Nacht der Versöhnung in der Karibik?

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Jack ist auch zu der Hochzeit ihrer Freunde in die Karibik eingeladen? Bess weiß nicht, ob sie lachen oder weinen soll. Lachen, weil sie nie aufgehört hat, ihren Noch-Ehemann zu lieben. Und weinen, weil die Ehe mit ihr, einer englischen Adligen, für den australischen Selfmade-Milliardär nur eine Farce war. Bis Bess es damals nicht mehr aushielt und ihn verließ. Doch das Wiedersehen mit Jack weckt in ihr eine verhängnisvolle Sehnsucht. Eine karibische Nacht lang gibt sie ihr nach – mit Folgen, die ihre Welt auf den Kopf stellen …


  • Erscheinungstag 30.04.2024
  • Bandnummer 2646
  • ISBN / Artikelnummer 9783751524681
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

„Eine Affäre hat auch ihre Vorteile, Bess.“

Bess beobachtete, wie sich Lara das kostbare Seidenkleid glattstrich. Am Handgelenk ihrer Freundin glitzerte ein Diamantarmband.

Lara schien ihren Blick zu bemerken. „Nicht nur Kleider und Schmuck, Sweetie. George ist fordernd, aber wenn er nicht da ist, kann ich tun und lassen, was ich will. Zum Beispiel dich treffen.“ Sie beugte sich vor. „Das wurde auch mal wieder höchste Zeit.“

„Stimmt. Jack und ich sind viel unterwegs.“ Bess zwang sich zu einem Lächeln, als gefiele es ihr, von einer Stadt zur nächsten zu ziehen, anstatt sich endlich irgendwo niederzulassen.

„Du bist lieb.“ Lara verzog den Mund. „Ich bin nicht überall gern gesehen, weißt du?“

Lara war die Geliebte eines Tycoons, und die Society-Frauen hatten Angst um ihre Männer.

„Sie sind nur nervös. Du stiehlst allen die Show.“

„Danke, Sweetie. Ich geb mir Mühe.“ Laras Grinsen erinnerte Bess an die gemeinsame Schulzeit. Doch dann schweifte ihr Blick über die Dächer zum Eiffelturm, und sie wurde ernst.

„Aber du bist nicht glücklich, oder?“, fragte Bess.

Laras Lächeln erreichte kaum ihre Augen. „Na ja, eigentlich bin ich selbst schuld, aber manchmal hätte ich lieber dein Leben.“

„Mein Leben?“ Zweifelnd sah Bess ihrer Freundin in die Augen. Jack war ständig auf Reisen und gerade waren sie wieder einmal umgezogen. Stets wohnten sie nur in Hotels. Nicht die Unterkunft macht dich so unglücklich.

„Du und dein fabelhafter Jack. Es ging verdächtig schnell mit eurer Hochzeit. Aber ich kenne dich, Bess. Du hast aus Liebe geheiratet, so wie deine Augen auf den Hochzeitsfotos strahlen! Und Jack sieht aus, als hätte er den Jackpot geknackt. Ich freue mich wirklich für dich.“

Lara hob ihr Cocktailglas, und Bess stieß mit ihr an.

Aus Liebe geheiratet. Wenn es doch nur so wäre.

Unbehaglich nahm Bess einen großen Schluck. Prompt stieg ihr der Alkohol zu Kopf. Wie sehr hatte sie gehofft, Jack würde sich eines Tages in sie verlieben, aber darauf wartete sie immer noch.

„George ist süß“, fuhr Lara fort, „aber er will immer seinen Willen durchsetzen. Er fragt sich gar nicht, was ich wohl möchte.“

Was sollte Bess darauf antworten? Ihr Leben drehte sich nur um Jacks Arbeit. Ein Geschäftsessen hier, ein Businessevent dort … Jede Woche bekam sie von seiner persönlichen Assistentin einen Terminplan vorgelegt. Durch sie bekam er Zugang zu Europas Elite. Nur deshalb hatte er sie geheiratet.

Lara seufzte. „Mir war nicht klar, wie viel Zeit eine Geliebte mit Warten verbringt.“

Ihre Freundin sprach noch weiter, aber Bess schwirrte zu sehr der Kopf, als dass sie ihren Worten hätte folgen können. Irgendwie klingt das, als würde sie meine Ehe beschreiben, dachte Bess traurig. All das viele Warten. Immer an zweiter Stelle zu stehen. Noch nicht einmal gefragt zu werden, ob sie ausgehen oder zu Hause bleiben wollte. Jacks Business hatte stets Vorrang vor ihrer Ehe, obwohl er längst unglaublich reich und erfolgreich war. Dabei konnte er auch zärtlich und rücksichtsvoll sein. Gerade im Bett war er unwiderstehlich … Bess’ Wangen glühten, wenn sie nur daran dachte, wie Jack sie berührte. Ein einziger Kuss, und ihr wurden die Knie weich.

„Ich weiß nie, wann er heimkommt und was wir dann machen“, fuhr Lara fort.

Auch das traf auf Bess zu. Sobald sie sich irgendwo einlebte – ob in Kopenhagen, Madrid oder London –, informierte Jacks Assistentin sie vom nächsten Umzug. Immer wieder musste sie Hals über Kopf die Zelte abbrechen und alles zurücklassen.

Lara winkte dem Kellner. Normalerweise hätte Bess es bei einem Cocktail belassen. Schließlich musste sie später noch zu einem Event. Aber plötzlich schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf, der sie erschaudern ließ. Für Jack bist du wie eine Geliebte.

Die Wahrheit traf sie wie ein Schlag, und ihre Träume zerplatzten wie ein Luftballon. Alles in ihr zog sich zusammen, und ihre Hände zitterten so sehr, dass sie das Glas absetzen musste.

Abgesehen davon, dass sie mit Jack verheiratet war, war ihre Situation genau wie die ihrer Freundin. Während der Hochzeitzeremonie war sie noch voller Hoffnung gewesen. Doch irgendwann hatte sie begriffen, dass Jack in ihr nur den Garant für seinen Erfolg an der Spitze des Weltmarkts für erneuerbare Energien sah.

Nach achtzehn Monaten Ehe ist er noch immer nicht in dich verliebt. Er wird dich nie lieben.

Ihr Inneres verkrampfte sich so heftig, dass sie beinah aufschrie vor Schmerz.

Diese Ehe ist wie ein langsamer Tod.

1. KAPITEL

Zehn Monate später …

Der Himmel war strahlend blau, das Wasser türkis und der Strand so makellos weiß, dass Bess geblendet wurde und ihre Sonnenbrille aufsetzte. In der Ferne im Landesinneren sah sie niedrige Gebäude vor üppigem Grün.

Der Pilot half ihr aus dem Wasserflugzeug auf den Pier.

Sie war schon an vielen faszinierenden Orten gewesen, aber dieser war etwas Besonderes.

Vor allem war sie ausnahmsweise nicht hier, um zu arbeiten. Seit sie Paris – und Jack – vor fast einem Jahr den Rücken gekehrt hatte, stürzte sie sich von einer Herausforderung in die nächste. Ihre Arbeit, die sie für die Ehe mit Jack hatte aufgeben müssen, befriedigte sie wie schon lange nichts mehr.

Sie atmete tief durch. Das alles lag hinter ihr.

Die würzige Seeluft enthielt eine süßliche Note – vielleicht von den vielen tropischen Blumen. Bess freute sich darauf, die Insel zu erkunden. Sie liebte ihre Arbeit, war jedoch mehr als urlaubsreif, und ihre Cousine Freya hatte den perfekten Ort für sie ausgesucht.

„Wie im Reisemagazin“, murmelte sie.

Der Pilot nickte und stellte ihren Koffer ab. „Stimmt. Allerdings ist die Insel so exklusiv, dass Reisejournalisten keinen Zutritt haben.“ Neugierig musterte er sie. „Sind Sie zum ersten Mal in der Karibik?“

Sie nickte.

„Na, da haben Sie sich gleich den schönsten Ort ausgesucht. Noch mehr Luxus finden Sie nirgendwo. Hier gibt es noch viel unberührte Natur, und Sie können Ihre Privatsphäre genießen.“ Winzige Fältchen erschienen um die Augen des großen Amerikaners, als er ihr zulächelte. Er war sehr attraktiv, aber eben nicht Jack.

Und nur Jack kann mit einem einzigen Blick dein Herz schneller schlagen lassen.

Ob das für immer so sein würde?

Bess erwiderte das Lächeln des Piloten und sagte sich, dass auch sie eines Tages wieder eine Beziehung haben würde. Irgendwann, wenn die Scheidung erst hinter ihr läge. Ihr Lächeln verblasste.

„Ich bleibe über Nacht“, erklärte der Pilot. „Haben Sie Lust, heute Abend etwas mit mir trinken zu gehen?“

Es war zwecklos. Selbst wenn es nur ein nettes Gespräch werden sollte, durfte Bess ihm nichts vormachen. Sie sah die Wärme in seinen Augen und würde sie niemals erwidern können.

„Vielen Dank für die Einladung, aber es war eine lange Reise.“

Der Amerikaner nickte und wirkte ein wenig enttäuscht. „Okay. Falls Sie es sich doch noch anders überlegen sollten, finden Sie mich in der Bar.“

In diesem Moment kam ihnen eine Hotelangestellte in Rock und Poloshirt entgegen, um sie auf der Insel willkommen zu heißen.

Wie sich herausstellte, brauchte Bess tatsächlich Erholung. Sobald sie in ihrem luxuriösen und ruhig gelegenen Bungalow angekommen war, streifte sie sich die Schuhe von den Füßen und ließ sich auf das riesige Bett fallen. Sie staunte noch über die herrlich weiche Matratze – ein himmelweiter Unterschied zu den steinharten Betten, auf denen sie in den letzten Monaten genächtigt hatte –, da war sie auch schon eingeschlafen.

Als sie die Augen öffnete, tauchte die untergehende Sonne den Strand und das Meer in rosa- und orangefarbenes Licht. Außer dem Gezwitscher der Vögel war nichts zu hören. Ein tiefer Frieden erfasste sie. Es war toll, dass ihre Arbeit sie forderte, doch solch himmlische Ruhe hatte sie lange nicht mehr genossen.

Zehn Monate lang war sie stillen Momenten bewusst aus dem Weg gegangen, um nicht ständig an Jack zu denken. Solange sie bis zur Erschöpfung arbeitete, blieb keine Zeit für Reue.

Ihr wurde die Brust eng. Jack zu heiraten war ein kolossaler Fehler gewesen. Sie hatte ihn verlassen, um sich ein letztes bisschen Selbstachtung zu bewahren. Ihre unerwiderte Liebe war zur Falle für sie geworden und hatte tiefe Wunden hinterlassen.

Gut, vielleicht gab es noch einen winzigen Teil in ihr, der sich ein Happy End mit ihm wünschte. Doch mit der Zeit würde diese Sehnsucht verblassen.

Du kommst über Jack hinweg.

Bess konzentrierte sich auf die Aussicht und ignorierte ihr gebrochenes Herz. An diesem wunderschönen Ort würde sie wieder lernen können, sich zu entspannen und ihren einwöchigen Urlaub zu genießen. Sie durfte sich nicht ein Leben lang hinter ihrer Arbeit verstecken.

Zuallererst kam jedoch die Hochzeit. Die im Internet bestellten Kleider hingen schon drüben im Schrank. Hoffentlich standen sie ihr.

Nur wenige Gäste waren zu der Privatfeier am nächsten Tag eingeladen. Freya und Michael waren beide von königlichem Blut. In wenigen Wochen würden sie sich in einer offiziellen Zeremonie vor aller Welt noch einmal das Jawort geben. Aber die wirkliche Trauung würde hier auf der Insel stattfinden.

Bess öffnete die Tür zum Ankleidezimmer und hielt inne, als sie die bunten Farben und exquisiten Stoffe entdeckte. Bei ihrer Arbeit in abgelegenen Schulen in Afrika und Südostasien hatte sie nur pflegeleichte Baumwolle gebraucht. Es war ewig her, dass sie so etwas Schönes getragen hatte.

Plötzlich zuckte sie zurück, als ihr ein eiskalter Schauer den Rücken hinunterlief. Die Kleider erinnerten sie an ihr Leben mit Jack, als sie ständig Haute Couture getragen hatte. Es hatte ihm immer gefallen, wenn die glatte Seide an ihren Kurven hinabgeglitten war. In Sekundenschnelle wich die eisige Kälte glühender Hitze, als sich ein vertrautes Feuer in ihr ausbreitete. Nur Jack konnte diese Flammen entfachen.

Bess biss die Zähne zusammen. Solche Gedanken musste sie sich endgültig aus dem Kopf schlagen.

Hastig griff sie nach dem scharlachroten Kleid, das sie für den heutigen Abend gekauft hatte. Es war aus Seide, aber nicht von einem berühmten Designer. Die Farbe unterstrich ihre sonnengebräunte Haut, aber vor allem war Bess glücklich, dass sie es sich von ihrem eigenen Geld gekauft hatte.

Im luxuriösen Badezimmer aus Marmor und Glas entschied sie sich für die Regendusche. Hätte sie sich jetzt ein Bad eingelassen, wäre es ihr äußerst schwergefallen, wieder aus der Wanne herauszusteigen.

Fertig angezogen und mit einem dezenten Make-up schlüpfte Bess wenig später in ihre roten Sandaletten und trat vor den Spiegel.

Erleichtert stellte sie fest, dass das Neckholderkleid ihr gut stand. Die rote Seide umspielte ihren schlanken Körper. Sie steckte sich das Haar hoch, wie sie es immer tat, seit sie an heißen Orten lebte und arbeitete.

Zufrieden lächelte sie ihrem Spiegelbild zu. In den ersten Tagen nach der Trennung hatte sie sehr verletzt ausgesehen, die Augen traurig, ein angespannter Zug um den Mund. Aber nun ging es ihr wieder gut.

Siehst du? Die Zeit heilt alle Wunden.

„Bess!“ Freya sprang von der Poolliege auf. „Ich wollte schon zu dir in den Bungalow kommen, aber Michael meinte, dass du dich nach der langen Reise bestimmt ausruhen möchtest.“

„Da hatte er recht. Ich bin direkt ins Bett gefallen.“

Lächelnd umarmten sich die beiden Cousinen. Für einen kurzen Moment fühlte Bess sich in ihre Jugend zurückversetzt, als Freya im Sommer nach Moltyn Hall gekommen war oder sie sie in Dänemark besucht hatte.

Diese Umarmung war, als würde sie nach Hause kommen, zumal sich Bess’ echtes Zuhause längst nicht mehr so anfühlte. Beim einzigen Besuch in Moltyn Hall nach ihrer Hochzeit hatte sie sich nicht sehr willkommen bei ihrem Dad und Jillian gefühlt.

„Lass dich ansehen.“ Lächelnd betrachtete sie ihre Cousine. „Du strahlst geradezu vor Glück.“

Freya zuckte mit den Schultern. „Für Michael nehme ich sogar eine Kronprinzenhochzeit in Kauf.“

Niemand wusste besser als Bess, was solch eine Ehe bedeutete. „Weißt du, was du dir da aufbürdest?“

„Die Kronprinzenrolle ist ein Teil von Michael, und es wird sicher nicht leicht werden. Aber ich liebe ihn und er liebt mich.“

Bess’ Herz zog sich zusammen, doch Freyas Augen leuchteten. Gemeinsam würden sie und ihr Zukünftiger alles schaffen. „Michael und sein Volk können froh sein, dass sie dich haben.“

Ihre Cousine winkte ab. „Lass uns über dich sprechen. Du siehst toll aus. Als kämst du direkt aus einem Luxus-Spa und nicht aus dem indonesischen Hinterland.“

„Nicht ganz. Osttimor. Tausend Kilometer östlich von Bali. Ein faszinierendes Land!“

Freya führte sie zu einer gepolsterten Sitzgruppe. „War es schön dort? Ich habe mir Sorgen gemacht, dass es schwieriger als erwartet sein könnte.“

Bess dachte an all die Probleme vor Ort. Aber die Schwierigkeiten waren nichts im Vergleich zu der Freude und Begeisterung ihrer Schüler und deren Familien. Man hatte sie herzlich willkommen geheißen.

„Du hast recht. Die Realität sieht anders aus, aber es war wirklich wunderbar.“ Viel einfacher, als sich mit romantischen Hoffnungen in eine Ehe zu stürzen und mit der harten Realität konfrontiert zu werden. Sie zwang sich zu einem Lächeln. „Erzähl: Wie habt ihr es geschafft, euch zu einer geheimen Hochzeit davonzuschleichen? Kronprinzen tun so etwas nicht.“

Freya strahlte. „Tatsächlich war es die Idee von Michaels Eltern. Sie meinten, wir würden sicher noch etwas Zeit für uns allein haben wollen. Nach der Feier fliegen Michael und ich sogar in die Flitterwochen. Klingt das nicht himmlisch?“

Mit dem richtigen Mann ganz bestimmt.

Für Bess hatte es keine Flitterwochen gegeben, nur eine Hochzeitsnacht in einem exklusiven Hotel. Die allerdings war so atemberaubend gewesen, dass sich ihr Puls beschleunigte, wenn sie nur daran dachte. Diese Erinnerung würde nie verblassen.

Danach allerdings hatte sie ihr Leben den Geschäftsinteressen ihres Mannes unterordnen müssen. Selbst die zahlreichen Essen und Dinner in exquisiten Restaurants hatten immer bloß seinem Networking gegolten. Rendezvous in trauter Zweisamkeit hatte es nicht gegeben.

„Klingt super. Und wer kommt morgen alles zur Feier?“

„Oh.“ Plötzlich wurde Freya ernst und griff nach Bess’ Hand. „Ich hoffe, du bist mir nicht böse … Ich wollte nicht, dass du dich unwohl fühlst, aber er ist für Michael ein sehr guter Freund geworden, und er versicherte mir, ihr zwei würdet euch schon vertragen. Außerdem meinte Michael, nichts könnte dich von meiner Hochzeit abhalten. Ich wollte es dir schon letzte Woche sagen, aber ich konnte dich nicht erreichen …“

Bess wurde schwindelig. Freyas Worte ließen nichts Gutes erahnen, dennoch drückte sie ihre Hand. „Schon in Ordnung. Wen auch immer ihr eingeladen habt, ich komm damit klar.“ Trotzdem kribbelte es in ihrem Nacken. „Mein Handy war kaputt. Ich dachte, ich besorge mir nach dem Urlaub ein neues.“ Eine angenehme Vorstellung, für eine gewisse Zeit offline zu sein. So würden ihr auch Presse-Updates über ihren Ex erspart bleiben.

Freya neigte sich zu ihr. „Zum Glück kann ich dich noch schnell vorwarnen …“ Sie verstummte, weil sich Stimmen näherten. Bess wandte sich um. Da kam eine kleine Gruppe von Frauen und Männern, darunter Michael. Er unterhielt sich mit jemandem, der ganz hinten lief.

„Bess“, wisperte Freya. „Ich muss dir was sagen …“ Doch da hatte die Gruppe sie auch schon erreicht und begrüßte sie.

Bess rauschte das Blut in den Ohren, während sie den großen dunkelhaarigen Mann anstarrte, der etwas abseits stehen geblieben war. Die Hände in den Hosentaschen, stand er breitschultrig da, locker und dennoch die reinste Provokation. Mit seinen kobaltblauen Augen fixierte er sie.

Sie war froh, dass sie saß, denn sein Anblick zog ihr den Boden unter den Füßen weg.

„Hallo, Elisabeth. Lange nicht gesehen“, begrüßte sie Jack – ihr Ehemann.

2. KAPITEL

Seit fast einem Jahr hatte Jack seine Frau nicht mehr gesehen. Verblüfft registrierte er, dass sie immer noch eine enorme Wirkung auf ihn hatte. Dabei war er auf das Treffen vorbereitet gewesen, denn er überließ nie etwas dem Zufall.

Bess war noch viel attraktiver, als er sich in der Zeit ihrer Abwesenheit hatte eingestehen wollen.

Er kannte viele schöne Frauen, doch Elisabeth war einzigartig. Ihre Bräune harmonierte perfekt mit ihrem dunklen Haar und unterstrich die unvergesslichen cognacfarbenen Augen. Na, wenigstens waren diese Augen jetzt schreckgeweitet. Das verschaffte ihm etwas Genugtuung nach dem Schlag, den sie ihm in Paris versetzt hatte.

Dennoch ging das Gefühl, das er verspürte, viel tiefer als reiner Zorn. Das Blut pulsierte durch seine Adern, sein Herz pochte heftig. So lebendig hatte er sich schon lange nicht mehr gefühlt.

Elisabeths Haut schimmerte golden, und das tief ausgeschnittene Kleid schmiegte sich eng an ihren zierlichen Körper. Nur zwei dünne Bänder hielten es in ihrem Nacken.

Früher hätte sie sich seinetwegen so verführerisch angezogen. Sie wusste, dass er es liebte, sie aus geschmeidigen Stoffen zu befreien. Und der Sex, den sie daraufhin gehabt hatten, war einfach phänomenal gewesen.

Aber jetzt … Sie hatte nicht geahnt, dass er hier sein würde. Trug sie das rote Seidenkleid für einen anderen Mann?

Mit zusammengebissenen Zähnen scannte er die Gruppe ab. Doch Michael und die beiden anderen Männer hatten ihre Partnerinnen dabei.

„Hallo, Jack.“ Elisabeths heisere Stimme entzündete ein Feuer in ihm, das sich von seiner Brust bis in seine Lendengegend ausbreitete.

Während er tief einatmete, registrierte er, dass auch sie auf ihn reagierte. Trotz ihres erhobenen Kinns wurden ihre Brustknospen unter dem seidigen Stoff hart. Und dann diese sexy, heisere Stimme …

Er grinste. Zu seiner Überraschung war sie bei ihrer Hochzeit noch Jungfrau gewesen. Er war ihr erster Liebhaber gewesen, der einzige Mann, der sie vor Lust zum Schreien brachte. Es sei denn natürlich, sie hatte in der Zwischenzeit jemand anderen kennengelernt. Bei diesem Gedanken verspürte er einen Stich der Eifersucht und verkrampfte unwillkürlich die Schultern.

Doch was auch immer sie in den letzten zehn Monaten getrieben haben mochte, die Verbindung zwischen ihnen war immer noch da. Das Verlangen.

Damit konnte er arbeiten.

Sie erhob sich mit dieser natürlichen Anmut, die ihm sofort an ihr aufgefallen war. Schimmernd glitt der rote Stoff an ihren Brüsten, den Hüften und den langen, schlanken Beinen hinab.

Jack kribbelten die Finger. Er wollte sie berühren, sie streicheln und aufs Neue ihren Körper erforschen, als hätte der sich ihm nicht längst ins Gedächtnis eingebrannt. Unbändige Begierde erfasste ihn, und alles in ihm zog sich zusammen.

„Ich wusste gar nicht, dass Michael und du so enge Freunde seid.“

Schwang da in ihrer Frage etwa ein Vorwurf mit? Allerdings blieb sie äußerlich so gelassen, dass von den anderen niemand etwas zu bemerken schien.

Genau wegen dieser Beherrschtheit hatte er sie geheiratet, denn sie war äußerst hilfreich auf dem gesellschaftlichen Parkett. Außerdem war er in seiner Kindheit so vielen unberechenbaren Launen ausgesetzt gewesen, dass ihm emotionale Ausgeglichenheit besonders wichtig war.

„Wir haben bei einem Projekt zusammengearbeitet und festgestellt, dass wir sehr viel gemeinsam haben.“ Jack hielt inne. „Warst du es nicht, die uns einander vorgestellt hat?“

„Stimmt. Ich erinnere mich.“ Sie warf den anderen einen schnellen Blick zu und erwiderte leise: „Du wolltest den Kontakt für dein Unternehmen. Schön, dass er sich ausgezahlt hat.“

Jack erstarrte. Wieder ein Vorwurf. Dabei hatte sein Vermögen ihr jeden Luxus ermöglicht und den Bankrott ihres Vaters verhindert.

Natürlich war ihm an ihren gesellschaftlichen Verbindungen gelegen gewesen. Schließlich verkehrte Elisabeths Familie trotz aller Geldsorgen in den besten gesellschaftlichen Kreisen innerhalb Europas. Ihr Vater war ein englischer Aristokrat, und ihre Cousine Freya gehörte zum dänischen Königshaus und würde nun mit Michael den Kronprinzen eines weiteren europäischen Landes heiraten.

„Danke. Das Unternehmen läuft bestens.“ Was ein großer Trost war, nachdem sie ihn hatte sitzen lassen. „Und ich bin froh, Michael zu meinen Freunden zu zählen.“

Sie runzelte die Stirn. Offensichtlich glaubte sie ihm kein Wort.

Zugegeben, er tat sich schwer damit, Freundschaften zu schließen. Jahrelang hatte er zu viel gearbeitet. Und, ja, zu Anfang hatte er die Freundschaft mit Michael nur deshalb gepflegt, weil er so mit Elisabeths Cousine Kontakt halten konnte. Nachdem seine Frau ihn verlassen hatte, war sie spurlos verschwunden. Für Jack, der gern die Kontrolle behielt, war das in etwa so gewesen, als würde er in einen dunklen Abgrund stürzen. Nur durch Michael hatte er erfahren, dass es Bess gut ging.

Und Michael hatte auch verstanden, warum er diese Gelegenheit, sie zu sehen, hatte ergreifen müssen.

„Bist du deshalb hier, Jack?“ Elisabeth stemmte die Hände in die Hüften. „Weil du deinen neuen Freund unterstützen willst?“

„Natürlich. Warum sonst?“

Sie will, dass du ihretwegen hergekommen bist.

Das befriedigte sein verletztes Ego.

Sie schüttelte den Kopf. „Der Jack Reilly, den ich kenne, zieht aus allem einen Vorteil, macht einen Deal oder knüpft einen wichtigen Kontakt.“

Ihre Worte trafen ihn hart. Was verrückt war. Für seine Zielstrebigkeit musste er sich nicht entschuldigen.

„Bess! Sag den anderen Hallo.“ Freya hakte sich bei ihr unter und bedachte Jack mit einem scharfen Blick.

Typisch. Er hatte nichts getan, als seine Frau zu begrüßen.

Jack wandte sich der Gruppe zu, die ihnen zwar neugierige Blicke zuwarf, aber zu höflich war, um etwas zu sagen, obwohl Bess’ plötzliches Verschwinden zehn Monate zuvor allerlei Tratsch ausgelöst hatte und das Thema in der Klatschpresse gewesen war.

Er ließ sich ein Bier geben und nahm halbherzig an den Gesprächen teil, wandte sich jedoch nicht mehr an Elisabeth.

Seine Frau und er hatten viel zu besprechen. Doch dafür wollte er mit ihr allein sein.

Heftige Gefühle, wie er sie seit seiner Kindheit nicht mehr gehabt hatte, wüteten in seinen Eingeweiden.

Zunächst hatte Jack in Paris gar nicht glauben können, dass Bess ihn verlassen hatte. Noch geschwächt von einer schweren Grippe, war er viel zu benommen gewesen. Außerdem hatte sie gerade fünf Tage an seinem Bett zugebracht, weil er zu erschöpft gewesen war, um den Kopf aus den Kissen zu heben. Ja, sie war sogar noch hingebungsvoller gewesen als seine Großmutter, die einzige Person, auf die er sich in seiner Kindheit hatte verlassen können.

Dass Elisabeth danach einfach weggelaufen war, ergab keinen Sinn.

Irgendwann hatte er begriffen, dass sie nicht zurückkommen würde, und aus dem Unglauben war blanke Wut geworden.

Weil sie noch nicht einmal mit ihm geredet hatte.

Weil sie ihn einfach alleingelassen und den bohrenden Fragen seiner Bekannten und der Boulevardpresse ausgesetzt hatte. Den mitleidigen Blicken.

Er versagte nicht gern, und noch weniger mochte er es, zum allgemeinen Gespött zu werden.

Die kleine Party dauerte bis kurz nach Mitternacht. Freya wollte, dass ihre Gäste bei der Zeremonie am nächsten Morgen ausgeruht waren.

So gingen sie in verschiedene Richtungen davon, und Jack schloss sich Elisabeth an. „Ich bringe dich zu deinem Bungalow.“

Sie versteifte sich. „Nicht nötig. Ich kenne den Weg.“

Stirnrunzelnd sah Freya zu ihnen herüber. „Bess, ist alles in Ordnung …?“

„Ja, alles gut, Freya. Geh nur. Du brauchst deinen Schönheitsschlaf.“

Michael nahm seine Braut liebevoll in den Arm und ging mit ihr davon. Jack nickte ihm kaum merklich zu. Endlich war er mit seiner Frau allein. Die letzten Stunden hatten seine Geduld enorm auf die Probe gestellt.

„Sie beschützt dich gern, wie?“

„Ich kann auf mich selbst aufpassen.“ Bess bog auf einen schmalen Pfad ein, der von winzigen Lampen gesäumt war.

Jack folgte ihr. Da wirbelte sie so heftig zu ihm herum, dass das rote Seidenkleid schimmernd aufleuchtete. Niemals würde er sie mit einer anderen Frau verwechseln. Ihre Haltung, die Rundungen, die Art, wie sie den Kopf neigte und die Hände in die Hüften stemmte – all das war ganz und gar Elisabeth.

Sehnsucht erfasste ihn mit voller Macht. Schon den ganzen Abend war er angespannt gewesen. Nun beschleunigte sich sein Puls, und seine Männlichkeit begann zu pochen. Nach all der Erniedrigung begehrte er sie noch immer.

„Warum folgst du mir?“

Er beobachtete, wie ihre Brüste sich vor Empörung hoben und senkten.

„Hier geht’s zu meinem Bungalow.“

„Tatsächlich?“

Er nickte. „Meiner ist der letzte auf der Landzunge.“ Und ihrer war der einzig andere in dieser Richtung.

„Verstehe.“

Das tat sie nicht, aber jetzt war nicht der Moment, es ihr zu erklären.

Schon wandte Elisabeth sich wieder ab.

Jack hatte mehrere Stunden gehabt, um sich an ihre Anwesenheit zu gewöhnen. Trotzdem brachte sie ihn durcheinander. In den hohen Riemchensandaletten hatte sie einen atemberaubenden Hüftschwung, und der schimmernde Stoff über ihrem sexy Po glänzte im Licht der Solarlampen. Der tiefe Rückenausschnitt ihres Kleids gab seidige goldene Haut frei. Sehr verführerisch …

Autor

Annie West
Annie verbrachte ihre prägenden Jahre an der Küste von Australien und wuchs in einer nach Büchern verrückten Familie auf. Eine ihrer frühesten Kindheitserinnerungen besteht darin, nach einem Mittagsabenteuer im bewaldeten Hinterhof schläfrig ins Bett gekuschelt ihrem Vater zu lauschen, wie er The Wind in the Willows vorlas. So bald sie...
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