Julia Extra Band 539

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VERFÜHRT VON EINEM WÜSTENPRINZEN von HEIDI RICE
Wüstenprinz Kamal muss bis Ende des Monats heiraten, sonst verliert er seine Krone. Doch Prinzessin Liah – die einzige Frau, die sein Begehren weckt – liebt nichts mehr als ihre Unabhängigkeit. Was jetzt? Soll er Liah in seine private Oase locken und dort zur Ehe verführen?

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  • Erscheinungstag 15.08.2023
  • Bandnummer 539
  • ISBN / Artikelnummer 9783751518192
  • Seitenanzahl 450
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Heidi Rice, Ally Blake, Caitlin Crews, Joss Wood

JULIA EXTRA BAND 539

1. KAPITEL

Kronprinz Kamal Zokan, künftiger König der Stammesländer von Zokar, war immer noch so genervt von seinem gestrigen Gespräch mit dem Führer der Stammesältesten, dass er kaum auf seine Umgebung achtete.

Das berühmte alljährliche Pferderennen in Zokars Nachbarland Narabia stand unmittelbar bevor. Die hinter den hohen Steinmauern der Rennbahn aufragenden Minarette des prachtvollen Goldenen Palasts von Scheich Zane Ali Nwari Khan glitzerten wie Juwelen in der Morgensonne. Die Flaggen sämtlicher Nationen flatterten im Wind, und am Start sammelte sich eine Reihe bildschöner arabischer Vollblutpferde. Kamal hatte jedoch keinen Blick für sie.

Verdammter Uttram Aziz! Warum muss er sich mir bei jeder sich bietenden Gelegenheit in den Weg stellen? Anscheinend will er meine Thronbesteigung mit allen Mitteln verhindern!

Kamal war vor Wut und Groll immer noch vollgepumpt mit Adrenalin.

„So lautet nun mal das Gesetz, Kamal. Wären Sie gebildeter, wüssten Sie das. Wenn Sie nicht bis zur Krönungszeremonie nächsten Monat heiraten, verlieren Sie Ihren Anspruch auf den Thron.“

Obwohl Kamal aus ärmsten Verhältnissen stammte, war es ihm nicht nur gelungen, bei der Armee Karriere zu machen, sondern auch dank einiger kluger Investitionen in die aufstrebende Mineralindustrie ein Vermögen anzuhäufen. Inzwischen war er kurz davor, König von Zokar zu werden. Bevor der vorherige Scheich vor zwei Monaten kinderlos verstorben war, hatte er Kamal zu seinem Nachfolger bestimmt.

Kamal war bewusst, dass der Scheich diese Entscheidung aus rein pragmatischen Erwägungen getroffen hatte. Die Wirtschaft von Zokar brauchte dringend Investoren, und Kamal war nicht nur ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann, sondern hatte sich auch als guter Führer erwiesen.

Seit er sich jedoch nach anfänglichem Zögern bereit erklärt hatte, den Thron von Zokar zu besteigen, versuchten Aziz und seine Anhänger alles, um ihn daran zu hindern. Ihre Fantasie kannte keine Grenzen, was das anging, und ihr letztes Ultimatum schlug dem Fass endgültig den Boden aus.

Leider blieb Kamal nichts anderes übrig, als sich zu fügen, wenn er den Thron nicht verwirken wollte. Nur deshalb war er jetzt bei Scheich Khans exklusivem jährlichen Event, auch wenn er normalerweise einen Riesenbogen darum machen würde. Denn er durfte sich nicht irgendeine Frau nehmen, sondern möglichst eine von königlichem Geblüt. Laut Aziz war das dringend nötig, um Kamals mangelnde Bildung und Weltgewandtheit auszugleichen.

Kamal erstickte fast vor Wut. Bildung und Weltgewandtheit waren für einen guten Herrscher und König völlig irrelevant. Er war intelligent, ehrgeizig und fest entschlossen, die für eine moderne Infrastruktur nötigen Investitionen zusammenzubekommen, zu denen er bereits selbst ein Vermögen beigetragen hatte. Aber die konservativen Mitglieder der Herrscherelite seines Landes warfen ihm ständig Steine in den Weg. Kaum hatte Kamal ein Hindernis überwunden, wartete schon das nächste auf ihn. Allmählich hatte er die Nase gestrichen voll!

Er hob den Blick zur königlichen Loge mit Scheich Khan und seiner gesamten Familie. Kamal war froh, dass es ihm vorhin gelungen war, sich nach der offiziellen Begrüßung vor seinem Aufenthalt in der Loge drücken, auch wenn er Khan sehr respektierte.

Der Mann hatte hart daran gearbeitet, sein Land nach dem Terrorregime seines Vaters zu modernisieren. Er hatte Kamal daher sofort Unterstützung angeboten, als er von dessen bevorstehender Thronbesteigung erfahren hatte. So ungern Kamal das auch zugab, aber auch das hatte der Zusammenarbeit mit den Stammesältesten von Zokar den Weg geebnet.

Gott sei Dank hatten weder Khan noch sein Bruder Raif ihn von ihrer letzten Begegnung vor fünfzehn Jahren wiedererkannt. Kamal hatte die Demütigung nämlich bis heute nicht überwunden.

Er hatte damals als Diener im Palast des Königs gearbeitet, und als Khan und sein Gefolge zu einem Staatsbesuch gekommen waren, hatte Kamal das Geschirr bewusst langsam wieder eingesammelt, weil er total fasziniert davon gewesen war, wie stolz der Scheich den Stammesältesten von Zokar seine Thronfolgerin vorgestellt hatte – seine fünfjährige Tochter Kaliah.

Leider hatte Kamal vor lauter Faszination ein Kissen auf dem Fußboden übersehen, war darüber gestolpert und hatte das Geschirr fallen lassen. Mit dem Krach hatte er natürlich sämtliche Blicke auf sich gezogen.

Während er brennend vor Scham die Scherben aufgesammelt hatte, war sein Chef Hamid aufgetaucht, hatte sich wortreich für Kamals Ungeschicklichkeit entschuldigt und angefangen, ihn mit seinem Gürtel zu schlagen.

Die Hiebe hatten wegen der noch nicht verheilten Narben der vorherigen Prügel teuflisch gebrannt, aber dieser Schmerz war längst nicht so demütigend gewesen wie der mitleidsvolle Blick des Mädchens. „Daddy, du musst diesen Mann aufhalten!“, hatte es seinen Vater angefleht. „Er darf den armen kleinen Diener nicht schlagen, das ist gemein!“

Armer kleiner Diener?!

Khan hatte sofort eingegriffen, und Hamid war wegen seines Verhaltens scharf gerügt worden, doch Kamal hatte die Demütigung nie verwunden. Genau deshalb hätte er dieses Event lieber vermieden. In Khans Schuld zu stehen, war schon schlimm genug, aber von ihm erkannt zu werden, wäre noch viel schlimmer.

Gut, dass wenigstens die Kronprinzessin nicht da war. Das Letzte, das Kamal gebrauchen konnte, war, womöglich von diesem verwöhnten, hochmütigen Mädchen wiedererkannt zu werden, so unwahrscheinlich das auch war. Mit vierzehn war er nämlich noch viel kleiner gewesen als heute mit neunundzwanzig.

Das Stimmgewirr der Menschenmenge wurde lauter, als die Pferde ihre Positionen am Start einnahmen. Allmählich ließ Kamals Wut nach. Irgendwie würde er auch diese letzte Hürde noch überwinden und mit einer Braut nach Zokar zurückkehren.

Seine Lippen zuckten humorlos. Wer weiß, vielleicht sollte er sogar Kaliah Khan als Ehefrau in Erwägung ziehen, vorausgesetzt natürlich, sie war in den letzten Jahren etwas bescheidener geworden … aber bei ihrem Ruf als Wildfang bezweifelte er das ehrlich gesagt.

„Prinz Kamal, das Rennen wird jeden Moment beginnen. Ihre Majestät und seine Frau, Königin Catherine, würden Sie gern in ihrer Loge begrüßen.“

Kamal drehte sich zu einem von Khans zahlreichen Beratern um. „Ich sehe mir das Rennen lieber von hier aus an.“

Er brauchte noch etwas Zeit, um sich innerlich auf die Feier nach dem Rennen vorzubereiten. Khan und seine Frau waren ihm gegenüber vorhin zwar sehr herzlich und überraschend locker gewesen, aber Kamal war nicht der Typ für Small Talk. Für ihn war so etwas reine Zeitverschwendung.

Der Mann verneigte sich. „Natürlich, ganz, wie Sie wünschen, Eure Hoheit“, sagte er, bevor er sich zurückzog.

Als Kamal wieder die Pferde am Start betrachtete, hörte er plötzlich Rufe aus dem Paddock. Stirnrunzelnd sah er ein neues Pferd mit Reiter auf die Startlinie zugaloppieren. Das Tier war kleiner als die meisten anderen – eine Stute offensichtlich und kein Wallach. Kamal konnte den Blick gar nicht davon losreißen – nicht nur vom schwarz glänzenden Fell des Pferdes, sondern auch vom Reiter, der für einen Jockey erstaunlich groß gewachsen und schlank war.

Und faszinierend anmutig.

Der Startschuss ertönte, noch bevor der Neuankömmling die Startlinie erreichte. Als die anderen Pferde losstürmten, beschleunigte die Stute ihr Tempo wie von dem Schuss beflügelt. Der Jockey senkte den Kopf tief über das prachtvolle Tier. Die beiden wirkten wie miteinander verschmolzen.

Die Menge jubelte, als das verspätete Pferd die anderen einholte. Kamal stockte der Atem vor Aufregung. Er war noch nie ein Fan von Pferderennen gewesen – Freizeitaktivitäten spielten in seinem Leben sowieso keine große Rolle –, aber selbst er konnte nicht umhin, die kraftvollen, anmutigen Bewegungen des Pferdes zu bewundern. Er fühlte sich fast in eine Art Rauschzustand versetzt, als Pferd und Reiter um die erste Kurve bogen.

Auf der Gegengeraden ging das Pferd in Führung, doch als die anderen nachzogen, flog der Helm des geheimnisvollen Jockeys ab. Langes, dunkles Haar wehte hinter ihm her, und Kamal fiel auf, dass sich kleine, feste Brüste unter dem Seidenoberteil abzeichneten.

Das ist ja eine Frau! Was zum …?

Als Ross und Reiterin an ihm vorbei rasten, sah Kamal, dass das Gesicht des weiblichen Jockeys grimmig verzerrt war … es kostete sie sichtlich viel Kraft, sich oben zu halten.

Besorgt sah er ihr hinterher. Das Pferd war anscheinend komplett außer Kontrolle. Es lief viel zu schnell. Hatte das Mädchen das Tier im Griff, oder versuchte es nur noch, nicht runterzufallen?

Diese kleine Närrin!

Rasch bahnte Kamal sich einen Weg durch die Menschenmenge zu den Ställen und sprang auf das nächstbeste gesattelte Pferd. Die Rufe der Stallburschen ignorierend galoppierte er auf die Arena zu.

Das Pferd kam gerade wieder in die Gegengerade, als Kamal die Rennbahn erreichte. Die schlanke Reiterin war inzwischen noch tiefer über die Stute gebeugt und wirkte total erschöpft. Adrenalin und etwas, das sich unangenehm nach sexueller Erregung anfühlte, durchzuckte Kamal beim Anblick ihres von wildem Haar umrahmten Gesichts, während sie sich verzweifelt an ihrer immer schneller rennenden Stute festhielt.

Er trieb sein Pferd dazu an, die wild gewordene Stute einzuholen – fest entschlossen, das dumme Mädchen zu retten, bevor es sich womöglich noch den Hals brach.

„Los, Mädchen, wir schaffen das!“, dachte Kaliah Khan voller Aufregung.

Wir werden gewinnen, und dann kann ich endlich beweisen, dass ich doch keine Vollversagerin bin!

Die Zügel umklammernd beugte sie sich tief über Ashreens Hals und trieb sie noch weiter an. Sie musste sämtliche Muskeln anspannen, um sich auf ihrem Pferd zu halten, als sie die Bahn entlangrasten. Liah brauchte diesen Sieg, um ihrer Familie, der Elite von Narabia und sich selbst zu beweisen, dass sie das Zeug hatte, sich in einer Männerwelt zu behaupten. Am schlimmsten von allen war Colin, dieses Arschloch, mit dem sie in Cambridge zusammen gewesen war!

Ihr Ärger wirkte wie ein Aufputschmittel und versetzte sie in eine Art Rauschzustand, der ihrem schwächelnden Körper frischen Auftrieb gab. Sie hatte fast das Gefühl zu fliegen. Wäre sie nicht so besessen von ihrem Wunsch zu siegen, hätte sie Ashreen vielleicht besser im Griff, aber dafür war es jetzt zu spät – auch die Stute konnte den Sieg förmlich riechen.

Doch plötzlich tauchte ein unbekannter Reiter auf einem großen weißen Hengst vor ihr auf.

Liah keuchte entsetzt auf. „Was zum …?“ Wo kam der denn auf einmal her? Und was machte er direkt vor ihr?!

Das Pferd, das viel größer war als ihre Stute, lief direkt auf sie zu. Der Mann wirkte wie ein riesiger schwarzer Schatten auf dem weißen Pferd – groß, Furcht einflößend und überwältigend. In ihrem benommenen Zustand kam er Liah vor wie einer der apokalyptischen Reiter, der sie holen wollte, um sie direkt in die Hölle zu bringen.

„Aus dem Weg!“, schrie sie, aber der Wind wehte ihren Befehl weg. Ihre müden Arme fühlten sich inzwischen bleischwer an. Sie schaffte es kaum noch, sich oben zu halten, und war zu erschöpft, um dem Reiter auszuweichen.

Ashreen reckte die Nüstern, als sie den Duft des anderen Tiers wahrnahm. Für den Bruchteil einer Sekunde dachte Liah schon, die Stute würde steigen, aber stattdessen wurde sie langsamer – fast, als sei sie von dem gewaltigen Hengst eingeschüchtert.

„Nein, Ashreen!“, schrie Liah verzweifelt. Die Ziellinie war nur noch wenige Hundert Meter entfernt. Doch bevor sie ihre Stute wieder antreiben konnte, war der andere Reiter plötzlich direkt neben ihr. Sein männliches, kantiges Gesicht war halb von einem Vollbart verdeckt, aber seine Augen blitzten vor Wut und Entschlossenheit.

Welches Recht hatte er eigentlich, wütend zu sein? Sie war diejenige, die gerade aus einem Rennen gedrängt wurde, das sie locker gewinnen würde!

„Lassen Sie die Zügel los!“, rief er. „Ich nehme Sie vom Pferd!“

„Sind Sie verrückt geworden?“, rief Liah zurück, lockerte jedoch instinktiv die Finger. Ihr stockte der Atem, als sie einen harten Unterarm um die Taille spürte und aus dem Sattel gehoben wurde wie eine Stoffpuppe, während Ashreen mit donnernden Hufen allein auf die Ziellinie zurannte.

Bäuchlings landete Liah auf den harten, muskulösen Oberschenkeln des Reiters. Eine Duftmischung aus Gewürzen, Moschus und Seife stieg ihr in die Nase. Das Gewand des Mannes hüllte sie ein, als sein mächtiges Pferd stieg, doch noch bevor sie erschrocken aufschreien konnte, gehorchte es dem Befehl des Reiters und landete wieder auf den Vorderhufen, sodass Liah erneut schmerzhaft mit dem Bauch auf die stahlharten Oberschenkel des Mannes prallte.

Er legte ihr eine Hand auf den Rücken, während er das Pferd quer über die Rennbahn zum Zaun lenkte und dort stehen blieb.

Die Menge brach in so laute Jubelrufe aus, als sei das Ganze eigens zu ihrer Unterhaltung geplant worden. Liah wurde übel, während ihr Adrenalinrausch sich erst in Schock und dann in Wut verwandelte.

Was sollte das denn gerade eben? Wer war dieser Irre? Er hatte sie beide eben fast umgebracht … schlimmer noch, er hatte Liahs Sieg vereitelt! Ihr tat alles weh, aber am meisten litt ihr Stolz.

Die anderen Reiter galoppierten an ihnen vorbei, als der Mann sie seitlich auf seinen Schoß setzte, sodass sie ihn ansehen konnte. Dunkle Augenbrauen zogen sich über durchdringenden goldbraunen Augen zusammen, die ihr seltsam bekannt vorkamen. Hatte sie ihn etwa schon mal gesehen? Diese bernsteinfarbenen Augen …

Ansonsten wirkte jedoch nichts an ihm vertraut. Außerdem hätte sie ihn bestimmt nicht vergessen, wenn sie ihm schon mal begegnet wäre.

Er war sehr groß, unglaublich muskulös und hatte eine auffallend lange gezackte Narbe auf der linken Wange, die sich wulstig unter seinem Bart abzeichnete. Sein wilder, intensiver Blick machte seine markanten, sonnengegerbten Gesichtszüge noch dramatischer.

Sie würde ihn zwar nicht direkt als gut aussehend bezeichnen – dazu wirkte er zu einschüchternd männlich –, aber er war trotzdem atemberaubend.

Und verdammt heiß …

Liah verdrängte diesen idiotischen Gedanken hastig, als sie eine seltsame Hitze in ihrem ohnehin schon gepeinigten Bauch aufsteigen spürte.

„Sind Sie unverletzt?“, fragte er mit einer rauen Stimme mit starkem Akzent, die durch ihren ganzen Körper zu vibrieren schien und ein heißes Pochen in ihrem Unterleib auslöste.

Seine Frage riss sie aus ihrer Trance – und beförderte sie mit einem Ruck zurück in die Realität. Sie versuchte, sich aus dem Griff des Mannes zu befreien. „Natürlich bin ich unverletzt“, antwortete sie mit einer Stimme, die viel zu schrill klang für ihren Geschmack. Sie holte tief Luft. „Und das ganz bestimmt nicht Ihretwegen, Sie Idiot! Was zum Teufel haben Sie sich nur dabei gedacht, mich vom Pferd zu heben? Dabei hätten wir uns beide den Hals brechen können!“

Er zog die dunklen Augenbrauen noch enger zusammen. Seine bernsteinfarbenen Augen blitzten vor Ärger golden auf. „Ich habe Ihnen gerade das Leben gerettet, Sie undankbare kleine Närrin!“, sagte er mit unfassbarer Arroganz.

Liahs Wut verdrängte ihren Schock und ihre fehlgeleitete Bewunderung. „Sind … sind Sie geistesgestört?!“, stammelte sie fassungslos. „Ich stand kurz vor dem Sieg!“

„Ihr Pferd war völlig außer Kontrolle“, widersprach er schroff. „Und Sie waren viel zu schwach, um es wieder in den Griff zu bekommen.“

Schwach? Schwach?!!

Da war sie wieder, die männliche Geringschätzung, mit der Liah trotz der Unterstützung ihrer Eltern und des Rats von Narabia schon ihr ganzes Leben lang zu kämpfen hatte.

Erbost strich sie sich ihr zerzaustes Haar aus dem Gesicht. „Ah, jetzt verstehe ich! Sie haben mich nur deshalb völlig überflüssigerweise gerettet, weil ich eine schwache Frau bin!“ Sie erdolchte ihn förmlich mit Blicken, aber der Mann hatte noch nicht mal den Anstand zu zucken. Stattdessen musterte er sie gründlich von Kopf bis Fuß – was ärgerlicherweise das heiße Pochen in ihrem Unterleib verstärkte.

„Was, Sie sind eine Frau?“ Seine rhetorische Frage triefte nur so vor Sarkasmus. „Schwer zu erkennen, wenn Sie sich wie ein Junge kleiden. Und vor allem sich wie eine verwöhnte Göre benehmen.“

Liahs Wut wurde so übermächtig, dass sie sich extrem zurückhalten musste, ihn nicht in seine spöttisch dreinblickende Visage zu schlagen. Aber bisher hatte sie noch nie einen anderen Menschen geschlagen und hatte daher nicht vor, jetzt damit anzufangen … nicht zuletzt, weil das markante Kinn des Mannes so hart aussah, dass sie sich vermutlich die Finger brechen würde. Trotzdem fiel es ihr unglaublich schwer, die zu Fäusten geballten Hände bei sich zu behalten.

Sie war die Erste, die den Blickkontakt abbrach, woraufhin ihr Blick jedoch prompt auf ihre näher kommenden Eltern fiel. Wieder fühlte sie sich total gedemütigt. Während die Leute ihrem Scheich Platz machten, wurde Liah bewusst, dass diese Menschen hier – Menschen, die sie eines Tages regieren sollte – vermutlich jedes Wort mit angehört hatten, das sie mit diesem Mann hier gewechselt hatte.

Na großartig! Wie um alles in der Welt sollen sie mich jetzt noch respektieren?

Wieder versuchte sie vergeblich, den Arm des Mannes von ihrem Bauch wegzuschieben. „Lassen Sie mich runter!“ Sie hatte keine Lust auf eine Standpauke ihres Vaters, während sie noch auf dem Schoß dieses Mannes saß. Ihr Stolz war auch so schon angekratzt genug. Doch statt sie loszulassen, festigte der Idiot seinen Griff nur.

Da es die Situation nur verschlimmern würde, mit ihm zu ringen, saß sie immer noch auf seinem Pferd, als ihr Vater bei ihnen ankam. Ein Muskel zuckte unkontrolliert in seinem Unterkiefer – ein deutliches Indiz, dass Liah zu weit gegangen war und jetzt mächtig Ärger bekommen würde. Sie konnte nur hoffen, dass ihr Vater nicht seine goldene Regel brach und sie in aller Öffentlichkeit zur Schnecke machte.

Ihre Mutter berührte ihn an einem Arm und murmelte irgendetwas. Zu Liahs Erleichterung schien ihr Vater sich daraufhin zusammenzureißen – ihre Mutter hatte schon immer einen bewundernswert beruhigenden Einfluss auf ihn gehabt. Der Blick, mit dem er Liah streifte, war jedoch verächtlich genug, um sie frösteln zu lassen, bevor er ihn auf den Mann hinter ihr richtete.

„Prinz Kamal, meine Frau und ich möchten uns herzlich für die Rettung unserer Tochter bedanken.“

Prinz? Was, der Typ war ein Prinz? Echt jetzt?! Prinz wovon? Für Liah sah er aus wie ein Bandit und benahm sich vor allem auch wie einer!

„Er hat mich keineswegs gerettet“, platzte sie heraus, doch ihr Vater hob warnend eine Hand.

„Still“, sagte er mit kaum gezügelter Wut. Liah verstummte. „Geh und zieh dich für die Feier um, Kaliah. Wir werden die …“, der Muskel in seinem Unterkiefer zuckte noch wilder, „… Situation später klären, nachdem ich mich angemessen bei dem Prinzen bedankt habe.“

Soll heißen, mach, dass du zurück in den Palast kommst, bevor ich endgültig die Beherrschung verliere.

Liah biss sich auf die Zunge, obwohl sie innerlich darauf brannte, sich leidenschaftlich zu verteidigen. Ohnmächtige Wut brodelte in ihrem Magen. Hätte dieser Idiot sie nicht „gerettet“, hätte sie das Rennen gewonnen, und ihr Vater würde es ihr nicht übel nehmen, dass sie ihre Gesundheit auf Spiel gesetzt hatte. Und jetzt stand sie nur wegen dieses Arschlochs als noch größere Versagerin dar als ohnehin schon!

„Das würde ich ja gern“, stieß sie durch zusammengebissene Zähne hervor. „Aber er lässt mich nicht vom Pferd.“

„Hätten Sie mich höflich darum gebeten, hätte ich das schon längst getan, Eure Hoheit“, schaltete er sich ein.

Zu ihrer maßlosen Empörung funkelten seine goldenen Augen wieder spöttisch. Auch seine Lippen zuckten. Diese miese Ratte! Er hatte anscheinend richtig Spaß an dieser Situation! Es geilte ihn geradezu auf, sie vor ihrem Vater, ihrer Mutter und ihren Untertanen zu erniedrigen!

Es fiel ihr schwer, nicht auf diese Provokation anzuspringen, aber die anderen beobachteten sie immer noch. Sie beschloss daher, einfach über der Situation zu stehen, und wenn es sie umbrachte … was in Anbetracht der heftigen Stiche in ihrer Brust gar nicht so unwahrscheinlich war …

„Bitte, allmächtiger Prinz Kamal“, säuselte sie und klimperte mit den Wimpern, als sei sie tatsächlich die einfältige Idiotin, für die er sie zu halten schien. „Würden sie mich bitte vom Pferd lassen?“

Bevor ich Sie schlage?!

Seine Augen blitzten noch amüsierter auf. Ein seltsames Kribbeln breitete sich in ihrem erschöpften, schmerzenden Körper aus und erweckte Teile ihrer Anatomie zu neuem Leben, von denen sie gerade nichts wissen wollte. Was leider dazu führte, dass ihr seine wie aus Stein gemeißelten Oberschenkel unter ihrem Po nur allzu bewusst wurden.

Was zum Teufel war bloß los mit ihr? Sie war diesem Mann doch gerade erst begegnet, und außerdem konnte sie ihn nicht ausstehen!

Wortlos nahm er den muskulösen Unterarm von ihrem Bauch, und sie sprang trotz ihrer wackligen Beine so würdevoll wie möglich vom Pferd, obwohl sie innerlich immer noch vor Wut kochte. Alle – ihr Vater eingeschlossen – sahen sie an wie ein aufsässiges Kind statt wie eine Prinzessin.

Sie straffte die Schultern, reckte das Kinn und zwang sich, hoch erhobenen Hauptes durch die sich teilende Menge zum Palast zu gehen, wobei sie den spöttischen Blick von Prinz Arschloch im Rücken zu spüren glaubte. Wieder begann ihr Körper lustvoll zu kribbeln.

Was zum …?

Liahs ohnehin schon unangenehmer Spießrutenlauf wurde die reinste Hölle, sodass sie sich so fest auf die Unterlippe biss, dass sie blutete.

2. KAPITEL

„Dad, das kann unmöglich dein Ernst sein! Dieser Mann ist ein arroganter, sexistischer Idiot, der mir und Ashreen den Sieg genommen hat, für den wir monatelang hart trainiert haben. Ich würde keine zehn Sekunden freiwillig in seiner Gesellschaft verbringen, geschweige denn, ihn einen ganzen Abend lang begleiten!“

Liah fiel es schwer, nicht zu jammern, aber die Strafe, die ihr Vater sich für sie ausgedacht hatte, war einfach zu schrecklich. Sie würde lieber sterben, als während der Feier an Prinz Kamals Seite zu sein. Zumal er die Gelegenheit vermutlich dazu nutzen würde, ihr gegenüber noch arroganter aufzutreten.

Ihr Vater, der an seinem Schreibtisch saß, hob den Blick und sah sie aus schmalen Augen an. „Genau deshalb will ich ja, dass du es tust.“ Er blieb so hart wie Stein.

„Aber ich …“

„Ich will kein Ich mehr von dir hören!“, fiel er ihr ungeduldig ins Wort. „Es dreht sich nicht immer nur alles um dich, Liah! Prinz Kamal wagt sich heute zum ersten Mal unter fremde Menschen, seit er zum Thronfolger von Zokar ernannt wurde, und seine Herkunft hat ihn nicht auf Feiern wie die heute Abend vorbereitet.“

Was für eine Herkunft? fragte Liah sich unwillkürlich, verdrängte diese Frage jedoch. Der Mann und seine Herkunft interessierten sie nicht die Bohne!

„Als Kronprinzessin ist es deine Aufgabe, ihm das Gefühl zu vermitteln, hier willkommen zu sein.“

Ihr Vater war so offensichtlich enttäuscht von ihr, dass Liahs Magen sich schmerzlich verkrampfte.

Scheich Khan war ein brillanter Herrscher, der alles für sein Land tat. Seit seiner Thronbesteigung vor zwanzig Jahren hatten er und Liahs Mutter dafür gesorgt, dass jeder Untertan in den Genuss von Bildung und medizinischer Versorgung kam. Ihre Erstgeborene zur Thronfolgerin zu bestimmen, statt auf einen Sohn zu warten, war ebenso fortschrittlich gewesen. Liah war es daher umso unangenehmer, dass ihr für diese Position das nötige Selbstvertrauen fehlte.

Natürlich wollte sie das Volk von Narabia oder ihre Eltern nicht enttäuschen, und obwohl sie ihrem Vater hundertprozentig darin zustimmte, dass eine Frau das Land genauso gut regieren konnte wie ein Mann, zweifelte sie insgeheim daran, die Richtige dafür zu sein.

Ihre Eltern ließen ihr alle Freiheiten. Da sie eine Pferdenärrin war, hatten ihre Eltern ihr in ihrer Kindheit erlaubt, die Sommerferien auf dem Gestüt ihrer Cousine in Kildare in Irland zu verbringen und später in den USA und in England zu studieren. Das Problem war nur, dass sie schon immer impulsiv und eigensinnig gewesen war … und sie schien nichts dagegen machen zu können, noch nicht mal ihren Eltern zuliebe, ganz egal, wie viel Mühe sie sich gab.

Innerlich seufzend versuchte sie, sich nichts von ihren Selbstzweifeln anmerken zu lassen. Nichts war ihr so wichtig wie der Respekt ihres Vaters.

„Na gut, ich mach’s“, gab sie widerstrebend nach. „Aber nur dir zuliebe. Ich finde immer noch, dass Prinz Kamal ein Idiot ist.“

„Ich weiß.“ Die Lippen ihres Vaters zuckten für den Bruchteil einer Sekunde und milderten seinen strengen Gesichtsausdruck etwas ab. Er fing sich zwar rasch wieder, aber der Knoten in Liahs Magen lockerte sich ein wenig. Sie wusste, dass sie ihn oft zur Verzweiflung brachte, was auf Gegenseitigkeit beruhte –, wahrscheinlich, weil sie sich so ähnlich waren. Aber sie wusste auch, dass er sie sehr liebte und ihr nie seine Liebe entziehen würde, ganz egal, wie oft sie Mist baute.

Gott sei Dank.

„Du bist eine außergewöhnlich gute Reiterin, Liah“, fuhr ihr Vater fort. „Hätten deine Mutter und ich gewusst, dass du seit deiner Rückkehr vom College mit Ashreen für das Rennen trainiert hast, wären wir bei eurem Anblick vorhin vielleicht nicht um mehrere Jahre gealtert.“

Der Stolz in seiner Stimme war nicht zu überhören. Liahs Vater war immer stolz auf sie gewesen, schon, seit sie ein kleines Mädchen gewesen war und er ihr versichert hatte, dass sie alles erreichen konnte, was sie wollte.

„Aber solltest du so etwas je wieder tun, werde ich dir für den Rest deines Lebens Stubenarrest verpassen.“

Liah schnaubte belustigt. „Schon klar.“ Sie wusste genauso gut wie er, dass das nur eine leere Drohung war, aber er hatte anscheinend wirklich Angst um sie gehabt.

Na gut, sie war ihm tatsächlich etwas schuldig.

„Ich verspreche, Prinz Kamal heute Abend gegenüber die perfekte Gastgeberin zu sein und mein Bestes zu geben, ihn nicht zu beschimpfen.“

Auch wenn das eine echte Herausforderung werden würde.

Als Kamal ein Klopfen an der Tür hörte, stieß er einen heftigen Fluch aus. Wahrscheinlich war das jemand von Khans Personal, um ihn für die Feier abzuholen.

Eine Feier, auf die Kamal ehrlich gesagt gut verzichten konnte.

In seinem neuen schwarzen Smoking und weißem Hemd kam er sich total verkleidet vor. Er war nicht an westliche Abendmode gewöhnt und zog die lockeren Gewänder der Wüste vor, doch schon allein für seine Handelsreise durch Europa vor seiner Krönung würde er sich an eine andere Garderobe gewöhnen müssen. Vorausgesetzt natürlich, er fand bis dahin eine passende Frau …

Mit finsterer Miene betrachtete er sein Spiegelbild. Die Hose und das Hemd hatten ihm keine Probleme bereitet, aber die Fliege überforderte ihn komplett.

Als er wieder ein Klopfen hörte, stapfte er ungeduldig zur Tür und riss sie auf. „Ja?“, bellte er.

Das heimtückische Verlangen, das ihn schon den ganzen Abend quälte – seit Prinzessin Kaliah sich auf seinem Schoß gewunden hatte genau genommen – flammte schlagartig wieder auf.

Sie. Schon wieder! Diesmal jedoch nicht als Jockey, sondern als Prinzessin gekleidet. Als halb nackte Prinzessin.

Sie trug ein umwerfendes rotes Satinkleid, das ihr bis zu den Knöcheln reichte, aber jede Menge Dekolleté zeigte und dank des seitlichen Schlitzes ellenlange Beine, während die mit Juwelen bestickten Träger so dünn aussahen, als würden sie jeden Moment reißen. Er ließ den Blick von ihren kunstvoll hochgesteckten Locken zu ihren rot lackierten Fußnägeln in hochhackigen Sandalen gleiten.

Als sie sich räusperte, hob er den Blick wieder zu ihrem Gesicht. Ihre saphirblauen Augen wurden von glitzerndem Lidschatten betont, während ihre vollen Lippen im schwachen Licht des Palasthofs noch küssenswerter aussahen als vorhin.

Sie musterte ihn leicht verwirrt von Kopf bis Fuß. Vermutlich wegen seines Aufzugs. „Prinz Kamal, nehme ich an?“, fragte sie etwas atemlos.

Kamal ging es nicht viel anders. Er hatte auch nicht damit gerechnet, sie in so einem Aufzug zu sehen. Wie ein Junge sah sie jedenfalls nicht mehr aus. Nicht, dass das vorhin wirklich der Fall gewesen war …

„Was wollen Sie hier?“, fragte er schroffer als beabsichtigt, aber wegen seines unangenehmen Erregungszustands fühlte er sich ihr gegenüber im Nachteil, und das gefiel ihm überhaupt nicht.

Sollte er vorhin flüchtig mit dem Gedanken gespielt haben, Prinzessin Kaliah als Heiratskandidatin in Erwägung zu ziehen, hatte er diese Idee schnell wieder verworfen, als er realisiert hatte, dass sie die gerettete Reiterin war.

So sehr er es auch genossen hatte, sich für die Demütigung zu rächen, der er ihretwegen vor fünfzehn Jahren ausgesetzt gewesen war, und zu beobachten, wie ihre blauen Augen sich verdunkelt hatten, als sie versucht hatte, sich aus seinem Griff zu befreien, so bewusst war ihm geworden, dass der Ruf der Prinzessin als Wildfang mehr als berechtigt war. Kaliah Khan war nicht nur komplett undiszipliniert, sondern offensichtlich auch extrem stur und verwöhnt.

Er hingegen brauchte eine Frau, die ihm gehorchte, sich seiner Autorität beugte und den Frauen im Land ein gutes Vorbild war, kein nicht zu bändigendes Mädchen, das sich und ihr Benehmen nicht im Griff hatte.

Sie zu heiraten, kam daher nicht infrage.

Wieder betrachtete er ihr Kleid. Nicht nur ihr leichtsinniges Verhalten war ein Problem; er bezweifelte auch, dass sie noch Jungfrau war. Dafür wirkte sie viel zu selbstsicher und sich ihres Sex-Appeals nur allzu bewusst, und er wollte Uttram Aziz und den anderen konservativen Älteren keine Chance geben, seine Braut wegen einer bloßen Formalität abzulehnen.

Sie wirkte immer noch wütend auf ihn, versuchte jedoch sichtlich, das zu überspielen. „Mein Vater hat mich gebeten, Sie zur Feier zu begleiten und Sie den anderen Gästen vorzustellen“, säuselte sie.

„Hat er Sie darum gebeten oder es von Ihnen verlangt?“, fragte Kamal direkt. Die Prinzessin wollte ihn garantiert genauso wenig zu dieser Feier begleiten wie er Wert auf ihre Gesellschaft legte – gar keinen nämlich.

Erschwerend hinzu kam die Wirkung, die sie auf ihn hatte. Vorhin bei ihrem Abgang vom Rennplatz zum Beispiel war er unfähig gewesen, den Blick von ihrer störrischen Rückseite loszureißen. Unwillkürlich sah er wieder vor sich, wie sie auf seinem Schoß gesessen war, steif vor Wut und mit sich unregelmäßig unter ihrer Jockeykluft hebenden und senkenden Brüsten und wildem Haar. Er erinnerte sich auch an ihren Duft – eine geradezu süchtig machende Mischung aus zartem Parfum und weiblichem Schweiß.

Und jetzt stand sie direkt vor ihm, noch dazu in einem sündhaft sexy Kleid. Wie auf ein Stichwort meldete sich wieder die unerwünschte Hitze in seinen Lenden. Kaliah Khan – und ihre außergewöhnliche Schönheit – waren eine Ablenkung, die er sich bei der dringenden Suche nach einer passenden Frau beim besten Willen nicht leisten konnte.

Sie stützte eine Hand in eine Hüfte, wobei sich das Mieder ihres Kleides auf eine Art über ihren Brüsten spannte, die ihm unfreiwillig das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ.

„Er hat es von mir verlangt“, antwortete sie mit einer Aufrichtigkeit, die Kamals widerstrebenden Respekt weckte. „Aber ich bin inzwischen bereit, Ihnen zu verzeihen, dass Sie vorhin meine Chance auf den Sieg ruiniert haben.“ Ihre blauen Augen funkelten wie die Juwelen in ihrer kunstvollen Hochsteckfrisur. „Ich werde Ihnen daher heute etwas unter die Arme greifen. Mein Vater hat gesagt, Sie kennen hier noch niemanden und dass Sie solche Feiern nicht gewohnt sind, sodass Sie jemanden brauchen, der Ihnen das Gefühl gibt, willkommen zu sein.“

Kamal versteifte sich unwillkürlich, obwohl in ihrer Stimme nur Irritation über ihren Vater und keine Herablassung mitschwang, aber man hatte im Laufe seines Lebens schon zu oft auf ihn herabgesehen. Warum sollte es jetzt anders sein?

„Richten Sie Ihrer Majestät meinen Dank aus“, sagte er mit einem Tonfall, der keinen Zweifel an seinem Undank ließ. „Aber ich brauche keine Hilfe von jemandem, der sich für etwas Besseres hält als mich.“

Er trat einen Schritt zurück, um die Tür zu schließen – froh, das letzte Wort gehabt zu haben und den Abend nicht in der Gesellschaft dieser Frau verbringen zu müssen, aber zu seiner Überraschung legte sie eine Hand gegen die schwere Eichentür. Die Irritation in ihrem Blick wich etwas, das fast wie Neugier aussah.

„Moment mal, wie kommen Sie darauf, dass ich mich für etwas Besseres halte als Sie?“ Sie klang aufrichtig interessiert.

Weil Sie als Prinzessin geboren wurden und ich als Niemand.

Kamal verdrängte diesen Gedanken wieder. Seine niedrige Geburt machte ihn niemandem gegenüber unterlegen, weder Mann noch Frau.

Sich selbst über seine überempfindliche Reaktion ärgernd lehnte er sich mit einer Schulter gegen den Türrahmen, verschränkte die Arme vor der Brust und funkelte die Prinzessin gereizt an. „Wie ich darauf komme?“, fragte er, fest entschlossen, recht zu behalten. „Bei unserer Begegnung vorhin waren Sie mir gegenüber nicht gerade respektvoll.“

Zu ihrer Überraschung wurden ihre Gesichtszüge etwas weicher, und in ihren blauen Augen schimmerte etwas, das fast nach Verlegenheit aussah.

„Na ja, Sie müssen doch zugeben, dass Sie mir gegenüber auch nicht gerade respektvoll waren.“ Bevor er widersprechen konnte, fügte sie hinzu: „Abgesehen davon war ich wegen ihrer überflüssigen Rettungsaktion stinksauer auf Sie. Sollte ich jedoch den Eindruck vermittelt haben, dass ich auf Sie herabsehe, tut es mir leid. Ich halte mich niemandem gegenüber für überlegen, glauben Sie mir.“

Überrascht über ihre freimütige Antwort und ihre aufrichtig wirkende Reue löste er sich vom Türrahmen. Wollte sie ihn etwa austricksen?

Nein, irgendwie konnte er sich das nicht vorstellen, obwohl sich ihm gegenüber noch nie jemand ihrer Stellung bei ihm entschuldigt hatte.

Ihre Worte lösten fast so etwas wie Rührung und Dankbarkeit in ihm aus, doch er verdrängte diese Anwandlung. Für solche Sentimentalitäten hatte er keine Zeit. Schon gar nicht brauchte er eine Entschuldigung von Leuten wie ihr. Er hatte schon früh aufgehört, sich Gedanken über die Meinung anderer Menschen zu machen.

„Wenn es Ihnen wirklich leidtut, dann erklären Sie mir lieber, was man mit so etwas Unnützem wie hiermit macht.“ Er wedelte mit den beiden Enden der nervigen Fliege um seinen Hals.

Sie nickte, offensichtlich bereit, den von ihm angebotenen prekären Waffenstillstand zu akzeptieren, und tänzelte zu seiner Überraschung an ihm vorbei in seine Suite. Dabei stieg ein zarter Parfumduft vom raschelnden Rock ihres Kleides auf … und er bekam den verstörenden Anblick ihres nackten Rückens geboten. Der verdammte Ausschnitt ging ihr bis zum Kreuz. Sein Blick fiel auf zwei gerundete Pobacken, die wie reife Pflaumen aussahen, bereit, gepflückt zu werden.

Er zwang sich, wieder ihr Gesicht zu betrachten, als sie sich zu ihm umdrehte. Ihre Wangen waren leicht gerötet.

„Okay, am besten schließen Sie erst mal die Tür“, sagte sie.

Ihrem unschuldigen Blick nach zu urteilen, hatte sie keine Ahnung, welche Reaktion ihre Worte in ihm auslösten. „Ich bin keine Fliegen-Expertin, habe meinen Brüdern aber ab und zu mal beim Binden geholfen, also kann ich mich gern daran versuchen.“

Wider besseren Wissens schloss Kamal die Tür und versteifte sich, als sie sich auf die Zehenspitzen stellte und nach den beiden Enden des Stoffstreifens um seinen Hals griff. „Was machen Sie da?“, grummelte er mit einer Stimme, die ihn an ein eingerostetes Schnurren erinnerte.

Himmel, die Frau gab ihm echt den Rest!

Sie stand so dicht vor ihm, dass ihr Kleid seine Beine streifte und er die Umrisse ihrer Brüste im Ausschnitt erkennen konnte. Trug sie überhaupt einen BH?

Sie hob wieder den Blick zu ihm und errötete noch etwas mehr. „Ihre Fliege binden. Was dachten Sie denn? Dass ich über Sie herfallen will?“

Liah verfluchte sich im Stillen, kaum war ihr diese Frage entschlüpft. Warum redete sie auch immer, ohne nachzudenken? Und was hatte sie sich nur dabei gedacht, die Privaträume eines Mannes zu betreten? Denn ihre jetzige Situation – allein mit ihm hinter verschlossenen Türen – kam ihr plötzlich ganz schön … gefährlich vor.

Als er den Blick über ihren Körper gleiten ließ – mit besitzergreifender Selbstverständlichkeit übrigens –, kam sie sich fast nackt vor. Warum hatte sie nichts anderes angezogen? Sie liebte dieses Designerkleid zwar, das ihre schlanke Figur betonte und sie weniger jungenhaft aussehen ließ, aber im Moment fühlte sie sich fast zu weiblich.

Wie ein perfektes Festmahl für diesen Mann …

Nicht dass sie sich so etwas auch nur im Traum wünschte. Ganz und gar nicht!

Doch noch während sie sich das sagte, spürte sie, dass sich ihre Knie etwas wackliger anfühlten als sonst und ihr ganz heiß zwischen den Schenkeln wurde.

Er betrachtete sie immer noch ausgiebig, bevor er ihre alberne Frage mit einem Kopfschütteln beantwortete. „Machen Sie weiter“, sagte er brüsk.

Er war eindeutig daran gewöhnt, Befehle zu erteilen. So viel zu der Behauptung ihres Vaters, dass Prinz Kamal sich in seiner neuen Rolle nicht wohlfühlte. Ihr kam er wie ein geborener Führer vor.

Nach kurzem Zögern trat sie noch etwas dichter an ihn heran und sah ihn schlucken. Ihr Höschen wurde unangemessen feucht, als sie die Finger zum obersten Knopf seines Hemdes hob, um ihn zu schließen.

Kamal schnaubte.

„Alles okay?“, fragte sie heiser. Sie hatte das seltsame Gefühl, gerade einen ziemlich nervösen Hengst beruhigen zu müssen – einen wilden Hengst, der sie jeden Moment in den Staub treten konnte.

Er erwiderte ihren Blick intensiv. „Nein. Ich habe gerade das Gefühl, stranguliert zu werden.“

„Sorry“, murmelte sie, „aber leider geht es nicht anders, wenn ich den Kragen über der Fliege festknöpfen will.“

Er nickte wenig überzeugt.

Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und griff nach den beiden Enden der Fliege, wobei sie ihre zitternden Finger verfluchte. Irgendwie machte er sie neugierig. So wie schon gerade eben, als er ihr unterstellt hatte, ihn von oben herab zu behandeln. Zig Fragen schossen ihr durch den Kopf – Fragen, die sie sich nicht stellen dürfte, und trotzdem …

Warum hatte er bisher noch nie einen Smoking und eine Fliege getragen? Wie kam er zum Thron von Zokar? Wo kam er her? Welche Bewandtnis hatte es mit seiner Narbe? Und warum kamen ihr seine goldenen Augen irgendwie bekannt vor?

Sie biss sich auf die Unterlippe, um ihm keine aufdringlichen Fragen zu stellen, und konzentrierte sich stattdessen darauf, seine Fliege zu binden, wobei sie versuchte, den Kontakt mit seiner warmen Haut zu vermeiden.

Eins stand jedenfalls fest – Kasim und Rohaan diesen Gefallen zu tun, war nicht annähernd so anstrengend und aufwühlend wie das hier, obwohl die beiden keine Sekunde still stehen konnten.

Nach gefühlt endlosen und qualvollen Minuten gelang es ihr endlich, eine halbwegs passabel aussehende Fliege zu binden. „So, ich glaube, das war’s“, sagte sie heiser, ließ die Hände sinken und trat einen Schritt zurück.

Als sie den Blick zum Prinzen hob, stellte sie fest, dass er sie wieder beobachtete. Er sah sie forschend und konzentriert aus goldenen Augen an. In seinem Blick lag jedoch noch etwas anderes – etwas Heißes, Intensives –, das ausnahmsweise mal nicht nach Abneigung aussah.

Ihr wurde ganz heiß unter seinem Blick, der ihr nur allzu bewusst machte, dass sie nur zwei Klebe-BH-Körbchen unter ihrem Kleid trug, die verhinderten, dass ihre Brüste aus dem Mieder rutschten.

„Und? Wie fühlt sich das an?“, fragte sie etwas atemlos, um den seltsamen Zauber zu brechen.

Er berührte die Fliege, bewegte sie etwas hin und her und reckte unbehaglich den Hals. „Unbequem.“

„Warum haben Sie eigentlich noch nie eine getragen?“, platzte sie heraus und sah ihn missbilligend die Lippen zusammenpressen. War sie ihm etwa schon wieder zu nahe getreten?

„Bei der Armee von Zokar war so ein Schwachsinn nicht nötig.“

Sein Tonfall klang abfällig, aber Liah fand seine Antwort trotzdem erfrischend direkt und musste lachen. „Seien Sie froh, dass Sie nicht auch noch so lächerliche Schuhe tragen müssen wie ich.“ Sie streckte einen Fuß aus, um ihm ihre hohen Absätze zu zeigen, wobei der Schlitz ihres Kleides aufklaffte.

Als er den Blick von ihrem entblößten Oberschenkel zu ihrem Knöchel gleiten ließ, wurde ihr wieder ganz heiß.

„Sehr elegant“, murmelte er. Seine Augen funkelten begehrlich.

Sein heiseres Kompliment gepaart mit seinem Blick ließ sie lustvoll erschauern. Hastig setzte sie ihr Bein wieder ab und bedeckte es.

Sie ist faszinierend. Ich will sie unbedingt besitzen.

Kamals Blick wanderte immer wieder zu der jungen Frau neben ihm, die gerade mit ihrer Cousine, der Königin von Zafar, mit beachtlicher Fachkenntnis und Begeisterung über ihr Pferd sprach.

Kaliah war schon den ganzen Abend an seiner Seite, stellte ihn den Gästen vor und plauderte mit Tiefgründigkeit und Fachwissen über die unterschiedlichsten Themen, sowohl triviale als auch komplexe. Sie versuchte auch immer wieder geschickt, ihn in diese Gespräche mit einzubeziehen, und er empfand das noch nicht mal als herablassend. Ehrlich gesagt war er geradezu betört.

Natürlich war ihm bewusst, dass die Prinzessin sich nur deshalb so viel Mühe mit ihm gab, weil ihr Vater sie darum gebeten hatte, aber sie schien es trotzdem nicht eilig zu haben, ihn wieder loszuwerden. Im Gegenteil, sie gab sich größte Mühe, dafür zu sorgen, dass er sich wohlfühlte.

Viel Glück damit.

Wie sollte er sich entspannen, wenn ihm ständig ihr verführerischer Duft in die Nase stieg und sein Blick immer wieder auf ihre sich aufreizend unter dem Stoff ihres Kleides abzeichnenden Brüste fielen? Auch der Anblick ihres bei jedem Schritt unter dem Schlitz ihres Rocks hervorblitzenden nackten Beins trieb ihn fast in den Wahnsinn.

Wäre es sehr schlimm, sie zu verführen, bevor ich mir eine passende Frau suche?

Diese verrückte Idee ließ sein schwelendes Verlangen erst recht auflodern.

Wahrscheinlich sollte er die Finger von Kaliah Khan lassen. Wildfang hin oder her – sie war die künftige Königin ihres Landes. Abgesehen davon dürfte er sich nicht zu ihr hingezogen fühlen … auch wenn das offensichtlich auf Gegenseitigkeit beruhte.

Frauen hatten in seinem Leben bisher nur eine untergeordnete Rolle gespielt – sie waren dazu da, seine körperlichen Bedürfnisse zu befriedigen, mehr nicht. Er hatte noch nie ein tieferes Gespräch mit einer Frau geführt. Ihm reichte es, wenn sie mit ihm ins Bett gingen. Darüber hinaus interessierte er sich nicht für sie.

Kaliah Khan hingegen beschäftigte ihn gedanklich schon den ganzen Abend. Sie war ihm ein Rätsel. Sie fühlte sich sichtlich zu ihm hingezogen, blieb ihm gegenüber jedoch erstaunlich reserviert. Da sie leichtsinnig genug war, ein halbwildes Pferd mit halsbrecherischer Geschwindigkeit zu reiten, konnte er ihr Verhalten nicht ganz nachvollziehen.

Als er vorhin in seiner Suite gemerkt hatte, dass sie auf ihn stand, hatte er erst gedacht, sie nutze die Gelegenheit mit der Fliege, um mit ihm zu flirten und ihn vielleicht sogar anzumachen, aber wenn er sie dabei ertappte, ihn zu betrachten, strahlte sie eher Unschuld als Berechnung aus und blieb ihm gegenüber total geschäftsmäßig. Je mehr sie jedoch versuchte, seine Wirkung auf sie zu überspielen, desto reizvoller wurde die Versuchung, ihr ein Bekenntnis dazu zu entlocken.

Aber auch das wäre ein Fehler. Sie war nicht nur die falsche Frau, sondern das hier waren auch noch der falsche Zeitpunkt und Ort. Und wer weiß, vielleicht fand er sie ja nur deshalb so begehrenswert, weil tief in ihm noch der kleine Diener steckte, der sowieso nie gut genug für sie sein würde. 

„Es war schön, Sie kennenzulernen, Prinz Kamal“, sagte die Königin von Zafar zu ihm. „Ich hoffe doch, Sie statten uns während ihrer Handelsreise in Kildare einen Besuch ab?“

Die Vorstellung reizte ihn nicht im Geringsten. „Danke für die Einladung“, sagte er daher nur.

Als Königin Orla fort war, drehte Prinzessin Kaliah sich zu ihm um. „Warum haben Sie die Einladung nicht angenommen?“, fragte sie direkt. „Orla und Karim sind ein einflussreiches Power-Paar, nicht nur in Irland, sondern in Europa.“

„Was geht Sie das an?“, fragte er schroff. Ihre Frage ärgerte ihn. Hielt sie ihn etwa für unfähig, soziale Kontakte zu pflegen? Seine Frustration wuchs, als sein Blick wieder auf ihre Brüste fiel.

Sie blinzelte etwas verletzt. „Sind Sie immer so unfreundlich, oder reagieren Sie nur bei mir so?“

Kamal betrachtete ihr schönes Gesicht. Er wollte sie, und sie wollte ihn. Wozu sich etwas versagen, das sie problemlos ausleben könnten? Er trat einen Schritt dichter an sie heran und hob mit einem Finger ihr Kinn. Zu seiner Befriedigung erschauerte sie unter seiner Berührung. „Gewisse Reaktionen lösen nur Sie bei mir aus, Kaliah“, sagte er leise.

Ihre Augen weiteten sich etwas und verdunkelten sich dann.

Kamals Begehren wuchs. Als sie nicht antwortete, lachte er heiser. Machte sie etwa gerade einen auf sittsam? Sanft ließ er einen Daumen über ihre Unterlippe gleiten, bevor er die Hand wieder sinken ließ. Er würde sich ihr nicht aufdrängen, aber wenn er etwas wollte, bekam er es für gewöhnlich. Und heute wollte er sie. „Vielleicht sollten wir irgendwohin gehen, wo wir ungestört sind?“

Sie errötete heftig. Anscheinend war er etwas zu direkt gewesen. Andererseits – wozu sich verstellen und etwas vorgeben, das er sowieso nicht bieten konnte? Manieren zum Beispiel?

Während er auf ihre Antwort wartete, spiegelten sich die unterschiedlichsten Emotionen auf ihrem ausdrucksvollen Gesicht – Schock und Empörung, dicht gefolgt von lebhafter Neugier.

Er wurde so hart, dass seine Hose im Schritt spannte. Warum machte ihre Durchschaubarkeit sie nur umso reizvoller für ihn?

Sie schwieg so lange, dass er schon befürchtete, sie würde ihn abweisen, doch dann sagte sie heiser „okay.“

Das ließ Kamal sich nicht zwei Mal sagen. Er nahm ihre Hand und verließ möglichst unauffällig mit ihr den Raum.

3. KAPITEL

Du musst mit diesem Irrsinn aufhören, bevor es zu spät ist, Liah! Du kennst diesen Mann doch gar nicht. Du weißt noch nicht mal, ob du ihn magst.

Doch Liah fühlte sich körperlich so stark zu Kamal hingezogen, dass sie ihm mehr oder weniger willenlos folgte. Wo kam dieses lustvolle Pochen zwischen ihren Schenkeln nur her, das ihr die Nähe dieses Mannes so brutal bewusst machte? Und das, obwohl er den ganzen Abend total schweigsam gewesen war, unhöflich geradezu. Er hatte mit kaum jemandem gesprochen, den sie ihm vorgestellt hatte, und hatte sich keine Mühe gegeben, Konversation zu machen, obwohl das bei solchen Anlässen so üblich war.

Mehr als nur einmal hatte sie sich gefragt, was sich wohl hinter seinem unergründlichen Gesichtsausdruck verbarg. Verurteilte er dieses Event – sie alle? Es war offensichtlich, dass er das Treiben im Palast für total frivol hielt, und obwohl sie ihm normalerweise zustimmen würde, verspürte sie das seltsame Bedürfnis, sich und ihren Lebensstil ihm gegenüber zu verteidigen.

Sie hätte ihn schon vor Stunden sich selbst überlassen sollen. Er hatte schließlich keinen Hehl daraus gemacht, keinen Wert auf ihre Hilfe zu legen.

Doch seine offensichtliche Verachtung konnte leider auch nichts gegen ihr Verlangen ausrichten, das sie im Grunde schon quälte, seit er sie von ihrem Pferd runtergeholt und auf den Schoß genommen hatte.

Seit wann stand sie eigentlich auf dominante, arrogante Männer? Ihre bisherigen Freunde waren allesamt Intellektuelle gewesen, fast schon Nerds. Andererseits hatte sie sich noch nicht mal ansatzweise so zu ihnen hingezogen gefühlt wie zu diesem harten und unzugänglichen Mann …

Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie vor seiner Suite ankamen und er ihre Hand losließ, um die Tür aufzuschließen. Wahrscheinlich sollte sie sich jetzt einfach entschuldigen und gehen.

Die Atmosphäre war jedoch so aufgeladen, dass ihr beim besten Willen keine diplomatische Ausrede einfiel. Noch nie war sie von einer so rastlosen Energie erfüllt gewesen. Es war, als hätte ihr Körper ein Eigenleben. Sie war wie verzaubert – wie unter einem Bann, der sie zu gefährlichen Dingen trieb. Es war geradezu berauschend.

„Falls du deine Meinung geändert hast, begleite ich dich gern zurück“, sagte Kamal zu ihrer Überraschung. Es war das erste Mal, dass er das Wort ergriff, seit sie die Party verlassen hatten.

Eigentlich sollte sie erleichtert sein, aber die Tatsache, dass er ihre Unentschlossenheit zu spüren schien und bereit war, darauf Rücksicht zu nehmen, vertrieb ihre Zweifel irgendwie. So viel Feinfühligkeit hätte sie ihm gar nicht zugetraut.

Sofort gewann ihre leichtsinnige Seite wieder die Oberhand. Vor allem, als seine Lippen zynisch zuckten.

„Ich kann dir übrigens nicht mehr als eine Nacht bieten.“

Seine Worte, so unglaublich arrogant und irritierend gleichgültig, wirkten auf sie wie ein rotes Tuch auf einen Stier. Anscheinend ging er davon aus, dass sie kneifen würde.

Arschloch!

Ein frischer Adrenalinschub ließ ihr Verlangen von Neuem aufflammen. „Wie kommst du darauf, dass ich mehr will?“, schoss sie zurück. Sie beschloss, nicht mehr gegen ihren Körper anzukämpfen. Dieser Mann hier hatte etwas an sich, gegen das sie anscheinend machtlos war.

Wahrscheinlich lag das an seinen Pheromonen. Es war reine Chemie. Mit ihm persönlich hatte das nicht viel zu tun. Vielleicht entlud sich auch gerade nur ihre Frustration wegen Colin. Sie war nämlich keineswegs frigide, und genau das würde sie jetzt beweisen!

Eine Nacht reichte dafür völlig aus. Sie wollte einfach nur wilden, zügel- und hemmungslosen Sex mit einem Mann, der nicht mehr von ihr erwartete. Mehr als Sex kam mit ihm sowieso nicht infrage. Ihre Herkunft, ihre Zukunft, ihre Ziele, Wünsche und Pläne könnten nicht unterschiedlicher sein.

Ein Mann wie Prinz Kamal würde ihr Herz nie erobern.

„Weil Sie eine Frau sind und Frauen Sex und Gefühle oft nicht trennen können“, erklärte er.

Offensichtlich war ihm nicht klar, dass ihre Frage nur rhetorisch gewesen war. Dieses chauvinistische …!

Ihr Adrenalinspiegel schoss so heftig hoch, dass sie Kamal am Revers packte und ihn zu sich heranzog, fest entschlossen, ihm zu zeigen, wer hier das Sagen hatte. „Dann ist es ja nur gut, dass ich keine Durchschnittsfrau bin“, stieß sie durch zusammengebissene Zähne hervor.

Das in seinem Blick aufflammende ungezügelte Verlangen ließ seine bernsteinfarbenen Augen lodern wie flüssiges Gold. „Gut.“ Er presste die Lippen auf ihre und küsste sie schockierend besitzergreifend.

Kaliah stockte der Atem, als er ihre Lippen mit der Zunge teilte. Unwillkürlich öffnete sie den Mund und spürte plötzlich Körperstellen pulsieren, die sie bisher nie für erogene Zonen gehalten hätte.

Er ließ die Hände über ihren nackten Rücken gleiten und zog sie an sich. Sein Körper fühlte sich so fest und hart an, dass sie sich instinktiv an ihm rieb, überwältigt von lustvollen Empfindungen.

Sie hörte ihn scharf einatmen, bevor er sie so hungrig weiterküsste, als wolle er nie wieder aufhören. Sie erwiderte seinen Kuss leidenschaftlich. Zwischen ihren Schenkeln pochte es inzwischen so heftig, dass es fast wehtat.

Ruckartig löste er die Lippen von ihren und umfasste ihre Wangen, um ihren Kopf in eine Richtung zu biegen, die ihm das Küssen erleichterte. Voller Verlangen und Begierde ließen sie die Zungen miteinander ringen und versuchten jeder, die Oberhand zu gewinnen. Als sie schließlich nach Luft schnappten, spürte sie seine Härte an ihrem Bauch.

„Wie schon gesagt, ich stehe dir nur für eine Nacht zur Verfügung, ganz egal, wie gut es wird“, sagte er mit rauer Stimme, während er ihr eine Haarsträhne hinters Ohr strich. „Mehr kann ich dir leider nicht bieten.“

Arroganter Mistkerl!

„Dann ist es ja nur gut, dass mich sowieso nur dein Körper interessiert“, schoss sie zurück, um ihm zu beweisen, dass sie Endorphine nie mit Liebe verwechseln würde.

Er lachte nur, statt gekränkt zu reagieren. „Dann brauche ich mir ja keine Sorgen zu machen“, antwortete er, und bevor sie sich empören konnte, hob er sie hoch und trug sie ins vom Mondlicht erhellte Schlafzimmer. Liahs Atemzüge beschleunigten sich, als Kamal sie neben dem großen Doppelbett absetzte, das mit seinen bunten Seidenkissen unglaublich romantisch aussah.

Sie schluckte. Nichts hier war romantisch! Kamal und sie lebten nur ihre explosive Chemie aus, das war alles.

Doch als er sie sanft zur Balkontür umdrehte, ihr die mit Juwelen besetzten Nadeln aus dem Haar zog und es etwas zur Seite schob, um fast andächtig ihren Nacken zu küssen, stockte ihr doch der Atem.

Unterhalb des Balkons lagen die Gärten. Springbrunnen und exotische Pflanzen machten aus ihnen eine verzauberte Oase, oder zumindest hatte Liah das als Kind so empfunden, wenn sie darin umhergestreift war und so getan hatte, als sei sie eine Feenkönigin. Was war eigentlich aus ihren damaligen Träumen von der großen, romantischen Liebe geworden? Ihrer Sehnsucht nach ewiger Leidenschaft wie bei ihren Eltern?

Als Kamal die Lippen von ihrem Hals löste und sein Jackett auf den Sessel neben ihr warf, bekam sie plötzlich doch Angst vor dem nächsten Schritt. Was war, wenn er doch keine so unbedeutende Kleinigkeit war wie gedacht?

Du bist kein kleines Mädchen mehr, schon längst nicht mehr. Es wird Zeit, dass du eine Frau wirst.

Kamals Daumen glitt über den hämmernden Puls an ihrem Schlüsselbein. „Gibt es ein Problem?“

Anscheinend spürte er ihr Zögern schon wieder. Dabei hatte sie keine Angst vor ihm, nur vor etwaigen Konsequenzen, auch wenn sie sich von dieser Nacht nichts weiter versprach, als endlich herauszufinden, warum alle immer so einen Wirbel um Sex machten.

Sie drehte sich zu ihm um und sah das unverhohlene Verlangen in seinem Blick. Ansonsten war sein Gesichtsausdruck unergründlich.

Er war ihr so nahe. Während sie in Erinnerungen an ihre romantischen Mädchenträume geschwelgt hatte, hatte er nicht nur sein Jackett ausgezogen, sondern auch seine Fliege abgelegt und seinen Hemdkragen geöffnet. Ihr fiel auf, dass sein Gesicht mit frischen Bartstoppeln überzogen war, die ihn wie einen Piraten oder Banditen aussehen ließen. Die Kombination mit dem begehrlichen Glitzern in seinen Augen war unwiderstehlich – faszinierend, aufregend … gefährlich.

„Nein, es gibt kein Problem“, antwortete sie, fest entschlossen, sich nicht von ihren Ängsten beirren zu lassen. Sie war nur nervös, weil das hier ihr erstes Mal war.

„Bist du sicher?“

„Ja, absolut“, antwortete sie mit mehr Überzeugung, als sie empfand. Das hier war nur Sex, keine Beziehung. Sie brauchte sich keine Gedanken über ihre Märchenfantasien zu machen, die sie sich als kleines Mädchen in den verzauberten Gärten dieses Palasts ausgemalt hatte.

Und schon gar nicht brauchte sie Kamal mit ihrem damaligen Traummann zu vergleichen – einem Mann, der stark, aber zärtlich, hochintelligent, selbstsicher und ehrgeizig, aber auch gut und geduldig war. Denn Prinz Kamal war dieser Mann nicht und würde es auch nie sein.

Das Einzige, das in diesem Moment zählte, war das Hier und Jetzt.

Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihm sein Hemd aufzuknöpfen. Ihre Hände zitterten dabei so heftig, dass sie sich total ungeschickt vorkam, aber schließlich kam sie beim letzten Knopf an und zog den Saum aus dem Kummerbund, sodass sie die Konturen seines Waschbrettbauchs im Mondlicht erkennen konnte. Kamal hielt ihre Hand fest, bevor sie die Finger über seine nackte Haut gleiten lassen konnte.

Verunsichert hob sie den Kopf. „Was ist los?“ Wollte er etwa schon aufhören? Hatte er ihr angemerkt, wie unerfahren sie war?

Wortlos hob er ihre Hand und küsste die Fingerspitzen. Diese Geste wäre zärtlich gewesen, hätte er nicht plötzlich einen Finger eingesaugt, was aus seltsam lieb wahnsinnig erotisch machte und prompt wieder ein schmerzhaftes Pochen zwischen Liahs Oberschenkeln auslöste.

Kamal ließ ihre Hand wieder los, hob ihr Haar und presste die Lippen auf den Puls in ihrer Halsbeuge. Sein Lecken und Saugen löste unglaubliche Lustgefühle in ihr aus.

Er lachte leise. „Kein Grund zur Eile“, sagte er. „Wir haben noch die ganze Nacht.“

Lachte er sie etwa gerade aus? Liah wartete auf einen Anflug von Empörung oder Ärger, aber ihre körperlichen Empfindungen gewannen die Oberhand, als er am Ausschnitt ihres Kleides zog, um endlich ihre Brüste besser sehen zu können.

Stirnrunzelnd strich er mit den Daumen darüber. „Was ist das?“

Erst als sie den Blick senkte, wusste sie, was er meinte – die hautfarbenen Körbchen, die ihre Brüste bedeckten. Sie errötete heftig. „Das ist mein … äh, BH. Er ist zum Aufkleben.“

„Genial“, murmelte er. „Tut es weh, ihn zu entfernen?“

Verkrampft lachend schüttelte sie den Kopf. „Nein.“

Sanft strich er mit einem Daumen über ein Klebe-Körbchen, und die Brustwarze darunter richtete sich sofort auf. Kamals Augen blitzten belustigt, als Liah lustvoll aufkeuchte. Das Verlangen in seinem Blick war stärker als je zuvor. „Darf ich sie entfernen?“

Sie nickte wortlos. Nie hätte sie damit gerechnet, dass ihr erstes Mal so peinlich werden würde … und zugleich so heiß. „Ja“, stieß sie hervor.

Zu ihrer Verblüffung ging er in die Knie, was seinen Kopf wegen seiner Körpergröße auf Höhe ihrer Brüste brachte. Für ein paar Sekunden betrachtete er das eine Körbchen, bevor er einen Fingernagel vorsichtig unter das gelartige Material schob und es unglaublich behutsam entfernte.

Kaliah klammerte sich an seinen muskulösen Schultern fest. Kalte Luft schlug an ihre erhitzte Haut, als er kurz mit den Lippen eine Brustwarze streifte und dann das andere BH-Körbchen entfernte. Wieder spielte seine Zunge mit der entblößten Spitze – Berührungen, die Liah total antörnten. Schließlich nahm er den Nippel in den Mund und saugte daran.

Sie ging vor Erregung fast in die Knie und musste sich an ihn klammern, so überwältigend waren die Empfindungen, die er in ihr auslöste. Sie war kaum noch fähig, sich aufrecht zu halten, als er die köstliche Tortur schließlich beendete und aufstand, um ihr das Kleid über die Hüften zu schieben, sodass sie nur noch im Spitzen-Tanga vor ihm stand. Instinktiv verschränkte sie die Arme über der Brust.

„Versteck dich nicht vor mir“, befahl er heiser.

Zu ihrer eigenen Überraschung ließ sie die Arme sinken. Sie wollte, dass er alles von ihr sah. Genoss das Hochgefühl, als er beide Nippel mit den Daumen streichelte und dabei vor Verlangen stöhnte.

„Jetzt bist du dran“, sagte sie. Sie konnte es kaum erwarten, ihn ebenfalls zu berühren. Ihn genauso zu verführen wie er sie.

Er erwiderte ihren Blick für einen Moment, bevor er sich darauf konzentrierte, den Reißverschluss seiner Hose zu öffnen. Es gab ihr ein herrliches Gefühl der Macht, diesem Mann Befehle zu erteilen. Er schlüpfte aus seinen Schuhen, zog sich Hose und Boxershorts aus und stand bis auf sein offenes Hemd nackt vor ihr.

Sie wollte ihm gerade befehlen, auch das auszuziehen, als sie beim Anblick seines perfekt definierten Körpers so unkontrolliert zu zittern begann, dass sie kein Wort mehr herausbrachte. Atemlos ließ sie den Blick über die dunklen Härchen auf seiner muskulösen Brust gleiten, die sich auf seinem Bauch zu einer schmalen Linie verjüngten. Die Erektion darunter war nicht zu übersehen.

Sie holte zittrig Luft, so schwindlig wurde ihr von dem Anblick.

Ihr Hals wurde trocken, sämtliche Hitze schien sich zwischen ihren Schenkeln zu sammeln. Eigentlich müsste sie es jetzt mit der Angst zu tun bekommen – denn wie um alles in der Welt sollte er in sie passen? –, aber irgendwie fand sie die Tatsache, dass er so bereit für sie war, vor allem erregend. „Darf … darf ich dich berühren?“, stammelte sie ehrfürchtig.

Halb verwirrt, halb belustigt hob er die Augenbrauen. „Natürlich.“

Liah versetzte sich i...

Autor

Heidi Rice

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