Liebe - unmöglich?

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Jennys bester Freund Nick, ein echter Frauenschwarm, will heiraten. Mit Nachhilfestunden in ''Romantik'' soll sie ihm helfen, seine künftige Ehefrau zu erobern. Das tut weh - aber warum? Jenny wird doch nicht etwa eifersüchtig sein?


  • Erscheinungstag 29.11.2015
  • ISBN / Artikelnummer 9783733743802
  • Seitenanzahl 128
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Jenny Brown saß während einer kalten Samstagnacht im Februar auf der Couch im Wohnzimmer, blätterte bei einem Glas Weißwein die Fotoalben durch, was sie sich normalerweise nicht erlaubte, und versuchte sich an alles zu erinnern. An die Art, wie Andrew den Kopf zur Seite geneigt hatte, wenn er tief in Gedanken versunken gewesen war. Und daran, wie seine Augen geleuchtet hatten, wenn er sie angesehen hatte. An sein jungenhaftes Lächeln und sein ansteckendes, herzhaftes Lachen, wenn er sich über einen Witz amüsiert hatte. Sie versuchte sich an seine schlanken Hände zu erinnern und an seinen Duft …

Jenny sah vom Album hoch und schloss die Augen. Doch die Erinnerung an seine ganz besondere Duftnote war mit den Jahren immer mehr verblasst. Sie nahm einen Schluck Wein und schaute auf das Foto in dem aufgeschlagenen Album auf ihrem Schoß, das zeigte, wie Andrew und sie eng umschlungen unter einem Basketballkorb im Oki Park gestanden und fröhlich gegrinst hatten. Damals hatte keiner von ihnen beiden gewusst, welche grauenhafte Überraschung das Leben noch für sie bereithielt.

Gerade als sie mit dem Finger Andrews Gesicht auf dem Foto berührte, läutete es an der Tür, und Jenny erstarrte. Wer konnte denn das so spät noch sein? Sie sah auf die Uhr. Es war schon nach zwei. Sie legte das Album zurück auf den Stapel auf dem Couchtisch und ging durch das Esszimmer und den Flur zu der kleinen Küche. Von dort aus konnte sie zwischen den Jalousien vor dem Fenster hindurch nachsehen, wer mitten in der Nacht vor ihrer Tür stand.

Es war Nick DeSalvo, schon seit Kindertagen Andrews bester Freund, der mit gesenktem Blick dastand, die Hände in den Taschen vergraben. Er musste sie gehört haben, denn er hob den Kopf und sah sie an. „Kann ich hereinkommen?“

Sie eilte aus der Küche zu dem kleinen Foyer neben dem selten genutzten großen Wohnzimmer und machte ihm die Tür auf. „Nick. Was ist los? Alles in Ordnung?“

Er antwortete nicht, sondern schien die Schuhspitzen seiner teuer aussehenden Stiefel zu studieren.

Jenny, die in den dünnen Leggings und den Wollsocken fror, schlang die Arme um sich. „Nick?“

„Sasha hat mich verlassen“, sagte er endlich zu seinen Stiefeln. „Letzte Woche noch hatte sie beteuert, dass sie mich liebt. Gestern hatten wir einen heftigen Streit. Und als ich heute nach Hause gekommen bin, habe ich das hier gefunden.“ Jetzt hob er den Blick und seine dunklen Augen hatten einen ungewohnt düsteren Ausdruck. „Hier. Sieh dir das an.“ Er streckte ihr ein zerknittertes Stück Papier hin.

Jenny nahm das Papier und las unter der Lampe auf der Veranda.

Es ist vorbei, Nick. Versuch nicht mehr, Kontakt zu mir aufzunehmen. Adieu.

Jenny gab Nick die Notiz zurück. „Was soll das heißen? Was ist vorbei?“

Nick seufzte schwer und schüttelte den Kopf. „Sie hat das Papier zusammen mit meinen Hausschlüsseln, die ich ihr gegeben hatte, auf das Kopfkissen gelegt.“ Er steckte die Notiz wieder in die Hosentasche.

Jenny schlang wegen der Kälte wieder die Arme um sich und wartete, dass Nick fortfuhr. Aber er starrte sie nur stumm an. „Nick, warum kommst du nicht herein?“

Jetzt lächelte er auf eine Art, die alle Frauen verrückt machte. „Ich dachte schon, du würdest mich das nie fragen.“

Jenny nahm ihn einfach am Ärmel und zog ihn über die Türschwelle. Und während sie die Tür wieder verriegelte, nahm er schon Kurs auf das Wohnzimmer. Als sie einen Moment später dazukam, saß er bereits auf der Couch. Sie blieb zunächst stehen, um ihren Pflichten als Gastgeberin nachzukommen. „Na, komm schon. Zieh deinen Mantel aus.“

Er stand kurz auf, schälte sich aus dem Mantel und warf ihn auf die Lehne des Sessels neben dem Fernseher. Dann ließ er sich wieder auf die Couch fallen.

„Willst du etwas trinken?“

Nick fuhr sich mit beiden Händen durch die dichten schwarzen Haare, die er immer so kurz trug, dass weder ein Kamm noch seine raufenden Hände der Frisur etwas anhaben konnten.

„Möchtest du einen Drink?“, fragte sie erneut.

Er schien sich zu schütteln. „Das habe ich schon versucht. Es hat nicht geholfen.“

Nun ließ sich Jenny auf dem anderen Ende der Couch nieder. „Okay, dann erzähl mir alles.“

Nick sah sich um und runzelte die Stirn. „Polly ist im Bett, hm?“

Jenny legte die Beine neben sich auf die Couch und zog sich das Sweatshirt über die Knie. „Nick, es ist zwei Uhr nachts.“

Einen Moment lang sah er enttäuscht aus. Er war von Jennys dreizehn Jahre alter Tochter entzückt. Aber dann zuckte er die Achseln. „Richtig. Um die Zeit sollte das Kind im Bett sein.“

„Genau.“

„Ach, Jenny. Ich weiß, dass ich dich nicht hätte stören sollen. Aber nachdem ich ausgegangen war und versucht hatte, mich zu betrinken, habe ich gemerkt, dass ich einen Freund zum Reden brauche.“

„Es ist okay.“

Und außerdem hätte ich sonst nach Hause gehen müssen. Und weißt du was?“

„Was?“

„Mir ist heute Nacht noch etwas klar geworden. Ich hasse mein Haus.“

Jenny nickte verständnisvoll. Nicks Haus war neu, groß und teuer. Er hatte es von seinem eigenen Bauunternehmen bauen und von einem bekannten Innenarchitekten einrichten lassen. Und nun entsprach es ganz dem öffentlichen Image des überaus erfolgreichen Selfmademannes und Junggesellen Nick DeSalvo, der es zum angesehenen Bauunternehmer gebracht hatte. Fünftausend Quadratmeter Stahl und Glas, die mit teuren Designermöbeln bestückt und ihrer Meinung nach ganz und gar nicht behaglich waren.

Nick sah sie an und bemerkte, dass sie Leggings und ein Sweatshirt trug. „Du warst doch nicht etwa schon im Bett, oder?“ Sein Blick blieb an dem Stapel Fotoalben auf dem Couchtisch hängen, neben dem das fast leere Weinglas stand. Nun verstand er. „Andy, hm?“

Jenny zwang sich zu einem schwachen Lächeln. „Noch fünf Stunden, dann ist es genau vier Jahre her. Es war der 23. Februar gewesen. Andrew war um kurz vor sieben aufgestanden, um der Familie zum Frühstück ein halbes Dutzend seiner geliebten Krapfen bei Bäcker Folsom zu holen. Er hatte sich noch einmal über die verschlafene Jenny gebeugt und ihr einen letzten Kuss gegeben. „Mach schon einmal den Kaffee.“ Und damit war er für immer gegangen.

Nick breitete seine Arme aus. „Komm her.“ Mit einem kleinen, leidvollen Seufzer rutschte Jenny zu ihm hinüber, und er umarmte sie. Es tat ihr gut, sich an ihn zu lehnen und sein Herz schlagen zu hören.

„Ich habe heute Nacht auch an Andy gedacht“, flüsterte Nick an ihrem Haar.

Sie erlaubte es sich, sich ein bisschen enger an ihn zu schmiegen. Nick hatte so starke Arme und eine solch breite Brust. Immer, wenn er sie in die Arme nahm, fühlte sie sich sicher. „Wirklich?“

„Ja. Ich vermisse ihn noch immer.“ Er strich ihr sanft über den Rücken. „Und ich hätte nicht hier auftauchen, sondern dich allein lassen sollen.“

„Das stimmt nicht.“ Sie löste sich aus seinen tröstenden Armen und setzte sich wieder auf ihren Platz am anderen Ende der Couch. „Dafür sind Freunde doch da, dass man zu ihnen kommen kann, wenn man sie braucht. Außerdem war ich allein hier vor den alten Fotos wohl in Gefahr, etwas weinerlich zu werden und mir selbst leidzutun.“ Sie setzte sich wieder bequem hin und zog sich das Sweatshirt über die Knie. „So, und jetzt lass uns über dich reden.“

„Jenny …“

„Nein.“ Sie berührte seine Hand, die ausgestreckt auf der Couchlehne lag. „Das meine ich so. Erzähl mir etwas über diese Sasha.“

Offensichtlich verwirrt zog er die Augenbrauen zusammen. „Kennst du sie nicht? Ich dachte, du wärst ihr begegnet.“

„Nein. Wie lange kennst du sie schon?“

„Seit drei Wochen.“

„Wir haben uns seit einem Monat nicht gesehen. Ende Januar hast du Polly mit zu einem Basketballspiel nach San Francisco genommen, erinnerst du dich?“

„Richtig“, erwiderte er. „Die Bulls spielten gegen die Warriors. Die Bulls mit Michael Jordan, dem Giganten. Jedes Kind würde sich glücklich schätzen, diesen Sportler noch live gesehen zu haben. Aber Polly gähnte. Es ist nicht zu fassen. Andys Kind gähnt, wenn die Bulls spielen.“

„Polly hat andere Interessen“, erinnerte ihn Jenny sanft.

„Ja, ich weiß. Emily Dickerson. Ich habe alles über sie erfahren.“

„Dickinson heißt die Dichterin.“

„Wie auch immer.“ Er machte eine Pause und seufzte tief. „Nun, dann also zu Sasha. Sie war perfekt.“

In Jennys Glas war noch ein letzter Schluck Wein. Sie nahm das Glas und trank es leer. „Perfekt wofür?“

„Für mich. Um meine Frau zu werden.“

„Deine Frau?“, fragte Jenny total erstaunt. „Seit wann denkst du denn ans Heiraten?“

Nick rückte unbehaglich nach vorn und stützte dann die Ellbogen auf die Beine. „Seit Kurzem. Seit ich denke, dass mir etwas fehlt.“ Er warf ihr von der Seite einen Blick zu. „Du musst mich gar nicht so ansehen.“

„Aber Nick …“

„Aber was?“ Er reckte in Verteidigungshaltung das Kinn.

Sie antwortete immer noch nicht, weil sie sich Nicks bisherige Kommentare über Frauen und die Ehe ins Gedächtnis rief. Etwa, dass es zu viele schöne Frauen gäbe, um sich an eine zu binden. Oder dass die Liebe ein Kind der Freiheit sei.

„Ich will heiraten, verdammt.“ Nun klang er fast trotzig. Er setzte sich aufrecht hin und funkelte sie wütend an.

Jenny hob beide Hände. „Okay, okay. Du willst also heiraten. Und warum gerade Sasha?“

„Weil sie die Frau ist, auf die ich mein ganzes Leben lang gewartet habe.“ Er sank wieder tief in die Kissen und sah mürrisch auf seine Beine. „Ich bin mit ihr in die verdammte Oper gegangen, Jenny. So ernst war es.“

„Ich bin wirklich beeindruckt.“

Er drehte sich zu ihr. „Ich mag ein verbohrter Holzkopf sein, aber ich merke, wenn etwas sarkastisch gemeint ist.“

„Moment mal. Habe ich dich so genannt?“

„Nein, du warst sarkastisch. Sasha war diejenige, die mich als verbohrten Holzkopf bezeichnet hat.“

„Aber warum? Hat sie nicht gesagt, dass sie dich liebt?“

„Hat sie, aber sie war frustriert. Weil sie mich nicht lieben will.“

„Warum nicht?“

„Weil sie heiraten will.“

„Wo ist das Problem? Du hast doch gerade gesagt, dass du ebenfalls heiraten willst.“

„Richtig. Wir wollen beide heiraten. Aber sie denkt, dass ich einen lausigen Ehemann abgeben würde. Sie sagt, ich sei unsensibel. Dass ich in schlechten Zeiten nicht für sie da sein würde, weil ich nicht in Berührung mit meiner weiblichen Seite und meinem inneren Kind sei. Dass ich keinen Sinn für Romantik hätte. Sie meinte auch, dass wir keine gemeinsamen Interessen hätten und wieder geschieden werden würden, wenn die erste Leidenschaft verflogen ist.“

Jenny verwarf den Gedanken, der Sache mit der Leidenschaft auf den Grund zu gehen. „Was sind denn neben der Oper Sashas Interessen?“, fragte sie kühl.

„Nun.“ Nick dachte darüber nach, bevor er schließlich antwortete. „Sie hat eine Katze, nach der sie ganz verrückt ist. Und sie hat viele Bücher. Sie liest gern.“ Er betrachtete die zwei großen Bücherregale neben der Schiebetür aus Glas. „Da ist sie wie Polly und du. Und sie beschäftigt sich mit Kunst und Spinnern. Sie will Kunsttherapeutin werden. Das ist jemand, der die Leute Bilder malen lässt, um an deren Problemen zu arbeiten.“

Das passt ja wieder wie die Faust aufs Auge, dachte Jenny. Genau wie die feministische Performance-Künstlerin, Eleanora Mandeath, mit der er sich einen Monat lang getroffen hatte. Und Betsy Faith, die manisch-depressive Pianistin, die drei Wochen lang seine Flamme gewesen war. „Wo hast du Sasha denn eigentlich kennengelernt?“

Er sah in die andere Richtung. „Im ‚Nine-Seventeen Club‘“, murmelte er und schaute sie dann wieder fast herausfordernd an, weil ihm klar war, dass die bekannteste Bar für Singles in Sacramento nicht gerade als der Ort galt, wo man die wahre Liebe fand. „Ich weiß, ich weiß. Die Bar ist ein typischer Aufreißerschuppen. Aber Sasha war einsam. Und ich war es auch. Und wir haben uns gefunden.“ Er ließ wieder den Kopf hängen. „Und jetzt habe ich sie verloren.“

Jenny hatte ernstliche Zweifel an alledem. Aber ihr Freund machte einen so jämmerlichen Eindruck, dass sie Mitgefühl hatte. „Oh. Nick. Es tut mir so leid.“

Er seufzte nur.

Sie beschloss, ihn irgendwie aufzuheitern. „Nun, komm schon. Du wirst eine andere finden. Das tust du immer.“

„Er hob den Kopf und sah ihr in die Augen. „Nein. Darum geht es nicht. Ich will gar keine andere.“

„Natürlich nicht, aber …“

Nick sprang auf und stellte sich vor sie. „Ich habe mit nichts angefangen, Jenny, und bin jetzt ein sehr erfolgreicher Mann. Aber da gibt es eine Leere. Das Leben als Single ist einfach nichts mehr für mich.“ Sie starrte ihn schweigend an. Und er starrte erwartungsvoll zurück. Als sie kein Wort dazu sagte, erklärte er: „Ich gebe es zu, ich will eine Frau und Kinder.“

Jenny zog das Sweatshirt noch weiter über die Knie und sagte das Einzige, was ihr einfiel. „Okay.“

„Nein“, widersprach Nick. „Nein, Jenny, es ist nicht okay. Überhaupt nicht. Verdammt, Jenny, kapierst du nicht? Es muss die richtige Frau sein. Sensibel, klug, gebildet. Mit einem Wort: Sasha.“

„Oh. Verstehe.“

„Sasha“, wiederholte er mit großer Leidenschaft und begann vor dem Couchtisch auf und ab zu gehen. „Jenny, sie ist die Frau, mit der ich mein Leben verbringen will. Und heute Nacht, nachdem ich mit dem Trinken aufgehört hatte, fing ich an, wirklich nachzudenken.“ Er blieb stehen und drehte sich wieder zu Jenny um.

Sie konnte sehen, dass er erwartete, dass sie ein paar ermunternde Worte sagen würde. Also tat sie es. „Gut für dich.“

Er nickte. „Ich dachte daran, wie sehr ich mein Haus hasse, und wie sehr ich es brauche, mit dir zu reden. Und ich habe eingesehen, dass ich mich ändern muss. Ich muss einfühlsam und romantisch werden. Ich muss ein Mann werden, dem Sasha stolz ihr Jawort geben kann. Verstehst du, was ich versuche, dir zu sagen, Jenny?“

„Sicher. Aber Nick …“

„Was?“ Er ließ sich wieder auf die Couch fallen. „Na los, sag es.“

„Nun, du kannst nicht jemand werden, der du nicht bist.“

Jetzt sah er wirklich betroffen aus. „Also, denkst du auch, dass ich ein unsensibler Holzkopf bin, hm?“

„Oh, hör damit auf.“ Jenny winkte ab. „Natürlich denke ich das nicht. Ich meinte nur, dass ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, wie du auf Dauer mit der Frau, die du gerade beschrieben hast, zusammenleben willst. Aber ich weiß, du hast ein gutes Herz. Und du hast dich Polly und mir gegenüber immer ganz wundervoll verhalten.“ Und das hatte er wirklich. Nur ganz wenige Frauen hatten das Glück, einen Freund wie ihn zu finden. Er hatte ihr nicht nur bei der Beerdigung, sondern auch bei der Gerichtsverhandlung zur Seite gestanden, bei der Andrews Mörder schließlich zu lebenslänglicher Haft verurteilt worden war. Und auch danach war er immer zur Stelle gewesen, wenn sie ihn gebraucht hatte. Er war derjenige, den sie zuerst anrief, wenn die Waschmaschine oder der Herd streikte. Er nahm Polly zu Basketballspielen mit, weil er es wichtig fand, dass Andrews Tochter die Dinge schätzen lernte, die ihr Vater geliebt hatte.

Nick beobachtete sie und schien ihre Gedanken zu erraten, denn er setzte jetzt sein charmantestes Lächeln auf. „Du bist mir etwas schuldig. Richtig?“

Sie wusste, dass er etwas im Schilde führte. Er war nicht um zwei Uhr nachts zu ihr nach Haus gekommen, nur um sich bei ihr auszuweinen. „Ich kenne dieses Grinsen.“ Sie verschränkte die Arme. „Und ich mag es nicht.“

Er rutschte näher an sie heran. „Ich habe gerade daran gedacht, wie du alles wiedergutmachen kannst. Und das willst du doch, oder?“

„Ja, natürlich. Du weißt, dass ich alles für dich tun würde, aber …“

„Alles?“ Seine dunklen Augen glitzerten.

Jenny sah ihn an und empfand eine ungeheure Wärme und Zuneigung für ihn. Und sie wusste, dass er auf etwas fast Unmögliches aus war. „Nick, lass gut sein.“

„Hör mir doch einfach zu. Du hast mich ja noch nicht einmal sagen lassen, was es ist.“ Er sprang wieder hoch und gestikulierte aufgeregt mit den Händen. „Ich weiß, was ich brauche und was gefordert ist, Jenny. Und ich weiß, dass du es mir geben kannst. Ich meine, du bist meine Freundin, also kennst du mich am besten und weißt, wo am meisten getan werden muss. Und du bist eine Frau, und daher eine Expertin darin, was ich zu lernen habe. Und außerdem bist du auch noch Lehrerin. Und wenn du Viertklässlern etwas beibringen kannst, dann kannst du auch mir etwas beibringen.“

„Dir was beibringen?“

„Na, wie man einfühlsam und verständnisvoll wird. Wie man eine wirkliche Beziehung zu einer Frau eingeht. Wie ich in Berührung mit meiner weiblichen Seite und meinem inneren Kind komme. Wie ich …“

Jenny schüttelte den Kopf. „Nein, Nick.“

Aber er nickte. „Ja, Jenny. Das ist es, was ich von dir will. Auf diese Weise könntest du mir etwas zurückgeben. Denn ich habe herausgefunden, was nicht mit mir stimmt. Und nun muss ich trainiert werden.“

2. KAPITEL

Jenny sträubte sich so sehr, wie Nick es erwartet hatte. Abwehrend verschränkte sie die Arme vor der Brust und stöhnte. „Ich soll was tun? Dich trainieren?“

Nick ließ sich von ihrem Widerstand nicht irritieren. Er kam sogar noch näher, beugte sich über sie und dachte, dass er sie vielleicht mit seiner Begeisterung anstecken könnte. „Ja, unterrichte mich. Mach mich zu der Art Mann, die Sasha gern als Ehemann haben würde.“

Jenny sah ihn mit ihren schönen blauen Augen gespielt wütend an. „Nick, geh zurück auf deine Seite der Couch. Und das sofort.“

Er blieb noch einige Sekunden dicht vor ihrer Nase stehen, einfach weil es ihm so einen Spaß machte. Dann trat er den Rückzug an. Sicher, Jenny.“

Sie schwieg. Er warf ihr einen Blick zu, und sie sah verstohlen zu ihm hin und versuchte herauszufinden, wie sie ihn am besten von seinem Plan abbringen könnte. Schließlich sagte sie: „Das ist wirklich überhaupt keine gute Idee, Nick.“

„Doch, ist es.“

„Nick, ich habe keine Ahnung, wie ich dir deine Bitte erfüllen könnte. Du bist ein erwachsener Mann. Die Zeit, wo du in irgendeiner Sache unterrichtet worden bist, liegt lange hinter dir.“

„Nein, das stimmt nicht. Ich bin erst dreiunddreißig. Ich kann immer noch etwas dazulernen. Gerade erst letztes Jahr habe ich doch diese Computerschulung mitgemacht, weißt du noch? Und habe mit der Bestnote abgeschlossen.“

„Das ist nicht dasselbe, Nick.“

„Warum nicht?“

„Oh, Nick.“ Sie seufzte.

„Da.“ Er schnalzte mit dem Finger und zeigte auf sie. „Das ist es.“

„Das ist was?“

„Wie du ‚oh, Nick‘ gesagt und dann geseufzt hast. Ich weiß, das sollte etwas bedeuten. Und wenn ich etwas besser im Training wäre, wüsste ich auch was. Ich könnte einfühlsam und verständnisvoll sein. Ich könnte so auf dich eingehen, wie du es brauchst.“

Ihr Gesichtsausdruck verriet deutlich, dass sie ihm das nicht abkaufte. „Ich kann mich nicht beschweren, Nick. Auf mich gehst du wunderbar ein.“

Sie konnte manchmal so verdammt stur sein. „Jenny, ich rede nicht speziell von dir, sondern von Frauen. Ich rede von Sasha.“

„Dann ist es auch Sasha, mit der du darüber sprechen solltest.“

„Du hast doch die Nachricht gelesen. Wie kann ich mit Sasha reden, wenn sie mich nicht mehr sehen will?“

Jenny sah ihn nur einigermaßen argwöhnisch an. Dann stand sie auf und griff nach den Fotoalben. Nick wusste, was jetzt kommen würde. Nachdem sie die Alben weggeräumt hätte, würde sie ihn hinaus in die kalte, dunkle Nacht scheuchen. Sie packte die Alben in das Schrankfach unter dem Bücherregal, kam zurück zum Tisch, nahm ihr Weinglas und drehte sich um, um sich auf den Weg zur Küche zu machen.

Er beschloss, sie jetzt mit Bitten zu erweichen. „Jenny, bitte. Ich bin bereit, mich zu ändern. Und du kannst mir dabei helfen.“

Sie blieb kurz stehen. „Wenn du dich wirklich ändern willst, wirst du es auch.“

Nick gab sich alle Mühe, bemitleidenswert auszusehen. „Ach, Jenny.“

Instinktiv gab sie zumindest ein bisschen nach. „Schau mal, ich werde darüber nachdenken, okay? Vielleicht kann ich dir ein paar Selbsthilfebücher oder so etwas empfehlen. Und vielleicht eine Art Therapiegruppe auftun, zu der du gehen kannst.“

Er schluckte. „Therapie? Denkst du, ich brauche einen Psychiater?“

Sie ging weiter in Richtung Küche, drehte sich dann aber wieder zu ihm um. „Nick, hör auf damit. Ich glaube nicht, dass du irgendetwas brauchst, sondern völlig okay bist.“

Er fühlte sich sofort besser. „Wirklich?“

„Ja. Ich denke, dass du ein äußerst fähiger, zielstrebiger Mann bist. Und wenn du dich dafür entscheidest, eine Frau haben zu wollen, wirst du eine finden. Du solltest dir nur ein wenig Zeit lassen – und vielleicht in einer anderen Lokalität suchen. Denn eine Frau, die in den ‚Nine-Seventeen Club‘ geht, sucht wahrscheinlich nicht nach einem Mann fürs Leben.“

Die Bemerkung machte ihm ein bisschen zu schaffen. „Ich habe dir gesagt, dass ich dorthin gegangen bin, weil ich einsam war“, verteidigte er sich. „Und Sasha war …“

„Ich weiß schon, Sasha war auch einsam. Nick, es ist ja auch nichts gegen Single-Bars einzuwenden. Ich habe dir nur vorgeschlagen, woanders nach einer Ehefrau zu suchen.“ Da ihm darauf so schnell keine Erwiderung einfiel, machte sie schnell kehrt und ergriff die Flucht. Er konnte hören, wie sie hinter der Küchentheke ihr Glas ausspülte und wegstellte. Dann kam sie zurück. „Nick, es ist spät.“

Er dachte an sein großes, leeres, unbehagliches Haus und starrte sie jetzt wieder mit diesem Mitleid heischenden Gesichtsausdruck an. „Schick mich nicht zurück in dieses Haus. Ich ertrage das einfach heute Nacht nicht. Und morgen ist Sonntag, Jenny. Sonntagmorgen allein in diesem Haus aufzuwachen ist ganz schlimm.“

„Vielleicht solltest du umziehen.“

„Vielleicht sollte ich das. Aber das wird mir heute Nacht nicht helfen.“

Sie presste die Lippen zusammen und sah genau wie die Lehrerin aus, die sie ja war. Er überlegte, wie es wohl wäre, einer ihrer Schüler zu sein. Sie wäre sicher streng, hätte aber bestimmt auch ein Herz für die Problemfälle.

„Nur eine Decke und ein Kissen“, beschwatzte er sie. „Ich werde mich einfach auf die Couch legen.“

Sie schüttelte den Kopf, drehte sich um und ging den Flur hinunter, um einen Moment später mit einer weichen Decke und einem Kissen zurückzukehren.

Er fing das Bettzeug auf, das sie ihm zuwarf. „Danke, Jenny.“

„Polly wird wahrscheinlich schon früh auf sein.“

„Gut, dann werde ich sie noch sehen, bevor ich gehe.“

Jenny schlang unschlüssig die Arme um ihre Taille. „Nick, ich wünschte mir, du würdest etwas wollen, wobei ich dir wirklich helfen könnte. Denn du bist ganz ehrlich der beste Freund, den eine Frau haben kann.“

„So, so.“ Er zwinkerte ihr zu. „Vielleicht gibt es ja noch Hoffnung für mich.“

Sie lächelte. „Oh, das denke ich ganz bestimmt. Ich glaube, egal, was du willst, du findest einen Weg, es letztendlich auch zu bekommen. Und wenn Sasha die Richtige für dich ist, sollte sie besser schnell sofort zur Vernunft kommen und merken, wie glücklich sie sich schätzen kann.“

Autor

Christine Rimmer
Christine Rimmers Romances sind für ihre liebenswerten, manchmal recht unkonventionellen Hauptfiguren und die spannungsgeladene Atmosphäre bekannt, die dafür sorgen, dass man ihre Bücher nicht aus der Hand legen kann. Ihr erster Liebesroman wurde 1987 veröffentlicht, und seitdem sind 35 weitere zeitgenössische Romances erschienen, die regelmäßig auf den amerikanischen Bestsellerlisten landen....
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