Reise des Herzens

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Mit einem heissen Kuss zeigt der erfolgreiche Unternehmer Slade Carruthers der schönen Clea unmissverständlich sein Interesse. Doch statt das Prickeln zwischen ihnen zu geniessen, ist Clea plötzlich voller Furcht, verletzt zu werden. Um die Ernsthaftigkeit seiner Absichten auf die Probe zu stellen, denkt sie sich ein raffiniertes Spiel aus. Sie reist um die halbe Welt. Monte Carlo, Paris, New York: Kein Weg darf Slade zu weit sein, er soll ihr hinterherreisen, wo immer sie gerade ist ... Wird sie es dann schaffen, zum ersten Mal im Leben ihr Herz einem Mann anzuvertrauen?


  • Erscheinungstag 03.12.2006
  • Bandnummer 1743
  • ISBN / Artikelnummer 9783862957613
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

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1. KAPITEL

Eine Gartenparty. Nicht unbedingt sein Lieblingsaufenthaltsort.

Slade Carruthers hatte sich in einer Ecke des Gartens postiert, direkt unter einer der zahlreichen Palmen. Selbstverständlich schien die Sonne. Sie würde es nicht wagen, bei der jährlich stattfindenden Gartenparty von Mrs. Henry Hayward III. nicht zu scheinen.

Slade war – wie er es bevorzugte – allein gekommen.

Im Moment hatte er keine Partnerin. Eigentlich schon seit geraumer Zeit nicht. Dieses ewig gleiche Spiel war ihm einfach zu langweilig geworden. Die uralte Jagd führte immer und unausweichlich zur Kapitulation, welche wiederum das ebenso unausweichliche Ende der Beziehung bereits in sich trug. Und schon seit langem war er niemandem mehr begegnet, der ihn zur Aufgabe seines Single-Daseins hätte verleiten können.

Slade schaute sich in Ruhe um. Belle Haywards Gäste waren eine exzentrische Mischung aus extrem wohlhabenden Prominenten und aufstrebenden Künstlertypen. Jeder hier kannte und befolgte die Regeln: Anzug und Krawatte für den Herrn, Kleid und Hut für die Dame. Es wurde gemunkelt, die Sicherheitsmänner an den großen schmiedeeisernen Toren hätten einem berühmten Maler in farbverklecksten Jeans sowie einer reichen Erbin in diamantbesetzten Caprihosen den Einlass verwehrt.

Das Ascot von San Francisco, dachte Slade amüsiert. Sein eigener Sommeranzug war maßgeschneidert, die italienischen Schuhe aus feinstem Leder, Hemd und Krawatte aus Seide. Für den Anlass hatte er sogar sein widerspenstiges Haar zu einer gewissen Ordnung gebändigt.

Eine junge Frau trat in sein Blickfeld. Sie hielt den Kopf ein wenig geneigt, um einer alten Dame in einem malvenfarbenen Kleid zuzuhören, ein Kleid, das wirkte, als sei es erst kürzlich unter den Mottenkugeln hervorgeholt worden. Die alte Dame kam Slade bekannt vor … Richtig, er hatte sie letztes Jahr hier getroffen: Maggie Yarrow, die Letzte aus einer Linie skrupelloser Stahlmagnaten, bekannt für ihre scharfe Zunge.

Die junge Frau verstieß gegen beide von Belles Regeln. Sie trug weder Hut noch Kleid, sondern eine farbenfrohe Tunika über einer weiten Haremshose. Ihre rote Lockenmähne leuchtete in der Sonne wie Flammen.

Slade verließ seinen Platz unter der Palme und schlenderte auf sie zu, lächelte hier und da Bekannten zu und lehnte den Champagner ab, den ihm ein Kellner im weißen Jackett auf einem mit Gläsern bestückten Tablett anbot. Seltsamerweise hatte sich sein Puls beschleunigt, ein Fakt, der ihm nicht behagte.

Als er der jungen Frau näher kam, fielen ihm zuerst die großen intensiv grünen Augen unter den sorgfältig gezupften Brauen auf. Sie verliehen dem intelligenten Gesicht mit den vollen Lippen und dem kleinen entschlossenen Kinn Leidenschaft und Charakter. Und Mitgefühl, schoss es ihm in den Kopf. Nicht jeder hätte sich dafür entschieden, den Nachmittag mit einer schroffen, schrulligen Neunzigjährigen zu verbringen. Er schnupperte unauffällig. Es roch tatsächlich nach Mottenkugeln.

Und dann warf die junge Frau den Kopf zurück, dass die roten Locken flogen, und lachte herzhaft auf. Ein Ton, der Slade geradewegs ins Mark fuhr.

Abrupt blieb er stehen. Seine Handflächen wurden feucht, sein Puls beschleunigte sich noch mehr, es zog in seinen Lenden. Wie konnte er sich so stark zu einer Frau hingezogen fühlen, deren Namen er nicht einmal kannte?

Es schien so, als sei das Ende der langen abstinenten Monate eingeläutet worden. Er hatte das Gefühl, wenn er diese Frau nicht sofort kennenlernte, würde er auf der Stelle vergehen.

Was war das nur für ein Unsinn, den er da dachte? Immer schön langsam, mahnte er sich in Gedanken. Das ist Lust, mehr nicht. Schlicht und einfach pure Lust.

Als hätte sie seinen intensiven Blick gespürt, sah die junge Frau ihn jetzt direkt an. Ihr Lachen erstarb, ein verwirrtes Stirnrunzeln machte sich auf ihrer Miene breit.

„Stimmt etwas nicht?“, fragte sie. „Müsste ich Sie kennen?“ Ihre Stimme war weich und warm. Slade meinte auch, den Hauch eines Akzents vernommen zu haben.

„Nein, ich glaube nicht, dass wir uns bereits begegnet sind. Slade Carruthers.“ Er deutete eine Verbeugung an. „Hallo, Mrs. Yarrow, Sie sehen wie immer bezaubernd aus.“

Die alte Dame lachte trocken auf. „Nehmen Sie sich vor dem in Acht, meine Liebe. Der hat unendlich viel Geld, sogar noch mehr als Sie. Reichtum und Machismo … Er gehört zu Belles Lieblingsgästen.“

„Warum stellen Sie mich der Dame denn nicht vor, Mrs. Yarrow?“, bat Slade.

„Macht euch selbst miteinander bekannt.“ Maggie Yarrow zupfte den Ärmel ihres Kleides höher. „Seht euch nur an, das perfekte Paar. Die Schönen und Reichen. Ihr gehört auf die Titelseite von ‚California Chic‘. Aber jetzt brauche ich noch einen Champagner.“

Slade wich geschickt dem Stock aus Ebenholz aus, mit dem Mrs. Yarrow herrisch in der Luft herumfuchtelte, um einen Kellner herbeizuwinken. Das erste Glas, das sie von dem Tablett nahm, leerte sie in einem Zug, griff sofort nach einem zweiten und marschierte damit zielstrebig auf die Gastgeberin zu.

Slade verkniff sich ein spöttisches Lächeln und suchte lieber den Blick aus den grünen Augen. „Ich selbst stamme nicht aus Kalifornien. Und Sie?“

„Ich auch nicht.“ Sie streckte ihm die Hand hin. „Clea Chardin.“

Schlanke Finger und ein kräftiger Händedruck. Slade achtete immer genau auf den Händedruck. Und da war ein leichter Stromstoß gewesen, eindeutig. Er öffnete den Mund, in der Absicht, etwas Geistreiches, Intelligentes zu sagen. Stattdessen kam heraus: „Sie sind die schönste Frau, die ich je gesehen habe.“

Zu ihrem Unmut spürte Clea heißes Verlangen in sich aufsteigen, jede Faser ihres Körpers war plötzlich in Alarmbereitschaft. „Gefährlich“ war das Wort, das in ihrem Kopf aufblitzte. Dieser Mann gehörte ganz und gar nicht zum Durchschnitt. Erst holte sie unauffällig Luft, dann setzte sie sachlich an: „Studien besagen, Schönheit beruhe auf Symmetrie. Ihr Kompliment begründet sich also darauf, dass meine Nase nicht krumm ist und ich nicht schiele.“

Sofort alle Register ziehen, befahl Slade sich still. Die Frau musste er haben. „Nein, ich wollte damit eigentlich sagen, dass Ihre Augen in der Farbe eines Bergsees im Sommersonnenschein glitzern. Und Ihr Haar glüht wie die Kohlen eines Lagerfeuers am Strand.“

Etwas perplex blinzelte Clea. „Wie poetisch. Sie überraschen mich, Mr. Carruthers.“

„Nennen Sie mich bitte Slade. Außerdem kann ich mir kaum vorstellen, dass ich der erste Mann bin, der Ihnen sagt, wie außergewöhnlich schön Sie sind.“ Er lächelte. „Ihre Nase ist zwar ein wenig schief. Das verleiht Ihrem Gesicht aber Charakter.“

„Sie meinen, ich bin nicht perfekt? Nun, Ihr Gesicht ist zu markant, um es schön zu nennen. Anziehend, ja. Leicht verwegen, bestimmt.“ Sie lächelte spöttisch zurück. „Ihr Haar hat die Farbe von poliertem Mahagoni, und Ihre Augen schimmern in dem wunderbaren Mitternachtsblau des Mittelmeers in einer lauen Sommernacht.“

„Sie machen mich verlegen.“

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich die erste Frau bin, die Ihnen sagt, wie außergewöhnlich attraktiv Sie sind“, ahmte sie seine Worte nach.

„Ihre Haut besitzt den seidigen Schein einer Perle“, übertrumpfte er sie. Und musste die Hände in die Hosentaschen stecken, um sich davon abzuhalten, die zarten Wangen zu berühren. „Wir scheinen soeben eine Gesellschaft zur gegenseitigen Bewunderung gegründet zu haben.“

„Aber nur kopfaufwärts.“ Clea hielt es für angebracht, deutlich zu werden. „An Ihren Körper gehe ich nicht heran.“

Er ließ seine Beherrschung immerhin so weit schleifen, um sich einen abschätzenden Blick über ihren Körper zu erlauben, hinunter zu dem höchst reizvollen Ausschnitt und der verlockenden Form von Taille, Hüfte und Beinen, bis zu den unmöglich hohen, strassbesetzten Sandaletten. Ich bin geliefert, dachte er. „Eine sehr vernünftige Entscheidung“, meinte er belegt und sah sich um. „Angesichts der Umstände.“

„Ich meinte es wörtlich“, korrigierte sie. „Ihrem Körper komme ich nicht in die Nähe.“

„Angst?“

„Ja.“

Das Lachen kam unerwartet und ließ sich nicht aufhalten. „Nun, zumindest sind Sie ehrlich.“

Sie lächelte geheimnisvoll. Hoffte sie. „Wo sind Sie zu Hause, Slade?“

Gehorsam akzeptierte er den Themenwechsel. „In Manhattan. Und Sie?“

„In Mailand.“

„Ah, daher also Ihr Akzent. Italienisch.“

„Nicht unbedingt. Ich bin in Frankreich und Spanien aufgewachsen.“

„Was bringt Sie hierher?“

„Ich wurde eingeladen.“

Keine sehr aufschlussreiche Antwort. Er sah vielsagend auf die aquamarinblaue Haremshose. „Wie sind Sie an den Wachhunden am Tor vorbeigekommen? Belles Kleiderordnung ist in Stein gemeißelt.“

„Ich kam heute früh an und habe mich im Haus umgezogen“, ließ sie ihn wissen.

„Also kennen Sie Belle gut?“

„Ich habe sie gestern zum ersten Mal getroffen. Maggie Yarrow kannte ich bis dahin auch nicht. Sagen Sie, Slade Carruthers, wie reich sind Sie genau?“

„Das Gleiche könnte ich Sie fragen.“

„Carruthers …“ Clea hob leicht die Augenbrauen. „Doch nicht etwa ‚Carruthers Consolidated‘?“

„Genau jene.“

„Ihnen gehört die Entwicklungsfirma für umweltfreundliche Energieanlagen.“ Ihre ehrliche Begeisterung ließ sie vergessen, dass Slade eine Gefahr darstellen könnte. Gute zehn Minuten lang unterhielten sie sich angeregt über Windkraft und Solarsysteme.

Sie war bestens informiert und sehr interessiert, dennoch lenkte Slade zu persönlichen Dingen zurück. „Wie lange bleiben Sie in der Gegend? Ich könnte Ihnen das Projekt zeigen, an dem wir momentan etwas außerhalb von Los Angeles arbeiten.“

„So lange wohl nicht.“

„Ich besitze ein Haus in Florenz“, sagte er.

Ihre Lippen verzogen sich zu einem sinnlichen Lächeln. „Ich verbringe nur wenig Zeit in Italien.“

Heute Abend konnte er sie nicht zum Dinner einladen. Belle erwartete, von ihm zum Dinner ausgeführt zu werden. Sie liebte es, nach der Gartenparty ihre Gäste genauestens zu sezieren und den neuesten Klatsch genüsslich durchzukauen. „Gehen Sie morgen Abend mit mir essen.“

„Tut mir leid, ich habe bereits andere Pläne.“

„Sind Sie verheiratet? Verlobt?“ Es gelang ihm nicht, den drängenden Ton aus seiner Stimme herauszuhalten. Ein paar unumstößliche Prinzipien hatte er bei der Wahl seiner Frauen. Eines davon war, sich nie mit einer Frau einzulassen, die bereits vergeben war.

„Nein, zu beidem.“

„Geschieden?“

„Nein!“

„Hassen Sie Männer?“

Clea lachte ihn an, und in seinem Kopf drehte sich alles. „Ich genieße die Gesellschaft von Männern eigentlich sehr.“

„Männer, im Plural.“

Jetzt lachte sie offen heraus. „Nun, im Allgemeinen im Plural, im Besonderen jeweils nur einen.“

Er handhabte seine Beziehungen mit Frauen auf die gleiche Weise. Warum also sollte ihre nonchalante Bemerkung ihn irritieren? „Ich kann Sie heute Abend nicht zum Dinner einladen, weil Belle und ich unser jährliches Date haben. Das ist schon seit Jahren Tradition.“

Cleas Wimpern zuckten. Zu hören, dass Slade Carruthers und Belle offensichtlich seit langem Freunde waren, gefiel ihr nicht. „Dann sollten wir vielleicht damit aufhören, weiter Luftschlösser zu bauen.“

„Treffen Sie mich morgen an der Fisherman’s Wharf“, schlug Slade vor.

„Warum sollte ich dem zustimmen?“

Weil Sie so schön sind, dass ich nicht mehr klar denken kann. „Damit ich Ihnen ein popsicle spendieren kann.“

„Popsicle?“ Sie hatte Mühe, das Wort auszusprechen. „Was ist das?“

„Fruchteis am Stiel. Sehr kostengünstig.“

„Stecken Sie etwa in einer finanziellen Krise?“

„Sie wären sicherlich nicht von mir beeindruckt, würde ich mein Geld zum Fenster hinauswerfen.“

„Wie scharfsinnig von Ihnen“, sagte sie langsam. Es gefiel ihr nicht, dass er das so leicht erkannt hatte.

„Morgen früh um zehn“, fuhr er unbeirrt fort. „Pier 39, beim alten Karussell. Ohne Dresscode.“

„Hinter Ihrer charmanten Fassade – denn ich muss gestehen, ich finde Sie charmant, charmant und sexy – sind Sie ziemlich skrupellos, nicht wahr?“

„Himbeereis lässt sich nur schwer mit Skrupellosigkeit kombinieren“, stritt er ab. Sexy, hatte sie gesagt. Das war auf jeden Fall schon mal gut.

„Ich …“

„Slade, alter Junge, wie geht es Ihnen?“

„Hallo, Keith.“ Slade war alles andere als begeistert über die Störung. „Keith Rowe, ein Geschäftspartner aus Manhattan“, stellte er vor. „Dies ist Clea Chardin aus Mailand. Wo ist Sophie?“, wandte er sich wieder an Keith.

Keith wedelte mit dem Champagnerglas in der Luft. „Haben Sie es noch nicht gehört? Das große böse Wort mit S-c-h.“

Clea runzelte die Stirn. „Ich verstehe nicht.“

„Scheidung“, erklärte Keith mit gesenkter Stimme. „Anwälte. Güterteilung. Unterhalt. In den letzten vier Monaten hat man mir gehörig die Daumenschrauben angelegt. Letztendlich geht es bei einer Ehe doch immer nur um Geld, meinen Sie nicht auch?“

„Woher sollte ich das wissen?“, erwiderte Clea kühl.

Slade warf ihr einen forschenden Seitenblick zu. Sie war plötzlich blass, ihr Blick wachsam. Sie selbst war nicht geschieden, hatte sie doch behauptet. „Tut mir leid, das zu hören, Keith.“

„Sie sind clever“, sagte Keith zu Slade und wandte sich an Clea: „Er war nämlich noch nie verheiratet. Nicht einmal verlobt. Der Beweis für den eindeutig überlegenen IQ, Chloe“, lallte er.

„Clea“, berichtigte sie ihn noch kühler.

Keith deutete schwankend eine kleine Verbeugung an. „Hübscher Name. Hübsches Gesicht. Aber Slade kriegt ja immer die heißesten Bräute, was?“

„Niemand ‚kriegt‘ mich, Mr. Rowe“, fauchte sie schneidend. „Slade, ich darf mich verabschieden. Es war nett, Sie kennenzulernen.“

Slade legte die Hand auf den weichen Stoff ihres Ärmels, um sie zurückzuhalten. Mit einer Stimme, die viele leitende Angestellte und Vorstandsmitglieder wiedererkannt hätten, raunte er Keith zu. „Verschwinden Sie endlich.“

Keith hatte mittlerweile einen Schluckauf. „Ich verstehe.“ Mit einem verschwörerischen Grinsen torkelte er davon, in Richtung des nächsten Champagnertabletts.

„Im nüchternen Zustand ist er schon ein Trottel, aber angetrunken ist er unerträglich.“ Slade ließ Cleas Arm los. „Ich kann Sophie verstehen, dass sie sich von ihm getrennt hat.“

Die Wärme von Slades Fingern hatte sich durch den Stoff in ihre Haut gebrannt. Die Alarmsirenen in ihrem Kopf schrillten unablässig. „Sie sind ein Fürsprecher der Scheidung?“ Cleas Worte klangen wie Peitschenhiebe.

„Menschen machen Fehler“, meinte er sachlich. „Allerdings … sollte ich jemals heiraten, wird es die Richtige und für immer sein.“

„Dann wünsche ich Ihnen jetzt schon viel Spaß als Single.“

„Sind Sie etwa Zynikerin, Clea?“

„Nur Realistin.“

„Wieso?“

Sie schenkte ihm ein träges Lächeln, eines, bei dem, wie er merkte, die Augen nicht beteiligt waren. „Das wäre ein viel zu ernstes Thema für eine Gartenparty. Ich möchte gern eins von diesen verboten köstlich aussehenden Törtchen probieren und dazu eine Tasse Earl Grey trinken.“

Viel zu ernst, wiederholte er in Gedanken. Genau das ist es. Ich stecke nämlich schon bis zum Hals drin, ich bin regelrecht süchtig nach dem Anblick dieser unglaublich grünen Augen. Hatte er je eine Frau so sehr gewollt wie diese? „Ich bringe Ihnen, was immer Sie begehren.“

In ihrer Brust klopfte ihr Herz unangenehm. „Begehren ist ein weiteres viel zu ernstes Thema. Lassen Sie uns lieber bei den einfachen Wünschen bleiben. Und jetzt hätte ich wirklich gern ein Stück Kuchen und eine Tasse Tee.“

Plötzliche Panik erfasste ihn, sie könne einfach verschwinden. „Werden Sie sich morgen früh mit mir treffen?“

Auf Clea wirkte er nicht wie ein Mann, der ein Nein akzeptierte. Nein, eher schien er ihr wie jemand, der es fertig brachte, ihr Hotel zu belagern, sollte sie seine Einladung ausschlagen. „Himbeereis und Karussell? Wie sollte ich da ablehnen können.“

„Um zehn?“

„Einverstanden.“

Endlich ließ die Spannung in ihm nach. „Ich freue mich darauf!“ Das war die Untertreibung des Jahres.

„Übermorgen fliege ich nach Europa“, sagte sie leise.

„Ich nach Japan.“

Ihre Lider senkten sich ein wenig. „Vielleicht schlafe ich morgen ja bis Mittag.“

„Sie wollen also lieber auf Nummer sicher gehen?“ Er lächelte schief. „Oder hört sich das jetzt übermäßig arrogant an?“

„Ich gehe grundsätzlich nur kalkulierbare Risiken ein.“

„Das ist ein Widerspruch in sich.“

Irritiert schaute sie auf sein Lächeln. „Wie viele Frauen haben Ihnen eigentlich schon gesagt, dass Ihr Lächeln reines Dynamit ist?“

„Und wie viele Männer haben Ihnen schon gesagt, dass sie ihre Hände und Herzen an Ihnen wärmen wollen?“

„Mit Herzen habe ich nichts zu schaffen.“

„Das trifft sich gut, ich nämlich auch nicht. Zumindest ist das jetzt geklärt.“

Sie sieht aus, als bedaure sie ihre Zusage schon jetzt, dachte Slade. Ich sollte wohl besser das Tempo ein wenig zurücknehmen. „Tee und Törtchen, also.“

Bei dem abrupten Themenwechsel blinzelte sie. Sie hatte wunderbar lange Wimpern. Und als sie den Arm in seinen schob, durchzuckte ihn erneut ein Stromstoß.

„Bekomme ich auch zwei Törtchen?“

„Ein ganzes Dutzend, wenn Sie möchten.“

„Zwei sind schon eines zu viel. Aber Süßigkeiten sind meine Schwäche.“

„Bei mir sind es Muscheln und Pommes frites. Je fettiger die Pommes, desto besser.“

„Und die heißesten Bräute.“

„Lassen Sie mich ein paar Dinge von vornherein klarstellen“, hob er sachlich an. „Erstens, ich verabscheue das Wort ‚Braut‘. Zweitens, ja, ich verabrede mich mit Frauen. Drittens, ich bin kein Playboy, und viertens, ich halte absolut nichts von Promiskuität. Das gilt für beide Geschlechter.“

Also würde sie mit ihrer Taktik durchkommen. Clea war erleichtert. „Ein wunderschöner Garten, finden Sie nicht auch?“

Zum ersten Mal, seit er sie gesehen hatte, nahm Slade seine Umgebung wieder wahr. Große Pflanzenkübel mit duftenden Rosen standen auf der Terrasse, wo ein Kammerorchester sich an Vivaldi versuchte. Palmen und Eichen spendeten Schatten über einem gepflegten Rasen, der allerdings im Moment recht niedergetreten wirkte.

Belles Garten war auf einer Anhöhe oberhalb der Stadt angelegt worden, so wehte konstant eine leichte Brise, die gerade mit Cleas offenen Haaren spielte. Slade hob die Hand und steckte ihr sanft eine Strähne hinters Ohr. „Ja, wunderschön.“

Ihre Augen wurden dunkler. Ganz bewusst trat sie von ihm zurück und zog ihre Hand von seinem Arm zurück. „Treffen Sie öfter mit Belle zusammen?“, fragte sie.

„Nicht sehr oft. Ich bin häufig geschäftlich auf Reisen, und eigentlich arbeite ich von der Ostküste aus. Wie haben Sie sie kennengelernt?“

„Durch einen gemeinsamen Bekannten“, wich Clea aus. Niemand außer Belle wusste, aus welchem Grund sie hier war. „Oh, sehen Sie nur, Mini-Eclairs. Meinen Sie, ich kann einen davon essen, ohne mir Sahne aufs Kinn zu kleckern?“

„Noch ein kalkulierbares Risiko.“

„Eines, das ich auf jeden Fall eingehen werde.“

Gab es überhaupt etwas Sinnlicheres als Clea Chardin, die sich bei Tageslicht einen Klecks Sahne aus dem Mundwinkel leckte? Obwohl, „sinnlich“ war ein viel zu gepflegtes Wort, um es mit seinem primitiven Verlangen, sie zu besitzen, in Verbindung zu bringen. Oder mit diesem seltsamen Gefühl, das jeden Nerv in ihm vibrieren ließ und alle seine Sinne schärfte. Verspürte er etwa Angst?

Angst? Er, Slade Carruthers? Vor einer Frau?

„Nehmen Sie nichts, Slade?“

„Wie bitte? Oh, Entschuldigung, natürlich.“ Wahllos griff er nach einem Gebäckstück und biss hinein. Dattelkuchen. Er hasste Dattelkuchen. „In dem Sommer, als meine Mutter lernte, Eclairs zu backen, haben mein Vater und ich jeder drei Kilo zugelegt.“

„Wo sind Sie groß geworden?“

„In Manhattan. Meine Eltern leben noch immer dort. Meine Mutter ist seit neuestem unter die Gesundheitsfanatiker gegangen. Jetzt gibt es nur noch Soja-Burger und Salat.“

„Und was sagt Ihr Vater dazu?“

„Er isst es, ihr zuliebe, weil er sie anbetet. Mindestens einmal die Woche allerdings lädt er sie in ein Spezialitätenrestaurant ein, um sie mit gutem Wein und dekadent süßen Desserts zu verwöhnen.“ Slades Stimme wurde weicher. „Und am nächsten Tag gibt es wieder Tofu und Sojasprossen.“

„Wie idyllisch.“ Die Schärfe in ihren Worten hätte Papier schneiden können.

„Sie scheinen eher das Gegenteil damit ausdrücken zu wollen.“

„Ich glaube nicht an die Glückseligkeit der Ehe, ob nun mit Schokolade versüßt oder mit Tofu gesund gehalten“, erwiderte sie kühl. „Ah, da ist Belle. Wenn Sie mich bitte entschuldigen wollen, ich muss noch etwas mit ihr besprechen, bevor ich gehe. Ich sehe Sie dann morgen früh.“

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