Julia Royal Band 7

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MEIN GEHEIMNISVOLLER MÄRCHENPRINZ von ROBYN DONALD
Als Marco auf einem Ball das Model Jacoba trifft, verlieren sie sich in der Magie des Augenblicks. Plötzlich verfliegt die romantische Stimmung, als Marco ihr verrät, wer er wirklich ist: Prinz Marco von Illyria. Er ahnt nicht, dass Jacoba dunkle Erinnerungen mit seinem Land verbindet …

EIN KÖNIGREICH FÜR JULIE von LISA KAYE LAUREL
Vor den Traualtar der Schlosskapelle zu treten, war und ist Julies größter Traum! Und als Eric, Kronprinz von Alderney sie bittet, seine Frau zu werden, könnte sich dieser Wunsch erfüllen. Doch Julie zögert: Sie liebt Eric, aber er hat nie von seinen Gefühlen gesprochen ...

NUR EINE HEIMLICHE AFFÄRE? von SHARON KENDRICK
Lucys heiße Affäre mit Guido Cacciatore ist streng geheim. Dass sie als Bürgerliche für den gut aussehenden Prinzen immer nur die heimliche Geliebte sein wird, hat sie akzeptiert. Bis sie schwanger wird. Wird er sich jetzt zu ihr bekennen?


  • Erscheinungstag 06.08.2021
  • Bandnummer 7
  • ISBN / Artikelnummer 9783751500746
  • Seitenanzahl 448
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Robyn Donald, Lisa Kaye Laurel, Sharon Kendrick

JULIA ROYAL BAND 7

1. KAPITEL

Könnte es eine schönere Umgebung für einen romantischen Abend zu zweit geben? Jacoba Sinclair ließ die Umgebung auf sich wirken. Der Mond stand hoch am wolkenlosen Nachthimmel, er tauchte die hohen Berggipfel in silbriges Licht und spiegelte sich glitzernd im tiefschwarzen Wasser des Sees.

Zu dieser eher herben Schönheit der Natur bildete der Ballsaal mit seinem verschwenderischen Luxus einen atemberaubenden Kontrast. Menschen in festlicher Abendgarderobe tranken Champagner aus Kristallkelchen, und die nackten Schultern der Damen schimmerten matt und verführerisch im Schein der venezianischen Kronleuchter. Die Tische waren mit feinstem Porzellan und Silber gedeckt, und prächtige Blumengestecke wechselten sich mit mehrarmigen Kandelabern ab, in denen hell die Kerzen brannten.

Gedankenverloren strich Jacoba über die knisternde Seide ihres roten Abendkleides. Die betont schmal gehaltene Taille ließ den gerafften Rock, der bis auf den Boden fiel, noch üppiger erscheinen. Sobald sie den Kopf bewegte, blitzten die Brillanten ihrer Tiara auf, die ebenso echt und lupenrein waren wie die tropfenförmigen Ohrgehänge und das Collier. Der Schmuck, den sie an diesem Abend trug, musste ein Vermögen wert sein.

Auch die Berge, der See und das Kreuz des Südens am überwältigenden Nachthimmel Neuseelands waren echt – alles andere war Kulisse.

Bei Tage diente der Saal dem Hotel an der Endstation der Gondelbahn als Restaurant, und die elegant gekleideten Menschen, die so taten, als sei der Champagner in ihren Gläsern echt, waren allein wegen ihrer schönen Gesichter und anmutigen Körper hier und wurden dafür bezahlt.

Genau wie sie.

Das war ihr Leben. Sie erhielt eine traumhaft hohe Gage, weil sie verführerisch lächeln konnte und dabei trotzdem so kühl und unerreichbar wirkte wie die Steine ihres Geschmeides.

„Perfekt!“, lobte Zoltan kehlig. „Ja, bleib genau so, betrachte den See, ganz in dich versunken. Dann heb den Kopf – und erblicke den Mann deiner Träume. Ich erwarte ungläubiges Staunen … den Ansatz eines schüchternen Lächelns … All deine arrogante Selbstsicherheit fällt in sich zusammen, plötzlich bist du nur noch eine schwache Frau voller Sehnsucht nach Geborgenheit.“ Er verstummte. „Traust du dir das zu?“, fragte er dann schneidend.

Jacoba wusste, dass Zoltan diesen prestigeträchtigen Werbespot lieber mit einer berühmten Hollywooddiva gedreht hätte. Das war sie natürlich nicht, aber wie ein völlig unerfahrenes Ding brauchte er sie deshalb noch lange nicht zu behandeln. Sie würde ihm schon zeigen, dass Models sich durchaus mit Filmstars messen konnten.

„Ich glaube schon“, antwortete sie mit rauchiger Stimme, wandte den Kopf und sah ihn an, als sei allein er ihr lang erwarteter Märchenprinz.

Zoltan zog erstaunt die Brauen hoch. „Gut, das Ganze noch einmal. Aufnahme!“ Dass er ihr die Wiederholung dieser Leistung nicht abnahm, war seiner Stimme deutlich zu entnehmen.

Gelassen drehte Jacoba sich um, zog den schweren Samtvorhang zurück und blickte wieder auf den See. Sie rief die Gefühle in sich wach, die sie als Kind beim Betrachten glücklicher Familien verspürt hatte. Warum hatten alle anderen Kinder einen Vater besessen, nur sie nicht?

„Großartig. Das hätte ich dir niemals zugetraut“, bemerkte der Regisseur mit verletzender Offenheit. „Jetzt tu so, als hättest du am anderen Ende des Saals etwas gehört. Wende den Kopf und sieh zur Tür. Langsam, Jacoba, sachte, ganz sachte …“

Zoltans ständiges Gerede zerrte an ihren Nerven und machte es ihr schwer, sich zu konzentrieren. Vielleicht hatte er irgendwo gehört, Models wären darauf angewiesen, ständig vom Fotografen angefeuert zu werden. Kurzerhand blendete sie Zoltan aus ihrem Bewusstsein aus.

Die Statisten spielten überzeugend, sie unterhielten sich, flirteten und lachten leise. Als würde es keine Kamera geben, ließ Jacoba den Blick langsam über die Köpfe der Menge schweifen, um ihn auf jene Tür zu richten, durch die der Mann ihres Lebens den Raum betreten sollte …

An diesem Abend würde er nicht erscheinen, da Sean Abbott stark erkältet war und im Hotel in seinem Bett lag. Zoltan hatte beschlossen, die Szene später im Studio nachzuholen und für den Tanz ein Double einzusetzen.

Für sie völlig überraschend, trat dennoch genau in diesem Moment ein Mann über die Schwelle. Jacoba schwindelte und war froh, sich am Vorhang festhalten zu können.

Das war nicht das Double!

Groß, schlank, elegant und selbstbewusst betrat der Mann energisch den Saal. Er bewegte sich in seinem Smoking mit einer Lässigkeit, als würde er nie etwas anderes tragen. Dabei strahlte er eine Energie und Willenskraft aus, die Jacoba den Atem stocken ließen.

Sie rang um Fassung. Wie gebannt blickte sie in sein südländisches Gesicht mit den für einen dunklen Teint so ungewöhnlich hellen und strahlend blauen Augen – Augen, die allein auf sie gerichtet waren.

Die Gespräche im Raum verebbten, und es wurde still. Jacoba hörte nichts als das aufgeregte Klopfen ihres Herzens. Prinz Marco Considine von Illyria näherte sich ihr so zielstrebig, als sei er allein ihretwegen gekommen.

Instinktiv legte sie ihre in lange Abendhandschuhe gekleidete Hand aufs Herz. Schon seit Jahren ging sie diesem Mann aus dem Weg. Er war ihr Gegner, und sie musste sich vor ihm schützen.

„Hinreißend“, schwärmte Zoltan. „Bleib so – wunderbar! Klappe!“ Zufrieden sah er sich um, brauste jedoch plötzlich wütend auf. „Wer hat Ihnen erlaubt …“, begann er, nahm sich aber sofort zurück, als er erkannte, um wen es sich handelte. „Ah, Prinz Marco.“ Unterwürfig verbeugte er sich. „Verzeihung, doch Sie hatte ich hier wirklich nicht erwartet. Was für eine Ehre.“

Speichellecker! Jacoba lächelte zynisch. Mit einem einflussreichen Mann würde Zoltan sich niemals anlegen, und Prinz Marco Considine besaß Macht und Reichtum im Überfluss. Zufällig gehörte er der Geschäftsleitung eben jenes Kosmetikkonzerns an, der gerade Millionen investierte, um mit diesem ausgefallenen Spot für sein erstes Parfüm zu werben.

Jacoba atmete einmal tief durch und war im Nu wieder ganz das professionelle Model, stolz, gleichgültig und unnahbar. Reglos stand sie da, atmete flach und versuchte, möglichst nicht aufzufallen.

Sie wusste, wie schwierig das für eine hochgewachsene Frau mit tizianrotem Haar war – noch dazu in einem solchen Kleid und mit hochkarätigen Juwelen. Um Haltung zu bewahren, schloss sie kurz die Augen und konzentrierte sich auf das Gespräch der beiden Männer.

„Ich wohne im Shipwreck Bay Hotel“, erklärte der Prinz gerade. Der Klang seiner tiefen wohlklingenden Stimme verriet sofort, dass er sein Englisch in Großbritannien gelernt hatte. „Daher wollte ich die Gelegenheit nutzen und mir persönlich ein Bild vom Fortschritt der Dreharbeiten machen.“

Als sie den Namen des Hotels hörte, zog sich ihr Magen nervös zusammen, denn auch sie war dort untergebracht.

Das ist weiter kein Unglück, überlegte sie fieberhaft, mich kennt niemand und meine Eltern, die an dem schrecklichen Drama in Illyria aktiv beteiligt waren, sind längst tot. Außerdem hatte das kleine verarmte Land am Mittelmeer in den Jahren unter der Herrschaft von Prinz Alex Anschluss an demokratische Verhältnisse gefunden. Die gefürchtete Sicherheitspolizei war aufgelöst worden und konnte ihr und ihrer Schwester Lexie nicht mehr gefährlich werden.

Auch Blutrache, die ihre Mutter fast noch mehr gefürchtet hatte als die Schergen des Diktators, wurde in einem Staat des einundzwanzigsten Jahrhunderts bestimmt nicht mehr praktiziert. Besonders Prinz Marco, der in Frankreich, der Heimat seiner Mutter, geboren und erzogen worden war, musste derartige Traditionen für barbarisch und überholt halten.

Verstohlen sah sie ihn an – wurde von einer dunklen Ahnung befallen und fröstelte.

Marco Considine machte nämlich durchaus den Eindruck, als ob ihm die in seinem Volk seit undenklichen Zeiten geltenden Vorstellungen von Recht und Ehre etwas bedeuteten. Unwillkürlich fielen Jacoba die zahlreichen alten Sagen und Legenden Illyrias ein, die von Krieg und Vergeltung handelten …

Du siehst Gespenster, schalt sie sich und versuchte, ihre Gedanken wieder auf das Geschehen im Saal zu richten. Der Prinz zog ihre Aufmerksamkeit jedoch wie magisch an, und es gelang ihr nicht, sich der Faszination zu entziehen, die er auf sie ausübte.

Vielleicht lag das an seiner Größe. Niemand wusste besser als Jacoba, wie wichtig jeder Zentimeter war. Wäre sie nur etwas kleiner gewesen, hätte sie niemals diese traumhafte Karriere als Model machen können.

Marco Considine war mindestens einen Kopf größer als sie. Dabei wirkte er nicht schlaksig, sondern war auffallend muskulös und bewegte sich geschmeidig und elegant. Kein Wunder, dass jeder andere Mann im Saal neben ihm verblasste.

Seine Gesichtszüge zeugten von der edlen Abstammung, deren Ursprünge sich in den Mythen der Antike verloren. Prinz Marco war ein Considine durch und durch. Nach seinem Cousin, dem regierenden Monarchen Prinz Alex, und seinem älteren Bruder Gabriel, Großherzog von Illyria, stand er in seinem Land an dritter Stelle der Thronfolge.

Das machte ihn für sie nicht nur zu einem verbotenen, sondern auch zu einem höchst gefährlichen Mann.

Als sie hörbar schluckte, sah der Prinz auf und betrachtete sie flüchtig. Es war nur ein kurzer Blick, doch seinen ungewöhnlichen Augen schien nichts zu entgehen.

Panik stieg in Jacoba auf. Mit eiserner Disziplin zwang sie sich zur Ruhe. Er wusste nicht, dass auch sie aus Illyria stammte. Allein ihre Schwester kannte das Geheimnis – und ihr ältester und bester Freund Hawke, der es bestimmt niemals preisgeben würde.

Für die Welt war sie eine Neuseeländerin, deren heller Teint, Haarfarbe und Name eine schottische Abstammung vermuten ließen.

Warum der Prinz wohl in Abendgarderobe erschienen war? Sie wusste es nicht. Sie sah nur, wie perfekt sein Smoking saß, und wie unscheinbar ihr die anderen Männer im Vergleich zu ihm erschienen.

Eigentlich verwunderlich, welche Wirkung er auf sie hatte, schließlich war sie es gewohnt, mit den bestaussehenden Männern der Welt vor der Kamera zu stehen. Weshalb also reagierte sie wie ein verzückter Teenager? Schnell besann sie sich auf ihre Professionalität und setzte ein blasiertes Lächeln auf.

„Ich nehme an, Sie sind im Zeitplan“, bemerkte der Prinz gerade.

Zoltan nickte beflissen und gab einen kurzen Lagebericht.

Jacoba, die es gewohnt war, stets im Rampenlicht zu stehen, fühlte sich übergangen, weil keiner der beiden Männer sie beachtete. Wahrscheinlich bin ich einfach zu verwöhnt, sagte sie sich und freute sich wieder einmal über ihren Entschluss, die Karriere als Model in naher Zukunft aufzugeben.

Mit dreißig hatte sie ihren Beruf sowieso an den Nagel hängen wollen, doch die überraschend hohe Gage für diesen Werbespot ermöglichte es ihr, ihren Plan schon drei Jahre früher zu verwirklichen. Nach Abschluss der Dreharbeiten standen für sie noch zwei Fototermine auf dem Programm, dann war sie frei.

Aufmerksam verfolgte sie die Unterhaltung der beiden Männer, und sie musste zugeben, dass die kurzen und sachlichen Äußerungen des Prinzen sie schwer beeindruckten. Er imponierte ihr, dieser Spross des Hauses Considine. Als Gegner durfte sie ihn nicht unterschätzen.

Als hätte er ihren durchdringenden Blick gespürt, hob er den Kopf und musterte Jacoba kühl und herausfordernd. Nach einigen Sekunden senkte sie die Lider. Der Prinz sollte nicht erfahren, welch beunruhigende Wirkung er auf sie hatte.

„Ich glaube, wir kennen uns nicht“, meinte er in diesem Moment.

Zoltan entschuldigte sich sofort. „Verzeihung, das wusste ich nicht. Dies ist Jacoba Sinclair.“

Damit war die Vorstellung für ihn beendet, und Jacoba versuchte, sich nicht darüber zu ärgern. Für einen Mann wie Zoltan waren Models unbedarfte Modepüppchen, an die gute Umgangsformen verschwendet waren.

Sie richtete sich stolz auf und reichte dem Prinzen anmutig die Hand. Behutsam nahm er sie in seine und hauchte dicht über ihrem Handrücken einen Kuss in die Luft. Bei jedem anderen hätte die Geste aufgesetzt und lächerlich gewirkt, doch bei Marco Considine wurde sie zu einer sinnlichen Liebkosung voller Versprechungen.

Wieder witterte Jacoba Gefahr und schluckte mühsam.

„Ich bin Marco Considine“, holte er Zoltans Versäumnis nach und sah sie an.

Jacoba war erfahren genug, um das Begehren zu erkennen, das in seinen Augen aufblitzte. Sie bewunderte seine Beherrschung, denn ansonsten verriet nicht die kleinste Regung, was in ihm vorging.

Zoltan trat von einem Fuß auf den anderen. Anscheinend war ihm gerade klar geworden, dass er für den Prinzen, der Geld und Macht auf seiner Seite hatte, lediglich eine untergeordnete Rolle spielte.

Jacoba hätte am liebsten gelacht, als der Regisseur, nur um sich wieder ins Gespräch zu bringen, belanglose Bemerkungen über das Wetter machte.

Marco Considine zog die Brauen skeptisch zusammen und drehte sich zu ihm um. „Wann werden Sie hier fertig werden?“

„Wir haben das Restaurant bis morgen früh um sechs gemietet“, erklärte Zoltan. „Wahrscheinlich aber werden wir schon viel früher fertig sein, weil Jacoba sich so geschickt anstellt.“

„Vielen Dank.“ Jacoba tat, als würde sie sich wirklich freuen.

„Wo ist denn Sean Abbott?“, fragte der Prinz und sah sich um. „Steht heute nicht der Walzer auf dem Programm?“

Verzweifelt hob Zoltan die Hände. „Sean ist stark erkältet und liegt im Bett, deshalb müssen wir mit einem Double drehen, die Nahaufnahmen werden dann später im Studio gemacht und eingefügt.“

Marco Considine nickte. „Stört es, wenn ich noch etwas bleibe und zuschaue?“

„Nein, nein“, versicherte Zoltan.

Der Prinz kniff die Augen zusammen und sah zu Jacoba. „Und für Sie ist das auch kein Problem?“

„Nicht im Geringsten.“ Sie lächelte herablassend.

Doch tatsächlich gab es ein Problem. Marco schüttelte den Kopf, als er beobachtete, wie sich Sean Abbotts Ersatzmann abmühte und ständig über seine eigenen Füße zu stolpern schien. Wie konnte ein Mann nur Schwierigkeiten haben, eine Frau zu führen, die leicht wie eine Feder über das Parkett schwebte! Doch vielleicht war der Ärmste einfach überwältigt von der Tatsache, die berühmte Jacoba Sinclair im Arm zu halten. Ob ihre Haarfarbe wohl echt war?

Marco blickte auf die Uhr. Jacoba mochte sich bemühen, so viel sie wollte, ihm war klar, dass es ihr nicht gelingen würde, das fehlende tänzerische Geschick ihres Partners zu überspielen.

„Klappe!“ Zoltans Stimme überschlug sich fast, doch er zwang sich zur Ruhe. „Ich möchte euch ja nicht beleidigen, aber das ist kein Walzer!“

„Sie will ihren eigenen Kopf durchsetzen und lässt sich nicht führen“, beklagte sich der Schauspieler.

„Darf ich es einmal versuchen?“

Zoltan blickte entgeistert Marco an, der sich soeben zu Wort gemeldet hatte.

Amüsiert fuhr der Prinz fort: „Ich bin ungefähr gleich groß, und wenn Sie mit mir nicht zufrieden sind, dürfen Sie mich einfach zurück ins Hotel schicken.“

Obwohl er Jacoba keines Blickes würdigte, bemerkte er ihre Abwehr beinah körperlich und ärgerte sich unglaublich darüber. Seit seinem sechzehnten Lebensjahr war er es gewohnt, dass ihm die weibliche Welt zu Füßen lag.

Unglaublich, aber wahr. Diese Frau hier täuschte den Widerstand nicht vor, um sich interessant zu machen, sie wollte wirklich nicht mit ihm tanzen, das spürte er genau. Vielleicht liebte sie Hawke Kennedy tatsächlich. Weshalb sonst war sie noch seine Geliebte, obwohl er sie immer wieder betrog?

„Wenn Sie meinen …“ Zoltan wirkte nicht gerade begeistert.

„Sie haben nichts zu verlieren“, beruhigte ihn Marco. Sein Angebot war spontan gewesen, die Versuchung, Jacoba Sinclair so nah spüren zu dürfen, war einfach zu groß.

„Gut, dann versuchen Sie es eben.“ Zoltan rang sich ein höfliches Lächeln ab und richtete seine Aufmerksamkeit sofort wieder auf Jacoba.

„Und denk daran, du hast dein Herz schon fast verloren und fühlst dich dem Glück ganz nah. Ich möchte tiefe Gefühle sehen, Vorfreude und Bangen. Du weißt genau, dass du dich auf ein Abenteuer einlässt, das sich deiner Kontrolle entzieht. Zeige mit deinem Körper, dass er dich nur zu fragen braucht, und du gehörst ihm.“

Jacobas Wangen röteten sich, und Marco lächelte. Die Lust, die sich in ihm regte, unterdrückte er mit eiserner Willenskraft, und aufmerksam hörte er Zoltans Anweisungen zu.

Marco hätte nie gedacht, was es für einen Aufwand bedeutete, die simple Szene, wie sich zwei Menschen im Ballsaal trafen, auf Zelluloid zu bannen. Er fand den Vorgang anstrengend und langweilig, interessant war für ihn allein die Erfahrung, die Entstehung eines Films mitzuerleben.

Jacoba Sinclairs Professionalität zeigte sich in der kleinsten Einzelheit. Und dafür bewunderte er sie, denn für Zoltan war das Beste gerade gut genug, und sein Verhalten ihr gegenüber war schon fast als aggressiv zu bezeichnen. Dennoch blieb sie ruhig und verlieh ihrem Spiel eine außergewöhnliche Überzeugungskraft – fast hätte er geglaubt, er wäre wirklich die Liebe ihres Lebens.

Sie ist lediglich eine begnadete Schauspielerin, stellte er nüchtern fest. Ihr verhangener Blick und ihr verheißungsvolles Lächeln hatten nichts mit ihm zu tun. Trotzdem entging ihm eine gewisse innere Anspannung nicht, die nichts mit den Dreharbeiten als solchen zu tun zu haben schien.

Ob Zoltan versucht hatte, Jacoba ins Bett zu bekommen, und sie ihm eine Abfuhr erteilt hatte? Verärgert darüber, wie eifersüchtig ihn diese Vorstellung machte, konzentrierte er sich wieder auf Zoltans Regieanweisungen.

Da die Kamera stets auf seinen Rücken gerichtet war, fand er seine Aufgabe nicht weiter schwierig.

Endlich war Zoltan zufrieden. „Okay, das müsste reichen“, meinte er. „Kommen wir jetzt zum eigentlichen Tanz – eine durchaus angenehme Angelegenheit für Sie.“ Er schenkte Marco ein derart anzügliches Lächeln, dass dieser ihn am liebsten am Kragen gepackt und geschüttelt hätte. Er beschränkte sich jedoch darauf, die Brauen hochzuziehen und sein Gegenüber eisig zu mustern.

„Also Folgendes …“ Zoltan redete plötzlich wie ein Wasserfall. „Und wenn Sie nicht mehr weiterwissen, vertrauen Sie sich einfach Jacoba an, sie wird Sie schon in die richtige Richtung dirigieren“, schloss er seine Ausführungen.

Marco reichte Jacoba den Arm, sie legte ihre Hand darauf, und gemeinsam schritten sie zur Mitte der Tanzfläche. Dann endlich durfte er sie in die Arme schließen. Er hörte das Knistern der Seide, nahm Jacobas feinen fraulichen Duft wahr und fühlte ihren weichen nachgiebigen Körper. Ein Verlangen überfiel ihn, das ihn beinah die Beherrschung kostete.

Wie von weit her drangen die Klänge eines altmodischen Walzers an sein Ohr, der an die Zeiten der Königin Viktoria erinnerte, als die enge Tanzhaltung noch als skandalös empfunden wurde.

Jacoba vermied, ihm ins Gesicht zu sehen und blickte ausdruckslos über seine Schulter. Er blieb solange reglos stehen, bis sie irritiert den Kopf hob. Marco lächelte sie an und registrierte zufrieden, wie ihre grauen Augen aufblitzten.

„Entspannen Sie sich“, riet er. „Und vergessen Sie nicht: Wir sind dabei, uns ineinander zu verlieben.“

Zarte Röte überzog ihren makellosen Teint, und Jacoba biss sich auf die Lippe. Ehe sie jedoch antworten konnte, hatte er sie schon in die Arme gezogen und schwebte mit ihr über das Parkett. Seine französische Mutter war eine leidenschaftliche Tänzerin und unnachgiebige Lehrmeisterin gewesen, die ihm nicht den kleinsten Fehler hatte durchgehen lassen. Jacoba musste einen ähnlich strengen Tanzunterricht bekommen haben.

Anmutig folgte sie seiner Führung und hob den Kopf, sodass er ihr schönes Gesicht betrachten konnte, das die seligen Empfindungen der ersten Liebe so perfekt zum Ausdruck brachte. Lediglich in ihren Augen glaubte er einen Ausdruck zu erkennen, der dazu nicht so richtig passen wollte und der ihn an ein gehetztes Tier erinnerte.

„Warum haben Sie sich eigentlich vorhin nicht führen lassen?“, brach er schließlich das Schweigen.

Unter ihren dichten Wimpern warf sie ihm einen Blick zu, der Marcos Leidenschaft erneut wild entflammte und ihn so verwirrte, dass er beinah aus dem Takt gekommen wäre. Das Lächeln, das sie ihm dann schenkte, entsprach genau Zoltans Anweisungen. Einen Moment lang wünschte er, es sei echt und gelte ihm allein.

Der unwillkürliche Gedanke an Hawke Kennedy wirkte wie eine kalte Dusche. Nie würde er, Prinz Marco von Illyria, seine Geliebte mit einem anderen Mann teilen – erst recht nicht mit einem der besten Freunde seines Bruders Gabriel. Trotz dieser Überlegungen schmerzte sein Körper vor Verlangen.

„Irgendjemand muss schließlich die Richtung bestimmen“, antwortete Jacoba mit einer leicht rauchigen Stimme, die ihm gefiel.

„Und er war nicht in der Lage dazu?“, fragte er nach.

„Er braucht noch etwas Nachhilfeunterricht, um die Rolle eines Mannes zu übernehmen“, erwiderte sie.

Die leichte Röte, die sich nach diesen Worten auf ihren Wangenknochen ausbreitete, zeigte ihm, dass ihr die Doppeldeutigkeit ihrer Worte erst im Nachhinein aufgefallen war.

„Sie sind Neuseeländerin?“, fragte er, um ein unverfängliches Thema anzuschneiden.

Spielte ihm seine Fantasie einen Streich, oder hatte sie ihn wirklich für den Bruchteil einer Sekunde erschrocken angesehen?

„Ich bin hier geboren und aufgewachsen“, erwiderte sie dann jedoch und blickte ihn unbefangen an.

„Hier, in dieser Gegend?“

„Nein, in Northland, das liegt noch nördlich von Auckland.“ Sie lächelte. „Bei uns friert es so gut wie nie, und die hohe Luftfeuchtigkeit ist manchmal selbst für Einheimische schwer zu ertragen.“

„Die Nordinsel kenne ich noch nicht.“

Ihre Augen funkelten belustigt. Sie waren nicht einheitlich grau, sondern golden gesprenkelt und besaßen Tiefe und Wärme. Sosehr Marco sich auch bemühte, sich nicht beeindrucken zu lassen, Jacobas Schönheit und Ausstrahlung raubten ihm den Atem. Wie Hawke eine solche Frau ständig hintergehen konnte, war ihm schleierhaft. Weshalb Jacoba anscheinend gegen seine Affären nichts einzuwenden hatte, zumal darüber in den Medien ausgiebig berichtet wurde, war ihm ein noch größeres Rätsel.

Sie wirkte viel zu selbstsicher, um sich mit solch einem Schattendasein auf Dauer zufriedenzugeben. Er an Hawkes Stelle wäre ihr treu. Er war seinen Geliebten bisher immer treu gewesen – solange er mit ihnen liiert gewesen war.

Versonnen betrachtete er ihre klassisch schönen Gesichtszüge und genoss den leichten Druck ihres Körpers. Vielleicht blieb Jacoba bei Hawke, weil er seine Eskapaden immer wieder durch Geld gutmachte.

Anscheinend ahnte sie, was in ihm vorging, denn sie senkte den Blick. „Die Nordinsel ist wunderschön“, bemerkte sie leichthin. „Aber natürlich bin ich voreingenommen.“

„Sind wir das nicht alle?“ Er lächelte bitter, fand aber sofort wieder zu seinem unbeschwerten Ton zurück. „Vielleicht zeigen Sie mir eines Tages, wo Sie groß geworden sind.“

„Vielleicht.“ Sie lächelte verträumt. „Eines Tages.“

Sie tut nur so, als würde sie mir in die Augen schauen, fiel Marco auf, in Wahrheit sieht sie auf einen Punkt zwischen meinen Brauen. Als er Blickkontakt aufnehmen wollte, drehte sie den Kopf zur Seite.

Das Herz schlug Jacoba bis zum Hals, und sie blickte über Marcos breite Schulter zu Zoltan. Der lächelte strahlend und war ganz in seinem Element. Er schien hochzufrieden mit ihrer Leistung, denn er widmete seine Aufmerksamkeit gerade den Statisten.

Warum hatte Sean nur ausgerechnet jetzt ausfallen müssen? Er war der ideale Partner für sie, nett, unkompliziert und so verliebt in seine junge Frau, dass sie, Jacoba, Luft für ihn war.

Marco dagegen zog sie magisch an. Ihr Körper schien plötzlich ein Eigenleben zu führen und dem Verstand den Gehorsam zu verweigern. Entsetzt musste Jacoba feststellen, dass sie nicht schauspielerte.

Ihre Gefühle waren echt, und ihre Regungen zeigten ihr eindeutig, dass sie diesen Mann begehrte.

Jetzt sah Zoltan zu ihr herüber und beschrieb mit dem Arm einen Kreis in der Luft. Mit schmelzendem Blick sah sie zu Marco auf. „Wir sollen uns drehen. Können Sie das?“

Statt einer Antwort zog er sie so eng an sich, dass sie sich nach hinten beugen musste, und ihre Hüften und Schenkel Marcos berührten. Die anderen Paare tanzten zum Rand, um ihnen Platz zu machen.

Was für eine unbeschreibliche Wonne! Jacoba erschauerte, und Marco senkte den Kopf, um ihre Stirn zu küssen.

Die Welt um Jacoba versank. Doch unüberhörbar mischte sich die warnende Stimme ihrer Mutter in den Sturm ihrer Empfindungen.

Gib niemals zu, dass du eine Illyrierin bist! Meide deine Landsleute, nur so bist du sicher. Versprich mir das!

Obwohl sie wusste, dass die Kamera auf sie gerichtet war und gnadenlos die kleinsten Einzelheiten festhielt, gab sie sich ganz ihren Gefühlen hin. Selig schloss sie die Augen – was nicht im Drehbuch stand – und legte kurz den Kopf an Marcos Schulter. Was für ein wunderbares Gefühl des Glücks und der Geborgenheit!

„Wahnsinnig! Einfach genial!“ Zoltans polterige Stimme zerbrach den Zauber. „Macht weiter so.“

Marco blieb bis zum Schluss der Dreharbeiten. Der Morgen dämmerte schon, als er an Jacobas Seite in die Gondel stieg, die sie zurück ins Tal brachte.

Jacoba, die sich inzwischen umgezogen hatte und Hose und Pullover trug, war hellwach und überdreht. Sie kannte diesen Zustand und wusste, dass er enden würde, sobald sie ihr Zimmer betrat. Dann würde bleierne Müdigkeit von ihr Besitz nehmen, und sie würde erschöpft ins Bett sinken.

Bis dahin jedoch musste sie aufpassen und sich beherrscht und professionell benehmen. Die eindringlichen Worte ihrer Mutter immer noch im Ohr, schwor sie sich, um nichts in der Welt dem Prinzen ihr Geheimnis preiszugeben.

2. KAPITEL

Marco Considine ließ keine Anzeichen von Müdigkeit erkennen, obwohl die Filmarbeiten für ihn langweilig gewesen sein mussten. Jacoba, die dicht an seiner Seite stand, musterte ihn verstohlen im mittlerweile schwach gewordenen Licht des fahlen Monds.

Vielleicht traten die Wangenknochen etwas stärker als gewöhnlich hervor, Marcos Ausstrahlung jedoch hatte nichts von ihrer Vitalität und Stärke verloren. Schnell richtete Jacoba den Blick wieder auf die Berge am anderen Ufer des Sees. Nie würde sie den Prinzen vergessen können, dafür hatten die vergangenen Stunden gesorgt.

Sie wusste, wie er sich beim Tanzen bewegte, und sein Duft und ihre leidenschaftliche Reaktion darauf hatten sich ihrem Gedächtnis für immer fest eingeprägt. Marco war ihr nach dieser einen Nacht vertraut und doch so fremd.

Wie glücklich und geborgen sie sich während des Walzers in seinen Armen gefühlt hatte! Doch da ihre Empfindungen lediglich auf einer Illusion beruhten, waren sie gefährlich.

Marco nahm ihren Arm und führte sie zu der Limousine, die neben dem Bus für die Schauspieler wartete.

„Dieser Wagen ist für Zoltan“, wandte sie ein.

„Er gehört uns, für Zoltan habe ich bereits ein Taxi bestellt.“ Er wies mit dem Kopf Richtung Straße. „Dort kommt es schon.“

Sie hielt es für klüger, sich seinem autoritären Benehmen zu beugen. Ob der Prinz dadurch den Regisseur verärgerte oder nicht, sollte ihr egal sein.

Der Chauffeur des Hotels stieg aus und öffnete die hintere Wagentür. „Guten Morgen“, begrüßte er sie. „Alles gut gelaufen, Sir?“

„Ich glaube schon.“ Marco setzte sich neben Jacoba auf die Rückbank, hielt jedoch deutlich Abstand.

Jacoba, deren Herz aufgeregt klopfte, fühlte sich eigenartigerweise enttäuscht. Sei vernünftig, sagte sie sich, der Prinz ist viel zu gut erzogen, um in Anwesenheit des Fahrers Annäherungsversuche zu machen.

Darüber sollte gerade sie, die seit frühester Jugend von Männern als leichte Beute angesehen worden war, froh und dankbar sein. Deshalb ließ sie sich nicht anmerken, was sie in Wirklichkeit empfand, und hielt den Blick starr auf die Straße gerichtet, bis sie das am Seeufer gelegene Hotel erreichten.

Marco begleitete sie nicht nur bis zu ihrer Zimmertür, sondern schloss sie ihr auch noch auf.

„So müde bin ich nun wirklich nicht“, protestierte sie, obwohl sie seine Fürsorge genoss.

„Doch“, antwortete er lakonisch und lächelte. „Die Schatten unter Ihren Augen und Ihre blassen Wangen verraten es.“

Seine Worte klangen spielerisch und amüsiert, nur seine Augen verrieten Jacoba, was der Prinz wirklich fühlte – leidenschaftliches Begehren. Ein erregender Schauer lief ihr über den Rücken.

Um den erotischen Zauber zu brechen, redete sie schnell weiter. „Zoltan hat sich bei Ihnen für Ihre tatkräftige Mithilfe bereits bedankt, dem möchte ich mich jetzt anschließen. Die Aufnahmen hätten nicht nur sehr viel länger gedauert, sondern meine Zehen hätten auch weiter leiden müssen, wenn Sie nicht in die Bresche gesprungen wären.“

Marco zuckte die Schultern. „Ich verstehe nicht, weshalb Zoltan sich ausgerechnet diesen Mann als Double ausgesucht hat.“

Weil er sein derzeitiger Geliebter ist, dachte Jacoba. „Er war der Einzige am Set, der von der Größe her in Betracht kam“, erklärte sie dann, weil sie nicht über Zoltan klatschen wollte.

Mit einem rätselhaften Blick reichte Marco ihr den Schlüssel. „Vielen Dank für den interessanten Abend.“

Sie betrat die Suite, drehte sich noch einmal um und lächelte. „Der Dank liegt ganz auf meiner Seite. Schlafen Sie gut.“

Er kniff die Augen zusammen. Einen Moment lang glaubte sie, er wolle sie küssen, und ihr Herz schlug wie verrückt. Dann jedoch wurden seine Züge wieder maskenhaft starr.

„Gute Nacht, Jacoba.“ Mit einer galanten Verbeugung verabschiedete er sich.

Aus Angst, sich zu vergessen, und Marco in ihr Zimmer zu bitten, schloss Jacoba schnell die Tür. Ihr Puls raste, als sei sie einer tödlichen Gefahr entronnen. Den ganzen Abend schon hatte sie sich gefragt, ob auch der Prinz sich der dunklen geheimnisvollen Kraft bewusst war, die sie zueinander hinzog. Jetzt wusste sie es.

Die Erkenntnis verstörte und beseligte sie zugleich. Zum ersten Mal in ihrem Leben wünschte sie, unkonventioneller zu sein. Sie war sich sicher, Marco Considine wäre ein idealer Liebhaber. Das sagte ihr nicht nur ihr Instinkt, sondern das wusste sie auch aus den Artikeln, die sie über ihn gelesen hatte. Dem Prinzen wurden im Bett beeindruckende Fähigkeiten nachgesagt.

Nicht nur im Bett, auch am Strand, unter der Dusche und …

Vor Jahren hatte Jacoba mit einer Kollegin Aufnahmen gemacht, die gerade von Marco verlassen worden war. Auf höchst anständige Weise, aber dennoch unerbittlich, hatte er sich von ihr getrennt, weil sie ihm in einer schwachen Minute ihre Liebe gestanden hatte. Der Prinz schien seinen Geliebten die Spielregeln von Anfang an klarzumachen – ernsthafte Gefühle waren tabu.

Er war also nicht nur adliger Abstammung, er war auch oberflächlich …

Jacoba machte sich zur Nacht fertig und ließ sich anschließend todmüde ins Bett sinken. Ihr letzter Gedanke vor dem Einschlafen galt den eindringlichen Warnungen ihrer Mutter. Galten diese noch? Drohte Lexie und ihr wirklich Gefahr aus Illyria?

„Wie machst du das nur?“

Jacoba blickte von ihrem Quark mit frischem Obst auf und sah Mere Tanipo verständnislos an. „Was?“

Die Kollegin musterte verzweifelt die trockene Scheibe Toast, die einsam auf ihrem Teller lag. „Du kannst anscheinend essen, was du willst, und wirst trotzdem nicht dick.“

„Das liegt an meinen Genen und einem guten Fitnessprogramm.“

Mere seufzte. „Und wie gelingt es dir, so bezaubernd auszusehen – ohne Make-up, mit einer braven Pferdeschwanzfrisur und weniger als sechs Stunden Schlaf?“

„Die Natur hat es einfach gut mit mir gemeint.“ Jacoba zuckte die Schultern. „Du solltest dir ein Glas Milch gönnen und etwas Obst dazu essen, das schafft Kraft und bildet keine Fettpölsterchen.“

„Du hörst dich an wie meine Mum!“

„Dann höre auf sie, Mütter sind nämlich erstaunlich klug.“ Jacoba lachte. „Meine hat mich von klein auf dazu angehalten, wie ein König zu frühstücken, wie ein Kaufmann zu Mittag und wie ein Bettelmann zu Abend zu essen. Das war ein fabelhafter Rat, glaub es mir.“

Mere, die über Jacobas Schulter blickte, bekam auf einmal große Augen vor Staunen. „Du sprichst von Königen, und dein Prinz erscheint, als wäre das sein Stichwort. Er kommt gerade über den Rasen zu uns auf die Terrasse. Man könnte meinen, die ganze Welt mitsamt des Hotels gehöre ihm.“

„Er ist nicht mein Prinz.“ Jacoba hoffte, dass die Hitze, die plötzlich in ihr aufstieg, ihr nicht das Rot in die Wangen trieb.

Mere schnaufte verächtlich. „Er wäre es aber gern, das konnte die Nacht jeder sehen.“ Sie stand auf. „Ich muss packen, wir sehen uns dann später. Und vielen Dank für all deine Tipps. Du hast mir sehr geholfen.“

„Gern geschehen.“ Als sei nichts passiert, wandte sich Jacoba wieder ihrem Obst zu. Erst als Marco direkt vor ihrem Tisch stehen blieb, hob sie den Kopf. Ein schockierender Gedanke durchzuckte sie.

Wie würde der Prinz wohl ohne Designerjeans und Poloshirt aussehen?

Sie brauchte nicht lange zu überlegen. In ihrer Fantasie sah sie Marcos athletischen unbekleideten Körper und die glatte braune Haut, unter der die Muskeln spielten, genau vor sich.

Betont formell begrüßte sie ihn, um ihn nicht merken zu lassen, was in Wahrheit in ihr vorging.

„Jacoba.“ Er lächelte ironisch. „Darf ich Ihnen Gesellschaft leisten?“ Ohne ihre Antwort abzuwarten, setzte er sich. „Habe ich Ihre Freundin verjagt? Das tut mir wirklich leid.“

„Nein, es war reiner Zufall.“ Jacoba schüttelte den Kopf und war erleichtert, in welch unverfänglichen Bahnen das Gespräch sich bewegte. „Sie wollte gerade gehen, weil das Taxi zum Flughafen schon auf sie wartet.“

„Und wann fliegen Sie?“

Weshalb fragte er das? Sie zögerte etwas. „Bald.“ Sie blickte auf die Uhr. „Genau gesagt, in drei Stunden.“

Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Ich will für eine Woche nach Tahiti. Begleiten Sie mich.“

Marcos unverblümtes Angebot verletzte sie ebenso wie sein kühler und abwägender Blick. Für den Prinzen schien sie ein Luxusspielzeug zu sein, das man nach Lust und Laune kaufen oder entsorgen konnte, sobald man den Spaß daran verloren hatte.

„Vielen herzlichen Dank für Ihr großzügiges Angebot.“ Sie lächelte betont höflich. „Es kommt für mich leider nicht infrage.“

Er ließ sie nicht aus den Augen. „Lieben sie Hawke Kennedy?“

„Das geht Sie nichts an.“ Sie war enttäuscht, denn sie hätte nicht gedacht, dass Prinz Marco etwas auf die Klatschspalten der Regenbogenpresse gab. Hawke war nicht ihr Geliebter, sondern ihr engster Freund und der einzige Mensch der Welt, der das dunkle Geheimnis kannte, das Lexie und sie umgab.

Er kniff die Augen zusammen. „Sie fühlen sich gefühlsmäßig nicht gebunden, sonst würden Sie nicht so auf mich reagieren.“

„Und Sie versuchen tatsächlich, mich zu nötigen, das ist in Neuseeland strafbar“, konterte sie, statt sich der Frage zu stellen.

„Seien Sie ehrlich. Hawke ist der Besitzer dieses Hotels, und er bezahlt Ihren Aufenthalt.“

„Das ist eine unverschämte Lüge!“ Jacoba hatte sich wieder in der Gewalt und blickte ihn verächtlich an. „Wie Sie ja genau wissen, wird meine Hotelrechnung von Ihnen beziehungsweise Ihrer Gesellschaft bezahlt. Ich fühle mich durch dieses Gespräch in meiner Persönlichkeit verletzt.“

Das hätte ihn eigentlich zum Schweigen bringen müssen, doch für Prinzen galten anscheinend andere Regeln. „Für derart prüde hatte ich Sie nun wirklich nicht gehalten.“ Er lächelte zynisch.

„Indem Sie mich beleidigen, kommen Sie auch nicht zum Ziel.“

„Und was, meinen Sie, ist mein Ziel?“

„Meinen Körper so lange zu besitzen, wie es Ihnen gefällt“, antwortete sie, ohne mit der Wimper zu zucken.

Ihre Blicke kreuzten sich, Marco zog die Brauen hoch und sah Jacoba nachdenklich an. Zu ihrer Überraschung beugte er sich plötzlich vor und ergriff ihre Hand.

Jacoba erschauerte, sie war wie verzaubert und zu keiner Bewegung fähig.

Sinnlich langsam drehte er ihre Hand, führte sie an die Lippen und küsste zärtlich die zarte Haut der Innenfläche. Die Welt um Jacoba versank, nur noch Marco Considine und sie schienen zu existieren.

Im ersten Moment wehrte sie sich verzweifelt gegen ihre Gefühle und versuchte, die Hand zur Faust zu ballen. Marco lächelte nur. „Ich wäre wenigstens treu“, gab er zu bedenken.

„Ausgeschlossen, ich komme nicht mit“, antwortete sie, obwohl sie nur zu gern nachgegeben hätte.

„Sind Sie sich wirklich sicher?“

„Absolut.“

Endlich gab er ihre Hand frei und stand auf. Jacobas Erleichterung jedoch war nur von kurzer Dauer. Denn statt zu gehen, küsste er sie mitten auf den Mund, und ihr Verlangen entflammte noch heftiger. Entsetzt über ihre Reaktion, drehte sie den Kopf zu Seite.

Doch statt ihren Widerstand zu beachten, küsste Marco sie noch besitzergreifender. Als Jacoba empört aufsprang, zog er sie in die Arme, sah ihr kurz in die Augen und senkte dann die Lippen wieder auf ihre.

Von einem süßen Zauber gefangen und unfähig, sich länger zu wehren, hob Jacoba die Hand und streichelte seine Wange. Marco erwiderte ihre Liebkosungen, indem er seinen Mund über ihren Hals gleiten ließ und die Stelle, wo ihr Puls heftig pochte, küsste.

Dann tastete er nach ihrer Brust. Das sinnliche Spiel seiner Finger raubte Jacoba den Atem, noch nie zuvor war sie von derart verzehrenden Gefühlen überwältigt worden. Sie, die bisher noch nie die Kontrolle über sich verloren hatte, erlebte zum ersten Mal die unwiderstehliche Macht der Sinnlichkeit.

Es ist nichts weiter als Sex, redete sie sich ein, meine Hormone spielen einfach nur verrückt.

Obwohl Marco sie mit einer Hingabe küsste, als wolle er sie nie wieder freigeben, hob er plötzlich den Kopf. „Ich muss verrückt sein“, bemerkte er rau.

Taumelnd trat Jacoba einen Schritt zurück. „Wir scheinen beide den Verstand verloren zu haben“, meinte sie, mühsam nach Atem ringend.

„Glücklicherweise hat uns niemand gesehen.“ Er musterte sie kalt. „Ich möchte mich in aller Form für mein Verhalten entschuldigen.“

Jacoba bemühte sich, unbeeindruckt zu wirken. „Viel Spaß auf Tahiti“, meinte sie spöttisch.

Er lächelte humorlos. „Danke. Ich möchte Sie jedoch warnen, jetzt, da ich weiß, wie Sie für mich empfinden, werde ich erst recht nicht lockerlassen.“

Das Herz schlug ihr bis zum Hals. „Selbst auf die Gefahr hin, die erste Frau zu sein, die Ihnen einen Korb erteilt – ich bleibe bei meinem Nein.“

„Sie haben Angst vor mir“, stellte er ungerührt fest. „Weshalb?“

„Angst? Ich bin mir einfach nur zu schade für flüchtige Abenteuer.“ Stolz hob sie den Kopf und strich sich eine vorwitzige Strähne, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatte, aus der Stirn. „Ich habe nichts übrig für Männer, die sich einbilden, jede Frau müsse sich durch ihre Aufmerksamkeit geehrt fühlen.“

Marco lachte ungläubig und schüttelte den Kopf. „Wer redet denn von einem flüchtigen Abenteuer? Sehen Sie mich an und sagen mir ins Gesicht, dass ich Ihnen nichts bedeute.“

„Was hat das denn damit zu tun? Ich gehe nicht gleich mit einem Mann ins Bett, nur weil ich ihn sympathisch finde. Ich habe da schon meine Prinzipien.“

„Die habe ich auch, doch es geht um etwas anderes. Aus bestimmten Gründen wollen Sie Ihre Beziehung zu Hawke Kennedy, so unbefriedigend diese für Sie auch sein mag, meinetwegen nicht aufs Spiel setzen.“

„Unbefriedigend? Was wissen Sie schon über meine Beziehung zu Hawke?“, parierte sie.

„Er ist Ihnen nicht treu, sie ihm offensichtlich schon. Sie scheinen damit zufrieden zu sein, wenn er nach seinen Eskapaden immer wieder zu Ihnen zurückkehrt.“

Noch während er sprach, fragte er sich, weshalb er sich überhaupt auf eine solche Diskussion mit Jacoba Sinclair einließ. Er konnte jede haben, die ihm gefiel, warum bemühte er sich um eine, die nichts mit ihm zu tun haben wollte?

Sie fand ihn attraktiv, das wusste er ganz genau. Doch das taten andere Frauen auch, und trotzdem ignorierte er sie. Bisher hatte er noch stets eine Beziehung abgebrochen, sobald er bemerkte, dass seine Partnerin tiefere Gefühle für ihn entwickelte. Er wollte niemanden verletzen, er erwartete von einer Affäre lediglich Geselligkeit und sinnliche Freuden, mehr zu nehmen oder zu geben war er nicht bereit.

Und er hatte noch nie einem anderen Mann die Frau ausgespannt.

Warum benahm er sich so untypisch? Was faszinierte ihn an dieser Frau mit den unergründlichen rauchgrauen Augen? Und warum sträubte sie sich gegen die erotische Anziehungskraft, die sie ebenso empfand wie er?

„Bitte gehen Sie endlich“, forderte sie ihn jetzt auf.

Alles in Marco bäumte sich gegen diesen Befehl auf. Seit Generationen hatten sich seine Vorfahren genommen, was sie begehrten – wenn sie auch oft genug bitter dafür hatten büßen müssen. Obwohl Jacoba natürlich das Recht besaß, ihn abzuweisen, wollte er ihre Entscheidung nicht akzeptieren. Am liebsten hätte er sie wieder an sich gerissen und leidenschaftlich geküsst, bis sie nicht mehr anders konnte, als ihm ihre wahren Gefühle zu gestehen.

Leider waren die Zeiten, als die Considines als Herren von Wolf’s Lair schalten und walten konnten, wie es ihnen beliebte, längst vorbei. Er würde daher raffiniertere und den modernen Zeiten angemessene Methoden anwenden müssen. Erfolg würde er dennoch haben, denn er war ein ausgezeichneter Stratege.

Er hob die Hand, um Jacoba zum Abschied zärtlich die Wange zu streicheln. Doch als seine Finger ihre zarte Haut berührten, waren all seine Vorsätze, sich taktisch klug zu verhalten, vergessen. Gegen besseres Wissen küsste er das Model voller Leidenschaft.

Jacoba hatte es kommen sehen und trotzdem nichts dagegen unternommen. Sie sehnte sich nach Marcos Zärtlichkeiten, und diesen einen Kuss, den letzten, wollte sie voll auskosten.

Hingebungsvoll erwiderte sie den Druck seiner Lippen, bis Marco schließlich den Kopf hob und ihr in die Augen blickte.

„Wenn du mich brauchst“, sagte er, „ruf in einem meiner Büros an. Man wird dich sofort mit mir verbinden.“

Damit drehte er sich um und ging.

Jacoba musste sich wieder setzen, ihre Knie drohten nachzugeben. Mit bebenden Händen schenkte sie sich noch eine Tasse Kaffee ein und versuchte, ruhig über die Situation nachzudenken.

Es war passiert, sie war tatsächlich einem der Considines begegnet. Wie erwartet, war der Prinz von sich selbst eingenommen, rücksichtslos und arrogant – und unbeschreiblich sexy. Noch nie hatte ein Mann so auf sie gewirkt wie er.

Doch sie hatte die Warnungen ihrer Mutter nicht vergessen und würde sich danach richten. Sie durfte sich mit Marco nie wieder treffen. Nur ein einziges Mal würde sie ihm noch begegnen müssen, nämlich bei der Gala zur Präsentation des Parfüms. Auch das würde sich wahrscheinlich als ungefährlich erweisen, denn bis dahin hatte er seine Aufmerksamkeit bestimmt schon einer anderen geschenkt.

Ohne den Kaffee auch nur angerührt zu haben, stand Jacoba auf und ging in ihr Zimmer.

Jacoba hatte sich bereit erklärt, auch dieses Jahr wieder an der Modewoche in Neuseeland teilzunehmen. Die Gage, die sie dafür verlangte, war so gering, dass ihre Agentin der Verzweiflung nahe war.

„Ich bin es den Veranstaltern schuldig“, hatte Jacoba sich Bella gegenüber gerechtfertigt. „Sie haben mir zum Durchbruch verholfen.“

„Das ist elf Jahre her, Jacoba! Und jedes Jahr arbeitest du praktisch umsonst für sie. Du bist zu ehrlich und zu bescheiden, das ist dein Problem.“

„Das sagst du mir immer wieder.“

„Weil es die Wahrheit ist. Aber nach der Modewoche machst du doch endlich Urlaub, oder?“

„Ja, Bella, ich verspreche es dir. Ich werde mich in meine geliebte Hütte am schönsten Strand der Welt zurückziehen.“

„Der so weit abgelegen ist, dass ich dich noch nicht einmal mit dem Handy erreichen kann. Ich verstehe dich einfach nicht, Jacoba.“

Sich das alte verfallene Anwesen am Ende der Welt zu kaufen, war Jacobas Meinung nach die beste Idee ihres Lebens gewesen. Nur noch einige Termine, und ihre Karriere als Model würde beendet sein. Dann würde sie die Hütte abreißen, sich ein Haus bauen und ständig hier leben …

Jacoba, die im Liegestuhl unter einem Baum saß, blickte von ihrem Laptop auf, reckte sich und ließ den Blick über den rötlichen Sandstrand gleiten. Natürlich hätte sie für diese Zeit auch bei Hawke wohnen können, dessen Haus ebenfalls an der Bay of Islands lag, nur etwas südlicher. Ruhe und Einsamkeit waren ihr jedoch wichtiger gewesen als ihr persönlicher Komfort.

Jetzt wollte sie erst einmal schwimmen gehen. Schon seit vier Uhr morgens hatte sie mit ihrem Computer hier gesessen, eine Pause konnte daher ihrer Kreativität nur förderlich sein. Außerdem war sie die letzten Tage nicht im Wasser gewesen, weil ein Sturm große Mengen Tang in die Bucht getrieben hatte. Heute jedoch waren die Algen mit der Strömung wieder verschwunden, das Wasser war klar und glitzerte verführerisch.

Jacoba rückte den Laptop auf ihren Knien zurecht und speicherte die Seiten ab, die sie die letzten Stunden geschrieben hatte. Wenn alles gut lief, waren sie der Anfang eines Romans.

Unter einem anderen Namen hatte sie bereits zwei Jugendbücher veröffentlicht – und gute Kritiken dafür erhalten. Man hatte ihr ungewöhnliches Talent bescheinigt, und so hoffte sie, dass auch ihr erster Roman für Erwachsene ein Erfolg werden würde.

Langsam ging sie zurück in das einfache Haus, das mehr einer Hütte glich, da es nur aus einem einzigen Raum bestand. Eine kleine Pause würde ihr jetzt gut tun: ausgiebig schwimmen, duschen, essen und dann einen Mittagsschlaf halten. Herrlich!

Jacoba nahm sich ihr Badetuch, ging zurück zum Strand und sprang ins Wasser. Wieder einmal genoss sie den Luxus, dieses Stückchen Erde ganz für sich allein zu haben und von niemandem gestört werden zu können.

Sie schwamm, bis es ihr kühl wurde, watete durch das flache Wasser zurück zum Strand – und musste erkennen, dass sie doch nicht so allein war, wie sie geglaubt hatte.

Ein Hubschrauber näherte sich unter lautem Dröhnen und kreiste in der Luft, offensichtlich suchte der Pilot nach einem geeigneten Landeplatz. Jacoba runzelte die Stirn. Ungesehen würde sie das Haus nicht mehr erreichen können, was ihr äußerst unangenehm war.

Natürlich war sie nicht mehr ganz so schüchtern wie zu Beginn ihrer Karriere. Ihren spärlich bekleideten Körper so lässig zur Schau zu stellen wie die meisten ihrer Kolleginnen vermochte sie jedoch immer noch nicht.

Um Besuch zu empfangen, war sie wirklich nicht entsprechend gekleidet.

3. KAPITEL

Jacoba stand bis zu den Hüften im Wasser und beobachtete den Landeanflug des Hubschraubers. Hawke, dachte sie, es kann nur Hawke sein! Panik stieg in ihr auf. War Lexie etwas zugestoßen? Drohte Gefahr, weil sich die Befürchtungen ihrer Mutter bewahrheitet hatten und ihre wahre Herkunft entdeckt worden war?

Nein, sagte ihr Verstand. Seit Prinz Alex die Herrschaft in Illyria übernommen hatte, fand das Land zunehmend Anschluss an moderne demokratische Verhältnisse, und die Vergangenheit war vergessen. Ihre Schwester und sie waren sicher.

Energisch strich sie das nasse Haar aus der Stirn und machte einen Schritt Richtung Strand, wo der Hubschrauber gerade aufsetzte. Ein Mann sprang aus der Tür – groß, athletisch und dunkelhaarig. Gebückt lief er aus dem Gefahrenbereich der Rotoren.

Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Nach ihrem Aufenthalt im Shipwreck Bay Hotel hatte sie sein Bild jede Nacht im Traum vor sich gesehen. Einen Moment lang war sie von Glück ganz überwältigt. Dann jedoch wurde sie sich ihrer Lage peinlich bewusst. Sie trug kaum etwas am Körper, konnte nirgends Schutz suchen und war erbarmungslos den Blicken des Prinzen ausgesetzt!

Die Motoren des Hubschraubers kamen wieder auf Touren, und Jacoba musste ungläubig mitansehen, wie er sich in die Luft erhob. Fassungslos blieb sie stehen. Marco näherte sich ihr langsam, lächelte und betrachtete sie so eingehend, dass ihr heiß und kalt wurde. Wohin verirrte sich ihre Fantasie?

„Hallo, Jacoba“, begrüßte er sie, sobald der Hubschrauber über den Hügeln verschwunden und der Lärm verklungen war.

„Was willst du hier?“, fuhr sie ihn an.

„Dich treffen, was sonst? Wir müssen unbedingt über die Werbekampagne sprechen.“

„Weshalb?“

„Weil die Ballszenen praktisch nicht zu gebrauchen sind.“ Wieder lächelte er.

„Das nehme ich dir nicht ab.“ Sie musterte ihn verächtlich. „Vermutlich hat die Stunde der Rache geschlagen.“

Seine Miene verdüsterte sich. „Mit solchen Methoden arbeite ich nicht, Jacoba.“

„Und ich weiß, was ich kann. So schlecht, dass sie unbrauchbar sind, können die Aufnahmen einfach nicht sein. Ich wollte dir auch nichts unterstellen, ich dachte eher an Zoltan. Es ist ein offenes Geheimnis, dass er lieber mit einer Schauspielerin anstatt eines Models gearbeitet hätte.“

„Der Fehler lag weder bei dir noch bei Zoltan“, erklärte er ruhig. „Ich war derjenige, der alles verdorben hat. Die Aufnahmen müssen mit einem Profi wiederholt werden. Einen passenden Drehort haben wir in Auckland schon gefunden, alles ist vorbereitet, nur du hast uns noch gefehlt. Es war äußerst schwierig, dich ausfindig zu machen.“

„Und wie ist es dir schließlich gelungen?“

„Bella“, antwortete er nur und zuckte arrogant die Schultern.

Natürlich, niemand schlug einem mächtigen Mann wie Marco Considine einen Wunsch aus. Marco hatte sich nicht nur ein eigenes Unternehmen aufgebaut, sondern auch das seines Cousins Alex übernommen, als dieser zum Prinzen und Staatschef von Illyria erklärt wurde. Mittlerweile war Marco zu einem der mächtigsten Wirtschaftsbosse der Welt geworden. Ihm einen Gefallen zu erweisen, konnte nur Vorteile haben.

Aus diesem Grund hatte Bella ihm bestimmt bereitwillig Auskunft gegeben.

„Wo ist der Hubschrauber hin?“, erkundigte sie sich misstrauisch.

Spöttisch zog er die Brauen hoch. „Er hat noch einen Passagier an Bord, der noch etwas weiter muss. Nachdem der Pilot ihn abgesetzt hat, holt er uns hier wieder ab. Nur zur Information, deine mit allen Wassern gewaschene Agentin hat für diese Aktion einen beträchtlichen Aufschlag auf das vereinbarte Honorar ausgehandelt.“

Beim Anblick von Marcos dunkler Hose und dem feinen Oberhemd wurde sich Jacoba wieder ihres winzigen Bikinis bewusst.

„Bella ist eben professionell, ebenso wie ich.“ Sie streckte sich. „Ich werde selbstverständlich alles tun, damit die Werbekampagne ein Erfolg wird. Ich packe sofort meine Sachen.“ Energisch setzte sie sich in Bewegung und schrie entsetzt auf, als etwas Langes und Glitschiges ihre Wade streifte. Zu spät dachte sie an die Algen, die hier und da immer noch im Wasser trieben.

„Ich habe mich lediglich erschrocken, Marco“, rief sie, jedoch nicht schnell genug.

Denn schon stand er, ohne auf seine Garderobe Rücksicht zu nehmen, neben ihr. Er hob sie hoch, um sie an Land zu tragen. „Was ist passiert?“, erkundigte er sich besorgt. „War es ein Rochen?“

„Nein.“ Sie schüttelte den Kopf und kam sich unbeschreiblich kindisch vor. „Ich traue es mich kaum zu sagen – es war nichts weiter als Tang.“

Dennoch ließ er sie nur äußerst vorsichtig zu Boden gleiten und gab sie erst frei, als sie sicher auf beiden Beinen stand. Sofort kniete er sich in den Sand und tastete ihre Waden ab.

Jacoba wurde heiß. Die zarte Berührung weckte verbotene Gefühle. „Ich bin wirklich nicht verletzt.“ Ihre Stimme klang rau vor Sehnsucht.

Hoch über ihnen schrie eine Möwe, und die Zeit schien stillzustehen. Wortlos blickte sie auf seinen gebeugten Kopf. Als Marco zu ihr aufsah, las er in ihren Augen, was sie nicht länger zu verbergen in der Lage war.

Mit einer geschmeidigen Bewegung richtete er sich auf und lächelte sie an. Jacoba wusste genau, was er beabsichtigte, und erschauerte. Ihre Vernunft war ausgeschaltet, verzehrende Leidenschaft beherrschte ihr ganzes Denken.

Voller Panik über diese Selbsterkenntnis stemmte sie verzweifelt die Hände gegen seine Brust. Marco ließ sich nicht beeindrucken. „Du bist in der Tat nicht verletzt“, meinte er und senkte seine Lippen auf ihre.

Jacoba gab jeglichen Widerstand auf, sich zu wehren war zwecklos. Sie legte ihm die Arme um den Nacken und erwiderte hingebungsvoll seine Küsse. Marco zog sie dichter zu sich heran, damit sie seine Erregung spürte, und ein nie gekanntes Glücksgefühl durchströmte sie. Als der Druck seines Mundes fordernder wurde, öffnete sie willig die Lippen.

Die warnende Stimme, die sich in ihrem Unterbewusstsein regte, ignorierte sie. Jacoba begehrte Marco noch stärker als bei ihrer ersten Begegnung, und sie genoss den erotischen Zauber der Umarmung ohne Vorbehalte.

Marco verstand es, die Magie der Situation immer weiter zu steigern. All die erotischen Träume, die ihr nachts den Schlaf geraubt und sie frustriert hatten, schienen mit einem Mal in Erfüllung zu gehen.

Sie seufzte leise, als sie Marcos Hand auf ihrer Brust spürte. Seine Liebkosungen ließen sie schwindeln, und der Wunsch nach Erfüllung wurde immer mächtiger. Ihr ganzes bisheriges Leben schien allein der Vorbereitung auf diesen Moment gedient zu haben. Alles war perfekt. Endlich bekam die Vergangenheit einen Sinn, und sie, Jacoba, würde nie wieder dieselbe sein. Sie hatte ihre wahre Bestimmung gefunden …

Empfänglich für die leichteste Berührung, schien ihr Bikini sie plötzlich einzuschnüren. Sie bewegte sich unruhig hin und her und bebte vor Wonne, als Marco die Hand unter den dünnen Stoff ihres Oberteils schob.

„Sehr hübsch, aber das brauchst du jetzt nicht“, raunte er und streifte es ihr mit einer einzigen geschickten Bewegung vom Körper.

Ein berauschendes Glücksgefühl erfüllte sie, während sie Marcos bewundernden Blicke auf sich spürte. Seine Augen wurden dunkel vor Leidenschaft, als er ihre Brüste streichelte, deren helle zarte Haut einen erregenden Kontrast zu seinen tief gebräunten Händen bildete. Wenn er sie doch mit seinen Lippen statt der Hände liebkosen würde!

Endlich hob er sie hoch und trug sie zu der Decke im Baumschatten. Jacoba hielt den Atem an. Im nächsten Moment setzte Marco sich neben sie und zog sie auf seinen Schoß. Schüchtern das Gesicht in seiner Halsbeuge versteckt, öffnete sie mit fahrigen Fingern die Knöpfe seines Hemds.

Nachdem sie es geschafft hatte, zog sie es ihm aus und ließ die Hände langsam über seine breiten Schultern und muskulöse Brust gleiten. Wie unwiderstehlich männlich und attraktiv Marco war! Fasziniert hob sie den Kopf und sah ihm in die Augen.

Ihre Blicke verfingen sich ineinander, und Jacoba hörte, wie er mühsam nach Luft rang. „Du bist so unglaublich schön“, gestand er heiser.

Das Kompliment und der Ton, in dem er es sagte, halfen ihr, den letzten Rest Befangenheit zu überwinden. Sie beugte sich vor und begann, eine Spur heißer Küsse auf seine Brust zu ziehen. Sie spürte, wie seine Brust sich schneller hob und senkte, und hörte, wie sein Herz heftiger pochte.

Glücklich über die Reaktion, die nicht gespielt sein konnte, wurde sie mutiger und neckte ihn mit ihrer Zunge. Marcos persönlicher Duft und Geschmack stiegen ihr stärker zu Kopf als Champagner.

„Du bist viel zu schön“, wiederholte er, beinahe vorwurfsvoll.

„Das bist du auch“, antwortete sie leise.

Er lachte. „Spar dir solche Schmeicheleien lieber für Männer wie Sean Abbott und die Schickis aus der Modeszene auf“, meinte er und küsste sie hart und fordernd. Jacoba nahm die Herausforderung an und umarmte ihn stürmisch.

Das Blut rauschte ihr in den Ohren, als Marco sich nun zärtlich ihren Brüsten widmete und schließlich die bereits hart aufgerichteten Knospen mit den Lippen umschloss. Sie spannte sich, erschauerte, und die Welt um sie her versank.

Marco schob die Hand unter das Bikinihöschen und streichelte sanft ihren Bauch. „Du treibst mich in den Wahnsinn, so schön bist du“, sagte er kaum hörbar auf Französisch. Sein Ton war beherrscht, nur das Glitzern seiner Augen und die Röte seiner slawisch hohen Wangenknochen verrieten die Intensität seiner Gefühle.

„Das beruht auf Gegenseitigkeit“, erwiderte sie in derselben Sprache.

Überrascht hob er den Kopf und sah sie prüfend an. „Du bist Neuseeländerin und sprichst wie eine geborene Pariserin. Wieso?“

Wie konnte ein Mann mitten im leidenschaftlichsten Liebesspiel eine solch banale Frage stellen? Jacoba war ernüchtert. „Mein Kindermädchen stammte aus Frankreich, daher bin ich zweisprachig aufgewachsen.“

Marco nickte, und sie wusste, dass er sich diese Tatsache für immer einprägen würde. „Später, sehr viel später, wirst du mir mehr über dich erzählen müssen“, murmelte er zärtlich und strich ihr über das seidige Haar.

Doch für Jacoba war der Zauber zerbrochen, und ihr Verstand gewann wieder die Oberhand. Sie wusste genau, wie es enden würde, wenn sie Marco jetzt nicht Einhalt gebot. Doch noch ehe sie sich ihm entziehen konnte, küsste er sie erneut und wagte sich zu ihrer empfindsamsten Stelle vor.

Marcos Liebkosung war unbeschreiblich zärtlich, lustvoll und quälend zugleich. Jacoba hatte das Gefühl, vergehen zu müssen. Als Marco abrupt den Kopf hob, traf es sie wie ein Schock.

„Seit ich dich getroffen habe, kenne ich mich selbst nicht mehr“, gestand er. „Sag mir, dass Hawke Kennedy dein Geliebter ist, das könnte mich vielleicht noch zur Vernunft bringen.“

„Ich … Er ist nicht …“

„Warum bleibst du bei ihm?“, fragte er, nachdem sie hilflos verstummt war. „Offensichtlich bedeutest du ihm nichts, sonst wäre er dir treu.“

Etwas in Jacoba erstarb. „Ich bin dir keinerlei Rechenschaft schuldig“, behauptete sie verächtlich, stand abrupt auf und blickte sich suchend nach ihrem Bikinioberteil um.

Auch Marco erhob sich. Jacoba erschrak, als sie die kalte Wut bemerkte, die aus seinen Augen sprach.

„Ist er ein so fantastischer Liebhaber, dass du ihm alles andere verzeihst? Liegt dir an der materiellen Sicherheit, die er dir zu bieten hat?“ Marco ließ sich nicht beirren. „Oder hat er etwas gegen dich in der Hand – erpresst er dich?“

Als sie mühsam schluckte und sich abwandte, zog er sie am Arm zu sich herum. „Ist es das?“

„Nein, natürlich nicht! Er erpresst mich nicht, und wir haben auch keine Affäre miteinander!“

„Ihr seid also nichts als gute Freunde.“ Der Prinz lachte spöttisch. „Erzähl keine Märchen!“

„Zufällig ist es die Wahrheit. Wir sind zusammen aufgewachsen und empfinden wie Bruder und Schwester füreinander. Und jetzt lass mich bitte los.“

Stattdessen zog er sie in seine Arme. „Wie ein Bruder seine Schwester?“

Jacoba atmete tief durch. „Wir verbrachten unsere Kindheit bei derselben Tagesmutter“, erklärte sie dann tonlos. „Sowohl Hawkes Mutter als auch meine waren alleinerziehend und berufstätig. Während sie arbeiteten, wurden wir von einer Nachbarin betreut, erst täglich, später nur in den Ferien. Für unsere Umwelt waren Hawke und ich Geschwister, und so fühlen wir uns auch.“

Marco schwieg betroffen. „Sieh mich an“, bat er schließlich.

Widerwillig kam sie seiner Aufforderung nach und blickte ihm ins Gesicht.

„Warum hast du das noch nie öffentlich erklärt? Dir muss doch klar sein, dass euch alle Welt für ein Paar hält und dich wegen Hawkes Affären bedauert. Willst du dich damit interessant machen?“

Sie legte den Kopf zurück. „Wer würde uns glauben? Außerdem ist unsere Beziehung zueinander allein unsere Sache und geht niemanden etwas an.“

„Mir hast du es aber gesagt.“

Ja, und weshalb? Jacoba biss sich auf die Lippe. Da Hawke und sie größten Wert auf ein ungestörtes Privatleben legten, hatten sie die Situation bisher als amüsant empfunden. Außerdem hatte das Gerücht besonders für sie, Jacoba, einen großen Vorteil gehabt. Es hatte unerwünschte Verehrer abgeschreckt, denn mit einem mächtigen Mann wie Hawke Kennedy wollte sich niemand leichtfertig anlegen.

„Antworte mir, Jacoba.“

„Ich habe mich über deine Unterstellungen geärgert, deshalb wollte ich, dass du die Wahrheit weißt.“

„Wirklich? Wolltest du mir nicht vielmehr zu verstehen geben, dass du frei bist und Hawke uns nicht im Weg steht?“

Jacoba hätte sich ohrfeigen können. Sie hatte einen taktischen Fehler gemacht und war prompt in eine Falle gelaufen. „Wollte uns der Hubschrauber nicht gleich abholen?“, wich sie aus.

Wie hatte er das nur vergessen können? Marco war frustriert, und seine Laune verschlechterte sich noch weiter. Was war los mit ihm? Er begehrte Jacoba so sehr, dass er an nichts anderes mehr denken konnte. Seine berühmte Selbstbeherrschung, auf die er sich so viel einbildete, schien sich für immer verflüchtigt zu haben.

Außerdem ärgerte er sich über sein unsensibles Verhalten, weil er Jacoba damit verschreckt hatte. Wenigstens habe ich Wichtiges über sie erfahren, versuchte er sich zu trösten. Vergeblich, die Erkenntnis, nicht mehr geradeaus denken zu können, sobald er diese Frau in den Armen hielt, saß ihm wie ein Stachel im Fleisch.

„Wir haben keine Zeit mehr, ich muss sofort packen“, erklärte Jacoba.

Marco sah, wie ihre Lippen, die noch von seinen Küssen geschwollen waren, bebten und konnte sich kaum zügeln. Wie gern hätte er sie wieder in seine Arme gezogen und getröstet. Er biss die Zähne aufeinander und beobachtete, wie Jacoba bei dem erfolglosen Versuch errötete, sich das nasse Bikinioberteil wieder überzustreifen.

„Hier, nimm das.“ Er hob sein Hemd auf und reichte es ihr. „Und sieh mich nicht so verängstigt an. Ich bin nicht der Typ, der sich einer Frau gegen deren Willen aufdrängt.“

Sie blieb stumm, und er sah, wie ihre Mundwinkel verräterisch zuckten.

„Obwohl es bestimmt eine wunderbare Erfahrung gewesen wäre.“ Er wartete, bis ihr die Röte in die Wangen stieg. „Für dich und für mich“, fügte er dann hinzu.

Sein leicht verächtlicher Ton ließ sie noch tiefer erröten, doch sie machte sich nichts vor. Sie hatte jede Sekunde des wilden Liebesspiels genossen. „Du hast recht, ich bin dir zu Dank verpflichtet“, erwiderte sie ehrlich.

Arrogant zog er die Brauen hoch. „Du bist mir zu nichts verpflichtet, Jacoba. Und da wir in Zukunft weiterhin zusammenarbeiten müssen, möchte ich eins klarstellen. Sollte es eine weitere Annäherung geben, dann nur, wenn du es ausdrücklich wünschst.“

„Mach dir keine Sorgen“, erwiderte sie gespielt lässig. „Vor mir bist du sicher.“

„Ich gebe dir mein Wort darauf.“ Er reichte ihr die Hand.

Als sie zögerte, lächelte er herausfordernd.

Jacoba konnte nicht anders als einzuschlagen. Selbst diese absolut unerotische Berührung reichte, ihr Blut in Wallung zu bringen. Das Aufleuchten seiner Augen zeigte ihr, dass es ihm nicht anders erging.

Energisch zog sie die Hand zurück und richtete sich auf. „Wenn ich fertig sein will, bis der Hubschrauber kommt, muss ich schnellstens duschen und packen.“

Marco half ihr, die Sachen einzusammeln und folgte ihr über den Strand zum Haus.

4. KAPITEL

Als Marco die Hütte betrat, stand ihm sein Erstaunen ins Gesicht geschrieben. Eine solch primitive Behausung hat er wahrscheinlich noch nie gesehen, dachte Jacoba belustigt.

„Warte bitte draußen, ich beeile mich“, sagte sie laut.

Er sah sich um. „Kommst du nach den Aufnahmen hier wieder her?“, fragte er.

„Nein“, antwortete sie und ärgerte sich sofort darüber, ihm ihre Pläne verraten zu haben. In der kommenden Woche war sie mit Hawke in dessen Haus an der Bay of Islands verabredet, und nur für ein paar Tage den langen Flug auf sich zu nehmen lohnte sich nicht. Hawke hatte bestimmt nichts dagegen, wenn sie etwas früher als verabredet kam.

„Dann gib mir bitte einen Karton, damit ich den Kühlschrank ausräumen und abschalten kann“, bat er.

Dass er ihr helfen wollte, machte sie noch wütender. „Vielen Dank für das großzügige Angebot“, meinte sie schnippisch. „Die Kühlbox steht dort drüben.“

Als sie sich nach ihren Sachen bückte, fiel ihr Blick auf seine nassen Schuhe und den feuchten Hosensaum.

„Ich habe leider keinen Trockner“, entschuldigte sie sich.

„Das macht nichts. Wenn ich wollte, könnte ich meine Hose ja auch ausziehen und übers Geländer hängen. In der Sonne wäre sie bestimmt schnell wieder trocken.“

Jacoba nahm seinen Spott gelassen hin und zuckte lediglich die Schultern. „Tu, was du nicht lassen kannst. Ich jedenfalls dusche jetzt.“

Warum nur war Marco persönlich gekommen? Männer wie er besaßen für solch banale Aufgaben schließlich ihre Untergebenen. Wahrscheinlich hatte er lediglich ein Schäferstündchen mit ihr verbringen wollen – was ihm beinahe auch gelungen wäre …

„Diese Hütte besitzt eine Dusche?“

„Selbstverständlich.“ Dass diese nur einen spärlichen Strahl von sich gab, weil sie aus einem Regenwasserbehälter auf dem Dach gespeist wurde, verschwieg sie lieber.

Sie hastete ins Badezimmer und kehrte nach erstaunlich kurzer Zeit in einer hellen Leinenhose und einer luftigen Tunika zurück. Ihr Haar hatte sie schlicht im Nacken zusammengefasst, und außer etwas farblosem Lipgloss trug sie kein Make-up. Prinz Marco Considine sollte nicht denken, sie würde sich seinetwegen besondere Mühe mit ihrem Aussehen geben.

Marco würdigte sie jedoch kaum eines Blickes. Mit der Kühlbox in der Hand ging er an ihr vorbei auf die Terrasse.

Obwohl er draußen auf sie wartete, war sie nervös. Wahllos stopfte sie ihre Garderobe in zwei große Reisetaschen und schlug die Schranktüren unnötig heftig zu.

Als sie die Veranda betrat, kam Marco sofort auf sie zu. „Gib mir das“, meinte er und streckte die Hand nach der Tasche aus, in der sich ihr Computer befand.

Jacoba ließ den Griff nicht los. „Nein“, wehrte sie ab. „Da ist nur mein Laptop drin, damit werde ich allein fertig.“

„Ich bin dazu erzogen worden, eine Frau nichts Schwereres als ihre Handtasche tragen zu lassen – mit Ausnahme des Kindes unter ihrem Herzen natürlich.“

Jacoba erschrak über ihre spontane Reaktion auf diese Bemerkung. In ihrer Fantasie sah sie ein kleines Mädchen vor sich, mit dem roten Haar und den grauen Augen ihrer Mutter und den stolzen aristokratischen Zügen ihres Vaters …

Glücklicherweise machte ein lautes Dröhnen dem Spuk schnell ein Ende. Der Hubschrauber wurde über den Bäumen sichtbar und verlor schnell an Höhe, um am Strand zu landen.

„Was für ein perfektes Timing.“ Marcos kühler Blick strafte sein Lächeln Lügen. „Lass uns gehen.“

Am späten Nachmittag landeten sie auf dem Dach des Westside Hotels mitten in der City von Auckland. Jacoba jedoch hatte kein Auge für das überwältigende Panorama. Schweigend stieg sie aus dem Hubschrauber und folgte Marco in das klimatisierte Gebäude.

„Wann beginnen wir mit den Dreharbeiten?“, erkundigte sie sich.

„Morgen früh. Hier im Hotel ist eine Suite für dich reserviert.“ Er blickte auf die Uhr. „In zehn Minuten beginnt deine Besprechung mit Zoltan.“

Marco verhielt sich geschäftsmäßig und übertrieben korrekt, er ließ keine Nähe aufkommen. Das ist auch gut so, versuchte Jacoba sich einzureden, denn insgeheim fühlte sie sich durch sein Verhalten tief verletzt.

Er führte sie zu ihren Räumen, von denen aus man einen wunderbaren Blick über den Hafen hatte. Die Einrichtung war luxuriös, doch unpersönlich, fast steril. Jacoba hatte schon zu viele Zimmer dieser Art gesehen, um sich an dem Ambiente noch zu freuen. Sie wünschte sich zurück in ihre kleine Hütte. Doch würde sie dort je wieder den tiefen Frieden finden, wie sie es bisher gewohnt war? Wohl kaum. Dafür hatte Marco gesorgt, indem er in ihr kleines Paradies eingedrungen war.

Sie tat so, als bewundere sie das prachtvolle Blumengesteck. „Warum bist du mitgekommen?“, fragte sie wie nebenbei.

„Damit alle Probleme gleich an Ort und Stelle geklärt werden können und …“ Er unterbrach sich, weil das Telefon klingelte.

„Das ist bestimmt Zoltan.“ Unaufgefordert nahm er den Anruf entgegen.

Als Jacoba ihn wütend betrachtete, zuckte er nur unbekümmert die Schultern. „Ja“, meinte er dann und legte wieder auf.

„Bitte untersteh dich nicht noch einmal, an mein Telefon zu gehen!“, wies sie ihn zurecht.

Er lächelte belustigt, entschuldigte sich jedoch sofort. „Es tut mir leid, es war eine gewohnheitsmäßige Reaktion.“

So einfach ließ Jacoba sich nicht besänftigen. „In deinem Wohnzimmer würde ich so etwas auch nicht tun“, empörte sie sich – und erschrak über sich selbst. Was machte sie da für Anspielungen? Sie besaß nicht die geringste Absicht, jemals sein Haus zu betreten.

Marco kniff die Augen zusammen und betrachtete sie abwägend. „Das glaube ich dir sofort, eine solche Taktlosigkeit würde gar nicht zu dir passen. Zoltan muss jeden Moment kommen.“

Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, als der Regisseur auch schon an die Tür klopfte und kurz darauf eintrat. Als Marco keine Anstalten machte, den Raum zu verlassen, musste Jacoba sich damit abfinden. Der Geldgeber einer Werbekampagne besaß selbstverständlich das Recht, bei Besprechungen anwesend zu sein.

So äußerlich kühl und gelassen Jacoba die Unterredung auch anging, ihre Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt. Jedes Mal, wenn der Prinz sie ansah, spielten ihre Gefühle verrückt, und ihr Verstand drohte auszusetzen.

Eine halbe Stunde später verließ Zoltan, der sich erstaunlich kooperativ gezeigt hatte, die Suite mit einem zufriedenen Lächeln. Jacoba dagegen saß auf dem Sofa und wusste nicht, ob sie erleichtert oder verärgert sein sollte.

Am nächsten Morgen um sechs Uhr sollte ein Taxi sie in das provisorische Studio bringen. Die Aufnahmen würden höchstens zwei Tage dauern, das hatte Zoltan ihr versprochen. Zum Abschied hatte er ihr dann geraten, früh ins Bett zu gehen, wobei er anzüglich gelächelt und Marco bedeutungsvoll von der Seite angeblickt hatte. Zweifellos hielt Zoltan sie für die neueste Bettgespielin des Prinzen.

Jacoba wunderte das nicht. Marco hatte sie zwar während der Besprechung weder berührt noch eine einzige persönliche Bemerkung gemacht, dennoch keine Zweifel an seinen Besitzansprüchen aufkommen lassen.

Inzwischen war sie sicher, dass ihr aus Illyria keine Gefahr mehr drohte, trotzdem hielt sie es für klüger, sich in Zukunft von Marco Considine fernzuhalten. Sie hatte Angst vor der Presse. Was würden die auf Sensationen bedachten Reporter über ihre Vergangenheit herausfinden, wenn sie ihr erst auf der Spur waren? Auf dem Totenbett hatte sie ihrer Mutter versprechen müssen, niemandem ihr Geheimnis preiszugeben, und genau das wollte sie auch tun.

„Vielen Dank für deine Mühe. Aber es wäre wirklich nicht nötig gewesen, dass du mich persönlich hierher gebracht hast.“ Jacoba stand auf.

Er erhob sich ebenfalls. „Es war das Mindeste, was ich tun konnte. Schließlich war ich es, der darauf bestanden hat, die Szenen neu zu drehen.“

„Ich weiß. Mir ist nur nicht klar, was dich an den Aufnahmen gestört hat.“

Der Prinz zog überrascht die Brauen zusammen. „Wieso wusstest du, dass ich auf einer Wiederholung der Szenen bestanden habe und nicht Zoltan?“

„Ganz einfach. Zoltan war ich von Anfang an ein Dorn im Auge, er wäre über jede Gelegenheit froh gewesen, mir meine Unfähigkeit zu beweisen, um doch noch mit einer Hollywooddiva drehen zu dürfen. Da er das nicht getan hat, muss es an den Aufnahmen von seiner Seite her nichts auszusetzen gegeben haben. Also warst du die treibende Kraft.“

Marco wünschte, sie wäre weniger scharfsinnig und eher wie andere Models, die einzig und allein ihre Karriere im Kopf hatten. Jacoba dagegen war tiefblickend und klug. Wenn sie ihn aus ihren klaren und doch so geheimnisvollen grauen Augen ansah, berührte das nicht nur seinen Körper, sondern auch seine Seele.

Das war gefährlich …

„Es hat nichts mit deiner schauspielerischen Leistung zu tun“, sagte er laut. „Die Stimmung bei den Szenen mit mir ist lediglich eine andere als bei denen mit Sean Abbott. Und wenn ich das merke, fällt es anderen auch auf.“ Das stimmte zwar, war aber längst nicht alles.

„Dies ist das erste Parfüm, das unsere Firma auf den Markt bringt – die Werbung muss ein durchschlagender Erfolg werden.“ Auch dieses Argument verschwieg etwas.

Jacoba wich seinem Blick nicht aus, obwohl man ihr die innere Anspannung anmerkte. Ihr aristokratisch schönes Gesicht wirkte stolz und verschlossen. Ihr rotes Haar glänzte im Schein der Lampe und ließ ihn an züngelnde Flammen denken. Er begehrte Jacoba so leidenschaftlich, dass es schmerzte.

„Es geht um sehr viel Geld“, fügte er unnötig hart hinzu.

„Das rechtfertigt natürlich alles.“ Sie lächelte spöttisch.

„So ist es nun einmal. Du beschäftigst ja auch eine mit allen Wassern gewaschene Agentin, um aus deiner Schönheit das größtmögliche Kapital zu schlagen.“

Statt darauf zu antworten, zuckte Jacoba lediglich die Schultern. „Wenn du mich jetzt bitte entschuldigst, ich möchte mich zurückziehen. Du hast gehört, was dein hoch bezahlter Regisseur gesagt hat.“ Sie hielt ihm die Tür auf. „Gute Nacht.“

„Schlaf gut, Jacoba.“ Er verbeugte sich kurz und verließ den Raum.

Autor

Lisa Kaye Laurel
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