Verführt von einer Sünderin

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"Hab keine Hemmungen!" Lasziv schmiegt Hester sich an ihren Geliebten. Heute will sie noch der Sinnenlust frönen - da ihr schon morgen der Galgen droht!


  • Erscheinungstag 01.02.2015
  • ISBN / Artikelnummer 9783733764616
  • Seitenanzahl 32
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Die junge Frau, die bei Wellingborough die Kutsche bestieg, erregte Hesters Aufmerksamkeit. Sie mochte achtzehn Jahre alt sein, wirkte jedoch jünger, weil ihre zarten Züge so blass und traurig waren. Flüchtig musterte das Mädchen ihre Mitreisenden, und schließlich fiel ihr Blick auf Hester. Sie lächelte schüchtern, ehe sie den Kopf abwandte und aus dem Fenster sah.

Hester war beklommen zumute, wenn sie an ihre Rückkehr nach Northampton dachte – ihre Rückkehr in das Haus, in dem die Gegenwart ihres Vaters noch spürbar sein würde. Aus diesem Grunde hatte sie die Heimkehr hinausgezögert und etwas Zeit in Goodmanchester bei einer Tante mütterlicherseits zugebracht, nachdem sie aus Avery fortgegangen war. In Avery war sie auf Bilborough Hall zu Gast gewesen, wo ihre beste Freundin Jane und deren Gatte Francis Russell lebten. Sie glaubte nicht daran, dass Tote zurückkehren konnten, aber dennoch meinte sie nach wie vor die Fingerspitzen ihres Vaters auf der Haut zu spüren.

In Northampton angekommen, schaute sie sich um. Unter der puritanischen Regierung herrschten allenthalben Strenge und Ernst; alles Fröhliche war verbannt worden. Hester wollte sich soeben in Bewegung setzen, als sie erneut auf die junge Frau aufmerksam wurde, die recht verloren wirkte.

„Kann ich Ihnen helfen? Kennen Sie sich in Northampton nicht aus?“

„So ist es“, erwiderte die Frau knapp aber höflich.

„Wollen Sie Verwandte besuchen?“

Sie nickte. „Mein Name ist Ruth Henshaw. Meine Eltern sind vor Kurzem mittellos gestorben, woraufhin ich unser Haus verlassen musste.“ Sie wandte den Blick ab, und ihre Schultern bebten unter stummem Schluchzen. Gleich darauf hatte sie sich wieder in der Gewalt. „Verzeihen Sie mir“, sagte sie mit zittriger Stimme.

Ihr Kummer rührte Hester. „Das tut mir leid. Ich bin Hester Atkins und wohne hier in Northampton. Wo leben Ihre Verwandten?“

„Meine Tante – Mrs Hobbs – lebt am Stadtrand, in einem Häuschen ein Stück abseits der Houghton Road. Vielleicht haben Sie schon von ihr gehört?“

„Ja, das habe ich tatsächlich.“ Mrs Hobbs – oder vielmehr die Witwe Hobbs, wie sie hier genannt wurde – war eine ältere Dame, die ganz allein an der Houghton Road wohnte. Diese Straße kannte Hester nur zu gut. Sie verdrängte die verstörenden Gedanken, die der Name weckte. „Ich kann Ihnen den Weg erklären, aber es ist ein langer Fußmarsch.“

Die junge Frau lächelte. „Das macht nichts. Ich mag nicht so aussehen, aber ich bin recht kräftig.“

Hester beschrieb ihr die Strecke und schaute ihr lange nach.

Eine Kutsche aus Cambridge war eingetroffen, und die Reisenden stiegen aus. Zwei Männer stachen Hester ins Auge. Der eine war klein und untersetzt. Irgendwo hatte sie ihn schon einmal gesehen.

Kaltes Grauen packte sie plötzlich und ließ sie erschaudern: Es war der Wärter aus dem Gefängnis von Avery! Was tat er hier? Was wollte er? Unwillkürlich wich sie hinter die Kutsche zurück, blieb jedoch in Hörweite. Der andere Mann wirkte in seiner dunklen, nüchternen Gewandung wie ein Advokat vom Lande. Als er etwas sagte, spitzte Hester die Ohren. Was sie vernahm, beunruhigte sie so sehr, dass sie sogleich das Weite suchen wollte – denn die beiden sprachen über sie. Dann jedoch gewann ihr Verstand die Oberhand über den Schrecken.

Sie drückte sich gegen die Rückseite der Kutsche. Ihr Herz raste. Irgendwie hatten sie herausgefunden, dass sie ihren Vater umgebracht hatte. Und nun waren sie hinter ihr her.

„Wir werden sie aufspüren und befragen“, erklärte der schlicht gekleidete Gentleman. „Und sollten wir feststellen, dass sie Jacob Atkins durch Gift ermordet hat, schleifen wir sie zurück nach Avery, wo ihr der Prozess gemacht wird. Sie wird uns nicht entwischen. Der Galgen wartet schon auf sie.“ Die beiden Männer gingen davon.

Welch schaurige Prophezeiung! Hester glaubte in Ohnmacht fallen zu müssen. Ihr war, als spüre sie bereits die Schlinge um ihren Hals, und unwillkürlich fasste sie sich an die Kehle. Welcher Ausweg blieb ihr? Zurück nach Hause konnte sie nicht. Aber wo sollte sie sich verstecken? Jäh blickte sie in die Richtung, die Ruth eingeschlagen hatte. Ja, es gab einen Ort, an den sie gehen konnte – Fryston Grange, zwei Meilen die Houghton Road hinauf.

Das Anwesen hatte einst der Familie Fryston gehört. Die Frystons waren Lederhersteller gewesen, aber wie alle königstreuen Familien während des Bürgerkrieges hatten auch sie harte Zeiten durchgemacht. Nur Lucas Fryston hatte seine Eltern überlebt. Nachdem die Royalisten 1650 bei Dunbar endgültig geschlagen worden waren, war es Lucas gelungen, dem Feind zu entrinnen. Da er sich geweigert hatte, unter puritanischer Herrschaft zu leben, war er nach Amerika gegangen, um einen Neuanfang zu wagen. Seitdem stand Fryston Grange leer und war wie durch ein Wunder auch nicht beschlagnahmt worden, obgleich Northampton während des Krieges aufseiten des Parlaments gestanden hatte.

Hester zog sich die Kapuze ihres Umhangs über den Kopf und schritt die Houghton Road entlang. Im Westen färbte sich der Himmel vorzeitig dunkel. Ein Frösteln überkam sie und drang ihr bis ins Mark.

2. KAPITEL

Als Hester Fryston Grange erreichte, war es beinahe stockfinster, und die ersten schweren Regentropfen fielen vom Himmel. Das Anwesen stand ein gutes Stück von der Straße entfernt und war von Bäumen umgeben. Der Regen hüllte es in ein dunkelgraues Sargtuch, und kein Licht erhellte die Fenster. Hester näherte sich von der Rückseite. Sie hielt inne, um zu lauschen, hörte jedoch nichts außer dem Wind und dem Knarren der Äste.

Plötzlich trat jemand mit einer Laterne aus den Stallungen. Wie angewurzelt blieb Hester stehen, den Blick auf die Person geheftet. Wer immer es war, er hatte sie erspäht. Als die hochgewachsene Gestalt im Umhang mit langen Schritten auf sie zustrebte, keuchte Hester vor Schreck und fasste sich an die Kehle.

Autor

Helen Dickson
Helen Dickson lebt seit ihrer Geburt in South Yorkshire, England, und ist seit über 30 Jahren glücklich verheiratet. Ihre Krankenschwesterausbildung unterbrach sie, um eine Familie zu gründen.
Nach der Geburt ihres zweiten Sohnes begann Helen Liebesromane zu schreiben und hatte auch sehr schnell ihren ersten Erfolg.
Sie bevorzugt zwar persönlich sehr die...
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