Verwirrende Gefühle für Dr. MacIntyre

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Dr. James MacIntyre stürzt in ein Wechselbad der Gefühle, als er in der Notaufnahme mit Bella zusammenarbeiten muss. Einerseits ist er wütend auf die schöne Kinderärztin, weil sie seinen ehemals besten Freund verlassen hat. Andererseits begehrt er sie mehr denn je …


  • Erscheinungstag 27.01.2021
  • ISBN / Artikelnummer 9783751505390
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Sie hatte sich überhaupt nicht verändert – immer noch so groß und schlank, das rotgoldene Haar im Nacken zu einem eleganten Knoten geschlungen. Bella English sah so wunderschön aus wie an dem Tag, als Mac sie das letzte Mal gesehen hatte: an ihrem Hochzeitstag.

„Mac, ich hörte schon, dass du wieder da bist. Schön, dich zu sehen, Kumpel. Wie geht es dir?“

„Super, danke, Lou.“ James MacIntyre – alle nannten ihn Mac – drehte sich um und lächelte Lou, den Pförtner, an.

Aus den Augenwinkeln konnte Mac immer noch Bella sehen, doch sein Blick ruhte weiterhin auf Lou. Nachdem Mac vor ein paar Tagen mit seinem alten Freund Tim gesprochen hatte, war er jetzt nicht allzu erpicht darauf, mit Bella zu reden.

„Ich muss sagen, du siehst super aus, Lou. Offensichtlich hat es dir gutgetan, in die pädiatrische Notaufnahme zu wechseln. Du wirkst bestimmt zehn Jahre jünger als damals, als wir uns das letzte Mal gesehen haben.“

„Das wäre schön.“ Lous runzeliges Gesicht verwandelte sich in ein schiefes Grinsen. „Aber ich bräuchte sicher zehn Operationen, um wie eine Dalverston-Version von George Clooney auszusehen.“ Er blickte Mac kurz über die Schulter, schaute ihn wieder an und zwinkerte ihm dann zu. „Okay, ich gehe jetzt besser. Ich sehe dich später.“

„Bis dann.“ Mac brauchte sich gar nicht umzudrehen, um zu wissen, wer da kam. Er konnte ihr Parfüm riechen, diesen leichten Duft von Freesien, den sie immer trug. Sie hatte ihm einmal erzählt, dass dieser Duft speziell für sie kreiert worden war. Und er fand, dass er perfekt zu ihr passte.

Bella war die Art von Frau, die ihr eigenes Parfüm trug. Nichts an ihr war gewöhnlich oder alltäglich.

Mac drehte sich langsam um und registrierte all die Details, die er schon vergessen geglaubt hatte. Obwohl Bella immer schlank gewesen war, wirkte sie jetzt jedoch fast dünn. Und obwohl ihr Teint zart aussah wie in seiner Erinnerung, bemerkte er die dunklen Ringe unter ihren grünen Augen – offensichtlich eine Folge vieler schlafloser Nächte. War es das schlechte Gewissen, das ihr den Schlaf raubte?

Bitterkeit stieg in Mac auf. Er wusste nicht, ob Bella auch nur die Spur eines schlechten Gewissens verspürte, nachdem sie ihre Ehe mit Tim beendet hat.

„Hallo, Mac. Ich hörte, dass du wieder da bist. Wie geht es dir?“

Mac verspürte unwillkürlich den Drang, Bella an den Schultern zu packen und sie zu schütteln, so sehr wünschte er sich eine Antwort auf die Frage, warum sie Tim verlassen hatte. Sie hatte Tims Leben ruiniert – war ihr das denn gar nicht klar? Und kümmerte es sie nicht, dass sie alle Versprechen gebrochen hatte, die sie ihrem Mann vor drei Jahren gegeben hatte?

Liebe, Ehrlichkeit und Respekt. Mac erinnerte sich an die Trauung, an Bellas klare Stimme, als sie Tim ewige Treue geschworen hatte. Und er hatte ihr jedes Wort geglaubt. Er fühlte sich genauso hintergangen, wie Tim sich jetzt fühlen musste.

Der Gedanke schockierte ihn so, dass er ihr nicht sofort antwortete. Bella und er waren nie mehr als Freunde gewesen – darauf hatte er immer geachtet. Warum also war er so enttäuscht von ihr?

Er blendete die Überlegung aus, denn er wusste, dass es töricht war. Wenn er in den nächsten Wochen mit Bella arbeiten sollte, durfte das Geschehene ihnen nicht im Wege stehen.

„Gut, danke“, sagte er darum. „Ich bin schon sehr gespannt auf die neue Abteilung.“ Er schaute sich um und nickte. „Ich muss sagen, es sieht großartig aus. Offensichtlich hat man keine Kosten und Mühen gescheut.“

„Nein, alles ist auf dem neuesten Stand. Wir sind schon fast einen Monat hier, und ich muss mich noch immer kneifen, wenn ich zur Arbeit komme. Ich kann gar nicht fassen, was für tolle Geräte wir zur Verfügung haben.“

Bellas Lachen klang rauchig, und Mac fühlte, wie sich auch die kleinsten Härchen an seinem Körper aufrichteten. Er hatte ihr Lachen fast vergessen. Vergessen, wie sanft es war und wie sexy.

Ihr Lachen war damals das Erste gewesen, was ihm an ihr aufgefallen war. Es war in der Uni gewesen. Er stand in der Schlange in der Mensa und hörte hinter sich eine Frau lachen. Er hatte sich umgedreht, um zu sehen, wem dieses Lachen gehörte …

Mac schob die Erinnerung daran beiseite, er konnte jetzt keine weitere Ablenkung gebrauchen. Er wusste, wem gegenüber er loyal war, und er wusste, dass er auf Tims Seite stand. Tim hatte ihm alles von der Beziehung zu Bella erzählt, vom Anfang bis zum Ende. Und auch wenn Mac wusste, dass immer zwei beteiligt waren, wenn eine Beziehung scheiterte, so wusste er doch, dass Bella die Hauptschuld trug.

Nein, Tims größter Fehler war es gewesen, dass er Bella geliebt hatte und zu nachsichtig mit ihr gewesen war.

„Bist du deshalb hierher nach Dalverston gekommen?“, fragte Mac. „Wegen der Aussicht, auf so einer tollen Station zu arbeiten? Ich war ziemlich überrascht, als ich hörte, dass du London verlassen hast.“

„Es war einer der Gründe, ja.“

Bellas Miene war ernst geworden, und Macs Herz zog sich zusammen, als er den Schmerz in ihren Augen bemerkte. Tim war verletzt, aber Bella litt auch, wie es schien. Diese Erkenntnis berührte ihn mehr, als sie sollte. Er versuchte, sich seine Gefühle nicht anmerken zu lassen, als sie fortfuhr.

„Ich musste weg, und dies schien mir das Richtige zu sein. Es ist ein Neuanfang für mich, und hoffentlich ist es das auch für Tim.“

Bella konnte die Feindseligkeit regelrecht spüren, die Mac ausstrahlte, und es verletzte sie, dass er sie verurteilte und ihr offensichtlich die Schuld gab.

Ihr war klar, dass Tim ihm seine Version der Geschichte erzählt haben musste. Sie hoffte zwar, dass Mac sich auch ihre Version anhören würde, bevor er ein endgültiges Urteil über sie fällte. Aber wie es schien, gab es für ihn keinen Zweifel an Tims Geschichte.

Sie war diejenige, die ihre Ehe zerstört hatte, und Tim war das unschuldige Opfer.

Sie wandte sich ab, weil sie sich nicht verteidigen wollte. Sie hatte sich geschworen, sich nicht zu rechtfertigen, als sie erfuhr, welche Lügen Tim über sie verbreitete. Sie hatte es bei anderen Paaren mit ansehen müssen, was passierte, wenn zwei Menschen sich einen Rosenkrieg lieferten. Auf dieses Niveau wollte sie sich nicht begeben – das hatte sie sich fest vorgenommen. Die Leute glaubten sowieso, was sie glauben wollten.

Wenn sie alles abstritt, was Tim behauptete, nämlich dass sie für ihn nicht gut gewesen war, dass sie seine Karriere zerstört und ihre Ehe beendet hatte, weil sie kein Baby bekommen wollte, würde ihr das sowieso kaum jemand glauben.

In ihrer Beziehung war sie stets die Zurückhaltende gewesen, diejenige, die länger brauchte, um Freundschaften zu schließen, während Tim immer gern im Mittelpunkt stand. Er scharte Menschen um sich, fand sehr schnell neue Freunde, und wenn er sie kurze Zeit später wieder fallen ließ, schien ihm das niemand übel zu nehmen. Nein, wenn die Leute die Wahl hatten, würden sie Tims Version glauben. Ebenso wie Mac, wie es schien.

Sie verspürte einen scharfen Schmerz bei dieser Erkenntnis, als sie ihm den Weg zur Aufnahme zeigte. Obwohl sie wusste, dass es albern war, hasste sie den Gedanken, dass sie in Macs Ansehen gesunken war.

Sie zwang sich zu einem Lächeln, als sie sich Janet Davies zuwandte, der Kollegin am Empfang. Sie würde Mac nicht merken lassen, wie es in ihr aussah.

„Dies ist Dr. MacIntyre, Janet. Er wird Dr. Timpson vertreten, bis sie sich von ihrem Unfall erholt hat.“

„Oh, ich kenne Mac. Wer tut das nicht?“ Janet kam um die Theke herum und umarmte ihn. „Also, wo waren Sie diesmal? Afrika? Indien? In der äußersten Mongolei?“

Mac erwiderte die Umarmung, und er lächelte so strahlend, dass es Bella warm ums Herz wurde.

„Philippinen“, antwortete er.

Er hatte schon immer ein wundervolles Lächeln, dachte Bella. Er hatte sie allerdings nie so ehrlich und warm angelächelt wie gerade Janet.

„Oje.“ Janet verzog das Gesicht. „War es wirklich so schlimm, wie es im Fernsehen aussah?“

„Schlimmer.“ Mac schüttelte den Kopf, und eine dunkelbraune Haarsträhne fiel ihm in die Stirn.

Sie müssten geschnitten werden, fand Bella. Aber es stand ihm gut, die leicht zerzausten Haare betonten irgendwie seine Männlichkeit. Mac sah genauso aus, wie er war: ein Mann, der in jeder Situation unerschütterlich war, jemand, auf den man sich immer verlassen konnte, der einen nie im Stich ließ.

Bellas Herz zog sich bei dem Gedanken zusammen. Mit Mac hätte sie das vergangene harte Jahr überstehen können.

„Der Taifun hat ganze Städte zerstört, und die Menschen hatten nur noch das, was sie am Leibe trugen. Es war ein harter Job. Am Anfang konnten wir kaum eine Basisversorgung leisten“, erzählte Mac weiter.

„Wie furchtbar!“ Janet schüttelte sich, als sie wieder an ihren Platz ging. „Das macht einen dankbar, hier zu leben, oder?“

„Das ist wohl wahr.“ Mac lächelte. „Auch wenn es hier mehr regnet als in anderen Teilen der Welt.“

Janet lachte, als sie zum Telefon griff.

Bella wandte sich zum Whiteboard und checkte die Namen, die dort aufgelistet waren, fest entschlossen, nun mit ihrer Arbeit weiterzumachen. Möglich, dass sie und Mac einiges zu klären hatten, doch in erster Linie waren sie Kollegen – und das war die Hauptsache.

Auf der Liste standen drei Namen von Kindern, die bereits untersucht worden waren und bei denen noch Ergebnisse ausstanden. Sie zeigte auf einen der Namen, als Mac sich ihr zuwandte.

„Es wäre schön, wenn du sie dir mal anschauen würdest. Chloe Adams, acht Jahre alt, heute Morgen um vier Uhr eingeliefert. Sie klagte über starke Kopfschmerzen, und sie hat sich auch übergeben.“ Bella seufzte. „Sie leidet wohl schon länger an quälenden Kopfschmerzen. Ihre Mutter ist mit ihr zum Kinderarzt gegangen, der eine Infektion vermutete, aber davon bin ich nicht überzeugt.“

„Was denkst du?“, fragte Mac. „Meinst du, dass es etwas Ernstes ist?“

„Ja, ich habe Ausfallerscheinungen bei der Koordination bemerkt, als ich sie untersucht habe. Möglicherweise ein Tumor. Ich habe ihre Mutter gefragt, ob sie irgendetwas bemerkt hat – einen schwerfälligen Gang, Stolpern, Gleichgewichtsverlust, aber sie sagte Nein.“ Bella zuckte die Schultern. „Chloe ist eines von fünf Geschwistern, und ich habe den Eindruck, dass ihre Mutter mit der Situation überfordert ist, weil der Vater die Familie Anfang des Jahres verlassen hat.“

„Ich verstehe. Es muss hart sein, wenn man auf diese Weise verlassen wird“, bemerkte Mac vielsagend.

So vielsagend, dass Bella wusste, dass er auf ihre Situation anspielte.

Ihre Wangen röteten sich, als sie zu den Kabinen gingen. Sie hatte Tim nicht verlassen. Sie war gegangen, weil Tim es ihr unmöglich gemacht hatte, zu bleiben. Sie hatte versucht, ihm zu helfen, hatte alles getan, was sie konnte, doch es hatte nichts genutzt.

Tim konnte nicht von den Schmerzmitteln lassen. Oh, er hatte es versprochen, sogar zigmal geschworen, aber er hatte gelogen. Die Drogen hatten ihn verändert – aus dem Mann, den sie geheiratet hatte, hatten sie einen Lügner gemacht.

Sie und Tim waren an einen Punkt gekommen, an dem sie nichts anderes mehr tun konnte, als zu gehen. Und sie war sicher, dass es für ihn das Beste gewesen war. Danach hatte er schließlich Hilfe angenommen und einen Entzug gemacht. Vielleicht hätte sie wieder zu ihm zurückgehen sollen …

Bella hatte ernsthaft darüber nachgedacht. Aber dann hatte sie von seiner Affäre erfahren. Sie war am Boden zerstört gewesen – und hätte bestenfalls noch aus Pflichtgefühl zu ihm zurückkehren können, aber das wäre weder richtig noch fair gewesen, nicht für ihn und auch nicht für sie.

Plötzlich musste sie sich fragen, ob sie Tim jemals geliebt hatte. Warum war sie nicht bereit gewesen, um ihn zu kämpfen? Die Wahrheit war, dass sie sich über ihre Gefühle nie wirklich im Klaren gewesen war. Als einzige Tochter karriereorientierter Eltern hatte sie früh gelernt, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten. Selbst als erwachsene Frau hatte sie Gefühle nur schwer zulassen können.

Sie hatte gedacht, Tim sei eine sichere Wahl – ein Mann aus ihren Kreisen, mit ihm zusammen zu sein hatte sich gut und richtig angefühlt.

Mit Mac war es ganz anders. Obwohl sie und Mac immer nur Freunde gewesen waren, hatten seine Selbstsicherheit und Lebenserfahrung sie von Anfang an verunsichert. Alles an ihm kam ihr irgendwie fremd vor. Gefährlich. Er war eine Bedrohung für ihren Seelenfrieden. Immer noch.

Bella holte tief Luft. Wenn sie Mac all die Jahre als gefährlich empfunden hatte, dann war er es jetzt erst recht, wo sie sich so verletzlich fühlte.

„Mrs. Adams? Ich bin Dr. MacIntyre. Dr. English bat mich, nach Ihrer Tochter zu schauen.“

Mac lächelte die etwas gequält dreinschauende Frau an, die neben dem Bett saß. Er wusste, dass Bella hinter ihm stand, und versuchte deshalb umso mehr, sich auf die andere Frau zu konzentrieren. Er hatte sich geschworen, sich sachlich zu verhalten und Bella nicht mit Vorwürfen zu konfrontieren. Sie mochte ihre Ehe unwürdig beendet haben, doch es war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, sie darauf anzusprechen oder darüber zu diskutieren.

„Sie fühlt sich schon viel besser, stimmt’s, Chloe?“ Donna Adams sah ihre Tochter an und bedeutete ihr, zuzustimmen.

Mac seufzte. Egal, wie lange es dauern würde oder wie unangenehm es für die Mutter werden würde, sie mussten Chloes Problemen auf den Grund gehen.

„Das ist schön“, sagte er. „Aber ich denke, wir sollten auf jeden Fall ein paar weitere Tests durchführen.“ Er schenkte dem Mädchen ein beruhigendes Lächeln. „Wir wollen diese schrecklichen Kopfschmerzen ein für alle Mal loswerden, wenn es irgendwie geht, was meinst du, Chloe?“

„Ja.“ Sie lächelte schüchtern zurück und drückte ihren alten Teddybären an sich.

Mac setzte sich zu ihr auf die Bettkante. „Wie heißt dein Teddy? Ich habe auch so einen Bären, er heißt Bruno.“

„William.“ Chloe umarmte ihren Teddy. „Er ist mein bester Freund, und er ist immer bei mir.“

„Oh, das gefällt ihm sicher, oder?“ Mac umfasste eine Tatze des Bären und schüttelte sie feierlich. „Nett, dich kennenzulernen, William. Ich heiße Dr. Mac.“

Chloe kicherte. Mac wusste, wie wichtig es war, ihr Vertrauen zu gewinnen. Er lächelte sie erneut an. „So, jetzt kennen wir uns alle. Ich muss dir ein paar Fragen stellen, Chloe. Keine Bange, es gibt keine richtigen und falschen Antworten. Und wenn dein Freund William dir helfen möchte, ist das völlig in Ordnung, okay?“

„Okay.“ Chloe stimmte freudig zu.

„So, Chloe. Hast du schon mal bemerkt, dass du nicht ganz sicher auf deinen Füßen stehst und meinst, umzufallen?“

„Manchmal“, murmelte Chloe. Sie blickte zu ihrer Mutter und beeilte sich, fortzufahren. „An einem Tag wollte ich ein Blatt Papier holen, um ein Bild zu malen, und fiel hin. Der Lehrer dachte, dass ich Unfug mache, und schickte mich auf den Flur.“

„Ich verstehe.“ Mac schaute zu Bella und sah sie nicken. Gleichgewichtsstörungen konnten ein Hinweis auf eine zerebrale Störung sein, und das war häufig ein Indiz für einen Tumor. Obwohl er inständig hoffte, dass es nicht so war, sprach einiges dafür.

„Hast du manchmal Schwierigkeiten beim Laufen, so als würden dir deine Füße nicht gehorchen?“, fuhr er freundlich fort.

„Ja, manchmal scheinen sie den falschen Weg zu gehen“, erklärte Chloe ihm arglos.

„Entschuldigen Sie, Doktor, aber was hat das mit Chloes Kopfschmerzen zu tun?“, wollte Donna Adams wissen.

„All das hilft uns, ein Bild von Chloes Zustand zu bekommen“, erklärte Mac, ohne zu sehr ins Detail zu gehen. Wenn sich ihr Verdacht bestätigte, würde noch genügend Zeit bleiben, der Frau offen zu sagen, dass ihre Tochter ernsthaft krank war.

Er stand auf und lächelte Chloe an. „Wir werden einen speziellen Scan machen, Chloe. So können wir besser sehen, was in deinem Kopf passiert. Ich muss nur telefonieren, und dann nehmen wir dich und deine Mama mit nach unten.“

„Wird das lange dauern?“, fragte Donna Adams ängstlich. „Es ist nur, ich muss die anderen Kinder zur Schule bringen. Im Moment sind sie bei der Nachbarin, aber sie ist schon über achtzig, und ich kann ihr das nicht so lange zumuten.“

„Das Scannen selbst dauert nicht lange“, sagte Bella freundlich. „Aber Chloe wird hierbleiben müssen, bis wir die Ergebnisse haben. Gibt es sonst niemanden, der sich um die Kinder kümmern kann?“

„Nein.“ Donna Adams klang bitter. „Es gibt niemanden, und ihr Vater ist auf und davon.“ Sie schaute auf ihre Tochter und seufzte. „Ich fürchte, dann können sie eben heute nicht in die Schule gehen.“

Mac schwieg, als sie das Krankenzimmer verließen, aber das hieß nicht, dass er nicht über die Situation nachdachte.

Ein Versprechen zu brechen und einfach zu gehen käme für ihn nie infrage. Er musste nur an die Verzweiflung seines Vaters denken, als seine Mutter sie verlassen hatte, um zu wissen, dass er so etwas niemals tun würde. Wenn er etwas versprach, würde er dazu stehen, egal, was passierte.

Er blickte Bella nachdenklich an. Tim auf die Art zu verlassen, wie sie es getan hatte, war nicht akzeptabel. Sie hatte Tim bei ihrer Hochzeit Liebe und Wertschätzung geschworen und nichts davon gehalten. Sie konnte ihn doch nicht beim ersten Anzeichen von Problemen einfach fallen lassen!

Mac fühlte sich schuldig, weil er als Freund nicht für Tim da gewesen war, als der ihn gebraucht hatte. Er wollte sich gar nicht vorstellen, was Tim durchgemacht haben musste. Bella hätte für Tim da sein müssen! Kein Wunder, dass sein Freund am Boden zerstört war.

Mac biss die Zähne zusammen, als er Bella in ihr Büro folgte. Vielleicht war es unfair, ein solches Urteil über sie zu fällen. Aber er hatte immer gedacht, Bella sei die ideale Frau. Nicht nur, weil sie wunderschön war, sondern auch wegen ihrer Intelligenz. Er hatte sich damals in Cambridge sofort von ihr angezogen gefühlt, gleichzeitig hatte er so etwas wie Ehrfurcht vor ihr verspürt. Dass sie sich stets ein wenig von ihren Kommilitonen zurückgezogen hatte, verstärkte ihren Reiz noch.

Mac war nie der zurückhaltende Typ gewesen. Er war am Rand von Manchester aufgewachsen und hatte sich Zurückhaltung nicht leisten können. Er begriff früh, dass er kämpfen musste, um zu überleben, und hatte sich darum voll auf sein Ziel, Arzt zu werden, konzentriert.

Bella war so ganz anders gewesen als die Mädchen, die er vorher gekannt hatte. Anders als die anderen Mädchen an der Uni, obwohl auch sie aus guten Verhältnissen kamen. Doch Bella war einfach perfekt.

Jetzt festzustellen, dass sie auch Fehler hatte, traf Mac hart. Jahrelang hatte er sie auf ein Podest gestellt, nur um dann festzustellen, dass sie genauso war wie jede andere: eine Frau, die Versprechen gab und sie wieder brach. Sie war nichts Besonderes, keine Klasse für sich, wie er immer gedacht hatte, sondern erreichbar – auch für ihn.

Mac runzelte die Stirn. Es war das erste Mal, dass diese Gedanken in ihm aufstiegen, und sie gefielen ihm nicht. Die ganze Situation gefiel ihm nicht. Denn nun gab es für ihn keinen Grund mehr, Bella zu als unerreichbar zu betrachten.

Leider bestätigten die Ergebnisse von Chloes Untersuchung Bellas Verdacht.

Sie deutete auf den Bildschirm. „Da gibt es keinen Zweifel, oder? Es ist definitiv ein Tumor.“

„Ja.“ Mac beugte sich vor, um besser sehen zu können, und ihre Schultern berührten sich.

Bella rückte ein wenig beiseite. Ihr gefiel es nicht, wie ihr Körper auf Mac reagierte. Dass ihr Herz begann, viel schneller zu schlagen. Sie räusperte sich. Das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte, war, dass Mac glaubte, er habe irgendeine Wirkung auf sie.

„Möglicherweise ist es ein Medulloblastom, was meinst du?“ Sie versuchte, ganz ruhig zu wirken. „Es kommt häufig bei Kindern vor.“

„Oh, ja. Die Tatsache, dass es sich im Kleinhirn ausgebreitet hat, spricht dafür.“

„Chloe muss sofort behandelt werden“, sagte Bella und versuchte, ihre Gedanken nicht wieder abschweifen zu lassen. Aber Mac machte sie nervös.

Das war zu erwarten gewesen. Seit sie gehört hatte, dass er wieder in England war, fühlte sie sich irgendwie unbehaglich. Immerhin war er Tims bester Freund, und es musste hart für ihn gewesen sein, zu hören, was passiert war. Es war nicht verwunderlich, dass jetzt eine gewisse Spannung zwischen ihnen herrschte.

Sie verdrängte den Gedanken. „Soweit ich weiß, wächst das Medulloblastom sehr schnell und kann sich zügig im gesamten Hirn ausbreiten.“

„Das ist richtig. Chloe muss schnellstens von einem Onkologen untersucht werden. Sie braucht Chemotherapie und möglicherweise auch Bestrahlung, damit sie überleben kann.“ Mac schüttelte den Kopf, und Bella bemerkte seinen besorgten Blick. „Es tut mir so leid für die Mutter. Es wird ein riesiger Schock für sie sein.“

„Es wird schwer für sie werden, vor allem, weil sie sich auch um die anderen Kinder kümmern muss“, meinte Bella. „Sie muss zwischen der Klinik und ihrem Zuhause hin- und herfahren, und das alles ohne Unterstützung.“

„Ja, es wird nicht einfach sein“, sagte Mac.

Bella wusste, was er dachte. Sie hätte Tim unterstützen und ihm in seiner schweren Stunde zur Seite stehen müssen. Sie hatte das Bedürfnis, Mac zu erzählen, wie es wirklich gewesen war – ihre eigene Version der Geschichte. Aber sie entschied sich, es nicht zu tun. Er würde nur glauben, dass sie Tim die Schuld geben wollte, und das wäre das Gegenteil von dem, was sie erreichen wollte. Es war hart, aber sie konnte nichts tun.

Sie schaltete den Monitor aus und ging zur Tür. „Ich werde mit Mrs. Adams sprechen“, sagte sie über die Schulter zu Mac. „Je eher sie es erfährt, desto besser.“

„Gut. Möchtest du, dass ich in der Onkologie anrufe?“, bot Mac an und folgte ihr auf den Flur.

„Wenn es dir nichts ausmacht? Oh, Moment, sie haben eine neue Telefonnummer“, fiel Bella ein. „Sie sind wegen der Renovierung im Nebengebäude. Ich besorge sie dir.“

Sie wandte sich um, um zurück ins Büro zu gehen, prallte gegen Mac und schwankte. Er fasste sie an den Schultern, bis sie wieder Halt hatte.

Autor

Jennifer Taylor

Jennifer Taylor ist Bibliothekarin und nahm nach der Geburt ihres Sohnes eine Halbtagsstelle in einer öffentlichen Bibliothek an, wo sie die Liebesromane von Mills & Boon entdeckte. Bis dato hatte sie noch nie Bücher aus diesem Genre gelesen, wurde aber sofort in ihren Bann gezogen. Je mehr Bücher Sie las,...

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