Zehn Tage mit dem italienischen Playboy

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"Ich soll mit Ihnen nach Italien fliegen und dort Ihre Verlobte spielen?" Chiara starrt den umwerfend attraktiven Lazzero Di Fiore ungläubig an. Er ist so vermögend, dass er mit einem Federstrich die verschuldete Bäckerei ihrer Eltern retten könnte. Und genau damit lockt er sie auch! Zehn Tage in seiner glamourösen Welt, ihn küssen, wann immer die Presse die Kameras auf sie richtet, damit die Frau eines Kollegen ihm keine Avancen mehr macht … Aber wie um alles in der Welt kann Chiara verhindern, dass sie sich in diesen charmanten Playboy verliebt?


  • Erscheinungstag 18.06.2019
  • Bandnummer 2393
  • ISBN / Artikelnummer 9783733712266
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Der wöchentliche Drink am Donnerstagabend im Di Fiore’s war für Lazzero Di Fiore und seine Brüder seit Jahren ein Ritual. Genauer gesagt seit dem Tag, an dem Lazzero und sein jüngerer Bruder Santo als Studenten an einem winzigen Tisch in der hintersten Ecke beschlossen hatten, ihren Traum von der heißesten Marke für Sportkleidung in die Realität umzusetzen.

Der gezackte, feuerrote Blitz ihres Logos, das sie in die dicke Tischplatte aus Mahagoni geritzt hatten, stand für ihre Marke Supersonic und zierte inzwischen die perfekt trainierten Körper der am besten bezahlten Sportler aus der ganzen Welt. Was wiederum dafür gesorgt hatte, dass ihre Marke inzwischen in allen Haushalten des Landes bekannt war.

Doch es gab auch Schattenseiten. So hatte der Erfolg dazu geführt, dass ihr Privatleben inzwischen ein gefundenes Fressen für die Presse geworden war. Was ihm normalerweise nichts ausmachte, doch der neueste Einbruch in sein innerstes Heiligtum war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.

Darüber dachte Lazzero nach, während er sich einen Weg durch die Menge in der gut besuchten Sportbar suchte, die er mit Santo zusammen leitete. Er ließ seinen Blick über die in kurzen Röcken zur Schau gestellten Beine der weiblichen Gäste schweifen, atmete eine Wolke teuren Parfüms ein, die einen schwächeren Mann in die Knie gezwungen hätte, und kniff finster die Augen zusammen. Das alles war ihre Schuld. Er hätte sie erwürgen können.

„Das ist hier ja wie im Zirkus“, murmelte er und ließ sich auf den Stuhl an dem Tisch sinken, an dem bereits seine Brüder Santo und Nico saßen.

„Stimmt. Und zwar nur, weil die beliebteste Klatschkolumnistin der Stadt beschlossen hat, uns auf Platz zwei der beliebtesten Junggesellen zu setzen.“ Santo, wie immer in einem eleganten schwarzen Anzug, hob eine Augenbraue. „Wenn wir sie verklagen wollen, dann, weil wir hinter Barnaby Alexander gelandet sind. Er wiegt seine Dates in den Schlaf, indem er laut seine Milliarden zählt. Das finde ich beleidigend.“

„Altes Geld“, warf Nico ein. „Sie musste das Ganze ein wenig aufmischen.“

Lazzero musterte seinen älteren Bruder, der vermutlich seinem Glücksstern dafür dankte, ihn durch seine kürzliche Verlobung mit Chloe vom Markt genommen zu haben. Gemeinsam leiteten die beiden Evolution, eine der weltweit erfolgreichsten Kosmetik­firmen. „Es freut mich, dass dich das amüsiert“, knurrte er.

Nico zuckte mit den Schultern. „Dich würde es auch amüsieren, wenn du mitten in meinem Zirkus stecken würdest. Warum ich zu einer Hochzeit an Weihnachten Ja gesagt habe, ist mir immer noch ein Rätsel.“

Lazzero konnte kein Mitgefühl aufbringen, denn für ihn war allein die Vorstellung einer Ehe der reinste Wahnsinn.

„Zeigt es mir“, verlangte er und funkelte Santo böse an.

Der schob die Zeitschrift mit dem verletzenden Artikel über den Tisch, wobei seine Aufmerksamkeit von einer glamourös aussehenden Blondine gefesselt wurde, die ihn von der Bar aus unverhohlen anschaute. Er löste seine Krawatte, lehnte sich auf dem Stuhl zurück und musterte sie gründlich von Kopf bis Fuß. „Nicht schlecht.“

Total Santos Typ. Sie sieht aus, als wäre sie zu allem bereit.

Lazzero richtete seine Aufmerksamkeit auf die Liste der begehrtesten Junggesellen von New York, die Samara Jones für Entertainment Buzz zusammengestellt hatte. Es war eine Ergänzung zu einem früher erschienenen Artikel, in dem sie den „Sommer-Lover“, als heißesten Trend des Jahres beschrieben hatte. Nun folgte also eine Aufstellung von zwanzig Junggesellen, die für eine solche sommerliche Affäre perfekt geeignet wären.

Lazzero überflog die Liste. Am zweiten Eintrag blieb sein Blick hängen:

Da sie umwerfend sind und die beliebteste Sportbekleidungsmarke des Planeten führen, gehören Lazzero und Santo Di Fiore auf den zweiten Platz. Jung, reich und mächtig sind sie ohne Zweifel die köstlichste Doppeldosis Testosteron in Manhattan. Zu finden sind sie donnerstagabends im Di Fiore’s, wo sie von dem Ecktisch aus, an dem alles angefangen hat, immer noch ihre wöchentlichen Strategiesitzungen durchführen.

Lazzero warf das Magazin angewidert auf den Tisch. „Du weißt aber schon, dass das hier“, er machte eine Geste, die den gesamten Raum einschloss, „niemals wieder uns gehören wird, oder?“

„Entspann dich“, erwiderte Santo, dessen Blick inzwischen den der Blondine festhielt, die ihre Augen offenbar nicht abwenden konnte. „In ein paar Wochen ist der Hype vorbei.“

„Oder auch nicht.“

Santo riss sich von der Blondine los und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf seine Brüder. „Warum bist du so genervt?“, fragte er. „Das hier kann es ja wohl nicht sein.“ Er nickte in Richtung der Zeitschrift. „Du bist schon seit Wochen komisch.“

Lazzero stieß hörbar den Atem aus und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. „Gianni Casale“, sagte er ausdruckslos. „Ich habe heute Nachmittag mit ihm telefoniert. Er beißt bei dem Lizenzdeal nicht an. Der Kerl steckt bis zum Hals in roten Zahlen. Er weiß, dass seine Marke ihren Glanz verloren hat. Wir könnten ihn zum Frühstück verspeisen, und trotzdem gibt er nicht zu, dass er diese Partnerschaft braucht.“

Was ein Problem war, denn Lazzero hatte vorhergesagt, dass Supersonic bis zum Ende des folgenden Jahres die zweitgrößte Sportbekleidungsmarke der Welt wäre, und seine einflussreichen Banker verließen sich auf dieses Versprechen. Was bedeutete, dass das Vorhaben, Gianni Casales legendäre Laufschuhtechnologie Volare zu kaufen, ganz oben auf seiner Prioritätenliste stand.

Santo hob sein Glas in seine Richtung. „Seien wir mal ehrlich. Das echte Problem von Casale ist, dass er dich hasst.“

Lazzero blinzelte. „Hass ist ein ziemlich starkes Wort.“

„Wenn man bedenkt, dass du mal mit seiner Frau zusammen warst … Jeder weiß, dass Carolina ihn nur geheiratet hat, weil du sie hast fallen lassen. Sein dickes Bankkonto war Balsam für ihr verwundetes Herz. Das stellt sie auch jedes Mal klar, wenn ihr beide im selben Raum seid. Sie ist immer noch in dich verliebt, Laz. Ihre Ehe hängt am seidenen Faden, und Casale hat Angst, dass er Carolina nicht halten kann. Das ist unser Problem.“

Schuldgefühle regten sich in Lazzero. Er hatte Caroline damals gesagt, dass er niemals heiraten würde – das lag ihm einfach nicht in den Genen. In Wahrheit hatte er sich nach der katastrophalen Ehe seiner Eltern geschworen, diesen Fehler niemals zu begehen. Und Caroline war damit einverstanden gewesen. Bis sie auf einmal nach ein paar Monaten viel zu selbstverständlich den Schlüssel für sein Penthouse benutzt hatte, um uneingeladen aufzutauchen und ihm nach seiner Rückkehr von einer Geschäftsreise ein Abendessen zu kochen – er hatte nicht einmal gewusst, dass sie kochen konnte.

Vielleicht hatte er zu viele Warnsignale übersehen, weil er so in seine Arbeit und die vielen Geschäftsreisen eingebunden gewesen war. Doch als sie ihm auffielen, hatte er sofort einen klaren Schlussstrich gezogen.

„Gianni kann daraus doch keine persönliche Angelegenheit machen.“ Er schüttelte den Kopf. „Es geht hier um einen Fünfzig-Millionen-Dollar-Deal. Das wäre wirklich der Gipfel der Dummheit.“

„Er wäre nicht der erste Mann, dem sein Stolz in den Weg kommt“, merkte Santo trocken an. Dann hob er eine Augenbraue. „Du willst dein Problem lösen? Dann komm nächste Woche zum La Coppa Estiva. Gianni spielt. Bring eine wunderschöne Frau mit, um ihn zu überzeugen, dass du vom Markt bist. Und dann nutze die Zeit zwischen den Spielen, um vernünftig mit ihm zu reden.“

Lazzero dachte an seinen vollgepackten Terminkalender. „Ich habe keine Zeit, um nach Mailand zu kommen“, wehrte er den Vorschlag ab. „Während du dich durch Italien flirtest und die Promis umwirbst, muss hier jemand das Schiff auf Kurs halten.“

Santo sah ihn fassungslos an. „Flirten? Hast du eigentlich eine Ahnung, wie viel Arbeit es bedeutet, ein Wohltätigkeitsspiel auf diesem Niveau zu organisieren? Wenn alles vorüber ist, will ich mich nur noch erschießen.“

Lazzero hob abwehrend eine Hand. „Okay, das nehme ich zurück. Du bist brillant, und das weißt du auch.“

La Coppa Estiva, ein Wohltätigkeitsturnier, das im fußballverrückten Mailand stattfand, wurde von einigen der beliebtesten Marken der Welt gesponsert, darunter Supersonic und Fiammata, die Firma von Gianni Casale. Die großen Egos und unmöglichen Forderungen der Sportler und Sponsoren unter einen Hut zu bringen, war ein logistischer Albtraum, den Santo schon seit zwei Jahren hervorragend meisterte.

Lazzero atmete tief aus und trank einen Schluck Bier. Santo hatte recht – er sollte hinfliegen. La Coppa Estiva war in näherer Zukunft die einzige Veranstaltung, auf der er Gianni treffen konnte. „Ich mache es irgendwie möglich“, sagte er schließlich. „Aber ich habe keine Ahnung, wen ich mitnehmen soll.“

„Sagt der Mann, dessen Adressbuch voll ist mit den Nummern der schönsten Frauen von New York“, warf Nico trocken ein.

Lazzero zuckte mit den Schultern. „Ich habe zu viel zu tun, um auszugehen.“

„Wie wäre es mit einer Sommer-Affäre?“ Santo ließ seinen Blick gezielt über die strategisch im Raum verteilten Frauen schweifen. „Offensichtlich ist so etwas total in. Laut Samara Jones behält man seine Affäre, bis man die letzten Veranstaltungen des Sommers hinter sich gebracht hat, und verabschiedet sich dann. Das ist ideal. Es könnte sogar deine Laune heben.“

„Ausgezeichnete Idee.“ Nico nickte. „Das gefällt mir. Vor allem der Teil, in dem sich seine Laune hebt.“

Lazzero war nicht amüsiert. Sich eine vorübergehende Freundin zuzulegen war das Letzte, wofür er im Moment Energie aufbringen konnte. Aber wenn es nötig war, um Gianni davon zu überzeugen, dass er keine Bedrohung für ihn darstellte, ging es wohl nicht anders.

Sich eine der vielen ehrgeizigen Frauen auszusuchen, die ihm nachstellten, kam jedoch nicht infrage. Er brauchte eine diskrete, vertrauenswürdige Partnerin, die das Ganze als das geschäftliche Arrangement sehen würde, das es war, und am Ende nicht mehr von ihm erwartete.

So eine Frau konnte doch sicherlich nicht allzu schwer zu finden sein, oder?

Der Freitagvormittag im Daily Grind an der Upper West Side war jedes Mal ein Nonstop-Marathon. Die Studenten der nahe gelegenen Columbia University strömten wie verschlafene, zerzauste Schafe in den Coffeeshop und lungerten mit ihrem Kaffee auf den Ledersofas herum, während die geschniegelten Großstadtkrieger, die in der Gegend wohnten, auf dem Weg zum Büro hereinstürmten, um sich ihren dringend benötigten Kick vor dem gefürchteten ersten Meeting des Tages zu holen.

Heute wurde aber selbst die sonst immer einen kühlen Kopf bewahrende Barista Chiara Ferrante auf die Probe gestellt. Der Höhepunkt war der Typ in dem teuren Anzug, der nach einer Reihe ebenso absurder Kunden mit seinem Porsche-Schlüssel klimpernd und dem Handy am Ohr einen großen Soja-Latte „halb entkoffeiniert und genau neunundvierzig Grad, nicht weniger, nicht mehr“ bestellt hatte.

Du brauchst diesen Job, Chiara. Jetzt mehr als je zuvor. Schluck es runter und mach es einfach.

Sie nahm einen tiefen, beruhigenden Atemzug und machte sich an die Arbeit. Dann drückte sie dem laufenden Gucci-Werbeplakat einen genau achtundvierzig Grad warmen Latte in die Hand – ein kleiner Akt der Rebellion, dem sie nicht hatte widerstehen können. In der kurzen Pause, die danach folgte, überprüfte sie, ob überall noch ausreichend Zucker und Milch auf den Selbstbedienungstresen stand, bevor die nächste Welle hereinbrach.

„Alles in Ordnung mit dir?“, fragte Kat, ihre Kollegin und Mitbewohnerin. „Du wirkst heute irgendwie abwesend.“

Chiara sammelte die leeren Kaffeekannen ein und stellte sie in die Spüle. „Die Bank hat den Kreditantrag meines Vaters abgelehnt. Es war kein guter Morgen.“

Kat sah sie mitfühlend an. „Ach nein. Das tut mir leid. Ich weiß, wie schwer es für ihn in letzter Zeit war. Kann er es noch bei einer anderen Bank versuchen?“

„Nein, das war die letzte.“ Chiara biss sich auf die Unterlippe. „Vielleicht kann Todd mir einige Schichten mehr zuteilen.“

„Und dich in eine lebende Tote verwandeln? Du arbeitest schon seit Monaten Doppelschichten, Chiara. Es ist ein Wunder, dass du noch nicht zusammengebrochen bist.“ Kat lehnte sich mit der Hüfte gegen die Bar. „Was du brauchst“, verkündete sie, „ist ein reicher Mann! Das würde all deine Probleme lösen. Sie machen dir ständig Avancen, aber du nimmst ihre Angebote nie an.“

Weil ihr beim einzigen Mal, als sie so ein Angebot angenommen hatte, das Herz gebrochen worden war.

„Ich bin nicht an einem reichen Mann interessiert“, erwiderte sie ausdruckslos. „Die kommen hier mit ihrem aufgeblasenen Ego in ihren teuren Anzügen herein, betrunken von ihrer Macht, und glauben, ihr Geld wäre die Lizenz, alles zu tun, was sie wollen. Für die sind Frauen nur ein Spiel.“

Kat warf ihr einen amüsierten Blick zu. „Jetzt scherst du aber alle über einen Kamm. Kann man das wirklich so pauschal sagen?“

Chiara verschränkte die Arme vor der Brust. „Bonnie, Sivi und Tara sind vor kurzem abends ins Tempesta Di Fuoco gegangen, das Restaurant von Stefan Bianco in Chelsea. Sie saßen an der Bar, da wurden sie von einer Gruppe Investmentbanker angesprochen. Bonnie war ganz aufgeregt, als dieser Typ, Phil, sie zum Dinner ins Lido eingeladen hat. Sie ist früh nach Hause gegangen, weil sie am nächsten Morgen hier aufmachen musste. Sivi und Tara sind noch länger geblieben.“ Sie zog eine Augenbraue hoch. „Und was hat dieser Phil getan? Er hat Sivi zum Lunch eingeladen.“

„Idiot.“ Kat verzog das Gesicht. „Aber nicht alle Männer sind so.“

„Nicht alle Männer. Nur die“, erklärte Chiara scharf. „Die Anzüge verändern sich vielleicht, aber die Männer darin nicht.“

„Ich fürchte, da muss ich widersprechen“, schaltete sich eine tiefe Stimme mit leichtem Akzent ein, die ihr einen Schauer über den Rücken laufen ließ. „Es wäre eine Schande, wenn Phil uns alle schlecht dastehen lassen würde!“

Chiara erstarrte für einen Moment, dann drehte sie sich langsam um, wobei sie sich an der Marmorplatte des Tresens festhielt. Sie nahm den großen, dunkelhaarigen Mann in sich auf, der lässig neben der silbernen Klingel am Tresen lehnte, von der sie wünschte, er hätte sie gedrückt. Mit seinem silber-grauen Tom-Ford-Anzug, der seine dunkle Haut perfekt betonte, war Lazzero Di Fiore auf raubtierhafte Weise attraktiv und verströmte einen Sex-Appeal, der zu einem Kurzschluss in ihrem Gehirn führte.

Seine ausdruckslose Miene verriet ihr, dass er die letzten Worte ihrer Ansprache gehört hatte.

„Ich …“, stieß sie rau hervor, ohne zu wissen, was sie eigentlich sagen wollte. „Sie hätten die Klingel betätigen sollen.“

„Damit ich Ihre faszinierende Einschätzung von Manhattans Männern verpasse?“ Um seinen sinnlichen Mund zuckte es. „Nicht um alles in der Welt. Obwohl ich mich schon frage, ob ich wohl einen Espresso haben könnte, um mein aufgeblasenes Ego zu schüren? Ich muss noch einen Bericht durchgehen für ein unglaublich wichtiges Meeting, das in genau fünfzig Minuten stattfindet.“

Kat gab ein kehliges Geräusch von sich. Chiaras Wangen wurden heiß. „Natürlich“, murmelte sie. „Der geht aufs Haus.“

Mit steifen Bewegungen machte sich Chiara daran, den Espresso zuzubereiten, während Lazzero zu einem der Tische am Fenster schlenderte. Morgens mit ihm zu plaudern, wenn er hereinkam, war eine Sache. Aber Stammgäste zu beleidigen und ihren Job zu verlieren eine ganz andere.

Eher amüsiert als beleidigt von der Tirade der sonst so beherrschten Barista setzte Lazzero sich an einen Tisch am Fenster und holte den Bericht hervor. Angesichts seiner in letzter Zeit untypisch zynischen Haltung war es erfrischend, dass nicht alle Frauen in Manhattan Goldgräberinnen waren, die es nur auf sein Vermögen abgesehen hatten.

Außerdem war es, wie er zugeben musste, ein faszinierender Einblick hinter die Fassade der sonst so cool wirkenden Chiara. Er hatte im Laufe des Jahres schon viele Männer gesehen, die sich die Finger verbrannt hatten bei dem Versuch, die Verteidigungsmauer dieser Frau zu durchbrechen. Aber nun ergab alles einen Sinn. Sie hatte sich selber verbrannt, und zwar an einem Mann mit Macht und Einfluss. Und das würde sie nicht noch einmal tun.

Diese Erkenntnis würde ihm jedoch nicht helfen, seine Strategie festzuzurren, mit der er Gianni Casale beim La Coppa Estiva überzeugen wollte. Der fünfzigseitige Bericht, den ihm sein Marketing-Team zusammengestellt hatte, aber vielleicht schon.

In dem Versuch, eine angemessene Frau zu finden, die er mitnehmen konnte, war er am Vorabend sein gesamtes Adressbuch durchgegangen. Doch keine von ihnen war für diese Aufgabe geeignet. Seine Ex-Freundinnen würden die Einladung vollkommen falsch verstehen. Genau so, wie es eine unbekannte Frau tun würde. Aber er hatte einfach keinerlei Interesse an einer Beziehung.

Chiara riss ihn aus seinen Gedanken, als sie mit seinem Espresso an den Tisch trat. Nervös auf der Unterlippe kauend, schien sie nach etwas zu suchen, was sie sagen konnte. Dann schien sie es sich anders zu überlegen und griff hastig nach einer der Tassen auf ihrem Tablett. Die dampfende schwarze Flüssigkeit schwappte gefährlich nah an die Ränder heran. Damit es nicht zu einem Unglück auf seinem Anzug kam, streckte Lazzero die Hand aus, um Chiara den Espresso abzunehmen. Dabei streiften seine Finger ihre.

Ein Stromschlag schoss durch ihn hindurch und löste eine Hitzewelle in ihm aus. Ihre Blicke trafen sich. Hielten einander fest. Er sah, wie Chiaras Pupillen sich weiteten – und ihre wunderschönen Augen sich in ein tiefes Lagunengrün verwandelten.

Ihre Lider mit den langen Wimpern senkten sich und verbargen ihren Blick. „Genießen Sie Ihren Kaffee“, murmelte sie und wandte sich ab.

Lazzero lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und genoss die pulsierende Anziehung, die durch ihn hindurchschoss. Er konnte sich nicht erinnern, wann er so etwas das letzte Mal gefühlt hatte – wann er überhaupt jemals etwas anderes gefühlt hatte als das Adrenalin, wenn er einen großen Deal abschloss. Und selbst dieser Effekt wurde immer schwächer. Die Ironie, dass ausgerechnet das unberührbare Rätsel Chiara so eine Reaktion in ihm auslöste, entging ihm nicht.

Er beobachtete, wie sie einem älteren Italiener ein paar Tische weiter entfernt einen Espresso brachte. Der Mann war mindestens sechzig, hatte volles weißes Haar und olivfarbene Haut. Und er flirtete so ungeniert auf Italienisch mit ihr, dass Chiara lächelte und der verkniffene Ausdruck auf ihrem Gesicht verschwand.

Wenn sie lächelt, ist sie mehr als nur hübsch, überlegte er. Mit ihrer makellosen Haut und den faszinierenden grünen Augen brauchte sie keine Schminke. Und von ihren sehr italienischen Kurven wollte er gar nicht erst reden. Mit der richtigen Kleidung und ein wenig Feinschliff könnte sie umwerfend sein.

Und sie sprach Italienisch.

Sie ist perfekt, dachte er. Und das war sie wirklich. Klug, wunderschön und ganz eindeutig weder an ihm noch an seinem Geld interessiert. Aber sie musste ihren Vater unterstützen. Und er brauchte eine hübsche Frau, die er mit nach Italien nehmen konnte und die es ihm ermöglichen würde, sich vor Ort auf den Job zu konzentrieren. Eine, die keine Erwartungen an ihre Beziehung hatte, sobald diese Reise vorbei war.

Für den Preis einiger teurer Schmuckstücke – die er zweifelsohne für jede Frau kaufen müsste, die ihn begleiten würde – könnte er ihrer beider Probleme lösen.

Zufrieden lächelnd hob er die Tasse an den Mund – und hätte den Espresso beinahe gleich wieder ausgespuckt.

Chiara schaute von dem Tisch, an dem sie noch immer stand und mit Claudio plauderte, zu ihm. „Was ist los?“

„Zucker!“ Er verzog das Gesicht und schob die Tasse von sich. „Seit wann nehme ich Zucker?“

„Oh Gott!“ Sie schlug sich eine Hand vor den Mund. „Der war für Claudio.“ Sie eilte zu ihm und nahm die Tasse. „Tut mir leid“, murmelte sie. „Ich bin heute total durcheinander. Ich mache Ihnen gleich einen neuen.“

Lazzero deutete auf den Stuhl ihm gegenüber. „Setzen Sie sich.“

Chiara, die ihm eben den neuen Espresso gebracht hatte, schaute ihn misstrauisch an. Eigentlich hatte sie sich noch einmal entschuldigen wollen, es dann aber gelassen, denn sie hatte vorhin jedes ihrer Worte ernst gemeint. Lazzero Di Fiore war der Schlimmste von allen, wenn es um gebrochene Herzen ging, die er überall in Manhattan hinterlassen hatte. Seiner Anziehungskraft auf sie nicht nachzugeben war genau die richtige Strategie.

Sie verlagerte das Gewicht und fasste das Tablett fester. „Ich muss wieder an die Arbeit.“

„Fünf Minuten“, entgegnete Lazzero. „Ich möchte gerne etwas mit Ihnen besprechen.“

Etwas mit mir besprechen? Ein Blick zum Tresen verriet ihr, dass Kat die wenigen Kunden im Griff hatte. Einen Moment zögerte sie noch, dann stellte sie ihr Tablett ab und setzte sich auf den Stuhl.

In dem silbergrauen Anzug mit dem weißen Hemd sah Lazzero so umwerfend aus, dass alle Frauen im Café ihn anstarrten. Resolut hob Chiara den Blick und weigerte sich, eine von ihnen zu sein.

Er trank seinen Schluck von seinem Espresso, ohne den Blick von ihr zu lösen. „Ihr Vater hat Probleme mit der Bäckerei?“

Sie runzelte die Stirn. „Den Teil haben Sie auch mit angehört?“

Sì. Ich hatte noch ein Telefonat zu führen und dachte, ich warte, bis die Schlange kürzer ist.“ Er neigte den Kopf. „Sie haben mal gesagt, er mache die besten Cannoli in der Bronx. Warum laufen seine Geschäfte dann so schlecht?“

„Die Miete“, erwiderte sie tonlos. „Das Viertel boomt. Sein Vermieter ist gierig geworden. Dazu gab es noch ein paar unerwartete Ausgaben, und nun hat er zu kämpfen.“

„Was ist mit einem Darlehen vom Staat für Kleinunternehmer?“

„Das haben wir versucht. Sie wollen jemandem im Alter meines Vaters kein Geld mehr leihen. Das Risiko ist zu groß.“

Etwas blitzte in seinen Augen auf, das sie nicht deuten konnte. „In dem Fall“, sagte er leise. „Habe ich einen geschäftlichen Vorschlag für Sie.“

Einen geschäftlichen Vorschlag?

Lazzero lehnte sich zurück. „Nächste Woche fliege ich zum La Coppa Estiva nach Mailand.“ Er hob eine Augenbraue. „Haben Sie davon schon mal gehört?“

„Natürlich.“

„Gianni Casale, der CEO von Fiammata, einer italienischen Sportbekleidungsmarke, mit der ich eine Partnerschaft anstrebe, wird dort sein. Genau wie meine Ex, Carolina, die mit Gianni verheiratet ist. Gianni ist, was seine Frau angeht, sehr besitzergreifend. Das macht es schwierig, ihn davon zu überzeugen, dass er diesen Deal mit mir eingehen soll, denn er vermischt Persönliches mit Geschäftlichem.“

„Haben Sie denn etwas mit seiner Frau?“ Die Frage kam über ihre Lippen, bevor Chiara sie aufhalten konnte.

„Nein.“ Er warf ihr einen düsteren Blick zu. „Ich bin nicht Phil. Das mit Carolina war in dem Moment zu Ende, in dem ich Schluss gemacht habe. Doch es würde die Sache wesentlich leichter machen, wenn ich in Begleitung nach Italien komme und Gianni so überzeuge, dass ich keine Bedrohung mehr für ihn darstelle.“

Chiara blieb die Zunge am Gaumen kleben. „Wollen Sie etwa vorschlagen, dass ich mit Ihnen nach Italien komme und ihre Freundin spiele?“

„Ganz genau. Ich würde Sie dafür natürlich entsprechend entlohnen.“

„Wie?“

„Mit dem Geld, das Sie brauchen, um Ihrem Vater zu helfen.“

Ihr blieb der Mund offen stehen. „Warum sollten Sie das tun? Ganz sicher kennt ein Mann wie Sie doch dutzende Frauen, die er mit nach Italien nehmen könnte?“

Er schüttelte den Kopf. „Ich will aber keine von denen. Sie würden nur einen falschen Eindruck bekommen. Ich brauche jemanden, der diskret und meinen Geschäftspartnern gegenüber charmant ist. Und der die Sache als die geschäftliche Transaktion sieht, die sie ist. Ich glaube, es könnte für uns beide ein vorteilhaftes Arrangement sein.“

Ein vorteilhaftes Arrangement. Ein bitterer Geschmack erfüllte ihren Mund. Ihr Ex Antonio hatte ein bequemes Arrangement vorgeschlagen. Nur war sie in seinem Fall gerade gut genug gewesen, um das Bett mit ihm zu teilen, aber nicht, um seinen Arm auch in der Öffentlichkeit zu zieren.

Ihr Magen zog sich zusammen. Niemals würde sie diese Welt noch einmal freiwillig betreten. Sich dieser Demütigung aussetzen. Sich anhören, dass sie nicht dazugehörte. Für kein Geld der Welt.

Sie schüttelte den Kopf. „Dafür bin ich nicht die richtige Wahl. Wie Sie vorhin ja gehört haben, bin ich nicht auf einen reichen Mann aus.“

„Gerade deshalb sind Sie die perfekte Wahl“, erwiderte Lazzero. „Dieser Artikel von Samara Jones hat aus meinem Leben einen Zirkus gemacht. Ich brauche jemanden, dem ich vertrauen kann und der keine verborgenen Motive hat. Jemanden, auf den ich nicht ständig aufpassen muss, während ich einen Multimillionen-Dollar-Deal abwickele. Ich brauche eine Frau, von der ich sicher sein kann, dass sie ihren Teil der Vereinbarung einhält.“

„Nein.“ Sie winkte ab. „Das ist lächerlich. Wir kennen einander nicht einmal.“

„Sie kennen mich seit über einem Jahr. Wir sprechen jeden Tag miteinander.“

„Das stimmt“, bestätigte sie, doch in ihrer Stimme schwang Skepsis mit. „Ich frage Sie, wie die Geschäfte laufen oder wie das Wetter ist. Wir unterhalten uns fünf Minuten über Belanglosigkeiten, dann mache ich Ihnen Ihren Espresso, und das war’s.“

Er lächelte verschmitzt. „Dann sollten wir einmal gemeinsam essen gehen und die wichtigen Fakten bei einer Flasche Wein besprechen.“

Erneut zog sich ihr Magen zusammen. Schon in seinem maßgeschneiderten Anzug war Lazzero verstörend genug. Sie mochte sich gar nicht vorstellen, wie es wäre, wenn er sein Jackett auszöge, die Krawatte lockerte und seine gesamte Aufmerksamkeit bei einer Flasche Wein auf sie richtete. Sie wusste genau, wie das laufen würde, und diesen Fehler würde sie nicht wiederholen.

„Das geht nicht“, wehrte sie ab. „Ich muss arbeiten und kann es mir nicht leisten, eine Schicht ausfallen zu lassen.“

Autor

Jennifer Hayward

Die preisgekrönte Autorin Jennifer Hayward ist ein Fan von Liebes- und Abenteuerromanen, seit sie heimlich die Heftromane ihrer Schwester gelesen hat.

Ihren ersten eigenen Liebesroman verfasste Jennifer mit neunzehn Jahren. Als das Manuskript von den Verlagen abgelehnt wurde und ihre Mutter ihr empfahl, zunächst mehr Lebenserfahrung zu sammeln, war sie...

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