Zwei Herzen unter einem Dach

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Als Rancher Jake Morrow erfährt, dass Emma von seinem verstorbenen Mitarbeiter schwanger ist, bietet er ihr spontan ein Dach über dem Kopf. Dass sie heftiges Verlangen ihm weckt, ignoriert er. Auch ohne sie hat er genug Probleme! Doch da braucht Emma dringend einen Scheinverlobten …


  • Erscheinungstag 04.05.2020
  • Bandnummer 5
  • ISBN / Artikelnummer 9783733716325
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Ich würde noch nicht mal dann mit dir essen gehen, wenn du der letzte Mann in Texas wärst, Hank Timber!“

Als Jake Morrow den Blick hob, sah er gerade noch, wie Fern – eine benachbarte Rancherin, die vier bestellte Ziegen zur Full Circle Ranch gebracht hatte – seinen Vormann wütend anfunkelte. Sie stapfte nun zu ihrem Truck zurück, setzte sich hinter das Steuer und trat so heftig auf das Gaspedal, dass Staub und Kies aufspritzten.

Hank machte sich nicht die Mühe, den Staub wegzuwedeln, der um ihn herumwirbelte. Stattdessen schob er betrübt die Hände in die Hosentaschen, als Jake näherkam.

„Das war ja nicht gerade erfolgreich, hm?“, fragte Jake.

Hank, der schon zwei Mal geschieden war, hatte heute Morgen beim Frühstück erwähnt, dass er Fern verdammt hübsch fand und sie gern zum Abendessen ins Hurley’s Homestyle Kitchen einladen wollte – das beliebteste Restaurant in Blue Gulch.

Hank seufzte. „Ich habe nur einen Witz gemacht, dass wir den Kuhmistgestank ja schon mal gemeinsam haben, und dann an ihr rumgeschnüffelt. So von Rancher zu Rancherin. Aber anstatt zu lachen, wurde sie sauer.“ Achselzuckend sah er Ferns Truck hinterher.

Jake musste sich beherrschen, sich nicht mit der flachen Hand vor den Kopf zu schlagen. Sein zweiundvierzigjähriger Vormann war schon in Fern verliebt, seit er sie vor einem Monat zum ersten Mal bei ihrem Vortrag über die Kälbersaison bei einer Sitzung der Rancher Association gesehen hatte. Aber wenn er so weitermachte, würde er garantiert nie bei ihr landen.

Dabei war er von den vier Cowboys, die für Jake arbeiteten, noch nicht mal der Ungeschickteste, wenn es um Frauen ging. Der fünfundzwanzigjährige Golden, der seinen Spitznamen von der Redensart Reden ist Silber, Schweigen ist Gold hatte, war so schüchtern und verklemmt, dass er jedes Mal die Flucht ergriff, wenn die junge Kellnerin im Hurley’s, für die er schwärmte, auch nur in seine Nähe kam.

Der zweiundfünfzigjährige Grizzle, der schon seit vielen Jahren Witwer war, wünschte sich eigentlich auch wieder eine neue Beziehung, hatte sich jedoch schon seit Jahren weder die Haare noch den Bart stutzen lassen und sah daher so wild und ungepflegt aus, dass er mit seinem Anblick sogar kleine Kinder verschreckte.

Dann war da natürlich noch Jakes zehn Jahre jüngerer Bruder CJ, der sein gutes Aussehen und seinen Charme bei den Frauen hemmungslos zu seinem Vorteil ausnutzte. Charles John Morrow hatte hier schon jede Menge Herzen gebrochen und galt deshalb als Playboy. In jeder jungen Frau, die ihm über den Weg lief, glaubte er sofort die Richtige zu erkennen, nur um seine Erwartungen dann kurze Zeit später enttäuscht zu sehen.

Jake konnte diese Sehnsucht nach der Richtigen einfach nicht nachvollziehen, auch wenn das früher mal anders gewesen war. Vor fünf Jahren hatte er seiner damaligen Freundin Samantha sogar einen äußerst romantischen Heiratsantrag gemacht, doch sie hatte erst dann Ja sagen wollen, wenn gewisse Bedingungen erfüllt worden waren.

Da Jake adoptiert war, hatte er nichts über seine Ursprungsfamilie gewusst, doch Samantha hatte keine Familie mit ihm gründen wollen, ohne zu wissen, worauf genau sie sich einließ. Also hatte Jake, den seine Herkunft eigentlich nie besonders interessiert hatte, in den Unterlagen seiner verstorbenen Eltern nach der Adresse der Adoptionsagentur gesucht, die ihn damals an sie vermittelt hatte. Dabei hatte er dann allerdings eine schockierende Entdeckung gemacht: Er hatte einen biologischen Zwillingsbruder, der von einer anderen Familie adoptiert worden war.

Jake hatte daraufhin Nacht für Nacht wach gelegen, an seinen Zwillingsbruder gedacht und sich gefragt, ob sie wohl eineiig oder zweieiig, und ob sie sich ähnlich waren, obwohl sie getrennt voneinander aufgewachsen waren.

Seine Neugier war schließlich so stark gewesen, dass er beschlossen hatte, mehr herauszufinden. Also hatte er einen kurzen Brief an seine leibliche Mutter verfasst und ihn an die Adoptionsagentur geschickt, damit sie ihn weiterleiten konnten, sollte seine Mutter je Kontakt zu ihm aufnehmen wollen.

Als Jake das dem damals erst siebzehnjährigen CJ erzählt hatte, war dieser komplett ausgeflippt, denn auch er hatte gerade erst seine Eltern verloren. Dass sein älterer Bruder plötzlich seine leibliche Mutter und einen Zwillingsbruder aufspüren wollte, hatte ihm den Rest gegeben.

Samantha hatte für CJs Reaktion nur wenig Verständnis gehabt, denn für sie war er nichts weiter als eine verwöhnte Göre und sollte sich gefälligst zusammenreißen. Jake hingegen konnte beide Standpunkte nachvollziehen. Er konnte durchaus verstehen, warum CJ sich bedroht fühlte, aber auch, dass Samantha wissen wollte, ob es in seiner leiblichen Familie womöglich irgendwelche Erbkrankheiten gab, die ihre gemeinsamen Kinder schädigen könnten.

Als CJ eines Abends schluchzend in seinen Armen zusammenbrach, traf Jake allerdings eine Entscheidung. Er teilte Samantha mit, dass momentan nicht der richtige Zeitpunkt sei, seine leibliche Mutter zu suchen, und daraufhin war Samantha diejenige, die ausflippte. „CJ ist dir offenbar wichtiger als ich!“, schrie sie. „Ich will einen Mann, für den ich und meine Bedürfnisse stets Vorrang haben!“ Wütend stürmte sie aus dem Haus. Seitdem hatte Jake nichts mehr von ihr gehört oder gesehen.

Seine leibliche Mutter hatte nie auf seinen Brief reagiert. Doch vor zwei Monaten an einem verregneten Märztag hatte ihn vollkommen überraschend ein Privatdetektiv aus Blue Gulch angerufen und ihm mitgeteilt, dass seine Mutter seinen Brief inzwischen gelesen hatte und hoffte, Kontakt mit ihm aufnehmen zu können. Jake hatte abgelehnt, doch daraufhin hatte seine Mutter – Sarah Mack – ihm einen Brief geschrieben, in dem sie ihm versichert hatte, zu warten, bis er bereit zu einem Gespräch sei.

Danach hatte er irgendwie nicht mehr aufhören können, an sie zu denken. Er hatte sich gefragt, wer sie war, wie die Umstände seiner Geburt gewesen waren und ob sie vielleicht etwas über seinen Zwillingsbruder wusste. Schließlich hatte er sie angerufen. Nach drei Treffen in ihrer Heimatstadt Blue Gulch hatten sie sich einander so weit angenähert, dass sie inzwischen eine recht gute Beziehung miteinander hatten.

Da Jake und CJ sich bis dahin schon länger mit einem verbitterten Onkel hatten rumschlagen müssen, der der Meinung war, einen Anspruch auf die Morrow-Ranch zu haben, und sie deshalb mit ständigen Klagen überzog, hatte Jake seinem Bruder vorgeschlagen, nach Blue Gulch zu ziehen und dort ganz von vorn anzufangen. Er hatte dort nämlich eine Ranch gesehen, die zum Verkauf angeboten worden war, die ihm sofort gefallen hatte. CJ, der sowieso gerade mal wieder Probleme mit einer wütenden Ex gehabt hatte, hatte schließlich zugestimmt, allerdings nur unter der Bedingung, nichts von Jakes leiblicher Familie wissen zu wollen.

Leider hatte auch Sarah Mack keine Informationen über Jakes Zwillingsbruder gehabt, außer dass sie zweieiig waren. Als sie ihre Babys vor zweiunddreißig Jahren in einem Heim für schwangere Teenager zur Welt gebracht hatte, hatte sie diese noch nicht einmal sehen, geschweige denn auf den Arm nehmen dürfen, doch sie hatte die Bemerkung einer Krankenschwester mit angehört.

Seit einigen Wochen war Jakes Wunsch, seinen Zwillingsbruder zu finden, so übermächtig geworden, dass er manchmal kaum noch schlafen konnte.

Er warf einen Blick auf CJ, der gerade grinsend einen versauten Witz erzählte, bei dem sich sogar der zurückhaltende Golden vor Lachen krümmte. Jake wusste nicht, ob er allein mit der Suche beginnen oder zuerst mit CJ darüber reden sollte. Seit sein Bruder zugestimmt hatte, nach Blue Gulch zu ziehen, schien er sich allmählich an den Gedanken zu gewöhnen, dass Jake regelmäßigen Kontakt zu seiner leiblichen Mutter hatte. Irgendwie hatte Jake jedoch trotzdem das Gefühl, dass es seinem Bruder nicht recht wäre, wenn er jetzt auch noch Kontakt zu seinem Zwillingsbruder aufnehmen würde.

„Wer ist denn heute eigentlich mit dem Kochen des Abendessens dran?“, fragte er.

Hank zog das kleine Notizbuch hervor, das er immer bei sich trug, und klappte den Terminkalender für Mai auf. „CJ! Dann gibt es also bestimmt wieder angebrannte Burger und Bohnen.“

„Wir brauchen dringend einen Koch hier“, sagte Jake zum ungefähr hundertsten Mal. Er hatte sogar schon eine Annonce im Wochenblatt aufgegeben und ein Gesuch in der Stadt aufgehängt, aber bisher hatte sich noch niemand gemeldet, der für den Job geeignet gewesen wäre.

Jake war beileibe nicht wählerisch, aber von den Leuten, die sich bei ihm beworben hatten, waren zwei betrunken zum Vorstellungsgespräch erschienen, fünf hatten absolut keine Erfahrung als Koch gehabt, und die letzte Bewerberin, eine Frau, die als Köchin in einem Steakhaus gearbeitet hatte, war während des Gesprächs in Tränen ausgebrochen und hatte ihm gestanden, dass es ihr gar nicht um den Job ging, sondern dass sie nur in der Nähe von CJ sein wollte, da dieser sie nach zwei Dates fallengelassen hatte.

„Oh Scheiße, dann koche ich heute“, rief Jake, der Appetit auf ein Steak, eine Ofenkartoffel mit Schmand, Schnittlauch und frischen Salat mit Croutons und Blauschimmelkäsedressing hatte. Da sie jedoch zu fünft waren, würde die Zubereitung eine ganze Weile dauern, und er musste noch dringende Anrufe erledigen, Rechnungen bezahlen und sich die Websites von Viehauktionen ansehen.

Er bat Hank außerdem, Golden, der noch in der Ausbildung war, darauf hinzuweisen, dass er Starlights Sattel falsch herum aufgehängt hatte, bevor er ins Haus ging. Vielleicht würde er morgen einfach zu Hurley’s Homestyle Kitchen gehen und einem der Köche dort das doppelte Gehalt anbieten. Andererseits könnte er sich dann nie wieder dort blicken lassen, und dafür mochte er die Sandwiches viel zu gern.

Sein Handy kündigte nun den Eingang einer Nachricht an. Sie war von Fern, die ihm vorhin die Ziegen verkauft hatte.

Ich verkaufe die Schafherde, über die wir gesprochen haben, an die LoneStar Ranch. Deren Vormann behauptet nämlich nicht, dass ich nach Kuhscheiße stinke.

Oh Scheiße, dachte er zum wiederholten Male kopfschüttelnd.

Emma Hurley hatte in ihren sechsundzwanzig Lebensjahren schon einige Herausforderungen bewältigen müssen, aber verglichen mit der nervenaufreibenden Suche nach einem sehr gut aussehenden Cowboy, der eindeutig nicht gefunden werden wollte, waren sie harmlos gewesen. Tja, jetzt habe ich dich dennoch gefunden, Joshua Smith, und ich komme, ob es dir passt oder nicht!

Seit sechs Wochen versuchte sie nun schon, diesen Typen ausfindig zu machen … genau genommen, seit sie erfahren hatte, dass sie schwanger war. Nach dem anfänglichen Schock freute sie sich inzwischen zwar auf das Baby, warf sich jedoch immer noch vor, leichtsinnig mit einem vollkommen Fremden geschlafen zu haben – einem fast schon lächerlich attraktiven, charmanten Fremden, der genau die richtigen Worte gefunden hatte, um sie herumzukriegen … darunter natürlich auch, dass er selbstverständlich ein Kondom benutzen würde.

Tja, offensichtlich war dieses Kondom aber gerissen, und sollte Joshua es bemerkt haben, hatte er zumindest nichts gesagt. Vielleicht war es ihm aber auch gar nicht aufgefallen, oder er war genau deshalb mitten in der Nacht verschwunden … ohne Nachricht, ohne Handynummer, ohne alles.

Nach ihrer schockierenden Entdeckung hatte sie erst einmal auf dem Rodeo-Gelände herumgefragt, wo sie ihn kennengelernt hatte, ob man dort einen Bullenreiter namens Joshua Smith kannte, aber niemand schien von ihm gehört zu haben. Ein anderer Cowboy hatte ihr irgendwann gesagt, dass er ziemlich sicher sei, dass Joshua auf einer Ranch in Blue Gulch arbeitete.

Emma hatte daraufhin beschlossen, ihre Suche dort fortzusetzen. Gott sei Dank hatte sie in der Stadt Verwandte, bei denen sie unterkommen konnte – drei Cousinen und eine Großtante mütterlicherseits namens Essie Hurley, die ein beliebtes Restaurant besaß. Aber auch nach drei Wochen in Blue Gulch, in denen sie bei Essie gewohnt und in der Küche des Restaurants ausgeholfen hatte, war es ihr nicht gelungen, Joshua ausfindig zu machen … bis sie heute Morgen im Coffeeshop auf ihren Eiskaffee gewartet und dabei zwei Männer über Rodeo hatte reden hören. Sie hatte sie sofort gefragt, ob sie vielleicht einen Cowboy namens Joshua Smith kannten und mit dem üblichen Kopfschütteln gerechnet, doch stattdessen hatte einer der Männer sie ganz seltsam angesehen und sie gefragt: „Sie meinen Tex? Ein Bullenreiter, oder?“

Emma hatte daraufhin fast den Eiskaffee fallenlassen, den sie inzwischen bekommen hatte. Anscheinend hatte Joshua einen Job auf der Full Circle Ranch zehn Meilen außerhalb der Stadt gefunden und nannte sich jetzt Tex. Wahrscheinlich änderte er seinen Namen nach jeder Frau, die er verführt hatte. Joshua Smith klang nämlich nach einem Mann, der am nächsten Morgen noch da sein würde, Tex hingegen eher nach unverbindlichem Spaß. Wie dem auch sei – sie hatte ihn endlich gefunden!

Auf dem Weg zu der betreffenden Ranch hatte sie daran denken müssen, warum Joshua – Tex – bei ihr so leichtes Spiel gehabt hatte. Kurz vor ihrer Begegnung hatte sie nämlich einen Riesenstreit mit ihrem kontrollsüchtigen Vater gehabt, der nicht mit ihrem Job als Köchin in einem Diner zufrieden gewesen war, obwohl Emma wegen der netten Kollegen und dem amüsanten Geschäftsführer sehr gern dort gearbeitet hatte.

„In so einem Schuppen wirst du niemals einen passenden Mann finden“, hatte er ihr prophezeit. „Ich besorge dir lieber einen Job im Le Vieux, das ist immerhin ein Viersterne-Restaurant.“

Aber Emma hatte keine Lust auf ein Nobelrestaurant gehabt. Nach ihrer Ausbildung zur Köchin hatte sie in dreien davon gearbeitet. In dem ersten hatte der Chefkoch so laut in der Küche herumgebrüllt, dass sie das teure Fleisch hatte fallenlassen. In dem nächsten hatte ein Kollege ihr jedes Mal einen Schlag auf den Po versetzt, wenn sie an ihm vorbeigekommen war, und sie anschließend beim Besitzer schlechtgemacht, nachdem sie sich darüber beschwert hatte, und in dem dritten hatte ein Gast drei Mal seinen Lachs zurückgehen lassen, weil er irgendwie nicht richtig schmeckte, auch wenn er gar nicht hatte erklären können, warum. Sie war augenblicklich gefeuert worden, nachdem sie die Geduld mit ihm verloren hatte.

Als sie am nächsten Tag eine Anzeige im Fenster des Diners gesehen und die Köche durch die offene Durchreiche bei der Arbeit fröhlich miteinander hatte schwatzen sehen, war sie spontan reingegangen und hatte sich dort vorgestellt. Seitdem hatte sie schon drei Preise gewonnen, die der einfallsreiche Chef immer an sein Personal vergab – für die besten Burger, die besten Flapjacks und die beste Laune an Sonntagvormittagen.

Doch natürlich hatte es keinen Zweck gehabt, ihrem Vater zu erklären, wie sehr sie ihren Job liebte. Genauso wenig wie die Tatsache, dass sie gerade keinen Mann in ihrem Leben wollte und dass es ihr Traum war, Privatköchin zu werden, sie aber erst einmal mehr Erfahrungen sammeln wollte.

„Mach dich nicht lächerlich, Emma“, hatte er nur geantwortet. „Es ist eine wahre Schande, dass du dort arbeitest. Es ist schon schlimm genug, dass du über einer Pizzeria wohnst.“

Nach diesem Streit war sie zu einem Rodeo geflohen, um sich einen Nachmittag lang mit dem Anblick attraktiver Cowboys abzulenken, und hatte sich schließlich von dem attraktivsten von ihnen darin bestärken lassen, sich selbst treu zu bleiben und ihr Leben zu leben, nicht das eines anderen.

Als Joshua sie anschließend in ein Lokal eingeladen hatte, in dem auch getanzt wurde, hatte sie sofort Ja gesagt. Sie hatten stundenlang geredet, sich beim Tanzen tief in die Augen gesehen und auf dem Weg zu Emmas Hotelzimmer Händchen gehalten und sich geküsst. In seiner Gegenwart hatte sie sofort all ihre Sorgen vergessen können. Doch als sie wenige Stunden später in der Morgendämmerung aufgewacht war, war ihr schöner Cowboy verschwunden gewesen, und sie hatte sich unwillkürlich gefragt, ob sie alles nur geträumt hatte … so lange, bis der Schwangerschaftstest sechs Wochen später positiv ausgefallen war.

Emma hatte sich schon genau zurechtgelegt, was sie Joshua sagen wollte: Ich fand, du solltest zumindest Bescheid wissen, auch wenn ich nichts von dir erwarte.

Mal sehen, wie er darauf reagierte.

Ein paar Meter entfernt sah sie neben einer Trauerweide einen Wegweiser zur Full Circle Ranch – genau wie Tante Essie es ihr beschrieben hatte. Emma bog ab und fuhr die von hohen Eichen gesäumte Zufahrt entlang, deren dichtes grünes Laub die helle Maisonne verbarg. Es war schon fast sechs Uhr abends.

Vor ihr tauchte nun ein stattliches Haus mit weißen Säulen und rot gestrichener Haustür auf – das gleiche Rot wie bei dem großen Stall dahinter und einem etwas entfernter liegenden weiteren Gebäude. Ansonsten erstreckte sich vor ihr Weideland, so weit das Auge reichte. Auf abgezäunten Wiesen standen Rinder, Ziegen und Schafe.

Auf dem Hof jagten gerade zwei Katzen irgendein Insekt, wurden jedoch von einer schwarzen Ziege vertrieben, die plötzlich aus dem roten Stall schoss und in Richtung Westen floh.

Die Haustür ging auf und ein großgewachsener dunkelhaariger Mann Anfang dreißig mit einer weißen Schürze und einer großen Zange in der Hand eilte auf die Veranda, während er ein Handy zwischen Schulter und Ohr presste und ein Dokument in der anderen Hand hielt. Er sah der flüchtenden Ziege hilflos hinterher.

„Oh Scheiße!“, hörte Emma ihn durch das offene Fenster ihres Wagens fluchen, als sie vorfuhr. „Ich meine nicht Sie, Anderson“, beteuerte er hastig ins Handy. „Ja, ich will die Färsen immer noch haben. Freitag passt gut.“ Er beendete das Telefonat hastig und steckte das Handy ein. „CJ!“, brüllte er.

Ein jüngerer Mann mit vollem dunklem Haar kam daraufhin aus dem Haus gelaufen. „Ich texte gerade mit Stella“, sagte er murrend. „Muss das jetzt sofort sein?“

„Hat das da etwa Zeit?“, fragte der andere und zeigte aufgebracht auf die Ziege, die sich immer weiter entfernte.

„Oh Scheiße“, murmelte nun auch CJ.

Emma musste lächeln. Er klang genauso wie der Mann mit der Schürze.

Als sie ihren Wagen verließ, stieg ihr sofort der Geruch von angebranntem Fleisch in die Nase. „Brennt in Ihrer Küche vielleicht gerade etwas an?“, fragte sie denWeißbeschürzten. Er war groß gewachsen, etwa eins neunzig, mit dunkelbraunem Haar und grünen Augen und genauso männlich gebaut wie die Cowboys in den alten Wildwestfilmen, die ihre Großmutter früher immer so gern im Fernsehen gesehen hatte. Die Küchenschürze passte so wenig zu seinem männlichen Aussehen, dass sie erneut lächeln musste.

„Oh Scheiße“, grummelte er, während er abwechselnd ins Haus blickte und hinter der Ziege hersah, so als könne er sich nicht entscheiden, was er zuerst tun sollte … die Ziege einfangen oder das Abendessen retten. „Ich habe gerade fünf Steaks auf dem Grill.“ Verzweifelt warf er die Hände in die Luft.

Emma wartete nun schon seit sechs Wochen darauf, Joshua mitzuteilen, dass sie schwanger von ihm war, da konnte sie sich auch noch weitere zehn Minuten gedulden. „Ich kümmere mich schon darum. Ich bin Köchin im Hurley’s. Fangen Sie ruhig in Ruhe die Ziege ein.“

Verwirrt schüttelte er den Kopf und rannte dann hinter dem jüngeren Mann und der fröhlich meckernden Ziege her.

Belustigt folgte Emma dem Geruch des angebrannten Fleisches durch eine große Küche mit schönen grauen Einbauschränken und Edelstahlgeräten hinaus auf die Terrasse, hinter der sich ein großer Garten befand. Unter einem Baum lag zusammengerollt eine rote Katze im Schatten und blinzelte beim Anblick der Besucherin träge.

So wie es aussah, würden sich die Steaks noch retten lassen. Außerdem – wenn Emmas Großtante Essie ihr eines beigebracht hatte, dann, dass man mit einer guten Soße fast alles retten konnte.

Sie sah sich nach einer zweiten Zange um, fand eine und wendete schnell die Steaks, bevor sie zurück in die Küche ging und einen Blick in den Ofen warf, in dem fünf Folienkartoffeln schmorten. Die Zeitschaltuhr zeigte noch zwei Minuten an. Sie öffnete den Backofen, drückte eine der Kartoffeln, nahm die Folie ab und warf sie weg, bevor sie die Schalen mit Olivenöl einrieb und die Zeitschaltuhr auf weitere zehn Minuten stellte. Auf der Arbeitsplatte lagen ein Salatkopf, eine Gurke und zwei Tomaten. Als sie den Kühlschrank öffnete, sah sie dort eine Flasche Fertigdressing mit Blauschimmelkäse und probierte davon. Nicht übel, aber kein Vergleich mit Tante Essies selbst gemachten Dressings.

Als die Uhr klingelte, hatte sie den Esszimmertisch nebenan bereits für fünf Personen gedeckt, den Salat in einer großen Schüssel angerichtet und Butter, Schmand und Schnittlauch auf ein Tablett gestellt. Sie ging zurück auf die Terrasse, um die Steaks zu holen, die jetzt perfekt aussahen. Die etwas angebrannten Stellen auf einer Seite machten sie nur umso aromatischer. Im Kühlschrank fand sie noch ein paar Soßen und stelle diese ebenfalls auf den Tisch.

Als sie Stimmen hörte, warf sie einen Blick aus dem Fenster. Der Mann mit der Schürze und der jüngere Kerl kamen jetzt mit der Ziege im Schlepptau zurück. Beim Anblick des sehr zufrieden dreinblickenden Tiers musste Emma grinsen.

Drei weitere Männer unterschiedlichen Alters in Jeans und mit Cowboyhüten kamen nun aus dem entlegeneren Stallgebäude.

Sie ging den Männern entgegen und sagte: „Das Abendessen steht schon auf dem Tisch.“

Die fünf blieben wie angewurzelt stehen und starrten sie verwirrt an. „Das Essen steht auf dem Tisch?“, wiederholte der Mann mit der Schürze verdutzt.

„Ja. Überzeugen Sie sich selbst. Ich wusste nicht, was Sie dazu trinken, also habe ich sowohl Bier als auch den Krug Eistee aus dem Kühlschrank genommen.“

Verwirrt nahm der Mann die Zange in die linke Hand und hielt ihr die Rechte hin. „Ich bin Jake Morrow“, stellte er sich vor.

Sie schüttelte ihm die Hand. „Emma Hurley.“

Als sie den Männern ins Esszimmer voranging, hörte sie einen flüstern: „Sie ist eine Hurley? Die Hurleys können alle kochen.“

Beim Anblick des gedeckten Tisches blieb Jake wie angewurzelt stehen. „Hank, siehst du auch, was ich sehe, oder ist das nur eine Art Fata Morgana?“

„Oh, ich sehe es durchaus“, sagte der Mann um die vierzig mit dem vollen roten Haar. „Ich kann es zwar kaum glauben, aber ich sehe es auch.“

Der Älteste mit dem wilden graubraunen Haar und dem zotteligen Bart fügte hinzu: „Ich auch, Chef.“

Emma lächelte die Männer an. „Setzen Sie sich und essen Sie, bevor es kalt wird.“

Sie folgten ihrer Aufforderung und griffen sofort nach den Soßen und Getränken.

„Sind Sie eine Zauberin?“, fragte Jake, während er das Steak probierte. „Ich dachte, die wären ruiniert.“

Sie lachte. „Sie schmeicheln meinem Ego.“

„Bitte setzen Sie sich doch auch.“ Er ging zur Anrichte und holte einen weiteren Teller, bevor er sein Steak und seine Kartoffel halbierte und Emma beide Hälften auf dem Teller reichte. „Das ist das Mindeste, was ich für Sie tun kann.“

Eine echt nette Geste. „Danke, ich bin tatsächlich schon am Verhungern.“

„Hey, Jake, ich dachte, seit der Betrügerin, die in Wirklichkeit eine von CJs Verflossenen war, hätte niemand mehr auf deine Anzeige reagiert“, sagte der Mann mit der Zottelmähne.

CJ warf ihm einen erbosten Blick zu.

Jake aß von seinem Salat. „Das hat auch niemand.“

„Und woher kommt dann dieses wundervolle Geschöpf hier?“, fragte CJ charmant lächelnd.

Autor

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