Tiffany Exklusiv Band 105

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VIEL SEX – UND GANZ VIEL LIEBE von JILL SHALVIS
Das kommt davon: Weil Samantha sich auf ein Blind Date eingelassen hat, herrscht bei ihr das reinste Gefühlschaos. Denn der erfolgreiche Jack Knight will ein zweites Treffen mit ihr … und was ist mit dem ungeschriebenen Gesetz, dass man beim dritten Date im Bett landet?

EXPLOSION DER LUST von JULE MCBRIDE
Susannah hat große Pläne: Sie will ihren unzuverlässigen Ex-Mann J. D. vergessen und ein Restaurant eröffnen. Zuerst läuft auch alles wie gewünscht – bis eines Nachts ein Fremder in ihr Schlafzimmer eindringt und ihr zeigt, was hemmungslose Leidenschaft ist. Doch wer ist der Unbekannte? Susannah schöpft einen unmöglichen Verdacht …

EINFACH ZUM ANBEISSEN von ISABEL SHARPE
Angela ist hin und weg von dem knackigen Fremden, der in ihrer Bäckerei Cupcakes kauft. Mutig bittet sie Daniel um ein Date – und erfährt, dass er geschworen hat, die nächsten sechs Monate keine Frau anzurühren. Doch Angela ist nicht umsonst Spezialistin für süße Sünden …


  • Erscheinungstag 14.02.2023
  • Bandnummer 105
  • ISBN / Artikelnummer 9783751516099
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Jill Shalvis, Jule McBride, Isabel Sharpe

TIFFANY EXKLUSIV BAND 105

1. KAPITEL

Samantha O’Ryan hatte unter dem Vorwand, ihnen das Surfen beizubringen, seit Stunden halb nackte, gut gebaute, nasse Männer beäugt. Die Studenten hatten ihr angeboten, sie zu bezahlen, aber in Wahrheit hatte sie sich selbst einen Gefallen getan. Sie liebte es, auf ihrem Surfbrett durchs Wasser zu gleiten. Nachdem sie den Typen viele gute Tipps gegeben hatte, ging sie am Strand entlang und lief die Treppe hoch, die zu ihrem Straßencafé führte, wo sie sich an ihr zweitliebstes Hobby machte – dem Kreieren witziger, fantasievoller Sandwiches.

Während sie ihre Kunden bediente, wurde ihr bewusst, dass sie nach der Arbeit nichts vorhatte – genau, was sie sich unter einem schönen Abend vorstellte. Sie konnte bei Mondlicht surfen, wenn sie wollte, oder den Pacific Coast Highway so weit entlangfahren, wie das Benzin reichte. Sie war frei und konnte tun, was sie wollte.

Das war das Schöne daran, wenn man völlig ungebunden war.

Obwohl sie nichts dagegen hätte, zeitweilig ein wenig gebunden zu sein – für eine Nacht etwa. Es war lange her, seit sie mit einem Mann zusammen gewesen war.

Was sie nur sich selbst zuzuschreiben hatte.

„Du hast alles verkauft.“ Lorissa Barrett, ihre beste Freundin und Halbtagshilfe im „Wild Cherries“, betrachtete erstaunt die leeren Auslagen. „Na ja, bis auf die Brownies. Du machst abscheuliche Brownies.“

„Herzlichen Dank.“

Aber Lorissa hatte recht. Bis auf die Brownies war alles verkauft worden, einschließlich der neuen Puten-Mango-Sandwiches. Samantha fielen andauernd solche originellen Rezepte ein, und sie konnte die leckersten Kekse backen, die man sich vorstellen konnte, aber bei Brownies versagte sie jedes Mal. Sie wusste auch, warum, dachte nur nicht gern daran.

„Tut mir leid.“ Lorissa lehnte sich lächelnd an den Tresen, aber dann wurde sie plötzlich ernst.

„Oje“, sagte Samantha. „Was ist los?“

„Nichts.“

„Wenn es nichts ist, warum starrst du mich dann so an?“

„Tu ich doch gar nicht.“

Samantha zuckte die Achseln und machte sich daran, den Tresen abzuwischen.

Lorissa seufzte. „Na gut, ich hätte da eine winzige Bitte.“

„Vergiss es.“ Es war ein heißer Tag, und Samantha wischte sich den Schweiß von der Stirn.

„Du kannst eine Bitte nicht einfach zurückweisen, ohne zu wissen, worum es geht.“ Lorissa warf ihr langes, wild gelocktes rotes Haar nach hinten und zog einen Schmollmund. Was bei Männern ja Wirkung haben mochte, aber nicht bei Samantha.

„Und ob ich das kann. Tatsächlich habe ich eben genau das getan.“ Samantha ging zu den grellroten Plastiktischen, um auch sie abzuwischen, wobei sie den wundervollen Sonnenuntergang über dem Pazifik betrachtete. „Wenn du eine Bitte in diesem trübseligen Ton erwähnst, dann brauche ich nicht lange zu überlegen.“ Samantha rieb sich die verspannten Nackenmuskeln und überlegte, dass ein Mitternachtsbad genau das wäre, was sie brauchte – wenn sie schon keinen Mann hatte.

„Du könntest dir wenigstens anhören, was ich möchte.“

„Ich will kein Blind Date“, erklärte Samantha nachdrücklich.

Lorissa verdrehte die Augen. „Das ist ja richtig unheimlich, wie du meine Gedanken liest.“

„Dazu braucht man wahrhaftig kein Medium zu sein. Du hast gerade eine heiße Affäre mit diesem reichen Cole begonnen, und er bittet dich ständig, seine Freunde mit deinen Freundinnen zusammenzubringen.“

„Entschuldige. Das kommt davon, dass du nun mal meine allerallerbeste Freundin bist.“

„Schmeicheleien werden dir auch nicht helfen.“ Samantha trat auf die überdachte Veranda. Die Tische waren alle sauber. „Weißt du, ich habe all die fürchterlichen Blind Dates, die du im Lauf der Jahre für mich arrangiert hast, mit einer wahren Engelsgeduld ertragen. Aber was genug ist, ist genug.“

„Sie waren nicht alle fürchterlich.“

„Ich sage nur eins – der Typ mit den Zehen.“

„Das kann ich dir erklären. Ich hatte keine Ahnung, dass du bei Füßen so empfindlich bist. Woher sollte ich von seinem Unfall mit dem Rasenmäher wissen?“

„Ich will heute Abend keine Verabredung.“

„Gut. Denn sie soll sowieso erst morgen stattfinden.“

Samantha ging in die Küche zurück, wo sie automatisch weiterputzte. Jetzt brauchte sie nur noch das Licht auszumachen, dann war sie fertig. Sie konnte ausgehen oder einfach in den ersten Stock laufen, wo sie eine hübsche kleine Wohnung hatte. Sehr klein, wenn sie ehrlich war, aber sie gefiel ihr, und sie gehörte allein ihr. „Morgen habe ich schon was vor.“

„Bitte, Samantha. Nur dieses einzige Mal, und dann bitte ich dich nie wieder um etwas.“ Lorissa unterstrich ihre Worte mit einem gekonnten Augenaufschlag. „Cole sagt, der Typ ist stinkreich.“

„Und trotzdem schafft er es nicht, eine Frau zu finden, die sich mit ihm verabredet.“ Samantha knipste die Lichter aus.

„Hör zu.“ Lorissa presste die Finger an die Schläfen und schloss einen Moment die hellbraunen Augen. „Der Mann, um den es geht, gefällt mir wirklich sehr, Sammie.“

Samantha kannte Lorissa seit ihrer Zeit im Kindergarten, also seit über zwanzig Jahren. Sie hatten schon so viel zusammen durchgestanden – die hässliche Scheidung von Lorissas Eltern, den Selbstmord ihrer Mutter, als Lorissa und Samantha zwölf waren, und den Tod einer Freundin durch eine Überdosis Drogen, als Lorissa und Samantha dreizehn gewesen waren. Und als sie gerade die achte Klasse beendet hatten, verlor Samantha ihre Eltern bei einem Autounfall.

All diese Schicksalsschläge hatten sie irgendwie überlebt, jede auf ihre Art. Lorissa war bei ihrem Vater und seiner neuen Frau geblieben, hatte es eine Weile mit dem College in San Diego versucht, dann aber beschlossen, dass Studieren nichts für sie war. Jetzt zeichnete sie am Strand Karikaturen und war so gut, dass sie sich auf dem jedes Wochenende stattfindenden Kunstmarkt in Malibu damit ihren Lebensunterhalt verdienen konnte. Dieses Einkommen ergänzte sie, indem sie wochentags im „Wild Cherries“ beim Servieren half – wenn sie nicht gerade surfen ging.

Samantha hatte nach dem Tod ihrer Eltern bei Red gelebt, einem Bruder ihrer Mutter, der weder mit einem trauernden Kind etwas anzufangen wusste noch mit seiner eigenen Trauer. Der Unfall, der ihre Eltern das Leben gekostet hatte, war durch die Schuld ihres Vaters verursacht worden, und nach einigen Jahren war Samanthas Erbe fast aufgebraucht. Sie hatte schon früh angefangen, in Reds Café, dem „Wild Cherries“, zu arbeiten, und war zufrieden damit gewesen, ihre Freunde zu haben und den Augenblick zu genießen – morgens surfen und nachmittags servieren für ihren kauzigen Onkel Red.

Die Jahre vergingen, und nur sehr wenig änderte sich. Red setzte sich zur Ruhe, und Samantha sparte und nahm einen Kredit auf, um ihm das Café abzukaufen. Jetzt war sie sechsundzwanzig, und die Dinge liefen gut. Vielleicht war sie im Umgang mit den Männern, die sie kennenlernte, etwas zu zurückhaltend und beschränkte sich aufs rein Körperliche, aber genau so wollte sie es auch.

Genau wie sie hatte auch Lorissa Schwierigkeiten, sich zu binden. Dass sie öfter als ein Mal mit einem Mann ausging, kam sehr selten vor, geschweige denn, dass sie auch noch zugab, jemanden gern zu haben.

„Bist du dir wegen Cole sicher?“, fragte Samantha sie jetzt. „Du weißt, wie reiche Typen sind. Es ist mit ihnen wie mit zu gut aussehenden Männern – am Ende erweisen sie sich immer als Mistkerle.“

„Dieser nicht.“ Lorissa lächelte. „Bitte, bitte, Samantha. Nur dieses eine kleine Treffen. Ein kurzer Abend deines Lebens …“

„Ja.“ Samantha war noch ganz benommen von dem Schock, dass Lorissa tatsächlich bereit war, das Risiko einzugehen und sich in Cole zu verlieben. „In Ordnung.“

„Es wird sicher nicht so schlimm sein, und du kannst mich ja alle paar Minuten übers Handy anrufen. Wenn du mich brauchst, komme ich und rette dich, das schwöre ich. Ich …“

„Ich sagte doch schon Ja.“

„Ich gebe dir …“

„Lorissa, ich tu’s!“

Lorissa sah sie verblüfft an und lächelte dann erleichtert. „Wirklich?“

„Aber wenn ihm Haarbüschel aus den Ohren wachsen, er nach Knoblauch stinkt oder mich zu begrapschen versucht, verschwinde ich auf der Stelle.“

Lorissa strahlte. „Einverstanden.“

Na, wunderbar, dachte Samantha. Sie sah auf den Ozean hinaus, nachdem sie das Café abgeschlossen hatte. Wellen von über einem halben Meter schlugen auf den Strand auf. Ein Jogger und einige wenige Spaziergänger liefen am Strand entlang. Für einen so heißen Abend Ende August war es sehr ruhig. „Lass uns schwimmen gehen.“

Lorissa sah auf die Uhr, was sie nur sehr selten tat. Samantha konnte es nicht fassen, dass ihre Freundin überhaupt eine Uhr trug. „Ich habe nur eine Stunde, bevor ich mich mit Cole treffe.“

„Seit wann ist es dir so wichtig, pünktlich zu sein? Ich erkenne dich nicht wieder.“

„Er stellt mich seinen Eltern vor.“

Samantha hielt den Atem an. So ernst war es schon? „Kennt ihr euch nicht erst seit einer Woche?“

„Ja, aber es kommt mir vor wie ein ganzes Leben“, meinte Lorissa mit einem verträumten Seufzer.

Während sie auf das Wasser zugingen, sagte Samantha besorgt: „Was macht er noch mal?“

„Marketing.“

„Marketing.“ Klingt ziemlich vage, dachte Samantha und zog sich aus.

Lorissa und sie trugen wie immer ihren Bikini unter ihren Kleidern, sodass sie sich schnell mit ihren Surfbrettern in die Wellen werfen konnten.

„Du wirst ihn gern haben, das verspreche ich dir“, sagte Lorissa.

Samantha war sich nicht so sicher. Insgeheim hasste sie den Kerl ein wenig, der das Herz ihrer besten Freundin erobert hatte. Wenn er es wagen sollte, Lorissa schlecht zu behandeln, würde sie …

„Was mich an etwas erinnert.“ Lorissa zog eine Grimasse. „Es gibt da eine kleine Bedingung für dein Date.“

„Bedingung?“

„Der Mann ist nicht nur Coles Freund, sondern auch ein Klient. Die Abmachung ist, dass du mit ihm zu einer großen Wohltätigkeitsveranstaltung gehst.“

„Oh. Ich muss mich also in Schale schmeißen?“

„Genau. Du bist beim Dinner und während der Auktion nett, und du darfst nicht mit der Presse reden.“

„Wer ist dieser Mann?“

„Er ist reich. Das sagt ja wohl alles.“

„Na, prima.“ Samantha stellte sich einen öligen, blasierten Geschäftsmann vor, der auf Hollywoodstar machte.

„Einverstanden? Du magst die Presse ja sowieso nicht, also sollte das kein Problem sein, oder?“, fragte Lorissa besorgt.

Der morgige Abend würde eine einzige lange, quälende Geduldsprobe werden. Samantha hatte nichts dagegen, mit Männern auszugehen. Im Gegenteil. Aber dass der Mann, den sie sich nicht einmal selbst ausgesucht hatte, dann auch noch Bedingungen stellte, störte sie irgendwie. Doch Lorissa sah sie so hoffnungsvoll an, dass Samantha ein kleines Lächeln zustande brachte. „Natürlich nicht.“

„Danke, Sammie. Dafür schulde ich dir etwas.“

„Ja, und vergiss das bitte nicht.“

Damit warfen sie sich beide mit ihren Surfbrettern in die heranrollenden Wellen.

Am nächsten Abend trieb Samantha auf dem Rücken im Wasser und beobachtete den Sonnenuntergang. Es war die wunderschöne Zeit zwischen Tag und Nacht, wenn die Vögel und Sterne sich um die Vorherrschaft am dämmerigen Himmel stritten. Es wehte kein Lüftchen, und es war immer noch heiß, während das angenehm kühle Wasser über ihrem Bauch schwappte.

Samantha konnte sich gut vorstellen, ewig so dahinzutreiben und nie genug davon zu bekommen.

„Sam!“

Verdammt! Lorissa hatte sie gefunden und wahrscheinlich gerade rechtzeitig für ihre Verabredung. Wenn sie nach der Lautstärke ihrer Flüche ging, blieb ihr herzlich wenig Zeit, aber sie streckte sich trotzdem genüsslich im Wasser und versuchte, ihre Zweifel davonschwimmen zu lassen. Sie hatte nicht oft Sorgen – das redete sie sich jedenfalls ein –, aber heute war das anders.

Sie wünschte, sie hätte diesem Date nicht zugestimmt. Sie wollte den Abend lieber mit einer riesigen Schüssel Popcorn vor dem Fernseher verbringen als mit einem Mann, den sie nicht kannte.

„Samantha Anne O’Ryan komm gefälligst sofort aus dem Wasser!“

Mit einem Seufzer riss Samantha ihr Surfbrett herum und ritt auf einer Welle bis zum Strand. Lässig strich sie sich das lange blonde Haar aus den Augen und grinste Lorissa an. „Hi.“

Lorissa blieb ernst. „Das finde ich nicht besonders witzig.“

„Na schön, ich bin ein bisschen spät dran. Doch mir bleiben immerhin noch ganze zehn Minuten, bevor er mich abholt.“

„Er ist schon da.“

„Oh Mann!“ Samantha fing das Tuch auf, das Lorissa ihr ins Gesicht warf. „Ach, du meine Güte! Ein überpünktlicher Neurotiker.“

„Ich habe ihm ein Wasser serviert. Er sitzt an einem Tisch im Café.“

„Aber ich habe doch schon abgeschlossen.“

„Ich habe gerade wieder aufgemacht. Ich schließe ab, wenn ihr gegangen seid. Komm jetzt. Wir schleichen uns durch die Hintertür hinein und verschwinden im Bad, wo du dich schick machen kannst.“

Samantha sah an sich herab. Sie war von oben bis unten mit Sand bedeckt und hatte blaue Flecken an Schenkeln und Hüfte, weil sie heute Morgen vom Brett gefallen war. „Ich sehe doch prima aus.“

Lorissa sah sie streng an.

„Schon gut, war nur ein Scherz. Entspann dich doch endlich. Ich bin schließlich diejenige, der ein stinklangweiliger Abend bevorsteht, nicht du.“

Vorsichtig gingen sie durch die Hintertür ins Café, und Lorissa drückte Samanthas Kopf nach unten, damit sie hinter dem Tresen nicht gesehen werden konnte. Als sie im Badezimmer waren, betrachtete Samantha sich im Spiegel. Ihr Haar war ein undurchdringlicher Urwald, und sie trug kein Make-up.

„Mach dich zurecht, du siehst entsetzlich aus“, befahl Lorissa.

Samantha unterdrückte einen Fluch und fing an, sich den Sand abzurubbeln. Dann hielt sie den Kopf unter den Wasserhahn, um das Salz herauszuspülen. „Handtuch.“ Blind griff sie danach und trocknete sich ab.

„Und denk daran, nicht mit der Presse zu reden“, wies Lorissa sie an, während sie versuchte, Samanthas Haar zu kämmen.

„Ja, ja.“ Samantha nahm das schwarze Cocktailkleid vom Haken an der Tür und schlüpfte hinein. „Und glaub nicht, mir ist nicht aufgefallen, dass du nichts über sein Aussehen gesagt hast.“ Sie berührte ihr Haar, als sie sich wieder im Spiegel betrachtete. Schön sah es nicht gerade aus. „Wo ist der Föhn?“

„Der ist doch vor sechs Monaten explodiert, und du hast keinen neuen gekauft“, erinnerte Lorissa sie.

„Stimmt. Kein Problem.“ Samantha steckte ihr Haar hoch und suchte nach etwas, womit sie es zusammenhalten konnte.

Lorissa verdrehte die Augen, nahm die glänzende schwarze Spange aus ihrem Haar und gab sie Samantha. „Und jetzt das Make-up.“

Samantha hielt Lorissa das Gesicht entgegen und ließ sich von ihr Rouge, Mascara und Lippenstift auftragen.

Lorissa drückte Samantha den Lippenstift in die Hand. „Behalt den und leg immer wieder mal frisch auf. Und jetzt ist es Zeit …“

Ein lautes Klopfen an der Tür unterbrach sie, und gleich darauf war eine Männerstimme zu hören. „Hallo?“

Samantha hob vielsagend die Augenbrauen.

„Äh … hi“, sagte er hinter der Tür. „Glauben Sie, wir könnten irgendwann mal in die Gänge kommen?“

„Ein wahrer Charmeur“, flüsterte Samantha.

„Ich bin sicher, er hat es …“

Noch ein Klopfen. „Hallo, da drin?“

„… nur eilig“, fuhr Lorissa fort.

„Na ja, ich hoffe nur, dass er ein heißer Typ ist“, meinte Samantha. Nach einem letzten tiefen Atemzug riss sie die Tür auf – und blickte auf die breite Brust ihres Dates.

„Ich denke, was das Aussehen angeht, wird es kein Problem“, flüsterte Lorissa ihr kichernd ins Ohr.

Zum Glück bin ich recht groß, dachte Samantha, während sie den Kopf hob, denn dieser Mann muss über eins neunzig sein.

„Oh, gut“, sagte er erleichtert und ließ den Blick über ihren schlanken Körper gleiten. „Sie sind fertig.“ Er reichte ihr seinen Arm, den sie aber nicht nahm.

„Ich gehe nicht mit namenlosen Männern aus“, erklärte sie.

Er wirkte erstaunt. „Jack Knight“, erwiderte er mit seiner leicht heiseren Stimme.

Kein schlechter Name, das musste man ihm lassen. Irgendwie klang er sogar vertraut. „Samantha O’Ryan.“

„Ja, ich weiß. Freut mich, Sie kennenzulernen.“ Er trug einen Smoking und war zu Samanthas Erleichterung weder hässlich noch fett, sondern eindeutig ein heißer, sexy Typ mit seinem dunklen Haar und den noch dunkleren Augen, dem breiten, sinnlichen Mund, der im Moment nicht lächelte, aber gute Voraussetzungen dafür zu haben schien. Und als wäre das noch nicht genug, hatte er auch noch einen großen, muskulösen Körper. Eine wirklich nette Kombination, das musste sie zugeben.

Nicht dass ihr Äußerlichkeiten so wichtig wären, aber auf dem Weg hierher war ihr der wuchtige schwarze Geländewagen vor dem Café aufgefallen. Der Mann musste wirklich sehr reich sein, um sich ein solches Fahrzeug leisten zu können, und reiche Männer hatten in der Regel auch nicht viel mehr, was für sie sprach. Also machte sie sich für ihren Abend keine großen Hoffnungen.

Aber sie hatte es Lorissa versprochen, mit ihm auszugehen, also legte sie ihre Hand auf seinen Arm und ließ sich aus dem Café führen.

„Wir hätten uns wahrscheinlich an einem sicheren Ort treffen sollen“, sagte Jack.

Flüchtig registrierte Samantha, dass er das rechte Bein ein bisschen nachzog, als wollte er es schonen. Doch seine Bemerkung lenkte sie davon ab. „Es ist völlig sicher“, sagte sie und blickte auf ihr Café zurück.

„Jetzt vielleicht, aber ich möchte Sie später nicht in einem gottverlassenen Loch absetzen, wenn es dunkel ist. Es gibt hier keine Beleuchtung.“

„Moment mal“, entgegnete sie leicht gereizt. „Dieses Loch, wie Sie es nennen, gehört mir, und ich hänge zufällig sehr daran, ob es nun eine Beleuchtung hat oder nicht.“ Sie hatte abends nie geöffnet, also hatte sie es auch nie für nötig gehalten, vor dem Gebäude Lampen anbringen zu lassen.

Sie sah trotzig zu ihm auf, nachdem er die Beifahrertür geöffnet hatte und sich zu ihr umdrehte. Aber sein Gesichtsausdruck nahm ihr den Wind aus den Segeln. Er sah sie reumütig und schuldbewusst an.

„Ich wollte nicht …“

„Ach, vergessen Sie’s.“ Sie war nicht bereit, auf diesen süßen Unschuldsblick hereinzufallen.

„Nein, wirklich.“ Jack rieb sich den Nasenrücken. „Hören Sie, ich scheine ja einen tollen Eindruck gemacht zu haben.“

Samantha lächelte unwillkürlich. „Macht Ihnen das was aus?“

„Das sollte es vielleicht nicht, aber irgendwie tut es das doch.“ Sein Lächeln war ehrlich, und es brachte ihren Puls zum Rasen. „Ich möchte diesen Abend mit Ihnen genießen.“

„Warum? Weil ich einigermaßen hübsch bin?“

„Mehr als nur einigermaßen“, erwiderte er leichthin. „Nein, nicht nur weil Sie sich als eine ausgesprochen erfreuliche Überraschung entpuppt haben, sondern weil wir uns genauso gut amüsieren können, wenn wir schon miteinander ausgehen.“

„Sie meinen, wenn wir schon den ganzen Abend über aneinandergekettet sind?“

Sein Lächeln vertiefte sich, und Samanthas Puls beschleunigte sich noch mehr. „Ja, so ungefähr.“

„Lassen Sie das“, sagte sie und wies auf seinen Mund.

„Was soll ich lassen?“

„Das Lächeln.“

„Warum? Habe ich was zwischen den Zähnen?“

Garantiert war ihm klar, dass sie das nicht meinte. Ein Mann wie er wusste sehr wohl, wie gut er aussah. „Hören Sie zu. Ich möchte von Anfang an ehrlich mit Ihnen sein.“

„Ja, bitte.“

„Ich habe eine lange Reihe grauenerregender Blind Dates hinter mir und bin entschlossen, Sie mit den Schlimmsten unter ihnen über einen Kamm zu scheren. Aber das kann ich nicht tun, wenn Sie so lächeln.“

Sein Lächeln wurde noch breiter. „Wirklich? Nun, mir geht es ähnlich. Ich habe eine Idee. Warum fangen wir nicht noch mal von vorn an?“ Er streckte die Hand aus. „Hi, ich heiße Jack Knight.“

„Ich lasse mich auf nichts ein. Sie können sich immer noch als Katastrophe erweisen.“

„Ja.“ Er rieb sich das Kinn. „Sie könnten recht haben.“

Samantha stieg in seinen Wagen. „Das habe ich meistens.“

Er lachte. „Etwas sagt mir, dass der Abend interessanter sein wird, als ich gedacht habe.“ Er ging um den Wagen herum und ließ seinen langen Körper hinter das Lenkrad gleiten.

„Ist das gut oder schlecht?“

Er sah sie an und startete den Motor. „Ich bin nicht sicher.“

„Also lassen wir es offen.“ Samantha schnallte sich an und wappnete sich für den bevorstehenden Abend. Aber ein kleines erwartungsvolles Lächeln umspielte ihren Mund.

2. KAPITEL

Vor einiger Zeit hatte man Jack einmal den Spitznamen „Skandal“ gegeben, indem sie ihn Jack „Scandal“ Knight tauften.

Er war nicht froh gewesen über seinen zweifelhaften Ruf, aber die Klatschblätter hatten ihn verurteilt, ohne ihm das Recht auf Verteidigung zuzugestehen.

Heute Abend hatte er nur einen Gedanken – den Abend möglichst reibungslos hinter sich zu bringen. Ohne Skandal. Ohne Überraschungen. Er würde einfach nur erscheinen, Geld für die von seiner Schwester bevorzugte Wohltätigkeitsorganisation sammeln, die unterprivilegierten Kindern half, und dann würde er wieder seiner Wege gehen.

Das sollte ihm eigentlich nicht schwerfallen. Der Trick bestand darin, dass man sich zwar zeigte, aber Distanz wahrte. Man agierte mit professioneller Höflichkeit, jedoch ohne besondere Freundlichkeit. Dieses Talent hatte er sich schwer erkämpft, und es hatte ihn ungeahnten Schmerz und Kummer gekostet, aber es war etwas, das jede in der Öffentlichkeit stehende Persönlichkeit am Ende lernen musste.

Er hatte nie wirklich das Rampenlicht der Medien verlassen können, aber das war auf seine Zeit als Jack Scandal Knight zurückzuführen. Inzwischen hatte er eigentlich geglaubt, dass sich niemand mehr für ihn interessierte, aber erst letzte Woche, als er mit ein paar Freunden zu einem Basketballspiel gegangen war, war ihm ein Reporter sogar bis auf die Toilette gefolgt. Jack hatte am Becken gestanden, und der Typ war doch tatsächlich zu ihm gekommen, hatte ihn fotografiert und ihn um ein Autogramm gebeten. Die Situation war so lächerlich gewesen, dass Jack lachen musste. Fünf Tage später stand in allen Zeitungen, dass er unhöflich gewesen war und ein Autogramm verweigert hatte.

Das war der Nachteil, wenn man ein Basketballidol war. Er hatte nirgendwo seine Ruhe, und das, obwohl mittlerweile ein Jahr vergangen war, seit er sich sein Knie verletzt hatte und sein Team verlassen musste.

Zunächst waren die Paparazzi natürlich regelrecht über ihn hergefallen und hatten selbst dann über ihn berichtet, wenn er nur geniest hatte. Sie hatten ihn gnadenlos gejagt, ohne sich dabei klarzumachen, dass seine Entscheidung, den Sport aufzugeben, ihn fast zerstört hatte.

Und immer noch verfolgten sie ihn. Er wusste nicht, ob es daran lag, dass seine Mannschaft ohne ihn nicht die Meisterschaft gewonnen hatte, oder dass man ihn dabei ertappt hatte, wie er Kinder in seiner Nachbarschaft trainierte. Vermutlich nahmen die Paparazzi an, dass er aus dem aufgezwungenen Ruhestand zurückgekehrt war.

Aber das war nicht möglich. Er würde nie wieder Leistungssport betreiben können. Zwei Operationen hatten zwar sichergestellt, dass er normal gehen konnte, aber das war auch alles. Und wenn er ehrlich war, dann fehlte ihm das Basketballspielen auch nicht genug, dass er dafür den Tanz mit der Presse wieder aufnehmen wollte.

Die Wohltätigkeitsveranstaltung heute Abend, von seiner Schwester sorgfältig geplant, würde ein Albtraum für ihn werden. Und doch hatte er eingewilligt zu kommen, weil seine Anwesenheit den Kindern, für die Heather sich so sehr einsetzte, viel Geld einbringen würde. Dieses Jahr versuchte sie Geld für einen neuen Sportplatz aufzutreiben, und er unterstützte sie, so gut er konnte, und hatte sogar ein paar Mal mit den Kindern trainiert.

Er warf der Frau neben sich einen verstohlenen Blick zu, während er den Pacific Coast Highway entlangfuhr. Heather würde bestimmt erfreut sein über Samantha O’Ryan mit ihren strahlenden grünen Augen, den glänzenden Lippen und dem hübsch aufgestecktem blondem Haar. Ein paar lange Strähnen fielen verführerisch auf ihre Schultern, und Jack wünschte sich, er könnte sie berühren. Ihr Look war kultiviert und elegant, aber doch auch ein wenig unordentlich, als wollte sie jedem zu verstehen geben, dass sie das damenhafte Image jederzeit ablegen und ganz locker sein könnte, wenn sie wollte. Er fand sie sehr sexy. Ihr kurzes, enges, schwarzes Kleid schmiegte sich so perfekt an ihre bemerkenswerten Rundungen, dass Jack sich nur zu seinem Date gratulieren konnte.

Danke, Cole, dachte er und sagte laut zu Samantha: „Ich bin Ihnen dankbar für Ihre Hilfe.“

Sie zuckte mit den Schultern und hielt das Gesicht in den kühlen Luftstrom der Klimaanlage. Sie seufzte wohlig, und Jacks Herz schlug schneller. „Warum sollte ich etwas gegen eine schöne Fahrt und ein kostenloses Dinner haben?“

„Und doch hatten Sie ursprünglich keine Lust zu kommen.“ Er konnte es immer noch nicht fassen, dass sie ihn nicht erkannt hatte, aber statt beleidigt zu sein, war er amüsiert und fand ihr Verhalten seltsam erfrischend. „Sie sagten doch, dass Sie Angst hätten, ich könnte mich als Ihr schlimmster Albtraum entpuppen.“

„Der Abend ist ja noch jung“, entgegnete sie trocken.

„Was könnte denn jetzt noch schiefgehen?“

„Sie könnten mit offenem Mund kauen oder einen Zeh zu viel haben.“

Jack schüttelte den Kopf. „Einen Zeh zu viel?“

„Hässliche Füße sind nicht erlaubt.“

„Sie würden nicht mit einem Mann ausgehen, der hässliche Füße hat?“

„Nicht, wenn ich es wüsste.“

Er wackelte unwillkürlich mit den Zehen, dankbar, dass es nur zehn waren, aber nicht so sicher, ob sie hässlich waren oder nicht. „Sie sind unerbittlich, was?“

„Genau.“

Er nickte. Das konnte er akzeptieren. Er selbst war nicht anders. Allerdings nicht Frauen gegenüber. Er hatte noch nie eine Frau aus seinem Bett verbannt, weil sie hässliche Füße hatte, so viel war schon mal sicher.

„Warum hat ein Mann wie Sie es nötig, sich auf ein Blind Date einzulassen?“ Samantha warf ihm einen neugierigen Blick zu. „Sie sind schließlich nicht gerade hässlich oder geistlos.“

Er lachte. „Sagen wir einfach, dass ich ein wenig aus der Übung bin, und wenn ich heute Abend nicht mit einer Frau an meiner Seite auftauche, wird meine Schwester mit schweren Geschützen auffahren.“

„Was für schwere Geschütze?“

„Ihre Freundinnen. Und deren Freundinnen und deren Freundinnen und so weiter.“ Er verzog den Mund. „Glauben Sie mir, es ist fürchterlich.“

Samantha lächelte verständnisvoll, und Jack vergaß einen Moment, dass er am Steuer saß, und sah sie an. Mit diesem Lächeln konnte sie jeden Mann um den Finger wickeln. Er schluckte und schaute wieder nach vorn. „Und Ihnen gehört also das ‚Wild Cherries‘.“

„Ja.“

„Muss nett sein, jeden Tag bekocht zu werden.“

Sie lachte. „Die Köchin bin ich selbst. Und ich serviere auch, und in letzter Zeit hatten wir wahnsinnig viel zu tun, also sollte ich mir eigentlich eine Gehaltserhöhung geben. Meine beste Freundin Lorissa hilft ab und zu aus, aber es bleibt trotzdem meistens sehr viel für mich zu tun.“

„Ich bin beeindruckt. Ich bestelle mir mein Essen meistens nach Hause. Wie schaffen Sie das alles bloß?“

„Das Café ist recht klein, wie Sie ja gesehen haben, und wir öffnen nur mittags und nachmittags, also ist es nicht so schlimm.“

„Was Ihnen also Zeit lässt …“

„Genug über mich, finde ich. So aufregend bin ich nicht. Erzählen Sie mir von sich.“

„Glauben Sie mir, Samantha, ich bin auch nicht besonders aufregend.“

„Irgendwie bezweifle ich das. Sie leben gut, ziehen sich gut an. Also müssen Sie schon einen außergewöhnlichen Beruf haben.“

„In letzter Zeit nicht.“

„Sie sind also nur reich und tun nichts?“

„Ja.“

Sie zuckte nur die Achseln, offensichtlich nicht besonders beeindruckt.

Ihre Gelassenheit gefiel ihm. Zum ersten Mal seit Jahren spürte Jack, dass er sich entspannen konnte, weil er mit jemandem zusammen war, der nichts von ihm erwartete. Samantha war kein Groupie, sie hatte nicht vor, sich wegen seiner Berühmtheit wie eine Klette an ihn zu hängen, sie war einfach nur eine Frau, die einen netten Abend verbringen wollte.

„Ich bin im Ruhestand“, erklärte er. Er wartete auf ein Lachen, auf neugierige Fragen.

Aber Samantha nickte nur. „Was immer Sie gemacht haben, bevor Sie aufhörten, es muss gut gelaufen sein, sonst könnten Sie sich das nicht leisten.“

„Ja, das stimmt.“ Sehr gut sogar. Er war ein herausragender Sportler gewesen, aber die Presse erinnerte sich nur an die Skandale, die sein Team und er verursacht hatten. Sein Leben jetzt war einfacher und weniger aufreibend. Außerdem hatte er sich mittlerweile daran gewöhnt, nicht mehr zu spielen. Alles in allem war er glücklicher denn je.

Und vielleicht ein bisschen gelangweilt.

Er verließ den Pacific Coast Highway und fuhr auf das Grundstück des vornehmen Country Clubs. Die lange Auffahrt wurde von Palmen gesäumt. Am Horizont lag die untergehende Sonne wie ein halbierter Ball auf dem glänzenden Ozean und verlieh der Landschaft einen atemberaubenden Zauber.

Samantha warf einen Blick auf das beeindruckende Clubgebäude, das von einem prächtigen Garten umgeben war, und stieß einen Laut aus, der halb amüsiert, halb verärgert klang.

„Gibt es ein Problem?“, fragte Jack, nachdem er geparkt und den Motor abgestellt hatte.

„Machen Sie Witze? Es ist hinreißend. Pompös, aber hinreißend.“ Ihre Stimme klang plötzlich zaghafter, leiser. „Ich bin sicher, das Essen ist fantastisch.“ Sie lächelte schief. „Sagen wir einfach, dass ich mich in der Küche besser fühlen würde als im Salon.“

Diese Bemerkung hätte Jack von einer so selbstbewussten, energischen Frau nicht erwartet, und er verspürte plötzlich den unerklärlichen Drang, sie vor allen Widrigkeiten zu beschützen.

Aber bevor er etwas sagen konnte, stieg Samantha aus und überließ es ihm, ihr zu folgen. Was kein leichtes Unterfangen war mit seinem schmerzenden Knie. Er hatte es diese Woche beim Training mit den Kids ein wenig übertrieben. Schnell ging er um das Auto herum und konnte Samantha gerade noch am Arm festhalten. „Ich dachte, wir könnten vielleicht zusammen hineingehen“, schlug er vor.

„Ja, okay.“ Verlegen erwiderte sie sein Lächeln. „Tut mir leid.“

„Das braucht es nicht.“ Himmel, was für Augen sie hatte! Sie war zauberhaft. „Hören Sie, Sie scheinen sich unbehaglich zu fühlen. Wie kann ich das ändern?“

Samantha sah ihn sekundenlang an. „Das haben Sie schon.“

Er berührte zart ihre Wange und stellte überrascht fest, dass er sich richtig glücklich fühlte. „Gut.“

„Entschuldigen Sie, Mr. Knight, könnte ich ein Autogramm und ein Foto haben?“

Der Mann mit der großen Kamera und dem Presseausweis war wie aus dem Nichts aufgetaucht, und Jack straffte unwillkürlich die Schultern. „Das Autogramm gern“, sagte er. „Aber das Foto lassen wir bleiben.“

Ein grelles Licht explodierte vor seinen Augen. Sehr nett. Als Jack wieder sehen konnte, war der Mann verschwunden. „Entschuldigen Sie“, sagte Jack zu Samantha und nahm ihre Hand.

„Wer war das?“

„Eine Plage. Kommen Sie.“ Die Veranda, die man überqueren musste, um in den Club zu gelangen, war mit einem weißen Teppich ausgelegt. Von der Decke hingen Töpfe, die überquollen von bunten Blumen. Am Ende des Teppichs standen Paparazzi, die zweifellos auf die berühmten Gäste warteten, die auf der Gästeliste standen.

Also auf ihn.

Jacks Haut begann zu jucken. Er wusste, dass er den Sensationsreportern irgendetwas bieten musste, wenn er den Rest des Abends Ruhe vor ihnen haben wollte. „Bleiben Sie dicht bei mir.“

„Was ist hier los, Jack?“

Er zog sie vom Weg herunter und auf den Rasen. Samantha schnappte erstaunt nach Luft und schwankte ein wenig, als ihre hohen Absätze im Rasen einsanken.

„Huckepack oder auf die Arme?“, fragte er.

„Was?“

„Wir gehen hinten herum.“

Jede andere Frau, die er kannte, hätte ihn nur kühl angestarrt, als hätte er den Verstand verloren, und hätte ihm womöglich sogar eine Szene gemacht. In jedem Fall hätte sie jedermanns Aufmerksamkeit erregt, indem sie sich über ihre ruinierten Absätze beschwert hätte.

Mit Samantha war das anders.

Sie schlang sich den langen Riemen ihrer kleinen schwarzen Abendtasche über den Kopf und eine Schulter, dann zog sie ihr Kleid bis zu den Schenkeln hoch. „Huckepack.“

Er hätte sie küssen können. Stattdessen drehte er ihr den Rücken zu und ging ein wenig in die Hocke.

Sie lehnte sich gegen ihn. „Okay.“

Er packte ihre Beine, die fest und schlank waren, genau wie die Arme, die seinen Hals umschlangen. „Halten Sie sich fest“, sagte er und genoss das Gefühl ihres straffen biegsamen Körpers an seinem und der losen Strähnen ihres blonden Haars, die seinen Nacken kitzelten.

„Alles klar“, flüsterte sie, den Mund ganz dicht an seinem Ohr.

Ein heißer Schauer überlief ihn und erinnerte ihn daran, dass es eine ganze Weile her war, dass eine Frau seinen Jagdinstinkt geweckt hatte, weil Frauen es ihm oft viel zu leicht machten, sie zu erobern. Der Abend wurde immer interessanter. Obwohl es immer noch sehr warm war, bewegte Jack sich schnell, wobei er das Ziehen in seinem Knie zu ignorieren versuchte. Stattdessen konzentrierte er sich auf den athletischen und doch so weichen Körper, der sich eng an ihn schmiegte.

Sie erreichten die Reihe der Palmenbäume, ohne entdeckt zu werden. Jetzt waren sie weit genug vom Weg entfernt, um aus der Ferne nicht erkannt werden zu können. „Alles okay da hinten?“

„Hm.“

Unwillkürlich schloss Jack die Hände fester um ihre nackten Beine. Was so unschuldig begonnen hatte, war plötzlich aufregend geworden.

„Sind Sie okay?“, fragte sie, und wieder erschauerte er.

Ob er okay war? Er kam fast um vor Hitze, aber das hatte nichts mit dem Wetter zu tun. „Glauben Sie mir, ich bin hier derjenige, der das große Los gezogen hat“, versicherte er ihr.

Sie erreichten das Gebäude, und Jack machte sich auf zum Kücheneingang. Schließlich verließ er den Rasen und ließ ziemlich widerwillig Samanthas Beine los, damit sie von seinem Rücken steigen konnte.

Und genau das tat sie jetzt. Er spürte jeden einzelnen Zentimeter von ihr, als sie an ihm herabrutschte, dann drehte er sich um. Bevor er etwas sagen konnte, wurde die Tür aufgerissen und Heather stand in einem langen golden schimmernden Kleid vor ihm, das dunkelbraune Haar zu einer komplizierten Frisur hochgesteckt. „Du hast es geschafft“, sagte sie erleichtert. „Schnell, komm rein.“

„Du hast der Presse Bescheid gesagt“, erklärte er vorwurfsvoll.

„Ja, Jack. Aber nur weil die lästigen Kerle mir indirekt helfen, indem sie die Veranstaltung überall bekannt machen werden. Also vergiss sie. Ich habe dafür gesorgt, dass jeder Einzelne von ihnen brav den Eintritt von tausend Dollar bezahlt hat.“ Heather lotste Samantha und Jack in eine große Küche, in der geschäftiges Treiben herrschte. Kellner eilten hin und her und füllten ihre Tabletts.

Heather schloss die Tür hinter ihnen und umarmte Jack. „Du bist ein Schatz, dass du mir den Gefallen tust.“

„Erinnere dich daran, wenn du das nächste Mal wegen irgendetwas auf mich wütend bist, okay?“ Er befreite sich aus ihrer Umarmung und griff nach Samanthas Hand. „Samantha, das ist meine Schwester Heather Knight. Heather, darf ich dir Samantha O’Ryan vorstellen.“

„Die Begleitung, um die ich dich gebeten habe?“ Heather betrachtete Samantha eingehend.

Sein faszinierendes, wunderschönes Strandmädchen hielt ihrem Blick gelassen stand.

„Und? Sind Sie echt?“

„Wie bitte?“ Samantha blinzelte verblüfft. „Echt?“

„Hat er Sie engagiert, oder sind Sie ein echtes Date?“

„He, Heather“, sagte Jack. „Benimm dich!“

„Ob er mich engagiert hat?“ Samantha sah von einem zum anderen und lachte. „Sagen Sie mir bitte, dass Sie das nicht nötig haben.“

„Ich habe es nicht nötig.“ Er warf seiner Schwester einen warnenden Blick zu. „Heather ist einfach entsetzlich herrisch. Sie wissen ja, wie sehr viel ältere Schwestern sind …“

Heather schnappte aufgebracht nach Luft. „Ich bin bloß elf Monate älter als du, du gemeiner Kerl.“

„Also gibst du zu, dass du herrisch bist.“

Heather verdrehte die Augen. „Okay, ja. Das kann ich wohl nicht leugnen.“

„Sie sind beide verrückt“, bemerkte Samantha amüsiert.

„Tut mir leid“, sagte Heather und sah auch tatsächlich so aus, als meinte sie es ernst. „Manchmal gehe ich in dem Bedürfnis, meinen kleinen Bruder zu beschützen, etwas zu weit.“

„Das kann ich schon verstehen. Und bitte glauben Sie mir, ich bin ein echtes Date und komme nicht von irgendeiner Begleitagentur.“

Jack konnte nicht den Blick von Samantha nehmen – dieser abenteuerlustigen Frau mit dem ansteckenden Lächeln, den großen grünen Augen und dem aufregenden kleinen schwarzen Kleid. „Eindeutig echt“, bemerkte er leise.

Samanthas Lächeln vertiefte sich.

Heather seufzte erleichtert. „Na endlich.“

„Du kümmere dich heute Abend nur darum, Geld für die Kinder zu sammeln“, sagte Jack. „Und zwar so viel, dass ich den Smoking eine ganze Weile nicht mehr brauche.“

„In Ordnung. Oh, ich habe deine Spende übrigens bekommen. Das brauchtest du nicht zu tun, Jack. Du hast schon so viel Geld …“

„Sag mir bitte nur, dass es da drinnen etwas zu essen gibt. Ich bin am Verhungern.“

„Klar gibt es etwas zu essen. Damit alle in die richtige Stimmung kommen, ihre Scheckbücher zu zücken, wie ich hoffe.“

„Gut.“ Aber Jacks Lächeln wurde ein wenig schwächer, als er an den Abend dachte, der vor ihm lag.

Samantha warf ihm einen forschenden Blick zu, schwieg jedoch. Sie nahm nur seine Hand, die er mit einer Kraft umfasste, als wäre es eine Rettungsleine.

Es war alles, was er in diesem Moment hatte.

3. KAPITEL

Samantha ließ sich von Jack aus der Küche führen. Der Festsaal des Clubs war ein riesiger Raum mit breiten weißen Säulen, glänzendem Fliesenboden und ausladenden Fenstern, die auf eine grüne Rasenfläche hinausgingen. Außerdem boten sie einen herrlichen Ausblick auf den Pazifischen Ozean, der von der untergehenden Sonne in Flammen gesetzt wurde.

Nur widerstrebend riss Samantha den Blick von der schönen Aussicht und stellte sich darauf ein, sich unter die anderen Gäste zu mischen. Sie machte sich darauf gefasst, ihren attraktiven Begleiter bald aus den Augen zu verlieren, denn offenbar war Jack eine große Attraktion. Er zog sofort die bewundernden Blicke vieler Frauen auf sich, und Samantha erntete neidische Blicke.

Aber sie hatte noch nie dem Image eines Mannes große Bedeutung geschenkt, und in den letzten Jahren war sie meist mit unbekannten Männern ausgegangen, an denen nichts Ungewöhnliches war. Surffreunden oder Gäste aus dem „Wild Cherries“, je nachdem, was sich gerade ergab. Keiner von ihnen hatte ihr jedoch den Kopf verdreht.

Anfangs hatte sie gedacht, dass Jack sich gleich bei ihr entschuldigen und erst später wieder zu ihr stoßen würde. Niemals hätte sie sich träumen lassen, dass er ihre Hand so fest in seiner halten würde oder dass er sie anschauen würde, als wäre er froh, sie an seiner Seite zu haben.

Sie waren sich völlig fremd, und doch ließ auch Samantha ihn nicht los. Und wenn er sie ansah, als wäre sie die schönste Frau im Raum, dann durchfuhr sie jedes Mal ein süßer Schauer.

Auf einer Seite des Saals waren Tische aufgestellt worden, die mit makellos weißen Tüchern, zartestem Porzellan und edlem Silberbesteck gedeckt waren. Auf der anderen Seite spielte eine Band, während die Gäste umherschlenderten, sich unterhielten und tanzten.

Samantha und Jack kamen an einer Gruppe von Frauen in eleganten Abendkleidern vorbei, jede von ihnen in Begleitung eines Mannes im Smoking. Einige von ihnen hörten auf zu reden und warfen Jack und Samantha einen mehr als flüchtigen Blick zu.

Interessant, dachte Samantha.

„Sehen Sie sie nicht direkt an“, sagte Jack leise. „Lächeln Sie, aber gehen Sie weiter.“

„Ich glaube, sie würden gern mit Ihnen sprechen …“

„Wie gesagt, nicht stehen bleiben.“ Geschickt wie ein Quarterback beim Football schlängelte er sich an den Leuten vorbei oder wich ihnen aus, selbst wenn sie sich ihm zuwandten und direkt auf ihn zusteuerten. Er lächelte zwar und nickte ihnen zu, aber mit bewundernswertem Geschick vermied er es, von irgendjemandem aufgehalten zu werden.

„Beeindruckend“, meinte Samantha und fing dann Gesprächsfetzen um sie herum auf.

„Du liebe Güte, er ist es wirklich.“

„Und so sexy wie eh und je.“

„Seine Mannschaft hat sich nach seinem Weggang nie wieder erholt. Er hätte nicht weggehen dürfen.“

Diese letzte Bemerkung ließ Jack leicht zusammenzucken, und Samantha wünschte sich, sie könnte ihn vor der Unhöflichkeit der Leute schützen. Wie konnten sie es nur wagen, sich zu benehmen, als könnte er sie nicht hören?

„Ist mir doch egal, warum er aufgehört hat. Es tut mir nur leid, dass ich ihn nicht mehr in seinen engen Basketballshorts bewundern kann.“

„Ach, nimm doch eine kalte Dusche, Marge.“

Letzteres kam offenbar aus dem Mund eines entrüsteten Ehemanns. Samantha stolperte über ihre eigenen Füße, als ihr ein Licht aufging. Sie war von Jack Scandal Knight eingeladen worden. Wie hatte ihr das nur entgehen können? Alles an ihm deutete doch auf den Sportler hin – der große muskulöse Körper genauso wie seine geschmeidigen, kontrollierten Bewegungen.

Er war kein Quarterback, wie sie es sich vorhin vorgestellt hatte, sondern ein Basketballstar.

Er stützte sie. „Alles okay?“

Sie sah in sein attraktives Gesicht und nickte. Warum hatte er es ihr nicht gesagt? Was waren noch mal seine Worte gewesen? Er befinde sich im Ruhestand. Sie stellte sich vor, dass seine Zurückhaltung an der Reaktion der meisten Menschen lag, wenn sie erfuhren, wer er war. Entweder schmeichelten sie ihm oder sie unterhielten sich schamlos in seiner Gegenwart über ihn, als wäre er gar nicht da.

Es war verrückt. Jack Scandal Knight hatte sie bei der Hand genommen und führte sie durch die Menge.

„Jack, sag uns, wenn du wieder zurückwillst.“

Jack seufzte und drückte Samanthas Hand. „Tut mir leid, aber ich muss etwas zu ihnen sagen, sonst werden sie uns nie in Frieden lassen.“ Er drehte sich zu der Gruppe von Reportern um, und sofort wurden ihm zehn Mikrofone unter die Nase gehalten, und Blitzlichter blendeten ihn. „Ich habe eine wunderbare Karriere hinter mir“, sagte er. „Ich habe jede Minute davon genossen, aber ich werde nicht zum Profisport zurückkehren. Heute Abend bin ich nur da, um diese Wohltätigkeitsveranstaltung zugunsten unterprivilegierter Kinder zu unterstützen.“ Er lächelte, hielt einen Moment für weitere Fotos still, und wandte sich dann ab.

Samantha folgte ihm wortlos. Sie fragte sich, wie sein Leben sich verändert haben mochte, seit er nicht mehr spielte. Körperlich musste er immer noch in Topform sein, viel konnte sich also nicht verändert haben. Er wollte nur nicht die Aufmerksamkeit der Presse auf sich lenken. Wie süß von ihm! Wenn man einen Mann von einem Meter neunzig süß nennen konnte …

Als sie die Mitte des großen Saals erreicht hatten, atmete er tief durch, als einige Männer auf ihn zukamen – keine Reporter, sondern Gäste – schüttelte er ihnen freundlich die Hand.

„Na, wie bekommt Ihnen der Ruhestand?“, fragte einer. „Gut?“

„Wieso nicht?“, antwortete Jack. „Und wie geht es Ihnen allen?“

Jeder gab seine Antwort, und danach wich Jack allen Fragen an ihn geschickt aus. Samantha sah, wie reserviert er war, und sie fragte sich, wie er mit dem enormen Druck fertig wurde, als ehemaliger Basketballstar immer im Rampenlicht zu stehen.

Nach einer Weile verabschiedete Jack sich von den Männern und führte Samantha weiter. „Er nahm zwei Champagnergläser vom Tablett eines der vielen Kellner.“

„So, das hätten wir hinter uns.“ Er reichte Samantha ihr Glas und stieß mit ihr an. „Auf einen schönen Abend.“

„Nun, bis jetzt war er ja gar nicht schlecht.“

„Ja.“ Jack lächelte. „Und ich glaube, die meisten Presseleute sind verschwunden, jetzt wo sie ihre Fotos bekommen haben. Danke, dass Sie so geduldig waren.“

Samantha wurde von jemandem, der an ihnen vorbei wollte, gegen Jack gestoßen. „Entschuldigung“, sagte sie und wich zurück. Dabei prallte sie leicht gegen ein Paar hinter ihr und hätte fast ihren Champagner verschüttet.

„Kommen Sie her“, sagte Jack leise, ließ die freie Hand an ihrem Arm hinuntergleiten und nahm ihre Hand. Sanft zog er Samantha dichter an sich. Ihre Hüften berührten sich, ihre Brüste schmiegten sich an seinen Oberkörper.

Samantha erschauerte und sah Jack an.

Er spürte die erotische Spannung auch, das las sie in seinen Augen. „Also trinken wir auf den Rest des Abends“, sagte er.

„Ja …“ Sie senkte den Kopf und nahm einen Schluck Champagner, um ihre Verwirrung vor ihm zu verbergen. Über seine Schulter hinweg fiel ihr eine Bewegung auf. „Achtung, Reportermeute im Anmarsch!“, zischte sie.

Jack stieß einen Fluch aus, leerte sein Glas und stellte es auf dem Tablett eines Kellners ab. Sofort zerrte er Samantha wieder hinter sich her, um den Reportern zu entkommen.

Sie hielten auf die Band zu, die gerade einen Hit der Seventies angestimmt hatte. Die Lichter wurden gedimmt, und mindestens zehn Discokugeln wurden von der Decke herabgelassen, deren Spiegelsplitter bis in alle Ecken des Saals blitzten.

„Zeit für unsere Discostunde“, sagte der Bandleader ins Mikrofon. „Und um acht gehen wir dann über in die Achtziger.“

Viele Gäste gingen auf die Tanzfläche. Samantha sah die bunten Lichter und die Leute, die sich zur Musik bewegten, und ihr Herz klopfte nervös. Jack würde hoffentlich nicht von ihr verlangen, in diesen lächerlich hohen Absätzen und dem engen Kleid zu tanzen.

Aber er blieb zum Glück am Rand der Tanzfläche stehen. „Okay, ich glaube, hier sind wir sicher. Schnell, sehen Sie mir in die Augen, als wäre ich der einzige Mann für Sie. Das hält die anderen vielleicht davon ab, uns zu nah zu kommen.“

Sie lachte, blickte ihm aber pflichtbewusst in die Augen. „Als wären Sie der einzige Mann für mich? Und wie soll ich das machen?“

Er blinzelte und musste dann auch lachen. „Ich habe keine Ahnung.“

Sie stöhnte leise auf. „Oje. Tut mir leid, aber drei Männer mit gezückten Kameras kommen auf uns zu.“

„Verdammt.“ Er nahm ihre Hände und zog sie auf die Tanzfläche, dann sah er über die Schulter zu den Reportern zurück, die notgedrungen am Rand stehen blieben. Heather stellte sich ihnen schnell in den Weg und drängte sie in die entgegengesetzte Richtung.

Jack lächelte. „So ist es schon besser.“

„Wenn Ihnen nicht etwas anderes einfällt, was wir hier auf der Tanzfläche tun könnten“, sagte Samantha, „werden wir wohl tanzen müssen.“ Sie konnte auf jeder Welle balancieren, sie konnte auf dem Tresen ihres Cafés sitzen und aus voller Kehle singen, wenn sie in der richtigen Stimmung war, aber es fiel ihr sehr schwer, sich zur Musik zu bewegen. Sie hatte kein Gefühl für Rhythmus.

Jack legte einen Arm um ihre Taille, nahm ihre Hand und zog sie an sich. „Nichts lieber als das.“

„Warten Sie …“ Ihr stockte der Atem, als sie in Berührung mit seinem großen, warmen Körper kam. Er fühlte sich so gut an, und das sogar, noch bevor er anfing, sich im Takt zur Musik zu wiegen. Sie sah ihn verblüfft an. „Sie können tanzen?“

Er lachte leise. „Warum überrascht Sie das?“

Weil berühmte Sportler meist nur in einer Sache gut waren – ihrem Sport. Aber Jack bewegte sich so anmutig und sinnlich, dass Samanthas Gedanken unwillkürlich in eine ganz bestimmte Richtung gingen.

„Was ist los?“, fragte er, als sie sich nicht rührte.

Was los war? Nicht viel, außer dass sie sich wie ein Vollidiot vorkam. Obwohl sie in ihrer Jugend verrückte Dinge getan hatte, hatte sie nie gelernt zu tanzen, und es hatte ihr auch nie gefehlt. Aber jetzt lag sie in den Armen eines hinreißenden Mannes, der mit ihrer Hilfe versuchte, alles um sich herum zu vergessen, und sie wollte ihm so gern helfen – solange sie nicht tanzen musste.

Er senkte den Kopf und berührte ihre Wange mit seiner. „Samantha?“

Sie spürte die Anspannung seines Körpers. Sie konnte sogar sein Herz schlagen fühlen. Sie sah zu ihm auf, einen Arm um seinen Nacken, die andere Hand in seiner, und genoss es, dass seine kräftige Hand auf ihrem Rücken lag und seine Hüften sich an sie pressten. Ihr Körper reagierte so heftig, dass es ihr den Atem nahm. Wie konnte ein Mann, der sich sein Brot damit verdient hatte, einen Basketball zu dribbeln, so unglaublich sinnlich sein?

„Samantha? Sind Sie noch da?“

„Es ist nur, dass Tanzen so … so klischeehaft ist.“

„Klischeehaft“, wiederholte er. „Tanzen auf der Tanzfläche ist klischeehaft?“

„Ja. Ich bin sicher, uns fällt auch etwas anderes ein, was wir tun könnten.“

„Zum Beispiel?“

„Äh, zum Beispiel …“ Sie überlegte fieberhaft, aber Jacks Nähe machte sie seltsam schwindlig, und ihr fiel nichts ein. „Ich weiß nicht. Denken Sie sich etwas aus.“

„Nein, das tun besser Sie.“ Seine Stimme war plötzlich heiser, seine Hände lagen sanft auf ihrem Körper – eine Berührung, die Samantha elektrisierte. „Denn wenn Sie mich so ansehen wie jetzt, will mir nichts Angemessenes einfallen.“

Ihr auch nicht. Tatsächlich gingen ihr nur jede Menge unangemessene Gedanken durch den Kopf, und unwillkürlich schmiegte sie sich noch fester an Jack. Und jetzt? Sie wusste, was sie sich wünschte. Wie von selbst glitt ihre Hand über seine Brust.

„Samantha …“

Die Beleuchtung wurde noch mehr gedimmt, sodass man nur die Umrisse voneinander sehen konnte. Die perfekte Gelegenheit. Samantha legte Jack die Arme um den Nacken, zog seinen Kopf zu sich herunter und küsste ihn auf den Mund.

Der überraschte, erregte kleine Laut, den Jack ausstieß, verursachte ein heißes Kribbeln in ihrem Bauch. Samantha schloss die Augen und zog ihn noch dichter an sich, und offenbar schien Jack nichts gegen ihre Idee zu haben, denn er presste sie fest an sich. Der erste Kuss war immer eine wichtige Erfahrung, ein Abenteuer. Würde er zu forsch rangehen oder zu sehr zaudern? Aber Jack Scandal Knight küsste genau, wie Samantha es sich erträumt hatte.

Und er hörte nicht auf, auch nicht, als sie beide atemlos waren. Eine Hand hatte er auf ihre Hüfte gelegt, die andere lag auf ihrem Rücken, und als Samantha die Hände über seine breiten, kräftigen Schultern gleiten ließ, stöhnte er leise. Der Laut löste irgendetwas in ihr aus. Heiße Leidenschaft, so wie sie sie noch nie erlebt hatte. Bei Jack konnte sie es nicht ertragen, sich auch nur für eine Sekunde von ihm zu trennen, nicht einmal um Luft zu holen. Sie drehte nur leicht den Kopf zur Seite und atmete dicht an seinen Lippen tief ein.

„Das ist nicht fair“, brachte er mühsam hervor.

„Warum nicht?“

„Ich werde eine ganze Weile nicht in der Lage sein, die Tanzfläche zu verlassen.“

Plötzlich wollte sie das auch nicht mehr. Sie bog sich ihm entgegen und hätte fast laut gestöhnt, als er einen Schenkel an ihrem rieb. Nach einem verstohlenen Blick, der ihm zeigte, dass niemand auf der dunklen Tanzfläche auf sie achtete, nahm er ihr Gesicht zwischen beide Hände. „Samantha, was machst du nur mit mir?“

Sie hoffte, dass sie ihn genauso in den Wahnsinn trieb, wie er es mit ihr tat. „Ich sollte vielleicht erwähnen …“ Sie biss ihn sanft ins Ohrläppchen und lächelte, als er seufzte. „Es ist ziemlich lange her für mich. Deswegen gefällt es mir mit dir viel zu sehr.“

Jack strich mit dem Daumen über ihren Bauch und glitt immer höher, bis er die untere Seite ihrer Brust berührte. Ihre Blicke trafen sich und verrieten den Hunger und die Leidenschaft, die in ihnen erwacht waren.

Dann strich Jack wieder mit dem Daumen über ihre Brust, wobei er dieses Mal die empfindliche Brustspitze reizte, und Samantha fiel es plötzlich schwer weiterzuatmen.

„Samantha …“ Seine Stimme war leise und heiser.

Ungeduldig zog sie seinen Kopf zu sich herunter. Ihr leises Stöhnen vermischte sich, als sie sich immer wilder küssten.

Dann endete das Stück, und es wurde etwas heller, während der Bandleader den nächsten Song ankündigte.

Jack sah Samantha unter halb gesenkten Lidern an. „Was wirst du sonst noch tun, um nicht tanzen zu müssen?“

„Äh … eigentlich nicht viel mehr als das.“ Jedenfalls würde sie es kaum zugeben, wenn es anders wäre.

Sein Blick blieb an ihren Brüsten hängen, deren Spitzen sich deutlich unter dem dünnen schwarzen Stoff abzeichneten, als wollten sie seine Aufmerksamkeit erregen, und Jack stöhnte wieder leise auf.

Es wurde immer enger auf der Tanzfläche. Die Band spielte wieder. Samantha küsste Jack noch heftiger auf den Mund, und mit einem leisen Lachen gab er nach. Einen langen Moment verloren sie sich ganz und gar in ihrem leidenschaftlichen Kuss, bis Samantha schließlich Jacks Lippen freigab, um Luft zu holen.

„Wirst du mir erlauben, dich weiter zu küssen, damit ich nicht tanzen muss?“

Er atmete genauso heftig wie sie. „Oh ja.“

4. KAPITEL

Samantha sah Jack kläglich an. „Okay, ich werde die Wahrheit sagen. Ich kann nicht tanzen. Tatsächlich bin ich eine miserable Tänzerin.“

„Aber wir haben doch gerade getanzt.“

„Das war ein Engtanz, und du hast dabei die ganze Arbeit übernommen.“

Er konnte nicht den Blick von der Frau nehmen, die ihm gerade mit einem einzigen Blick den Himmel und die Hölle zugleich gezeigt hatte – den Himmel, weil sie wundervoll und hinreißend war, und die Hölle, weil er die böse Ahnung hatte, dass er mehr als einen Kuss nicht von ihr bekommen würde. Wie war es möglich, dass eine so selbstbeherrschte Frau mit so viel natürlicher Sinnlichkeit nicht tanzen konnte? „Ach komm, Samantha, wirklich?“

„Wirklich.“

Er dachte darüber nach, während er sich gleichzeitig ihres weichen weiblichen Körpers nur allzu bewusst war. Er spürte ihre erregten Brustspitzen, ihre Arme um seinen Nacken, und fühlte sich magisch zu ihr hingezogen. Er begehrte sie mit einer überraschend heftigen Sehnsucht. Aber wenn er sie schließlich nahm – und er hoffte inständig, dass ihm dieser Wunsch erfüllt wurde –, so würde es nicht an einem öffentlichen Ort sein.

Das Nächstbeste war wenigstens ein weiterer Engtanz, bei dem sie sich wieder an ihn schmiegte und er ihre verführerische Nähe genießen konnte. Aber der nächste Song war kein langsamer. „Ich helfe dir.“

„Jack …“

„Komm“, lockte er sie und fing an sich zu bewegen. „Es ist nicht so schwierig. Schalte dein Denken ab, und überlass dich einfach der Musik. Du fühlst mich, die Musik … Komm, versuch es wenigstens. Das Stück ist sowieso gleich vorbei.“ Die Band beendete den schnellen Titel und stimmte nun eine langsame Rockballade an. Jack zog Samantha dichter an sich. „Hm, das ist schön.“ Er berührte mit dem Mund ihr Ohr, und plötzlich musste er sich mit aller Macht zusammenreißen, um sie nicht wieder zu küssen. „So ist’s schon besser“, flüsterte er, als sie sich entspannte.

Nach einigen Sekunden stieß sie einen langen Seufzer aus. Sie bewegte sich im Rhythmus der Musik, die Augen geschlossen, die Wange an seiner Brust.

„Der Abend fängt an, mir zu gefallen“, sagte sie.

„Mir auch.“

„Insgeheim hatte ich damit gerechnet, dass du einen Bierbauch hast oder Mundgeruch oder so.“

„Es tut mir nicht leid, dass ich dich enttäuscht habe.“ Er lächelte. „Aber ich entschuldige mich dafür, dass wir uns durch den Hintereingang hereinschleichen mussten.“

„Das brauchst du nicht.“ Sie erwiderte sein Lächeln. „Sonst müsste ich mich entschuldigen, weil ich dich geküsst habe, um nicht tanzen zu müssen.“

„Du hast mich nicht nur deswegen geküsst.“

Sie sah ihn zögernd an. „Nein“, sagte sie schließlich. „Das stimmt.“

„Und du hast mir nicht deswegen erlaubt, dich zu berühren.“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Ich wollte, dass du es tust.“

Sein Blick blieb an ihrem Mund hängen, und Samantha zog wieder seinen Kopf zu sich herunter. Jack ließ sich nicht lange bitten. Er kam ihr nur allzu willig entgegen und küsste sie voller Leidenschaft. Heiße Schauer liefen ihm über den Rücken. In Samanthas Armen war es so einfach, alles um sich zu vergessen – die Presse, die Leute, seine Schwester, einfach alles. Es gab nichts für ihn außer Samantha und wie sie sich anfühlte, wie sie duftete und wie sie schmeckte.

Sie löste sich zuerst von ihm und sah ihn staunend an. Sie drehten noch einige Runden auf der Tanzfläche, ohne ein Wort zu sagen. Heather tanzte gerade mit einem Mann an ihnen vorbei und winkte.

„Habe ich schon erwähnt, dass ich mich auch für sie entschuldige?“, sagte Jack.

„Weil sie dich so in Schutz nimmt? Ich finde das sehr lieb von ihr.“

„Sie macht sich Sorgen, die Frauen könnten mich für ihre Zwecke benutzen wollen. Kannst du dir so etwas vorstellen?“

„Nur, wenn du einverstanden wärst“, erwiderte Samantha.

Er lachte. „Würdest du mich denn benutzen wollen, Samantha?“

Oh ja. Und ob sie das wollte. Je eher, desto besser. Aber nicht so, wie er es meinte, sondern nur als Liebhaber. Aber die traurige Wahrheit war, dass das natürlich nicht ging. „Ich weiß noch nicht.“

Er nickte. „Ich möchte dich auch nicht drängen.“

„Danke“, sagte sie so ernst, dass er wieder lachen musste. Die Musik wurde wieder schneller, und Jack begann sie im neuen Rhythmus herumzuwirbeln.

„Wo hast du das gelernt?“, fragte Samantha atemlos, als das Stück zu Ende war.

„Von meiner Schwester. Auf der Highschool hat sie mich immer gezwungen, mit ihr zu tanzen, wenn sie keinen Partner bekommen konnte.“

„Gezwungen?“

„Sie spionierte mir nach, um mich erpressen zu können, wenn es ihr in den Kram passte. Und es passte ihr leider sehr oft in den Kram. Sie liebte es, mich einzuschüchtern.“

„Das klingt ja entsetzlich.“

„Mir scheint, du hast keine Geschwister, Samantha. Habe ich recht?“

„Stimmt.“

„Und deine Eltern? Hast du mit denen nie getanzt?“

Sie zögerte mit ihrer Antwort. Sie hasste Mitleid, und ihre Vergangenheit schien leider genau das bei anderen hervorzurufen. Zum Glück gesellte sich in diesem Moment ein anderes Paar zu ihnen. Die Frau trug so viele Diamanten um den Hals, dass es ein Wunder war, dass sie aufrecht stehen konnte, und der Mann an ihrer Seite hatte ein dümmliches Grinsen.

„Jack Knight“, erklärte er ehrfurchtsvoll, „Sie fehlen mir, Mann.“

„Danke.“

„Ich muss unbedingt ein Autogramm für meinen Sohn haben“, bemerkte die Frau. „Nach dem Tanz vielleicht?“

„Gern.“

„Wie ich sehe, bist du nicht unbedingt ein Ausgestoßener“, stellte Samantha fest, als sie wieder allein waren.

„Nein, das bin ich wirklich nicht. Aber für meinen Geschmack gibt es einfach zu viele Leute, die etwas von mir wollen.“

„Die Leute eben wollten nur ein Autogramm von dir.“

„Ja, aber Autogramme gebe ich gern. Wenn man ein Stück von meiner Seele verlangt, werde ich misstrauisch. Und deine Eltern“, wechselte er plötzlich das Thema, „haben dich also nie über den Küchenboden gewirbelt?“

Ihr Vater war Professor an der Pepperdine University gewesen, und ihre Mutter hatte dort als Büroangestellte gearbeitet. Sie hatten sie geliebt, aber sie hatten sich so sehr ihrer Arbeit verschrieben, dass sie viel zu wenig Zeit hatten, um sich mit ihrer kleinen Tochter zu beschäftigen. „Nein, leider nicht. Meine Eltern hatten wohl auch nicht allzu viel fürs Tanzen übrig.“

Sein Lächeln verschwand. „Hatten? Vergangenheit?“

„Sie sind beide gestorben. Schon vor langer Zeit.“

Die Leute wussten oft nicht, was sie darauf antworten sollten, und reagierten meist auf zwei Arten – entweder sagten sie, dass es ihnen leidtat, oder sie wechselten verlegen das Thema.

Jack tat keins von beidem. „Das ist so unfair.“

„Ja.“

Das Lied war zu Ende, und die Menge fing an sich zu zerstreuen. Einige blickten zu Jack herüber, und einige von ihnen hielten Kameras in den Händen.

„Oh nein“, sagte Jack gereizt.

Samanthas Herz fühlte mit ihm, und sie wünschte, sie könnte ihn beschützen, was eigentlich albern war. Der Mann konnte sehr gut allein auf sich aufpassen. Sie wies auf die lange Reihe von Tischen, auf denen das Büfett angerichtet war. Ihr Magen knurrte plötzlich und erinnerte sie daran, dass sie seit dem Frühstück nichts gegessen hatte. „Essen. Man wird dich nicht anstarren, während du isst. Es sei denn … du isst nicht zufällig mit offenem Mund?“

Jack lachte. „Normalerweise nicht.“

„Dann ist es ja gut.“

Sie nahmen sich jeder einen Teller. Samantha häufte einen kleinen Berg Fruchtsalat auf ihren.

„Sag mir bitte, dass du mehr essen wirst als das.“

„Oh, ich werde sogar sehr viel mehr essen.“ Weiter unten am Tisch spießte sie ein saftiges Steak auf und nahm sich noch ein Brötchen und einem riesigen Berg Kartoffeln.

„Gut.“ Auch Jack füllte seinen Teller bis zum Rand. „Gut. Denn wenn du nur beim Früchtesalat geblieben wärst, hätte ich dich irgendwann der Presse als Köder hinwerfen müssen.“

Sie gingen zu einem Tisch, an dem bis jetzt nur zwei Frauen und ein Mann saßen, alle drei mindestens siebzig Jahre alt. Die Frauen nippten an ihren Drinks, und der Mann, der zwischen ihnen eingezwängt saß, wirkte sehr zufrieden.

Jack schenkte ihnen ein freundliches Lächeln. „Hallo.“

„Ich hätte Sie ja für einen verdammten Glückspilz gehalten, weil Sie eine so hübsche Dame begleiten.“ Er hatte eine Reibeisenstimme, als hätte er mindestens fünfzig Jahre lang geraucht. „Aber heute Abend bin ich der größte aller Glückspilze, weil ich gleich zwei hübsche Damen begleiten darf.“

Jack lachte, während er Samantha den Stuhl zurechtrückte. Als er sich setzte, hob er sein Wasserglas zum Toast. „Auf unsere wunderschönen Begleiterinnen.“

„Darauf trinke ich auch“, erwiderte der alte Herr.

Sie fingen an zu essen, und Samantha ertappte sich dabei, wie sie Jack betrachtete. Als er sie dabei erwischte, lächelte er. „Was ist?“

Er tat alles auf eine so natürlich anmutige Art, ob er nun tanzte oder aß oder sonst was machte. Kein Wunder, dass es ihr schwerfiel, den Blick von ihm zu nehmen. „Was gefällt dir noch an einer Frau, außer dass sie mehr isst als eine Karotte?“, fragte sie leise.

Er legte seine Gabel hin und griff nach Samanthas Hand. „Ich mag an einer Frau, wenn sie gerade erst aus den Wellen gesprungen ist und doch nur wenige Minuten braucht, um sich für eine Verabredung fertig zu machen.“

„Oh, das hast du also gesehen, was?“

„Ja.“ Er strich mit dem Daumen über ihre Handfläche. „Es gefällt mir, wenn sie sich widerspruchslos durchs nasse Gras schleppen lässt, ohne sich Sorgen um ihre Schuhe zu machen. Es gefällt mir, wenn sie meine Schwester nicht kritisiert, obwohl die lästig ist wie eine Mücke und es verdient hätte. Und ich finde es toll, wenn sie bereit ist, etwas Neues auszuprobieren, wie zum Beispiel vor den Augen Hunderter Menschen zu tanzen, obwohl sie das Tanzen hasst.“

„Was das nasse Gras anging, konnte gar nichts passieren, weil du mich getragen hast.“ Und die Kraft und Mühelosigkeit, mit der er das getan hatte, hatte ihr wiederum sehr gefallen. Sie kaute an einem Bissen Kartoffeln und schluckte. „Und was das Tanzen anging, brauchte ich mich nur von dir führen zu lassen. Ich habe mich beim Tanzen nie wohlgefühlt.“

„Ich hatte den Eindruck, dass du dich nicht nur wohlfühltest, sondern es regelrecht genossen hast.“

Ja, wenn sie daran zurückdachte, war es verdammt schön in seinen Armen gewesen. Und wahnsinnig aufregend.

Er spießte ein paar Nudeln auf seine Gabel und hielt sie an Samanthas Lippen.

„Noch etwas Neues, das ich heute Abend ausprobieren soll?“, fragte sie und nahm die Gabel in den Mund.

„Nein.“ Seine Stimme klang tief und heiser, sein Blick war an ihrem Mund hängen geblieben. „Ich sehe dir nur gern beim Essen zu.“

Nach dem Dinner kam die Auktion.

Jack und Samantha sahen zu und aßen einen Riesenbecher Eis. Jemand hatte gerade eine Reise nach Santa Barbara gewonnen, und danach jemand eine Skireise zum Big Bear. Jedes Mal, wenn das Bieten vorbei war, wandte sich ihm Samantha mit vor Aufregung strahlenden Augen zu, legte ihm die Hand auf den Arm und lächelte begeistert.

„So viel Geld für Heathers arme Kinder!“, sagte sie jedes Mal. „Unglaublich.“

Was unglaublich war, war der heutige Abend. Jack hatte erwartet, sich zu Tode zu langweilen, aber nichts konnte weniger der Fall sein. „Samantha …“

Sie sah Heather dabei zu, wie sie die Auktion leitete. „Ich mag sie. Ich meine, sie ist vielleicht ein wenig herrisch, aber von mir behaupten auch manche, ich sei …“

„Samantha.“

Sie lachte, steckte ihren Löffel ins Eis und drehte sich zu Jack um. „Hm?“

Mit ihren strahlenden Augen und dem achtlos aufgesteckten Haar, das er am liebsten aus der Spange befreit hätte, um es streicheln zu können, nahm sie ihm den Atem. Er konnte nicht anders. Er streckte die Hand aus und fuhr ihr mit dem Finger über die Unterlippe, um einen Klecks Eiscreme aufzunehmen.

Dann legte er den Finger an seinen Mund und leckte ihn langsam ab.

Samanthas Blick saugte sich an ihm fest, sie öffnete leicht die Lippen, als fiele es ihr plötzlich schwer zu atmen.

Jack ging es jedenfalls so. „Ich bin als Nächstes dran.“

Sie starrte ihm auf den Mund. „Womit?“

„Die Auktion, Samantha. Ich habe etwas gespendet, und es steht als Nächstes auf der Liste.“

„Wie süß. Und was hast du gespendet?“

„Mich.“

Und gerade als er das sagte, erklang Heathers Stimme über den Lautsprecher. „Und jetzt zum Finale. Wir versteigern Privatunterricht im Basketballspielen bei einem der größten Spieler der letzten Jahre – Jack Knight! Wir beginnen die Versteigerung bei zweihundert Dollar.“

Samantha hob die Augenbrauen.

„Zweihundertfünfzig“, sagte Heather, als ihr ein Mann an den vorderen Tischen ein Zeichen machte.

Samantha hatte den ganzen Abend für nichts mitgeboten, aber jetzt hob sie die Hand, den Blick fest auf Jack gerichtet.

„Zweihundertfünfundsiebzig“, sagte sie.

Heather konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Zweihundertfünfundsiebzig, bekomme ich dreihundert?“

„Dreihundert“, rief ein Mann hinter ihnen.

Samantha wollte wieder die Hand heben, aber Jack hielt sie am Handgelenk fest. „Hör auf, Samantha.“

Sie streckte ihm die Zunge heraus, und er musste sich zurückhalten, um sie nicht hier und jetzt zu küssen.

„Dreihundertfünfzig“, sagte sie.

Danach geriet das Bieten außer Rand und Band, und Jack gab es auf, Samantha zu stoppen, obwohl er besorgt beobachtete, mit welcher Freude sie mitbot. „Samantha …“

„Wir haben siebenhundertfünfzig“, sagte Heather aufgeregt. „Zum Ersten …“

„Achthundert“, rief Samantha.

„Achthundert“, wiederholte Heather. „Zum Ersten, zum Zweiten …“ Sie schlug mit dem Hammer auf den Tisch. „Verkauft an die Dame in Schwarz mit dem breiten Lächeln auf dem Gesicht.“

Jack musste lachen. „Du bist verrückt, Samantha.“

„Sehr wahrscheinlich.“

„Das hättest du nicht zu tun brauchen.“

„Mach dir keine Sorgen, Jack“, sagte sie leise. „Ich tue nie etwas, das ich nicht tun will.“

„Stimmt das?“ Er strich ihr eine vorwitzige Strähne aus der Stirn und glitt dann mit dem Finger von ihrer Stirn über ihre Wange bis zu ihrem Kinn. „Was würdest du denn jetzt gern tun?“

„Sind wir denn hier fertig?“

„Ich jedenfalls ja.“

„Dann lass uns gehen.“ Sie stand auf und griff nach seiner Hand.

Sie fanden Heather, die zwar aufgeregt zu sein schien, aber glücklich. Samantha bezahlte für ihre Basketballstunden und bekam einen Coupon dafür.

Heather umarmte Jack stürmisch. „Vielen Dank, Bruderherz. Dafür schulde ich dir einen Gefallen.“

Er sah Samantha an und dachte daran, was ihm dieser Abend gegeben hatte. „Nein, wir sind quitt.“

„Es war also gar nicht so übel, oder?“, fragte Heather. „Und keine Skandale.“

„Haben Sie denn einen erwartet?“, fragte Samantha.

„Nein, die Reporter dichten Jack gern etwas an, nur damit sie etwas haben, worüber sie schreiben können. Sie lieben es, ihn anzuschwärzen.“ Heather gab ihm einen Kuss auf die Wange, und dann umarmte sie auch Samantha. „Gute Nacht, meine Lieben.“

„Nacht.“ Jack öffnete die Hintertür und legte Samantha eine Hand auf den Rücken.

„Oh, mir fällt da noch was ein“, sagte, Heather zaghaft.

Jack seufzte und drehte sich zu seiner Schwester um. „Ich frage nur ungern, was das wohl sein mag.“

„Einen allerletzten kleinen Gefallen noch …“

„Was?“

„Ein Fest für die Kinder“, fuhr Heather schnell fort. „Am nächsten Wochenende. Wir haben nicht genug Freiwillige. Nur für ein paar Stunden, Jack, du kannst Samantha mitnehmen. Es wird Spaß bringen, das verspreche ich euch.“

Jack seufzte.

„Freie Verpflegung …“

Samantha sah erwartungsvoll zu ihm auf. „Freie Verpflegung klingt gut.“

Er musste lachen. „Du hast also den Teil über das Mitnehmen mitbekommen, ja?“, fragte er. „Das heißt, du bist genauso darin verwickelt, ob du willst oder nicht.“

„Ich hätte nichts dagegen.“

„Nur den Kindern zuliebe, Jack“, fügte Heather hinzu.

„Welchen Stand soll ich übernehmen?“, fragte er. „Ich merke doch, dass du mir etwas verschweigst.“

„Ein ganz einfacher Stand, wirklich. Du wirst keine Probleme damit haben. Und die Kinder lieben diesen Stand ganz besonders …“

„Welcher Stand ist es, Heather?“

Seine Schwester verdrehte die Augen. „Das Wasserbecken.“

„Wo man mich abschießen kann und ich ins Wasser falle?“

Heather kicherte und nickte.

Jack sah Samantha an. „Siehst du?“

„Mir macht das nichts aus“, erwiderte Samantha lächelnd. „Ich mag Wasser.“

Beide Frauen lächelten sich zu und sahen dann Jack an, aber es war vor allem Samanthas vielversprechendes Lächeln, das ihn überredete. Innerlich unterdrückte er ein Stöhnen, als ihm etwas klar wurde.

Er war verloren.

5. KAPITEL

Samantha und Jack hielten noch in einem Fast-Food-Restaurant und tranken eine Soda, und beide lachten über den verrückten Abend und ihre Flucht vor den Reportern.

Aber sie wurden ernst, als sie zu seinem Geländewagen zurückgingen. Der Abend näherte sich seinem Ende, und jetzt brauchte Samantha eine Antwort auf die ewige Frage – küssen oder nicht küssen.

Eigentlich war die Frage rein akademisch, da sie sich schon geküsst hatten, und das mit einer Ungezwungenheit, die Samantha schockiert hatte. Der heutige Abend war so viel mehr, als sie sich erträumt hatte, und sie brauchte Zeit, um darüber nachzudenken.

Als sie in sein Auto stiegen und zu ihrem Café fuhren, kam Samantha zu dem Entschluss, Jack nicht zu sagen, dass ihre Wohnung sich direkt darüber befand, weil sie nicht die Kraft haben würde, Jack abzuweisen, falls er sie bitten sollte, mit heraufzukommen zu dürfen. Während der Fahrt nahm Jack ihre Hand. Der Ausdruck in seinen Augen ließ Samantha insgeheim erschauern vor Sehnsucht. Sie wusste, dass er mehr wollte als einen Kuss. Genau wie sie.

Aber sie musste erst mal darüber schlafen, und das bedeutete, dass keiner von beiden bekommen würde, was er wollte. Jedenfalls nicht heute Nacht.

Der Mond schwebte über den Wellen und ließ das schäumende weiße Wasser aufleuchten, als Jack auf den Parkplatz vor Samanthas Café fuhr.

Er schien ihre Zurückhaltung zu spüren, denn er wandte sich zu ihr um und fragte ernst: „Alles okay?“

Sie lächelte unsicher. „Natürlich.“

„Samantha …“

„Ich war nur in Gedanken versunken, deswegen war ich so still. Ich danke dir für einen schönen Abend, Jack. Es hat mir sehr gefallen.“

„Ja, mir auch.“ Er stellte den Motor ab und ging um den Wagen herum zu ihrer Seite.

„Gute Nacht“, sagte Samantha nervös, sie war schon ausgestiegen und fluchtbereit.

„Lass mich dich wenigstens bis zum Auto bringen.“

„Das ist schon okay. Ich gehe noch ein bisschen ins Café. Ich habe ein paar Dinge zu erledigen.“

Er nickte und betrachtete sie nachdenklich. Was mochte geschehen sein, um ihr Angst zu machen? „Arbeitest du oft noch so spätabends?“

„Manchmal. Aber hier bin ich völlig sicher, mach dir keine Sorgen.“ Mit einem letzten Lächeln wandte sie sich ab.

Jack hielt sie leicht am Handgelenk fest und fuhr mit dem Daumen über ihren Puls. „Samantha …“

Autor

Jill Shalvis

New York Times-Bestsellerautorin Jill Shalvis lebt in einer Kleinstadt in Sierras, voller verschrobener Mitmenschen. Jegliche Ähnlichkeit mit den Quirky Charakters in ihren Büchern ist, naja, meistens zufällig. Besuchen Sie sie auf ihrer Website www.jillshalvis.com, um mehr über Jills Bücher und ihre Abenteuer als Berge erklimmendes Stadtkinde zu lesen.

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