlich flammte ein helles Licht vor ihnen auf. Geblendet wich sie zurück, ohne in dem Blitzlichtgewitter etwas zu erkennen.

Fluchend zog Riccardo sie vom Geländer zurück. „Woher ist der denn gekommen?“

„Der Fotograf?“, fragte Lilly verwirrt.

Riccardo nickte.

Unwillkürlich berührte sie ihre vom Küssen geschwollenen Lippen mit den Fingern. Riccardos Bodyguards waren überall. Unmöglich, dass es ein Fotograf geschafft hatte, Aufnahmen von ihnen zu machen. „Du hast das alles geplant“, stieß sie hervor. „Um deinen Vater zu besänftigen, hast du das inszeniert.“

„Bezüglich der Party hast du recht“, stimmte er finster zu. „Bezüglich der Fotos aber nicht.“

Lilly presste die Hände gegen die Schläfen. Sie wollte nicht mehr in dieses Leben zurück, wollte nicht mehr wie halbtot durch die Gegend laufen, ohne wirklich etwas zu fühlen. Sie wünschte die Scheidung.

„Was ist nun? Hast du etwa Angst, dass der gute Doktor Taylor kein Verständnis für eine sechsmonatige Pause aufbringt?“

Sie schüttelte den Kopf. „Die Antwort lautet Nein. Nein, nein und nochmals nein.“

Er fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. „Wir verkünden es um zehn Uhr.“

Lilly wandte sich zur Tür.

„Ich gebe dir das Haus.“

Abrupt blieb sie stehen.

„Du hast mich nie um etwas gebeten, aber ich weiß, du liebst es. Am Ende der sechs Monate überschreibe ich es dir.“

Lilly wollte ihm sagen, wohin er sich sein Angebot stecken könne, aber es kam kein Laut über ihre Lippen, obwohl sie mit dem Erlös des Hauses Lisbeths Behandlung hätte bezahlen können.

„Verlockend, nicht wahr? Dein Traumhaus … ohne mich als Bewohner.“

Insgeheim zählte sie bis fünf, dann drehte sie sich um. „Ich werde darüber nachdenken.“

„Zehn Uhr, Lilly.“

2. KAPITEL

Die verbleibende Zeit verbrachte Lilly damit, sich tausend Gründe einfallen zu lassen, weshalb es vollkommen idiotisch wäre, auf Riccardos Vorschlag einzugehen. Wieder einmal sollte sie ihm nur als Mittel zum Zweck dienen. Er wollte diesen Job, um sie ging es ihm gar nicht. Er wollte Lilly De Campo als Aushängeschild benutzen. Sie, die perfekte Frau, die intelligente Dinge zu intelligenten Leuten sagen konnte. Und das, wo sie gerade dabei war, nach ihrer Fasson zu leben. Sie hatte ihre Praxis aufgebaut und machte die Dinge, die sie liebte. Und dann hatte er sie geküsst.

Es wäre völlig verrückt, zu Riccardo zurückzukehren. Aber was für eine Wahl blieb ihr denn? Allein der Gedanke, dass die Bank ihr mehr Geld leihen sollte, als sie in zehn Jahren zurückzahlen könnte, war lächerlich. Ihre Eltern verdienten mit ihrer Farm kaum genug zum Leben. Und obwohl Alex einen sicheren Job bei einer äußerst angesehenen PR-Firma in der Stadt hatte, würden sie auch gemeinsam niemals genügend Mittel für Lisbeths Behandlung zusammenkratzen können.

Sie aber wäre plötzlich in der Lage, ihrer Schwester zu helfen.

In diesem Moment kam diese mit einem Ich-muss-mit-dir-reden-Gesicht auf sie zu. Sie zog Lilly in eine Nische am Fenster. „Was hat er gesagt?“

Mir einem Mal wusste Lilly, was sie zu tun hatte.

Sie rang sich ein Lächeln ab. „Das Gespräch ist sehr gut verlaufen, Alex. Ich …“

In diesem Moment verstummte die Musik. Lilly wirbelte herum. Riccardo stand an der Stirnseite des Saals, den Blick auf sie gerichtet. Sie schluckte, als er ihr mit einem Nicken bedeutete, sich zu ihm zu gesellen.

„Ich erkläre es dir später“, flüsterte sie ihrer Schwester zu.

Er hob die Hand, und das Geplauder der Gäste verstummte. Alle Blicke richteten sich auf sie. Die erste Ehe in der Geschichte der Familie De Campo stand vor dem Aus.

„Lilly und ich möchten Ihnen allen für Ihr Kommen danken“, wandte Riccardo sich an die Anwesenden. „Wir wollen euch, unsere Familie, Freunde und Kollegen, als Erste über gewisse Neuigkeiten informieren. Manchmal braucht es eines ganz bedeutsamen Moments, um wahre Gefühle an die Oberfläche zu bringen. So haben Lilly und ich ernsthaft über eine Scheidung nachgedacht, um dann doch zu erkennen, wie sehr wir einander immer noch lieben.“

Die Menge begann zu raunen, und Alex blickte Lilly fassungslos an.

„Lilly und ich haben uns wieder versöhnt.“

Obwohl Lilly weiche Knie hatte, zwang sie sich, den Blick unverwandt auf ihren Ehemann zu richten, und zauberte ein Lächeln auf die Lippen.

Riccardo reichte ihr ein Glas. „Auf einen neuen Anfang.“

Lilly trank einen Schluck. Es war derselbe Chianti, den sie auf ihrer Hochzeit gereicht hatten, und er weckte Erinnerungen an diesen Tag in ihr. Damals hatte sie noch geglaubt, ein Leben voller Glück vor sich zu haben.

Plötzlich begriff sie, dass sie niemals in der Lage sein würde, ihre Gefühle für ihren Mann zu kontrollieren. Sechs Monate lang die Verliebte zu spielen war einfach selbstzerstörerisch.

Riccardo schenkte sich einen Scotch ein und betrachtete seine im Bett schlafende Frau. Unmittelbar nach seinem Toast war sie getaumelt und hatte sich an den Kopf gefasst – ein untrügliches Zeichen dafür, dass einer ihrer gefürchteten Migräneanfälle im Anzug war.

Er hatte Gabe daraufhin gebeten, sich um die Heimfahrt der Gäste zu kümmern. Auch Alex, die sich geweigert hatte, nach Hause zu gehen, hatte er weggeschickt.

Er trank einen Schluck und ließ den Blick über Lillys Gesicht wandern. Es wirkte unnatürlich blass und selbst im Schlaf angespannt. Einen Moment verspürte er Schuldgefühle, weil er sie erpresst hatte. Andererseits hatte sie ihre Ehe aus heiterem Himmel für beendet erklärt und nicht einmal den Mut besessen, es ihm ins Gesicht zu sagen.

Problemchen gab es in jeder Ehe. Doch deshalb warf man nicht gleich alles hin und verschwand einfach, anstatt darüber zu reden.

Lilly befand sich jetzt wieder in seinem Bett, wo sie auch hingehörte. Und dort würde sie auch bleiben, und zwar nicht nur sechs Monate lang.

Er dachte an das zufällig mitgehörte Gespräch in der Umkleidekabine des Fitnessstudios. Anfangs hatte es ihn amüsiert. Es gab eben Dinge, die Männer nur dort miteinander besprachen. Lächelnd erinnerte er sich auch an die Unterhaltungen, die er mit anderen Fahrern nach den Rennen geführt hatte, wenn die Anspannung von ihnen abgefallen war. Dann redeten die Männer über Verletzungen und Behandlungsmethoden. Dabei war auch eines Tages Lillys Name gefallen.

„Sie ist die Beste“, hatte einer gesagt. „Hat mein Bein in einem Monat kuriert.“

„Und heiß obendrein“, fügte ein anderer hinzu. „Ich wette, du hättest gern mehr von ihr gespürt als nur ihre Hände auf deinem Bein.“

Riccardo hatte die Kabine bereits zur Hälfte durchquert, bevor es Gabe gelungen war, ihn aufzuhalten und nach draußen zu befördern.

„Sie ist es nicht wert“, hatte er hervorgestoßen. „Lilly hat dich verlassen, schon vergessen?“

Jetzt betrachtete er sie eingehend. Seit jenem Tag in der Bar in SoHo schien sie noch schöner geworden zu sein. Wie ein junges Fohlen war sie über ihre langen Beine und ihn gestolpert. Alles an ihr, die schulterlangen braunen Haare, die großen braunen Augen, die Aura extremer Unschuld, zogen ihn in ihren Bann.

Er blieb so lange, bis er ihre Telefonnummer hatte. Und dann rief er sie jeden Tag an, bis sie mit ihm ausging. Nachdem er herausgefunden hatte, dass sie noch unschuldig war, war es endgültig um ihn geschehen. Eine Woche später hatte er ihr einen Antrag gemacht.

Lilly unterschied sich von allen Frauen, die er kannte. Geld und Macht interessierten sie nicht. Im Gegenteil – sein Lebensstil bereitete ihr Unbehagen. Trotzdem hatte er seine Pläne rücksichtslos verfolgt.

Langsam tastete Lilly nach dem Glas Wasser auf dem Nachttisch. Doch sie griff ins Leere. Auch das Bett, in dem sie lag, schien nicht ihrs zu sein. Es war größer, weicher, vertraut und doch …

Abrupt setzte sie sich auf.

„Hier … trink“, drängte eine leise Männerstimme.

Lilly blinzelte und schaute in die besorgten Augen ihres Ehemannes.

Oh nein. Sie lag mit Riccardo im Bett! Sie zerrte panisch an der Decke.

„Lilly.“ Er legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Trink endlich. Die Tabletten haben eine verheerende Wirkung auf dich.“

Sie wandte sich jedoch ab und wurde von einem Hustenanfall geschüttelt. Verzweifelt griff sie nach dem Glas und trank es in einem Zug aus. „Wie spät ist es?“

„Ein Uhr nachts.“

„Ich möchte nach Hause.“

„Du bist zu Hause“, erwiderte er ruhig. „Bleib im Bett, Lilly. Du bist nicht in der Verfassung, irgendwohin zu gehen.“

Erst in diesem Moment fiel ihr auf, dass er noch angezogen war. Schemenhafte Erinnerungen stiegen vor ihrem inneren Auge auf. Wie er ihren Kopf gehalten hatte, während sie sich übergeben hatte. Wie er sie zum Bett getragen hatte. Ihr brannten die Wangen vor Scham. Sie musste weg von hier.

„Mein Apartment ist mein Zuhause.“ Sie schwang die Beine aus dem Bett und zuckte gleich darauf zusammen, weil ein heftiger Schmerz ihren Kopf durchfuhr. Ihre Beine waren nackt, und sie trug eines von Riccardos T-Shirts, das ihr viel zu groß war. „Hast du mich etwa ausgezogen?“, herrschte sie ihn an.

Er sah sie amüsiert an. „Bei den Dessous habe ich aufgehört, tesoro. Darum kümmere ich mich lieber, wenn du wieder ganz bei dir bist.“

Hektisch suchte sie den Boden nach ihrer Kleidung ab. „Gib mir meine verdammten Sachen, Riccardo.“

Seine Miene wurde hart. „Hast du unseren Deal schon vergessen? Du lebst jetzt hier. Sechs Monate gehörst du mir.“

„Tu sei pazzo!“, fuhr sie ihn an. „Auch wenn ich deinem verrückten Plan zugestimmt habe, werde ich dir niemals erlauben, mich zu berühren!“

Tu sei pazzo? Dein Italienisch wird immer besser. Und ja, wenn es um dich geht, war ich schon immer ein bisschen verrückt.“ Sanft drückte er sie wieder in die Kissen zurück. „Morgen gehen wir die Grundregeln durch. Heute Nacht wird aber erst einmal geschlafen.“

„Du bist ein Tyrann“, flüsterte sie. „Ich habe frühmorgens einen Termin in der Klinik.“

„Ich fahre dich hin. Im Kleiderschrank hängen immer noch Sachen von dir.“

Er hatte sie aufgehoben? Damals war sie Hals über Kopf weggegangen und hatte nur mitgenommen, was in einen Koffer passte. All die wunderschönen Kleider und den Schmuck hatte sie zurückgelassen.

„Ja, ich habe alles aufgehoben“, beantwortete er ihre unausgesprochene Frage. „Im Gegensatz zu dir habe ich unsere Ehe nicht aufgegeben.“

Lilly schloss die Augen. „Du hast keine Ahnung, wovon du da redest.“

„Vielleicht kannst du mich in den kommenden sechs Monaten aufklären. Das bist du mir immer noch schuldig.“

„Dich hat doch nie interessiert, was ich zu sagen habe“, entgegnete sie wütend.

„Vielleicht jetzt schon.“

Ein stechender Schmerz durchzuckte erneut ihren Kopf. Sie fuhr zusammen und presste eine Hand gegen ihre Schläfe.

„Verdammt, Lilly“, rief Riccardo, „Wir haben genug gestritten. Leg dich endlich hin, und schlaf.“

Sie versuchte, dagegen anzukämpfen, doch nachdem Riccardo eine Decke über ihr ausgebreitet hatte, fiel sie in einen traumlosen Schlaf.

3. KAPITEL

Nachdem sie sieben Stunden geschlafen, drei Patienten behandelt hatte und einen Besuch bei der Bank hinter sich hatte, informierte sie Katie, die in der kleinen Praxis in SoHo, die Lilly mit einer anderen Physiotherapeutin teilte, am Empfang saß, dass sie im Café auf der anderen Straßenseite eine Pause machen wolle. Dort setzte sie sich wenig später ans Fenster mit Blick auf den Broadway und bestellte sich einen großen Latte macchiato.

Allmählich konnte sie wieder klar denken. Die einzige Alternative zu Riccardos Vorschlag bestand darin, sich das Geld für Lisbeths Behandlung von der Bank zu besorgen. Hätten nicht sämtliche Zeitungen an diesem Morgen verkündet, dass sie wieder Lilly De Campo war, hätte sie sich vor dem Bankdirektor lächerlich gemacht, da war sie sich sicher.

Auch Harry Taylor war die Neuigkeit nicht verborgen geblieben – wenn sie die Nachricht auf ihrem Handy richtig deutete. Doch was sollte sie ihm sagen? „Es tut mir leid, Harry. Ich habe mich mit dem Mann versöhnt, der mich fast zerstört hätte? Oder: Es tut mir leid, dass ich gesagt habe, ich will dich. Dabei wollte ich in Wirklichkeit nur meinen sexy Ehemann, der mich nur einmal zu küssen braucht, um mich zu entflammen?“

In diesem Moment wurde die Tür des Cafés aufgestoßen, und herein schlenderte der andere Mensch, dem sie unbedingt aus dem Weg gehen wollte.

„Du hast hoffentlich nicht geglaubt, du könntest dich vor mir verstecken, oder?“, fragte Alex ernst, bestellte einen Kaffee und ließ sich auf den Stuhl gegenüber sinken.

„Ich verstecke mich nicht. Ich habe nur einen vollen Terminkalender.“

Alex zog eine Augenbraue hoch. „Ich bin dein Zwilling, und ich spüre, wenn du angespannt bist.“

„Es geht mir gut. Ich bin nur ein bisschen mitgenommen von den Medikamenten.“

„Prima“, erwiderte Alex und schaute sie herausfordernd an. „Dann kannst du mir ja erzählen, was hier vor sich geht. Dein selbstherrlicher Ehemann hat mich aus dem Haus geworfen, bevor ich herausfinden konnte, ob du völlig den Verstand verloren hast.“

Lilly atmete tief ein. „Es war genau so, wie Riccardo es gesagt hat. Wir mussten nur einmal richtig miteinander reden, um zu erkennen, dass wir immer noch Gefühle füreinander empfinden.“

„Versuch gar nicht erst, mich hinters Licht zu führen. Dazu kenne ich dich zu gut. Gestern wolltest du dich noch scheiden lassen. Was ist dann passiert?“

„Wir haben uns unterhalten … wir haben erkannt …“

„Was denn?“ Alex machte eine wegwerfende Handbewegung. „Dass das grauenhafte letzte Jahr eurer Ehe nur Einbildung war?“

„Es gehören immer zwei dazu“, entgegnete Lilly leise. „Riccardo trägt nicht allein die Schuld an allem.“

„Aber den größten Teil. Was ist mit Harry? Am vergangenen Abend hast du gesagt, er sei der Richtige.“

„Ich habe nur gesagt, ich wünsche mir die Möglichkeit, mit ihm eine Beziehung aufzubauen.“ Sie biss sich auf die Lippe, weil ihr klar wurde, wie verworren alles klang. Verflixt! Sie musste glaubwürdig klingen … um Lisbeths willen.

„Weißt du, ich habe nie aufgehört, Riccardo zu lieben“, fuhr sie ruhig fort, insgeheim erschüttert, dass ihr die Worte so problemlos über die Lippen kamen.

„Du hast ihn verlassen, um dich selbst zu retten, und ich habe keine Lust, dich wieder einzusammeln, wenn er sich wieder als Despot aufführt.“

„Er hat sich geändert“, schwindelte Lilly.

„Männer wie er ändern sich nicht“, erwiderte Alex kühl. „Was ist mit seiner Untreue?“

„Das wird nicht wieder passieren. Er hat es mir versprochen.“

Tatsächlich hatte Riccardo alles bestritten und behauptet, dass die Geschichte ein Produkt der Regenbogenpresse sei. Aber Lilly hatte die Fotos gesehen.

Sie biss sich auf die Lippe. Es kostete sie viel Kraft, die Wahrheit für sich zu behalten. „Du musst mir vertrauen“, meinte sie dann. „Ich tue das Richtige.“

Ihre Schwester sah sie durchdringend an. „Wenn die Dinge schieflaufen, beendest du alles – versprich mir das! Dann verlässt du ihn!“

„Ich verspreche es. Und Alex … jetzt können wir uns Lisbeths Behandlung leisten.“

Alex’ kornblumenblaue Augen funkelten. „Lilly Anderson, du schwörst mir auf der Stelle, dass du das nicht Lisbeth zuliebe tust. Zwei Schwestern im kritischen Zustand kann ich nicht gebrauchen.“

„Das würde ich nie tun“, bekräftigte Lilly. „Es ist nur ein wundervoller Nebeneffekt.“

Riccardo holte Lilly um sechs Uhr ab. „Du siehst immer noch nicht gut aus“, begrüßte er sie, als sie in seinen Wagen einstieg.

„Du kennst doch meine Migräneanfälle“, erwiderte sie. „Ich brauche ein paar Tage, um wieder fit zu sein.“

„Ich hatte nur vergessen, wie schlimm sie werden können.“

Mit leerem Blick schaute sie aus dem Fenster. Plötzlich bemerkte sie, dass sie in der Straße waren, in der sie wohnte, seit sie ihn verlassen hatte.

„Was ist mit meinem Apartment? Ich brauche meine Sachen.“

„Ich habe Mrs. Collins gebeten, sie zu holen.“

Er hatte Magda gebeten, ihre persönlichen Sachen zu durchwühlen?

„Halt an.“

„Lilly, es war …“, begann er und runzelte die Stirn.

„Halte den Wagen an!“

Fluchend parkte er am Straßenrand. „Es war der effizienteste Weg.“

„Effizient?“ Ihre Stimme zitterte vor Wut. „Du hast meine Privatsphäre verletzt. Wie bist du überhaupt in meine Wohnung gekommen?“

„Ich habe die Schlösser eingebaut, weißt du das nicht mehr?“

Er hatte vorgegeben, sich um ihre Sicherheit Sorgen zu machen, und deshalb die Schlösser austauschen und einen zusätzlichen Riegel installieren lassen. Damals war sie ihm dankbar gewesen, denn in New York war so etwas nicht verkehrt.

„Du hast es nur getan, um mir nachzuspionieren“, brauste sie auf. „Wie habe ich nur so dumm …“

„Stopp! Du weißt, dass meine Bodyguards dich überwachen. Du bist immer noch meine Frau. Und ob es dir gefällt oder nicht, es gibt einige Leute, die dich liebend gern in die Finger bekommen würden. Ich habe dir niemals nachspioniert!“

„Du wusstest von Harry.“

„Ich habe dich mit ihm gesehen! Du hast mit ihm bei Nevaros gegessen, als ich auch dort war.“

„Du bist nicht zu uns an den Tisch gekommen.“

„Und was hätte ich sagen sollen? ‚Wie finden Sie meine Frau im Bett? Welche Note zwischen eins und zehn würden Sie ihr geben?‘“

Lilly rang nach Luft. „Das hier wird nicht funktionieren.“

„Du hast dem Deal zugestimmt. Die nächsten sechs Monate lang bist du wieder meine Frau. Komm damit klar.“

Sie schloss die Augen und zwang sich, ruhig und gleichmäßig zu atmen. Wenn sie das Ganze überleben wollte, musste sie lernen, ihre Gefühle besser zu kontrollieren.

„Hör gut zu: Du betrittst nie wieder ohne Erlaubnis mein Apartment. Und du bestimmst auch niemanden, der meine persönlichen Sachen durchsucht.“

Er nickte. „Bene.“

Überrascht, dass er einlenkte, fuhr sie fort: „Ich möchte jetzt sofort in meine Wohnung.“

„Warum?“

„Weil ich bezweifle, dass Magda mein Buch eingepackt hat. Oder meine Lieblingsblumen. Außerdem gibt es noch ein paar Dinge, die nicht herumliegen sollten.“

„Wie Harrys Sexspielzeuge?“

„Harry weiß eben, wie man sich den Spaß erhält.“

Riccardo erstarrte.

Lilly schloss die Finger um den Türgriff.

Blitzschnell umfasste er ihre Hand. „Du weißt, was solche Worte bei einem Mann wie mir anrichten können? Möchtest du, dass ich den Einsatz erhöhe? Eines garantiere ich dir nämlich, bei Taylor wirst du vor Lust nicht so laut schreien wie bei mir.“

Sie ließ sich in den Sitz zurücksinken, ihr Herz schlug wie wild.

„Überleg dir gut, wofür du kämpfen willst. Du weißt, wie oft du gewonnen hast.“

Nie. Gegen Riccardo hatte sie keine Chance. Er war zu stark, zu klug und kannte sie zu gut.

Während des kurzen Zwischenstopps in ihrem Apartment und der weiteren Fahrt nach Hause sprachen Lilly und Riccardo kein Wort mehr.

Magda begrüßte sie mit einer warmherzigen Umarmung. Das Abendessen, erklärte die Haushälterin, stehe jederzeit bereit.

Lilly entschuldigte sich und ging nach oben, um sich umzuziehen.

Als sie wenig später das Esszimmer betreten wollte, erwartete Riccardo sie dort bereits. Kerzen tauchten den eleganten Raum mit dem dunklen Holzboden und der hellen Vertäfelung in ein warmes Licht. Einen Moment blieb sie auf der Schwelle stehen. Wehmut überkam sie. In den letzten Tagen ihrer Ehe hatte sie sich so sehr nach Riccardos Aufmerksamkeit gesehnt. Immer wieder hatte sie davon geträumt, dass sie nach der Arbeit gemeinsam zu Abend aßen.

Sie verfolgte, wie er die Weinflasche entkorkte, und beobachtete das Spiel seiner Muskeln. Er hatte sich nicht umgezogen, nur Jackett und Krawatte abgelegt und die Hemdsärmel aufgekrempelt. In der hellgrauen Hose und dem weißen Hemd sah er unglaublich gut aus. Lilly biss sich auf die Lippe. Frauen blieben tatsächlich auf offener Straße stehen, um ihn anzustarren. Anfangs hatte sie das nicht gestört, weil sie gewusst hatte, dass er ihr gehörte.

Am Ende waren die Blicke jedoch zur Qual geworden. Mit seiner Größe von eins neunzig und den breiten Schultern beherrschte er jeden Raum. Etwas Einschüchterndes und Furchteinflößendes ging von ihm aus … außer wenn er nackt unter ihr lag. Dann besaß sie die Kontrolle.

Ein Funkeln erschien in seinen dunklen Augen. „Regel Nummer zwei, cara“, sagte er. „Schau mich nicht so an, wenn du nicht die Absicht hast, Taten folgen zu lassen.“

Das Blut schoss ihr in die Wangen. Verdammt!

In diesem Moment betrat Magda das Zimmer und stellte eine Schüssel mit Salat auf den Tisch.

„Wie schön, Sie beide am Tisch sitzen zu sehen.“

„Ja, das ist in der Tat etwas Neues“, stimmte Lilly ihr zu.

Die Haushälterin bedachte sie daraufhin mit einem argwöhnischen Blick, sagte jedoch nur, dass der Auflauf im Ofen stehe, und ging wieder.

„Du wirst in Zukunft deine Zunge in Gegenwart anderer im Zaum halten“, wies er sie kurz angebunden zurecht, nachdem Magda gegangen war. „Wir müssen uns nun einmal wie ein richtiges Paar benehmen.“

„Magda ist absolut vertrauenswürdig. Es besteht kein Grund …“

„Das steht nicht zur Debatte.“ Die Arme vor der Brust verschränkt, lehnte er sich zurück. „Regel Nummer drei: In den nächsten sechs Monaten wirst du mich zu allen Veranstaltungen sozialer Art begleiten. Und wenn ich verreisen muss, wirst du mitkommen.“

„Meine Patienten zählen auf mich, Riccardo. Ich kann nicht einfach meine Koffer packen und wegfahren.“

Er zuckte bloß die Schultern. „Unser erster Termin ist übrigens am Samstag – eine Benefizgala zugunsten von Patientinnen mit Brustkrebs.“

Lilly hatte Mühe, nicht aufzuschreien. Schließlich trug sie ihren Patienten gegenüber eine gewisse Verantwortung und besaß definitiv kein Kleid für eine Gala. Im vergangenen Jahr hatte sie mindestens fünf Kilo zugenommen. Kein Kleid in diesem Haus würde ihr passen und nichts aus ihrer momentanen Garderobe war angemessen für einen solchen Anlass.

„Oh“, fügte Riccardo dann hinzu, als wäre ihm gerade noch ein Detail eingefallen. „Es ist so eine Mode-Geschichte. Die Veranstalter haben heute angerufen und gefragt, ob du ein wenig modeln könntest.“

Alles Blut wich ihr aus dem Gesicht. „Auf einem Laufsteg?“

„Dort findet eine Modenschau normalerweise statt, oder?“

Die Vorstellung, mit ihrer fülligen Figur vor allen Gästen ein Kleid vorzuführen, ließ sie schaudern. „Nein.“

Riccardo runzelte die Stirn. „Wieso nein? Es ist für einen guten Zweck.“

„Dann mach du es doch!“

Seine Miene verfinsterte sich. „Willst du etwa über alles mit mir streiten?“

„Du weißt genau, dass ich solche Auftritte hasse.“

„Du bist eine wunderschöne Frau, Lilly. Ich habe nie verstanden, weshalb du so unsicher bist.“

Und das würde er auch nie. Er hatte ja keine Ahnung, wie unsicher sie tatsächlich war. „Ich werde es nicht tun.“

„Doch, das wirst du“, erwiderte er grimmig. „Regel Nummer vier: Du wirst keinen Kontakt mehr mit Harry Taylor haben.“

Den anzurufen sie immer noch nicht den Mut gefunden hatte. „Ich muss mit ihm sprechen. Er hat versucht, mich anzurufen, und er klingt …“

„Versucht?“ Fragend zog er eine Augenbraue hoch. „Wie ich sehe, haben sich deine alten Vermeidungsstrategien nicht geändert.“

„Fahr zur Hölle“, flüsterte sie. „Du hast mich überrumpelt. Ich muss ihm alles erklären.“

„Ein Gespräch gestehe ich dir zu, Lilly. Wenn ich jedoch herausfinde, dass du ihn danach noch einmal getroffen hast, dann ist unser Deal null und nichtig.“

Klar, er durfte sie in aller Öffentlichkeit betrügen, aber für sie galten andere Regeln!

„Es sollte dir nicht schwerfallen, die Angelegenheit mit Taylor zu beenden.“

„Manchmal benimmst du dich wie ein richtiger Mistkerl!“

Er lächelte belustigt. „Das magst du doch so an mir. Im Schlafzimmer hat dich das immer angemacht.“

Rasch wandte Lilly sich ab, bevor sie noch etwas sagte, was sie später bereute. Anfangs hatte sie alles an ihm geliebt. Er hatte die Zügel in der Hand gehalten. Sie brauchte sich nur zurückzulehnen und zu genießen. Endlich schien sie dem Leben von der Hand in den Mund entkommen zu sein, in dem sie zwei Jobs hatte annehmen müssen, um ihr Studium zu finanzieren.

Nicht vorbereitet war sie jedoch auf den überwältigenden Luxus auf der einen Seite gewesen und dem grausamen Haifischbecken, in dem sie gelandet war, auf der anderen.

„Regel Nummer fünf“, fuhr er sanft fort. „Wir verhalten uns wie früher. Wir sind das perfekte Paar und sehr in einander verliebt. Andere Männer gibt es nicht. Wenn du schwach wirst und es nicht mehr aushältst, kommst du zu mir.“ Er grinste. „Ich gebe dir eine Woche.“

Lilly wirbelte herum. „Ich bin nicht mehr derselbe Mensch wie damals, Riccardo. Ich werde nicht um deine Aufmerksamkeit betteln. Und du wirst nicht über meinen Kopf hinweg über mich bestimmen. Du wirst mich wie eine gleichberechtigte Partnerin behandeln, sonst gehe ich auf der Stelle.“ 

Riccardo zuckte die Schultern, als fände er ihren kleinen Ausbruch herrlich amüsant. „Aber du willst dieses Haus. Ich habe es dir gestern angesehen.“

Aber aus ganz anderen Gründen, als du glaubst! „Bist du fertig?“, fragte sie ruhig. „Mir ist der Appetit vergangen. Ich werde meine Sachen auspacken gehen.“

„Spiel nicht die Märtyrerin. Das Theater kenne ich zur Genüge.“

„Märtyrer sterben für ihre Sache. Wenn das hier vorbei ist, werde ich frei sein. Und auf ewig glücklich.“

Lilly ließ sich Zeit beim Auspacken. Es kostete sie viel Kraft, ihre Kleidung im Schrank zu verstauen, denn mit jedem Teil schien sie ihr altes Leben wieder aufzunehmen.

Erst als sie sicher war, dass Riccardo in sein Arbeitszimmer gegangen war, schlich sie nach unten, um sich einen Snack zuzubereiten. Sie legte Käse und Cracker auf ein Tablett, schenkte Wein in ein Glas und trug alles ins Schlafzimmer.

Als sie gerade gegessen und ein halbe. KAPITEL in ihrem Buch gelesen hatte, kam Riccardo in den Raum. Es war kurz nach elf, und sie fragte sich, was er von ihr wollte.

„Gehst du schlafen?“

„So sieht es wohl aus, oder?“, erwiderte er spöttisch.

„Normalerweise arbeitest du länger.“

„Vielleicht zieht es mich zu meiner wunderschönen Frau ins Bett.“

Sein sarkastischer Unterton ließ sie erröten. Doch dieses Spiel wollte sie nicht mitmachen. Als er aber das Hemd auszog und seine muskulöse bronzefarbene Brust zum Vorschein kam, konnte sie nicht umhin, ihn aus den Augenwinkeln zu beobachten. Sein Körper wirkte durchtrainierter als früher und schien nur noch aus Muskeln zu bestehen.

Verdammt! Rasch senkte sie den Blick wieder ins Buch. Das Öffnen des Reißverschlusses und das Rascheln des Stoffs, als die Hose zu Boden glitt, ließen sie allerdings denselben Satz immer wieder lesen. Dann schienen seine Boxershorts im Wäschekorb zu landen, doch Lilly nahm sich fest vor, auf gar keinen Fall … hinzuschauen.

Als Riccardo endlich die Badezimmertür hinter sich schloss, atmete Lilly tief ein. Ihr Puls raste, und sie konnte sich nicht mehr konzentrieren. Dass allein Riccardos Gegenwart solche Reaktionen in ihr auslösen konnte, war kein gutes Zeichen.

Zwei Seiten hatte sie gelesen, als er aus dem Bad zurückkehrte. Sein markantes Aftershave erfüllte die Luft. Ein Blick aus den Augenwinkeln verriet ihr, dass sich an seiner Vorliebe, nackt zu schlafen, nichts geändert hatte.

Hastig griff sie nach dem Laken, denn in dem kurzen Seidennachthemd kam sie sich viel zu entblößt vor – vor allem, weil Riccardo sie spöttisch musterte. Lilly biss die Zähne zusammen und zog sich die Decke bis zum Hals.

„Ich habe gestern Nacht schon alles gesehen.“ Sein kehliges Lachen ließ sie die Zähne noch fester zusammenbeißen. „Ich mag Veränderungen. Jetzt siehst du wie eine sinnliche italienische Frau aus. Deine Brüste sind fantastisch, und diese Hüften …“ Ein verführerisches Lächeln umspielte seine Lippen. „Das sind Kurven, die zum Streicheln auffordern und …“

„Stopp!“ Sie bedachte ihn mit einem mörderischen Blick. „Auch wenn ich sechs Monate mit dir zusammenleben muss, werden wir solche Gespräche nicht führen!“

„An diesem Punkt schließt du mich normalerweise ohnehin von allem aus.“

Lilly zuckte zusammen. „Immer geht es nur um Sex. Manchmal wollte ich mich einfach nur gern unterhalten.“

„Hier unterscheiden sich Männer und Frauen eindeutig voneinander. Wenn wir gestresst sind, sehnen wir uns nach Sex. Das ist unsere Art zu kommunizieren.“

„Es war leider auch die einzige Art! Dummerweise konnten wir unsere Probleme so nicht lösen.“

Seine Miene wurde hart. „Du wolltest es nicht. Du bist gegangen, Lilly.“

„Ich wäre gern geblieben, aber wir waren Lichtjahre voneinander entfernt. Das waren wir schon immer. Wir haben es nur nicht erkennen wollen.“

Riccardo griff nach ihrem Buch und warf es auf den Nachttisch. „Seit ich hereingekommen bin, hast du keine Seite mehr gelesen. Du bist so damit beschäftigt, jede Anziehung zwischen uns zu leugnen, dass du nicht sehen willst, was sich unmittelbar vor deiner Nase befindet.“

„Es ist einfacher so“, fuhr sie ihn an, „denn wir beide wissen, wie es endet.“

Sein frustrierter Blick bereitete ihr zumindest eine gewisse Befriedigung. Dann drehte sie sich um, löschte das Licht und rückte an die äußerste Kante des Betts.

Ihr Verlangen nach ihm schockierte sie. Sie sehnte sich nach seinen Berührungen. Wenn sie sich geliebt hatten, hatte sie immer gewusst, dass er mit ganzem Herzen ihr gehörte. Erst im kalten Licht des dämmernden Tages musste sie jedes Mal einsehen, dass ihre Probleme nicht verschwunden waren.

Trotzdem gehörte ihm ihr Herz. Schade, dass er es nicht zu schätzen wusste.

4. KAPITEL

Riccardo erwachte am Samstagmorgen mit dem Drang, auf irgendetwas einzuschlagen und etwas zu zerstören, um die Anspannung in seinem Körper abzubauen.

Auf ewig glücklich. Die Worte seiner Frau hallten ihm durch den Kopf – aschfahl im Gesicht, war sie am Abend zuvor von ihrem Gespräch mit Harry Taylor zurückgekehrt.

Jetzt drehte er sich zu ihr um, doch er fand nur noch den Abdruck ihres Kopfes auf dem Kissen vor.

Er schaute zur Uhr auf dem Nachttisch. Acht Uhr dreißig. Das konnte nicht stimmen!

Eine Kettensäge, kam ihm unvermittelt in den Sinn, war genau das Richtige.

Er griff nach seinem Handy und wählte Gabes Nummer. Auf ihrem Grundstück in Westchester stand eine morsche Eiche, die dringend gefällt werden musste.

„Matteo ist gestern Abend gekommen“, erzählte ihm Gabe. „Ich bringe ihn mit. Anschließend können wir ja irgendwo ein Bier trinken.“

„Aber nur, wenn du ihn nicht in die Nähe der Säge lässt.“

Sein jüngster Bruder, der den europäischen Bereich von De Campo leitete, und sein Vater waren für das anstehende Meeting des Vorstands in die Stadt gekommen. Vielleicht fühlte er sich auch deshalb etwas neben der Spur, denn während dieser Sitzung würde sein Vater ihn zum Geschäftsführer machen … oder auch nicht.

Riccardo duschte, schlüpfte in T-Shirt und Jeans und ging in die Küche, um einen Kaffee zu trinken. Lilly fand er weder dort noch in der Bibliothek, die sie so liebte.

Gerade als er schon glaubte, sie wäre wieder geflüchtet, betrat sie – zeitgleich mit seinen Brüdern – die Eingangshalle.

„Matteo!“, rief sie und umarmte Riccardos Bruder herzlich. „Ich hatte keine Ahnung, dass du hier bist!“

„Seid ihr etwa damit beschäftigt, die verlorene Zeit wieder aufzuholen?“

Röte breitete sich auf ihren Wangen aus. Lilly und Matteo hatten sich schon immer blendend verstanden.

„Es ist schön, dass du da bist.“ Lilly schenkte ihm ein warmes Lächeln.

Riccardo konnte es nicht fassen. Wie kam sie dazu, seinen Bruder so herzlich zu begrüßen?

„Wohin gehst du?“, fragte er mit Blick auf ihre Handtasche.

„Ich muss mir ein Kleid für heute Abend kaufen.“

„Im Schrank hängen hunderte.“

„Die passen nicht.“

Er begriff nicht, wieso nicht wenigstens ein Kleid passen konnte. Nun gut, sie hatte ein bisschen zugenommen – aber doch nur an den richtigen Stellen! Frauen. „Hast du noch die Kreditkarte?“

Sie lächelte zuckersüß. „Ich habe sie zerschnitten … Aber ich besitze meine eigene.“

Der Drang, sie übers Knie zu legen, wurde übermächtig in ihm. Doch er biss die Zähne zusammen und fischte den Schlüssel für den Jaguar aus der Tasche. „Nimm den Wagen, wir fahren mit Gabes.“

Ein verwirrter Ausdruck erschien in ihren Augen, als sie den Schlüssel entgegennahm. Er wusste, dass sie den Wagen liebte. Genauso wie er wusste, wo er sie küssen musste, um sie vor Lust verrückt werden zu lassen. In die Mulde an ihrem zarten Hals und auf jeden Fall zwischen ihren …

„Okay, danke.“ Sie küsste Gabe auf die Wange und schlenderte nach draußen. Heiße Wut stieg in ihm auf. Glaubte sie etwa, sich vor seinen Brüdern nicht verstellen zu müssen? Doch er würde dafür sorgen, dass sie endlich ihren Teil ihrer Vereinbarung einhielt, sonst stand ihr eine ernsthafte Lektion bevor.

Gabe bedachte ihn mit einem amüsierten Blick. „Es freut mich zu sehen, dass du alles unter Kontrolle hast.“

„Ich kann nicht fassen, dass du ihr den Jaguar gegeben hast“, fügte Matteo hinzu. „Sie sah aus, als würde sie ihn nur zu gern gegen eine Wand fahren.“

Riccardo murmelte etwas Unverständliches und nahm auf dem Beifahrersitz von Gabes Maserati Platz.

„Aber sie sah fantastisch aus“, fügte sein jüngerer Bruder vom Rücksitz aus hinzu. „Von dir getrennt zu sein hat ihr gutgetan.“

„Wir wissen alle, dass du in meine Frau verliebt bist“, erwiderte Riccardo. „Warum suchst du dir nicht selbst eine, anstatt meine anzuschmachten?“

„Lilly braucht jemanden an ihrer Seite“, erwiderte Matteo unbeeindruckt. „Im vergangenen Jahr hast du dich nicht gerade wie ein vorbildlicher Ehemann verhalten.“

„Was soll das heißen?“

„Du arbeitest vierzehn, sechzehn Stunden am Tag und behandelst Lilly oft wie Luft. Ich kann nicht glauben, dass sie es zwei Jahre mit dir ausgehalten hat.“

„Halt den Mund, du kennst die Fakten nicht.“

„Woher auch? Du erzählst ja nie etwas.“

„So wird man, wenn man mit einer Eiskönigin zusammenlebt.“

„Sie war aber nicht immer so“, murmelte Matteo. „Vielleicht solltest du dich mal fragen, warum das so ist.“

„Und du solltest dich um deine eigenen Angelegenheiten kümmern.“

Die folgenden fünfundvierzig Minuten sprach Riccardo dann kein Wort mehr.

„Du wolltest nie hören, was ich zu sagen habe“, hatte Lilly ihm in der Nacht zuvor vorgeworfen. „Ich werde nicht mehr um deine Aufmerksamkeit betteln …“

Dio! War er wirklich so schlimm?

Nur im Rennwagen hatte er sich wirklich entspannt und frei gefühlt … befreit vom eisernen Griff seines Vaters. Und natürlich hatte er es auch genossen, wenn sich ihm in der Boxengasse wunderschöne Frauen an den Hals geworfen hatten.

Lilly jedoch unterschied sich grundlegend von diesen allzu willigen Schönheiten. Sie war seine ultimative Herausforderung und die eine Frau, von der er nicht genug bekommen konnte. Ihr scharfer Verstand, ihre liebevolle Natur und natürlich ihre betörende Sinnlichkeit machten sie zur heißesten Frau der Welt.

Unbehaglich veränderte Riccardo seine Sitzposition. Wie hatte er nur so dumm sein können? In der größten Krise seiner Ehe hatte er Chelsea Tate geküsst – und mit ihr schlafen wollen. Von da an hatte Lilly nicht mehr mit ihm geredet und er sich fremd in seinem eigenen Haus gefühlt. Er hatte sich beweisen wollen, dass er sie nicht brauchte. Doch nachdem er Chelsea geküsst hatte, war ihm schlagartig bewusst geworden, dass Lilly die einzige Frau für ihn war.

Lilly hingegen schien ihn problemlos aus ihrem Leben verbannt zu haben. Wenn sie ihn in der kommenden Nacht auch abwies, würde er für sein tadelloses Benehmen nicht mehr garantieren können!

Endlich erreichten sie das Haus in Westchester. Riccardo stieg aus dem Wagen und atmete die saubere Luft ein. Bereits bei seinem ersten Geschäftsbesuch hatte er sich in die Landschaft verliebt. Als das Haus zum Verkauf stand, hatte er es als Zufluchtsort für Lilly und sich erworben. Doch im Alltag war kaum Zeit geblieben hierherzukommen.

Er schnappte sich die Kettensäge und reagierte Frust und Wut an dem Baum ab. Schließlich gelang es ihm, die mächtige Eiche zu Fall zu bringen.

Anschließend saßen die drei Brüder einträchtig auf dem dicken Stamm und tranken kaltes Bier aus Dosen. So unterschiedlich ihre Charaktere auch waren, sie standen einander so nahe, wie nur Brüder es konnten. Und das, obwohl sie die meiste Zeit über den Globus verstreut unterwegs waren: Gabe im Napa Valley, wo sich das Weingut befand, Matty in der Toskana, von wo aus er den europäischen Zweig des Familienunternehmens leitete.

Vielleicht lag es an ihrer Mutter Francesca, die nicht gerade der fürsorgliche Typ gewesen war. Vielleicht hatte genau das sie zusammengeschweißt, denn dem harten Regime ihres Vaters Antonio hatten sie nur ihre Freundschaft entgegenzusetzen. In der Familie De Campo hieß es schwimmen oder untergehen – und sie hatte gelernt zu überleben. Gemeinsam.

Gabe schaute Riccardo an. „Hast du irgendeine Ahnung, was Antonio will?“

Er schüttelte den Kopf. Sie nannten ihren Vater nur Antonio, weil er eben nicht nur ihr Vater, sondern auch der übermächtige Mann war, der aus dem kleinen Weingut seines Großvaters ein weltweit agierendes Unternehmen gemacht hatte.

„Jeder weiß, dass du Geschäftsführer wirst“, fuhr Gabe fort. „De facto hast du die Firma geleitet, seit Antonio sich aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen hat.“

Riccardo suchte im Gesicht seines Bruders nach Anzeichen von Verbitterung, dass ihr Vater ihm den Vorzug gab. Doch Gabes Miene gab nichts preis.

„Es ist unmöglich vorherzusagen, was er tun wird.“

Vor allem, wenn es darum ging, seinem ältesten Sohn eine Lektion zu erteilen. Antonio hatte Riccardo nie verziehen, dass er seine Ausbildung in Harvard an eine Karriere als Rennfahrer verschwendet hatte. Ganz gleich, wie viele Rennen und Titel er gewann, sein Vater sah darin eine Tätigkeit, die nur dazu diente, dem Ego seines Sohnes zu schmeicheln. Jahrelang hatte er nicht mit seinem ältesten Sohn gesprochen. Erst nachdem er krank geworden und Riccardo die inoffizielle Führung von De Campo übertragen hatte, war er milde geworden. Doch jetzt ließ Antonio ihn schmoren.

Riccardo sprang auf die Füße und griff erneut nach der Kettensäge. „Bringen wir es zu Ende.“

Allmählich entspannte er sich. Er war ein Mann, der jedes Problem löste. Seine Frau mochte glauben, sie käme damit durch, weiter die Eiskönigin zu spielen. Aber da irrte sie sich. Dieses Spielchen würde vorbei sein – und zwar heute Nacht.

Zum tausendsten Mal zupfte Lilly das tief ausgeschnittene Oberteil des lavendelfarbenen Kleides zurecht und fragte sich, warum, um alles in der Welt, sie dem Verkäufer bei Sam’s geglaubt hatte, dieses Kleid sei wie für sie gemacht.

Sie fühlte sich entblößt, allerdings auch sexy und begehrenswert. Doch das Letzte, was sie wollte, war, heute Abend mehr Aufmerksamkeit zu erregen, als Riccardo und sie ohnehin schon durch ihre Anwesenheit bekommen würden.

Und was das Kleid anging, das sie vorführen sollte … alle Blicke würden auf sie gerichtet sein. Bei ihrem alles andere als perfekten Körper konnte sie sich nur zu gut vorstellen, was die Leute hinter ihrem Rücken tuscheln würden.

Schon die Anprobe hatte einer Demütigung geglichen. Die Designerin war um sie herumgetänzelt und hatte missbilligend den engen Sitz des Kleides zur Kenntnis genommen. „Wir müssen ein paar Nähte auftrennen“, hatte sie gemurmelt. „Irgendwie wird es schon gehen.“

Am liebsten hätte Lilly gerufen: „Gib mir doch ein Kleid, das passt.“

Aber sie war ja die neue Lilly, der das vollkommen egal war – die heute Abend mit Riccardo ausging und sich nicht anmerken ließ, wie sehr die Blicke ihr zusetzten. Sie war jetzt älter und klüger. Und Lisbeth war das Einzige, was zählte.

Sie setzte sich auf die Bettkante und schlüpfte in die silberfarbenen Slingpumps. Sie passten wenigstens perfekt und ließen ihre Beine wunderbar lang erscheinen.

Unvermittelt schaute sie auf und entdeckte Riccardo, ein Handtuch um die Hüften, auf der Schwelle zum Bad stehen. Verdammt! Seit Tagen tat sie alles, um sich diesen Anblick zu ersparen. Sie ließ den Blick über seine breite Brust, dann tiefer über seinen Bauchnabel gleiten, übersah tunlichst den nächsten Teil und betrachtete dann die athletischen Beine. Von allen Männern, denen sie je begegnet war, besaß Riccardo die schönsten Beine: muskulös und perfekt geformt.

„Schau mich nicht so an, wenn du nicht die Absicht hast, deinem Blick Taten folgen zu lassen“, hatte er gesagt.

Abrupt stand sie auf und schwankte ein wenig auf den hohen Absätzen. „Wir sollten losgehen. Wir sind schon spät dran, und wenn wir jetzt in dichten Verkehr geraten …“ Er hörte ihr gar nicht zu. Stattdessen ließ er langsam seinen Blick über ihren Körper wandern – angefangen bei ihrem Gesicht, über den tiefen Ausschnitt ihres Kleides, die Hüften und hinunter zu den silberfarbenen Pumps. Dann wandte er sich um und holte etwas aus dem Schrank. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, als er dann auf sie zukam.

„Wir müssen gehen“, wiederholte sie heiser. „Wir kommen zu spät.“

Unmittelbar vor ihr blieb er stehen, legte ihr die Hände auf die Schultern und drehte Lilly mit dem Rücken zu sich.

„Du brauchst eine Kette“, murmelte er und schob ihr Haar beiseite. „Wovor hast du Angst? Dass ich dir das Kleid vom Leib reiße?“

Das hatte er durchaus schon getan … Ein Schauer überlief sie, als er ihr das Schmuckstück um den Hals legte und sie die kühlen Steine auf ihrer heißen Haut spürte. „Riccardo …“

„Riccardo was?“, fragte er amüsiert. „Reiß mir das Kleid herunter?“

„Geh weg!“

„Hast du etwa Angst, die Kontrolle zu verlieren, wenn ich dich berühre?“

„Weil das alles nur eine Scharade ist“, fuhr sie ihn an. „Und solange wir uns nicht in der Öffentlichkeit befinden, wirst du mich nicht anfassen.“

Er ließ den Verschluss der Kette einschnappen. „Weißt du noch, wie wir sie getauft haben?“

Als könnte sie das jemals vergessen. Sie waren ausgegangen und hatten den ganzen Abend die Hände nicht voneinander lassen können. Kaum waren die Teller abgeräumt worden, hatte Riccardo seine Kreditkarte auf den Tisch geknallt. Zu Hause angekommen, hatten sie sich so leidenschaftlich geliebt, dass Lilly die Kette nicht mehr tragen konnte, ohne sich an diese unglaubliche Nacht zu erinnern. Plötzlich spürte sie ganz zart seine Lippen auf ihrer Schulter und zuckte zusammen.

„Du siehst in diesem Kleid wunderschön aus, tesoro. Du könnest mich ganz leicht überzeugen, die Veranstaltung heute Abend ausfallen zu lassen.“

Sie wollte gerade antworten, da fühlte sie seine Zähne ihre Haut streifen. Lust erfasste sie. Das wäre eine Möglichkeit, der verhassten Modenschau zu entkommen …

Aber der Preis war zu hoch!

Sie riss sich los, wirbelte herum und sah ihm fest in die Augen. Vergiss nicht, dass er dir das Herz gebrochen hat! Du brauchst nur sechs Monate durchzustehen …

Seine Miene wurde finster. „Ich nehme an, das soll Nein heißen, oder?“

„Niemals“, erwiderte sie eisig. „Gehen wir?“

Riccardo neigte den Kopf, ging zum Schrank und ließ das Handtuch zu Boden gleiten. Hastig verließ Lilly das Zimmer, um in der Halle auf ihn zu warten – aber erst nachdem sie einen Blick auf seinen herrlich wohlgeformten Po erhascht hatte.

5. KAPITEL

Der Ballsaal in dem historischen Hotel in der Nähe des Central Parks, in dem die Zeit stehen geblieben zu sein schien, war hell erleuchtet.

Lilly stand neben Riccardo auf der Schwelle und nahm das Ambiente in sich auf. Schwere Lüster dominierten den Saal und ließen die Eleganz der Vergangenheit lebendig werden. Eine Band spielte leise, und schwarz gekleidete Kellner eilten umher. Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte sie, naiv, wie sie gewesen war, alles mit anderen Augen betrachtet und sich über so viel Glanz gefreut.

Sie schaute zum Laufsteg hinüber, der sich quer durch den Saal zog. In einer Stunde würde sie dort oben entlanggehen, wenn sie sich nicht vorher übergeben musste …

In diesem Moment drehten sich die Gäste zu ihnen um. Sie packte Riccardos Arm fester, als ein Raunen durch die Menge ging. Seit der Scheidungsparty hatte die Presse ständig neue Artikel über sie veröffentlicht, in denen Mutmaßungen angestellt wurden, warum sie sich wieder versöhnt hatten. In einem Magazin stand zu lesen, dass Lilly bestimmt schwanger sei. Eine andere Zeitschrift gab zum Besten, dass Riccardo genug von seiner Geliebten habe und eine Familie gründen wolle. Am schlimmsten jedoch war die Hetzkampagne gegen Harry Taylor. Es wurde behauptet, dass eine frühere Freundin ihn wegen seiner bescheidenen Manneskraft verlassen habe.

Riccardo warf ihr einen durchdringenden Blick zu. „Ignorier sie einfach“, sagte er ruhig. „Ignorier den Schwachsinn, den sie von sich geben, und sei ganz du selbst.“

In diesem Moment wünschte Lilly sich, sie würde nur einen Bruchteil seines Selbstbewusstseins besitzen – ganz zu schweigen von seiner Fähigkeit, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und alles andere auszublenden.

„Sehen wir zu, dass wir einen Drink bekommen“, murmelte er und legte ihr einen Arm um die Taille.

An der Bar bestellten sie sich Martini und waren bald in zahlreiche Gespräche mit den unterschiedlichsten Menschen vertieft, die darauf brannten zu erfahren, ob die Gerüchte stimmten und sich die De Campos wirklich wieder versöhnt hatten.

Lilly versuchte, sich auf ihr Gegenüber zu konzentrieren, doch je mehr es auf einundzwanzig Uhr zuging, desto nervöser wurde sie.

„Riccardo!“

Eine atemberaubend hübsche Blondine in einem glänzenden Kleid, ungefähr im selben Alter wie Lilly, und so gertenschlank, dass sich einem der Eindruck aufdrängte, ein Lufthauch könne sie umwerfen, warf sich Riccardo in die Arme und küsste ihn auf beide Wangen.

Autor

Jennifer Hayward
<p>Die preisgekrönte Autorin Jennifer Hayward ist ein Fan von Liebes- und Abenteuerromanen, seit sie heimlich die Heftromane ihrer Schwester gelesen hat. Ihren ersten eigenen Liebesroman verfasste Jennifer mit neunzehn Jahren. Als das Manuskript von den Verlagen abgelehnt wurde und ihre Mutter ihr empfahl, zunächst mehr Lebenserfahrung zu sammeln, war sie...
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