Am Ziel aller Träume?

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Olivia hat ihr Herz an den faszinierenden Luc de Falcon verloren. Nun soll auch er ihr seines schenken! Auf einer romantischen Segeltour an der Riviera versucht sie alles, um Luc zu erobern. Sie will ihn. Nur ihn. Und alle früheren Notlügen möge er bitte vergessen…


  • Erscheinungstag 11.10.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733753641
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

2. August, Monza, Italien

„Gute Nacht, César. Es war ein wunderschöner Abend.“

Nach der Party mit seinem Formel-1-Team hatte Olivia sich von César zu ihrem Hotelzimmer begleiten lassen, doch sie hatte nicht damit gerechnet, dass er vor der Tür die Arme um sie schlingen und sie an sich ziehen würde.

Da er vor Rennen nie trank, wusste sie, dass die verliebte Anwandlung nicht auf die Wirkung von Alkohol zurückzuführen sein konnte.

Der neunundzwanzig Jahre alte César de Falcon, der als Rennfahrer den Mädchennamen seiner Großmutter väterlicherseits benutzte und sich César Villon nannte, war spritzig und aufregend, ein Charmeur, wie er kaum zu überbieten war. Doch er war viel zu sehr von seinem Beruf besessen, als dass Olivia ihn ernst genommen hätte.

Weder bei ihrer ersten Begegnung im Juni beim Großen Preis von Monaco noch in den letzten beiden Tagen vor dem morgigen Rennen in Monza hatte Olivia ihm Anlass gegeben zu glauben, zwischen ihnen könnte mehr sein als Freundschaft. Etwas anderes war einfach nicht möglich.

Denn ihr Herz gehörte seinem älteren Bruder Lucien de Falcon.

Und obwohl dieser ihre Liebe nicht erwiderte, änderte das nichts. Sie konnte sich einfach nicht mit César einlassen, nur um mit einem der begehrtesten Junggesellen Europas auszugehen.

Als Olivia mit ihren Schwestern im Juni nach Europa gekommen war, hatte sich ihr Traum erfüllt, beim Grand Prix von Monaco dabei sein zu können, bei dem der von ihr verehrte César Villon den zweiten Platz belegt hatte.

Die absolute Krönung der Reise war dann gewesen, dass Césars Cousin Max auch noch Greer, eine ihrer Schwestern, geheiratet und ihre Familien unter wahrhaft verrückten Bedingungen wieder zusammengeführt hatte.

Da Olivia auch schon vor der Bekanntschaft mit César ein Formel-1-Fan gewesen war, hatte sie sich geschmeichelt und überglücklich gefühlt, als der berühmte Rennfahrer sich bereitwillig erboten hatte, sie herumzuführen. Wie oft bekam man im Leben schon die Chance, aus erster Hand und an der Seite eines berühmten Rennfahrers zu erleben, wie es hinter den Kulissen der Rennwelt zuging?

„Für mich war es noch wunderbarer, ma belle. Warum sollte es nicht so weitergehen, nachdem wir nun endlich allein sind?“

Olivia wandte sich leicht ab, um zu verhindern, dass er sie küsste. „Weil du morgen ein entscheidendes Rennen fährst und deinen Schönheitsschlaf brauchst.“

„Schönheitsschlaf?“ Leise lachend streifte César ihre Wange mit den Lippen. „Für den sorge ich schon, aber das heißt ja nicht, dass ich alleine schlafen muss.“ Geschickt drückte er sie gegen die Tür und küsste Olivia.

Er war ein attraktiver Mann und sehr überzeugend, doch sie entzog sich ihm, ehe er sie verlangender küssen konnte. Seine überraschte Miene verriet ihr, dass nur wenige Frauen ihm je widerstanden hatten.

„Willst du mich nicht hereinbitten?“, fragte er verletzt.

Sie lächelte und versuchte, die Situation möglichst elegant zu retten. Schließlich waren ihre und Césars Familien jetzt dauerhaft miteinander verbunden, und Olivia wollte ihn mit ihrer Zurückweisung nicht kränken.

„Nein, cousin“, sagte sie, wobei sie das letzte Wort bedeutungsvoll betonte. „Das will ich sicherlich nicht. Ich schlafe immer allein.“

„Immer?“ César gab sich zutiefst schockiert.

„Immer.“

„Nicht mal mit Fred?“

Beim Gedanken an ihren Exfreund, der sie mit seiner Begeisterung für die Formel 1 angesteckt hatte, musste Olivia lächeln. „Erst recht nicht mit Fred.“

„Das ist ja unglaublich.“

Olivia lachte. „Meine Schwestern und ich sind so erzogen worden, bis zur Hochzeit zu warten.“

„Soll das heißen, dass Greer und Max …“

„Bis zur Hochzeitsnacht gewartet haben“, beendete sie den Satz für César.

Jetzt war er es, der lachen musste. „Dann hat sie dich belogen.“

„Nein.“ Olivia schüttelte den Kopf. „Da gehe ich jede Wette ein.“ Als César wenig überzeugt wirkte, setzte sie hinzu: „Frag Max, wenn die beiden von der Hochzeitsreise zurück sind. Er wird dir die Wahrheit sagen.“

Siegessicher lächelte César. „Und wenn du dich irrst?“

„Bestimmt nicht“, versicherte sie.

„Nehmen wir an, es wäre doch so“, widersprach er locker. „Wollen wir wetten? Wenn ich gewinne …“

„Das wirst du nicht“, erklärte sie entschieden.

Er ließ sich jedoch nicht abwimmeln und legte Olivia die Hand auf die Schulter. „Das deutsche Team ist felsenfest davon überzeugt, morgen den italienischen Grand Prix einzuheimsen, aber wenn das Rennen gelaufen ist, werde ich es sein, der oben auf der Siegertreppe steht. Nach jedem Rennen verbringe ich eine Woche allein in der Villa meiner Familie in Positano am Golf von Amalfi. Diesmal nehme ich dich mit, um meinen Sieg zu feiern.“

Nein, César. Mit dir gehe ich nirgendwohin.

Wie eingebildet er war! Eine andere würde sich die Chance bestimmt nicht entgehen lassen, mit ihm alleine davonzuziehen. Sie, Olivia, gehörte jedoch nicht zu diesen Mädchen.

„Erst müsstest du mein Ehemann sein.“

Er schenkte ihr ein entwaffnendes Lächeln. „Dann müssen wir in Positano wohl einen Ring aussuchen gehen.“

„Du bist ganz schön von dir eingenommen, César, aber ich mag dich trotzdem. Ich drücke dir für morgen fest die Daumen.“ Olivia stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange, dann löste sie sich aus seinen Armen. „Gute Nacht und viel Glück“, sagte sie, ehe sie in ihr Zimmer schlüpfte.

Obwohl César Villon von der Damenwelt heiß umschwärmt wurde, war nicht er es gewesen, der Olivia schlaflose Nächte bereitetet hatte, nachdem sie mit ihren Schwestern nach New York zurückgekehrt war, um sich auf Greers Hochzeit vorzubereiten.

„Tu nicht so unschuldig, Olivia“, hatte Luc ihr vor ihrer Abreise vorgehalten. „César kannst du etwas vormachen, mir nicht! Du bist nichts weiter als ein Groupie!“

„Du bist ja nur eifersüchtig auf deinen jüngeren Bruder“, hatte sie entgegnet. „Du ärgerst dich, weil du nicht mal in Césars Rennwagen klettern, geschweige denn damit fahren könntest!“

Selbst jetzt noch machten die hässlichen Worte sie wütend, die sie und Luc sich an den Kopf geworfen hatten. Hatte er doch tatsächlich die Frechheit besessen, sie mit den jungen Frauen über einen Kamm zu scheren, die den gut aussehenden Rennfahrern regelmäßig auflauerten und sich ihnen hemmungslos an den Hals warfen!

Aus Wut auf Luc hatte Olivia prompt Césars Einladung angenommen, ihm beim Rennen um den italienischen Grand Prix zuzusehen. Leider hatte der Gute das falsch verstanden und nahm jetzt an, sie wäre zu allem bereit.

Und schuld daran war nur Luc! Beim bloßen Gedanken an ihre Auseinandersetzung vor der Hochzeitskapelle begann Olivias Herz zu rasen.

Ohne diese letzte Beleidigung hätte sie sicher auch nicht so impulsiv gehandelt.

Anders als sein Bruder stand Luc nicht gern im Rampenlicht und hatte es auch nicht nötig. Aber das machte ihn Olivia nur noch sympathischer. Seine unnahbare Art irritierte sie, gleichzeitig faszinierte es sie, dass er offenbar niemanden brauchte. Er war ein Mann, der sich selbst zu genügen schien.

Laut César ging Luc völlig in seiner Arbeit als Ingenieur für Robotertechnik auf. Alles an ihm interessierte Olivia, doch César war seltsam verschwiegen gewesen, wenn die Sprache auf Lucs Beruf oder sein Privatleben gekommen war.

Immerhin hatte sie erfahren, dass Luc vor sieben Monaten bei dem tragischen Skiliftunfall, durch den die Verlobte seines Cousins Nic ums Leben gekommen war, fast ein Bein verloren hätte.

Und von Greer wusste Olivia, dass Luc nie verheiratet gewesen war.

An Gelegenheiten dürfte es ihm jedoch sicher nicht gemangelt haben. Mit seinen ernsten grauen Augen, dem schwarzen Haar, seinen markanten Zügen, der olivfarbenen Haut und den dunklen Brauen war er ein unerhört gut aussehender Mann.

Nur einmal hatte sie Luc lächeln sehen und ihn in diesem Moment so umwerfend gefunden wie noch keinen Mann. Doch nach seinen erbitterten Vorhaltungen hatte Olivia die Hoffnung aufgegeben, dass dieses Lächeln jemals ihr gelten könnte.

Vielleicht hatten die Schmerzen, die ihm das verletzte Bein verursachte, etwas mit seiner finsteren Gemütsverfassung zu tun. Doch Olivia hegte eher den Verdacht, dass sie seelische Ursachen hatte.

Dahinter musste eine Frau stecken. Und wer immer sie war, sie hatte es geschafft, ihm jede neue Beziehung zu vergällen.

Die Falcon-Männer waren groß, dunkelhaarig und mit ihrer südländischen Ausstrahlung einfach unwiderstehlich. Wenn Luc wollte, könnte er sich mit den schönsten Frauen umgeben. Er schien jedoch andere Dinge im Kopf zu haben und war zu intelligent und selbstbewusst, um ständig die Aufmerksamkeit des anderen Geschlechts zu suchen.

Und mit ihr, Olivia, schien er schon gar nichts zu tun haben zu wollen. Noch nie hatte jemand sie so verletzt, und es wurmte sie jetzt noch, dass er sie als Groupie bezeichnet hatte. Doch je mehr sie darüber nachdachte, umso weniger war sie bereit, die abfällige Bemerkung auf sich sitzen zu lassen. Césars stolzer, unnahbarer dreiunddreißigjähriger Bruder schätzte sie vollkommen falsch ein, und das würde sie ihm beweisen.

„Willst du dir morgen früh nicht das Rennen deines Bruders ansehen?“

Nein. Ganz bestimmt nicht.

„Das geht leider nicht, maman. Der Arzt will mein Knie übermorgen dränieren, bis dahin muss ich mich schonen.“ Luc war froh, seiner Mutter einen glaubwürdigen Vorwand liefern zu können, den sie an seinen Vater und César weitergeben würde.

„Dann schone dich, mein Sohn. Ich komme in den nächsten Tagen vorbei, um zu sehen, wie es dir geht.“

„Das ist nicht nötig. Ich werde dich besuchen.“

Wenn der Arzt recht behielt, befand sein Bein sich in der letzten Heilungsphase. Nach sieben Monaten Höllenqualen war das Ende nun in Sicht. Luc wünschte nur, er könnte das Gleiche auch von seinen Seelenqualen sagen, doch dagegen gab es keine Medizin.

„Bis dann, maman.“ Er legte auf, lehnte sich im Drehstuhl seines Arbeitszimmers zurück und blickte starr auf den Bildschirm seines Computers.

Normalerweise hielten ihn die Berechnungen für sein neuestes Projekt von den trüben Gedanken ab, doch heute nicht. Die Vorstellung, Olivia könnte bei seinem Bruder im Bett sein, verursachte ihm einen gallebitteren Geschmack im Mund.

Entschlossen griff er erneut nach dem Telefon und wählte rasch eine Nummer. Nach dem dritten Klingeln meldete sein Cousin sich.

„Luc? Dachte ich’s mir, dass du es bist.“

„Wer würde dich sonst so spät am Abend belästigen? Bist du schon im Bett?“

„Nein. Ich sitze im Arbeitszimmer über dem vertrackten Manuskript.“

„Dann brauche ich dich nicht zu fragen, wie du vorankommst.“

Seit Ninas Tod hatte auch Nic die Hölle durchgemacht. Zu seiner Trauer gesellten sich Schuldgefühle, weil er die Verlobung mit ihr eine Stunde vor dem Unfall gelöst hatte. Daraufhin war sie mit dem letzten Skilift ohne ihn auf den Berg gefahren.

Luc wusste nicht, ob sein Cousin die Hochzeit abgeblasen hatte, weil er herausgefunden hatte, dass Nina ihn betrog. Obwohl sie sich sehr nahe standen, hatte Nic ihm gegenüber nie erwähnt, dass seine Verlobte sich mit einem anderen Mann traf.

Doch Luc wusste davon.

Obwohl es schon spät gewesen war, hatte er an jenem Tag beschlossen, noch eine letzte Abfahrt zu unternehmen. Als er die Hütte verlassen hatte, um seine Skier zu holen, war er jedoch wie erstarrt stehen geblieben.

Nicht weit von ihm entfernt hatte Nina gestanden, die in einen leidenschaftlichen Kuss mit einem dunkelblonden Fremden vertieft gewesen war. Nach einer Weile hatte sie sich dann von dem Mann gelöst, um mit ihren Skiern zum Lift zu eilen.

Da Nic für Luc stets wie ein Bruder gewesen war, hatte er sie zur Rede stellen wollen und war ihr zum Lift gefolgt. Doch ehe er mit ihr sprechen konnte, war das Unglück geschehen, bei dem sie getötet und er selbst schwer verletzt worden war.

Während langer Gespräche im Krankenhaus, wo Luc mehrfach operiert worden war, hatte Nic schließlich zugegeben, Nina nie wirklich geliebt zu haben. Er habe sich nur auf Druck seiner Eltern mit ihr verlobt.

Nachdem der Hochzeitstermin festgesetzt war, hatte Nic jedoch erkannt, dass er Nina nicht heiraten konnte.

Sein Geständnis hatte Luc und Max nicht überrascht. Ihnen war Nic nie wirklich verliebt erschienen. Doch da er nicht erwähnte hatte, dass Nina ihn betrog, nahm Luc an, sein Cousin habe nichts davon gewusst.

Nach einer Unterredung mit Max waren sie übereingekommen, Nic nichts zu sagen, weil es niemandem mehr genützt hätte. Nina war tot. Wozu also sollten sie Nics Kummer noch größer machen?

Die Zuschauermassen begannen frenetisch zu jubeln, als über Lautsprecher in vier Sprachen bekannt gegeben wurde, dass César Villon, der berühmte Formel-1-Rennfahrer, Monaco den begehrten ersten Platz in Monza gesichert hatte.

Olivia war frühzeitig auf der Tribüne erschienen, um das Rennen zu verfolgen. Nun sprang sie ebenfalls auf und klatschte und schrie begeistert mit den anderen Fans.

Während der letzten beiden Tage hatte sie die Test- und Qualifizierungsrunden vor dem großen Rennen interessiert verfolgt, die Césars soeben errungenem Sieg vorausgegangen waren.

Ehrgeizig, wie er war, hatte er sein Ziel nun erreicht. Hoffentlich hatte er vergessen, dass er anschließend mit ihr nach Positano fahren wollte. Wenn nicht, musste sie Monza schleunigst verlassen.

Bei so vielen Verehrerinnen war es kein Wunder, dass der jüngere Sohn des Duc de Falcon von Monaco glaubte, keine Frau könnte ihm widerstehen.

Mit seinem blendenden Aussehen war César der erkorene Liebling der Massen. Im stolzen Bewusstsein, die Nummer eins zu werden, hatte er Olivia einen Platz in der Nähe des Siegertreppchens besorgt. Dennoch versuchte sie nach der Siegerehrung nicht einmal, zu ihm hinüberzugehen und mit ihm zu sprechen. Das wäre auch gar nicht möglich gewesen.

César schwelgte in der Verehrung tausender jubelnder Fans, trank Champagner und küsste den Siegerpokal, während sich mindestens ein Dutzend junger Mädchen um ihn drängten, an seinem Arm hingen und ihm willig die Lippen boten.

Natürlich hatte das Schauspiel auch Hunderte internationale Fotoreporter und Journalisten auf den Plan gerufen, die über das Rennen berichteten. Morgen würden die Titelseiten der Zeitungen und Zeitschriften Schnappschüsse von César zieren, wie er eine Schöne nach der anderen küsste.

Olivia stieß das ganze verrückte Spektakel eher ab. Ihr Widerwille wuchs, während sie zusah, wie Mädchen sich zu César durchkämpften, in der Hoffnung, diejenige zu sein, die er mit in sein Bett nahm.

Szenen wie diese dürften sich für ihn bei jedem Rennen abspielen. Solange er vom Rennfieber besessen war, würden die Schönen ihn wie Bienen umschwärmen, und er würde nicht Nein sagen.

Eine Frau, die das Pech hatte, sich in einen internationalen Sportstar zu verlieben, musste sich mit dieser Schar von Geliebten abfinden, die gnadenloser war als eine einzige Rivalin aus Fleisch und Blut, das war Olivia längst klar.

Während sie César ernüchtert beobachtete, fasste sie einen Entschluss. Und plötzlich konnte sie die Tribüne nicht schnell genug verlassen, um ihn in die Tat umzusetzen.

Rasch bahnte sie sich einen Weg durch die Menge bis zu der Taxischlange, die sich vor der Rennstrecke gebildet hatte.

„Zum Hotel Accademia“, wies sie den Fahrer an.

Si, signorina.“

Wenn sie im Hotel angekommen war, wollte Olivia ihre Schwester Piper anrufen, die sich geschäftlich in Genua aufhielt.

Die ersten Muster der italienischen Version ihres Kalenders waren fertig gestellt und lagen zur Begutachtung vor. Falls sie zufrieden stellend waren, würden die Schwestern für Signore Tozzetti eine Anfangsauflage für den Vertrieb in der Region Parma drucken lassen. Wenn die Kalender sich gut verkauften, konnte das die Auftragslage ihrer Firma Duchesse Designs erheblich verbessern.

Olivia hatte Piper nach Europa begleitet, um mit ihr die Marktlage zu erkunden und danach gemeinsam nach New York zurückzufliegen. Doch nun hatte Olivia beschlossen, in Europa zu bleiben, obwohl sie wusste, dass ihre Schwester es nicht billigen würde, wenn sie Luc hinterherlief. Auch Greer wäre strikt dagegen gewesen, doch glücklicherweise befand die Dritte im Bunde sich zurzeit auf Hochzeitsreise mit Maximilliano di Varano, ihrem frisch angetrauten Ehemann.

Er war ein außergewöhnlicher Mann, der Erste, der es geschafft hatte, die Drillinge zu trennen – die drei blonden Schwestern, die schon bei der Geburt eine kleine Sensation gewesen waren und einander sehr ähnlich sahen, wenn auch nicht zum Verwechseln.

Ein Blick in Greers veilchenblaue Augen hatte genügt, und um Max, den überzeugten Junggesellen, war es geschehen gewesen.

Seit der Trauung in der Palastkapelle der Familie di Varano in Parma flitterte das verliebte Paar irgendwo in Griechenland.

Voller Liebe und Bewunderung hatte Max seine Braut vor dem Altar geküsst und der ganzen Welt gezeigt, was er für Greer empfand. Olivia und Piper wussten nicht, wie lange das Paar fortbleiben wollte, doch sie erwarteten, mindestens einen Monat nichts von ihrer Schwester zu hören. Und in dieser Zeit hoffte Olivia, ihren Plan verwirklichen zu können …

Nach Greers Heirat hatte Olivias Welt sich verändert. Ein nie gekanntes Freiheitsgefühl erfüllte sie. Auch Piper schien ihre Unabhängigkeit zu genießen. Nachdem Greer nicht mehr da war und ihnen sagte, was sie denken oder tun sollten, konnte Olivia ihr Leben endlich selbst in die Hand nehmen.

Natürlich hing sie an ihrer Schwester, aber es war schön, sich nicht ständig Sätze anhören zu müssen wie: „Ich sage dir, du wärst verrückt, dich mit César einzulassen. Dann wärst du auch nicht besser als die dummen, naiven Blondchen, mit denen er nach den Rennen ins Bett geht.“

Olivias Wangen begannen zu brennen. Sobald ihre Schwester auf Hochzeitsreise gegangen war, hatte Lucs abweisende Art Olivia dazu getrieben, genau das zu tun, wovor Greer sie gewarnt hatte.

Schon vor einiger Zeit hatte Greer ihr auf den Kopf zugesagt, dass sie Fred nicht liebe. Das war Olivia selbst auch klar gewesen, nachdem sie Luc kennen gelernt hatte. Dennoch war sie vor Greers Hochzeit sechs Wochen lang weiter mit Fred ausgegangen, um Luc zu vergessen und sich zu beweisen, dass sie sich von ihrer Schwester nicht beeinflussen ließ.

Schließlich hatte sie dann doch mit Fred Schluss gemacht, weil es unfair gewesen wäre, ihn in falscher Hoffnung zu wiegen. Es tat ihr jetzt noch leid, ihn so bitter enttäuscht zu haben. Greers vorwurfsvoller Blick hatte ihre Gewissensbisse nur noch verstärkt.

Es störte Olivia, dass sie sich dem Einfluss ihrer Schwester selbst jetzt, aus der Ferne, nicht ganz entziehen konnte. Und wie Piper auf ihr Vorhaben reagieren würde, war ihr klar.

„Um Himmels willen! Bist du verrückt geworden? Wir sollten unsere Lektion doch wirklich gelernt haben …“

Signorina!“, rief der Fahrer über die Schulter.

Erst in diesem Augenblick wurde Olivia bewusst, dass sie vor ihrem Hotel angekommen waren.

Nachdem sie dem Mann einige Banknoten in die Hand gedrückt hatte, stieg sie aus und eilte ins Foyer, weil sie es nicht erwarten konnte, ihren Plan in die Tat umzusetzen.

Sobald sie die Tickets für den Flug nach Nizza bestätigt hatte, der in zwei Stunden gehen sollte, rief sie Piper in ihrem Hotel in Genua an.

In knappen Worten berichtete sie von Césars Grand-Prix-Sieg und ihrem Plan.

„Du willst was?“ Meine Güte! Ihre Schwester klang genau wie Greer.

„Ich fliege nach Monaco zurück, um Luc zu zwingen, mich für die entgangene Segeltour zu entschädigen. Das schuldet er mir.“

„Sag das noch einmal.“

„Du hast mich genau verstanden“, erwiderte Olivia abwehrend. „Max und seine Cousins haben uns um unsere erste Europakreuzfahrt gebracht, weil sie uns für Juwelendiebinnen gehalten und alles verdorben haben. Und nachdem das aufgeklärt war, mussten wir unseren Urlaub abbrechen, weil Max mit Greer auf der Piccione allein sein wollte. Deshalb schuldet Luc mir zehn Tage auf dem Boot.“

„Aber es gehört doch Fabio Moretti! Und im August ist Hochsaison. Wahrscheinlich haben andere Touristen das Schiff gechartert. Vergiss nicht, dass Moretti damit seinen Lebensunterhalt verdient.“

„Bestimmt kann Luc mit Fabio etwas aushandeln. Schließlich haben wir jede dreitausend Dollar für eine Kreuzfahrt entlang der Riviera bezahlt, die dann ins Wasser gefallen ist.“

„Da magst du recht haben. Aber immerhin haben wir dadurch Max als Schwager bekommen, der uns wie die Herzogin von Parma behandelt hat, während wir im Palast seiner Familie wohnten. Das übertrifft jeden Fünf-Sterne-Urlaub. Außerdem … worüber beklagst du dich? Dein Traum hat sich doch erfüllt – César hat dich nach Monza mitgenommen. Ich dachte, du wärst verrückt nach ihm. Zumindest hast du das Fred gegenüber behauptet.“

Schuldbewusst biss Olivia sich auf die Lippe. „Irgendwas musste ich Fred doch sagen, um seinen Stolz nicht zu verletzen. Wenn ich ihm gestanden hätte, dass ich ihn mir als Ehemann einfach nicht vorstellen kann, hätte ihn das viel mehr getroffen.“

„Na gut. Das verstehe ich ja. Aber was ist mit César?“

„Für mich ist er nur ein guter Freund. Außerdem ist er schon vergeben.“

„An wen?“, fragte Piper überrascht.

„An die gesamte Damenwelt Europas.“

„Ja … das hat Greer dir auch gesagt.“

Olivia unterdrückte ein Stöhnen. „Aber Greer weiß schließlich nicht alles.“

„Oh, doch.“

„Sie hatte keine Ahnung, dass wir Daddy zu dem idiotischen Hochzeitsfonds überredet hatten, dessentwegen wir überhaupt erst nach Europa geflogen sind.“

Nach kurzem Schweigen musste Piper zugeben: „Stimmt. Aber das dürfte auch das einzige Geheimnis sein, das wir je vor ihr hatten.“

„Und wenn schon. Immerhin hat es geklappt!“ Olivia lächelte zufrieden. „Wir haben sie glücklich an den Mann gebracht. Jetzt können wir tun, was wir wollen. Und ich will den Urlaub nachholen, der uns entgangen ist. Du nicht?“

„Eines Tages vielleicht“, antwortete Piper. „Im Augenblick müssen wir uns erst einmal um unser Geschäft kümmern.“

„Hat Signore Tozzetti schon entschieden, ob er uns als Klienten annimmt?“

„Noch nicht. Angeblich muss er noch mit einigen Leuten in seiner Firma reden, die auf Urlaub sind. Also müssen wir uns noch etwas gedulden.“

„Na, toll.“

„Deshalb werden wir nach Hause fliegen und versuchen, den heimischen Absatzmarkt zu erweitern, sonst können wir unsere Miete nicht bezahlen.“

„Du sprichst genau wie Greer.“

Greer war einige Minuten früher geboren und hatte ihre Schwestern stets fest im Griff gehabt.

Immer war sie es gewesen, die alles entschied, ob es ihren Schwestern passte oder nicht. Nun konnte Olivia zum ersten Mal tun, was sie wollte, ohne sich Greers Meinung anhören zu müssen.

„Nachdem sie fort ist, muss jemand anders dich zur Vernunft bringen“, erklärte Piper. „Warum willst du wirklich hier bleiben? Nach der Trauung hast du dich doch ganz offensichtlich mit Luc zerstritten. Deshalb verstehe ich nicht, was du jetzt noch von ihm willst. Du meine Güte … bitte sag mir, dass ich mich irre!“

„Was denn?“

„Du hast dich doch nicht etwa in Luc de Falcon verliebt?“, fragte Piper entsetzt. „Olivia! Das geht nicht!“

„Wie meinst du das … es geht nicht?“

„Es geht einfach nicht, das ist alles!“

„Und warum nicht?“

„Denk doch mal an Greer.“

„Das habe ich mein ganzes Leben lang schon getan. Immer hat sie über uns bestimmt. Jetzt ist sie verheiratet, und zur Abwechslung will ich mal an mich denken.“

„Überleg dir das lieber, denn Luc ist Max’ Cousin.“

„Und?“

„Nachdem Greer Max geheiratet hat, gehört Luc nun zu ihrer Familie“, erklärte Piper. „Da kannst du dich nicht einfach reindrängen.“

„Wie bitte?“

„Hör mal, Olivia, mit Max hat sie die große Liebe gefunden. Er ist jetzt ihre Welt, ihr Leben, und wir sollten sie in Ruhe lassen.“

„Wir können tun, was wir wollen“, widersprach Olivia.

„Nein, das können wir nicht. Und du weißt genau, wie ich das meine.“

Natürlich war Olivia sich dessen bewusst, doch sie wollte nicht daran erinnert werden.

„Wir müssen Greer Zeit lassen, sich an das Leben mit Max zu gewöhnen“, fuhr Piper fort. „Er hat einen Drilling geheiratet, und glaub mir, er weiß, auf was er sich da eingelassen hat. Beim Hochzeitsessen hat er nicht umsonst gewitzelt, wir drei seien ein Körper, ein Herz und eine Seele. Wir müssen Greer helfen, sich abzunabeln. Das bedeutet, dass wir uns zurückhalten und unserer Schwester ihren eigenen Lebensraum lassen sollten.“

„Luc lebt doch aber in Monaco und nicht in Colorno.“

„Darum geht es nicht. Die Cousins stehen sich sehr nahe. Außerdem wäre es für dich sinnlos, etwas mit Luc anfangen zu wollen, selbst wenn er sich für dich interessieren würde … was nicht der Fall ist.“

Das leichte Zögern vor den letzen Worten ließ Olivia aufhorchen. „Woher willst du das wissen?“

„Ich … weiß es einfach.“

„Weißt du etwas, was ich nicht weiß?“, bohrte Olivia weiter.

„Mehr, als du hören willst.“

Nun war Olivia verunsichert. „Wieso?“

„Weil es dir wehtun würde.“

Wehtun? „Du willst es mir also nicht verraten?“

„Nein. Ich hab es versprochen.“ Piper verstummte.

„Na gut.“ Entschlossen stand Olivia vom Bett auf. „Dann schlage ich deine Warnung in den Wind. Irgendwie bringe ich Luc schon dazu, seine Meinung zu ändern.“

„Du spielst mit dem Feuer.“

„Das ist mein Problem.“

„Sei nicht gleich eingeschnappt“, beschwor Piper ihre Schwester. „Ich weiß ja, dass du dich ohne Greer genau wie ich etwas verloren fühlst. Du willst es nur nicht wahrhaben.“

Olivia warf den Kopf zurück. „Na gut, ich gebe zu, es ist ein komisches Gefühl, dass von uns Drillingen nur noch wir zwei übrig sind, aber früher oder später kommen wir darüber hinweg.“

„Bis dahin flieg lieber mit nach Hause.“

„Noch nicht, Piper.“

„Hör zu. Mit Luc spielt man nicht. Er ist in vielem so ganz anders als die Männer, die du bisher gekannt hast. Mehr noch, er ist der Einzige, der dir nicht prompt zu Füßen lag. Du kannst nicht immer gewinnen, Olivia.“

„Bist du fertig, Greer?“

„Das war nicht nett von dir.“ Pipers Stimme klang beherrscht.

Olivia packte den Hörer fester. „Entschuldige. Ich hab’s einfach nur satt, dass jemand mir sagt, was ich tun soll.“

„Im Klartext: Greer und ich.“

Olivia verzichtete auf eine Antwort.

Autor

Rebecca Winters

Rebecca Winters und ihre Familie leben in Salt Lake City, Utah. Mit 17 kam Rebecca auf ein Schweizer Internat, wo sie französisch lernte und viele nette Mädchen traf. Ihre Liebe zu Sprachen behielt sie bei und studierte an der Universität in Utah Französisch, Spanisch und Geschichte und später sogar Arabisch.

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