Affäre mit der sexy Ex

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Hat Gannon sich verhört? Seine schöne Ex-Geliebte Erika will das Jobangebot als Chefredakteurin seines Lifestyle-Magazins nur annehmen, wenn er mit ihr ein Kind zeugt, Leidenschaft und Zärtlichkeit ausgeschlossen? Aber das bestimmt nicht mit ihm, schwört sich Gannon ...


  • Erscheinungstag 24.02.2016
  • ISBN / Artikelnummer 9783733766870
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Ich habe etwas anzukündigen“, wandte sich Patrick Elliott an die im Raum versammelten Elliotts und unterbrach damit das Stimmengewirr unter den fast fünfzehn anwesenden Personen, die sich zur Silvesterfeier eingefunden hatten. Patrick hatte verlangt, dass nur Familienmitglieder und deren Ehepartner zu diesem Treffen erschienen.

Das muss ja eine wichtige Neuigkeit sein, dachte Gannon, ebenfalls ein Elliott. Er stand neben seinem Bruder Liam und beobachtete neugierig seinen Großvater, der im Salon des Familiensitzes Hof hielt. An diesem Abend funkelten die Lichter des Weihnachtsschmucks noch einmal an den Bäumen in drei Räumen auf diesem Stockwerk des über siebenhundert Quadratmeter großen Hauses aus der Zeit der Jahrhundertwende. Das Anwesen war stets ein Hafen für die Familie gewesen, ob bei Geburten oder – tragischerweise – Todesfällen oder ob in den Zeiten der stetig wachsenden Macht und des sich mehrenden Reichtums Patrick Elliotts und seiner Erben.

Sein Großvater, ein irischer Einwanderer, mochte inzwischen zwar siebenundsiebzig Jahre alt sein, hatte jedoch einen messerscharfen Verstand und schien die Pressewelt mit nahezu spielerischer Leichtigkeit zu beherrschen. Sein Zeitschriften-Imperium berichtete über alles, von seriösen Nachrichten über Prominentenklatsch und Showbusiness bis zur Mode.

„Es ist doch noch gar nicht Mitternacht“, scherzte Bridget, Gannons jüngere Schwester. „Du hast heute Abend frei, Großvater. Hast du vergessen, dass Silvester ist?“

Patricks Augen funkelten, als er auf sie zeigte. „Wie könnte ich, wo du doch hier bist und mich daran erinnerst?“

Bridget hob grinsend ihr Glas. Gannon schüttelte den Kopf und trank einen Schluck Whiskey. Seine dreiste Schwester schaffte es immer wieder, ihren Großvater ein wenig auf die Palme zu bringen.

Patrick hielt einen Moment inne und sah zu Maeve, seiner zierlichen Frau, mit der er seit mehr als fünfzig Jahren verheiratet war. Die liebevollen Blicke zwischen den beiden rührten Gannon stets aufs Neue und lösten ein vages Gefühl innerer Unzufriedenheit bei ihm aus, dem nachzugehen er sich aber weigerte. Auch diesmal verdrängte er dieses Gefühl, während er den zärtlichen Ausdruck in den Augen seiner Großmutter bemerkte, als sie seinem Großvater zunickte.

Patrick wandte sich wieder an die versammelte Familie und verkündete: „Ich habe beschlossen, mich zur Ruhe zu setzen.“

Um ein Haar hätte Gannon sein Whiskeyglas fallen gelassen. Er hatte geglaubt, der alte Mann sei so sehr mit seinem Großkonzern verheiratet, dass er bis zum letzten Atemzug die Zügel in der Hand behalten würde. Gemurmel erhob sich im Raum.

„Heiliger …“

„Du meine Güte!“

„Meint ihr, er ist krank?“

Patrick Elliot schüttelte den Kopf und hob eine Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. „Ich bin nicht krank. Es ist einfach nur an der Zeit. Ich muss einen Nachfolger finden. Und da ihr euch alle bei verschiedenen Zeitschriften bewährt habt, fällt mir die Wahl nicht leicht. Daher bin ich zu der Einsicht gelangt, dass die einzig faire Chance darin besteht, jedem von euch die Gelegenheit zu geben, sich auf besondere Weise hervorzutun.“

„Was, um alles in der Welt, hat er denn jetzt wieder vor?“, flüsterte Bridget.

„Wusstest du etwas darüber?“, fragte Gannon seinen Bruder Liam, der in der Konzernzentrale arbeitete statt in einer der Zeitschriftenredaktionen. Es war allgemein bekannt, dass er von den Enkelkindern am vertrautesten mit Patrick war. Liam sah jedoch genauso verblüfft aus wie alle anderen im Raum.

„Ich hatte nicht die leiseste Ahnung.“

Die Neuigkeit schlug ein wie eine Bombe, denn die vier wichtigsten Zeitschriften des Verlags wurden von Patricks Söhnen und seiner Tochter geführt. So war Michael, Gannons Vater, der Herausgeber des führenden Nachrichtenmagazins „Pulse“.

„Ich werde den Herausgeber unseres erfolgreichsten Blattes zu meinem Nachfolger machen. Der Chef des Magazins mit dem größten Umsatz wird die Leitung der Elliott Publication Holdings übernehmen.“

Alle schwiegen. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Drei Sekunden vergingen, in denen Gannon die geschockten Verwandten musterte. Er sah zu seinem Vater auf der anderen Seite des Raums, der ein Gesicht machte, als hätte er gerade einen Knüppel auf den Kopf bekommen.

Bridget schnaubte angewidert. „Das ist verrückt. Wie soll das funktionieren? Ist ihm eigentlich klar, dass ich dann gegen meinen eigenen Vater arbeiten muss, weil ich bei ‚Charisma‘ bin?“

Liam zuckte mit den Schultern. „Ist das schlimmer, als Geschwister aufeinanderzuhetzen?“

„Du meinst Shane gegen Finola?“, bemerkte Bridget, auf ihren Onkel und ihre Tante anspielend. „Die beiden sind Zwillinge. Irgendjemand muss Großvater zur Vernunft bringen.“

In diesem Augenblick trat Finola neben Bridget und sagte: „Er wird bei seinem Entschluss bleiben. Seht euch nur seinen Gesichtsausdruck an. Den kenne ich nur zu gut.“ Eine Spur Bitterkeit schwang in ihren Worten mit.

„Das ist nicht fair“, beklagte Bridget sich.

In Finolas Augen lag ein wehmütiger Ausdruck. „Er hat eine eigene Definition von Fairness“, sagte sie und sah Bridget lächelnd an. „Ich bin jedenfalls froh, dich in meinem Team zu haben.“

Gannon war niemand, der einem Kampf aus dem Weg ging, und er würde auch diese Herausforderung annehmen. „Möge der beste Elliott gewinnen“, sagte er an Finola gewandt, obwohl er wusste, dass es um sehr viel ging. „Wir sehen uns später.“ Er winkte Bridget, Liam und Finola zu und machte sich auf den Weg zu seinem Vater. Er verspürte Zuversicht, denn er würde alles tun, um seinem Vater dabei zu helfen, „Pulse“ zum erfolgreichsten Magazin der Elliott Publication Holdings, kurz EPH, zu machen.

Er war ein Elliott, und es lag ihm im Blut, der Beste sein zu wollen. Jedes Familienmitglied im Raum war mit den gleichen Genen und mit hohen Erwartungen auf die Welt gekommen. Ihr Leben war bestimmt von ewigem Konkurrenzkampf. Gannon wusste, dass sein gerissener Großvater genau darauf setzte. Ganz gleich, wer letztlich gewann – und er wollte alles daransetzen, dass sein Vater das sein würde –, Patrick hatte für das kommende Jahr gerade satte Umsätze für jede Zeitschrift von Elliott Publication Holdings sichergestellt.

„Du siehst aus wie ein Mann mit einer Mission.“ Sein Onkel Daniel stoppte ihn auf dem Weg zu seinem Vater.

„Ich denke, wir alle haben eine Mission“, erwiderte er und drückte die Schulter seines Onkels. „Er hätte zusammen mit einer solchen Ankündigung wenigstens einen Vorrat an Magentabletten ausgeben können.“

Daniel lachte. „Viel Glück.“

„Wünsch ich dir auch.“ Gannon ging die paar Meter weiter bis zu der Stelle, an der sein Vater und seine Mutter standen.

Michael, sein Vater, schwenkte seinen Brandy im Glas und sah ihn an. „Ich hätte wissen müssen, dass dieses Erdbeben auf uns zukommt.“

„Wer hätte das voraussehen können?“, wandte seine Mutter, der umgänglichste Mensch, den Gannon kannte, lächelnd ein. „Ich sehe, du hast dich von dem Schock erholt und bist bereit, die Herausforderung anzunehmen.“

„Es liegt mir in den Genen“, bestätigte er.

„Hast du schon ein paar Ideen?“ Michael wirkte offenkundig zufrieden.

„Klar.“ Gannon wusste, wen er unbedingt im „Pulse“-Team haben wollte, Erika Layven. Die Frau, von der er sich vor über einem Jahr getrennt hatte.

Erika prüfte das Layout der Aprilausgabe der Zeitschrift „HomeStyle“ mit kritischem Blick, ein Frühlingsblumenmotiv aus bunten Rosen, Lavendelzweigen und fröhlichen Stiefmütterchen. Ein enormer Kontrast zum grauen, bitterkalten Januarnachmittag draußen vor ihrem Fenster im fünfzehnten Stock des Bürogebäudes in Manhattan. Nachdenklich trank sie einen Schluck heiße Schokolade mit Marshmallows und wackelte unter dem Schreibtisch mit den Zehen, wobei nur Socken sie behinderten.

Bei diesem Wetter fror sie und fühlte sich alt. Der jüngste Bericht ihres Arztes machte die Sache nicht gerade besser. Außerdem war da diese Silvesterparty, die sie mit einem Mann, den man getrost vergessen konnte, besucht hatte. Der Kuss um Mitternacht war noch schlimmer gewesen. All das zusammengenommen musste verdrießliche Stimmung hervorrufen.

Andererseits gab es genug Gründe, sich gut zu fühlen. Als Chefredakteurin des zu Elliott Publication Holdings gehörenden Magazins „HomeStyle“ hatte sie die Chance, eine Vision zu entwerfen und zu verwirklichen. Sie hatte Macht und Einfluss. Einen Traumjob. Ab und an vermisste sie ein bisschen den Adrenalinkick, den sie bei „Pulse“ immer gehabt hatte, aber das verdrängte sie. Das hier ist besser, sagte sie sich. In dieser Welt hatte sie das Kommando.

Jemand klopfte an die Tür, und sie schaute zur Uhr in Form eines Frosches auf ihrem Schreibtisch. Es war schon nach halb sechs an einem Donnerstag, die meisten Angestellten genossen zweifellos bereits die Happy Hour.

„Ja?“, rief sie.

„Ich bin’s, Gannon.“ Unnötigerweise fügte er hinzu: „Gannon Elliott.“

Erika verspürte ein flaues Gefühl im Magen und brauchte einen Moment, um die Fassung zurückzugewinnen. Was will der denn? Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht und riss sich zusammen. „Komm rein“, sagte sie so kühl wie möglich.

Die Tür ging auf, und ihr Ex – eins achtundachtzig, schwarzes Haar, grüne Augen und sexy Körper – erschien im Türrahmen. Erika wappnete sich und befahl ihren Hormonen, sich zu benehmen. Ihre Handflächen waren schweißfeucht und ihr Herz pochte.

Sie wünschte, sie hätte die Stiefel anbehalten, um ihm wenigstens annähernd auf gleicher Augenhöhe gegenübertreten zu können. So aber stand sie auf Socken hinter ihrem Schreibtisch auf. „Gannon, was für eine Überraschung. Was treibt dich denn hierher?“

„Ich habe dich schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen.“

Das ist ja deine Entscheidung gewesen, dachte sie, entschied sich jedoch für eine andere Taktik. „Ich hatte viel zu tun bei ‚HomeStyle‘.“

„Das hörte ich. Du machst einen hervorragenden Job.“

„Danke.“ Sie konnte den Anflug von Freude über seine Worte nicht unterdrücken. Gannon galt als hart und neigte nicht zu Komplimenten. „Sieht aus, als sei ‚Pulse‘ aufregend wie eh.“

Er nickte. „Was hältst du von der Serie, die wir über die sich bekämpfenden Internetviren bringen?“

„Exzellent“, sagte sie. „Ich habe es geliebt, den Tag mit einem Internet-Soldaten zu verbringen. Faszinierend.“ Nach einer winzigen Pause fügte sie hinzu: „Ich hätte einen Bruchteil mehr menschliche Aspekte hinzugefügt.“

Er grinste schief. „Das ist eines der Dinge, die ich an dir bewundere. Du siehst das Gute an einem Artikel, suchst aber immer nach einer Möglichkeit, ihn noch besser zu machen.“

„Nochmals danke“, sagte sie. „Du hast mir bisher nicht den Grund für deinen Besuch verraten.“

Er sah zu ihrem Bücherregal und neigte den Kopf zur Seite, um die Titel zu lesen. „Wie sehr gefällt es dir hier?“

Verwirrt musterte sie ihn, während er die Frosch-Uhr von ihrem Schreibtisch in die Hand nahm. Er verhielt sich nicht wie sonst. Allerdings war sie sich auch nicht ganz sicher, was sein normales Verhalten war. Seit ihrer gescheiterten Beziehung war sie gewissermaßen voreingenommen.

„Was sollte mir hier nicht gefallen? Ich helfe, die Geschicke zu lenken“, antwortete sie lächelnd.

Er schaute auf, ihre Blicke trafen sich und ihr Herz machte einen Satz.

Gannon lachte leise. „So kann man es natürlich auch sehen.“ Er stellte die Frosch-Uhr wieder auf den Schreibtisch, nahm ihren Becher und hielt ihn sich unter die Nase. „Ah, heiße Schokolade mit Marshmallows. Anscheinend hast du nicht vor, heute Abend lange wach zu bleiben.“

Erika merkte, wie ihr Sinn für Humor ihr abhandenkam. Gannon kannte viele intime Details über sie, weil sie ein Paar gewesen waren. Eine Tatsache, die sie während des gesamten vergangenen Jahres zu vergessen versucht hatte. „Gesunder Schlaf hält mich geistig fit.“

Er nickte gedankenverloren, dann fragte er: „Sag mal, vermisst du ‚Pulse‘ eigentlich?“

Diese unverblümte Frage überraschte sie. „Selbstverständlich. Das hohe Tempo und immer an vorderster Front zu sein, man hatte jeden Tag einen Adrenalinkick.“

„Und den kriegst du hier nicht“, schloss er.

„Diese Arbeit bietet eine andere Art von Befriedigung.“

„Was würdest du dazu sagen, wenn ich dir die Möglichkeit biete, mit einer Beförderung und einer Gehaltserhöhung zu ‚Pulse‘ zurückzukommen?“

Wieder einmal erwischte er sie eiskalt. Die Aussicht, beim besten Nachrichtenmagazin der Welt mitzumachen, war ein verlockender Köder. Nichts ging bei „Pulse“ entspannt zu. Die Arbeit bei diesem Magazin hatte ihre vollständige geistige und kreative Energie gefordert. Ständig war sie von brillanten, ehrgeizigen Leuten umgeben gewesen.

Und sie hatte sich mit einem Mann eingelassen, der sie für andere Beziehungen verdorben hatte.

Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht und schaute aus dem Fenster, während sie sich eine Antwort überlegte. „Das ist ein reizvoller Gedanke“, räumte sie ein.

„Ich will dich wieder im „Pulse“-Team haben. Sag mir, was es braucht, dich zum Wechsel zu bewegen, und du bekommst es.“

Erika starrte ihn an. Als Gerüchte über die Beziehung zwischen ihnen kursierten, war für ihn nicht nur sofort Schluss gewesen, sondern er hatte sie von dem Moment an wie jedes andere Redaktionsmitglied behandelt. Sein Verhalten hatte sie so sehr verstört, dass sie unmöglich mit ihm weiterarbeiten konnte. Der Posten bei „HomeStyle“ bot ihr eine Zuflucht, und langsam kam sie über ihn hinweg.

„Ich muss darüber nachdenken“, brachte sie schließlich heraus.

Dass nun er überrascht zu sein schien, registrierte sie mit einer gewissen Zufriedenheit. Gannon war daran gewöhnt, ein Ja zu hören, kein Vielleicht. Zu ihrem Erstaunen verhärtete sich seine Miene. Was war hier los?

„Gut, das ist nur fair. Ich schaue morgen nach Feierabend wieder vorbei, um mit dir darüber zu sprechen.“

„Tut mir leid, da kann ich nicht“, sagte sie. „Ich habe einen Termin um halb fünf und komme anschließend nicht mehr ins Büro.“

Er nickte bedächtig, als ränge er um Geduld. „Na schön. Arbeitest du an diesem Wochenende?“

„Ja, aber zu Hause.“ Sie schaute in ihren Kalender. „Dienstag passt es am besten.“

„Montag nach Feierabend“, entgegnete er in jenem scharfen Ton, der schon so manchen Mitarbeiter eingeschüchtert hatte.

Dieser Ton beunruhigte sie genug, um es nicht zu weit zu treiben. „Montag nach Feierabend“, bestätigte sie.

„Gut. Bis dann.“

Er sah ihr ein paar Sekunden zu lange in die Augen, ehe er sich umdrehte und ihr Büro verließ, ein paar Sekunden, in denen sie das Gefühl hatte, ihr werde die Luft aus den Lungen gesaugt.

Erika sank in den Sessel und schlug die Hände vors Gesicht. „Dieser verdammte Kerl“, flüsterte sie. Er schaffte es immer noch, sie umzuhauen, und das gefiel ihr ganz und gar nicht.

Allerdings war ihre Reaktion zum Teil verständlich. Bei Gannon galt es, vorbereitet zu sein. Auf ihr Gefühl durfte sie sich da nicht verlassen.

Erika rieb sich die Knie und legte eine kurze Atempause ein. Kopfschüttelnd musterte sie die Vierzehnjährige, die ihr beim Basketball einheizte. „Du könntest ruhig ein wenig Mitleid mit älteren Leuten haben.“

Tia Rogers, das hübsche magere Mädchen, dessen Mentorin Erika war, lief an die Seitenlinie des Basketballfeldes, das Erika für sie beide reserviert hatte. Seit sie befördert worden war, hatte sie Anspruch auf die Benutzung der EPH-Sporthalle.

„Sie sin’ nich’ alt. Sie hocken bloß zu viel in Ihrem schicken Hochhausbüro auf’m Hintern.“

„Sie sind nicht alt“, korrigierte Erika automatisch, obwohl ihr zweiunddreißig momentan sehr alt vorkam. „Geld dafür zu bekommen, dass man auf seinem Hintern sitzt, ist nicht so schlecht. Außerdem sitze ich nicht nur herum“, erklärte sie. „Apropos, wie läuft es in Mathe?“

Tia verzog das Gesicht. „Ich mag es nicht.“

„Was hattest du im letzten Test?“

„Zwei minus.“

„Na bitte, es geht aufwärts.“ Erika klopfte dem Mädchen auf die Schulter und holte ihre Jacken von der Zuschauerbank. Eine Gruppe Männer nahm sofort das Spielfeld ein. Während der Fahrt im Fahrstuhl nach unten blieb Tia still.

„Ich brauche aber eine Eins“, sagte sie schließlich verdrießlich. „Ich brauche so viele Einsen wie möglich, wenn ich fürs College ein Stipendium ergattern will.“

„Du wirst dein Stipendium bekommen“, versicherte Erika ihr und winkte dem Wachmann zu, während sie in den kalten Abend hinaustraten.

Tia fluchte und spuckte aus. „Woher wollen Se das wissen?“

Erika zuckte innerlich zusammen. Eigentlich war das Mentorenprogramm dazu gedacht, auch die Manieren der Schützlinge zu verbessern. Tia, die bei ihrer Tante lebte, da ihre Mutter wegen wiederholter Drogendelikte im Gefängnis saß, war für dieses Programm ausgewählt worden, weil sie für die Schülerzeitung arbeitete. „Lass das Spucken und Fluchen.“

„Machen die andern doch auch“, konterte das Mädchen herausfordernd.

„Du bist nicht die anderen. Du hast Talent und Verstand, bist klug und hast vor allem Ehrgeiz.“

In Tias braunen Augen sah sie Hoffnung und Skepsis zugleich. Erikas Aufgabe bestand darin, diese Hoffnung und den Ehrgeiz des jungen Mädchens zu stärken.

„Haben Sie damit Ihren tollen Job gekriegt, in dem Büro, das Sie mir vor ein paar Wochen gezeigt haben? Ich denk eher, man braucht Verbindungen.“

„Ich arbeite in einem Unternehmen, in dem die meisten Chefs miteinander verwandt sind. Und ich gehöre nicht zur Familie.“

Tia grinste. „Dann mussten Sie sich ja auch schon ganz schön durchbeißen.“

„Kann man so sagen“, räumte Erika ein und winkte ein Taxi heran. Unwillkürlich dachte sie an Gannon. Sie wusste immer noch nicht, wie ihre Entscheidung im Hinblick auf „Pulse“ aussehen würde.

„Meine Tante fragt mich ständig, warum Sie keinen Mann haben.“ Tia stieg in den Wagen, der am Bordstein hielt.

Erika setzte sich neben sie und nannte dem Fahrer Tias Adresse. „Ich habe keinen Mann, weil …“ Warum hatte sie keinen Mann? Weil Gannon mich für andere Männer verdorben hat. „Weil ich mich in jemanden verliebt hatte und er mich verließ.“

„Wow“, sagte Tia. „Wieso hat’n der das gemacht? Für ’ne ältere Lady sehen Sie doch klasse aus.“

Erika stöhnte angesichts der Anspielung auf ihr Alter. „Danke für das Kompliment. Warum er mich verlassen hat? Vermutlich fand er, dass ich nicht die Richtige für ihn war.“

Tia stieß erneut einen Fluch aus. „Dem sollten Sie mal ’ne Lektion erteilen. Schnappen Sie sich einen anderen Mann, einen besseren.“

„Ja“, sagte Erika und dachte daran, dass sie genau das seit einem Jahr versuchte.

Eine Stunde später betrat sie ihr Reihenhaus in Park Slope, streifte ihre Schuhe ab und schlüpfte in ihre Hausschuhe. Lächelnd blickte sie auf die pinkfarbenen flauschigen Dinger. Der Anblick ließ sie stets lächeln.

Sie nahm sich vor, die Sachen in ihrer Sporttasche später zu waschen und stellte sie in den Flur. Auf dem Weg in die Küche sah sie ihre Post durch. Nichts als Rechnungen. Bei einer Postkarte, auf der ein Kreuzfahrtschiff in der Karibik zu sehen war, hielt sie inne. Sofort sehnte sie sich nach wärmerem Wetter, Sonnenschein und einer kalten Margarita zu den Klängen karibischer Musik.

Seufzend verwarf sie diese Fantasie und stellte per Fernbedienung eine CD von Alicia Keys an. Dann schenkte sie sich ein Glas Rotwein ein, nahm ihr Telefon und hörte den Anrufbeantworter ab.

Die erste Nachricht war von ihrer besten Freundin, die sie in eine angesagte Bar einladen wollte. Die zweite kam von ihrer Mutter, die nur hören wollte, wie es ihr ging. Erika biss sich auf die Unterlippe. Ihre Mutter hatte sie kürzlich in einem schwachen Moment erwischt, und sie hatte ihr zu viel über das Ergebnis der ärztlichen Untersuchung erzählt. Die dritte Nachricht war von Doug. Doug, der Blindgänger, fügte sie in Gedanken hinzu. Ein netter Kerl zwar, nur leider schrecklich langweilig.

Ein Piepton signalisierte einen Anrufer in der Leitung und Erika meldete sich automatisch. „Hallo?“

„Erika, ich habe mich gefragt, wann ich deine lebendige Stimme wieder hören werde. Wie geht es dir, Liebes?“

Ihre Mutter. Erika verzog das Gesicht. „Tut mir leid, Mom. Ich hatte viel zu tun bei der Arbeit und mache ein Mentorenprojekt mit einem Teenager aus der Innenstadt. Wie geht es dir? Wie läuft’s beim Bridge?“

„Dein Vater und ich sind gestern Abend Zweite geworden. Morgen sind wir die Gastgeber. Was ist das für eine Mentorengeschichte? Liebes, du glaubst hoffentlich nicht, dass dir das ein eigenes Kind ersetzt, oder?“

Erika merkte, wie sich etwas in ihr verkrampfte. „Nein, aber es ist momentan eine gute Sache, in die ich meine Energie investieren kann.“

„Schätzchen, wenn du ein wenig offener wärst und dir mehr Mühe geben würdest, könntest du im Nu einen Mann finden. Dann hättest du beides, einen Mann und das Baby, das du dir wünschst.“

Erika rieb sich die Stirn. „Ich mache dir einen Vorschlag, Mom. Nächste Woche gehe ich mit zwei Männern aus, dafür verschonst du mich einen Monat lang mit diesen Tipps.“

„Ich denke doch nur an dein Wohlergehen. Du hast dir immer Kinder gewünscht.“

„Ich weiß.“

„Aber du schiebst es ständig auf“, fügte ihre Mutter hinzu.

„Mom.“ Sie konnte nicht verhindern, dass sich ein warnender Unterton in ihre Stimme schlich.

Ihre Mutter seufzte. „Okay. Zwei Dates, zwei Männer nächste Woche. Ich werde beten und einen Wunsch an die Sterne schicken.“

Erika wurde nachsichtiger. Ihre Mutter liebte sie und musste sich manchmal einfach einmischen. „Ich hab dich lieb. Viel Spaß morgen Abend.“ Sie legte auf und dachte an ihre Eltern in ihrem Haus in Indiana, das sie verlassen hatte, als sie an der Ostküste aufs College gegangen war.

Ihre Heimatstadt, in der sie ihre Kindheit verbracht hatte, war ihr oft sehr verschlafen vorgekommen. Sie hatte mehr Aufregung gewollt, mehr Action und Herausforderungen.

Sie erinnerte sich an die Cholesterin steigernde, aber köstliche Hausmannskost und an den Duft von Schokoladenkeksen. Sie erinnerte sich an die Bastelnachmittage mit ihrer Mutter an Regentagen und an die unzähligen Male, die ihre Mutter mit ihr Hausaufgaben gemacht hatte. Ihr Vater hatte ihr das Basketballspielen beigebracht und sie ermuntert, ihre körperliche Größe positiv zu sehen.

Erika war in dem Bewusstsein aufgewachsen, die besten Eltern der Welt zu haben, doch sie hatte immer gewusst, dass sie eines Tages gehen musste, wenn sie fliegen wollte.

Und sie lernte wirklich zu fliegen. Wenigstens beruflich. Sie hatte einen Plan gehabt. Zuerst das College, dann eine steile Karriere. Zwischendurch kämen der passende Ehemann dazu und ein Kind.

Eigentlich wünschte sie sich schon ein Kind, noch ehe sie das College abgeschlossen hatte, aber sie redete sich ein, die Karriere sei zunächst wichtiger. Es war alles nur eine Frage der Disziplin, doch an manchen Regentagen sehnte sie sich danach, mit ihrem eigenen Kind zu basteln, sich zu kümmern und es zu einem guten Menschen zu erziehen.

Ihre Arbeit war aufregend und befriedigend, dennoch blieb ein Teil von ihr davon unberührt und sehnte sich nach etwas, das der Job ihr nicht geben konnte.

Seufzend öffnete sie die Augen und nahm ein Blatt Papier aus dem Ordner, in dem sie ihre Korrespondenz abheftete. Ein weiteres Mal las sie den medizinischen Bericht. Der Befund lautete: Endometriose. Deshalb auch die schrecklichen Krämpfe. Deshalb ging es mit ihrer Fruchtbarkeit rapide bergab. Und deshalb auch ihre Überlegung, ein Baby ohne Ehemann zu haben.

2. KAPITEL

Um genau fünf Uhr einunddreißig am Nachmittag hörte Erika ein Klopfen an ihrer Bürotür. Sofort hatte sie ein flaues Gefühl im Magen, ignorierte es jedoch. Diesmal hatte sie die Schuhe nicht ausgezogen. Nein, sie trug hochhackige Boots, die ihre Körpergröße von eins fünfundsiebzig noch unterstrichen, dazu ein schwarzes Kostüm mit einer weißen Bluse. Diesmal war sie vorbereitet.

Sie ging zur Tür und öffnete sie, gerade als Gannon die Hand hob, um erneut zu klopfen. Er war immer noch zu groß, als dass sie ihm auf gleicher Höhe in die Augen hätte sehen können. In seinem dunklen Anzug mit dezenten Nadelstreifen sah er umwerfend aus – die Frauen mussten ihm zu Füßen liegen.

Er musterte sie, ehe er ihr in die Augen sah. Vorsicht, dachte sie, er ist sicher immer noch imstande, meine Gedanken zu lesen.

„Komm rein“, forderte sie ihn auf und kehrte eilig hinter ihren Schreibtisch zurück. „Wie geht es dir?“

„Gut. Und dir?“, erkundigte er sich und nahm den Ordner, den er dabeihatte, von einer Hand in die andere.

Autor

Leanne Banks
Mit mehr als 20 geschriebenen Romanen, ist Leanne dafür geschätzt Geschichten mit starken Emotionen, Charakteren mit denen sich jeder identifizieren kann, einem Schuss heißer Sinnlichkeit und einem Happy End, welches nach dem Lesen noch nachklingt zu erzählen.
Sie ist die Abnehmerin der Romantic Times Magazine’s Awards in Serie. Sinnlichkeit, Liebe und...
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