Historical Saison Band 70

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ENTFÜHREN SIE MICH, MYLORD! von LOUISE ALLEN
Ohnmächtig stürzt ein Fremder direkt vor Cleo in den Wüstensand! Als er seine tiefblauen Augen öffnet, ringt sie nach Atem. Sinnliche Gefühle entflammen in ihr und brennen heißer als die ägyptische Sonne. Cleo ahnt nicht, was er im Schilde führt - und dass sie sich besser nicht auf ihn einlassen sollte!

DIE PIKANTE WETTE DES MARQUESS von LAURA MARTIN
Eine wagemutige Wette: Das nächste Mädchen, das er auf dem Jahrmarkt sieht, will der Marquess of Essex zur perfekten Debütantin machen. Die Auserwählte ist jedoch ein temperamentvoller Wildfang! Wird er diese unzähmbare Schönheit wirklich zum Saisonauftakt als anmutige Ballkönigin in seinen Armen halten?


  • Erscheinungstag 04.02.2020
  • Bandnummer 70
  • ISBN / Artikelnummer 9783733749620
  • Seitenanzahl 448
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Melanie Hilton, Laura Martin

HISTORICAL SAISON BAND 70

1. KAPITEL

Anfang April, 1801 – Oberägypten

Dort unten war Schatten, auf den Wasserkrügen bildeten sich kühlende Tropfen und das Grün begann sich von der Wüste zu den Ufern des Nils auszubreiten. Es war zu früh. Quin lag flach auf dem heißen Sand des Dünenrückens. Um sich vom Durst, der Hitze und dem pochenden Schmerz in seinem linken Arm abzulenken, richtete er seine Aufmerksamkeit auf das Zelt weiter unten.

Zelt war vielleicht ein allzu bescheidenes Wort. Vielmehr war es ein Lager, das aus mehreren Innenräumen bestand, die von schattigen Bereichen aus Pfählen und Stoffplanen umgeben waren. Vermutlich wurden sie abends abgebaut.

Es war ein makellos sauberes und gut organisiertes Feldlager, obwohl nirgends ein Diener zu sehen war. Auf einer Seite gab es einen Unterstall mit einem Trog und einer Stange zum Anbinden von Vieh und auf der anderen ein Schilfdach über einer Kochstelle. Eine dünne Rauchfahne stieg von den Feuerkohlen auf, kein Esel war an die Stange gebunden und der einzige Bewohner schien ein Mann in Hemdsärmeln zu sein, der im Schatten unter einer Plane an einem Tisch saß und ohne Unterlass mit seiner Schreibfeder auf Papier kritzelte.

Mit zusammengekniffenen Augen schaute Quin gegen das staubige Sonnenlicht. Mitte fünfzig, stämmig, grau meliertes braunes Haar: Das war auf jeden Fall der Mann, den er jagte, oder zumindest einer von ihnen. Sir Philip Woodward, Baronet, Antiquar, Gelehrter, nachlässiger Ehemann, selbstsüchtiger Witwer und Vater und – sehr wahrscheinlich – ein Verräter.

Aus dem Augenwinkel nahm Quin wallende Gewänder in der sanften Brise wahr. Jemand näherte sich. Er wandte den Blick in Richtung der gewaltigen Tempelsäulen von Kom Ombo, die aus den weiten Sandflächen ragten und gegen die die Lehmhütten des kleinen Fischer- und Bauerndorfes dahinter winzig erschienen. Die Person, die einen Esel führte, musste sich in der Region auskennen, denn sie würdigte den großen Ruinen keines Blickes. Es war eine Frau, erkannte Quin, als sie näher kam. Sie war in das weite Gewand eines dunkelblauen Tob sebleh gekleidet, doch wie die meisten Frauen in Oberägypten trug sie keinen Schleier. War sie eine Dienerin oder die andere Person, die er finden sollte?

Madame Valsac, Witwe von Kapitän Thierry Valsac von der napoleonischen Orientarmee, Tochter von Sir Philip Woodward und vielleicht ebenfalls eine Verräterin. Doch im Gegensatz zu ihrem Vater, dessen Wohlergehen Quins Auftraggebern gleichgültig war, sollte Madame Valsac aus Ägypten geholt und in die Obhut ihres Großvaters gebracht werden – unabhängig davon, ob ihr das gefiel oder auf wessen Seite sie stand.

Hunderte Meilen von der Küste und der einfallenden britischen Armee entfernt, könnte sich das als schwierig erweisen. Sie könnten den gefürchteten, mit Frankreich verbündeten Mamelucken in die Hände fallen, die nach Norden ziehen sollten. Zudem war wieder die Pest in Ägypten ausgebrochen. Das alles hatte die Herren in Gibraltar nicht gekümmert. Quin war ein Diplomat mit Französisch- und Arabischkenntnissen und wusste genug über Antiquitäten, um sich als ein französischer Savant ausgeben zu können – einer der Gelehrten, die Napoleon zurückgelassen hatte, um Ägypten unter dem Schutz seiner unterbezahlten, kranken und schlecht ausgestatteten Armee zu erkunden. Die Herren in Gibraltar glaubten jedenfalls, dass sein Wissen ausreichen würde.

Klassische Antiquitäten, Mylord“, hatte Quin gesagt. „Über Ägypten weiß ich im Grunde gar nichts.“ Noch habe ich Erfahrung darin, Frauen zu entführen, hätte er beinahe hinzugefügt.

„Auf der Überfahrt nach Alexandria werden Sie jede Menge Zeit haben, sich Wissen darüber anzulesen“, hatte sein Vorgesetzter schroff erwidert. „Vergessen Sie nur nicht, dass der Duke of St. Osyth seine Enkelin zurückhaben will – egal, ob sie das Bett mit dem halben französischen Regiment geteilt hat. Um ihren Vater schert sich niemand, doch wenn er ein Verräter ist, müssen wir alle Einzelheiten darüber in Erfahrung bringen. Anschließend können Sie ihn unschädlich machen.“

„Ich bin kein Mörder, Mylord“, hatte Quin mit Nachdruck geantwortet. Auch wenn er ehrgeizig war, war bei Mord für ihn eine Grenze erreicht.

„Dann führen Sie ihn zu einem hungrigen Krokodil oder setzen Sie ihn in der Wüste aus.“

Quin blinzelte, um besser sehen zu können, und stellte fest, dass die schwarzen Punkte vor seinen Augen keine Fliegen waren.

Die Frau und der Esel waren jetzt in der Nähe. Sie sagte etwas, als sie an dem Mann unter dem Vordach vorbeikam, doch er antwortete nicht. Also war sie eine Dienerin.

Sie hielt den Esel an und begann, die Wasserkrüge vom Rücken des Tiers zu heben. Dabei hielt sie die Kraftanstrengung möglichst gering – wie jemand, der an körperliche Arbeit gewöhnt war. Sie füllte den Eimer des Esels und schüttete mehr Wasser in große Vorratskanister. Anschließend trug sie eine Kanne zu einem schattigen Bereich, der an einer Seite offen war und zur Düne, auf der Quin lag, hinausging.

Aufgrund des hartnäckigen Pochens in seinem Kopf brauchte er eine Minute, um zu begreifen, was sie vorhatte. Die Frau zog ihr weites Tob sebleh aus Baumwolle über den Kopf, löste das gewundene Tuch aus ihrem Haar und band die Schärpe um ihre Taille los. Erst in diesem Moment erkannte er, dass sie honigbraunes, welliges Haar hatte, das mit Sicherheit nicht das Haar einer Ägypterin war. Sie stand kurz davor, ihre Untertunika auszuziehen und sich zu waschen.

Quin war kein Mensch, der Frauen beim Baden begaffte wie ein Voyeur oder lästige Baronets an Krokodile verfütterte. Er stand auf – erstaunt darüber, wie rutschig sich der Sand unter seinen Füßen anfühlte. Es war an der Zeit, seinen Plan – so einfach er auch war – in die Tat umzusetzen.

Als er einen Schritt den Abhang hinunterging, wusste er, dass er sich nicht wegen des Bodens wackelig auf den Beinen fühlte. Verdammt, ich bin krank, dachte er, während er auf seine Schritte achtete und die Düne halb hinunterglitt, halb rannte. Als er unten auf den Boden stürzte, durchzuckte ihn ein heftiger Schmerz im Rücken, doch er stand auf und ging torkelnd sechs Schritte auf die Frau zu. Sie rührte sich nicht und gab keinen Laut von sich, sondern stand nur da. Die Hände auf den Knoten ihrer Schärpe gelegt, starrte sie ihn an.

Quin blieb eine Armeslänge von ihr entfernt stehen. „Bonjour“, war alles, was er zustande brachte, bevor die Knie unter ihm nachgaben und er auf den Boden fiel. „Mada…“

Für einen Moment betrachtete Cleo den in eine staubige Dschallabija gekleideten Mann ohne Kopfbedeckung, der vor ihr auf dem Boden lag. Dann seufzte sie und rief: „Vater!“

„Ich arbeite. Ist schon Essenszeit?“

„Nein. Hier ist ein Mann, bewusstlos.“

„Lass ihn.“ Ihr Vater klang verärgert über die Unterbrechung und schien sich nicht im Geringsten für den Fund seiner Tochter zu interessieren. Der zusammengesackte Körper vor ihr war weder eine Tempelruine noch Inschrift oder eine Freske, sondern ein Mensch, weshalb das mangelnde Interesse ihres Vaters nicht unerwartet kam.

„Er wird sterben und dann wird es stinken“, erwiderte Cleo. Nur wenn ihr Vater sich in seiner Behaglichkeit gestört fühlte, würde er etwas unternehmen, das wusste sie ganz genau.

Sie hörte einen unterdrückten Fluch, bevor ihr Vater zu ihr kam. Er stupste den besinnungslosen Mann mit der Stiefelspitze an, woraufhin der Fremde sich leicht rührte. „Nicht tot. Und kein Ägypter. Zweifellos ein Franzose. Wo willst du ihn haben?“

„Ich will ihn nirgendwo haben, aber wenn es sein muss, leg ihn auf das zweite Bett in meinem Gemach.“ Cleo ging darauf zu, schob die Wandbehänge beiseite und nahm die überschüssige Bettwäsche und ein paar Kleidungsstücke von dem besagten Bett, sodass nur noch die dünne Baumwollunterlage und der Überwurf darauf lagen. Als sie zurückkam, hatte ihr Vater den Mann unter den Achseln hochgehoben und zog ihn über den Boden. Das Gesicht des Fremden zeigte dabei nach unten.

Ihr kam eine unangenehme Möglichkeit in den Sinn. „Gibt es Schwellungen?“

„Was?“ Ihr Vater ließ den reglosen Körper fallen, sodass er auf den Boden prallte.

Cleo zuckte zusammen. Jetzt musste sie sich auch noch um eine blutende Nase kümmern. „In seinen Achseln. Wenn er die Pest hat, sind sie geschwollen.“

„Nein. Aber er hat Fieber.“ Ihr Vater machte sich wieder daran, den Mann ins Innere zu ziehen. Cleo packte die langen Beine des Fremden, als ihr Vater das Bett erreicht hatte. Gemeinsam hoben sie den Fremden hoch und drehten ihn auf den Rücken. Auf wundersame Weise war seine markante Nase nicht gebrochen.

„Dann wohl ein Hitzschlag“, diagnostizierte Cleo. Auf seinem linken Ärmel war ein dunkler trockener Fleck. „Und eine Wunde.“ Ihr Vater wandte sich bereits ab. „Ich muss ihn ausziehen.“

„Du warst eine verheiratete Frau. Du schaffst das schon“, erklang die Stimme ihres Vaters hinter den Vorhängen. Bis zum Essen würde er sich wieder in seine Briefe vertiefen.

„Ich war vielleicht verheiratet“, murmelte Cleo, während sie ihren Handrücken auf die breite, heiße Stirn des Mannes hielt, „aber nicht mit dem hier.“ Sie zog ihm die Sandalen aus, was noch einfach war. Dann drehte sie den reglosen, schweren Körper hin und her und zerrte an dem Baumwollgewand, bis sie es ihm über den Kopf gestreift hatte. Dabei riss die Schnur, die seine dünne Baumwollhose zusammenhielt, weshalb Cleo sie ebenfalls auszog. Um seine Taille war ein Gürtel mit einer schweren Ledertasche voller Münzen geschnallt. Sie legte sie beiseite, bevor sie einen Schritt zurückmachte, um das Ausmaß des Problems zu erfassen.

Es war nicht gerade klein. Der Mann hatte eine große Statur, breite Schultern und war blond und schlank. Er erweckte den Eindruck, als hätte er vor Kurzem die wenigen Fettreserven verloren, die er vielleicht gehabt hatte. Seine Bauchmuskeln traten so deutlich hervor, als wären sie von einem meisterhaften Bildhauer geformt. Er war auf jeden Fall ein Prachtstück von einem Mann. Der Bildhauer hätte ihn vielleicht mit einem großen Feigenblatt bedecken sollen, wenn er schon einmal dabei gewesen war.

Sie war vielleicht verwitwet, aber sicherlich nicht so abgebrüht, dass der Anblick eines nackten Fremden sie unberührt gelassen hätte. Nicht bei einem Mann mit diesem Aussehen. Cleo richtete den Blick auf seinen Arm, wo sich eine tiefe, offene Wunde von der Schulter bis zum Ellbogen zog. Sie schüttelte sich leicht und besann sich auf das, was nun zu tun war.

Die Wunde stammte von einem Schuss, nicht von einem Messer, wie sie feststellte, als sie den entzündeten Rand der roten, nässenden Verletzung betrachtete. Beim Ausziehen war sie erneut aufgerissen, war jedoch offenbar nie sauber verheilt. Zuerst musste Cleo ihm etwas Wasser einträufeln, anschließend seine Temperatur messen und dann überlegen, was sie mit seinem Arm tun sollte. Es gab keinen Arzt in der kleinen französischen Militäreinheit, die am anderen Ende des nächstgelegenen Dorfes ihr Lager errichtet hatte. Von dort konnte sie keine Hilfe erwarten.

Der Mann trank gierig aus der Tasse, die sie ihm an die Lippen hielt, während sie ihm mit der anderen Hand den Kopf stützte. Das Wasser schien ihn ein wenig zu beleben.

„Langsam. Sie dürfen nicht zu viel auf einmal trinken“, sagte sie, bevor sie sich daran erinnerte, dass er vor seinem Zusammenbruch auf Französisch gesprochen hatte. „Lentement.“

Er warf den Kopf hin und her, als sie das Wasser wegstellte, doch die Augen öffnete er nicht. Jetzt musste sie ihn abkühlen und zudecken. Sie würde seinen Arm versorgen, sobald sie ihrem Vater sein Essen vorgesetzt hatte.

„Sie, Monsieur“, sagte Cleo auf Französisch, als sie ein Laken ausschüttelte und in einen Eimer Wasser tauchte, „kommen mir überhaupt nicht gelegen. Wenn ich einen Wunsch frei hätte, wäre das Letzte, das ich mir wünschen würde, mich um noch einen Mann zu kümmern.“ Sie holte das tropfende Laken aus dem Eimer und legte es über den verwirrenden nackten Körper. „So ist es besser.“ Zumindest für mich.

Im Halbschlaf überkam ihn seine Lieblingsfantasie. Es war ein angenehmer und zugleich erregender Traum, in dem er mit einer vollkommenen Frau verheiratet war. Er nahm das Rascheln eines Rocks, das leise Tappen von Füßen und gelegentlich – wenn sie sich in der Nähe bewegte – die schwache Note eines weiblichen Dufts wahr. Gleich würde er aufwachen und sie würde an sein Bett treten und ihn anlächeln. Ihre blauen Augen wären warm und liebevoll und ihr Gesicht … Er konnte es sich genau vorstellen: süß, mit schönen weichen Zügen und einem sanften, rosafarbenen Mund.

„Caroline.“ Er würde die Arme ausstrecken und sie würde ihre langen blonden Locken lösen und sich mit unschuldig-aufreizenden Bewegungen ausziehen, sodass er vor Sehnsucht verging, noch bevor sie sich berührt hätten.

Wenn sie sich zu ihm legte, würde sie sich mit ihrem kurvenreichen Körper an ihn schmiegen, so als ob sie für ihn geschaffen wäre. „Oh, Quin“, würde sie flüstern und mit den Händen über seine Brust streicheln und dann tiefer …

Der Geruch von Braten stieg ihm in die Nase. Was dachte sich das Hauspersonal dabei, Küchengerüche bis in sein Schlafgemach dringen zu lassen? Er war Botschafter, verdammt. Die Finger seiner Traumfrau glitten nach unten, erkundeten ihn. Er konnte es sich nicht erklären, dass sich ihre blonden Locken auf seiner Brust nass anfühlten, doch sie lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf sich, als sie sein Gesicht mit ungestümen Küssen bedeckte. Sein Körper reagierte auf vorhersehbare Art und Weise. Er spürte, wie erregt er war. Schon bald würde er in sie eindringen, sie lieben und sie bis zum Rausch der Sinne liebkosen. Danach würden sie tiefsinnige und intelligente Gespräche führen. Sie würden sich für die Gedanken des anderen interessieren und Respekt für die Meinung des anderen haben. Es wäre friedlich und harmonisch.

„Verdammt noch mal!“ Da war zwar eine Frau, aber das war schon alles, was mit seinem Traum übereinstimmte. Ein Schwall an arabischen Kraftausdrücken bestätigte, dass es sich nicht um eine Dame handelte.

Quin stellte fest, dass er wach war, Schmerzen und riesigen Durst hatte und gründlich durcheinander war. „Was …?“, krächzte er. Er konnte kaum seine verfluchten Augen öffnen, doch zum Glück wurde ihm eine Tasse an die Lippen gedrückt.

„Langsam“, sagte eine Stimme auf Französisch. Es war die gleiche Frauenstimme – klar, rau und auf keinen Fall verführerisch, vielmehr unsympathisch. Das Wasser wurde weggestellt.

„Danke“, brachte Quin zustande und blinzelte durch müde Lider zu ihr auf. Und das ist auf keinen Fall die Frau meiner Träume, dachte er froh darüber, dass ihn sein Humor trotz dieser Notlage nicht verlassen hatte. Sie war groß, schlank, braunhaarig und hatte eine lange gerade Nase. Ihr Gesichtsausdruck verriet, dass sie ihre Ungeduld kaum zurückhalten konnte. Bestimmt war sie intelligent. Aber nicht anschmiegsam, süß und kurvenreich. „Mehr?“, fragte er hoffnungsvoll. „Äh … encore?“ Er musste den Mund halten, wenn er nicht gerade trank, bis er wieder klar denken konnte.

„Sie sollten für einige Minuten kein Wasser mehr trinken. Das ist bei großem Durst gefährlich. Sie sind kein Franzose.“

Also musste er schon jetzt anfangen zu denken. „Amerikaner. Können Sie das glauben?“, fragte er.

„Tatsächlich?“ Offenbar tat sie es. Zwar ließ sie die Augenbrauen in die Höhe schnellen, schien die Idee jedoch nicht anzuzweifeln. Die Amerikaner waren natürlich Verbündete Frankreichs.

„Es ist lange her, dass ich Boston gesehen habe“, fuhr Quin fort. Zumindest war es lange her, dass er seine Vettern im gleichnamigen Hafen des englischen Lincolnshire besucht hatte. Gelegentlich zog er für sein Land in den Kampf – das war unvermeidlich –, doch nach Möglichkeit vermied er es zu lügen. In der Regel war eine kleine Irreführung ausreichend. Die Lider fielen ihm zu, doch er riss sie wieder auf, als er bemerkte, dass sein Körper nicht nur schmerzte, sondern ihm auch sehr warm war.

„Wer hat mich ausgezogen?“ Er lag nackt unter einem nassen Laken, das von der Brust bis zu den Zehen reichte.

„Ich“, entgegnete seine widerwillige Pflegerin in spitzem Ton. „Ich bitte Sie“, fügte sie hinzu, als er unwillkürlich das obere Ende des Lakens umklammerte. „Sie müssen nicht rot anlaufen. Ich bin eine Witwe und kann Ihnen versichern, dass ein Mann für mich wie der andere aussieht.“

Quin hörte auf, die Zähne aufeinanderzupressen. Verdammt, er war nicht rot angelaufen. „Ich kann Ihnen versichern, Madame, dass eine Frau für mich nicht wie die andere aussieht.“

„Wäre es Ihnen lieber, wenn ich Sie hätte sterben lassen? Ich habe keine Vergleiche angestellt. Sie können also ganz beruhigt sein.“ Jetzt war sie belustigt, auch wenn sie nicht lächelte. Er konnte es an der Art und Weise erkennen, wie sie die Augen zusammenkniff, und auf ihrer Wange bildete sich ein leichtes Grübchen. Dann ließ sie den Blick über seinen zugedeckten Körper wandern. Er würde doch noch rot anlaufen. „Dieses Laken ist gleich trocken. Ich sollte es wechseln, bevor ich mich um Ihren Arm kümmere.“

Er hörte, wie sie etwas in Wasser tauchte, wie ihre Röcke raschelten, wenn sie sich bewegte. Quin hielt den Saum seines Lakens fest umklammert, erstaunt über seine Schamhaftigkeit. Wassertropfen fielen auf sein Gesicht, als sie das durchtränkte Laken über ihm ausbreitete. „Halten Sie das obere fest“, wies sie ihn an und zog mit einem kräftigen Ruck das untere Laken vom Fuß des Bettes weg. Er blieb bedeckt, doch das nasse Laken schlug gegen seine Männlichkeit.

Quin biss die Zähne zusammen, um nicht das Wort auszusprechen, das ihm auf der Zunge lag, und lockerte seinen eisernen Griff um den Saum. Als er flüchtig an sich hinabsah, erkannte er missmutig, dass er genauso gut mit weißer Farbe hätte bedeckt sein können, so wie sich der feuchte Stoff an seinen Körper schmiegte. Was um alles in der Welt war nur los mit ihm? Er verfügte über ausreichend Erfahrung mit Frauen und hätte nicht wie eine Jungfrau erröten dürfen, nur weil eine ihren Blick über seinen Körper schweifen ließ.

Andererseits war die Frau, die jetzt auf ihn zuging – einen Becher und einige unangenehm scharf aussehende Gegenstände in der Hand, wohl kaum eine quirlige Dirne.

„Sie können noch etwas Wasser trinken, bevor ich Ihren Arm säubere.“ Sie setzte sich neben ihn auf einen Hocker, und Quin griff schnell nach dem Becher, bevor sie ihn an seine Lippen führen konnte.

„Es ist nur ein Kratzer von einer Kugel.“

„Es ist eine klaffende Wunde, in die ich meinen Finger legen könnte, und sie ist entzündet. Ich habe keine große Lust, Ihnen den Arm zu amputieren.“

„Nur über meine Leiche!“ Quin gelang es gerade noch, sich nicht am Wasser zu verschlucken. Zur Hölle mit dieser Frau. Er konnte sich gut vorstellen, dass sie dazu imstande wäre und ihr schreiendes Opfer ans Bett fesseln würde.

„Ihre Entscheidung.“ Sie zuckte mit den Schultern.

„Also gut.“ Quin reichte ihr den Becher und schob das Laken von seinem linken Arm. Er hatte sich aufrichten wollen, doch nach einem Blick auf die eitrige Wunde war er froh, auf dem Rücken zu liegen. Das würde alles andere als angenehm werden, und er wollte dieser Frau nicht die Genugtuung geben, vor ihr in Ohnmacht zu fallen.

2. KAPITEL

Madame Valsac scheint sich auszukennen, dachte Quin. Sie verfügte über eine Auswahl an unangenehm scharfen und sauberen Instrumenten, warmes Wasser sowie Schwämme und Tücher. Als sie sich umdrehte und ihn betrachtete, war er für einen kurzen Moment abgelenkt und überlegte, welche Augenfarbe sie hatte. Grau oder grün oder grünlich? Grün-grau … Verstohlen umfasste er mit der anderen Hand das Bettgestellt und musterte ihr rechtes Ohr. Es war ein hübsches Ohr. Ihr Haar hatte sie dahintergeklemmt. Es war schön und elegant geformt – verdammt!

„Wie heißen Sie?“

Sie stellt ihrem Patienten Fragen, um ihn abzulenken, dachte Quin und hielt den stechenden Schmerz im Stillen aus. „Quintus Bredon“, antwortete er, als er wieder Luft holen konnte. „Sie können mich Quin nennen.“ Es war gut, einen Teil seines echten Namens zu nutzen. So geschahen weniger Fehler. „Und Sie?“ Er wusste genau Bescheid, denn bei Woodward konnten nicht zwei Frauen ihres Alters leben, doch die Frage war nötig, um die Farce aufrechtzuerhalten. Außerdem hatte man ihm nicht ihren Vornamen genannt. Da sie ihn splitternackt ausgezogen hatte, sollte doch bereits ein gewisses Maß an Vertrautheit zwischen ihnen entstanden sein.

„Madame Valsac. Sie können mich Madame nennen.“

Vielen Dank, Madame!

Als sie sich seiner Wunde zuwandte, wurde ihm schwarz vor Augen, doch dann minderte sich der schlimmste Schmerz plötzlich. „So, das ist jetzt sauber. Wie ist das passiert?“

„Ich stellte mich in die Schusslinie einer Gruppe Beduinenräuber.“ Quin ahmte die gleichgültige Höflichkeit ihres Tons nach. „Es war leichtsinnig von mir, aber als ich wieder aufwachte, hatten sie meine Kamele und alle meine Sachen mitgenommen.“

„Das war tatsächlich leichtsinnig.“ Sie begann, einen Verband um seinen Arm zu legen. „Waren Sie allein? Was hat ein Amerikaner in Ägypten zu suchen?“

„Ich war mit einer kleinen Gruppe von Ingenieuren unterwegs, doch ich wollte weiter südlich reisen, um den Flussverlauf zu erforschen, und die anderen wollten noch ein paar Tage an einem anderen Ort bleiben. Ich interessiere mich für den Bau von Staudämmen.“ Es führte kein Weg darum herum, ihr eine Geschichte darüber zu erzählen, was ihn nach Ägypten verschlagen hatte. Während der Überfahrt hatte er sorgfältig Bücher gelesen, die von Pharaonen, seltsamen Gottheiten, unlesbaren Hieroglyphen und abstrusen Theorien handelten. Einen Gelehrten könnte er in Bezug auf seinen Wissensstand nicht täuschen. Es war besser, ein Fachgebiet zu nennen, das er zumindest auf Englisch besprechen könnte.

„Ich wusste nicht, dass unter den Savants des Kaisers auch Amerikaner sind.“ Zielstrebig band sie einen Knoten und bettete seinen schmerzenden Arm wieder auf die Matratze. „Es wird Sie freuen zu hören, dass sich eine kleine Truppe in Shek Amer aufhält, direkt südlich von uns. Sie würden bestimmt gern Ihre Bekanntschaft machen.“

„Zweifellos.“ Verdammt, das hatte ihm gerade noch gefehlt. Der Plan sah vor, Woodward und seine Tochter davor zu warnen, dass die Mamelucken aus dem Süden vordrangen. Das entsprach tatsächlich der Wahrheit, obwohl er nicht vorhatte, ihnen die restlichen Fakten mitzuteilen, nämlich dass sie die Franzosen unterstützten, die in Kairo von den verbündeten Briten und Türken belagerten wurden. Niemand – französischer Verbündeter hin oder her – würde sich in den Weg der tödlichen Reitermilizen der Mamelucken unter Murad Bey stellen wollen. Quin hatte Woodward und Madame Valsac davon überzeugen wollen, ein Schiff gen Norden zu nehmen, ohne ihnen zu sagen, dass sie den Briten direkt in die Arme laufen würden.

Jetzt musste er sich mit französischen Soldaten herumschlagen, die wissen würden, dass es keine Ingenieure in der Region gab, und die vielleicht sogar die Nachricht erhalten hatten, dass General Abercrombie dabei war, die Franzosen aus Alexandria zu vertreiben. Zudem würden sie höchstwahrscheinlich ebenfalls wissen, dass es keine Amerikaner in dem bunt gemischten Kreis aus Gelehrten, Wissenschaftlern, Ingenieuren und Künstlern gab. Vor zwei Jahren hatte ihr geliebter Napoleon sie im Stich und bei der Armee gelassen. Napoleon war nach Frankreich zurückgekehrt und hatte den Staatsstreich durchgeführt, der ihm absolute Macht verliehen hatte. Seine Generale hatte das gleiche Schicksal wie die Gelehrten ereilt.

Quin musterte die Frau, die er immer mehr als seine Gegnerin betrachtete, während sie neben ihm stand und anfing, ihre Utensilien zu reinigen. Sie war eine Frau, die sich nichts vormachen ließ, und anscheinend unbeirrbar, wenn nicht gar gefühlskalt. Es wäre nicht leicht, sie in Angst und Schrecken zu versetzen und zur Flucht anzustiften. Im schlimmsten Fall müsste er ein Schiff stehlen, sie entführen und ihren Vater allein zurücklassen.

Madame Valsac blieb an der Tür stehen und schaute über die Schulter. Sie stand im Licht, sodass die Silhouette ihrer Figur unter dem leichten Stoff ihres Gewands zu sehen war. Seinem Körper schien die Gefahr durch die nahe stationierten französischen Truppen, der Hitzeschlag, das Fieber und seine Gefühle bezüglich des Charakters dieser Frau nichts auszumachen, denn er regte sich wie von selbst unter dem schweren nassen Laken.

„Stimmt etwas nicht?“, fragte sie. „Ich dachte, ich hätte Sie stöhnen gehört. Ich habe Opium, wenn der Schmerz sehr schlimm ist.“ Ihr Ton legte nahe, dass sie ihn am liebsten besinnungslos geschlagen hätte, damit er ihr nicht noch mehr Mühe bereitete.

„Nein, alles gut“, log Quin, die Augen geschlossen. „Es ist alles in Ordnung.“ Hierfür bin ich nicht in den diplomatischen Dienst gegangen …

Tatsächlich hatte er eine Diplomatenlaufbahn eingeschlagen, weil er sich nicht auf seinem Titel als fünfter und überaus ungewollter Sohn eines Marquess hatte ausruhen wollen, auch wenn er über ein bescheidenes Anwesen und ein ebenso bescheidenes Einkommen verfügte. Seine vier älteren Brüder – alles Wunschkinder mit richtigen Namen – nahmen alle ihre Rollen ein. Henry war der Erbe, der gerade lernte, ein Marquess zu sein. James, der Zweitgeborene, übte in der verbleibenden Zeit, die rechte Hand eines Marquess zu sein, und hatte einen straffen Zeitplan voller Termine mit Dirnen, Spielen und körperlicher Betätigung. Charles war Oberst bei der Leibgarde und sah in seiner Uniform so gut aus, dass man vergaß, dass er nichts im Kopf hatte. George war ein Geistlicher, der sich in der kirchlichen Hierarchie mit unchristlicher Entschlossenheit seinen Weg nach oben kämpfte, um eines Tages den Bischofsthron zu besetzen.

„Für dich kommt nur die Marine infrage, Quintus“, hatte Lord Deverall, Marquess of Malvern, an Quins vierzehntem Geburtstag verkündet. Es war eine praktische Idee gewesen, seinen Fünftgeborenen nach einer Zahl zu benennen. So konnte er sich immer an seinen Namen erinnern.

„Nein, Mylord.“ Er war es nicht gewöhnt, dem Marquess zu widersprechen, weil der Mann es nach Möglichkeit vermied, mit dem Kuckucksei, das ihm ins Nest gelegt worden war, zu reden. Die Gelegenheit ergab sich daher nur sehr selten. „Ich bin nicht gut in Mathematik und das ist sehr wichtig für einen Marineoffizier“, erklärte er.

Der Marquess of Malvern funkelte ihn wütend an. Er hatte eine stattliche, schlanke Figur, rotblondes Haar und eine stolze Haltung. Henry, James, Charles und George kamen alle nach ihm. Quintus war groß und blond und dem Liebhaber seiner Mutter – Viscount Hempstead – unangenehmerweise wie aus dem Gesicht geschnitten. Kühn erwiderte er den strengen Blick des Marquess. „Was zum Teufel soll ich sonst mit dir machen?“, fragte der Marquess.

„Ich bin gut in Sprachen“, entgegnete Quin. „Ich werde Diplomat.“ So war es auch gekommen. Der Marquess hatte ihm einen entsprechenden Privatlehrer gestellt, seinen Abschluss in Oxford unterstützt und im Auswärtigen Amt Gefallen eingefordert, damit er sich nicht mehr um Lord Quintus Bredon Deverall kümmern musste. Quin war genau da gewesen, wo er hatte sein wollen: Wenn er es richtig anstellte, sah seine Laufbahn einen Botschafterposten oder eine hohe Stellung in der Regierung vor. Er würde über seinen eigenen Titel verfügen und könnte sich vollkommen unabhängig von seiner Familie eine Existenz aufbauen.

Jetzt bin ich hier, mitten in dieser gottverlassenen Wüste. Im Norden und Süden herrscht Krieg, und die Pest plagt das Land von geradezu biblischem Ausmaß. Wenn ich Soldat hätte sein wollen, hätte ich besser schießen gelernt. Wenn ich Arzt hätte sein wollen, hätte ich in Naturwissenschaften besser aufgepasst, und wenn ich tagelang durch die Wüste hätte streifen wollen, wäre ich ein Kamel geworden. Dann grinste er. Trotz allem war es eine interessante Abwechslung zu den endlosen Verhandlungen, diplomatischen Abendessen und dem Entschlüsseln von Briefen in sechs Sprachen. Madame Valsac war ihm ein Dorn im Auge, doch er war zuversichtlich, dass er mit Woodward umgehen konnte. Wie schwierig konnte es sein, einen Gelehrten, aus dem ein unfähiger Spion geworden war, in die Irre zu führen?

„Nein“, sagte Sir Philip geradeheraus, ohne von dem Brief aufzusehen, den er gerade las. „Du wirst dich jetzt nicht herumtreiben, um mit Offizieren zu kokettieren. Wer soll sich um den verdammten Mann kümmern? Du hast ihn heute anscheinend den ganzen Tag gepflegt. Wer wird mein Abendessen kochen? Außerdem muss ich mir Notizen machen, wenn ich den Innenhof des Tempels ausmesse.“

„Ich gehe ins nächste Dorf, nicht nach Kairo, Vater. Ich will gar nicht mit französischen Offizieren kokettieren – einer hat mir gereicht. Ich werde rechtzeitig zurück sein, um dein Abendessen zuzubereiten, denn ich will gleich nach dem Frühstück aufbrechen. Wenn Mr. Bredon morgen noch nicht aufstehen kann, werde ich ihm Wasser und Essen ans Bett stellen.“

Sicherlich würde es ihm in vierundzwanzig Stunden schon besser gehen, und sie würde ihr Schlafgemach wieder für sich allein haben. Es war anstrengend gewesen, jede Stunde aufzustehen, um ihm das Gesicht zu waschen und ihm Wasser einzuflößen. Trotz ihrer Müdigkeit war es ihr danach jedes Mal seltsam schwergefallen, wieder einzuschlafen. Die Anwesenheit von Mr. Quin Bredon, wie er sich nannte, war verwirrend, auch wenn er sich im Dämmerzustand befand und Fieber hatte. Wer weiß, wie er wäre, wenn er wieder ganz bei Kräften war. Die Aussicht auf eine weitere Nacht mit ihm erschien ihr nicht sonderlich erfreulich.

Cleo fegte die letzten Sandkörner von der Matte, auf dem der Klapptisch ihres Vaters stand, und legte seine Unterlagen in eine Blechschachtel. Bald würde er sein Abendessen haben wollen, doch es gab noch Reste des Zickleinbratens, Fladenbrot und Datteln und es würde nicht lange dauern, das aufzuwärmen. Wenn er sich mit einem Buch in sein Bett zurückzog, würde sie aufräumen, dem Esel wieder etwas zu trinken und zu fressen geben, die Zeltplanen einholen, nach ihrem Patienten sehen und schließlich ebenfalls ins Bett gehen.

„Mr. Bredon kann die Offiziere selbst besuchen“, bemerkte eine tiefe, leicht heisere Stimme. Cleo ließ den Deckel der Schachtel los, der ihr beinahe auf die Fingerspitzen gefallen wäre. Der Amerikaner lehnte, nachlässig in eine Art Toga gekleidet, gegen den Zeltpfeiler. Er hatte Augenringe, und mit der rechten Hand stützte er sein linkes Handgelenk, doch seine blauen Augen waren klar, und seine Haut hatte ein gesundes Aussehen.

„Entschuldigen Sie, Sir, aber es war mir noch nicht möglich, Madame Valsac nach Ihrem Namen zu fragen“, fuhr er so gewandt und höflich fort, als hätte er gerade einen Salon betreten.

Cleo riss sich zusammen. Die Situation wurde etwas unüberschaubar und das gefiel ihr nicht. Mr. Bredon sollte im Bett liegen, damit sie wusste, wo er war und was er tat. Wenn er dafür sorgte, dass sich sein Zustand verschlechterte, würde sie ihn nur noch länger pflegen müssen. „Das ist Mr. Quintus Bredon, der im Bett sein sollte, Vater.“ Mr. Bredon lächelte leicht. „Er ist Amerikaner und wurde von Beduinenräubern überfallen“, erinnerte sie ihn. „Mr. Bredon, das ist mein Vater, Sir Philip Woodward.“

„Sir Philip.“ Dem verdammten Kerl gelang es sogar, sich auf annehmbare Art und Weise zu verbeugen, während er seine Toga festhielt. „Ich muss Ihnen für Ihre Gastfreundschaft danken. Gestatten Sie mir die Frage, welcher Tag heute ist?“

„Sie sind gestern in etwa um diese Uhrzeit angekommen“, erwiderte Cleo, während sie den Besen nahm. „Seitdem hatten Sie Fieber. Ich schlage vor, Sie legen sich wieder hin.“

Räuspernd deutete ihr Vater auf den anderen Klappstuhl. „Unsinn. Er ist jetzt auf den Beinen, nicht wahr? Sind Sie ein Gelehrter, Sir? Was wissen Sie über diesen Stein, der vor achtzehn Monaten in Rosetta ausgegraben worden sein soll? Ich bekomme von niemandem eine stichhaltige Information und konnte ihn mir in Kairo nicht ansehen.“

„Natürlich habe ich davon gehört, Sir Philip, aber ich habe ihn in Kairo auch nicht zu Gesicht bekommen.“ Eine Augenbraue hochgezogen, sah Bredon Cleo an und zeigte auf den Stuhl. Sie schüttelte den Kopf, machte eine unwirsche Handbewegung und bedeutete ihm Platz zu nehmen. Er war zu schwer, als dass sie ihn vom Boden hätte hochheben können, wenn er wieder in Ohnmacht gefallen wäre. Stirnrunzelnd nahm er Platz. „Ich bin Ingenieur. Leider weiß ich nichts darüber und auch nicht über Hieroglyphen-Symbole.“

„Ja, aber sind es denn Symbole?“

Cleo verdrehte die Augen und ging weg, sodass ihr Patient allein mit ihrem Vater zurechtkommen musste. Er war gewiss nicht in der Lage, einen strategischen Rückzug anzutreten – so wie Thierry es immer getan hatte, wenn er militärische Angelegenheiten vorgeschoben hatte. Sie hatte nicht die Zeit zu warten, während ihr Vater seinem neuen Opfer Vorträge hielt. Abgesehen davon sollte sie wohl seine Kleidung waschen und ausbessern, wenn er schon aufgestanden war. Bei der Vorstellung, wie Mr. Bredon wie ein moderner Julius Caesar nur in eine Toga gekleidet das französische Lager betrat, hätte sie beinahe innegehalten. Es war ein lustiger Gedanke, aber vielleicht nicht zweckdienlich.

Sie warf die Dschallabija und seine Baumwollhose in den Waschbottich, gab etwas ihres kostbaren Seifenvorrats hinein und wusch sie so lange, bis sie sauber waren. Anschließend hängte sie die Kleidung über eine Zeltstange, wo sie innerhalb von einer Stunde trocknen würde. Dann fand sie eine neue Schnur für die Hose und ein Stück weiße Baumwolle, das als Turban dienen würde. Offenbar wusste Mr. Bredon nicht, dass er im gleißenden Sonnenlicht seinen Kopf bedecken musste.

„Magische Symbole …“, hörte sie die Stimme ihres Vaters von der anderen Seite des Zeltlagers. „Das sehe ich anders. Offenbar ist es eine geheime Priesterschrift …“

Beinahe hätte sie Mitleid mit Mr. Bredon gehabt. Beinahe. Cleo zog sein Bettgestell in die hinterste Ecke des Zelts und stellte es schließlich neben die Staukästen. Wenn es ihm gut genug ging, um sich mit ihrem Vater zu unterhalten, musste sie sich zum Glück nicht die ganze Nacht in ihrem Schlafgemach um ihn kümmern. Sie entfernte die nasse Baumwolldecke, auf der er gelegen hatte, und bezog das Bett neu. Anschließend ging sie wieder in ihr Gemach, um aufzuräumen. Unordnung hasste sie mehr als alles andere. Und Sand. Am meisten Sand.

„Chinesisch?“ Das war Mr. Bredon. Vater musste ihm seine Theorie, dass die ägyptische Schrift vom Chinesischen abstammte, erklärt haben. Oder war es umgekehrt?

Cleo gab dem Esel wieder zu trinken und warf ihm die letzten welken Grasbüschel hin, die sie am Morgen am Ufer gepflückt hatte. Am kommenden Tag würde sie auf dem Rückweg vom Militärlager mehr holen. Ihr Rücken schmerzte, und sie lehnte sich einen Moment an das graue Hinterteil des kleinen Tiers, um es am Rücken zu streicheln – so wie der Esel es mochte. „Deine Arbeit ist für heute getan“, informierte sie ihn. Jetzt war es Zeit für das Abendbrot.

Quin sah, wie Madame Valsac Honig von einem Glas auf einen Teller schöpfte. Sie wirkte konzentriert und erschöpft zugleich, schien jedoch alles mit viel Liebe zum Detail zu erledigen. Seine Kleidung hatte er sauber und von der Sonne getrocknet vorgefunden, seine Unterwäsche war ausgebessert worden und seine Sandalen lagen neben einem Turbanstoff ordentlich auf seinem Bett, das sie allein in das andere Zimmer gezogen haben musste und frisch bezogen hatte.

Der Esel mampfte zufrieden die letzten Reste seines Futters. Das Zeltlager war in jeder Hinsicht sauber, und der Klapptisch war für ein einfaches Abendessen gedeckt. Quin hatte in der letzten Stunde nichts anderes getan, als Sir Philips Vortrag über ägyptische Antiquitäten zuzuhören und zu versuchen, in der abendlichen Hitze wach zu bleiben.

Er kleidete sich um, band sich eine Schlinge aus Stoff um den Arm und ging wieder hinaus, während er gegen die flüchtigen Schwindelanfälle ankämpfte und seine Kurzatmigkeit verfluchte. Am anderen Ende des Tisches stand ein Korb voller Besteck mit Elfenbeingriffen und er begann, mit einer Hand den Tisch zu decken.

„Das müssen Sie nicht tun. Sie sollten sich ausruhen.“ Ihre kühle, sachliche Stimme wies auf keinerlei Müdigkeit hin, doch sie versuchte nicht, ihm den Korb abzunehmen.

„Ich habe mich während der Unterhaltung mit Sir Philip ausgeruht.“

„Ich bezweifele, dass es eine Unterhaltung war. Neue Zuhörer kommen ihm immer sehr gelegen. Hier, setzen Sie sich.“ Sie füllte zwei Trinkbecker, schob einen über den Tisch in seine Richtung und nahm so vorsichtig Platz, als würden ihr die Knochen wehtun.

So ist es wahrscheinlich auch. Wie alt sie wohl ist? Quin bedankte sich für das Getränk und setzte sich ihr gegenüber, während er versuchte, sich an seine Einweisung zu erinnern. Erst dreiundzwanzig. Er nahm einen Schluck. „Das schmeckt gut.“

„Granatapfelsaft.“ Sie saß eine Zeitlang reglos da, die Finger um den Trinkbecher geschlossen, als hätte sie vergessen, wozu er da war. Dann nahm sie einen großen Schluck und rief: „Vater! Abendessen.“ Sie senkte die Stimme. „Es braucht mehrere Aufforderungen, bevor er kommt. Bis dahin haben Sie Ihre Ruhe.“ Wieder war flüchtig ein leichtes Grübchen auf ihrer weichen, sonnengebräunten Wange zu sehen, und sie kniff die müden Augen zusammen. Bisher hatte er sie noch nicht richtig lächeln gesehen.

„Wie halten Sie das aus?“, fragte Quin unvermittelt und beobachtete, wie alle Belustigung aus ihrem Gesicht wich. Je schneller er sie hier herausholte und zurück in das Umfeld brachte, in das sie gehörte, desto besser.

„Die Hitze?“ Sie war schlagfertig, denn er hätte schwören können, dass sie genau wusste, was er meinte. Wie halten Sie dieses Leben, diesen Mann, die Einsamkeit und die ständige Arbeit aus? „Ich bin daran gewöhnt. Wir sind jetzt seit fünf Jahren in Ägypten, und man lernt so zu leben, wenn es keine Alternative gibt.“

Hatte sie damit nicht auf seine eigentliche Frage geantwortet? „Wie ist Ihr Vorname?“

Sie zog die Augenbrauen hoch, als wollte sie ihn für seine schlechten Manieren tadeln, doch diesmal wich sie seiner Frage nicht aus. „Augusta Cleopatra Agrippina“, sagte sie gefasst und wartete offenbar auf seine Reaktion.

Quin enttäuschte sie nicht. „Meine Güte! Was haben sich Ihre Eltern dabei gedacht?“

„Damals waren wir zwar schon in Griechenland, doch Vater war noch in seiner römischen Phase. Ich bezweifele, dass Mutters Wort irgendwie ins Gewicht fiel. Es kommt darauf an, wie man es betrachtet. Ich hatte Glück, dass er sich damals nicht für Ägypten interessierte, sonst würde ich jetzt wahrscheinlich Bastet oder Nut heißen.“

Von Bastet, der Göttin mit dem Katzenkopf, hatte er schon gehört. „Nut“?

„Die Göttin des Himmels, die jeden Abend die Sonne schluckt und sie jeden Morgen wieder zur Welt bringt. Vater!

Quin wollte sich dieses Bild lieber nicht vorstellen. „Mit welchem ihrer eindrucksvollen Namen werden Sie gerufen? Wie nennt Ihr Vater Sie?“

„Tochter! Wo sind meine Handtücher?“

„Auf deinem Bett“, rief sie zurück. „Wie Sie hören, erinnert er sich meistens nicht an meinen Namen. Er ist zu sehr in Gedanken, in seiner eigenen Welt. Wahrscheinlich erinnert er sich auch nicht oft daran, dass Mutter oder mein Mann tot sind. Mein Mann nannte mich Cleopatra. Das bereitete ihm irgendwie Freude.“

„Die Königin des Nils“, murmelte Quin.

„Genau. Sehr passend, finden Sie nicht?“

3. KAPITEL

Königin des Nils? Ja, sehr passend, hätte Quin am liebsten auf ihren bitteren Scherz erwidert. Mit dieser gebieterischen Nase und den hohen Wangenknochen sehen Sie aus wie eine unnahbare Königin. Eine Königin im Exil, die sich als Dienstmagd tarnt. Ihm blieb eine Antwort erspart, da Sir Philip aus dem Zelt trat. Mit einer Hand steckte er sein sauberes Hemd fest und mit der anderen strich er sich durch das nasse Haar.

Wortlos nahm er Platz und griff nach der Fleischplatte. Madame … Nein, Cleo – beschloss Quin – stellte einen Teller vor ihren Vater und reichte auch ihm einen. Dann bedeutete sie ihm, sich zu bedienen. Ihm lief das Wasser im Mund zusammen.

„Sie sollten versuchen, etwas zu essen. Es ist wahrscheinlich eine Weile her, seit Sie zuletzt gegessen haben.“

„Ja, am Anfang hatte ich Hunger, aber irgendwann hat sich das gelegt.“ Nachdem die Beduinen ihm seine Kamele gestohlen hatten, war er zwei Tage lang zu Fuß unterwegs gewesen und hatte nichts anderes als eine kleine Wasserflasche bei sich gehabt. Die Tage zuvor hatte er nur wenig zu sich genommen, da er es zu eilig gehabt hatte, um sich irgendwo niederzulassen und eine anständige Mahlzeit zu kochen.

„Das hat mit dem Hitzschlag zu tun. Sie müssen sich morgen ausruhen.“

„Das werde ich heute Nacht tun. Morgen werde ich Bekanntschaft mit Ihren Nachbarn vom Militär schließen.“

„Das wäre unklug. Ich kann sie fragen, was ich mit Ihnen tun soll.“

Sie würden mich als Spion erschießen, wenn sie wüssten, wer ich bin. „Wenn ich fortgehen soll, Madame Valsac, würde ich das lieber selbst arrangieren.“

„Na schön. Ich werde nicht hingehen und allein werden Sie sie nicht ausfindig machen.“ Entschlossen biss sie in ein Stück Fladenbrot, als wollte sie jede weitere Diskussion unterbinden.

Ich muss sie durcheinanderbringen. Versucht sie, mich vom Militär fernzuhalten, weil sie sich selbst in einer kompromittierenden Lage befindet, oder will sie mich lediglich wegen meiner Verletzung schonen?

„Nein, ich will, dass du gehst, Tochter“, verkündete Sir Philip, der – ohne mit der Wimper zu zucken – seine Meinung geändert hatte. „Du sollst meine Briefe in den Norden schicken. Mein Schreiben an Professor Heinemann ist fertig.“

Briefe? „Sind die Franzosen so entgegenkommend, den Postboten für Sie zu spielen, Sir Philip?“, fragte Quin in ungezwungenem Ton, während er sein Brot mit Ziegenkäse belegte.

„So ist es.“ Der ältere Herr nickte. „Ein gutes Beispiel für die Zusammenarbeit zwischen Gelehrten. Als Général Menou davon hörte, dass ich Schwierigkeiten mit dem Empfang meiner Briefe hatte, sorgte er dafür, dass sie über Alexandria verschickt werden.“

Und wie hat der General davon erfahren? Vorerst wollte Quin diese Frage lieber zurückhalten. Er glaubte, die Situation nun mehr oder weniger gemeistert zu haben, und wollte nicht die Kontrolle darüber verlieren. „Sie haben internationalen Briefverkehr?“, fragte er und versuchte, dabei so bewundernd wie möglich zu klingen.

Er hätte sich keine Sorgen darüber machen müssen, Verdacht zu erregen. Sir Philip war sich seiner wichtigen Stellung durchaus bewusst. „Natürlich. England, Frankreich, Griechenland, Italien, Preußen, Indien, Russland, Spanien und Portugal …“ Anschließend ließ er sich über die spärlichen Nachrichten aus den skandinavischen Ländern aus.

England, die Mittelmeerländer, Zentraleuropa – Dutzende Kundschafter schickten ihre Nachrichten nach Alexandria zu den Franzosen. Verräter, Agenten und unschuldige Gelehrte schrieben alle diesem Mann, der entweder von seiner Besessenheit so geblendet war, dass er nicht merkte, wie er benutzt wurde, oder bereitwillig bei den Spielchen der Franzosen mitwirkte. Für gute Spione war jede noch so kleine Information Gold wert, denn so ergab sich ein Gesamtbild aus verschiedenen Quellen.

„Indien“, sagte Quin. Indien war der wahre Grund, weshalb es die Franzosen auf Ägypten abgesehen hatten. Wenn sie das Rote Meer und den Landweg zum Mittelmeer kontrollierten, würde Großbritannien seine Verbindung zu seinem wichtigsten Handelsgebiet verlieren. Von Indien waren jetzt Truppen auf dem Landweg an der Küste des Roten Meeres unterwegs, die durch die Wüste zum Nil und weiter flussabwärts marschierten, um zu den Briten und Türken im Delta zu stoßen.

Hatten Briefe von französischen Agenten in Indien, die an diesen Mann adressiert waren, bereits Général Menou in Kairo erreicht? Quin lief es kalt den Rücken herunter und ihm stockte der Atem. Wenn die Franzosen ausrückten, um den langen, verzweifelten Marsch von General Baird durch die Wüste zu unterbrechen, könnte das den gesamten Kriegsverlauf in Ägypten beeinflussen.

„Ja, Indien. Ich spiele mit dem Gedanken, bald dort hinzuziehen“, erklärte Woodward. „Ein faszinierendes Land, wie man hört.“

Auch wenn Cleo still daneben saß, bemerkte Quin, wie sie sich anspannte. Wäre das ein weiterer Umzug, bei dem sie wie ein Möbelstück mitgenommen wurde, ohne dass sie eine andere Wahl gehabt hätte oder nach ihrer Meinung gefragt worden wäre? In ihrer englischen Heimat würde es ihr besser gehen als bei ihrem Vater, der sie von einem Ort zum nächsten schleppte.

„Ich werde morgen mit Ihnen zum Militärcamp gehen, Madame“, sagte Quin und drehte sich zu ihr, um ihr ins Gesicht zu sehen. „Vielleicht haben sie Nachrichten von anderen Ingenieuren.“ Und ich will Ihre verdammten Briefe in die Hände bekommen, Sir Philip. Vielleicht finde ich doch noch ein hungriges Krokodil für Sie.

„Wie Sie wünschen.“ Falls Cleo Valsac irgendwelche Bedenken hatte, weil er Zeuge der Briefübergabe sein würde, verbarg sie es hervorragend. „Ich werde den Esel mitnehmen. Wenn Sie in Ohnmacht fallen, können wir Sie auf ihm weitertransportieren“, fügte sie mit einem zuckersüßen Lächeln hinzu, das Quin nicht eine Sekunde hinters Licht führte. Er fiel ihr zur Last und seine Kraft, seine Ausdauer und wahrscheinlich auch seine Intelligenz schätzte sie sehr niedrig ein.

Wir werden sehen, wer am Ende recht behält, liebe Cleo, dachte er, während er ihr in die spöttisch dreinblickenden grau-grünen Augen sah. Zu seiner Verwunderung lief sie rot an.

Tu nicht so, als wüsstest du nicht, was mit dir los ist, meine Liebe, rügte sich Cleo im Stillen und biss so fest in eine Dattel, dass sie sich beinahe einen Zahn abgebrochen hätte. Lust. Ein intelligenter Mann mit einem herrlichen Körper lag nackt in deinem Schlafbereich – dir ausgeliefert. Als er wieder zur Besinnung kam, schaute er dich mit diesen blauen Augen an, und jetzt weißt du nicht, ob er Mitleid mit dir hat, sich über dich lustig macht oder dich begehrt.

Vielleicht von allem ein bisschen. Die beiden ersten Dinge waren ihr unangenehm und Letzteres war unwahrscheinlich, es sei denn der Amerikaner hatte eine Schwäche für dünne, sonnengebräunte Witwen mit Schwielen an den Fingern und unbedeutendem Namen.

Aber die Witwe … Ja, die Witwe hatte vielleicht Lust herauszufinden, ob diese blauen Augen vor Leidenschaft glänzten und wie sich diese langen Finger auf ihrem Körper anfühlen würden. Quin. Sie gab dem Wunsch nach, im Stillen seinen Namen zu sagen. Quintus.

Jetzt sah er ihren Vater an und lauschte höflich dessen Ausführungen über Hieroglyphen und der Bedeutung, die der Vermessung von Denkmälern zukam. Der Amerikaner hatte gleichmäßige Augenbrauen, zusammengekniffene Augen und eine recht große Nase. Seine Lippen waren geradlinig, wenn er schwieg, und unter seinem Bart, der etwas dunkler als sein Haar war, konnte sie markante Wangenknochen und einen ausgeprägten Kiefer erkennen. Er sah streng und unnahbar aus, doch wenn er sprach oder lächelte, veränderte sich sein Ausdruck und sein Gesicht wurde lebendig und einnehmend. Aber dennoch undurchdringlich, stellte sie fest.

Andererseits bin ich nicht sehr gut darin, Menschen einzuschätzen. Denk nur an Thierry.

Cleo stand auf und begann, die Teller abzuräumen. Mr. Bredon … Quin … begann sofort, ihr zu helfen, ohne auf ihr Kopfschütteln zu achten. Er folgte ihr, legte die leeren Teller in den Wasserbottich, der auf der heißen Glut stand, und sah sich um. Wahrscheinlich suchte er nach einem Lappen, wie sie vermutete.

„Lassen Sie“, sagte Cleo unwirscher als beabsichtigt.

„Sie sind müde. Völlig erschöpft.“ Er stand da, der verletzte Arm steckte immer noch in der Schlinge. So würde er keinen guten Küchengehilfen abgeben.

„Ich weiß, was ich tue. Sie werden mir nur im Weg sein.“ Das war unhöflich, aber wahr. In seiner Nähe fühlte sie sich unbeholfen, wie aus dem Gleichgewicht gebracht.

„Dann versprechen Sie mir, dass Sie ins Bett gehen, sobald Sie fertig sind“, sagte er sanft.

Es klang wie eine Einladung. Oh, meine verdammte Fantasie. Sie beugte sich über das Wasser und spürte, wie er sie mit den Fingerspitzen berührte, als er ihr den schweren Zopf über die Schultern strich. Seine Hand blieb eine Weile in ihrem Nacken, dann war sie fort. Cleo erzitterte, so als hätte man in einer kühlen Nacht eine warme Decke von ihr gezogen.

„Sie arbeiten zu hart, Cleo.“

Als sie sich umdrehte, war er fort und da saß nur ihr Vater. Er nutzte das schwindende Licht, um in einem Buch zu lesen, das zwischen den Krümeln vor ihm auf dem Tisch lag.

Am nächsten Tag trat Quin Bredon aus dem Zelt, als sich Cleo gerade gewaschen hatte. „Guten Morgen!“ Er sah erholt aus, die dunklen Schatten unter seinen Augen waren verschwunden, und sein Arm lag nicht mehr in der Schlinge.

Cleo erwiderte seinen Gruß mit wenig Begeisterung. Sie hatte schlecht geschlafen, war immer wieder aufgewacht und hatte nach Quins Atem in der Stille gelauscht und sich dann als Närrin gescholten und versucht, wieder einzuschlafen. Es war etwas beunruhigend, dass er just in dem Moment aufgetaucht war, als sie sich gerade abgetrocknet, sich angekleidet und ihr Haar gekämmt hatte. Der Zeitpunkt war merkwürdig, als hätte er gelauscht und darauf geachtet, was sie tat.

„Am Feuer gibt es warmes Wasser und ein Handtuch für Sie. Mein Vater hatte auch noch Rasiermesser übrig.“ Sie deutete auf den behelfsmäßigen Waschbereich und machte sich daran, das Frühstück mit Kaffee, Datteln, Honig und den getoasteten Überresten des Fladenbrots zuzubereiten. Heute würde sie im Dorf Brot, Datteln und Orangen kaufen und die Offiziere würden ihr vielleicht etwas Kaffee abgeben. Mit etwas Glück würde sie ein mageres Hühnchen für eine Suppe mit Bohnen und Linsen erwerben können. Wegen ihres Gastes würden sich ihre Lebensmittelvorräte schneller dem Ende zuneigen.

Ihr Vater trat aus dem Zelt, in eine Abaya gekleidet, die mit einer Schärpe festgebunden war. Er hatte immer noch seine Nachtmütze auf und hielt ein Buch in der Hand. „Wo ist mein Rasierwasser?“

„Mr. Bredon wäscht und rasiert sich gerade, Vater. Ich habe noch mehr warmes Wasser für dich aufgesetzt.“

„Hm.“ Er setzte sich und nahm eine Dattel, ohne den Blick von seinem Buch zu lösen. „Dieser Mann ist ein Narr.“

„Wer, Vater?“ Die Frage kam wie von selbst. Von ihr aus hätte er auch über König George oder den Großkhan von China reden können, doch sie fürchtete, dass ihr Vater gar nichts mehr sagen würde, wenn sie nicht auf jede seiner Bemerkungen einging. Es war eine Erleichterung gewesen, dass Quin am Abend zuvor mit ihm geredet hatte.

„James Bruce. Er ließ sich von seinen Führern herumkommandieren, hörte sich Märchengeschichten an und ließ sich von Gerüchten über Banditen abschrecken. Das ist alles Unsinn.“ Mit dem Zeigefinger klopfte er auf eine dicht beschriebene Textseite.

„Aber er schrieb vor über vierzig Jahren, Vater. Es gibt tatsächlich Banditen, wie Mr. Bredon zu seinem Leidwesen erfahren musste.“

„Was habe ich zu meinem Leidwesen erfahren?“ Quin schlenderte um die Ecke, sein Haar war zerzaust, da er es anscheinend trocken gerieben hatte. Den dunklen Bart hatte er glatt und sauber abrasiert. Seine Wangenknochen waren so markant, wie sie vermutet hatte.

Cleo versuchte, in seinem Gesicht zu lesen. Sein Ton war bei dieser Frage seltsam spitz gewesen. „Dass es da draußen tatsächlich Banditen gibt“, antwortete sie und sah, wie sich die Züge um seinen Mund beinahe unmerklich entspannten. „Wie geht es Ihrem Arm?“

„Ich habe die Schlinge abgelegt. Die Wunde scheint gut zu verheilen.“

Sie stellte das Honigglas ab und folgte ihm ins Zelt. „Lassen Sie mich sehen. Sie brauchen einen neuen Verband. In diesem Klima kann man mit Wunden nicht vorsichtig genug umgehen.“

Er hatte sein Bett gemacht. So penibel wie ein Soldat, dachte sie und erinnerte sich an Thierrys Ordnungssinn, während Quin den Ärmel seiner Dschallabija bis zur Schulter hochkrempelte.

„Die Narbe wird nicht gleichmäßig sein“, stellte Cleo fest, um sich abzulenken, während sie einen frischen Baumwollstreifen über die Wunde legte. Sie verheilte tatsächlich gut.

„Finden Sie das lustig?“, fragte Bredon und sie erkannte, dass sie gelächelt haben musste.

„Dass Sie eine Narbe davontragen werden? Nein. Und es war keine schöne Aufgabe, sie zu reinigen, und es macht mir keinen Spaß, anderen Schmerzen zuzufügen. Daher bin ich froh, dass sie gut verheilt.“ Sie machte einen Knoten und begann, seinen Ärmel wieder nach unten zu schlagen. „Ich hätte gern etwas dafür getan, dass sie gleichmäßiger verheilt. Schließlich haben Sie noch nicht so viele Narben wie ein Soldat.“ Genau das passiert, wenn man nicht auf seine Zunge achtete. Er weiß, dass du an seinen nackten Körper denkst. Du weißt, dass er es weiß. Sie flüchtete sich zu der Kiste, die ihre medizinischen Instrumente enthielt, um sie aufzuräumen.

„Ich kann mich wohl kaum mit Ihrem Ehemann vergleichen, der ein richtiger Krieger war.“ Er nahm den Baumwollstreifen und band ihn sich als Turban um.

„Wollen Sie jetzt etwa ein Kompliment hören, Mr. Bredon?“, fragte Cleo über ihre Schulter, während sie die Kiste nahm und unter der Zeltplane hindurchging, die als Eingang diente. „An Ihrem körperlichen Erscheinungsbild gibt es nichts auszusetzen, wie Sie genau wissen. Ich finde es nicht gut, wenn ein Dummkopf einen anderen Menschen entstellt.“

Dann ergriff sie die Briefe ihres Vaters und band sie sorgfältig zu einem Bündel zusammen, das fast so dick war wie einer der örtlichen Lehmziegel. Sie legte es in einen der Tragekörbe, ebenso wie zwei große Wasserschläuche aus Ziegenleder, ihr schärfstes Küchenmesser, einen Sack für den Esel und eine kleine Sichel, um Gras zu schneiden. Als sie sich bückte, um die beiden Körbe auf den Sattel des Esels zu heben, stellte sich Quin Bredon schnell vor sie, schnappte sich die Körbe mit einer Hand und zog die Riemen am Sattel fest.

„Sind Sie sicher, dass Sie nicht reiten möchten?“, fragte sie ihn. „Der Weg ist recht lang, und wir können die verschiedenen Gegenstände auch anders als auf dem Sattel transportieren.“

Quin sah am langen Rock seiner Dschallabija hinab. „Im Damensitz? Oder soll ich meinen Unterrock hochraffen und meine behaarten Beine der entsetzen Bevölkerung zeigen?“

„Ich könnte Reithosen von meinem Vater für Sie suchen“, bot Cleo an und biss sich auf die Innenseite ihrer Wangen, um sich das Lachen zu verkneifen. Irgendetwas an Mr. Bredon war irritierend. Er hatte etwas Beunruhigendes und sie würde nicht zulassen, dass er sie mit seinem Charme um den Finger wickelte und sie dazu brachte, unvorsichtig zu sein. Was wohl Capitaine Laurent mit ihm anstellen würde?

„Lieber nicht. Das arme Tier ist so klein, dass meine Füße über den Boden schleifen würden.“

Cleo zuckte mit einer Schulter und ging los. Es war seine Entscheidung, doch er würde nicht mehr so würdevoll aussehen, wenn er den Rückweg zusammengepfercht in einem Tragekorb zurücklegen müsste. „Wir gehen jetzt los, Vater“, rief sie, als sie am schattigen Schreibbereich vorbeikam. Er murmelte etwas Unverständliches und winkte mit der Hand, ohne aufzuschauen. „Unter einem Tuch bei den Wasserkrügen steht dein Essen. Bitte lass das Feuer nicht ausgehen.“ Sie wusste, dass das alles war, was sie von ihm erwarten konnte.

„Meinetwegen müssen Sie nicht langsamer gehen“, sagte Quin.

„Wie bitte? Nein, das tue ich nicht.“ Sie umfasste den Zügel fester und beschleunigte ihre Schritte. „Wir werden den Pfad am Wasser entlang nehmen. Es ist einfacher, als durch den Sand zu laufen, und es gibt dort etwas Schatten.“

„Ihr Vater muss großes Ansehen genießen, wenn er mit so vielen Wissenschaftlern aus aller Welt Austausch pflegt“, sagte Quin, nachdem sie fünf Minuten schweigend gelaufen waren.

„Seine Interessen sind breitgefächert, Mr. Bredon. Es ist anregend für ihn, seine Thesen mit Gelehrten aus den unterschiedlichsten Ländern zu diskutieren.“

„Quin“, sagte er. „Es kommt mir lächerlich vor, mitten in der Wüste gesellschaftliche Konventionen einzuhalten.“ Cleo öffnete den Mund, um zu widersprechen, doch er redete weiter. „Darüber hinaus korrespondiert er mit Gelehrten, die jeweils auf der einen oder anderen Seite des aktuellen Konflikts stehen oder auch aus neutralen Ländern kommen. Es erstaunt mich, dass die Franzosen sich ihm gegenüber so hilfsbereit zeigen.“

Dasselbe hatte auch Cleo gedacht, doch das würde sie nicht zugeben. „Sie wollen allen Gelehrten helfen. Anscheinend sehen sie meinen Vater als einen von ihnen. Schließlich hatte er einen französischen Schwiegersohn.“

„Das klingt fast wie Romeo und Julia.“ Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu, doch er betrachtete den Tempel, der zu ihrer Linken stand. „Das ist also das Denkmal, das Ihr Vater gerade studiert?“

„Er schreibt die Inschriften ab und vermisst es.“ Vater vermaß alles wie ein Besessener, so als könnten die Zahlen die Geheimnisse der Vergangenheit lüften.

„Ist das hilfreich?“ Quin blieb stehen und betrachtete die großen goldenen Säulen, die aus dem Sand emporragten.

„Anscheinend schon. Ich schaue mir gern die wunderschönen Bilder auf den Wänden an. Wenn man hochklettert, kann man nur den oberen Bereich davon sehen. Die Soldaten ritzen ihre Namen ganz oben in den Fries. Ich wünschte, das würden sie nicht tun.“ Sie erschauderte. Nach Meinung einiger Wissenschaftler standen diese Bauten hier schon seit Jahrtausenden.

„Ein Sakrileg“, murmelte Quin und berührte ihren Arm. „Ich glaube, dass Sie mehr für diese Denkmäler übrighaben als Ihr Vater, trotz all seines Wissens.“

„Vielleicht für die Menschen, die sie erbaut haben.“ Sie tat nichts, um seine Hand abzuschütteln. Männer und Frauen hatten seit undenklichen Zeiten vor diesen Bauwerken gestanden und sich dabei vielleicht genauso berührt wie Quin und sie jetzt. Vielleicht hatten sie sich vor Angst oder Staunen an den Händen gefasst. Es erschien ihr wie ein kleines Wunder, dass sie jemanden gefunden hatte, der die Magie dieses Ortes ähnlich wie sie zu empfinden schien.

Der Esel lief los und zog damit auch Cleo mit sich. Der Moment in der vor Hitze flirrenden Luft war vorbei.

„Kommen Sie. Wir müssen das Lager erreichen, bevor die Sonne zu hoch steht.“ Sie setzte ihren Weg fort, ohne sich umzudrehen, und lauschte dem vertrauten trippelnden Hufschlag des kleinen Esels und dem leisen Geräusch, das die Ledersandalen, die der Mann hinter ihr trug, verursachten. Es war lange her, dass jemand sie begleitet hatte. Wie seltsam, dass sie sich deswegen noch einsamer fühlte als zuvor.

4. KAPITEL

Wollen Sie eine Pause machen?“ Cleo drehte sich zu Quin um. „Dort vorne ist Schatten, und wir haben noch ein Drittel des Weges vor uns.“

Zu ihrer Überraschung nickte er. „Ja, das wäre mir lieb.“ Als sie ihn weiter anstarrte, fügte er hinzu: „Was ist?“

„Nichts außer der Tatsache, dass ein erwachsener Mann bereit ist, vor einer Frau zuzugeben, dass er gern eine Pause machen würde.“

„Glauben Sie, dass ich damit Schwäche zeige?“

„Nein, ich glaube, dass Sie damit gesunden Menschenverstand beweisen.“ Sie führte den Esel zum Flussufer. „Im Schatten der Palmen dort liegt eine umgestürzte Säule von einem Denkmal. Ein guter Ort für eine Rast.“ Sie lehnte sich gegen das Hinterteil des Esels, während das Tier trank, und beobachtet Quin verstohlen, als er sich setzte. Er hatte mit ihr Schritt gehalten, obwohl er blass aussah. Wenn man bedachte, dass er einen Hitzschlag und eine entzündete Wunde hatte, schien Quin Bredon sowohl gut in Form als auch hart im Nehmen zu sein.

„Auch Männer haben manchmal gesunden Menschenverstand“, sagte er sanft, als sie sich zu ihm setzte. „Danke“, fügte er hinzu und nahm einen der Wasserschläuche aus Leder entgegen, um sich ihn gekonnt über die Lippen zu halten, sodass ihm das Wasser in den Mund lief, ohne dass er den Schlauch berührt hätte. „Wie lange dauert es, bis man sich an Wasser mit Ziegengeschmack gewöhnt?“

„Das tut man nie.“ Sie trank und verschloss den Schlauch wieder. Am gegenüberliegenden Ufer hüteten Jungen ihr Vieh, und weiter oben am Fluss flog eine Schar Reiher, deren weißes Gefieder im Sonnenlicht glänzte. Ein Graufischer landete auf einem Ast in der Nähe, krächzte laut vor sich hin und beanspruchte diesen Bereich des Flussufers für sich, bevor er sich in das braune Gewässer stürzte und mit einem Fisch wieder auftauchte. Hinter dem Grünstreifen am anderen Flussufer erhoben sich die strahlend goldenen Sanddünen.

„Es ist sehr schön hier. Zeitlos. Man könnte fast meinen, jeden Moment die Tochter des Pharaos zu sehen, die Moses im Binsenkörbchen findet, oder einen großen Kahn mit wehenden Fahnen und Trompetengetöse“, sagte Quin. Er lehnte sich an einen Palmenstamm, die Augen leicht geschlossen angesichts des glitzernden Sonnenlichts auf dem Wasser.

„Es war schon immer schön hier. Und heiß, trocken, arm und gefährlich“, erwiderte Cleo. Ägypten war ein Land, das ausgehalten, bekämpft und überwunden werden musste. Hier musste man sich anstrengen, um etwas zu bekommen, wie Minenarbeiter, die unter der Erde in starker Hitze und unter großer Gefahr arbeiteten. Hier gab es allerdings nur eine antike Zivilisation, keine Diamanten, keine politischen Vorteile, keine Kohle. „Wenn man sich ausruht und es genießt, kann das den Tod bedeuten.“ Sie deutete auf eine kleine Schlange, die sich in dem sie schützenden Gras schlängelte.

„Ich hoffe, Ihre Freunde von der Armee haben mehr Informationen über die Bewegungen der Mamelucken. Ich habe nicht den Wunsch, auf Murad Bey zu stoßen. Er ist noch tödlicher als diese Schlange.“

Cleo erschauderte. Thierry hatte ihr von den Mamelucken, ihrem Mut und ihrer Grausamkeit erzählt. Dabei hatte er die Hand um seinen Schwertgriff geschlossen, als wollte er ein ängstliches Zittern unterdrücken. Auch Cleo verspürte nicht den Wunsch, auf sie zu treffen. „Was werden Sie tun?“

„Ich hoffe, dass die Soldaten nach Kairo beordert worden sind. Dann würden sie über den Fluss fahren, oder? Es erscheint mir aberwitzig, in dieser Hitze zu marschieren.“ Quin stand auf und streckte sich, wobei er – ohne sich dessen bewusst zu sein – seinen muskulösen Körper zur Schau stellte.

„Ich könnte Vater niemals davon überzeugen, von hier wegzugehen. Auch wenn er manchmal davon spricht, nach Indien ziehen zu wollen, würde er das jedoch niemals tun.“ Sie erhob sich und lenkte sich damit ab, die Gepäcktaschen erneut festzuschnallen. „Er ist sehr dickköpfig.“

„Das ist nichts, was man nicht mit einem gezielten Schlag auf den Kopf aus der Welt schaffen könnte.“ Quin nahm den Esel am Zügel und ging auf den Pfad zu, während Cleo blinzelnd da stand und auf seinen Rücken starrte.

Hatte er das ernst gemeint? Wie großartig das wäre! Sie war sich sicher, dass er den Schlag sehr sorgfältig ausführen könnte, sodass Vater keine ernsthafte Verletzung, sondern nur Kopfschmerzen davontragen würde. Nein, es musste ein Scherz gewesen sein. Ein angesehener Ingenieur würde niemals einen Gelehrten schlagen und ihn auf ein Flussschiff verfrachten. Sie atmete tief durch, um sich zu sammeln, bevor sie losrannte, um Quin einzuholen.

Das Lager war klein, ordentlich und trostlos – ein typisches Lager von Soldaten, die ohne Frauen lebten. Capitaine Laurent saß auf einem Klappstuhl vor seinem Zelt. Zwei Leutnants standen vor ihm und lauschten seinen Ausführungen. Als er sah, dass sich Cleo und Quin näherten, stand er auf und beobachtete den Fremden unter seinen buschigen schwarzen Augenbrauen hervor.

„Madame.“ Er verbeugte sich und die beiden anderen Herren taten es ihm gleich. „Qui est-ce?“

„Quin Bredon, amerikanischer Ingenieur, Captain“, antwortete Quin auf Französisch, bevor Cleo etwas erwidern konnte. „Ich wurde von Madame Valsac und ihrem Vater gerettet. Beduinenräuber haben meine Kamele gestohlen.“ Während er sprach, schob er seinen Ärmel hoch und zeigte ihnen den Verband.

„Amerikaner?“ Laurent machte immer noch keine Geste der Gastfreundschaft.

„Die USA sind ein Verbündeter Frankreichs, nicht wahr?“, sagte Quin in ungezwungenem Ton. Doch er konnte sehen, dass Laurent eine angespannte und leicht kampfbereite Haltung einnahm. Die beiden Männer sahen sich an wie Hunde, die an der Grenze ihrer Territorien aufeinandertreffen und noch nicht wissen, ob ein Kampf nötig ist, doch bereit sind, den anderen – falls nötig – in Stücke zu reißen.

Oui. Aber was tun Sie hier?“

„Ich gehe meiner Neugier nach. Ich war im Balkan und hörte von den Savants Ihres Kaisers. Ich beschloss, mir ein eigenes Bild zu machen. Ich finde, unter Gelehrten herrscht eine gewisse Brüderlichkeit. Ich hatte gehofft, bis zu den Wasserfällen zu gelangen – ein interessantes Problem in der Schifffahrt, doch wie ich hörte, würde das jetzt einem Selbstmord gleichkommen.“

„Ha!“ Laurent gab einem der Soldaten Anweisungen mit der Hand und der Mann eilte davon, um zwei weitere Klappstühle zu holen. „Setzen Sie sich und trinken Sie einen Kaffee mit mir. Murad Bey ist mit einer Truppe von fünfzehntausend Mann auf dem Weg nach Norden, wie meine letzten Informationen bestätigen.“

„Und wie viele Männer haben Sie? Fünfzig?“ Quin schaute sich im Lager um. „Ich vermute, Ihre Befehle sehen auch keinen Selbstmord vor.“

„Korrekt. Wir werden das Lager auflösen und anfangen, die Kähne zu beladen.“ Er deutete in Richtung Flussufer, wo die Schiffe festgetaut waren. „Ich wollte gerade jemanden zu Ihrem Vater schicken, Madame, um ihn auszurichten, dass er sich bis morgen früh für die Abreise bereit machen soll. Wir haben Platz für Sie beide … Sie drei … und ein kleines Gepäckstück pro Person.“

„Aber die Bücher meines Vaters, seine Papiere …“

„Sein Leben?“, fragte Laurent, eine Augenbraue hochgezogen. „Und Ihres?“

„Anscheinend muss ich doch Ihr Angebot wahrnehmen, Vater besinnungslos zu schlagen, Mr. Bredon.“ Endlich war Flucht in den Bereich des Möglichen gerückt. Sie konnte den langen Weg zur Küste zurücklegen und dort … Was willst du dort tun? fragte sie sich. Wenn sie ihren Vater in diesem gefährlichen Land verließ, war sie eine Frau ohne Geld und ohne Schutz. Aber wenn sie nach Frankreich oder England reisen könnte, würde sie sicherlich irgendeine Arbeit finden.

Quin lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Seine entspannte Haltung beruhigte ihre rasenden Gedanken. „Vielleicht sind so drastische Mittel gar nicht nötig“, meinte er. „Würde er mitkommen, wenn er alles mitnehmen könnte? Er ist von seiner Arbeit doch nicht so eingenommen, dass er denkt, er könnte sich Notizen über irgendwelche Fundstücke machen, während die gefährlichsten Kämpfer Ägyptens über sein Lager hinwegfegen, oder?“

„Nein, ich hoffe, selbst Vater wird sich unter diesen Umständen dem Unvermeidlichen beugen. Doch man muss sicherlich tagelang mit ihm diskutieren, um ihn davon zu überzeugen, dass die Gefahr echt ist. Das ist das größte Problem.“

„In dem Dorf, an dem wir auf dem Weg hierher vorbeigekommen sind, waren mehrere Feluken festgetaut. Wir könnten ein oder zwei mieten. Damit hätten wir bestimmt genügend Platz für uns drei und Ihre Besitztümer.“

„Aber ich kann nicht segeln, und Vater …“

„Ein kleines Boot kann ich segeln. Die Takelage ist anders, aber die Prinzipien sind dieselben. Außerdem können wir ein paar Männer anheuern.“

Laurent beobachtete sie aufmerksam. Er wandte den Kopf von einer Seite zur anderen und kniff nachdenklich die Augen zusammen. „Wie wollen Sie das bezahlen, Monsieur? Ich verfüge nicht über die Mittel, um Boote für Zivilpersonen zu mieten.“

Cleo wusste, dass er die Wahrheit sagte. Den französischen Truppen fehlte es an allem – von Geld bis zu Stiefeln. Währenddessen versprach der Kaiser, ihnen Possenreißer aus Paris zu schicken, um die Moral aufrechtzuerhalten. Thierry hatte einst die bittere Bemerkung gemacht, dass er durchaus gewillt sei, einen Komiker zu verspeisen, solange er nur gut durchgebraten war.

„Ich habe Geld“, entgegnete Quin, während er aufstand und die Hand ausstreckte, um Cleo aufzuhelfen. Es war ihr ein Rätsel, wie es ihm gelang, den Eindruck zu erwecken, er befände sich in einem Londoner Salon, während er in einer Dschallabija dastand, der typischen Tracht der örtlichen Bauern. Andererseits hatte sie in ihrem Leben nie in Gesellschaftszimmern verkehrt. „Capitaine, wir werden Sie hier morgen Vormittag treffen.“

Laurent sah so aus, als würde er nach Gegenargumenten suchen, ohne welche zu finden. „Die Korrespondenz Ihres Vaters, Madame?“

„Damit wollen wir Sie nicht unnötig belästigen. Sicherlich haben Sie jede Menge zu tun, ohne sich um zusätzlichen Papierkram kümmern zu müssen“, meinte Quin, bevor Cleo antworten konnte. „Er wird sich selbst darum kümmern, wenn wir in Kairo ankommen, und wahrscheinlich wird er etwas ergänzen wollen, wenn wir auf dem Fluss unterwegs sind.“

Cleo öffnete den Mund, um zu protestieren, schloss ihn aber wieder. Quins Argumente waren richtig. Allerdings gefiel ihr nicht, dass er wie selbstverständlich anzunehmen schien, die volle Kontrolle über die Situation zu haben.

„Sollen wir aufbrechen, Madame? Je früher wir das Dorf erreichen und die Verhandlung beginnen, desto besser.“

„Einen Moment, Monsieur Bredon. Ich möchte mit dem Capitaine sprechen.“ Sie sah ihn entschlossen an. „Unter vier Augen.“

„Aber natürlich.“ Er verbeugte sich vor den Offizieren und schlenderte zum grasenden Esel.

„Er ist unverfroren, dieser Amerikaner, aber so sollen sie alle sein“, sagte einer der Leutnants, während die sich entfernten, um sie mit Laurent allein zu lassen.

„Was wissen Sie über ihn?“, fragte Laurent, wie sie es erwartet hatte. Sie konnte ihm keine Antwort bieten, doch wollte erfahren, was er über Quin dachte.

„Nichts.“ Cleo zuckte mit den Schultern. „Er hatte eine entzündete Wunde und einen Hitzschlag mit Fieber. Er hatte Geld bei sich, sonst nichts. Ich habe keinen Grund zu der Annahme, dass er ein anderer ist als derjenige, der er vorgibt zu sein.“

„Aber es ist merkwürdig, hier auf einen Amerikaner zu treffen.“

„Für einen Alleinreisenden sind die Grenzen leicht passierbar, nicht wahr? Es gibt neben dem Kaiser viele Menschen, die sich für Ägypten interessieren.“

„Das trifft auf jeden Fall auf die Engländer zu.“ Laurent hielt den Blick auf Quin gerichtet, der mit dem Rücken zu ihnen an die Tragekörbe gelehnt dastand und sich offenbar weder für ihre Unterhaltung noch für das Lager um ihn herum interessierte. Den Kopf hatte er nach unten geneigt, und Cleo fragte sich kurz, ob er sehr müde war. „Aber nicht wegen der antiken Fundstücke.“

„Sie glauben, dass er ein Spion sein könnte?“ Das war ihr noch nicht in den Sinn gekommen, und es wäre ihrer Ansicht nach absolut unsinnig, einen Agenten weit in die Wüste zu schicken, wo es für die Briten doch nichts zu holen gab. „Er ist kein Soldat. Ich habe seinen Körper gesehen, als ich ihn pflegte. Er hatte keine Narben abgesehen von ein paar kleineren, die aus seiner Kindheit stammen müssen.“ Schulterzuckend beantwortete sie ihre eigene Frage. „Aber was würde ein Spion hier wollen? In Kairo oder Alexandria könnte ich es verstehen. Nein, es muss so sein, wie er sagt.“

Der Umgang mit Laurent, der ein Freund ihres Mannes gewesen war, fiel ihr nicht besonders leicht. Manchmal überlegte sie, ihn zu fragen, warum Thierry sie geheiratet hatte. Sie verstand sehr gut, warum ihr Vater so begeistert von der Idee gewesen war, seine Tochter mit einem Offizier aus der feindlichen Armee zu vermählen: Es hatte ihre Stellung geschützt. Aber warum hatte Thierry ihr erst so leidenschaftlich und ergeben den Hof gemacht, um sich dann als Ehemann so distanziert und lieblos zu verhalten?

In den frühen Stunden vor Morgengrauen lag sie oft ruhelos und von Kummer überwältigt wach und fragte sich, ob ihre unglückliche Ehe ihre Schuld war oder … Oder was? Er wusste, wen er heiraten würde. Ein Außenstehender könnte meinen, er hätte es auf mein Vermögen abgesehen, doch ich habe kein Vermögen.

„Madame?“

„Entschuldigung.“ Er musste mit ihr gesprochen haben und sie war in Gedanken ganz woanders gewesen. „Ich würde gern herausfinden, ob wir diese Boote mieten können. Wenn nicht, werden wir morgen mit unseren nötigsten Besitztümern abreisen.“

„Natürlich. Sind Sie sicher, dass Sie mir nicht die Korrespondenz Ihres Vaters geben wollen?“

„Ja, danke.“ Sicherlich hatte er gerade dringlichere Angelegenheiten zu erledigen. „Au revoir, Capitaine Laurent.“

Quin zog die Schnur zurecht und legte das Briefbündel zurück in den Tragekorb, als er hörte, wie sich Cleos Ton veränderte und sie sich unverkennbar von Laurent verabschiedete. Falls er diese Briefe nicht mehr in die Hände bekommen sollte, hatte er sich nun zumindest die Namen der acht Empfänger gemerkt, darunter ein Engländer, ein Professor Smith in Portsmouth. War es ein Zufall, dass der Professor ausgerechnet in der Hafenstadt des Landes lebte, in der die Royal Navy stationiert war?

„Wenn Schweine fliegen könnten“, murmelte Quin.

„Geht es Ihnen gut?“, fragte Cleo direkt hinter ihm.

„Es geht schon. Bei der Aussicht, nach Norden zu reisen, geht es mir gleich besser.“

Sie nickte zustimmend, während sie die Zügel nahm und den Weg in Richtung des Dorfes einschlug, in dem Quin die Boote gesehen hatte. „Es wird eine Erleichterung sein, wieder in der Zivilisation zu sein.“

Dann können Sie sich auf eine Enttäuschung gefasst machen, dachte Quin und fächerte die Fliegen mit einem belaubten Zweig weg. Wir ziehen in ein von der Pest heimgesuchtes Schlachtfeld, und im besten Fall wird Ihr Vater als gutgläubiger Narr entlarvt. Im schlimmsten Fall wäre ein Krokodil vielleicht doch die gütigste Option.

An dem baufälligen Anlegesteg, an dem die Boote festgemacht waren, tummelten sich mehrere Männer, doch Quin ging direkt auf das größte Haus zu. „Dort lebt wahrscheinlich der Scheich des Dorfes. Würden Sie mit dem Esel vor dem Haus warten, während ich mit ihm verhandele?“

Er war auf eine Diskussion eingestellt, doch Cleo bedeckte lediglich ihre untere Gesichtshälfte mit einem Ende ihres Kopftuchs und ging los, um sich unter den Schatten der Mauer zu setzen. „Ich kenne meine Stellung hier.“ Ihre Stimme klang weder spitz noch anklagend, doch ihr Ton veranlasste Quin dazu, sich zu ihr umzudrehen. „Was ist?“ Sie zog eine Augenbraue hoch. „Ich vermute, Ihr Arabisch ist gut genug, oder brauchen Sie Hilfe?“

„Nein, danke.“ Aber Sie schon, dachte Quin, als er an die Tür klopfte. „Salem alaikum“, sagte er zu dem älteren Herrn, der ihm die Tür öffnete, und schritt über die Türschwelle, als der Scheich ihm bedeutete, einzutreten.

Quin wusste, dass ein guter Handel sowohl Geduld als auch Hartnäckigkeit erforderte. Beim Kauf seiner Kamele hatte er ausreichend geübt, doch die Verhandlungen um die Boote dauerten bereits mehr als zwei Stunden. Nein, sie konnten die Boote nicht verkaufen. Ja, womöglich könnten sie und die dazugehörige Mannschaft angeheuert werden. Wie viel würde es kosten? Ob der Effendi ihn in den Ruin treiben wolle, ebenso wie der Feranzawi aus dem Soldatenlager, der hierherkam, um Lebensmittel zu kaufen?

Geduldig wies Quin darauf hin, dass die Boote und die Mannschaft zumindest in Sicherheit wären, wenn sie bei Murad Beys Einfall ins Dorf nicht vorzufinden waren. Wenn sie ihm die Boote vermieteten, würden sie außer Reichweite sein und sie würden zugleich etwas verdienen.

Mittlerweile waren sie ans Flussufer gegangen, und bei diesem Argument Quins wurde viel gemurmelt und gestikuliert. Es wurde ein Preis genannt. Übertrieben entsetzt, taumelte Quin zurück. Er klopfte auf ein ramponiertes Seitendeck, schürzte angesichts des Zustands der Seile die Lippen und nannte einen anderen Preis.

Als sie sich endlich handelseinig geworden waren, bitteren Kaffee getrunken hatten und die Hälfte des Betrags ausgezahlt worden war, saß Cleo immer noch reglos an der gleichen Stelle. Als er sich nach vielen Witzen von seinen neuen Bekannten verabschiedet hatte und vom Flussufer zurückkam, erhob sie sich ruhig und folgte ihm schweigend, bis sie außer Sichtweite waren.

„Wird es lange dauern, das Lager abzubrechen?“, fragte er, da es ihr anscheinend die Sprache verschlagen hatte.

„Nein, nicht mit Ihrer Hilfe.“ Ihre Stimme war hinter dem Baumwollschleier nur gedämpft zu hören.

„Stimmt etwas nicht, Cleo?“ Quin blieb stehen und drehte sich um. „Wollen Sie nicht weg von hier?“ Diese Mission war im wahrsten Sinne des Wortes eine Qual, doch zumindest hatte er geglaubt, eine Rettungsaktion durchzuführen. Nun schien es sich so zu verhalten, als wollte das Opfer gar nicht gerettet werden.

„Natürlich möchte ich von hier weg.“ Sie riss sich den Schleier vom Gesicht und funkelte ihn an. „Nur ein Dummkopf würde hierbleiben wollen.“

„Machen Sie sich Sorgen darüber, dass Ihr Vater stur bleiben und sich weigern könnte? Ich bin mir sicher, dass ich …“

„Wenn er sich weigert, lassen wir ihn zurück.“ Sie ging mit dem Esel, der ihr gehorsam folgte, an ihm vorbei.

„Ihren Vater zurücklassen?“ Er schaute auf ihren Rücken, die gestrafften Schultern und ihre kerzengerade Haltung. Diese Frau würde ein Hai im Zierfischbecken der Londoner Gesellschaft sein.

„Er hat Mutter verlassen und mich auch. Sie war für ihn lediglich ein unbezahltes Dienstmädchen, und das gilt auch für mich. Ich will, dass es ihm gut geht und dass er in Sicherheit ist, aber danach …“

Quin musste weit ausschreiten, um sie einzuholen. „Verlassen? Aber Sie sind jetzt bei ihm.“

„In Bezug auf seine Gefühle und Gedanken. Familie ist für ihn nur ein Ärgernis, eine Last. Mama glaubte, dass er sie lieben würde, und brannte bereitwillig mit ihm durch.“ Cleo brachte die Erklärung barsch und abgehackt vor. „In Wahrheit aber liebte er die Mitgift, auf die er es abgesehen hatte und die mein Großvater ihm gab, nachdem die beiden geheiratet hatten. Doch meiner Mutter drehte mein Großvater den Geldhahn zu. Als sie erkannte, dass sie sich an einen vollkommen selbstsüchtigen Mann gebunden hatte, war ich bereits unterwegs.“

Zumindest ist sie ihrem Großvater nicht völlig gleichgültig, dachte Quin, obwohl er lieber nicht darüber nachdenken wollte, ob der alte Mann aus Liebe, Pflichtgefühl oder schlichtweg familiärem Stolz handelte. Da er nicht wusste, was er sagen sollte, legte er ihr seinen Arm um die Schultern. Vielleicht würde eine Umarmung helfen.

Cleo schüttelte ihn allerdings ab und lief raschen Schrittes weiter. „Mutter war sehr gut darin, das Verhalten meines Vaters zu rechtfertigen. Er sei sehr wichtig und dasselbe gelte für seine Arbeit. Er dürfe nicht gestört werden, und er würde mich sehr lieben. Das funktionierte in Italien, Griechenland und Anatolien, als ich noch klein war. Dann kamen wir nach Ägypten, und Mutter starb, und ich erkannte …“

„Was?“

Autor

Louise Allen

Louise Allen lebt mit ihrem Mann  – für sie das perfekte Vorbild für einen romantischen Helden – in einem Cottage im englischen Norfolk. Sie hat Geografie und Archäologie studiert, was ihr beim Schreiben ihrer historischen Liebesromane durchaus nützlich ist.

Foto: ©  Johnson Photography

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Laura Martin
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