Ein verlockend gefährliches Spiel

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Der erfolgreiche Geschäftsmann Vann Acosta setzt alles daran, sein Unternehmen voranzubringen. Als ihm zu Ohren kommt, dass die attraktive und intelligente IT-Expertin Sophie Valente für einen Konkurrenten spionieren soll, ist er schockiert. Augenblicklich schmiedet er einen Plan, um sie zu enttarnen. Er verbringt viel Zeit mit Sophie und scheut sich nicht, all sein Charisma einzusetzen. Zwischen ihnen flammt heißes Verlangen auf – doch was, wenn Sophie nur ein gefährliches Spiel mit ihm treibt?


  • Erscheinungstag 18.01.2022
  • Bandnummer 2221
  • ISBN / Artikelnummer 9783751508865
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Vann Acosta starrte verbissen auf den Bildschirm. „Noch mal zurück“, verlangte er.

Zack Austin, der Sicherheitsmanager von Maddox Hill Architecture, seufzte. „Wir haben es uns schon zehnmal angeschaut, Vann. Aus dem Video selbst können wir nicht viel schließen. Darauf ist nur Sophie Valente zu sehen, wie sie einen Bildschirm abfotografiert. Jetzt ist es Zeit für den nächsten Schritt, meinst du nicht auch?“

„Nein, noch nicht“, sagte Vann. „Lass es noch einmal laufen.“

„So oft du willst.“ Technikvorstand Tim Bryce legte seine Hand auf die Maus. „Dadurch ändert sich aber nichts.“

Vann blieb ungerührt. Er würde sich nicht drängen lassen. Als Finanzchef von Maddox Hill war er es seinen Mitarbeitern schuldig, alle Fakten zusammenzutragen und sie so lange durchzugehen, bis er Klarheit hatte.

„Das ist meine Entscheidung“, sagte er.

„Wo hast du die Kamera überhaupt versteckt?“, fragte Zack. „Es sieht aus, als wäre es direkt von deinem Schreibtisch aus aufgenommen worden.“

„Ganz genau.“ Bryce blickte ihn zufrieden an. „Die Kamera steckt in einem Bilderrahmen über dem Schreibtisch. Den habe ich aus einem Webshop für Spionage-Zubehör. Ich habe ein Bild von meinem Sohn eingelegt, sodass es vollkommen unverdächtig wirkt.“

„Freu dich nicht zu früh“, sagte Vann. „Sophie Valente hat unsere Datensicherungssoftware selbst entwickelt. Gibt sie in der IT-Abteilung nicht sogar Schulungen, wie man genau diese Art von Datendiebstahl verhindert? Das ist ihr Spezialgebiet.“ Er sah Zack an. „Haben wir sie nicht sogar dafür eingestellt?“

„Ja“, gab Zack zu. „Und ja, das ist bedenklich.“

„Sehr bedenklich sogar“, sagte Vann. „Wenn sie wirklich Projektdaten von Maddox Hill stehlen wollte, wäre ihr bestimmt etwas Besseres eingefallen, als sie von einem Computer abzufotografieren. Sie hat wahrscheinlich einfach nur einen Zufallstest durchgeführt.“

Bryce zog die Augenbrauen hoch. „Freitagnacht um halb eins an meinem Computer? Das glaube ich nicht. Ich habe letzte Woche extra vor ihr über das neue Projekt gesprochen und es so eingerichtet, dass sie die Dateien auf meinem Bildschirm gut sehen konnte. Sie wusste also, dass die Dateien noch kein Wasserzeichen hatten, und kurz darauf hat sie angebissen. Aber es waren veraltete Versionen, und damit habe ich sie erwischt. Sie kann sich vielleicht aus den Login-Protokollen löschen, aber auf meiner Videokamera ist sie drauf.“

Seine Selbstgefälligkeit ging Vann allmählich auf die Nerven, schließlich waren sie hier nicht auf dem Schulhof. „Lass es noch einmal laufen“, wiederholte er.

„Gerne.“ Bryce drückte auf Play. Das Video trug sowohl Datums- als auch Zeitstempel und war vor vier Tagen um 00:30 Uhr aufgenommen worden. Zwanzig Sekunden lang sahen sie nur das schummrige Büro.

Dann trat Sophie Valente ins Bild, die neue Leiterin der Abteilung für Informationssicherheit. Der Bildschirm sprang an und erleuchtete ihr Gesicht, während sie etwas eintippte. Die Kamera erfasste sie aus einem leicht seitlichen Winkel hinter dem Bildschirm. Sie trug eine hochgeschlossene Bluse mit kleinen Knöpfen am Hals. Vann hatte sich mittlerweile jedes Detail ihres Oberteils eingeprägt. Der seidige Stoff steckte lässig in ihrer Anzughose und schlug über ihrem breiten Ledergürtel lockere Falten. Das Haar trug sie wie immer zu einem Zopf geflochten.

Sie zog ein Handy hervor und machte Fotos vom Bildschirm. Ihre Hand wechselte rasch zwischen Telefon und Tastatur hin und her, als hätte sie so etwas schon oft gemacht.

Ihr Gesicht war ernst und konzentriert. So sah niemand aus, der mitten in der Nacht etwas Verbotenes tat. Sie sah nicht einmal über die Schulter oder erschrak, wenn ein Schatten vorüberhuschte.

Ganz im Gegenteil. Sophie Valente befand sich offenbar in einem Zustand tiefster, selbstvergessener Konzentration.

„Wer war zu diesem Zeitpunkt an deinem Computer eingeloggt?“, fragte Vann.

„Ich“, antwortete Bryce. „Aber ich war gar nicht hier. Ich war daheim und habe mit meiner Frau und meinem Sohn ferngesehen.“ Vann starrte den Bildschirm an. „Das passt doch nicht zusammen“, sagte er noch einmal.

„Fakten lügen nicht“, sagte Bryce oberlehrerhaft. „Ich sage es nicht gern, aber Valente ist verantwortlich für unsere Datenpannen. Sie wusste, dass die Dateien noch kein Wasserzeichen hatten, und indem sie lediglich den Bildschirm abfotografiert, kann man ihre Aktivität später nicht im Protokoll nachverfolgen. Was gibt es da nicht zu verstehen? Wenn du es nicht glaubst, können wir ja meine Daten durchgehen ...“

„Ich habe es schon beim ersten Mal verstanden.“ Vann versuchte, sich zu beherrschen, doch der Gesichtsausdruck des Technikvorstandes machte ihn wahnsinnig.

Denn Bryce sah nicht halb so zerknirscht aus, wie er tat. In seinem Gesicht war eher Schadenfreude zu erkennen.

Allerdings hatte der Mann sich von unten hochgearbeitet, war schon seit zwanzig Jahren beim Architekturbüro, und damit doppelt so lange wie Vann. Vann war nicht gerade begeistert von ihm, aber Bryce saß hier fest im Sattel.

„Was daran überzeugt dich denn nicht?“ Bryce klang langsam genervt.

„Das könnte alles reiner Zufall sein“, sagte Vann. „Wir alle benutzen mehrere Computer, und sie ist oft nachts hier. Sie ist für die Informationssicherheit zuständig. Bevor sie den Arbeitsvertrag bekommen hat, hat die Personalabteilung bei ihr eine Sicherheitsüberprüfung gemacht und nichts gefunden. Wir haben ihr die Schlüssel zum Allerheiligsten gegeben. Wir haben sie eingestellt, damit sie den Code für die Schlüssel schreibt! Sie muss sich wenigstens erklären dürfen, bevor wir sie offiziell beschuldigen.“

„Ja, aber sie ...“

„Industriespionage ist ein schweres Vergehen. Wir könnten uns immer noch irren. Ich möchte den Ruf der Frau nicht ruinieren, bevor wir uns ganz sicher sind.“

„Aber ich bin mir sicher!“, beharrte Bryce. „Die Datenpannen begannen einen Monat, nachdem Valente als Leiterin der Informationssicherheit eingestellt wurde. Sie spricht fließend Chinesisch und ist in Singapur zur Schule gegangen. Sie hat Kontakte in ganz Asien und mindestens zwei der gestohlenen Datensätze konnten bis zu einer Firma in Shenzhen nachverfolgt werden. Außerdem ist sie für den Job hier überqualifiziert. Mit ihrem Lebenslauf könnte sie bei einer internationalen Bank oder einer Sicherheitsfirma doppelt so viel verdienen. Sie hat sich aus einem ganz bestimmten Grund hier beworben, und ich denke, wir wissen jetzt, welcher das war. Hast du dir ihre Personalakte überhaupt mal angeschaut?“

Vann blickte kurz auf die aufgeschlagene Personalakte und riss sich dann schnell wieder davon los. Ja, er hatte sich die Akte angeschaut, und zwar länger, als er zugeben wollte, denn das Bewerbungsfoto hatte es ihm angetan. Es hatte ihre Persönlichkeit erfasst, wie es bei Fotos selten gelang. Dabei war es eigentlich nur ein überbelichtetes Passbild.

Sophie Valentes Gesicht war auffallend schön. Hohe Wangenknochen, kräftige dunkle Augenbrauen, eine schmale gerade Nase. Sie lächelte nicht, aber ihre Lippen hatten einen sinnlichen Schwung, der ihn magisch anzog. Ihr dickes kastanienbraunes Haar war zu ihrem typischen Zopf geflochten und einige kürzere Locken umspielten die klare Kante ihres Kinns. Große, topasfarbene Augen mit langen, tiefschwarzen Wimpern blickten den Betrachter eindringlich an, als wollte sie ihn herausfordern, nicht zu blinzeln.

Vielleicht war das auch nur ein Lichteffekt, wie die Wirkung ihres stolzen Kinns. Auf dem Foto war nicht einmal ihr schlanker, gut trainierter Körper zu sehen.

Sophie Valente sah überhaupt nicht berechnend oder verlogen aus. Ganz im Gegenteil, sie machte den Eindruck, als wäre sie entwaffnend ehrlich.

Sein Instinkt hatte ihn bisher noch nie getäuscht. Allerdings hatte er auch noch nie zuvor eine Mitarbeiterin so attraktiv gefunden. Vielleicht hatten seine Hormone ihn blind gemacht.

„Die Indizien, die du mir hier zeigst, sind noch lange keine Beweise“, erwiderte Vann.

Zack verschränkte die Arme über seiner breiten Brust und sah ihn abwägend an. Zack kannte ihn viel zu gut. Sie hatten gemeinsam im Irak gekämpft und arbeiteten schon seit fast zehn Jahren bei Maddox Hill. Sein Freund hatte sofort bemerkt, dass Vanns Interesse an Sophie Valente weit über das rein Berufliche hinausging. Vann hätte sich am liebsten unter Zacks bohrendem Blick gewunden.

„Wir brauchen mehr Informationen“, stimmte Zack zu. „Ich rede mit den forensischen Buchprüfern, die ich für solche Fälle immer engagiere. In der Zwischenzeit behalten wir die Sache erst einmal für uns.“

„Natürlich“, sagte Vann.

„Wir wissen nicht viel über sie, abgesehen von dem, was ihre Sicherheitsüberprüfung ergeben hat“, fuhr Zack fort. „Sie ist intelligent und bekommt alles mit, also wird es schwierig, hinter ihrem Rücken zu ermitteln. Doch Industriespionage passt einfach nicht zu ihr. Sie ist keine unzufriedene Mitarbeiterin, die sich rächen will, sie ist nicht frisch geschieden, hat keine Schulden, nimmt keine Drogen und scheint auch nicht über ihre Verhältnisse zu leben. Augenscheinlich hat sie kein Motiv. Zumindest keines, das wir kennen.“

„Was ist mit simpler Gier?“, warf Bryce in den Raum. „Diese Projektunterlagen sind für unsere Konkurrenz Millionen wert. Wir sollten sofort Drew, Malcolm und Hendrick alarmieren.“

„Das mache ich, wenn es an der Zeit ist“, sagte Vann. „Wenn wir ganz sicher sind.“

Bryce schnaubte ungeduldig. „Es ist schon so weit. Wir sind doch ganz sicher. Ich sage ja nicht, dass wir sie vor allen Leuten in Handschellen abführen sollen, Vann. Ich denke nur, wir sollten die Chefs diskret vor ihr warnen. Die werden es uns bestimmt nicht danken, wenn wir sie im Dunkeln lassen.“

„Malcolm und Hendrick sind momentan in San Francisco wegen des Meetings mit dem Zhang-Wei-Konzern“, erklärte Vann. „Ich fahre morgen auch dorthin und am Wochenende darauf ist Drews Hochzeit in Paradise Point. Warte noch ein bisschen, Tim. Wenigstens bis nächste Woche nach der Hochzeit. Lass Drew bitte in Ruhe. Der hat gerade ganz andere Dinge im Kopf.“

Das war noch gelinde ausgedrückt, denn Drew Maddox war zwar Geschäftsführer, aber im Moment war er vor allem bis über beide Ohren verliebt in Jenna, seine Zukünftige, und für die praktischen Dinge des Lebens einfach nicht zu gebrauchen.

Vann gönnte seinem Freund diese große Liebe. Niemand hatte sie mehr verdient. Vann und Drew waren Freunde, seit sie gemeinsam mit Zack im selben Regiment der US-Marines in Fallujah im Irak gedient hatten.

Drew hatte seit der Verlobung mit Jenna eine neue Phase in seinem Leben begonnen, Vann hingegen lebte noch in der alten Phase und fühlte sich allmählich allein.

Aber er konnte sich nicht beschweren. Er mochte seinen Job als Finanzvorstand eines weltweit gefragten Architekturbüros mit über dreitausend Angestellten. Er hatte zwar nicht auf diesen Posten hingearbeitet, aber wenn er einmal etwas anfing, dann ließ er nicht locker. Eine Ex-Freundin hatte einmal gesagt, er verbeiße sich dermaßen in seine Aufgaben, dass man ihn für einen Freak halten könnte.

„In Ordnung, wie willst du dann gegen sie ermitteln? Können wir sie irgendwie eine Weile aus dem Weg schaffen?“, fragte Bryce ungeduldig. „Wenn wir das nicht bald aufklären, wird die Firma ausbluten.“

Vann überflog ihre Akte. „Du sagtest, sie spricht Chinesisch?“

„Fließend“, erwiderte Bryce.

„Das ist perfekt“, entgegnete Vann. „Ich habe gerade erfahren, dass wir morgen doch eine Dolmetscherin für das Meeting mit Zhang Wei in San Francisco brauchen. Hsu Li hatte einen Notfall in ihrer Familie und Collette ist im Mutterschaftsurlaub. Wenn Sophie Chinesisch kann, werde ich sie einfach bitten, für Hsu einzuspringen. So kommen wir zu unserer Dolmetscherin und sie ist bei den Ermittlungen nicht im Weg. Sophie wird zu viel zu tun haben, um zu bemerken, was hier läuft. Malcolm wird sie ackern lassen, bis sie umfällt.“

Zack zog eine Augenbraue hoch. „Und nebenbei kann sie sich alle Einzelheiten der Verhandlungen mit Zhang Wei anhören? Bist du dir sicher, dass das eine gute Idee ist?“

„Es wird in San Francisco ja nicht um die technischen Details gehen“, sagte Vann. „Wir wollen vor allem über das Finanzielle und über Zeitpläne reden. Das bringt einem Datendieb überhaupt nichts. Es ist zwar nicht ideal, aber dieses Risiko sollten wir eingehen, damit die Buchprüfer in Ruhe ihre Arbeit machen können. Außerdem kann ich ihr dabei ein bisschen auf den Zahn fühlen.“

„Es heißt ja, man soll seine Feinde kennen.“ Bryce kicherte in sich hinein. „Sollte ja nicht so schwer sein, sie besser kennenzulernen. Egal wie viel Dreck die Frau am Stecken hat, sie ist auf jeden Fall eine Augenweide.“

Vann biss die Zähne zusammen. „Ich betrachte sie nicht als Feindin“, sagte er. „So sollten wir nicht denken.“

„Nein“, stimmte Bryce ihm zu. „Natürlich nicht.“

Zack nickte. „Dann ist das der Plan. Gib ihr ordentlich zu tun und lass sie nicht aus den Augen.“

Bryce stand auf und marschierte grummelnd aus dem Büro, Zack blieb sitzen und sah seinen Freund besorgt an.

„Du behandelst sie wie ein rohes Ei“, sagte er. „Natürlich müssen wir vorsichtig sein, wir wollen ja nicht ihre Karriere zerstören. Aber pass auf, dass du nicht aus den falschen Gründen auf die Bremse trittst.“

„Was meinst du damit?“

„Sag du es mir“, erwiderte Zack. „Hast du was mit ihr?“

Das saß. „Wie kommst du denn darauf? Ich habe mit der Frau kaum ein Wort gewechselt!“

„Dann ist ja gut“, lenkte Zack ein. „Beruhige dich, okay? Ich musste es nur wissen.“

„Ich bin ruhig“, gab Vann brummig zurück.

Er hielt es nicht länger aus und stand auf. „Ich gehe jetzt zu ihr. Schließlich muss ich ihr ja sagen, dass wir sie bei dem Meeting brauchen.“

„Mach das“, sagte Zack. „Aber halt dich bitte zurück.“

„Ich halte mich immer zurück.“ Mit diesen Worten stürmte er davon.

Zack war einfach nur gründlich und umsichtig. Deshalb war er so ein guter Sicherheitsmanager. Doch es ging Vann gewaltig gegen den Strich, dass Zack seine Professionalität infrage stellte. Freund hin oder her.

Er achtete darauf, keine Blicke auf sich zu ziehen, als er das Hauptgebäude von Maddox Hill durchquerte. Er musste sich unbedingt zusammenreißen, wenn er dieser Frau begegnete. Ihm brach jetzt schon der Schweiß aus und er fühlte sich wie ein unsicherer Teenager.

Sophie Valente stand in ihrem großen Büro vor dem bodentiefen Fenster, das einen weiten Blick über die Innenstadt von Seattle bot. Die Tür stand offen und sie war gerade am Telefon. Ihre Stimme war leise, aber deutlich und melodisch zu hören. Sie sprach ... ja, was eigentlich? Italienisch!

Vanns Vater war der Sohn italienischer Einwanderer gewesen, aber außer einigen Vokabeln rund ums Essen, Körperteile und Schimpfworte hatte er nichts von seinem Dad gelernt.

Aus Sophie Valentes Mund klang Italienisch einfach toll.

Sie hatte seine Anwesenheit nun bemerkt und drehte sich um, wobei sie das Telefonat mit einem Satz beendete, der wie „Ich ruf dich später zurück“ klang.

Sie war unheimlich attraktiv und hatte ein professionelles Auftreten. Ihren Zopf hatte sie heute zu einem dicken Knoten im Nacken geschlungen und eine eng anliegende schwarze Hose umschloss ihre langen Beine. Ihre weite rostbraune Seidenbluse war in den Hosenbund gesteckt. Sophie Valente war ohnehin groß, doch in ihren Stiefeln mit den Pfennigabsätzen reichte sie beinahe an seine zwei Meter heran. Ihr Outfit verhüllte ihre Figur nicht gerade, trug sie aber auch nicht übermäßig zur Schau.

Das hatte sie auch nicht nötig. Ihr Körper sprach für sich. Vann musste sich ständig dazu ermahnen, sie nicht anzustarren.

Sie legte das Telefon zur Seite. „Mr. Acosta, kann ich etwas für Sie tun?“

„Das hoffe ich“, sagte er. „Ich habe gehört, Sie sprechen fließend Chinesisch, stimmt das?“

„Ja, unter anderem“, antwortete sie.

„Habe ich da gerade Italienisch gehört?“

„Ja, das haben Sie. Ich habe mit der IT-Abteilung unserer Niederlassung in Mailand gesprochen.“

Danach wartete sie einfach ab, ohne sich die geringste Mühe zu geben, das Gespräch mit Small Talk am Laufen zu halten. Sie stand einfach nur da und wartete darauf, was zum Teufel er eigentlich von ihr wollte.

Vieles von dem, was er tatsächlich wollte, konnte er nicht laut sagen, obwohl es seine Gedanken beherrschte.

Vann zwang seine Gedanken zurück zu seinem Auftrag. „Ich fahre morgen nach San Francisco zu den Verhandlungen wegen des Nairobi-Towers-Projekts. Unsere Chinesisch-Dolmetscherin hatte leider einen Notfall in der Familie und da habe ich mich gefragt, ob Sie uns vielleicht unterstützen könnten.“

Sophie runzelte ihre schwarzen ebenmäßigen Augenbrauen. „Ich spreche fließend Chinesisch, das stimmt, aber ich kann nicht professionell dolmetschen. Ich kenne allerdings einige sehr kompetente Dolmetscher in Seattle und auch in San Francisco. Das Ganze ist zwar sehr kurzfristig, aber ich könnte den Kontakt herstellen oder für Sie jemanden anrufen.“

„Danke, aber Malcolm und Hendrick wollen lieber jemanden, den sie kennen“, erwiderte er rasch. „Es muss auch nicht perfekt gedolmetscht sein, es reicht, wenn wir den roten Faden verstehen. Es geht auch nur darum, das Chinesische ins Englische zu bringen, nicht umgekehrt. Zhang Wei bringt seinen eigenen Dolmetscher mit. Außerdem kommt sein Enkel mit, und der spricht fließend Englisch. Wir möchten lieber Sie dabeihaben als jemand Externen.“

„Wenn das so ist, dann bin ich natürlich gern dabei“, sagte sie. „Allerdings wird dadurch das Projekt Wasserzeichen zurückgeworfen und ich werde auch mit der biometrischen Drei-Schritt-Authentifizierung nicht weiterkommen. Eigentlich wollte ich die ganze Woche lang mit dem Entwicklungsteam daran arbeiten, denn ohne mich können sie nicht weitermachen.“

„Das Meeting mit dem Zhang-Wei-Konzern ist momentan dringender“, erklärte Vann. „Ich sorge dafür, dass alle den neuen Zeitplan bekommen.“

Sie nickte. „In Ordnung. Fliegen wir morgen mit Malcolm und Hendrick hin?“

„Die sind bereits in San Francisco, im Magnolia Plaza“, sagte er. „Machen Sie sich aber bereit für ein paar harte Tage. Hendrick, Malcolm, Drew und ich haben für Donnerstag und Freitag von früh bis spät Termine mit Zhang Wei und seinem Team eingeplant.“

Sophies Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln. „Mit harten Tagen komme ich klar.“

„Natürlich.“ Vann wusste nicht, was er sagen sollte, denn das Lächeln auf ihren vollen Lippen hatte augenblicklich alle Gedanken aus seinem Gehirn gelöscht. „Meine Assistentin Belinda hat noch die Briefing-Unterlagen, die Hsu Li bekommen sollte. Sie wird auch dafür sorgen, dass Sie morgen früh jemand abholt. Besprechen Sie bitte die Reiseplanung mit ihr, wir sehen uns dann im Flugzeug.“

„Alles klar“, sagte sie. „Bis morgen.“

Er wandte sich zum Gehen und schalt sich innerlich dafür, dass er so durcheinander war und am ganzen Körper schwitzte. Er fühlte sich jetzt schon schäbig, weil er seine Kollegin ausspionieren sollte.

Es verstand sich von selbst, dass er mit ihr keinen sexuellen Kontakt haben durfte. Er ließ sich sowieso nie mit Kolleginnen ein, vor allem nicht, wenn sie in der Hierarchie unter ihm standen.

Vann betrachtete sein Sexleben mit der gleichen Distanziertheit wie sein Berufsleben. Seine Affären richtete er immer so ein, dass sie ihm keinerlei Unannehmlichkeiten bereiteten. Er nahm seine Liebhaberinnen nie mit nach Hause und ging auch nur äußerst ungern mit zu ihnen.

Er war ein Mann der Zahlen. Er hatte gern die Kontrolle und er ließ nichts an sich herankommen. Deshalb war er ein guter Finanzchef und deshalb war er auch ein guter Soldat gewesen. Selbst unter Beschuss war er kühl und überlegt geblieben. Das hatte er von den Besten gelernt.

Allerdings besaß er für das, was er gerade fühlte, kein Drehbuch. Er erkannte sich gar nicht mehr wieder … so verwirrt und sprachlos … so abgelenkt von sexuellen Fantasien und Trieben.

Er musste unbedingt wach und analytisch bleiben. Vann glaubte Tims Anschuldigungen nicht. Sie passten einfach nicht zu seinem Eindruck von Sophie Valente.

Er musste daher mehr über sie erfahren, um im Ernstfall ihre Unschuld verteidigen zu können. Das würde allerdings verdammt schwer werden, solange er schon anfing zu stottern, wenn er die Frau nur am Telefon Italienisch sprechen hörte.

2. KAPITEL

Zum Glück stand Sophies Schreibtischstuhl direkt hinter ihr, als Vann Acosta den Raum verließ, denn sobald er aus der Tür war, gaben ihre Knie unter dem Adrenalinstoß nach und sie sackte auf den Stuhl.

San Francisco mit Vann Acosta? Oje.

Es war lächerlich, deshalb so aus dem Häuschen zu geraten. Es war nur eine Geschäftsreise. Sie durfte als Ressource mitfliegen, um sich ausbeuten zu lassen. Außerdem war sie fast dreißig, weltgewandt und mit Männern ein für alle Mal fertig. Denn sie brachten einem nichts als Ärger ein und hatten immer irgendeine unverzeihliche Charakterschwäche. Je schöner der Mann, desto größer die Macke.

Wenn diese Regel auch für Vann galt, musste seine Macke kolossal sein, und selbst wenn er zufälligerweise keine Macke haben sollte, saß er im Vorstand von Maddox Hill, und das allein war als Charakterschwäche zu werten. Sie spielte ohnehin schon mit dem Feuer, denn sie verfolgte neben dem anstrengenden Job bei Maddox Hill auch noch eigene Zwecke. Deshalb war der Finanzchef absolut verbotenes Terrain.

Doch Vann Acosta faszinierte sie. Er war der jüngste Finanzvorstand, den Maddox Hill je gehabt hatte. Der Gerüchteküche zufolge war er ein regelrechter Gott der Zahlen. Er könnte viel mehr verdienen, wenn er für einen der großen Hedge-Fonds arbeiten oder gar seinen eigenen auflegen würde.

Wenn man den Gesprächen in der Kaffeeküche glauben konnte, war er nur aus Loyalität zu Drew Maddox hier. Vann, Drew und der Sicherheitsmanager Zack Austin wurden heimlich „die Herzensbrecher von Maddox Hill“ genannt. Jede heterosexuelle Frau bei Maddox Hill schwärmte für einen der drei. Sophie hatte allerdings von Anfang an nur Augen für Vann Acosta gehabt.

Es war spät geworden. Sie musste ihre gesamte Wochenplanung umwerfen, also verschob sie noch eine Weile Meetings und verlängerte Fristen, bevor sie sich auf den Heimweg machte. Sie hatte vor einigen Monaten bei Maddox Hill angefangen und war mit ihrem Arbeitgeber sehr zufrieden. Enge Freundschaften hatte sie allerdings noch nicht geschlossen, da war sie stets zurückhaltend. Aber sie hatte schon ein paar nette Bekanntschaften gemacht.

Sie schaute in Tim Bryces Büro hinein und klopfte an die offene Tür. „Hi Tim!“

Er hielt eine Tasse in der Hand und zuckte erschrocken zusammen. Fluchend fuchtelte er mit der kaffeeüberströmten Hand in der Luft herum.

„Oh nein! Entschuldige“, rief sie. „Ich wollte dich nicht erschrecken.“

„Ist nicht deine Schuld“, sagte Tim unwirsch. „Ich bin heute einfach ungeschickt.“

„Ich wollte dir eigentlich nur sagen, dass wir die Team-Besprechungen morgen und am Freitag verschieben müssen“, sagte sie. „Ich fliege nämlich nach San Francisco, um für Hsu Li einzuspringen. Sie brauchen mich bei den Verhandlungen mit Zhang Wei als Dolmetscherin. Wir sehen uns daher erst am Montag wieder.“

„Nein, erst am Dienstag. Ich komme am Montag von der Hochzeit zurück und nehme den Tag frei.“ Tim zog ein paar Taschentücher aus einer Packung auf seinem Schreibtisch und betupfte damit den Fleck auf seinem Ärmel. „Ich sage Weston, dass er eine Mitteilung an alle schicken soll. Passt dir Dienstagnachmittag?“

„Ja, Dienstag ist super. Danke. Ich wünsche dir eine schöne Woche.“

„Dir auch“, erwiderte er und rieb weiter an seinem Ärmel herum. „Du wirst uns fehlen, aber wir alle müssen uns den höheren Mächten beugen.“

Sie zögerte. „Tim, ist alles in Ordnung? Also, abgesehen von dem Kaffee?“

„Ja“, erwiderte er. „Alles in Ordnung.“

„Dann bis später.“

Sophie ging durch das Großraumbüro und betrachtete die Glaswände, die hohen Decken und den geschwungenen Aufgang zu den Vorstandsbüros in der Etage darüber. Sie arbeitete gern an schönen Orten. Das Leben war zu kurz, um an hässlichen zu verschimmeln.

Drew Maddox ging gerade mit festem Schritt an ihr vorbei. Der Geschäftsführer von Maddox Hill war wie immer von seinem Gefolge umgeben und zog die Blicke aller Frauen auf sich. Sie konnte es ihnen nicht verdenken. Maddox war gut aussehend, reich, berühmt und talentiert. Er hatte das Hauptgebäude der Firma entworfen, in dem sie gerade stand. Der eindrucksvolle Wolkenkratzer war komplett aus nachhaltigen Holzwerkstoffen gebaut worden. Die rötlichen Balken an der Decke bestanden aus Brettsperrholz. So fest wie Beton oder Stahl, aber viel schöner anzusehen.

Drew Maddox war der erste der Herzensbrecher, der nun vergeben war. Seine äußerst öffentliche Beziehung mit Jenna Sommers würde in der Hochzeit am Wochenende ihren Höhepunkt finden, während Dutzende Mitarbeiterinnen ihren geplatzten Träumen nachtrauerten.

Doch noch war nicht alles verloren. Sie konnten ihre Hoffnungen immer noch an Vann Acosta und Zack Austin hängen.

Sophie war überrascht, dass Acosta sie überhaupt auf dem Schirm hatte. Sie waren einander zwar vorgestellt worden, aber seitdem schien er kaum Notiz von ihr zu nehmen.

Sie sagte sich, dass es so am besten war. Sie wollte schließlich unbemerkt bleiben, bis sie eine Gelegenheit bekam, Kontakt zum Unternehmensgründer Malcolm Maddox aufzunehmen. Malcolm war schon mit einem Bein im Ruhestand und überließ die meisten Entscheidungen bereits seinem Neffen Drew. Er selbst verbrachte seine Tage in seinem luxuriösen Haus auf Vashon Island.

Es war daher gar nicht so leicht, an den alternden weltberühmten Architekten heranzukommen, der äußerst zurückgezogen lebte. Außerdem war Malcolm Maddox ein berüchtigter Griesgram, der Idioten nur schwer ertrug.

Zum Glück war sie keine Idiotin.

Dieser Auftrag war eine perfekte Gelegenheit, Malcolm kennenzulernen. Allerdings hatte die Sache einen Haken: Vann Acosta würde ihr die ganze Zeit mit bohrenden Blicken über die Schulter schauen und sie ausgerechnet dann von ihrer Mission ablenken, wenn sie sich am meisten konzentrieren musste.

Sie hatte keine Zeit für wollüstige Gefühle.

Aber es war verdammt hart. Für eine Frau war sie groß, fast eins achtzig, aber wenn Vann Acosta sich mit seinen zwei Metern vor ihr aufbaute, fühlte sie sich ungewohnt klein. Und dann erst seine breiten Schultern! Am liebsten hätte sie ihre Fingernägel in seinen starken Körper gekrallt.

Sie liebte seinen kräftigen Körperbau. Er bestand offenbar nur aus Muskeln und Knochen, mit riesigen Händen, die äußerst geschickt aussahen. Ungehemmte Körperkraft vibrierte durch seinen maßgeschneiderten Anzug hindurch und blitzte aus seinen Augen. Davon wurde sie auf eine aufregende Art nervös. Es war ein Gefühl, das süchtig machen konnte.

Autor

Shannon McKenna
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