Süße Nächte in Rio

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Sie hat ihn belogen, doch vergessen konnte Luciano sie nie! Jetzt braucht Kimberley seine Hilfe, da sie erpresst wird und ihr Sohn in Gefahr schwebt. Der Milliardär will die Gunst der Stunde nutzen: Er wird ihr die Summe geben - dafür soll sie ihm süße Nächte schenken!


  • Erscheinungstag 29.04.2021
  • ISBN / Artikelnummer 9783751506571
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Noch nie hatte sie so große Angst gehabt.

Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als Kimberley in dem von Glaswänden umgebenen Sitzungssaal in der Vorstandsetage von Santoro Investments stand und auf die pulsierenden Straßen von Rio de Janeiro hinunterblickte. Das Warten war eine einzige Qual.

Alles hing davon ab, wie dieser Besuch verlief, einfach alles. Ihr Magen krampfte sich zusammen, und sie hatte weiche Knie. Es war eine Ironie des Schicksals, dass der einzige Mensch, der ihr jetzt helfen konnte, ausgerechnet der Mann war, den sie niemals hatte wiedersehen wollen.

Kimberley zwang sich, gleichmäßig zu atmen, und schloss für einen Moment die Augen. Sie durfte nicht zu viel erwarten. Wahrscheinlich würde er sie nicht empfangen, denn jemanden wie Luc Santoro überfiel man nicht einfach.

Sie saß nur deswegen hier, weil seine Assistentin Mitleid mit ihr gehabt hatte. Als sie ihre Bitte vortrug, musste sie so nervös gewirkt haben, dass die ältere Frau darauf bestanden hatte, sie in den Sitzungssaal zu begleiten und ihr ein Glas Wasser zu bringen. Lächelnd hatte sie ihr versichert, Mr Santoro sei nicht so gefährlich, wie man behauptete.

Kimberley hingegen wusste es besser. Luc Santoro war sogar sehr gefährlich, und sie hätte eigentlich etwas Stärkeres als Wasser gebraucht, um ihm gegenübertreten zu können.

Was sollte sie ihm nur sagen? Wie sollte sie es ihm beibringen? Wo sollte sie anfangen?

An seinen Anstand oder an sein Gewissen konnte sie nicht appellieren, weil er beides nicht hatte. Er half anderen nicht, sondern benutzte sie, vor allem Frauen. Schmerz durchzuckte sie, als sie sich daran erinnerte, wie schlecht er sie behandelt hatte. Er war rücksichtslos und selbstsüchtig, und sein Lebensinhalt bestand darin, sich zu amüsieren.

Und eine Zeit lang hatte er es mit ihr getan.

Das Herz wurde ihr schwer. Rückblickend konnte Kimberley selbst nicht glauben, wie naiv und vertrauensselig sie damals gewesen war. Als idealistische, romantisch veranlagte Achtzehnjährige hatte sie sich ihm vorbehaltlos hingegeben. Er war ihr Ein und Alles gewesen. Und sie hatte ihm überhaupt nichts bedeutet.

Unwillkürlich ballte Kimberley die Hände zu Fäusten und rief sich ins Gedächtnis, dass es heute nicht darum ging, die Vergangenheit wieder aufleben zu lassen. Sie musste die Erinnerung an den Schmerz, die Panik und das Gefühl der Erniedrigung nach seiner grausamen Zurückweisung verdrängen. All das spielte jetzt keine Rolle mehr.

Es gab nur einen Menschen, der ihr wichtig war, und für diesen würde sie alles tun, um sich mit Luc Santoro gut zu stellen – denn sie würde Brasilien auf keinen Fall ohne das Geld verlassen, das sie brauchte. Es ging um Leben und Tod.

Nervös sprang Kimberley auf und begann, im Raum auf und ab zu gehen. Dabei überlegte sie, wie sie einen Mann, der nichts für sie empfand, dazu bringen konnte, ihr fünf Millionen Dollar zu geben. Wie sollte sie ihm beibringen, dass sie in ernsthaften Schwierigkeiten steckte? Und wie sollte sie sein Mitgefühl wecken?

Panik überkam sie, und im nächsten Augenblick wurde die Tür geöffnet, und Luc betrat den Raum. Sein attraktives Gesicht wirkte hart, und sein schwarzes Haar glänzte im Sonnenlicht.

Und Kimberley wurde klar, dass ihre Situation noch schlimmer war, als sie angenommen hatte.

Sie sah aus wie ein verängstigtes Reh.

Ohne sich anmerken zu lassen, was er dachte, betrachtete Luc die schlanke, ungewöhnlich schöne Rothaarige, die aschfahl und bebend am anderen Ende des Sitzungssaals stand.

Sie wirkte so eingeschüchtert, dass er beinah Mitleid mit ihr gehabt hätte. Allerdings wusste er zu viel über sie. Und an ihrer Stelle hätte er auch vor Angst gezittert. Sie hatte vielleicht Nerven, hierherzukommen!

Sieben Jahre. So lange hatte er Kimberley Townsend nicht gesehen, und trotzdem konnte sie ihn noch aus der Fassung bringen. Endlose Beine, seidiges Haar, weiche Lippen und ein strahlendes, vertrauensvolles Lächeln …

Eine Zeit lang hatte sie ihn tatsächlich getäuscht. Da er normalerweise nur mit Frauen zu tun hatte, die genauso gewandt und berechnend waren wie er, hatten ihre Unschuld und ihre beinah kindliche Offenheit ihn fasziniert und bezaubert.

Es war seine erste und einzige Fehleinschätzung seit langer Zeit gewesen. Sie war eine geldgierige Mitgiftjägerin. Das wusste er inzwischen. Und ihr war klar, dass er es wusste. Was also konnte sie dazu bewogen haben, wieder bei ihm aufzutauchen? Entweder war sie sehr mutig oder ausgesprochen dumm.

Lässig ging Luc auf sie zu, beobachtete dabei, wie sie zusammenzuckte und erneut zu zittern begann, und kam zu dem Ergebnis, dass sie nicht besonders couragiert wirkte.

Dann musste sie dumm sein. Oder verzweifelt?

Kimberley stand mit dem Rücken zur Wand und fragte sich, wie sie hatte vergessen können, welche Wirkung Luciano Santoro auf Frauen ausübte. Wie hatte sie nur je glauben können, dass sie einen Mann wie ihn halten konnte?

Sie war groß, aber er überragte sie um einiges. Er war durchtrainiert und muskulös und hatte breite Schultern, und allein seine markanten, gefährlich anmutenden Züge raubten einer Frau den Atem.

Starr betrachtete sie ihn, während er auf sie zuschlenderte. Sie ließ den Blick von seinem glänzenden blauschwarzen Haar zu seinen hohen Wangenknochen schweifen, den dichten langen Wimpern, die seine dunkelblauen Augen beschatteten, und zu seinem glatt rasierten Kinn. Er war der Inbegriff purer Männlichkeit, denn selbst in dem perfekt sitzenden Maßanzug hatte er etwas Gefährliches an sich, und das verstärkte seinen Sex-Appeal noch. Die Frauen flogen nur so auf ihn, und auch sie hatte keine Ausnahme gebildet und war seinem tödlichen Charme erlegen.

Das Herz hämmerte in ihrer Brust, und Kimberley fragte sich, ob sie verrückt gewesen sei hierherzukommen. Sie war ihm in jeder Hinsicht unterlegen, und jeder von ihnen spielte nach seinen eigenen Regeln.

Und dann rief sie sich energisch den Grund für ihren Besuch ins Gedächtnis. Unter anderen Umständen hätte sie Luc gemieden. Aber er war ihre einzige Hoffnung.

„Luciano.“

Luc blickte sie mit jenem spöttischen, beinah gelangweilten Ausdruck in den Augen an, den sie damals gleichermaßen nervig wie verführerisch gefunden hatte. „Warum so förmlich? Du hast mich immer Luc genannt.“

Er sprach kultiviert, und nur sein Tonfall verriet, wie gefährlich er war. Der überaus erfolgreiche Geschäftsmann und Milliardär, an den nichts mehr daran erinnerte, dass er aus ganz kleinen Verhältnissen kam.

Dennoch ließ er genug Härte und Rücksichtslosigkeit erahnen, um sie erschauern zu lassen. Natürlich ist er so, sagte sich Kimberley, während sie sich zusammenzureißen versuchte. Gerüchten zufolge hatte er es aus eigener Kraft aus der Gosse geschafft und einen der größten multinationalen Konzerne der Welt aufgebaut.

„Das ist Geschichte.“ Und sie wollte nicht an die Vergangenheit erinnert werden. Wollte nicht daran denken, wie sie seinen Namen gerufen hatte, als er ihr den Himmel auf Erden zeigte.

Luc zog eine Braue hoch, und der Ausdruck in seinen Augen bewies ihr, dass er sich auch an ihre leidenschaftlichen Begegnungen erinnerte. Plötzlich schien es vor Spannung zu knistern. „Bist du deswegen hier? Um mit der Vergangenheit abzuschließen? Um mich um Verzeihung zu bitten und mir das Geld zurückzuzahlen, das du gestohlen hast?“

Es war typisch für ihn, dass er als Erstes von Geld sprach.

Einen Moment lang verließ sie der Mut.

„Ich weiß, dass es nicht richtig war, deine Kreditkarten zu benutzen …“ Nervös befeuchtete Kimberley sich die Lippen. „Aber ich hatte einen guten Grund …“ Sie verstummte. Obwohl sie sich die Worte sorgfältig zurechtgelegt hatte und im Geiste immer wieder durchgegangen war, wusste sie plötzlich beim besten Willen nicht mehr, wie sie ihr Anliegen vorbringen sollte.

Jetzt, drängte sie sich verzweifelt, sag es ihm jetzt! Aber es ging einfach nicht.

„Du hast mir die Karten gegeben …“

„Das ist einer der Vorteile, wenn man mit mir zusammen ist“, meinte Luc trügerisch sanft. „Aber als du das Geld ausgegeben hast, warst du es nicht mehr. Ich muss dir gratulieren, denn ich dachte, mich könnte keine Frau überraschen …“ Er ging um sie herum. „Dir ist es gelungen. Während unserer Beziehung hast du nichts ausgegeben. Ich fand es bezaubernd, dass du dich nicht für Geld und materielle Dinge interessiert hast.“ Nun wurde sein Tonfall härter. „Jetzt ist mir klar, dass du besonders clever warst. Sobald es vorbei war, hast du dein wahres Gesicht gezeigt.“

Verblüfft sah Kimberley ihn an. Was, in aller Welt, wollte Luc damit andeuten? Es war wirklich höchste Zeit, dass sie ihm die Wahrheit sagte. „Ich kann dir erklären, was ich mit dem Geld gemacht habe …“ Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen, um ihm alles zu gestehen, doch dann zuckte sie nur die Schultern.

„Wenn es noch etwas Langweiligeres gibt, als einer Frau beim Shoppen zuzusehen, dann sind es die Berichte darüber“, meinte er gelangweilt. „Ich habe keine Lust, mir die Einzelheiten über derartige Exzesse anzuhören.“

Entsetzt blickte sie ihn an. „Du glaubst also, ich hätte dein Geld aus einer Laune heraus zum Fenster hinausgeworfen?“

„Du hast dich mit neuen Schuhen und Handtaschen aufgeheitert.“ Er lächelte spöttisch. „Das ist typisch weibliches Verhalten. Mir sind die Vorzüge derartiger Therapien durchaus bekannt.“

Kimberley schnaufte empört. „Du bist so unsensibel!“, rief sie wütend und verletzt zugleich. Luc dachte, sie sei shoppen gewesen? „Das war das Letzte, wonach mir der Sinn stand!“ Vor Empörung bebte sie am ganzen Körper. „Ich brauchte das Geld, um zu überleben, weil ich alles aufgegeben hatte, um mit dir zusammen sein zu können. Alles. Ich habe meinen Job und meine Wohnung aufgegeben und bin bei dir eingezogen, weil du es von mir verlangt hast.“

Der Ausdruck in seinen Augen war kühl. „Wenn ich mich richtig entsinne, hattest du nichts dagegen.“

Sie legte den Kopf zurück und kämpfte mit ihren Gefühlen. „Ich habe dich geliebt, Luc.“ Dann versagte ihr die Stimme, und sie brauchte einen Moment, um sich wieder zu fangen. „Die Zeit mit dir war die glücklichste meines Lebens. Ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen, dass es jemals anders sein könnte.“

„In meiner Nähe neigen Frauen nun mal dazu, die Hochzeitsglocken läuten zu hören“, sagte Luc trocken.

„Ich rede nicht von heiraten. Das war mir völlig egal. Nur du warst mir wichtig.“

Ein Muskel zuckte in seiner Wange, und seine Züge verhärteten sich. „Offenbar hast du langfristig geplant.“

Es dauerte einige Sekunden, bis Kimberley begriff, was Luc meinte. „Du willst damit andeuten, dass ich dir nur etwas vorgespielt habe?“ Sie lachte ungläubig und fasste sich an den Hals.

„Du warst sehr überzeugend“, räumte er ein, nachdem er einen Moment nachgedacht hatte. „Aber die Aussicht, einen Milliardär an Land zu ziehen, weckt bei Frauen oft die erstaunlichsten schauspielerischen Fähigkeiten.“

Fassungslos blickte sie ihn an. Wie hatte sie damals nur so dumm sein können, diesem Mann ihre Liebe zu schenken?

Tränen schnürten ihr die Kehle zu. „Ich betrachte dich nicht als Preis, Luc“, brachte sie hervor. „Du warst der größte Fehler meines Lebens.“

„Natürlich.“ Sein Blick strafte sein mitfühlendes Lächeln Lügen. „Du kannst dir sicher nicht verzeihen, dass du mich nicht halten konntest. Ich wünsche dir mehr Glück mit dem nächsten Typen.“

Als sie ihn betrachtete, wollte sie plötzlich nur noch weinen. „Du verdienst es, allein zu bleiben, Luc“, sagte sie ausdruckslos. „Und jede Frau, die auch nur einen Funken Verstand hat, wird sich von dir fernhalten.“

Daraufhin lächelte er arrogant. „Wir wissen beide, dass du nicht genug von mir bekommen konntest.“

Seine Worte demütigten sie zutiefst. „Das war, bevor mir klar wurde, was für ein gefühlloser Mistkerl du bist …“ Sie verstummte, entsetzt über ihr Verhalten, das völlig untypisch für sie war. „Es … es tut mir leid, das war unverzeihlich …“

„Du zeigst nur dein wahres Gesicht. Dafür brauchst du dich nicht zu entschuldigen.“ Er wirkte nicht verletzt, sondern amüsiert. „Mir ist es lieber, wenn Frauen ehrlich sind. So entstehen keine Missverständnisse.“

Kimberley fasste sich an die schmerzhaft pochenden Schläfen. Es war ihr so schwergefallen hierherzukommen, und nun lief alles anders, als sie es sich vorgestellt hatte. Sie wusste einfach nicht, wie sie ihr Anliegen vortragen sollte. Statt über die Gegenwart zu reden, sprachen sie über die Vergangenheit, und das wollte sie nicht. Es sei denn, sie konnte Luc daran erinnern, was sie einmal miteinander verbunden hatte.

„Ich habe dir etwas bedeutet, Luc“, erklärte sie leise und ließ hilflos die Hände sinken. „Das habe ich gespürt.“

„Mich hat es angemacht, dass ich dein erster Liebhaber war“, bestätigte er gewandt. „Das war etwas ganz Neues für mich. Natürlich wollte ich, dass es dir auch Spaß macht. Du warst sehr schüchtern und unerfahren. Ich habe getan, was ich tun musste, und gesagt, was ich sagen musste.“

Vor Scham brannten ihr die Wangen. Mit anderen Worten, Luc war so erfahren, dass er genau wusste, was Frauen wollten. In ihrem Fall waren es Nähe und Zuneigung gewesen. Es hatte ihm überhaupt nichts bedeutet.

„Das heißt also, es war alles nur gespielt?“ Der Schmerz wurde immer stärker. „Liebevoll und sanft zu sein war nur eine deiner Verführungstaktiken?“

Gleichmütig zuckte er die Schultern. „Du hast dich jedenfalls nicht beschwert.“

Kimberley schloss gequält die Augen. Ja, sie war noch unschuldig gewesen, aber das rechtfertigte ihre Naivität nicht. In den sechzehn Jahren, die sie mit ihrem Vater zusammengelebt hatte, hätte sie eigentlich alles über Männer erfahren müssen. Er hatte eine Freundin nach der anderen gehabt und alle nur benutzt. Ihre Mutter hatte ihn kurz nach ihrem vierten Geburtstag verlassen, und von da an hatten sich zahllose „Tanten“ die Klinke in die Hand gegeben. Und Kimberley hatte sich geschworen, sich niemals von einem Mann so behandeln zu lassen.

Und dann begegnete sie Luc und glaubte für eine Weile, er sei ihre große Liebe. Dass er als Frauenheld galt und ihrem Vater sehr ähnlich war, ignorierte sie geflissentlich.

Sie hatte gegen all ihre Regeln verstoßen. Und sie hatte den Preis dafür gezahlt.

„Was habe ich eigentlich verbrochen? Warum bist du so grausam zu mir?“ Plötzlich musste sie es einfach wissen. „Warum hast du andere Frauen gebraucht?“

„Ich war noch nie der Typ, der einer Frau treu ist“, erwiderte Luc ungerührt. „Und ihr seid doch alle gleich, wie du mit deinen Shoppingtouren bewiesen hast.“

Kimberley zuckte zusammen. Dies wäre der richtige Zeitpunkt gewesen, ihm alles zu erzählen. Sie atmete tief durch. „Ich habe dein Geld ausgegeben, weil ich es für etwas sehr Wichtiges brauchte“, erwiderte sie zögernd. „Und bevor ich dir sage, wofür, sollst du wissen, dass ich damals versucht habe, mit dir zu reden. Du aber wolltest mich nicht sehen und …“

Betont gelangweilt blickte Luc auf seine Uhr. „Ich sagte dir bereits, dass es mich nicht interessiert. Und wenn du Geld brauchtest, hättest du ja deinen anderen Lover darum bitten können.“

„Ich hatte keinen anderen Lover, und das weißt du ganz genau!“, entgegnete sie empört.

„Das wäre mir neu. Ich bin zweimal nach Hause gekommen, und es hieß, du seist ausgegangen.“

„Weil ich keine Lust hatte, im Bett zu liegen und darauf zu warten, dass du direkt aus den Armen einer anderen Frau zu mir kommst!“, schrie sie. „Ja, ich bin ausgegangen. Und das hast du nicht ertragen, stimmt’s? Weil du immer alles kontrollieren musstest.“

„Darum ging es nicht.“ Sein leidenschaftlicher Blick verriet seine exotische Herkunft. „Du hast mir gehört.“

„Das klingt ja, als hättest du irgendwelche Besitzansprüche gehabt!“, rief sie gequält und frustriert zugleich. Immer, wenn sie zur Sache kommen wollte, lief es darauf hinaus, dass sie wieder über die Vergangenheit sprachen. „So behandelst du jede Frau! Du benutzt sie und wirfst sie dann weg. Deswegen hätte es mit uns auch niemals geklappt. Du bist egoistisch und rücksichtslos. Ich bin ausgegangen, weil du ausgegangen bist.“

„Du solltest dich ausruhen und auf mich warten“, belehrte Luc sie trügerisch sanft.

Kimberley konnte es nicht fassen. Dieser Neandertaler! Sie musste an sich halten, um nicht hinauszustürmen und die Tür hinter sich zuzuknallen. „Wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert, Luc! Frauen wählen, leiten Firmen und bestimmen selbst über ihre Freizeit.“

„Und sie betrügen ihre Partner.“ Spöttisch zog Luc die Augenbrauen hoch. „Was für ein Fortschritt!“

„Ich habe dich nicht betrogen!“ Zornig funkelte sie ihn an und überlegte, wie ein intelligenter Mann wie er in dieser Hinsicht so dumm sein konnte. „Du warst doch derjenige, den man im Restaurant mit einer anderen Frau fotografiert hat. Offenbar war ich dir nicht genug.“ Betont gleichgültig zuckte sie die Schultern und versuchte, sich ihren Schmerz nicht anmerken zu lassen. „Wenn jemand gesündigt hat, dann du, Luc. Ich war achtzehn, und du hast mich verführt. Und dann hast du mich fallen lassen und dir die Nächste gesucht. Hast du überhaupt einen Gedanken daran verschwendet, als du mir meine Unschuld geraubt und mein Leben ruiniert hast?“

Ungläubig musterte er sie von Kopf bis Fuß. „Du hast bereitwillig mitgemacht, meine rothaarige Hexe. Falls du das aber vergessen haben solltest, helfe ich deinem Gedächtnis gern auf die Sprünge.“ Unvermittelt umfasste er ihr Handgelenk und zog sie an sich. „Als du dich an unserem ersten Abend in meinem Wagen an mich geschmiegt hast …“, seine Stimme klang gefährlich leise, und sein Atem fächelte ihre Lippen, „… war das keine Aufforderung?“

Es knisterte förmlich vor Spannung.

Kimberley versuchte, sich aus seinem Griff zu befreien, doch Luc hielt sie fest, und sie erinnerte sich daran, wie sehr sie gerade seine Kraft geliebt hatte. Seine Männlichkeit. Die Gegensätze zwischen ihnen hatten sie besonders fasziniert, und bei ihm hatte sie sich immer geborgen gefühlt. „Man hatte mich gerade angegriffen“, rechtfertigte sie sich. „Ich hatte Angst …“

Und er hatte sie gerettet. Er hatte es mit sechs Kerlen aufgenommen und seine Fäuste eingesetzt. Es war genau das gewesen, womit ein Mann eine Frau beeindrucken konnte.

„Du wolltest also getröstet werden.“ Nun verstärkte er seinen Griff. „Auch als du dich auf meinen Schoß gesetzt und mich angefleht hast, dich zu küssen?“

Vor Scham brannten ihr die Wangen. „Ich weiß nicht, was an dem Abend mit mir los war …“

Sie hatte ihn gesehen und plötzlich an Märchen geglaubt. An edle Ritter, die Jungfern in Not retteten.

„Du hast dein wahres Ich entdeckt“, erklärte er rau. „Also behaupte nicht, ich hätte dich verführt. Du warst ganz heiß auf mich und hast dich mir an den Hals geworfen.“

„Ich war unschuldig …“

Daraufhin lächelte Luc so aufreizend, dass ihr Herz noch schneller pochte. „Du warst verzweifelt.“

Gleich würde er sie küssen.

Kimberley beobachtete, wie seine Augen dunkler wurden, während er verlangend ihr Gesicht betrachtete. Als die Spannung unerträglich wurde, löste er sich allerdings von ihr und machte einen Schritt zurück.

„Warum bist du hier?“ Sein Tonfall war jetzt eisig, und seine Augen funkelten zornig. „Um in Erinnerungen zu schwelgen? Oder weil du auf eine Wiederholung hoffst? Dann solltest du vielleicht wissen, dass Frauen nur eine Chance bei mir bekommen, und die hast du vertan.“

Plötzlich tauchten die erotischsten Bilder vor ihrem geistigen Auge auf, und sie wich ebenfalls einen Schritt zurück, als könnte sie diese dadurch vertreiben. „Ich würde niemals wieder mit dir ins Bett gehen, Luc. Das war eine Erfahrung, die ich nicht noch einmal machen möchte. So dumm bin ich nicht.“

Nun verharrte er regungslos, und ein fragender Ausdruck huschte über sein Gesicht. „Tatsächlich?“

Zu spät wurde ihr klar, dass ein Mann wie Luc eine solche Aussage vermutlich als Herausforderung sah. Aus irgendeinem Grund waren sie wieder dort, wo sie vor sieben Jahren aufgehört hatten. Sie hatte sich fest vorgenommen, kühl und geschäftsmäßig aufzutreten, aber es war ihr nicht gelungen. Und noch immer hatte sie nicht gesagt, was sie sagen musste.

Langsam ging er um sie herum, wobei ein spöttisches Lächeln seine Lippen umspielte. „Noch immer bist du sehr leidenschaftlich, Kimberley, und genau wie damals versuchst du, es zu leugnen und zu verbergen.“ Dann strich er ihr übers Haar. „Wie könnte es auch anders sein? Lass dich nie mit einer Frau ein, die flammend rotes Haar hat.“

Trotzig hob sie das Kinn. Ihre grünen Augen blitzten. „Und halt dich von Männern mit einem übersteigerten Ego fern.“

Luc lachte. „In unserer Beziehung flogen immer die Fetzen, stimmt’s, meu amorzinho?“

Meu amorzinho. So hatte er sie immer genannt, und sie hatte es geliebt, wenn er in seiner Muttersprache mit ihr redete. Es hatte viel romantischer geklungen als „meine Liebste“.

Die Spannung hatte sich ein wenig gelöst, und Kimberley spürte, wie sie errötete, als sie sich ins Gedächtnis rief, dass sie sich vorgenommen hatte, nicht mit ihm zu streiten. „Wir müssen die Vergangenheit hinter uns lassen.“ Nachdem sie tief durchgeatmet hatte, fuhr sie fort: „Wir haben uns weiterentwickelt. Ich habe mich verändert.“

„Du bist immer noch dieselbe, Kimberley.“ Erneut ging er um sie herum, wie ein Tiger, der seine Beute taxierte. „Im Grunde ändern Menschen sich nicht. Es ist nur die Verpackung, die anders ist. Die Art, wie sie sich geben.“ Dann hob er die Hand und zog ihr die Spange aus dem Haar, sodass es ihr in Wellen über die Schultern fiel.

Sie stieß einen entsetzten Laut aus und versuchte, es zusammenzuhalten. „Was soll das?“

„Ich erinnere dich daran, was für ein Mensch in diesem Kostüm steckt.“ Verlangend musterte er sie von Kopf bis Fuß. „Du ziehst dich wie eine Lehrerin an und steckst das Haar hoch. Du gibst dich zugeknöpft, aber wir wissen beide, wie du wirklich bist.“ Seine Stimme klang plötzlich sehr sinnlich, und sein Akzent war noch stärker als sonst. „Leidenschaftlich. Wild.“

Kimberley bekam weiche Knie. „Das ist nicht wahr! Du hast keine Ahnung, was für ein Mensch ich bin!“, rief sie ungeachtet ihres Vorsatzes, ruhig zu bleiben. „Dachtest du tatsächlich, ich wäre immer noch der bemitleidenswerte Teenager, den du damals verführt hast? Glaubst du wirklich, ich hätte mich nicht verändert?“

Trotz ihrer hitzigen Proteste spürte sie, wie sie auf ihn reagierte, und entschlossen unterdrückte sie diese Empfindungen. Das würde Luc nicht noch einmal mit ihr machen. Sie war hierhergekommen, um ihm etwas mitzuteilen, das sie ihm eigentlich schon vor sieben Jahren hätte sagen sollen, und nicht, um jene Gefühle wieder aufleben zu lassen.

„Du warst nicht mitleiderregend, und ich habe dich auch nicht verführt“, widersprach er leise und berührte dabei eine Strähne ihres Haars. „Du hast bereitwillig mitgemacht. Im Gegensatz zu mir hast du dich aber deiner Gefühle geschämt. Ich dachte, im Lauf der Jahre hättest du dein leidenschaftliches Naturell akzeptiert.“

Entsetzt merkte sie, wie sie schwach wurde. Wie war es möglich, dass sie nach all den Jahren immer noch auf diesen Mann reagierte? Hatte sie denn überhaupt nichts dazugelernt?

Doch, das hatte sie, und es hatte sie viele Tränen gekostet. Und es spielte keine Rolle, wie ihr Körper auf diesen Mann reagierte, denn sie war jetzt älter und erfahrener und ließ sich von ihrem Verstand leiten.

„Deswegen bin ich nicht hier.“ Energisch strich Kimberley sich das Haar aus dem Gesicht. „Was zwischen uns beiden passiert ist, spielt keine Rolle mehr.“

„Das sagtest du bereits. Was hat dich dann nach Rio de Janeiro geführt? Du bist schließlich gegangen und hattest geschworen, nie zurückzukommen. Unsere goldenen Strände? Unsere spektakulären Berge? Der verführerische Rhythmus der Samba? Ich erinnere mich noch an den Abend, als wir auf der Terrasse getanzt haben …“

Einen Moment lang wandte sie den Blick ab und zwang sich, an etwas anderes zu denken, um die Bilder zu vertreiben, die Luc ständig heraufbeschwor. Und es gelang ihr tatsächlich, sich zusammenzureißen und ihren ganzen Mut zusammenzunehmen.

„Ich möchte nicht mehr über die Vergangenheit reden.“ Sie machte eine kurze Pause. Dies war der entscheidende Augenblick. „Ich bin hier, weil …“ Nervös befeuchtete sie sich die Lippen. „Wir … wir haben einen gemeinsamen Sohn, Luc, und er ist jetzt sechs.“ Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, und sie bebte am ganzen Körper. „Er ist sechs, und sein Leben ist in Gefahr. Ich habe dich aufgesucht, weil ich deine Hilfe brauche. Sonst habe ich niemanden, an den ich mich wenden kann.“

2. KAPITEL

Eine Weile herrschte spannungsgeladenes Schweigen. Würde Luc überhaupt noch mit ihr sprechen?

Kimberley war zwar erleichtert, weil sie es ihm endlich gestanden hatte, hatte jedoch auch Angst vor seiner Reaktion.

„Das ist einfallsreich“, sagte er schließlich ausdruckslos, bevor er sich auf den nächstbesten Stuhl setzte. Der Ausdruck in seinen Augen war unergründlich. „Du weißt wirklich, wie man einen Mann auf Zack hält. Du bist immer für eine Überraschung gut.“

Kimberley blinzelte verstört. Er glaubt mir nicht?

Sie hatte sich auf einen Wutausbruch und heftige Vorwürfe gefasst gemacht. Sie hatte damit gerechnet, ihm erklären zu müssen, warum sie ihm die Existenz seines Sohnes so lange verschwiegen hatte. Aber ihr war nicht ein einziges Mal in den Sinn gekommen, dass er ihr nicht glauben könnte.

Autor

Sarah Morgan
<p>Sarah Morgan ist eine gefeierte Bestsellerautorin mit mehr als 21 Millionen verkauften Büchern weltweit. Ihre humorvollen, warmherzigen Liebes- und Frauenromane haben Fans auf der ganzen Welt. Sie lebt mit ihrer Familie in der Nähe von London, wo der Regen sie regelmäßig davon abhält, ihren Schreibplatz zu verlassen.</p>
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