Julia Saison Band 20

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IN DEINEM SINNLICHEN BANN von BAIRD, JACQUELINE
Ein unmoralisches Angebot unter der heißen Mittelmeersonne! Beinahe gerät Sara in Versuchung, denn es kommt von ihrem Exmann Alessandro, den sie nie aufgehört hat zu lieben … Aber schon einmal hat der Millionär ihr Vertrauen enttäuscht. Nie wieder will sie so verletzt werden!

ENDLICH AM ZIEL ALLER TRÄUME? von KELLY, LESLIE
Schon seine leiseste Berührung erregt sie in höchstem Maße, und er scheint alle ihre erotischen Träume wahr zu machen. Der vielumschwärmte Spencer hat alles, was die Barkeeperin Cat sich wünscht. Doch passt er auch in das neue Leben, das sie anfangen will?

KÜSSE UNTER TAUSEND STERNEN von BOND, STEPHANIE
Mit seiner sexy Kollegin Gabby auf einen Survival-Trip fahren - da sagt der Manager Dell nicht Nein. Er hofft, ihr den ersehnten Marketingauftrag vor der Nase wegschnappen zu können. Nach einem heißen Flirt muss Dell sich jedoch entscheiden, was er wirklich will …


  • Erscheinungstag 11.07.2014
  • Bandnummer 20
  • ISBN / Artikelnummer 9783733705435
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Jacqueline Baird, Leslie Kelly, Stephanie Bond

JULIA SAISON BAND 20

JACQUELINE BAIRD

In deinem sinnlichen Bann

Diese reizenden Kurven würde er überall erkennen: Alessandro Barberi ist schockiert, als er im Hafen von Mallorca unverhofft seine Exfrau wiedersieht – in den Armen eines anderen! Vor zehn Jahren hat die süße Sara ihn ganz unverhofft verlassen. Nun will er sich rächen für das, was sie ihm angetan hat – und gerät dabei erneut in ihren sinnlichen Bann …

LESLIE KELLY

Endlich am Ziel aller Träume

Diesmal will er Cat erobern! Seit sie auf der High School waren, ist Spencer schon in sie verliebt. Doch sie war immer nur an den „wilden Jungs“ interessiert. Nun wittert der vermögende Unternehmer seine Chance: In der Gestalt eines Motorrad-Rockers verführt er sie. Nur, eine leidenschaftliche Romanze, die auf einer Lüge aufbaut – wie lange kann das gut gehen?

STEPHANIE BOND

Küsse unter tausend Sternen

So kann es nicht weitergehen! Gabby beschließt, ihre Karriere auf Trab zu bringen: Der neue große Auftrag soll ihr gehören. Dabei muss sie sich allerdings gegen ihren attraktiven Vorgesetzten Dell durchsetzen. Ausgerechnet in einem Survival-Camp sollen sie gegeneinander antreten. Und so landet Gabby in der Wildnis – mit Dell – unter tausend Sternen …

1. KAPITEL

Die Jacht durchschnitt die türkisblauen Gewässer des Mittelmeers. Als sie sich Mallorca näherte, drosselte sie das Tempo und legte schließlich gekonnt im Jachthafen von Alcudia an. Zufrieden lächelnd gab Alessandro Barberi das Ruder an den Kapitän zurück.

„Den Rest überlasse ich Ihnen.“

Lediglich mit Shorts und T-Shirt bekleidet trat Alessandro barfuß an Deck. Nur kurz glitt sein Blick über das Touristengewimmel im Hafen, bevor er prüfend begutachtete, wie seine Crew die Jacht an der Anlegestelle festmachte. Sobald er sich davon überzeugt hatte, dass alles in Ordnung war, erlaubte er sich einen bewundernden Blick auf die klassische, alte Segeljacht unmittelbar neben seiner.

Etwas auf ihr erregte seine Aufmerksamkeit. Angespannt spähte er genauer zu den beiden Frauen hinüber, die auf dem edlen Holzdeck ein Sonnenbad nahmen.

Die Blondine saß aufrecht da und beobachtete die Ankunft seiner Jacht mit offensichtlichem Interesse. Aber es war die andere, die auf einer Sonnenliege flach auf dem Bauch lag, die ihn fesselte und seine männlichen Jagdinstinkte weckte.

Sie kann es unmöglich sein, redete er sich ein. Aber er musste unbedingt Gewissheit haben. Langsam hob er das Fernglas an die Augen und richtete es auf die Frau. Wie in Zeitlupe wanderte sein Blick über die langen wohlgeformten Beine hinauf zu dem kleinen knackigen Po …

Alessandro stockte der Atem. Da waren sie, genau oberhalb des schmalen Bündchens ihres Bikinitangas: zwei perfekte, kreisrunde Grübchen. Rasch betrachtete er den Rest, die schlanke Taille, die zierlichen, glatten Schultern, langes goldbraunes Haar, das lose auf dem Hinterkopf hochgesteckt war. Ganz in ein Buch vertieft, bemerkte sie überhaupt nicht, wie aufmerksam er sie beobachtete.

Nur ein einziges Mal hatte er eine Frau gesehen … eine Frau gekannt … die so unverkennbare Grübchen an genau dieser Stelle besaß. Er war völlig verrückt nach diesen Grübchen gewesen, hatte sie im heißen Liebesspiel unzählige Male geküsst und liebkost. Alessandro senkte das Fernglas und schob die Hand in die Tasche seiner Shorts, während ihn allein bei der Erinnerung heftiges Verlangen durchfuhr.

Sie musste es sein. Seine Exfrau, Sara Beecham.

Längst vergessen geglaubte Erinnerungen stürmten auf ihn ein. Beispielsweise der Moment, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte. Auch damals hatte sie ihm den Rücken zugekehrt. Und ihre tief sitzende Hüftjeans, kombiniert mit einem taillenfreien Top gaben den Blick auf genau diese Grübchen frei, die ihn auf Anhieb in ihren Bann schlugen. Als sie sich dann umdrehte, raubte ihre Schönheit ihm buchstäblich den Atem. Es war Liebe auf den ersten Blick gewesen. Jedenfalls hatte er es sich damals eingebildet. Rückblickend wusste er, dass es sich bei ihm um reine, zügellose Lust gehandelt hatte.

Seine kurze Ehe war eine Lektion in Sachen Treulosigkeit der Frauen gewesen, speziell dieser einen Frau. Kaum drehte er sich das erste Mal um, verließ sie ihn auch schon. Natürlich nicht ohne einen großzügigen Scheck, den sie von seinem Vater eingefordert hatte.

Als Alessandro nach Hause gekommen war, war seine Frau fort gewesen. Ihm blieb nur ein kurzer, nichtssagender Abschiedsbrief. Dumm, wie er war, wollte er es anfangs nicht glauben. Aber als sie wenige Tage nach ihrer Rückkehr nach Großbritannien den Scheck über eine Viertelmillion Pfund einlöste, war er überzeugt. Seine Anwälte brachten die Scheidung schnell und problemlos über die Bühne, und Alessandro hatte Sara nie wiedergesehen. Bis heute.

„Willst du dir die ‚Il Leonessa‘ nicht endlich ansehen? Das nenne ich eine Jacht! Wow! Aber lassen wir das Schiff … was für ein Mann! Sieh nur … Oh mein Gott, ist das nicht der aufregendste Kerl, den du je gesehen hast? Sieh dir den Brustkorb an!“

Sara spürte die Finger ihrer Freundin an ihrer Schulter und riss sich nur widerstrebend von ihrem spannenden Krimi los. „Bitte, Pat, nicht schon wieder so ein griechischer Gott. Das ist bestimmt der Hundertste in dieser einen Woche.“ Sie lächelte. „Und du bist verheiratet.“

„Glaub mir, dieser ist etwas Besonderes. Sündhaft attraktiv und sexy. Leider hat er nur Augen für dich.“ Pat seufzte betrübt. „Ich wette, er ist eine Wucht im Bett.“

„Du solltest dich schämen!“ Sara schüttelte missbilligend den Kopf und wandte sich wieder ihrem Buch zu.

„Und du vergeudest dein Leben, Mädchen. He, du bist hier auf einer Jacht zusammen mit sechs Junggesellen und nur zwei weiblichen Gästen. Selbst ein Blinder würde sehen, dass Peter Wells scharf auf dich ist. Aber ermutigst du ihn? Nein. Wenn du nicht gerade kochst, verbringst du den größten Teil deiner Freizeit damit, die Nase tief in ein Buch zu vergraben. Wo ist dein Abenteuergeist? An deiner Stelle würde ich sofort an Bord der Jacht dort drüben gehen, um herauszufinden, wer der tolle Mann ist. Und wenn ich es mir genau überlege, werde ich genau das tun. Ich lade ihn einfach zu unserer Abschiedsparty heute Abend ein. Dave hat bestimmt nichts dagegen, wenn ich ihm sage, dass ich es für dich tue.“

„Nein!“ Sara drehte sich um und setzte sich hin. „Wage es ja nicht!“ Aber ihre Freundin stand bereits und ging davon. Das Problem mit Pat war, dass sie so ziemlich alles wagte. Und ihr Ehemann Dave war genauso schlimm. Als Freundin und Steuerberaterin der beiden hatte Sara sich bemüht, ihnen etwas Zurückhaltung beizubringen. Aber das war vergebliche Liebesmüh gewesen.

Irgendwie konnte sie Pat einfach nicht böse sein. Sogar ihre eigenen Urlaubspläne hatte Sara für ihre Freundin verworfen. Denn als Pat ihr erzählt hatte, dass der Koch für die Kreuzfahrt in letzter Sekunde abgesprungen war, gab es nur eine Lösung: Sara hatte sofort ein Ticket nach Marseille gebucht und sich den Kochlöffel geschnappt. Schließlich hatte sie während ihrer Ausbildung mit Pat zusammengewohnt und wusste: Pat war ein absolut hoffnungsloser Fall in der Küche. Sara selbst durfte dagegen ohne Eitelkeit von sich behaupten, erstklassig zu kochen. Außerdem wusste sie besser als jeder andere, wie schlimm die finanzielle Lage der Freunde aussah.

Nach ihrer Heirat vor drei Jahren hatten die beiden ihre jeweiligen Jobs aufgegeben und all ihr Geld – und einiges mehr – in diese Jacht gesteckt. Sie wollten das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden und als leidenschaftliche Weltenbummler das nötige Geld verdienen. Der Plan sah vor, dass sie die Jacht für kleine Kreuzfahrten chartern ließen, verbunden mit einem Segelkurs. Auf dem Papier klang das ja auch ganz gut. Aber da Pat schwanger war, mussten sie sich bald für eine Weile niederlassen, vorzugsweise in England. Dave glaubte trotzdem, die Jacht halten zu können und gleichzeitig eine Wohnung in London zu mieten, bis das Baby alt genug war, um mitzusegeln. Doch Sara, die die Geschäftsbücher kannte, wusste, wie immens teuer allein der Unterhalt der Jacht war.

Obwohl Dave selbst Segelunterricht gab und Pat in der Crew mitarbeitete, brauchten sie mindestens noch drei ausgebildete Seeleute und einen Kabinenjungen, deren Heuer sie zahlen mussten. Dazu kamen hohe Versicherungskosten für die Jacht und die zahlenden Gäste. Auch diese Summen kannte Sara, denn sie hatte die Policen ausgehandelt.

Die Chartergesellschaften bestanden in der Regel aus jungen Leuten, die bereits Segelerfahrung besaßen und dazulernen wollten. Weil sie ziemlich viel für diesen Urlaub bezahlten, erwarteten die Kunden bei Flaute, dass der Motor angeworfen wurde, damit sie keinen der versprochenen Zielhäfen verpassten. Angesichts des gewaltigen Preisanstiegs beim Treibstoff in den letzten beiden Jahren machte eine flautenreiche Zeit so den gesamten Profit einer Kreuzfahrt zunichte. Und allein die Liegegebühren in den Mittelmeerhäfen waren enorm. Weshalb Sara auf die zweite Woche ihres Gourmetkochkurses in Südfrankreich verzichtet hatte, um den Freunden auszuhelfen.

Ohne besonderes Interesse blickte sie nun zu der wesentlich größeren, imposanten schwarzen Jacht hinüber. Du liebe Güte, da stand sogar ein kleiner Hubschrauber auf dem Oberdeck! Wie viel Geld musste man wohl haben, um sich so ein Schiff leisten zu können? Millionen vermutlich. Langsam glitt Saras Blick über die Jacht, und sie entdeckte den Grund für Pats Begeisterung … oder zumindest seine rückwärtige Ansicht. Er war groß, hatte schwarzes Haar, breite Schultern, schmale Hüften und lange kraftvolle Beine und stand gerade im Begriff, das Ruderhaus zu betreten. Was für ein fantastischer Körper, dachte Sara, und aus unerfindlichen Gründen lief ihr eine Gänsehaut über den Rücken. Sie zuckte die Schultern, streckte sich wieder auf dem Bauch aus und schlug ihren sehr blutrünstigen Krimi auf.

Später am selben Abend lehnte Alessandro Barberi an der Reling der Nachbarjacht und beobachtete die Frau, die soeben an Deck kam. Sie war in den vergangenen zehn Jahren noch schöner geworden. Das goldbraune Haar fiel ihr in weichen Wellen über die Schultern, und ihr sanft gebräunter Teint schimmerte wie Seide. Unter makellos geschwungenen Brauen leuchteten die ausdrucksvollen blauen Augen, von dichten dunklen Wimpern umrahmt. Die Nase war klein und gerade, die Oberlippe ihres sinnlichen Mundes formte einen perfekten Amorbogen. Ein weißes Wickelkleid aus glänzendem Satin schmiegte sich um ihre hohen, straffen Brüste, betonte die zierliche Taille und endete ein gutes Stück über den Knien, was den Blick auf hinreißende Beine lenkte. Strassverzierte Flipflops zierten die schlanken Füße.

Allein ihr Anblick weckte seine Lust, und Alessandros Entschluss stand fest. Es lag über zwei Wochen zurück, seit er mit Mai Kim in Hongkong Schluss gemacht hatte und nach Italien zurückgekehrt war. Dort verbrachte er einige Tage in der Familienvilla in Neapel, um an der Hochzeit seines jüngeren Bruders Aldo teilzunehmen. Dann reiste er weiter nach Monaco, wo er seine neue Jacht übernahm. Vor zwei Tagen war er mit dem Vertreter des Jachtbauers und seiner neuen Crew in Frankreich losgefahren, um das Schiff unter voller Fahrt auf Herz und Nieren zu prüfen. In jeder Hinsicht zufrieden hatte er an diesem Morgen in gemächlichem Tempo Kurs auf Mallorca genommen. Alessandro genoss die Ruhe und Entspannung, die ihm die Jacht bot. Doch nun erkannte er, dass er noch viel dringender als das eine Frau brauchte. Eine ganz bestimmte Frau. Und Dio, sie schuldete es ihm!

Sara trat an Deck und betrachtete die Gästeschar, die sich dort vergnügte, mit gemischten Gefühlen. Wie üblich hatte Pat es geschafft, die Zahl der ursprünglich acht Chartergäste aus England auf ungefähr dreißig Personen zu vermehren. Überraschte sie das wirklich? In ihrem Bestreben, den Gästen so viel Spaß wie möglich zu bieten, damit sie den nächsten Urlaub erneut bei ihnen buchten, hatte Pat das bisher in jedem Hafen getan, den sie angelaufen waren. Und es machte ja auch Spaß, wie Sara einräumte. Dennoch war sie froh, dass die Kreuzfahrt sich dem Ende zuneigte. Morgen früh würden sie nach Ibiza weitersegeln, von wo am Abend ihr Flieger nach Hause ging. Dieses Leben lag ihr nicht. Sieben Tage nur Segeln und Party waren mehr als genug. Und bei aller Liebe, nachdem sie eine Woche fünfzehn Personen mit nur einem Kabinenboy als Hilfe verpflegen musste, hatte sie auch vom Kochen erst einmal die Nase voll.

Im Großen und Ganzen wollte Sara sich allerdings nicht beklagen. Bei allen Pflichten war ihr genug Zeit geblieben, um zu lesen und Kontakt zu den netten, jungen Gästen zu knüpfen. Die Abwechslung tat ihr gut – seit Jahren hatte sie sich nicht so locker und entspannt gefühlt. Vermutlich hatte Pat recht, nur Arbeit ohne jedes Vergnügen war für niemanden gut. Und vielleicht war es wirklich an der Zeit, dass sie sich einen Mann suchte.

„Sara, Sie sehen hinreißend aus wie immer. Tanzen Sie mit mir?“

„Peter.“ Sie erwiderte das Lächeln des großen blonden Mannes. Wie die anderen Gäste auch arbeitete er bei einem Spitzen-Hedge-Fonds in London und galt in Bankerkreisen als phänomenales Wunderkind. Wobei die Betonung auf „Kind“ lag, denn mit gerade einmal vierundzwanzig hatte er bereits seine erste Million in Prämien eingefahren. Sein Motto lautete: Wer hart arbeitet, darf auch viel Spaß haben.

„Ist denn genug Platz dafür?“, versuchte sie zuerst seiner Aufforderung auszuweichen, fügte dann aber hinzu: „Ja, warum nicht? Es ist unser letzter Abend, und hier, mitten zwischen den Gästen, werden Sie sich wohl keine weiteren Streiche erlauben.“

Im Lauf der Woche hatte er dafür gesorgt, dass sie bei einem Landausflug auf Korsika den Tender zurück zur Jacht verpasste und ihr das Bikinitop stibitzt, als sie am Strand in Sardinien arglos auf dem Bauch gelegen und gelesen hatte. Außerdem versuchte er so ziemlich jeden Abend, sie betrunken zu machen. Und gestern hatte er sie vor Menorca über Bord geworfen, um sie dann auf theatralische Weise zu retten, obwohl sie ausgezeichnet schwamm und gar keiner Rettung bedurfte.

„Oh, ich weiß nicht …“ Ehe sie begriff, was er vorhatte, zog er sie näher zu sich, beugte sich lachend herab und küsste sie unverfroren auf den Mund. Sara war zu verblüfft, um sich zu wehren, und stellte im nächsten Moment fest, dass Peter, was das Küssen betraf, ganz bestimmt kein Kind mehr war!

Feixend blickte er auf. Seine blauen Augen funkelten übermütig. „Ich war fest entschlossen, Sie vor Ende der Kreuzfahrt zu küssen, damit Sie wissen, was Ihnen fehlt“, erklärte er selbstbewusst.

Sie lächelte leicht wehmütig. Peters Kuss hatte sie überrascht, aber ehrlicherweise musste sie zugeben, dass sie ihn als sehr angenehm empfunden hatte. Zum ersten Mal seit Jahren war ihr Blut wieder etwas in Wallung geraten. Und Peter hatte recht: Der Kuss erinnerte sie daran, was ihr fehlte. Doch gleich darauf machte ihr etwas anderes Sorgen. Als Peter sie weiter an sich presste, bemerkte sie seine Erregung, weshalb sie beide Hände gegen seine breite Brust stemmte und sich aus seiner Umarmung befreite.

„Das war sogar noch besser, als ich es mir ausgemalt habe.“

„Nun, in Zukunft sollten Sie bei Ihren Fantasievorstellungen bleiben“, meinte sie trocken. „Denn ich bin nicht auf der Suche nach einem jugendlichen Liebhaber.“ Weil er ein netter Kerl war, wollte sie ihn nicht kränken. Aber sie war sich auch nicht sicher, ob sie ihn ermutigen sollte, nur weil sie seinen Kuss angenehm gefunden hatte. Allerdings schmeichelte ihr seine Erregung, wenn sie ehrlich war. Vielleicht wollte ihr Körper ihr nach zehn Jahren Enthaltsamkeit etwas sagen, und vielleicht war es gar keine so schlechte Idee?

„Ah … Sie treffen mich mitten ins Herz“, rief er, wobei er sich mit der Hand an die Brust griff.

Sara lachte. Peter war wirklich eine beneidenswerte Frohnatur. Mit seinem jungenhaften Charme und dem unbändigen Selbstbewusstsein lagen ihm die Mädchen zu Füßen, und er wusste es. War sie auch einmal so jung und unbedarft gewesen? Sara verdrängte den Gedanken. Heute Abend wollte sie sich amüsieren. Die Jacht war mit bunten Lichterketten geschmückt, die Gäste bester Laune, und Musik und fröhliches Lachen schufen ein beinahe perfektes Ambiente.

„Sie sind ein unverbesserlicher Schauspieler“, meinte sie lächelnd zu Peter.

„Meine Liebe, Sie haben mich durchschaut!“

„Du liebe Güte, Sie sind so verrückt, dass es mich wundert, dass überhaupt ein Mädchen darauf abfährt!“

Beide lachten herzlich.

„Kommen Sie.“ Peter legte ihr freundschaftlich einen Arm um die Schultern. „Ich besorge Ihnen einen Drink.“

Daraufhin sah Sara ihn misstrauisch von der Seite an.

„Nein, keine Sorge, ich werde nicht noch einmal versuchen, Sie betrunken zu machen. Aber Sie sehen heiß aus … richtig heiß.“ Er lächelte vielsagend.

„Auf Mallorca im Juni ist es heiß“, erwiderte sie schlagfertig, ohne auf seine Andeutung einzugehen. „Und wie es aussieht, wird es eine schwüle Nacht.“

Alessandro beobachtete voller Missfallen, wie der blonde Jüngling seine Exfrau in die Arme nahm. Aber überraschte ihn das wirklich? Bei den Informationen, die er eingeholt hatte, nachdem Pat Smeaton so forsch an Bord der „Il Leonessa“ gekommen war, um sich vorzustellen und ihn zu ihrer Party einzuladen.

Pat und Dave Smeaton gehörte die alte Segeljacht. Offensichtlich betrieb Dave sie mit Hilfe seiner Frau und einer vierköpfigen Crew als Chartergeschäft. Sie boten private Kreuzfahrten für kleine Gruppen an, Segelunterricht inklusive. Die gegenwärtigen Gäste an Bord waren allesamt Angestellte eines erfolgreichen Hedge-Fonds, dessen Inhaber Mark Hanlom ein Geschäftsfreund von Alessandro war. Der Blonde musste Peter Wells sein, das „Wunderkind“ des Unternehmens. Aber Sara Beecham – anscheinend hatte sie ihren Mädchennamen wieder angenommen – arbeitete nicht für Hanlom. Während Alessandro sie beim Tanzen mit dem jungen Mann beobachtete, konnte er sich sehr gut vorstellen, warum sie an Bord war.

Er wich von der Reling zurück und erstarrte, als das Paar, das seine Aufmerksamkeit so sehr gefangen nahm, sich in diesem Moment tatsächlich küsste. In seinen dunklen Augen blitzte es vor Zorn auf, und es kostete ihn seine ganze Selbstbeherrschung, sich nicht einen Weg durch die Tänzer zu bahnen und Sara aus den Armen ihres jungen Galans zu reißen.

Diese Reaktion erschreckte ihn. Jahrelang hatte er nicht mehr an seine Exfrau gedacht und sich ganz bestimmt nicht über Langeweile in seinem Liebesleben beklagen müssen. Sara war ein geldgieriges, kaltherziges kleines Biest.

Nachdenklich sah Alessandro zu, wie sie sich mit dem großen Blonden lachend neckte, und atmete tief ein, als er ihr einen Arm um die Schultern legte und sie zur Bar führte. Sara, seine Exfrau, die Frau, die einmal mit seinem Kind schwanger gewesen war, bemerkte seine Gegenwart nicht einmal.

Eine völlig neue Erfahrung für Alessandro. Er war es gewöhnt, dass ihm die Blicke der Frauen folgten, wo er auch ging und stand. Aber Sara hatte ihn überhaupt nicht zur Kenntnis genommen. Oder doch?

Im Laufe der letzten zehn Jahre hatte Alessandro so ziemlich jeden weiblichen Trick kennengelernt, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Vielleicht spielte sie ja mit ihm? Dio! Darin war sie bestens geübt. Doch diesmal würde sie nicht damit durchkommen. Alessandro bahnte sich elegant einen Weg durch die Gäste zur Bar und blieb dicht hinter Sara stehen.

„Sara“, sagte er aufreizend sanft und legte ihr eine Hand auf die zierliche Schulter. „Du bist es doch, oder?“, fügte er spöttisch hinzu.

„Ich kenne Sie!“, rief ihr junger Begleiter, ehe Sara reagieren konnte. „Sie sind Alessandro Barberi, legendärer Tycoon im internationalen Transportgeschäft und Finanzgenie.“ Peter streckte ihm die Rechte entgegen. „Ich bin Peter Wells. Es freut mich, Sie kennenzulernen.“

Alessandro nahm die dargebotene Hand, obwohl er den anderen am liebsten ausgeknockt hätte. Wie es aussah, war er ein guter Freund von Sara. Er besaß sogar die Frechheit, seine Exfrau in aller Öffentlichkeit zu küssen … und wer weiß was sonst noch. Und dennoch begegnete er ihm anscheinend mit aufrichtigem Respekt. Alle Achtung!

„Das Vergnügen ist ganz meinerseits“, antwortete Alessandro, bevor er sich der Frau zuwandte, die ihn so entgeistert ansah, als stünde ein Gespenst vor ihr. „Aber ich würde mich gern mit Sara unterhalten. Wir sind alte Freunde, nicht wahr, Sara?“

2. KAPITEL

Sara hörte nur, wie diese tiefe, markante Stimme ihren Namen sagte, und wusste sofort, dass er es war. Alessandro Barberi. Sie fuhr so heftig herum, dass sie seine Hand von ihrer Schulter schüttelte. Mit aller Macht kämpfte sie die längst vergessen geglaubten Gefühle nieder, die allein der Klang seiner Stimme in ihr auslöste.

Einen Moment starrte sie ihn nur ungläubig an. Er stand tatsächlich leibhaftig vor ihr, stattliche einen Meter achtundachtzig groß und imposant wie eh und je. Alessandro, ihr Exmann.

Seine Kleidung war zwanglos, aber edel: ein kurzärmeliges Seidenhemd mit offenem Kragen, kombiniert mit einer hellen Leinenhose, die tief auf den schmalen Hüften saß und die ein Ledergürtel hielt, dessen dezente Schnalle den Blick auf seinen flachen Bauch lenkte. Nein, Sara verbot es sich, tiefer zu blicken. Stattdessen schaute sie in sein Gesicht. Das schwarze Haar trug er jetzt kürzer mit einem Seitenscheitel, wobei ihm einige widerspenstige Locken in die hohe Stirn fielen. Und er sah immer noch wahnsinnig attraktiv aus, auch wenn seine Züge die jugendliche Weichheit verloren hatten. Die hohen Wangenknochen zeichneten sich deutlicher ab, um die dunklen Augen bildeten sich die ersten verräterischen Fältchen, und der eigentlich sehr sinnliche Mund wirkte unnachgiebig zusammengepresst. Es war das markante Gesicht eines harten, erfolgreichen Mannes, der Macht und Selbstbewusstsein in einem Maße ausstrahlte, dass die meisten Männer sich nur wünschen konnten. Sara hatte am eigenen Leib erfahren, wie rücksichtslos er seine beträchtlichen Talente einsetzte, um zu bekommen, was er wollte.

Von wilden Gefühlen bestürmt, brachte sie kein Wort über die Lippen.

„Sara“, sprach er sie erneut an. „Du hast mich doch nicht etwa vergessen?“

Das spöttische Funkeln in seinen Augen verriet ihr, dass er sie bewusst aufzog, und sie errötete zornig. Alessandro Barberi hatte sie einmal zum Narren gehalten und ihr das Leben zur Hölle gemacht. Doch sie hatte sich geschworen, dass das nie wieder passieren würde. Inzwischen war sie achtundzwanzig und keine naive Achtzehnjährige mehr.

Vor drei Jahren hatte sie die Chance erhalten, sich als Partnerin in eine alteingesessene Wirtschaftsprüfer- und Steuerberaterkanzlei in Greenwich einzukaufen, „Thompson & Son“. Da der „Sohn“ Sam Thompson allmählich in die Jahre kam, wünschte er sich vor allem einen Partner für die Kanzlei, damit er weniger arbeiten und mehr Golf spielen konnte. Die Geschäfte gingen inzwischen ausgezeichnet. Sara hatte sich ihre eigene erfolgreiche Karriere aufgebaut und brauchte diesen herzlosen, arroganten Schuft nicht mehr, der gerade so herablassend auf sie niederblickte.

„Natürlich habe ich dich nicht vergessen, Alessandro“, beantwortete sie seine Frage mit fester Stimme, obwohl sie innerlich zitterte. „Aber wo kommst du jetzt so plötzlich her? Und da wir uns zehn Jahre nicht gesehen haben, finde ich ‚alte Freunde‘ doch etwas übertrieben.“

„Eine hübsche Blondine hat mich eingeladen. Meine Jacht liegt gegenüber.“

Was für ein schrecklicher Zufall! Dieser schwimmende Palast gehörte ihm, und Alessandro hatte die Einladung der ahnungslosen Pat angenommen. Was Sara eigentlich nicht überraschte. Wann hatte er je das Angebot einer schönen Frau ausgeschlagen? Schon damals auf der Party, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren, hatte er eigentlich eine ältere Studentin begleitet, die im selben Haus wie Sara wohnte. Trotzdem hatte er hemmungslos mit Sara geflirtet und die Party schließlich auch mit ihr verlassen – und Sara war schon nach wenigen Stunden zu verliebt gewesen, um Nein zu sagen.

Fairerweise hatte das andere Mädchen sie am nächsten Tag gewarnt, dass Alessandro Barberi sie auch einem anderen Mann ausgespannt hätte und ein berüchtigter Frauenheld wäre, der allenfalls für eine flüchtige Affäre tauge. Rückblickend wünschte Sara, sie hätte diese Warnung ernst genommen und nicht als bloße Eifersucht abgetan.

Ein schmerzlicher Ausdruck huschte über ihr Gesicht, bevor sie registrierte, dass Alessandro anscheinend eine Entgegnung von ihr erwartete. „Ich verstehe“, antwortete sie deshalb verspätet – und tatsächlich mit dem Gefühl, das Vergangene endlich zu begreifen.

Alessandro war ihr erster und einziger Liebhaber gewesen. Als sie schwanger wurde und er sie heiratete, kam ihr das wie die Erfüllung all ihrer Träume vor. Spätestens als sie zu seiner Familie nach Italien in eine riesige Villa oberhalb der Bucht von Neapel zogen, begriff Sara, dass er ziemlich vermögend sein musste. Allerdings ohne sich darüber Gedanken zu machen. Dann lief alles schief. Und am Ende hätte die feindselige Einstellung seiner Familie, gepaart mit Alessandros Weigerung, ihre Sorgen ernst zu nehmen, und seinem mangelnden Vertrauen sie fast zugrunde gerichtet. Sara blieb keine andere Wahl als zu gehen, um nicht völlig den Verstand zu verlieren.

Während sie nun seine fantastische Jacht betrachtete und sich an einen Artikel in einem Hochglanzmagazin anlässlich seines dreißigsten Geburtstages erinnerte, begriff sie zum ersten Mal, dass sie nie zu seinen Kreisen gehört hatte. In dem Artikel stand ein kurzer Abriss über Alessandros Leben von der Privatschule über die Universität bis hin zur Übernahme des familieneigenen Transportunternehmens. Dank seines brillanten Geschäftssinns gelang es Alessandro, die Firma zu einem international erfolgreichen Konzern mit einer eigenen Flotte aus Containerschiffen und Öltankern, einer Frachtfluggesellschaft und diversen anderen Beteiligungen auszubauen. Von einer vergleichsweise bescheidenen Spedition in Neapel wuchs die Barberi-Gruppe zu einem der profitabelsten Unternehmen Italiens, das weltweit mehr als zweihunderttausend Angestellte zählte.

„Die Barberi-Gruppe bewegt die Welt“ lautete die Überschrift des Artikels, der in seinem weiteren Verlauf nicht verschwieg, dass Alessandro Barberi zu den begehrtesten Junggesellen der Welt zählte und die schönen Frauen an seiner Seite zu zahlreich waren, um sie namentlich zu nennen. Allerdings stand dort kein Wort von seiner Ehe mit Sara. Ganz augenscheinlich hatte er sie genauso rücksichtslos und gründlich aus seiner Biografie getilgt wie er sie damals losgeworden war.

Sara blickte in das Gesicht, dessen Anblick immer noch die Macht besaß, ihr Herz schneller schlagen zu lassen. Aber nun sah sie auch den Anflug von Rücksichtslosigkeit in dem geübten Lächeln, das die dunklen Augen nicht erreichte. Alessandro Barberi war ein Mann mit einem so ungebrochenen Selbstbewusstsein, dass nur wenige Menschen es gewagt hätten, seine Überlegenheit infrage zu stellen. Was bewies, dass sie damals die richtige Entscheidung getroffen hatte.

Alessandro sah etwas wie Furcht in ihren blauen Augen. Und ihm war auch nicht entgangen, wie sie bei seiner Berührung erschauerte. Unwillkürlich glitt sein Blick hinab, wo sich die Spitzen ihrer vollen Brüste hart durch den weichen Stoff des Kleides drückten. Freudige Erregung durchzuckte ihn. Mochte Sara sich seiner Anwesenheit auch nicht bewusst gewesen sein, als er an Bord gekommen war, jetzt nahm sie seine Gegenwart zweifellos wahr. Ihr Körper verriet sie – genau wie damals, als sie sich kennengelernt hatten.

Spöttisch wandte er sich Peter Wells zu. „Es macht Ihnen doch nichts aus, wenn ich diesen Tanz mit Sara für mich beanspruche? Wir haben einiges nachzuholen.“ Dabei sah er Sara herausfordernd an.

Glücklicherweise tauchte in dem Moment Pat neben ihnen auf und ergriff Alessandros Arm. Doch Saras Erleichterung währte nicht lange. „Wie schön, dass Sie gekommen sind, Alessandro! Darf ich vorstellen? Sara Beecham, unsere Bordköchin. Ach bitte, benutzen Sie doch Ihren Charme, von dem Sie bestimmt mehr als genug besitzen, und sorgen Sie dafür, dass unsere Sara sich amüsiert, ja?“

„Ich habe Ihren Wunsch vorhergesehen“, antwortete Alessandro galant, „und Sara bereits um diesen Tanz gebeten. Ich warte nur noch auf die Antwort.“

„Aber natürlich tanzt sie mit Ihnen“, meinte Pat unbekümmert und fügte neckend hinzu: „Na los, Sara. Ich habe dich schon oft gewarnt, dass du Gefahr läufst, eine typische Köchin zu werden, die am liebsten ihr eigenes Essen isst und fett wird.“

„Besten Dank, Pat!“ Sara warf ihrer Freundin einen wütenden Blick zu. Zwar hatten sie sich darauf geeinigt, während der Kreuzfahrt niemandem zu verraten, dass Sara eigentlich Steuerberaterin war, um den professionellen Anstrich des Unternehmens zu wahren, aber fett … Nun, Pat würde später dafür bezahlen. Für den Moment begnügte Sara sich mit dem Hinweis: „Ich kann durchaus für mich selbst sprechen.“

Doch Alessandro hatte ihr schon eine Hand um die Taille gelegt und führte sie ohne viel Federlesens auf das kleine Deck.

Vom Regen in die Traufe, dachte Sara resigniert, als sie spürte, wie die angenehmen Empfindungen, die Peters Umarmung in ihr ausgelöst hatte, sich tausendfach verstärkten, als Alessandro sich ihr zuwandte und sie in seine Arme zog. Unwillkürlich erstarrte sie und versuchte, die ihr so vertrauten Gefühle niederzukämpfen. Aber zu ihrem Pech wechselte die Musik genau in diesem Moment zu einem langsamen, romantischen Stück. Oder Pat hat ganz bewusst eine andere CD aufgelegt, dachte sie wütend.

Um wenigstens etwas Abstand zu halten, legte sie beide Hände auf seinen athletischen Oberkörper. So vermied sie es wenigstens, die nackte Haut an seinen Unterarmen zu berühren. Als sie aufblickte, glaubte sie flüchtig, ein fast boshaftes Aufleuchten in den dunklen Augen zu bemerken. Doch sicher hatte sie sich getäuscht. Tatsächlich lächelte er sie vielsagend an.

„So, du bist also Köchin? Das überrascht mich … oder vielleicht auch nicht. In Anbetracht deines labilen Zustands, als du mich verlassen hast, konntest du dein Studium wohl nicht wieder aufnehmen. Außerdem hat dir die Viertelmillion meines Vaters bestimmt in den Taschen gebrannt. Vermutlich hast du in Saus und Braus gelebt, bis alles auf den Kopf gehauen war“, meinte er spöttisch.

Sara hielt sich gerade noch rechtzeitig zurück, um ihm die Wahrheit zu offenbaren. Denn Alessandros Bemerkung löschte in ihr den letzten Zweifel, er könnte möglicherweise nichts von den Bemühungen seines Vaters gewusst haben, sie aus Italien zu vertreiben.

„Ja, genau“, schwindelte sie beherzt. Auf keinen Fall würde sie ihm verraten, wie sehr sie unter dem Verlust des Babys und Alessandros Gleichgültigkeit gegenüber ihren Gefühlen während ihrer – Gott sei Dank nur sehr kurzen – Ehe gelitten hatte. Und es erleichterte sie ungemein, dass ihre schwesterliche Freundin Lillian sie daran gehindert hatte, den Scheck zu zerreißen.

Mit dem Geld hatte sie ihren Abschluss als Wirtschaftsprüferin gemacht und sich eine kleine Wohnung in London gekauft. Mit dem Rest und einem kleinen Erbe aus dem Nachlass ihrer Mutter kaufte sie sich später als Partnerin in die Kanzlei in Greenwich ein, die seitdem Thompson & Beecham hieß. Sie verkaufte die Wohnung mitten in London zu einem guten Preis, nahm eine Hypothek auf und erwarb ein Zweizimmerapartment in Greenwich mit Blick auf die Themse, nur einen Steinwurf von ihrem Büro entfernt. Deshalb hielt sie Alessandros herablassendem Blick unbeeindruckt stand und erklärte schlicht: „Ich koche gern.“

„Wie ich mich erinnere, warst du, als wir uns kennengelernt und geheiratet haben, gut … nicht nur im Kochen.“ Das Aufleuchten in seinen dunklen Augen ließ keinen Zweifel an der erotischen Anspielung. Sara war damals, nicht nur im Bett, seine willige Sklavin gewesen. „Allerdings ist dein Eifer ziemlich schnell erloschen, sobald wir nach Italien gezogen sind.“

„Komisch, ich glaube mich zu erinnern, dass deine Eltern eine Köchin hatten“, entgegnete Sara, wobei die alte Bitterkeit in ihr aufwallte. Es sah Alessandro ähnlich, bequemerweise zu vergessen, dass sie nach ihrem Einzug in die Familienvilla nicht einmal in die Nähe der Küche gelassen worden war – sofern man sie überhaupt zur Kenntnis genommen hatte. „Und da sich deine Mutter und deine Cousine Caterina darüber hinaus um alles gekümmert haben, hatte ich nicht das Gefühl, gebraucht zu werden.“

Dank Caterinas Anwesenheit war sie eigentlich für gar nichts mehr gebraucht worden, nicht einmal als Ehefrau. Nur für die wenigen Wochen, die ihre Schwangerschaft noch dauerte, duldete man sie. Wie stets bei dem Gedanken an das Kind, das sie verloren hatte, durchzuckte sie ein Schmerz.

„Nimm meine Bemerkung nicht so wichtig“, lenkte Alessandro ein, der ihren Zorn spürte und sich noch sehr gut an Saras paranoide Abneigung gegenüber seiner Cousine erinnerte. Da er nicht daran dachte, sie noch einmal in die Nähe seiner Familie zu bringen, sondern lediglich mit ihr ins Bett wollte, wechselte er das Thema. „Entspann dich, Sara, und lass uns einfach als alte Freunde diesen Tanz genießen.“

Waren sie denn je Freunde gewesen? Geliebte, ja, und für kurze Zeit auch Ehemann und Ehefrau. Aber alles in allem hatten sie gerade einmal sechs Monate zusammen verbracht, wobei man die Hälfte davon als absolute Katastrophe bezeichnen konnte. Mit achtzehn verheiratet, mit neunzehn schon wieder geschieden, dachte Sara. Die Erinnerung an jenes für sie so verheerende Jahr tat immer noch weh.

„Du bist so schweigsam“, meinte Alessandro. „Ich habe dich viel mitteilsamer in Erinnerung.“

„Nun ja, wie ich schon sagte … ich war ziemlich überrascht, dich zu sehen“, antwortete Sara fest. „Ich dachte, du wärst inzwischen längst verheiratet und Familienvater.“

„Und woher weißt du, dass ich es nicht bin?“, erwiderte er spöttisch.

„Keine Ahnung, und es interessiert mich eigentlich auch nicht. Ich wollte nur höflich sein“, antwortete sie schroff. Ihre Ehe hatte ihn damals auch nicht daran gehindert, wochenlang nach Amerika zu gehen und sie auf Gedeih und Verderb seiner Familie auszuliefern. Warum sollte es einer anderen Frau gelungen sein, ihn zu ändern? Einmal ein rücksichtsloser Schuft, immer ein rücksichtsloser Schuft.

„Nun, ich bin tatsächlich nicht verheiratet. Einmal hat mir genügt“, erklärte er unaufgefordert und drückte sie fester an sich.

Heiße Wut stieg in Sara auf … jedenfalls redete sie sich ein, dass es Wut war, denn die Alternative fand sie einfach zu demütigend. „Mir auch“, bekräftigte sie.

„Schön, dass wir uns wenigstens in etwas einig sind.“ Alessandro lächelte. „Vielleicht sollten wir da nachhaken und erkunden, was wir nach all der Zeit sonst noch gemeinsam haben?“ Er sah ihr tief in die Augen. „Ich habe jedenfalls nie vergessen, wie viel Spaß wir im Bett miteinander hatten, cara mia.“

Es verschlug ihr für einen Moment die Sprache, dass er sie mit dieser ihr noch so vertrauten Koseform anredete. Im nächsten Moment erschauerte sie unwillkürlich, als er ihr zart den Rücken streichelte. Oh nein! Ganz unmissverständlich reagierte ihr Körper auf diesen Mann, obwohl sie doch allen Grund hatte, ihn zu hassen. Wie ist das nur möglich, fragte Sara sich, während sie wie gebannt in seine Augen blickte. Eine knisternde erotische Spannung erfüllte die Luft zwischen ihnen.

„Wir waren so gut zusammen“, flüsterte Alessandro. Jetzt war er ihr so nah, dass sein Atem ihr warm die Wange streichelte. „Und wir könnten es wieder sein.“

„Du träumst!“, entgegnete sie verächtlich, aber ihre Wangen glühten heiß.

„Nein.“ Er betrachtete sie lächelnd. „Träume sind Fantasie, guter Sex ist real. Und sei ehrlich, Sara, der Sex zwischen uns war atemberaubend, und die Anziehung besteht immer noch.“

Kein Zweifel, er begehrte sie. Für einen Moment fühlte Sara sich geschmeichelt, bis sie sich bewusst machte, wie gefühllos und gleichgültig er alles abtat, was in der Vergangenheit zwischen ihnen passiert war. Unglücklich schüttelte sie den Kopf. „Du hast dich überhaupt nicht verändert. Von Anfang an hast du nur Sex von mir gewollt.“

„Und das will ich immer noch.“ Ein kleines Lächeln umspielte seine unwiderstehlich sinnlichen Lippen, während er sie entschlossen an sich presste. Ein Aufblitzen in seinen dunklen Augen kündigte ihr seine Absicht an – Sekundenbruchteile, bevor er sich zu ihrem Mund herabbeugte. Obwohl ihr Verstand vehement protestierte, öffneten ihre Lippen sich bereitwillig dem sanften Drängen seiner Zunge.

So musste es sein, von einem Tornado hinweggefegt zu werden. Sara fühlte sich wie der hilflose Spielball ihrer aufgewühlten Gefühle, bis sie jeglichen Widerstand aufgab. Das verführerische Spiel seiner Zunge, während er gleichzeitig mit einer Hand in ihr seidiges Haar fasste, um den Kuss noch zu vertiefen, entfachte in ihr ein loderndes Feuer, das sie zu verzehren drohte. Verlangend schmiegte sie sich an ihn, als er mit der anderen Hand ihren Po umfasste und sie spüren ließ, wie erregt er war. Es war ein so vertrautes Gefühl und ein so wunderbares!

Eng umschlungen bewegten sie sich zur Musik. Alessandro führte Sara mit traumwandlerischer Sicherheit im Takt, ohne von ihren Lippen zu lassen. Dabei konnte sie an nichts anderes mehr denken als daran, wie oft sie schon so getanzt hatten und sie sich so umworben gefühlt hatte. Es war, als würden all die erregenden Gefühle, die sie viel zu lange unterdrückt hatte, mit Macht zu neuem Leben erwachen. Unwillkürlich krallte sie die Finger Halt suchend in Alessandros breite Schultern und erwiderte seinen Kuss mit hemmungsloser Leidenschaft.

Als er sich schließlich von ihren Lippen löste, stöhnte sie protestierend und wollte mehr.

„Hier gibt es zu viele Zuschauer“, flüsterte er und liebkoste mit der Zungenspitze ihr Ohr. „Überlass dich einfach meiner Führung.“

Zitternd ließ Sara es geschehen, dass er ihr das Knie zwischen die Beine schob und sie dann sachte, Schritt für Schritt zurückdrängte. Und ehe sie sich versah, ließ er sie los. Plötzlich ohne Halt schwankte Sara und spürte eine Wand im Rücken. Alessandro hatte sie auf die seewärts gelegene Seite der Jacht geführt, die im Schatten lag und einigermaßen vor neugierigen Blicken schützte.

„Zwar nicht perfekt, aber schon viel besser“, flüsterte er, bevor er ihren Hals mit zarten, erregenden Küssen bedeckte.

Seufzend verlor Sara sich in ihren sinnlichen Träumen. Sie spürte, wie Alessandro ihre vollen Brüste umfasste, und drängte sie ihm entgegen, als er mit den Daumen nach den harten Spitzen tastete, die sich unter dem dünnen Stoff abzeichneten. Überwältigt vom Ansturm ihrer Gefühle, registrierte sie gar nicht, dass er mit geübtem Griff das Band löste, das ihr Kleid in der Taille zusammenhielt. Benommen blickte sie auf, als sie spürte, wie er leicht zurückwich. Sie sah das begehrliche Aufleuchten in seinen dunklen Augen. Ohne zu überlegen, wollte sie ihn wieder zu sich ziehen, doch er hielt sie zurück.

„Nein, erst will ich dich ansehen“, flüsterte er, wobei er das weiße Wickelkleid auseinanderstreifte und so den Blick auf ihren hinreißenden Körper, nur noch mit einem zarten weißen Spitzenslip bekleidet, freigab. „Du bist noch schöner, als ich dich in Erinnerung habe.“

Wie gebannt blickte Sara zu ihm, unfähig, ein Wort über die Lippen zu bekommen. Alles in ihr schrie danach, sich ihm ganz hinzugeben. So unendlich lange war es her, seit er sie berührt hatte, seit sie den Duft eines Mannes … dieses Mannes eingeatmet hatte.

Alessandro umfasste ihre vollen Brüste und streichelte sie. „Dio, ich brauche es so sehr!“ Leise aufstöhnend beugte er sich herab und umschloss eine der harten Spitzen mit den Lippen. Als Sara sich verlangend an ihn schmiegte, schob er ihr eine Hand zwischen die Schenkel, und sie drängte sich ihm erregt entgegen.

„Du bist so heiß … so sexy!“, flüsterte er und richtete sich auf. Voller Verlangen glitt sein Blick wieder hinab zu den Brüsten. Eine leichte Brise streichelte kühl ihre nackte Haut und die steif aufgerichteten Spitzen.

„Ich will dich, Sara. Sehr sogar. Aber vorher muss ich wissen … hat Wells dich heute schon gehabt?“

Sara brauchte einen Moment, um den Sinn seiner Worte zu begreifen. Sie spürte Alessandros Hand immer noch zwischen ihren Schenkeln und begriff schlagartig ihre Lage.

Ohne zu überlegen schlug sie zu. Alessandro taumelte zurück gegen die Reling, völlig überrascht. Schade, dass er nicht über Bord gefallen ist, schoss es Sara durch den Kopf, während sie zitternd vor Wut ihr Kleid in Ordnung brachte und das Taillenband fest zuband. Doch bevor sie sich abwenden und davonlaufen konnte, hatte Alessandro sie erneut gepackt und drückte sie wieder gegen die Wand. Ihre Hand schmerzte von dem Schlag, ihr Herz pochte wie wild, und ein Blick in Alessandros zornig funkelnde Augen ließ ihren Mut entschieden sinken.

„Was, zum Teufel, sollte das?“ Unsanft hob er ihr Kinn, sodass sie gezwungen war, ihn anzusehen. „Du hast es die ganze Zeit genauso gewollt wie ich. Du warst ganz heiß darauf“, fuhr er sie an. „Was hat dich veranlasst, deine Meinung zu ändern, du verrücktes Weib? Hast du den Verstand verloren? Jeder andere Mann hätte womöglich zurückgeschlagen!“

Verrücktes Weib war das entscheidende Stichwort. Überwältigt von Verbitterung und Zorn schüttelte Sara den letzten Rest sexueller Erregung ab und sah Alessandro eiskalt und verächtlich an. „Du wagst es auch noch zu fragen? Nachdem du die Unverschämtheit besessen hast, dich zu erkundigen, ob du heute mein erster Liebhaber wärst?“ Angewidert schüttelte sie den Kopf und entzog sich seinem Griff. „Du fragst mich tatsächlich, ob ich gerade aus dem Bett eines Mannes komme, um direkt in das nächste zu steigen? Das ist so ziemlich das Letzte!“

Alessandro Barberi, der große, attraktive, weltgewandte Mann und erfahrene Liebhaber, der erfolgreiche Geschäftsmann und Multimillionär, fühlte, wie ihm das Blut heiß in die Wangen schoss. Zum ersten Mal in den vierunddreißig Jahren seines Lebens errötete er, als er begriff, was Sara sagte. Hatte er ihr wirklich eine derart unverschämte, beleidigende Frage gestellt? Ja, das hatte er, und für einen kurzen Moment schämte er sich zutiefst. Wieder eine neue Erfahrung für ihn. Nachdenklich glitt sein Blick über Sara. Seidiges goldbraunes Haar umrahmte ihr zartes schönes Gesicht, und in dem weißen Kleid, das jetzt wieder sittsam geschlossen war, sah sie fast jungfräulich unschuldig aus. Doch er wusste es besser, schließlich hatte er ihr die Unschuld geraubt. Und genau da lag das Problem, wie er haarscharf überlegte.

Die blauäugige kleine Hexe hatte von jeher die Macht besessen, ihn in sexueller Hinsicht völlig aus dem Gleichgewicht zu bringen. Weder vor ihr noch nach ihr hatte er eine leidenschaftlichere Geliebte gehabt. Allein ihr Anblick genügte, und er verging vor Lust. Manche Dinge änderten sich anscheinend nie, weshalb es ihn auch so schockiert hatte, sie heute unerwartet wiederzusehen. Und als er dann auch noch zusehen musste, wie sie mit diesem jungen Mann flirtete und die beiden sich küssten, hatte er besitzergreifend reagiert. Weil es ihn in die Vergangenheit zurückversetzt hatte … weshalb ihm auch diese dämliche Frage zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt in den Sinn gekommen war.

„Sollte ich taktlos gewesen sein, entschuldige ich mich dafür“, erklärte er schroff. „Allerdings war die Frage nicht ganz unbegründet, wenn man bedenkt, dass du den Jungen erst vor zehn Minuten geküsst hast.“

„Wenn das deiner Vorstellung von einer Entschuldigung entspricht, vergiss es, Alessandro!“ Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, wandte Sara sich ab und eilte in Richtung Achterschiff davon.

3. KAPITEL

Schon nach wenigen Schritten fühlte Sara erneut einen Arm um ihre Taille. Angriffslustig drehte sie sich um.

„Ach, Sie sind es …“ Erleichtert, Peter zu sehen, griff sie nach seinem anderen Arm, denn ihr zitterten immer noch die Knie.

„Ich habe Sie gesucht.“

„Bitte holen Sie mir den Drink, den Sie mir versprochen haben“, bat sie ihn atemlos. „Ich brauche ihn jetzt.“

Er blickte kurz über ihre Schulter und dann wieder zu ihr. „Ich glaube, ich verstehe, warum. Unser ‚alter Freund‘ sieht nicht allzu erfreut aus.“ Ohne zu zögern, führte Peter sie zur Bar. „Alles in Ordnung?“, fragte er besorgt, während er zwei Gläser Champagner bestellte und ihr eines davon reichte.

„Ja, jetzt geht es mir gut.“ Sara trank einen großen Schluck. „Danke.“

„Keine Ursache. Ich bin Ihr edler Ritter, wussten Sie das nicht? Allerdings hege ich den stummen Verdacht, dass ich es nie mehr sein werde. Ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen … Sie sehen aus wie eine Frau, die gerade leidenschaftlich geküsst wurde – aber leider nicht von mir“, meinte er trocken. „Um mein tief verletztes Herz zu heilen, müssen Sie mir wenigstens erzählen, woher Sie Barberi kennen. Und warum der Mann mir gerade einen Blick zugeworfen hat, den man auch als Aufforderung zum Duell verstehen könnte.“

Sara fand, dass sie Peter eine Erklärung schuldete. „Wir haben uns vor Jahren kennengelernt, damals war ich noch ein Teenager und hatte gerade mit dem Studium begonnen. Wir waren einige Monate zusammen, bevor wir wieder getrennte Wege gegangen sind.“ Weitere Details hielt sie nicht für nötig.

„Lassen Sie mich raten … Sie haben ihn verlassen, richtig?“ Peter lachte, als sie nickte. „Das erklärt allerdings den finsteren Blick. Ein Alessandro Barberi ist es nicht gewöhnt, von einer Frau abgewiesen zu werden. Normalerweise liegen ihm die Frauen zu Füßen, und er hatte Affären mit einigen Schönheiten. Der Mann gilt auch in dieser Hinsicht als legendär. Seine Geschäftsbasis, von wo aus er operiert, ist Italien, wo ihn den Gerüchten zufolge ein Topmodel bei Laune hält. Das Büro in London hat er erst kürzlich eröffnet. Aber er besitzt natürlich auch eines in New York, um seine Interessen in Nordamerika abzudecken. Und seine dortige Anwältin Margot James soll ihm nicht nur für Verträge zur Verfügung stehen. Über seine Büros in Südamerika und Afrika bin ich nicht informiert, aber ich weiß definitiv, dass er erst vor wenigen Wochen seinem Büro in Hongkong einen Besuch abgestattet hat, wo eine süße, kleine Chinesin namens Mai Kim ihm die Zeit versüßt. Zufällig war ich zur selben Zeit geschäftlich dort und habe die beiden zusammen gesehen. Also, Hut ab, Sara … ich denke, Sie können froh sein. Sie sind viel zu einzigartig, um sich in seinen Harem einzureihen.“

Gerührt blinzelte Sara gegen die Tränen an. Es gab also doch noch anständige Männer! Impulsiv hob sie eine Hand und streichelte Peter freundschaftlich über die Wange. „Ich glaube, das war das Netteste, was mir ein Mann je gesagt hat, Peter.“

„He, werden Sie bloß nicht rührselig, Mädchen! Wie wär’s, wenn wir zum Büfett gehen und uns etwas von Ihrem fabelhaften Essen gönnen?“, schlug Peter burschikos vor, legte ihr einen Arm um die Schultern und führte sie in den Hauptsalon, wo Sara das große Büfett aufgebaut hatte.

Im ersten Moment wollte Alessandro Sara folgen, hielt sich dann jedoch gerade noch zurück. Verdammt! War er noch bei Trost, seiner Exfrau nachzusteigen? Vorhin hatte sie unverhohlen zugegeben, es genossen zu haben, sein Geld auszugeben. Sie benahm sich absolut schamlos. Dann sah er, wie Peter Wells neben ihr auftauchte und den Arm um sie legte. Der junge Mann blickte kurz in seine Richtung.

Nein, Alessandro konnte es dem Burschen nicht verübeln, sein Glück bei Sara zu versuchen. Obwohl er ihn in diesem Moment am liebsten erwürgt hätte. Unwillkürlich umklammerte er die Reling, selbst überrascht von der Heftigkeit seiner Leidenschaft. Die Frustration saß tief, sodass er seine ganze Willenskraft aufbieten musste, um einen klaren Kopf zu behalten.

Sara hatte sich überhaupt nicht verändert. Sie war immer noch auf Geld und ihren Vorteil aus. Mit ihrem aufregenden Körper und ihrem leidenschaftlichen Stöhnen hatte sie ihn scharfgemacht, dann vermutlich eiskalt ihre Chancen abgewogen und sich anders besonnen. Nachdem sie ihn bereits einmal über den Tisch gezogen hatte, standen die Aussichten schlecht, dass es ihr noch einmal gelingen könnte. Der junge Peter Wells bot da zweifellos ein leichteres Opfer.

Sollte der arglose Dummkopf doch selbst herausfinden, was für eine hinterhältige kleine Mitgiftjägerin Sara war. Mit einem Schulterzucken wandte Alessandro sich ab und mischte sich wieder unter die Partygäste. Im Nu umschwärmten ihn drei zauberhafte weibliche Wesen, und er hatte die Qual der Wahl. Sara gehörte der Vergangenheit an. Alessandro konzentrierte seine Aufmerksamkeit ganz auf die charmanten Damen um ihn. Lediglich dann und wann schweifte sein Blick völlig unbeabsichtigt zu Sara, die sich an der Seite von Peter Wells offenbar bestens amüsierte. Dabei ging ihm durch den Kopf, dass es genau genommen eine Schande war, einen so vielversprechenden, brillanten jungen Burschen Saras gierigen Klauen zu überlassen.

Als er die Party schließlich verließ, stand Alessandros Entschluss fest. Im Interesse männlicher Solidarität betrachtete er es als seine Pflicht, den jungen Wells vor Sara Beecham zu retten. Das Wie würde sich noch ergeben. Allerdings hatte er schon eine Idee, wie er die Situation zu seinen Gunsten nutzen könnte. Das verdankte er einem höchst interessanten Gespräch mit Pat und Dave, als er sich bei den beiden für die Einladung bedankte.

So würde er gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: einen intelligenten jungen Mann vor einem Fehler bewahren, dessen Karriere befördern und ihn sich gleichzeitig aus dem Weg schaffen. Mit etwas Glück bekam er Sara wieder ins Bett, konnte den Spaß mit ihr genießen, bis er endgültig genug von ihr hatte, um sie dann ohne Bedauern abzuservieren.

Müde, aber zufrieden sah Sara sich ein letztes Mal prüfend in der wieder blitzsauberen Kombüse um.

„Da bist du ja!“ Pat gesellte sich zu ihr.

„Wenn du helfen willst, bist du zu spät dran. Ich bin fertig“, meinte Sara trocken.

„Darauf wette ich!“, entgegnete Pat, verschmitzt lächelnd. „Du errätst nie, was passiert ist! Als ich Alessandro Barberi erzählt habe, dass wir schon morgen Mittag wieder aufbrechen, hat er darauf bestanden, meine Gastfreundschaft von heute zu erwidern. Er lädt uns alle morgen Vormittag zu einem großen Frühstück auf seine Jacht ein. Toll, nicht wahr?“

„Wenn es bedeutet, dass ich nicht kochen und auch nicht teilnehmen muss … ja!“

Tatsächlich jedoch fühlte Sara sich alles andere als toll, als sie ihre Kabinentür hinter sich schloss. Nach einer schnellen Dusche fiel sie todmüde in die Koje. Was für ein Abend! Stöhnend schloss sie ganz fest die Augen, als könnte sie so jede Erinnerung an die schreckliche Party auslöschen – leider vergeblich. Das Wiedersehen mit Alessandro hatte alles in ihr aufgewühlt, was sie in den vergangenen Jahren mit so viel Mühe verdrängt und vergessen hatte.

Als Kind hatte Sara in London eine glückliche Kindheit mit einer liebevollen Mutter und einem Großvater verlebt, der sie vergötterte. Ihren Vater hatte sie nie vermisst. Irgendwann erzählte Saras Mutter, die als Rechercheurin bei der BBC arbeitete, ihrer Tochter, dass der einzige Mann, den sie je geliebt hatte, einen Monat vor der geplanten Hochzeit bei einem Motorradunfall ums Leben gekommen war. Trotzdem wuchs im Laufe der Jahre ihr Wunsch nach einem Kind. Mit fünfunddreißig und ermutigt durch ihre besten Freunde Lisa und Tom ging Anne Beecham nach Amerika, um sich dort künstlich befruchten zu lassen. Lisa und Tom, die seit Jahren kinderlos verheiratet waren und den Entschluss gefasst hatten, ihr Glück mit einer In-Vitro-Fertilisation zu versuchen, begleiteten sie. Bei Anne klappte es, sie bekam Sara. Lisa hingegen war es leider nicht vergönnt, schwanger zu werden.

Als Kind kam es Sara nie in den Sinn, über die Besonderheiten ihrer Zeugung nachzudenken. In den ersten Lebensjahren verbrachte sie jedes Wochenende und alle Ferien in Southampton, wo ihr Großvater sich in einem Bungalow am Meer zur Ruhe gesetzt hatte. Behütet und geliebt von ihrer Mutter und ihrem Großvater und natürlich auch von Lisa und Tom wuchs sie zu einem blitzgescheiten, vertrauensvollen Kind heran. Der Tod ihres Großvaters, als sie acht war, traf sie und ihre Mutter tief. Dennoch war er nichts im Vergleich zu dem noch größeren Verlust, als drei Jahre darauf ihre Mutter starb.

Und plötzlich gewannen auch die ungewöhnlichen Umstände ihrer Geburt zum ersten Mal eine ungeahnte Bedeutung. Denn Saras Paten Lisa und Tom kamen schicksalshafterweise bei demselben Autounfall ums Leben wie Anne. Auf der Fahrt zum Theater hatte ein betrunkener Fahrer ihr Auto gerammt. Mit einem Schlag aller Menschen beraubt, die ihr nahestanden, fand sich Sara völlig allein und ohne Freunde und Verwandte auf der Welt. Die mit dem Nachlass betrauten Anwälte verkauften Annes Wohnung und legten den – bescheidenen – Erlös nach Abzug aller Kosten in einem Treuhandfonds an, der Sara mit einundzwanzig ausgezahlt werden sollte. Sara selbst wurde der Jugendfürsorge anvertraut.

An die erste Zeit im Kinderheim dachte sie nur mit Grausen zurück. Für ein bis dahin so behütetes Kind war es eine traumatische Erfahrung gewesen. Natürlich fragten die anderen Kinder Sara auch nach ihren Eltern. Naiverweise antwortete sie wahrheitsgemäß und gab damit preis, dass sie das Resultat einer Samenspende war. Von da an gehörten Hänseleien wie „Dein Vater könnte ein Serienkiller sein“ genauso zur Tagesordnung wie der Hinweis, sie könnte, ohne es zu wissen, ihren eigenen Bruder heiraten.

Völlig verunsichert zog Sara sich in ihre Trauer und ihr Unglück zurück und blühte erst langsam wieder auf, als Lillian Brown begann, sich um sie zu kümmern. Bis zum Beginn ihres Studiums wohnte Sara in verschiedenen Pflegefamilien, wobei Lillian die konstante Vertrauensperson in ihrem Leben blieb.

Von Beruf internationale Anwältin, machte Lillian sich mit nur neunundzwanzig Jahren berechtigte Hoffnungen, zur Juniorpartnerin in ihrer Kanzlei aufzusteigen. Als Single wünschte sie sich für die weitere Zukunft durchaus eine Familie mit eigenen Kindern, doch bis dahin engagierte sie sich in dem Projekt „Große Schwester“. Damit versuchte der Staat Kindern aus Heimen oder Pflegefamilien die Gelegenheit zu geben, ein oder zwei Wochenenden pro Monat mit einem engagierten Paten zu verbringen. Lillian erwies sich als Saras Rettung. Unter dem Einfluss der klugen, eigenständigen jungen Frau fand Sara nach und nach ihre Selbstachtung und Selbstsicherheit zurück und zeigte auch in der Schule immer bessere Leistungen. Lillian gab ihr nicht nur Trost, sondern war eine Mentorin und Freundin zugleich. Und so hatte sie sich mit Abschluss der Schule zu einer intelligenten, selbstbewussten jungen Frau entwickelt, bereit, ein Universitätsstudium aufzunehmen.

Das Studentenleben liebte Sara von Anfang an, und als sie dann am Ende ihres ersten Universitätsjahres auch noch Alessandro Barberi kennenlernte, schien ihre Welt perfekt. Rückblickend erwies es sich als reines Pech, dass Lillian zu der Zeit mit einem komplizierten, firmenrechtlichen Fall in Australien festsaß und Sara nicht mit Rat und Tat zur Seite stehen konnte. Andernfalls hätte Sara sich vielleicht nicht so leicht von Alessandro einwickeln lassen.

Ruhelos drehte sie sich in der Koje auf die andere Seite. An den Moment, als sie Alessandro zum ersten Mal sah, erinnerte sie sich, als wäre es gestern gewesen. Ein seltsames Kribbeln im Nacken hatte sie veranlasst, sich umzudrehen. Sie blickte in dunkle, lächelnde Augen und errötete tief. Er war älter als die anderen Studenten, mit denen sie normalerweise ausging, und unglaublich attraktiv. Als er sie mit seiner aufregenden Stimme ansprach und um den nächsten Tanz bat, war es um sie geschehen.

Sara verliebte sich Hals über Kopf unsterblich in Alessandro. Ohne zu überlegen, ließ sie sich von ihm zum sanften Rhythmus der Musik über die Tanzfläche führen … Sie wäre ihm bis ans Ende der Welt gefolgt. Als er sie später nach Hause brachte und zum Abschied küsste, erfuhr sie zum ersten Mal in ihrem Leben, was es bedeutete, von Leidenschaft verzehrt zu werden. Natürlich sagte sie Ja, als Alessandro sie fragte, ob er sie am folgenden Abend zum Essen ausführen dürfe. Nur sieben Tage später folgte sie seiner Einladung in seine Wohnung und in sein Bett. Ihr wäre nie in den Sinn gekommen, ihn zurückzuweisen. Alessandro war die Liebe ihres Lebens.

Umso dümmer von ihr! Ärgerlich drehte Sara sich in ihrer Koje ein weiteres Mal herum. Sie wollte sich nicht daran erinnern, wie zärtlich und behutsam er sie in die Kunst der Liebe eingeführt hatte. Geschweige denn daran, welch ungeahnt wilde, leidenschaftliche Seite sie in Alessandros Armen an sich entdeckte, als er sie mit all seiner Erfahrung lehrte, wie fantasievoll und aufregend abwechslungsreich Sex sein konnte.

Nein! Sie drückte ihr Gesicht ins Kissen, während lange unterdrückte Empfindungen ihren Körper heiß durchfluteten. Aber der beste Sex der Welt war kein Ersatz für den Verlust der eigenen Identität, und genau den hätte sie seinetwegen fast erlitten.

Als sie entdeckte, dass sie schwanger war, zerstreute Alessandro zunächst all ihre Ängste und bestand darauf, sie zu heiraten. Was sie als einen Beweis seiner Liebe wertete, obwohl er ihr nie ausdrücklich gesagt hatte, dass er sie liebte. In dieser Zeit schwebte sie wie auf Wolken. Alessandros einziger Kommentar zu den ungewöhnlichen Umständen ihrer Zeugung und Geburt lautete übrigens: „Deine Mutter muss eine starke, mutige Frau gewesen sein, die sehr viel Liebe zu geben hatte – genau wie du.“ Diese Worte besiegelte er mit einem Kuss. Und festigte so Saras Gewissheit, die große Liebe, den Seelenfreund gefunden zu haben. Sie hatte ihm alles von sich offenbart und dachte, umgekehrt wäre es genauso. Doch sie wusste nur, dass seine Eltern zusammen mit seinem jüngeren Bruder Aldo in Neapel lebten und sein Vater eine Familienspedition leitete. Die sie sich als überschaubare Firma mit einigen Lastwagen vorstellte.

Alessandro hatte ihr auch erzählt, dass er vor seinem Studium in London bereits eine Zeit lang für seinen Vater gearbeitet hatte und nicht sehr erpicht darauf war, wieder bei ihm einzusteigen. Viel lieber wollte er sich etwas Eigenes aufbauen. Allem Anschein nach standen die Barberis sich jedoch sehr nahe, und Alessandro liebte seine Familie. Das klang genau nach der Art von Familie, von der Sara immer geträumt hatte und die sie sich mit Alessandro und ihrem gemeinsamen Kind aufbauen wollte.

Deshalb ahnte sie nichts Böses, als Alessandro plötzlich nach Neapel zurückgerufen wurde. Im Gegenteil: Sie war bereit, ihm überallhin zu folgen. Sein Vater war krank und wollte natürlich den ältesten Sohn an seiner Seite in der Firma haben.

Sobald sie jedoch in der Familienvilla in Neapel eingezogen waren, zerplatzten Saras rosarote Träume einer nach dem anderen wie Seifenblasen. Alessandros Mutter, eine sehr attraktive Frau, sprach kein Wort Englisch. Und Sara konnte nur wenig Italienisch, weshalb sie sich kaum verständigen konnte. Aber zumindest fand Sara sie zunächst sympathisch. Alessandros Vater jedoch war weit entfernt davon, nett zu seiner Schwiegertochter sein. Groß und bullig, ließ er keine Sekunde Zweifel daran aufkommen, wer in der Familie das Sagen hatte. Genauso wenig wie an der Tatsache, dass er nicht erfreut darüber war, dass sein ältester Sohn ohne sein Wissen und seine Zustimmung geheiratet hatte. Er behauptete sogar, das wäre die Ursache des leichten Herzanfalls. Dieser Patriarch duldete Sara nur in seinem Haus, weil sie schwanger war und bald einen Erben der Familie Barberi in die Welt setzen würde. Als Alessandro ihm erklärte, warum Sara selbst keinerlei Familie hatte, rührten die sarkastischen Kommentare seines Vaters an alten Wunden aus Saras Zeit im Kinderheim.

Letztlich jedoch zerstörte die Anwesenheit von Alessandros Tante Anna, der verwitweten Halbschwester seines Vaters, und deren Tochter Caterina Saras blindes Vertrauen in ihren Ehemann und die Liebe. Das überglückliche, schwangere Mädchen, das frisch verheiratet in Neapel ankam, kehrte zehn Wochen später mit gebrochenem Herzen als verängstigte, bitter enttäuschte Frau nach England zurück.

Ein trauriges Lächeln huschte über Saras Gesicht. Ihr kurzer Aufenthalt in Neapel als Alessandros Frau war die Hölle gewesen, aber sie hatte ihre Lektion gelernt: Nie wieder würde sie sich für ihre Abstammung schämen! Wenn die Familie Barberi ein klassisches Beispiel für eine sogenannte normale Familie war, dann betrachtete Sara es fortan als Glück, dass ihre Mutter sich für eine Samenspende entschieden hatte. Denn in Sachen Hinterhältigkeit, Intrigen und Lügen – ganz zu schweigen von Drohungen und Einschüchterungen hätten die Barberis es mit den berühmt-berüchtigten Medicis der italienischen Geschichte aufnehmen können!

Glücklicherweise musste sie Alessandro Barberi nie wiedersehen. Morgen um diese Zeit wäre sie bereits zu Hause in England. Mit diesem beruhigenden Gedanken schloss Sara die Augen und schlief erschöpft ein.

Nach einer unruhigen Nacht wachte Sara am nächsten Morgen auf, als die ersten Sonnenstrahlen durch das Bullauge ihrer Kabine drangen. Sie war in ihren Träumen – oder besser gesagt Albträumen – von einem großen dunklen Mann verfolgt worden, der sie gepackt und mit einer Leidenschaft geliebt hatte, der sie sich nicht hatte erwehren können.

Seufzend kletterte sie aus der Koje, betrat die winzige Dusche und drehte erst einmal das kalte Wasser auf, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Während sie duschte und sich die Haare wusch, dachte sie so nüchtern wie möglich über die Wiederbegegnung mit Alessandro nach. Schön, es war ein entsetzlicher Zufall gewesen – aber auch keine Katastrophe. Allerdings begriff sie immer noch nicht, was in sie gefahren war, sich von Alessandro küssen zu lassen. Da hatte ihr Verstand vorübergehend völlig ausgesetzt. Denn ganz sicher liebte sie ihn nicht mehr, nach all den Jahren. Nein, genau genommen, empfand sie eigentlich nur noch Verachtung für den arroganten, treulosen Schuft, der sich im Ernst für Gottes Geschenk an die Frauen hielt.

Energisch verdrängte sie die verräterische Stimme, die ihr zuflüsterte, dass er dies zumindest als Liebhaber auch war. Fünf Minuten später machte sie sich, bekleidet mit weißen Shorts und einem blauen T-Shirt, auf den Weg in die Kombüse.

Nicht lange darauf gesellten sich der Kabinenjunge und die drei Besatzungsmitglieder zu ihr. Saras Schulfranzösisch reichte aus, um sich zu vergewissern, dass die vier ebenfalls nicht beabsichtigten, an dem großen Frühstück auf Alessandros Jacht teilzunehmen. Es wäre ihnen nicht einen Moment in den Sinn gekommen, dass sie auch eingeladen sein könnten. Also bereitete Sara das Frühstück für die Mannschaft zu und ließ sich auch später von Pat und Dave nicht umstimmen, als diese zusammen mit den Jacht-Gästen zum Brunch auf der „Il Leonessa“ aufbrachen und sie zum Mitkommen überreden wollten.

Froh, als die Gruppe endlich fort war, brachte Sara in Rekordtempo die Kombüse wieder in Schuss. Dann ging sie in die Kabine zurück, um ihre Habseligkeiten zusammenzupacken, bis auf einen Hosenanzug und ein Top aus luftigem Leinen, das sie auf dem Rückflug tragen wollte. Kurz entschlossen band sie sich das lange Haar zu einem Pferdeschwanz zusammen und ergriff ihre Handtasche. Ein kleiner Einkaufsbummel durch die Stadt schien genau die richtige Therapie zu sein.

Die Ausbeute ihres spontanen Ausflugs bestand in einem Paar Schuhe. Dann kaufte sie noch eine Postkarte, um Lillian zu schreiben … inzwischen längst Lillian McRae, die mit Mann und zwei Kindern schon seit mehreren Jahren in Australien lebte. Die Begegnung mit Alessandro hatte sie an Lillians Rat von damals erinnert, die Sache mit der Heirat nicht zu überstürzen. Mehr als einmal hatte Sara sich seitdem gewünscht, sie hätte den Rat der schwesterlichen Freundin beherzigt. Sie setzte sich in ein Café, schrieb die Karte und warf sie auf dem Weg zum Hafen ein.

Rund um die große Bucht erstreckte sich ein breiter Sandstrand. Sara zog die Schuhe aus und spazierte durch das flache Wasser an der Wasserlinie entlang. Entspannt ließ sie den Blick über die Hotels und Cafés schweifen, die ganz allmählich zum Leben erwachten, und beobachtete die Touristen, die mit Kind und Kegel an den Strand pilgerten. Ein Mann war so bepackt mit einem Klappstuhl, einer Strandtasche und einem riesigen, aufblasbaren knallgrünen Krokodil, dass er große Mühe hatte, seiner Frau und den drei Kindern zu folgen. Sara lächelte unwillkürlich, als sie ihn kämpfen sah. Ihre Blicke begegneten sich, und er lachte. Ein wenig neidisch überlegte Sara, was für ein Glück seine Frau doch hatte.

Um elf machte sie sich langsam auf den Rückweg. Denn die Abfahrt war für mittags geplant. Vorher hielt sie noch einen Moment inne, ihre Sandaletten in der Hand, und blickte aufs Meer hinaus. Ein letztes Mal genoss sie es, wie die Wellen sanft ihre nackten Füße umspielten. Dann wandte sie sich ab.

„Guten Morgen, Sara.“

Erschrocken atmete sie ein. Vor ihr stand Alessandro, atemberaubend attraktiv, und lächelte sie strahlend an.

„Komm, lass mich das tragen.“ Ehe sie reagieren konnte, nahm er ihr die Tragetasche mit den neuen Schuhen aus der Hand.

„Nein, nicht nötig …“, wehrte Sara zu spät ab.

„Unsinn. Es ist das Mindeste, was ich für meine Exfrau tun kann“, meinte er augenzwinkernd. Unverhohlen bewundernd ließ er dann den Blick über ihre leicht bekleidete, schlanke Figur schweifen und verweilte kurz auf den vollen Brüsten, die sich verführerisch unter dem eng anliegenden T-Shirt abzeichneten, bevor er ihr wieder in die Augen sah. „Ehrlich gesagt, würde ich gern viel mehr tun. Mit der Pferdeschwanzfrisur und diesen kurzen Shorts siehst du noch genauso jung und wunderschön aus wie damals, als wir uns kennengelernt haben. Wenn nicht noch schöner.“

„Spar dir deine Komplimente für eine andere!“, entgegnete Sara kühl, konnte jedoch nicht verhindern, dass ihr das Blut in die Wangen schoss.

„Wirklich erstaunlich … du kannst immer noch erröten.“

„Ich erröte nicht, ich bin wütend!“, protestierte sie. „Nach gestern Abend hatte ich eigentlich gehofft, dich nie wiederzusehen. Was machst du überhaupt hier? Solltest du nicht bei deinen Gästen an Bord sein?“ Wie unfair, dass er so umwerfend aussah … bekleidet nur mit kakifarbenen Shorts und einem farblich dazu passenden Hemd, das er offen trug, sodass es den Blick auf seine muskulöse sonnengebräunte Brust freigab. Verdammt, warum zog er sich nicht wenigstens die Shorts höher? Sie rutschten ihm ja fast von den schmalen Hüften!

„Das Frühstück ist vorbei“, erklärte Alessandro spöttisch, „und während die anderen eine Führung über meine Jacht genießen, habe ich mich mit ausdrücklicher Ermutigung durch deinen Kapitän auf die Suche nach dir gemacht. Dave befürchtet, du könntest dich verlaufen und die Abfahrt verpassen.“ Er legte ihr ganz ungeniert einen Arm um die Schultern. „Netter Mann, dieser Dave – und sehr aufschlussreich.“

Sara blickte Alessandro argwöhnisch an, wobei sie vergeblich versuchte, seinen Arm abzuschütteln. Was mochte Dave ihm erzählt haben?

„Mach nicht so ein besorgtes Gesicht. Komm, wir haben noch Zeit für eine Tasse Kaffee, bevor du losmusst.“

„He, warte!“ Sara blieb stehen. Alessandros Nähe machte sie ganz kribbelig und nervös. „Ich will keinen Kaffee und kann auch auf deine Begleitung verzichten.“ Ganz sicher wollte sie sich nicht mit ihm unterhalten und an alten Wunden rühren!

„Mag sein, dass du auf meine Begleitung verzichten kannst, aber nach gestern Abend kannst du nicht mehr so tun, als würdest du mich nicht wollen.“ Ohne sich daran zu stören, dass sie mitten auf einem öffentlichen Strand standen, zog er sie an sich und küsste sie vor den Augen von Eltern und Kindern.

Völlig überrumpelt, vergaß Sara, sich zu wehren und ergab sich im nächsten Moment, überwältigt vom Ansturm ihrer Gefühle. Schlimmer noch, sie seufzte auch heute wieder protestierend, als Alessandro sich schließlich von ihren Lippen löste und spöttisch in ihre verträumten blauen Augen blickte.

„Wie wär’s, wenn wir noch einmal ganz von vorn beginnen?“

Im ersten Moment glaubte Sara, er meine tatsächlich ihre Beziehung, und wollte schon widersprechen. Doch Alessandro ließ sie los, trat einen Schritt zurück und sagte mit einer angedeuteten Verbeugung: „Guten Morgen, Sara. Es ist mir ein Vergnügen, dich wiederzusehen.“ Ein neckendes Lächeln ließ ihn wieder wie den jungen Mann aussehen, den sie damals geheiratet hatte, unbeschwert und sexy. „Kann ich dich überreden, um der alten Zeiten willen noch eine Tasse Kaffee mit mir zu trinken, bevor du abreist?“ Seine dunklen Augen blitzten. „Bitte.“

„Bitte“ war das Zauberwort. Sara kapitulierte. „Wie kann ich da ablehnen?“ Was konnte es schaden? In einer Stunde würde sie abreisen und ihn nie wiedersehen!

4. KAPITEL

Nachdem Sara in einem der Strandcafés unter einem Strohsonnenschirm Platz genommen hatte, beobachtete sie amüsiert, wie Alessandro durch das bloße Hochziehen einer Augenbraue den schläfrigen Ober aus seiner Lethargie weckte. Im Nu war der Tisch abgewischt und ihre Bestellung aufgenommen. Jedermann sprang auf Alessandros Kommando. Auch sie hatte vor zehn Jahren keine Ausnahme gemacht.

Ein Blick aus seinen faszinierenden Augen, und sie wäre für ihn gestorben. Ein ganz bestimmter Blick, und sie hatte sich ihm überall hingegeben – hemmungslos und entfesselt, öfter als sie zählen konnte. Bis sie traurig feststellen musste, dass Leidenschaft allein nicht genügte. Damals hatte diese Erkenntnis sie fast zerstört, doch das sollte nie wieder geschehen!

„Du siehst so nachdenklich aus“, bemerkte Alessandro, nachdem der Ober den Kaffee serviert hatte. „Tut es dir leid, dass du abreist?“

Sara nippte vorsichtig an ihrem heißen Kaffee, wobei sie Alessandro über den Rand der Tasse hinweg ansah. „Nein“, antwortete sie kühl. „Ich bin froh, wieder nach Hause und zurück an meine Arbeit zu kommen.“

„Ach ja, deine Arbeit.“ Seine dunklen Augen leuchteten. „Dave hat mir heute Morgen dein Geheimnis verraten. Tatsächlich haben wir uns ziemlich ausführlich unterhalten, und ich habe ihm auch unser Geheimnis offenbart.“

Scheppernd stellte Sara die Tasse auf die Untertasse zurück. „Du hast was?“, fragte sie entsetzt.

„Sch-sch, Sara … du siehst ein wenig erschrocken aus.“ Er betrachtete sie spöttisch. „Warum nur, frage ich mich? Dave zufolge ist Pat seit über sechs Jahren deine beste Freundin. Du warst Brautjungfer bei ihrer Hochzeit, und tatsächlich bist du keinesfalls Köchin, sondern Steuerberaterin und hast aus reiner Großzügigkeit deinen Urlaub unterbrochen, um ihnen aus der Patsche zu helfen. Dave konnte dich gar nicht genug über den grünen Klee loben. Deshalb nahm ich natürlich an, du hättest so engen Freunden auch erzählt, dass du schon einmal verheiratet warst.“

„Du hast es Dave gesagt?“, fragte sie langsam.

„Ja. Er war allerdings nicht halb so überrascht wie Pat. Was hast du ihr denn sonst noch verheimlicht?“, spöttelte Alessandro.

„Oh nein!“ Sara malte sich lebhaft aus, was sie von Pat zu hören bekäme.

„Wenn man bedenkt, wie du dich damals verhalten hast, wäre es natürlich möglich, dass du aus Scham geschwiegen hast“, fuhr Alessandro sarkastisch fort. „Denn wenn deine besten Freunde wüssten, was für ein geldgieriges kleines Biest du bist, würden sie dir ihre Konten vermutlich nicht ganz so bereitwillig anvertrauen.“

„Anvertrauen …?“ Außer sich vor Zorn hob Sara instinktiv die Hand, doch Alessandro packte ihr Handgelenk und hielt sie gnadenlos fest.

„Gestern Abend habe ich es einmal zugelassen, aber eine weitere Gelegenheit bekommst du nicht“, sagte er kalt. „Ich schlage vor, dass du dich beruhigst und mir zuhörst.“

„Du hast nichts zu sagen, was mich interessieren könnte“, entgegnete sie heftig, während in ihren Augen Tränen schimmerten. „Und lass mein Handgelenk los. Du tust mir weh!“

„Du weißt ja gar nicht, was wehtun bedeutet!“, fuhr er sie an, und sie glaubte flüchtig, einen Ausdruck von Verbitterung in seinen dunklen Augen zu erkennen. „Hinter deiner schönen femininen Fassade verbirgt sich eine intrigante, eiskalte Frau, die nichts wirklich verletzen kann. Man sollte annehmen, dass du durch den Verlust des Babys am Boden zerstört gewesen wärst. Stattdessen hattest du nichts Besseres zu tun, als innerhalb weniger Stunden die wildesten Anschuldigungen gegen alle und jeden loszulassen. Meine ganze Familie hast du gegeneinander aufgebracht! Wir dachten, du wärst durch den Unfall verwirrt und wollten dir die beste medizinische Hilfe zukommen lassen. Aber sobald du wieder auf den Beinen warst, hast du dich bei der erstbesten Gelegenheit mit einer Viertelmillion Pfund in der Tasche nach London abgesetzt. Also verschone mich bitte mit deinen Krokodilstränen!“ Nach diesen Worten ließ er ihr Handgelenk abrupt los.

„Das wagst du mir zu sagen? Du Mistkerl!“ Seine Anspielung auf ihre tragische Fehlgeburt konnte sie nicht unerwidert lassen. „Du armseliger Möchtegernmacho – du machst mich krank!“

„Und ich dachte, deine Schwangerschaft hätte dich krankgemacht“, erwiderte er unbarmherzig.

„Sehr witzig, ha, ha!“ Ihr war klar, worauf er anspielte. Ganz zu Beginn ihrer Schwangerschaft hatte sie sich sehr wohlgefühlt. Erst nachdem Alessandro und sie nach Neapel gezogen waren, hatte sie morgens und abends unter starker Übelkeit gelitten. In den dunkelsten Stunden nach dem Verlust ihres Babys hatte sie sich gefragt, ob Alessandros ihr so verhasste Cousine Caterina nicht auch dafür verantwortlich war. Sara hätte es ihr zugetraut. Aber Alessandro hatte nur sein frustriertes Sexleben interessiert.

Plötzlich brach es aus Sara heraus, wie sie sich damals gefühlt hatte. „Ich war achtzehn und du mein Ehemann, und ich war dumm genug, zu glauben, dass ich dir vertrauen und mich auf deine Loyalität und Unterstützung verlassen könnte. Stattdessen hast du mich in dieses schreckliche Mausoleum gesteckt und mich allein gelassen. Deine Familie hat mir das Leben zur Hölle gemacht. Deine geliebte Cousine Caterina erklärte mir, sie sei deine wahre Liebe. Sie und ihre Mutter konnten mir gar nicht oft genug versichern, dass du mich nur geheiratet hast, weil ich schwanger war. Dein Vater war noch schlimmer. Er behandelte mich wie den letzten Dreck, vor allem nachdem er wusste, dass ich, wie er es ausdrückte, ‚keinen Stammbaum‘ habe!“

Alessandro betrachtete sie verächtlich. „Vergiss nicht, Sara, ich war dabei. Meine Familie hat dich mit Freundschaft und Respekt behandelt. Erspar mir deine Geschichten, denn ich weiß, was für eine Lügnerin du bist!“

„Du kennst mich doch überhaupt nicht!“ Seine Überheblichkeit brachte sie erst richtig in Fahrt. „Weil du nämlich nie da warst. Du warst entweder geschäftlich in Rom oder Paris oder sonst wo oder sechzehn Stunden am Tag in der Firma in Neapel. Gesehen habe ich dich allenfalls im Bett. Und wenn ich dann versucht habe, mit dir zu reden, stand dir der Sinn nicht danach!“, warf sie ihm vor. „Ganz zu schweigen davon, dass die unfehlbare Caterina es offensichtlich gewöhnt war, in deinem Schlafzimmer ein- und auszugehen, und nicht einmal davor zurückschreckte, uns im Bett zu stören. Die Frau ist doch von einer krankhaften Liebe zu dir besessen, und du hast sie dabei auch noch ermutigt! Und was meine Fehlgeburt betrifft … ganze acht Stunden danach bist du endlich aufgetaucht. Du hast mir erklärt, dass du eine wichtige Konferenz in Genf abbrechen musstest, hast mir die Wange getätschelt und gemeint, ich solle mir keine Gedanken machen. Ich wäre ja noch jung und würde sicher noch viele Kinder bekommen. Du hast mir überhaupt nicht zugehört, was ich dir über den Unfall erzählt habe, der die Fehlgeburt verursacht hat! Es ist mir egal, was du mit deiner Familie glauben willst. Ich weiß, was damals passiert ist, und dein kleiner Bruder Aldo hat es auch mitbekommen.“

Basta! Das geht zu weit!“, fuhr Alessandro sie an. „Caterina ist tot, sie ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen.“

Welch ausgleichende Gerechtigkeit, dachte Sara, hielt sich jedoch zurück, es laut auszusprechen.

„Und was Aldo betrifft, ich lasse nicht zu, dass du ihn in deine Wahnvorstellungen mit hineinziehst, zumal er damals noch ein halbes Kind war.“

„Das überrascht mich nicht“, entgegnete Sara bitter. „Wie alt ist er jetzt? Fünfundzwanzig? Alt genug, um zu sagen, was er denkt. Allerdings wird er sich wohl kaum die Mühe machen, da er vermutlich genau weiß, dass ein arroganter, eingebildeter Schuft wie du nie akzeptieren würde, dass er sich geirrt haben könnte.“ Himmel, sie war die Diskussion darüber so leid!

Bis heute zweifelte Sara nicht daran, dass Caterina sie die Stufen zum Strand hinuntergestoßen hatte. Sie wusste es, und nach der Fehlgeburt hatte sie es Alessandro gesagt und verlangt, dass er die Polizei rufen sollte. Doch sowohl er als auch seine Eltern weigerten sich und beharrten darauf, dass sie durch den Sturz verwirrt sei. Als sie sich damit nicht zufriedengeben wollte, zerrten sie den Gärtner an ihr Krankenhausbett, um ihre Behauptung zu widerlegen. Der Gärtner schwor, er wäre die ganze Zeit mit Caterina zusammen gewesen, um mit ihr die Neubepflanzung des Vorgartens zu besprechen. Erst nachdem Caterina wieder ins Haus gegangen wäre, hätte er Sara bewusstlos am Strand gefunden, weil er um das Haus herum in den rückwärtigen Garten gegangen sei, wo der Swimmingpool und die Treppe zum Strand hinunter lagen. Nach dem Unfall war Sara eine Stunde bewusstlos gewesen und hatte neben der Fehlgeburt eine Gehirnerschütterung und einen Armbruch erlitten. Alle, der Arzt eingeschlossen, stimmten darin überein, dass sie verwirrt und zusätzlich depressiv war, weil sie ihr Baby verloren hatte.

Resigniert nippte Sara jetzt an ihrem Kaffee. Was machte es für einen Sinn, die Vergangenheit wieder aufzuwühlen? Anscheinend war Caterina inzwischen tot, wobei sie keine Trauer heucheln konnte. Einzig Alessandros kleiner Bruder Aldo unterstützte Saras Version der Geschichte. Aber was zählte schon die Meinung eines Fünfzehnjährigen? Sara trank ihren Kaffee aus, stellte die Tasse zurück auf den Tisch und stand auf.

Autor

Leslie Kelly
Leslie Kelly ist als Romance-Autorin bekannt für ihre zauberhaften Charaktere, die geistreichen Dialoge und ihren frechen Humor. Das hat ihr 2006 den Romantic Times Award und weitere Award-Nominierungen eingebracht. Seit Erscheinen ihres ersten Buches 1999 hat sie mehr als dreißig sexy-freche Liebesgeschichten für Harlequin geschrieben. Leslie lebt mit ihrem persönlichen...
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