Mein Hauptgewinn bist du!

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

"Ich bin nicht käuflich!", empört sich Cara. Was bildet sich der gut aussehende Milliardär Jack Wolfe ein? Sie arbeitet als Croupier im Casino von Nizza, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen - und nicht, um sich am Spieltisch einen reichen Mann zu angeln! Außerdem hat sie sich geschworen, nie mehr auf ein attraktives Gesicht und ein verführerisches Lächeln hereinzufallen. Und Jack hat beides. Plus diese Anziehungskraft, der sie nur schwer widerstehen kann. Doch als sie kurz darauf vor ihrem brutalen Boss fliehen muss, ist ein Rendezvous mit Jack ihre einzige Rettung …


  • Erscheinungstag 21.07.2012
  • Bandnummer 2036
  • ISBN / Artikelnummer 9783864942532
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Cara Taylor wischte die feuchten Hände an ihrem engen Satinrock ab und hoffte inständig, keine sichtbaren Spuren zu hinterlassen.

Heute war die Nacht der Nächte! Zumindest die wichtigste in ihrer Karriere als Croupière, und gerade hatte sie einen Schlag einstecken müssen, von dem sie sich nicht so leicht erholen würde – wenn überhaupt.

Bobby verlangte von ihr, dass sie das Spiel manipulierte! Cara holte tief Luft und stählte sich innerlich. Sie konnte es tun. Sie musste es tun!

In wenigen Minuten würden einige der wohlhabendsten und bedeutendsten Männer der Welt an ihrem Tisch sitzen. Obwohl sie Gästen wie ihnen ihren Job verdankte, verabscheute Cara diese Glücksritter. Sie riskierten Millionen von Dollar am Spieltisch, einfach nur, um zu gewinnen oder zu verlieren. Für sie war es nicht mehr als ein Zeitvertreib, bestenfalls ein Nervenkitzel.

Spielte es da überhaupt eine Rolle, ob sie ihnen heute Abend als Fortuna oder als Nemesis, die Göttin der Vergeltung, begegnete? Niemand von ihnen würde arm sein, wenn er nach Hause ging. Und genauso wenig könnte sich auch nur einer von ihnen vorstellen, wie es war, alles zu verlieren und täglich ums nackte Überleben kämpfen zu müssen.

Cara hingegen kannte das nur zu gut.

Verbissen kämpfte sie darum, ihre Familie über Wasser zu halten, seit der Hurrikan Katrina vor fünf Jahren New Orleans zerstört und ihr Heim dem Erdboden gleichgemacht hatte. Und nicht nur das. Nebenbei hatte Katrina auch die obskuren Schleier um die dunklen Geheimnisse ihres Vaters gelüftet. Nach der Aufdeckung seiner Untreue und dem Zusammenbruch ihrer Mutter hatte Cara als älteste Tochter die Regie übernehmen müssen.

Sie hatte es geschafft, aber es kostete sie unendlich viel Zeit und Anstrengungen, ganz abgesehen von ihren eigenen Träumen, die sie begraben musste. Und heute bot sich ihr die Chance, die drückendsten finanziellen Probleme auf einen Schlag zu beseitigen. Ihre Mutter könnte den Hauskredit tilgen und die horrenden Beiträge zahlen, die die Versicherungsgesellschaften seit dem Hurrikan verlangten. Denn wegziehen wollte sie auf keinen Fall.

Trotz ihrer Frustration konnte Cara ihre Mutter verstehen. New Orleans bedeutete für sie Heimat. Ihre Mutter war hier geboren und aufgewachsen. Und wie es aussah, fühlte Caras Schwester Evie genauso wie sie.

Wenn Evie ihrer Mutter und ihrem kleinen Bruder Remy nicht zur Seite stehen würde, könnte sie hier nicht das Geld für ihre Familie verdienen. Und mit dem großzügigen Bonus, den Bobby ihr für die Anwesenheit zur Eröffnung des neuen Kasinos nach Nizza in Aussicht gestellt hatte, konnte Remy auch endlich die Spezialpflege bekommen, die er so dringend benötigte. Damit wären alle Ziele erreicht, die Cara sich gesteckt hatte, nachdem sie ihr Zuhause verlassen hatte.

Aber dazu musste sie vorher diesen Abend überstehen.

„Dir ist also klar, was du zu tun hast?“, fragte eine ölige Stimme hinter ihr.

Cara wandte sich betont langsam um und hoffte inständig, dass Ekel und Widerstand sich nicht zu erkennbar auf ihrer Miene abzeichneten. „Selbstverständlich“, erwiderte sie.

Bobby Gold grinste konspirativ und gab ihr einen Klaps auf den Po. Und Cara musste an sich halten, um ihm keine schallende Ohrfeige zu verpassen. Sie hatte ihren Boss nie leiden können, aber er war der absolute Spielbankkönig von Vegas. Und offenbar ebenso in Übersee, wie das prunkvolle Kasino eindrucksvoll bewies, das er gerade erst in einem alten Palais im Herzen von Nizza etabliert hatte.

Als Croupière angefangen hatte Cara bei einem von Bobbys Konkurrenten – oder besser Rivalen, wie er es selbst formulierte. Es dauerte nicht lange, bis Bobby sie entdeckte. Er erkannte ihre Qualitäten und warb sie ohne Skrupel ab, indem er ihr eine Summe bot, die Cara in ihrer Notsituation unmöglich ablehnen konnte.

Und bis auf die wenigen Momente, in denen ihr Boss zu schleimig oder anhänglich wurde, hatte sie bisher keinen ernsthaften Grund gehabt, ihre Entscheidung zu bedauern.

Bis heute …

Bobbys Grinsen wurde breiter, und Cara sah einen Goldzahn aufblitzen. Sie wusste nicht, ob der Zahn nur eine affige Attitüde war oder ein notwendiger zahnärztlicher Eingriff dahinterstand. In jedem Fall ekelte sie sich vor ihm.

„Mach die Spieler glücklich, Cara. Setz deine fantastischen Brüste ein, um sie zu blenden. Und halt immer ein Auge auf den Mann, den ich dir noch zeigen werde. Wenn die Einsätze hoch genug sind, wird er dir das verabredete Signal geben.“

Caras Wangen brannten. Ob das an Bobbys Vorschlag lag, die Gäste mit ihrer zugegebenermaßen üppigen Oberweite zu beeindrucken, oder an seiner dreisten Forderung, ihre moralischen Grundsätze zu vergessen, vermochte sie nicht zu sagen. Wahrscheinlich war es ein bisschen von beidem.

Das Wort Betrug gehörte einfach nicht zu ihrem Vokabular. Besonders nach der Katastrophe, die ihr Vater angerichtet hatte. Ehebruch war nur eine Variante von Betrug, aber das Resultat blieb das gleiche. Es war einfach falsch.

Und sie eignete sich nicht als Betrügerin, zumindest nicht vor heute Abend …

Wieder wischte sie sich nervös die feuchten Finger am Rock ab. Am liebsten hätte sie das enge Teil noch ein Stück heruntergezogen, doch das wagte sie nicht, da Bobby sie keine Sekunde aus den Augen ließ. Normalerweise bestand ihre Arbeitskleidung aus einem schlichten, langen Rock zur hochgeschlossenen weißen Bluse mit kleiner schwarzer Fliege. Doch für heute Abend hatte ihr Boss auf einer neuen Uniform bestanden: ein schwarzer Satin-Minirock zum purpurfarbenen Seidenoberteil mit tiefem V-Ausschnitt. Die Fliege war geblieben. Doch heute trug Cara sie auf nackter Haut um den schlanken Hals.

Halte nur den einen Abend durch, Mädchen! Dann fliegst du zurück nach Hause und musst Bobby Gold nie wiedersehen!

Unversehens keimte so etwas wie Enttäuschung in ihr darüber auf, Nizza verlassen zu müssen, ohne die Gelegenheit gehabt zu haben, diese wundervolle Stadt an der berühmten Côte d’Azur auf eigene Faust zu erkunden.

„Ich werde tun, was ich kann, Boss …“, murmelte sie.

Augenblicklich wurde Bobbys joviale Miene hart wie Granit und sein Blick eiskalt. Cara sah ihn nicht zum ersten Mal so, und wie immer lief ihr auch jetzt ein eisiger Schauer über den Rücken.

„Ich würde nur ungern zu härteren Argumenten greifen müssen, die deine Schönheit und körperliche Unversehrtheit ernsthaft in Gefahr bringen könnten.“

Seine Stimme war seidenweich, doch Cara hegte nicht den leisesten Zweifel daran, dass er seine Drohung wahr machen würde, wenn sie versagte. Bevor sie antworten konnte, wandte er sich abrupt um und verschwand in Richtung Bar.

Cara holte tief Luft und stieß sie langsam und zischend wieder aus. Sie wollte gerade an den Spieltisch zurückkehren, als sich der schwarze Vorhang zu dem luxuriösen Privatraum teilte. Ein breitschultriger blonder Mann trat ein und steuerte sofort auf den Tresen der Bar zu. Als er einen Drink bestellte, erkannte sie an seinem Akzent, dass er Deutscher war. Graf von Hofstein also.

In den nächsten Minuten betraten noch weitere Spieler das Separee, das Bobby extra für dieses Spiel reserviert hatte. Ein fetter Scheich in Landestracht und mit einem riesigen Rubinring an der fleischigen Hand gesellte sich zu dem deutschen Adeligen. Ein hochgewachsener, attraktiver Afrikaner mit ebenholzfarbenem Teint hielt bereits nach einem guten Platz am Tisch Ausschau.

Nach und nach wurden auch die anderen Plätze besetzt. Die Männer verhielten sich ruhig und konzentrierten sich wahrscheinlich bereits auf das bevorstehende Spiel. Als nur noch ein Stuhl frei war, teilte sich der Vorhang erneut, und der letzte Gast trat ein.

Augenblicklich schnellte Caras Puls in die Höhe. Der Mann war groß, schlank und trug einen maßgeschneiderten Smoking. Sein Haar war sehr dunkel, und die Augen leuchteten in dem ungewöhnlichsten Silbergrau, das sie je gesehen hatte. Mit der harten Kinnlinie und dem großzügigen Mund, in dessen Winkeln sie einen grausamen Zug entdeckte, gab er das eindrucksvolle Bild eines arroganten Tycoons ab, der sich um nichts und niemanden scherte.

Schaudernd fühlte Cara, wie ihr Blut heiß und drängend durch ihre Adern floss. Noch nie zuvor hatte ein Mann eine ähnliche Reaktion in ihr wachgerufen. Wenn sie an ihren Ex in Las Vegas zurückdachte, konnte sie sich nicht daran erinnern, dass ihr Herz jemals dermaßen geklopft hätte, wenn James einen Raum betrat.

Der kühle, distanzierte Gesichtsausdruck des neuen Gasts schien sich noch zu verhärten, als sich ihre Blicke kreuzten. Rasch schaute Cara zur Seite und ermahnte sich, nicht zu starren.

Na großartig! dachte sie. Bestimmt hält er mich für eine dieser Kasino-Hyänen, die nur in der Spielbank arbeiten, um sich einen reichen Mann zu angeln!

Damit wäre er beileibe nicht der erste, der sie auf diese Weise verkannte. Aber bisher hatte es ihr keine Schwierigkeiten bereitet, übereifrige Bewunderer mit falschen Ambitionen in ihre Schranken zu weisen. Mit der Zeit hatte sie darin sogar eine beachtenswerte Routine erlangt.

Als sie eine Hand auf ihrem Unterarm spürte, fuhr Cara nervös zusammen. Bobby, zog sie ein Stück vom Tisch weg. Sie befreite sich aus seinem Griff und kreuzte defensiv die Arme vor der Brust. Wie sehr sie es hasste, wenn ihr Boss sie auf diese Art von Kopf bis Fuß taxierte. Und noch mehr hasste sie sein fettes Grinsen, mit dem er ihr zeigte, was für einen Spaß es ihm machte, sie zu verunsichern.

„Komm nicht auf falsche Ideen, Cara“, warnte er sie noch einmal. „Der versprochene Bonus wird deiner Mutter und deinen Geschwistern eine lange, sorgenfreie Zeit bescheren, also vergiss nicht, was du zu tun hast.“ Er kam näher und strich wie zufällig über ihren Arm. „Der Mann mit der roten Krawatte ist Brubaker. Wenn die Zeit reif ist, schanz ihm das Spiel zu, den Rest übernimmt er.“

„Ja, Boss“, erwiderte sie so gleichmütig wie möglich, kehrte an ihren Tisch zurück und öffnete das versiegelte Kartenspiel. Nachdem sie die Regeln bekannt gegeben hatte, mischte Cara die Karten und legte sie dem Spieler zu ihrer Rechten vor, der noch einmal abhob und sie ihr dann zurückschob. Daraufhin teilte sie die Karten aus.

Der Mann mit den silbergrauen Augen saß ihr direkt gegenüber. Er nahm seine Karten vom Tisch auf und zeigte nicht den Hauch einer Emotion, während er sie betrachtete. Da war nichts, kein Wimpernzucken, kein Muskel, der sich in seinem markanten Gesicht regte. Kein Hinweis, ob er zufrieden oder irritiert war, als er sie wieder auf dem Tisch ablegte.

Während ihrer Zeit in Las Vegas hatte Cara unzählige Amateure und gewiefte Kartenhaie beobachten können. Mit zunehmender Routine sah sie meist voraus, was ein Spieler dachte und wie sein nächster Zug aussehen würde. Doch die Miene dieses Mannes war vollkommen undurchdringlich.

Bis er aufschaute und ihren Blick einfing.

Ihr Pulsschlag steigerte sich zu einem wilden Stakkato. Zum ersten Mal an diesem Abend war sie froh, keinen engen Kragen zu tragen. Offensichtlich interessierte sich ihr Gegenüber momentan nicht sonderlich für das Spiel. Bevor er die Lider wieder senkte, begutachtete er sekundenlang ungeniert ihre vollen Brüste. Und seltsamerweise störte das Cara längst nicht so, als wenn es Bobby gewesen wäre.

Im Gegenteil, das sanfte Prickeln auf ihrer Haut war ungewohnt, aber nicht unangenehm. Dafür aber umso verwirrender und enorm ablenkend. Und das konnte sie sich nicht leisten. Sie musste sich auf das Spiel konzentrieren, um bereit zu sein, wenn sie das vereinbarte Zeichen bekam.

Jack Wolfe musterte kurz die Karten in seiner Hand und wartete auf eine Ansage. Sein letzter Spielbankbesuch lag eine ganze Weile zurück. Doch als ihm zu Ohren gekommen war, dass Bobby Gold in Nizza, wo er selbst seit geraumer Zeit wichtige Geschäfte abwickelte, ein Nobel-Kasino eröffnete, hatte er nicht widerstehen können.

Bobby und er kannten einander nicht besonders gut, obwohl sie sich in ferner Vergangenheit häufiger über den Weg gelaufen waren. Dabei ließ der Kasino-Betreiber keine Gelegenheit aus, seine zynische und unmaßgebliche Meinung über „verweichlichte, inzuchtgeschädigte britische Aristokraten“ kundzutun, denen er jede Fähigkeit absprach, mit Geld umzugehen.

Jack war klar, dass sich Bobbys Gehässigkeit in erster Linie gegen den honorablen Mr William Wolfe richtete, mit dem er vor etlichen Jahren offenbar einen üblen Zusammenstoß erlebt hatte. Da Jack seinen inzwischen lange verstorbenen Erzeuger selbst von ganzem Herzen verachtete, kratzte es ihn absolut nicht, was eine Sumpfratte über ein anderes Exemplar dieser Gattung sagte. Doch es reizte ihn, Mr Gold auf seinem eigenen Terrain zu schlagen.

Normalerweise bevorzugte er zwar inzwischen das Spiel an der Börse, aber am heutigen Abend machte er eine Ausnahme.

Es war auch nicht das erste Mal, dass sie sich am Kartentisch begegneten. Vor Jahren hatte einer von Jacks Freunden Bobby Gold gesteckt, dass Jack Wolfe ein wahrer Kartenhai sei. Der frischgebackene Kasinobesitzer biss sofort an und nahm es seinem Kontrahenten natürlich übel, als dieser ihn bis aufs letzte Hemd abzockte …

Einen miesen, brutalen Typen wie Gold zu unterschätzen, wäre auf jeden Fall ein schwerer Fehler.

Jack brauchte das Geld nicht, doch er würde es genießen, Bobbys feistes Gesicht rot anlaufen zu sehen, wenn er ihn erneut das Fürchten lehrte. Insgeheim hatte er vermutet, Gold würde ihn sperren lassen, doch der finstere Kasinobesitzer hatte ihm nur einen flüchtigen Blick und ein knappes Nicken zugeworfen.

Jetzt fragte Jack sich, welches As der Kerl wohl in seinem Ärmel verbarg.

Ihn selbst reizten die Karten schon lange nicht mehr. Doch obwohl seine aktive Zeit an den Spieltischen der Welt Jahre zurücklag, konnte er immer noch die Gedanken seiner Kontrahenten lesen, als wären sie ihnen auf die Stirn tätowiert.

Mit einem unberechenbaren Despoten als Vater geschlagen, hatte Jack diese Gabe bereits seit früher Kindheit als eine Art Überlebensstrategie trainiert. Im Lauf der Zeit war sie ihm zur zweiten Natur geworden. Dass sie ihm auch beim Glücksspiel zunutze sein konnte, fand er erst sehr viel später heraus.

Heute reizte ihn der Aktienhandel auf dem Weltmarkt weitaus mehr. Die Summen waren höher, der Adrenalinschub gewaltiger und die Befriedigung nach einem erfolgreichen Killer-Deal nachhaltiger als am Spieltisch.

Erneut musterte er die Croupière und hob eine dunkle Braue, als die attraktive Brünette nervös den Blick abwandte. Als er sie beim Eintreten in das Separee in ihrem engen, kurzen Top und dem noch kürzeren Rock neben dem Tisch hatte stehen sehen, wusste er gleich: Der Abend würde noch weitaus interessanter werden als gedacht.

Auch der knappe Wortwechsel zwischen ihr und Gold war ihm nicht entgangen. Ihre Körpersprache konnte Jack nur als eindeutig defensiv beschreiben: die Miene verschlossen, bis auf ein kurzes Aufflackern in den smaragdgrünen Augen. Und dann die stolze Geste, mit der sie das lange glänzende Haar über die Schulter nach hinten warf, als Bobby mit seiner breiten Pranke über ihren nackten Arm strich. Jack hatte sich beherrschen müssen, ihn nicht mit einem gezielten Kinnhaken auszuknocken.

Als Cara die erste Spielpause ankündigte, erhoben sich die Männer vom Tisch und verzogen sich in verschiedene Ecken des ultraluxuriös ausgestatteten Raums. Einige holten ihr Handy hervor, während andere ruhig miteinander plauderten. Jack rührte sich nicht vom Platz. Lässig streckte er die langen Beine unter dem Tisch aus und nippte an seinem Drink. Mineralwasser mit Eis und einem Spritzer Limone. Wenn sein Verstand gefragt war, egal ob im Spiel oder Business, trank er nie Alkohol.

Die Virtuosität, mit der die sexy Croupière die Jetons alignierte, beeindruckte ihn. Fasziniert verfolgte er, mit welch rasanter Geschwindigkeit sie die Plastikchips auslegte und wieder zusammenschob. Die graziösen Bewegungen ihrer schlanken Finger waren mit dem bloßen Auge kaum nachzuvollziehen. Es sah aus, als liebkoste sie die schillernden Jetons, bevor sie die Hand fast zögernd zurückzog.

Genüsslich gab sich Jack der Fantasie hin, wie es sich anfühlen mochte, wenn sie seinem Körper die gleiche Behandlung zuteilwerden lassen würde. Wie gut, dass er am Tisch sitzen geblieben war!

Ein Kellner mit Silbertablett und weißer Damastserviette über dem Arm blieb neben ihm stehen. „Darf ich Ihnen etwas von der Bar servieren, Sir?“

„Danke, nein“, lehnte Jack ab. „Und was ist mit Ihnen?“, wandte er sich an Cara.

„N…ein … danke“, stammelte sie erschrocken.

Eine sehr musikalische Stimme mit einem rauen Unterton, der ungeheuer anziehend und erotisch wirkt, dachte Jack. Und überraschend scheu. Während sie die einzelnen Karten, Regeln und Spielzüge kommentiert hatte, klang sie ganz anders: kühl und souverän. Diese Diskrepanz reizte und erregte ihn auf sonderbare Weise.

„Ich beiße nicht … Mademoiselle“, murmelte er träge.

Instinktiv wich Cara seinem Blick aus, riss sich dann aber zusammen und heftete ihn jetzt entschlossen auf das attraktive Gesicht ihres Gegenübers. Der Fremde erinnerte sie an eine lauernde Raubkatze, die innerlich bereits zum Sprung ansetzte.

„Ob das wirklich so ist, tut hier nichts zur Sache, Monsieur“, bemühte sie sich um einen leichten Ton, „es ist mir grundsätzlich nicht erlaubt, während meiner Dienstzeit Drinks von Gästen anzunehmen.“

„Und später?“

Cara biss sich auf die Unterlippe. „Danke nein, Monsieur.“

„Ich meine, wenn Sie außer Dienst sind.“

„Ich kenne Sie nicht, Monsieur, aber allein Ihre Anwesenheit an diesem Tisch sagt mir, dass wir kaum etwas gemeinsam haben können“, erwiderte sie steif.

„Sagen Sie das nicht! Ich spiele Karten, Sie spielen Karten, ich finde, das reicht.“

Fasziniert betrachtete er ihren schlanken Hals, während Cara trocken schluckte. „Sie wissen sehr gut, was ich meine … Monsieur.“ Das hörte sich eindeutig nach einem Tadel an. „Anders als das Geld an diesem Tisch stehe ich nicht als Gewinn zur Verfügung.“

Jack lachte. Die Kleine hatte Schneid, das musste man ihr lassen. Spontan streckte er ihr die Hand entgegen. „Jack Wolfe.“

Er dachte schon, sie würde sich verweigern, doch dann berührte sie flüchtig seine Finger und zog ihre Hand gleich darauf hastig zurück. „Angenehm. Leider ist es Croupiers nicht erlaubt, einem Gast gegenüber den eigenen Namen zu nennen.“

Das entlockte ihm ein erneutes Lachen. Nicht nur sexy, sondern auch noch hyperkorrekt, dachte er amüsiert und war nur noch interessierter. „Sehr angenehm … Mademoiselle.“

Darauf sagte sie nichts mehr, aber Jack bemerkte die feine Röte, die ihren Hals entlang bis hoch in ihr Gesicht stieg. Im nächsten Moment kehrten die anderen Männer an den Tisch zurück, und das Spiel wurde wieder aufgenommen.

Jack liebte es, wie elegant sie die Karten auslegte. Ihn begeisterte die souveräne Ruhe, mit der sie es tat. Es war ein reizvoller Kontrast zu ihrem schüchternen Verhalten, während er versucht hatte, mit ihr zu flirten. Sie war ihm ein Rätsel, und zwar eines, dem er sich noch in dieser Nacht ausgiebig zu widmen gedachte. Dass sie seinem legendären Charme erliegen würde, war keine Frage. So erging es allen Frauen.

Das war tatsächlich einer der Vorteile, ein Wolfe zu sein, selbst wenn Jack den Namen und den Mann hasste, dem er ihn verdankte.

Das Spiel lief flüssig, die Einsätze, die sich in der Tischmitte stapelten, wurden immer höher. Der schlanke Afrikaner trommelte lautlos mit den Fingern auf der Tischplatte. Ein nervöser Tick, der Jack verriet, dass er gute Karten hatte, allerdings nicht gut genug. Umso besser für ihn. In diesem Moment zuckte die volle Oberlippe des Grafen von Hofstein so minimal und flüchtig, dass selbst Jack kurz zweifelte, hätte er nicht gleichzeitig für einen Sekundenbruchteil den schwachen Schein eines Lächelns in den hellen Augen wahrgenommen. Jack fühlte fast Mitleid mit dem Mann, der sich so arrogant und selbstsicher gab und dabei so leicht zu durchschauen war.

„Einhunderttausend Euro …“ Die mühsam unterdrückte Erregung ließ seinen Akzent noch härter als sonst hervortreten.

Die anderen Männer am Tisch murmelten Unverständliches und passten einer nach dem anderen. Der Afrikaner zögerte etwas länger als seine Mitspieler, doch dann gab auch er das Spiel auf und legte seine Karten auf dem Tisch ab. Jack warf einen Stapel Jetons in die Tischmitte.

„Ich gehe mit und erhöhe um weitere hunderttausend.“

Der Blick des Grafen verdunkelte sich, doch er nahm die Herausforderung an. „Gehe mit und will sehen.“

Eine heiße Welle Adrenalin schoss durch Jacks Adern. Er liebte diesen Moment und genoss es, das Siegerblatt zu präsentieren. Nichts anderes kam diesem berauschenden Gefühl gleich, das sogar die Macht besaß, ihn die Traumata der Vergangenheit vergessen zu lassen. Wenigstens für ein paar Sekunden.

Anders als der Graf ließ er sich nicht von Arroganz und Überheblichkeit verführen.

Mit dem Blatt, das er auf der Hand hatte, konnte der Deutsche nicht gewinnen. Hätte er den Spielverlauf aufmerksam verfolgt, wäre es ihm selbst aufgegangen.

Kurz blickte er zu der Croupière hinüber, sah ihr wissendes Lächeln und fragte sich, ob sie es auch wusste. Verbarg sich etwa auch noch ein wacher, analytischer Verstand hinter so viel beeindruckender Schönheit?

Jack legte seine Karten offen auf den Tisch. Graf von Hofstein erblasste, in Caras grünen Augen blitzte ein Funke auf.

„Ein Straight Flush“, verkündete sie gelassen, „Monsieur gewinnt.“

Die Spielrunde dauerte mehr als eine Stunde an, als der Afrikaner sich entschied zu gehen. Die anderen Männer ließen keine Anzeichen in dieser Richtung erkennen. Brubaker, Golds betrügerisch eingeschleuster Pokerspieler, nippte an seinem Drink. Wann immer er Augenkontakt zu Cara hatte, verzogen sich seine vollen Lippen zu einem schmierigen Grinsen.

Der Jackpot war erneut auf eine riesige Summe angewachsen. Jeder weitere Einsatz ließ das Spiel brisanter erscheinen. Jack Wolfe warf seine Jetons so achtlos auf den Tisch als wären es Kinderspielsteine. Dabei blieb neben seinem Ellenbogen immer noch ein beachtlicher Stapel liegen.

Cara hatte seine Strategie noch nicht durchschaut, war aber wider Willen beeindruckt von seinem Kartenverstand und routinierten Spiel. Sie kannte die gewieftesten Kartenhaie der Welt aus ihrer Las-Vegas-Zeit. Wer derart sorglos mit diesen teils absurden Einsätzen jonglierte, konnte nur ein professioneller Spieler sein. Der Gedanke, dass Jack Wolfe für einen Big Boss agierte, der ganz sicher nicht aus lauteren Motiven unsichtbar blieb, störte sie mehr, als sie es wahrhaben wollte.

Doch ein kaum wahrnehmbarer Ausdruck in seinen ungewöhnlichen silbergrauen Augen sagte ihr, dass er nicht allein wegen des Profits hier am Tisch saß. Jack Wolfe war eine geborene Spielernatur. Ihn zu engagieren, barg auf jeden Fall ein gewisses Risiko in sich, auch wenn er genau zu wissen schien, was er tat.

Anfangs hatte Cara geglaubt, er würde die Karten zählen, aber das war es nicht. Er musste über ein geradezu fotografisches Gedächtnis, sagenhafte Konzentration und eine nicht erlernbare Intuition, was den Spielverlauf anging, verfügen. Auch wenn er ab und zu bluffte, schien ein möglicher Verlust ihn nicht sonderlich zu berühren, was eine gewisse Liebe zum Risiko verriet.

In diesem Moment schaute Jack auf und begegnete ihrem forschenden Blick mit einem Zwinkern. Sofort färbten sich ihre Wangen tiefrot. Wütend über sich selbst konzentrierte Cara sich wieder ausschließlich auf das Spiel. Verflixt! Sie schien tatsächlich eine Art inneren Magneten in sich zu tragen, der stets die falschen Männer anzog! Als James mit der fälligen Miete für ihr Apartment und dem mühsam ersparten Geld für ihre Familie verschwunden war, hatte sie sich geschworen, nie wieder auf ein attraktives Gesicht und ein charmantes Lächeln hereinzufallen.

Jack Wolfe besaß beides. Und dazu noch eine Extraportion Magnetismus, was es ihr fast unmöglich machte, ihm zu widerstehen. Doch er war ein professioneller Pokerspieler, der von Kasino zu Kasino zog, von den Gewinnen lebte und mit den Frauen schlief, die sich in den Spielbanken der Welt an reiche Männer heranmachten.

Irgendjemand räusperte sich, und die Röte auf Caras Wangen vertiefte sich noch, weil sie beim Träumen erwischt worden war. Erst verspätet registrierte sie, dass die Runde zu Ende war. „Messieurs, lassen Sie uns fünfzehn Minuten Pause machen.“ Mit einem Lächeln und angedeuteten Nicken wollte sie sich zurückziehen, um ihre konfusen Gedanken zu ordnen, doch jemand trat ihr in den Weg. Jack.

„Möchten Sie Gesellschaft?“

Augenblicklich versteifte Cara sich und setzte eine professionell freundliche Miene auf. „Gästen ist es nicht erlaubt, sich in den Mitarbeiterräumen aufzuhalten.“

„Dann gehen Sie nicht dorthin“, forderte er mit dreistem Lächeln.

Sein klassisch geschnittener Mund wirkte brutal und sensibel zugleich. Wie das möglich war, konnte sich Cara selbst nicht erklären. Unwillkürlich fragte sie sich, wie er sich wohl auf ihrem anfühlen würde … fordernd, zärtlich oder …

Und dann seine dunkle, samtige Stimme. Sie hätte ihm stundenlang zuhören können, selbst wenn er nur das Telefonbuch von Nizza rezitiert hätte. Es war etwas an diesem britischen Akzent, das ihr bis ins Mark fuhr. Als wenn alle Engländer aristokratische Wurzeln hätten und sich mühelos auf dem geschliffensten Parkett der Welt zurechtfinden würden. Daneben kam sie sich schrecklich klein, unbedeutend und irgendwie plump vor.

In einer unbewussten Geste warf Cara ihr Haar über die Schulter zurück und maß Jack mit einem kühlen Blick. „Sie sollten nicht mit mir sprechen, Mr Wolfe. Ich habe hier einen Job zu erledigen, und Sie sind Gast des Kasinos.“

„Aber ich unterhalte mich ausgesprochen gern mit Ihnen“, protestierte er unbeeindruckt.

„Nur, weil Sie sich davon etwas versprechen … Monsieur!“

„Ah, jetzt kommen wir der Sache schon näher“, erwiderte er vergnügt. Als der Kellner neben ihm auftauchte, schüttelte er den Kopf und setzte nur sein leeres Glas auf dessen Tablett ab. „Nennen Sie mich Jack“, bat er Cara.

Autor

Lynn Raye Harris

Lynn Raye Harris las ihren ersten Harlequin Mills & Boon Roman als ihre Großmutter mit einer Kiste Bücher vom Flohmarkt zurück kam. Sie wusste damals noch nicht, dass sie eines Tages selber Schriftstellerin werden wollte. Aber sie wusste definitiv, dass sie einen Scheich oder einen Prinzen heiraten und ein so...

Mehr erfahren

Entdecken Sie weitere Bände der Serie

Die Wolfe-Dynastie