Mein rettender Highlander

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Schottland, 1312. Frisch verwitwet, muss die schöne Celeste um ihre Existenz fürchten. Verzweifelt wendet die junge Witwe sich an Dougal MacKinloch. Einst bedeutete sie dem stolzen Highlander sehr viel - nun will sie seine Leidenschaft erneut entfachen! In Dougals Nähe wird Celeste bewusst, dass ihr Herz nie aufgehört hat, sich nach ihm zu sehnen. Doch wenn er erfährt, warum sie sich ihm hingibt, wird er sie für immer verachten …


  • Erscheinungstag 06.09.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733778385
  • Seitenanzahl 100
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Eiloch, Schottland

1312

„Sie will Euch das Kind nehmen, Mylady“, flüsterte ihr Sila, ihr Mädchen, ins Ohr und blickte vielsagend den Becher auf dem Tisch an. „Trinkt nichts von dem, was sie Euch anbietet.“

Celeste de Laurent, Lady of Eiloch, versuchte, ein ausdrucksloses Gesicht zu machen, obwohl die Lage durchaus gefährlich war. Nachdem ihr Mann tot war, sollte Lionel, sein jüngerer Bruder, ihn beerben.

Aber nur, wenn sie kein Kind bekam.

Lionels Frau wollte sichergehen, dass nichts das Erbe ihres Mannes bedrohte. Der Wein war sicher mit Kräutern versetzt, die eine Fehlgeburt auslösten, wenn sie schwanger war.

„Lass uns allein“, befahl Rowena. Das Mädchen gehorchte, warf Celeste aber einen weiteren warnenden Blick zu.

Das Gefäß enthielt gewürzten Wein. Celeste spielte mit dem Kelch und fuhr mit dem Finger an seinem Silberrand entlang. Doch sie beherzigte die Warnung ihres Mädchens und trank nicht.

„Es wäre am besten, wenn du Eiloch verlassen würdest“, sagte Rowena und lächelte sanft. „Heirate jemand anderen und überlasse meinem Mann das Land, das ihm rechtmäßig zusteht.“

„Ich hege nicht den Wunsch, mich wieder zu verheiraten.“ Celeste setzte sich aufrecht hin und heftete ihren Blick auf den dunklen Wein. „Ich werde hierbleiben. Das ist mein gutes Recht.“

„Warum willst du irgendwo bleiben, wo deine Anwesenheit nicht erwünscht ist?“ Rowenas Blick wanderte zu Celestes Taille. „Mag sein, dass dir das Gesetz ein Drittel von Lord Eilochs Besitz zubilligt, doch das heißt nicht, dass du hier – innerhalb dieser Wände – wohnen musst.“ Ihr Lächeln bekam jetzt etwas Bedrohliches. „Es gibt noch andere Häuser in unserem Besitz, in denen du wohnen kannst.“

Andere, weniger angenehme Häuser. Doch das sagte sie nicht.

„Ich trage vielleicht Edmons Erben aus“, erwiderte Celeste. Sie wollte nicht nachgeben. „Bis ich weiß, ob ich schwanger bin, habt ihr gar keine Rechte.“

Als sich Edmons Tod herumgesprochen hatte, waren Rowena und Lionel wie ein Heuschreckenschwarm über Eiloch hergefallen. Eine Schwangerschaft war das Einzige, das Celeste dabei helfen konnte, in ihrem geliebten Heim zu bleiben. Sie legte die Hände auf den Bauch und betete lautlos, dass der Samen ihres Mannes aufgegangen war. Ein Sohn konnte sie vor den kreisenden Geiern retten. Doch jetzt sorgte sie sich vor allem um ihre eigene Sicherheit.

„Wenn du hierbleibst, werde ich dafür sorgen, dass dein Leben unerträglich ist“, sagte Rowena warnend. „Du wirst nichts von uns bekommen und kannst bei den Pächtern an den Grenzen unseres Landes wohnen.“ Sie rutschte näher an Celeste heran. Ihre Augen waren jetzt fast schwarz. „Dein Leben wird so sein wie vor deiner Hochzeit mit Edmon. Oder hast du vergessen, wie es damals war?“

Celeste tat so, als habe sie Rowenas Drohungen nicht gehört. Trotzdem wurde ihr ganz kalt, wenn sie an die Hungerjahre dachte und daran, wie sich ihre Schwester und sie in den Winternächten aneinandergedrängt hatten, um sich zu wärmen.

Sie griff nach dem Kelch, als verleihe ihr sein Silber Stärke.

„Nein, das habe ich beileibe nicht vergessen.“ Sie hatte geheiratet, um den Erinnerungen an ihr früheres Leben zu entfliehen.

„Edmon hätte nie eine Frau wie dich heiraten sollen. Du hast keine Ahnung, wie man sich als Herrin einer Burg verhält.“

Das würde Celeste nie abstreiten. Während ihrer kurzen Ehe hatte sie versucht, es zu lernen. Doch den Leuten zu sagen, was sie zu tun hatten, und den Pachtzins zu verwalten, hatte sie überfordert. Edmon war keine andere Wahl geblieben. Er hatte diese Verantwortung allein tragen müssen. Er hätte besser daran getan, eine reiche normannische Erbin zu heiraten, eine, die Gold und Land mit in die Ehe gebracht hätte. Stattdessen hatte er sich für Celeste entschieden, die Tochter eines Schotten niederer Herkunft.

Edmon hatte sie begehrt, und sie hatte ihr Aussehen schamlos dazu benutzt, ihn an sich zu binden. Durch ihre Ehe war sie der Armut ihrer Kindheit entkommen und hatte außerdem für die Sicherheit ihrer Schwester gesorgt.

Und nun konnte es sein, dass sie gar nichts hatte.

„Du bist nicht schwanger“, behauptete Rowena. „Und in zwei Wochen werden wir die Wahrheit kennen.“

In zwei Wochen werden du und dein Mann von hier verschwunden sein“, konterte Celeste. „Weil ich nämlich schwanger bin.“

„Das kannst du nicht wissen.“ Rowena goss sich Wein ein. „Und wenn klar ist, dass du in deinem Bauch nichts ausbrütest, wird deine Schwester mit dir gehen.“

Celeste war sich nicht einmal sicher, ob Rowena sie rechtmäßig der Burg verweisen durfte. Doch sie traute es ihr zu, es wenigstens zu versuchen.

„Du möchtest doch sicher nicht, dass Melisandre leidet?“

Celeste erstarrte bei dieser Drohung. Ihre kleine Schwester war kaum dreizehn.

„Sie ist noch ein Kind.“

„Das ist sie allerdings. Aber wenn du darauf bestehst hierzubleiben, wird sie dasselbe Schicksal erleiden müssen wie du.“ Rowenas unbewegte Miene zeigte nicht die geringste Spur von Bedauern.

Außer Melisandre hatte Celeste keine Angehörigen mehr. Sie durfte nicht zulassen, dass man ihrer Schwester drohte. Sie war mehr als zuvor entschlossen, sich nicht unterkriegen zu lassen. Alles hing davon ab – das wusste sie jetzt –, dass sie schwanger war. Ein Kind bedeutete Zuflucht, es bedeutete Schutz für diejenigen, die sie liebte. Es bedeutete, dass sie ihr Zuhause behalten und Lionel und Rowena loswerden konnte.

Aber in dem Moment, in dem sie diese schwache Hoffnung aufschimmern sah, zog sich ihr Unterleib schmerzhaft zusammen. Es war das erste Anzeichen ihrer nahenden Monatsblutung, und sie sah Rowenas Drohungen Gestalt annehmen.

Gott stehe ihr bei! Wenn das jemand erfuhr, würden sie alles verlieren.

„Trink!“, bat Rowena und hob den eigenen Becher. Doch Celeste erhob sich aus ihrem Stuhl und richtete sich zu voller Größe auf. Ihr blieb nur noch wenig Zeit. Doch sie hatte vor, jede Minute davon zu nutzen.

„Verlass mein Privatgemach!“, bat sie. „Ich möchte allein sein.“

„Vierzehn Tage“, sagte Rowena ruhig. „Mehr Zeit hast du nicht.“ Sie erhob sich ebenfalls und sah Celeste an. „Und glaub ja nicht, du kannst deine Blutung vor mir verstecken. Meine Zofen werden es herausfinden.“

Erst als die Frau gegangen war, konnte Celeste wieder leichter atmen. Erneut zog sich ihr Unterleib zusammen. Sie ließ sich auf den Stuhl fallen und fragte sich, was sie tun würde, wenn die Wahrheit ans Licht kam. Sie war sich sicher, dass es kein Kind gab. Die Angst ließ sie schaudern, während sie darüber nachdachte, wie sie ihre Schwester beschützen konnte.

Sie hatte nicht genug Zeit, um einen anderen Mann oder jemand anderen zu finden, der ihr Obdach gewähren würde. Ihr Heim lag tief in den Bergen im nördlichen Schottland. Es gab weder Abteien noch Konvente, bei denen sie Zuflucht suchen konnte. Sie dachte über tausend Lösungsmöglichkeiten nach, doch nur eine davon konnte ihr Problem schnell lösen.

Ein Kind.

Das Wort ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Von irgendwo musste ein Kind her! Ihre Gedanken kreisten darum, dass es nicht von Edmon sein musste. Niemand würde davon erfahren, wenn es das Kind eines anderen Mannes wäre.

Das kannst du nicht machen, sagte ihr ihre Vernunft. Wie konnte sie einem Mann beiliegen, nur um ein Kind zu empfangen?

Aber auf der anderen Seite: Wie konnte sie Melisandre im Stich lassen und ihre Schwester erneut der Armut anheimgeben? In ein paar Monaten wurde es Winter, und sie wollte sich nicht vorstellen, wie es wäre, wieder hungern und frieren zu müssen. Außerdem war ihre Schwester naiv und weichherzig. Sie träumte von dem Tag, an dem auch sie einen Adeligen heiraten würde. Edmon hatte ihr versprochen, eine Verlobung zu arrangieren, wenn sie erst einmal im richtigen Alter war.

Sollte das in Lionels Ermessen liegen, würde es nie geschehen. Ohne Mitgift oder Ehevereinbarung würde ihre freundliche Schwester gar keinen Ehemann finden. Jedenfalls keinen mit Land oder Geld.

Wenn ihr Schicksal von Rowena abhing, würden sie verhungern.

Finde einen Liebhaber, sprach die Stimme der Verzweiflung. Empfange ein Kind und deine Probleme sind gelöst!

Celeste legte die Hände vors Gesicht und unterdrückte die Tränen. Wie konnte sie diese Möglichkeit auch nur in Betracht ziehen? Aye, sie hatte bei ihrem Mann gelegen und ihm erlaubt, sie überall anzufassen. Es war ja sein Recht. Aber bei jemand anderem zu liegen, ihn wie eine Eva zu verführen, war etwas völlig anderes.

Sie war weder sinnlich noch gerissen genug, um einen Mann zu verführen. Und wenn es hier geschehen würde, würde jeder davon wissen.

Geh von hier fort! schlug die hinterlistige Stimme vor. Nimm dir einen Liebhaber und komm dann zurück!

Ihre Wangen brannten bei dem Einfall. Wie konnte sie das nur denken? Sie hatte außer ihrem Mann noch keinem anderen beigelegen.

Aber du wolltest eigentlich einen anderen, erinnerte sie ihr Herz. Und er wollte dich!

Einmal, das stimmte. Vor Jahren. Sie war zwischen zwei Männern hin- und hergerissen gewesen. Einer war die vernünftige Wahl, und den anderen hatte sich ihr Herz ausgesucht.

Selbst jetzt fragte sie sich noch, was wohl aus Dougal MacKinloch geworden war. Sie hatte sich nie vergeben, dass sie ihn verlassen hatte. Und obwohl sie den Schmerz darüber tief in sich begraben hatte, fürchtete sie, Dougal wiederzusehen würde das Gefühl des Verlusts erneut entfachen.

Du hast getan, was du tun musstest, ermahnte sie die Stimme der Vernunft. Für Melisandre.

Das leise Knirschen der Tür weckte ihre Aufmerksamkeit. Ihre Schwester betrat das Zimmer. Melisandre war zu dünn, ihr Gesicht wirkte fast eingefallen. Im vergangenen Jahr war sie in die Höhe geschossen. Sie hatte nicht genug Zeit gehabt, entsprechend zuzunehmen. An ihrem Körper gab es keine Kurven, und sie hatte ihr Haar fest nach hinten geflochten, sodass ihre blauen Augen besonders auffielen.

„Man hat mir meine Kleider weggenommen“, flüsterte Melisandre. Sie war kaum zu verstehen. „Lady Rowena hat gesagt … sie hat gesagt, ich würde sie nicht brauchen.“ Sie kreuzte die Arme über dem bronzefarbenen Seidenkleid, aus dem sie schon vor einem Jahr herausgewachsen war, und biss sich auf die Unterlippe. „Ist das wahr, Celeste? Werden sie uns wegschicken?“

„Das werde ich nicht zulassen.“ Sie breitete die Arme aus, und Melisandre schmiegte sich hinein. Obwohl ihre Schwester fast so groß wie Celeste war, schien sie ihr heute viel jünger und verletzlicher.

„Sie hat meine Kleider ihrer Tochter gegeben“, berichtete ihre Schwester. „Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Ich konnte sie nicht daran hindern.“

„Es war richtig, dass du zu mir gekommen bist“, sagte Celeste und drückte Melisandre an sich. Das Bedürfnis, ihre Schwester zu beschützen, war stärker als das Gefühl der Demütigung. Doch ihr blieb nur noch sehr wenig Zeit, und sie würde nicht erlauben, dass Melisandre zum Opfer wurde. „Sag Sila, ich brauche ihre Hilfe.“ Ihr Mädchen würde ihr bei den notwendigen Vorkehrungen für eine Reise helfen.

Wenn sie ihre Bedenken verwarf und sich einen Liebhaber nahm, konnte sie sie beide retten. Am besten einen Liebhaber, den sie nie wiedersehen musste.

Doch sie schaffte es nicht, die Erinnerung an Dougal zu unterdrücken. Sie konnte nicht vergessen, dass er sie angesehen hatte, als sei sie sein Grund zu atmen. Sie wollte noch einmal in seine dunklen Augen schauen und die Liebe darin sehen. Sie wollte die Zeit zurückdrehen und die Jahre vergessen, die sie vergeudet hatte, und sich in seinen Armen verlieren.

Er war jetzt ihre große Hoffnung. Die einzige Hoffnung.

„Alles wird gut“, versprach sie ihrer Schwester. „Aber ich muss für eine Weile fort. Wir brauchen Hilfe, und ich habe vor, mit einem der schottischen Chiefs zu reden.“

„Sie sind nicht mit uns verbündet“, sagte Melisandre warnend.

„Nein, aber ich werde sie trotzdem fragen. Ich möchte, dass du währenddessen hierbleibst und dich an Sila hältst.“ Sie vertraute ihrem Mädchen. Sila würde Melisandre beschützen.

„Was ist mit Lady Rowena? Vielleicht schickt sie mich fort.“ Bei dem Gedanken wurde das Gesicht ihrer Schwester bleich. Auch wenn darin eine echte Gefahr lag, glaubte Celeste fest daran, dass sie ihre Schwester in Ruhe lassen würden, wenn sie selbst Eiloch verließ. Sie würden erst etwas unternehmen, wenn sie sie gefunden hatten.

„Rowena macht sich vor allem Sorgen über den Sohn, den ich gebären könnte“, versicherte sie ihrer Schwester. „Ich werde nicht länger als vierzehn Tage fortbleiben. Geh ihr einfach so gut wie möglich aus dem Weg.“

Als sich das Ziehen wieder bemerkbar machte, wusste sie, dass sie blutete. Sie war nicht schwanger. Aber sie würde alles tun, was in ihrer Macht stand, um Hilfe zu suchen. Auch wenn das bedeutete, sich einen Liebhaber zu nehmen oder jemanden zu finden, der ihr Schutz bot.

Erst wenn das geschafft war, würden sie und Melisandre in Sicherheit sein.

Glen Arrin, drei Tage später

Dougals MacKinloch ging neben der Stute her und redete leise auf sie ein. Sie war von einem Grau, das beinahe weiß war, und hatte eine Widerristhöhe von über einem Meter fünfzig. In den vergangenen Wochen waren aus ihren frischen Wunden rosafarbene Narben geworden. Er hatte Ivory erst im vergangenen Frühling gekauft. Zu der Zeit war sie geschlagen worden und fast verhungert. Jeden Tag beschäftigte er sich mit ihr und versuchte, ihr Vertrauen zu gewinnen, nachdem sie von den Händlern misshandelt worden war.

Aber jetzt gehörte sie ihm. Er hatte sein letztes Silberstück für sie gegeben. So weit oben im Norden fand sich selten ein Araberpferd. Er nahm an, sie habe einem Kreuzfahrtritter gehört und sei reinrassig. Eines Tages, wenn alles gut ging, würde sie Fohlen gebären, die er ausbilden und als Kriegspferde verkaufen konnte.

Bis heute hatte er noch nicht versucht, Ivory zu reiten. Als kleine Bestechung gab er ihr eine Möhre und führte die Stute – eine Hand am Zügel, die andere auf ihrem Rücken – durchs Glen.

„Wir werden eine kleine Reise machen“, erzählte er ihr, als sie mit der Nase gegen sein Gesicht stupste. „Ich werde dich so schnell rennen lassen, wie du willst.“

Er berührte sie am Kopf, strich über ihren empfindlichen Körper und fuhr fort, mit ihr zu reden. Bisher hatte er sich noch nicht getraut, ihr einen Sattel aufzulegen. Sehr wahrscheinlich würde sie ihn abwerfen, wenn er versuchte, auf ihren Rücken zu steigen.

Es war gefährlicher, sie nur mit einer Decke zu reiten, aber er wollte, dass die Stute sein Gewicht spürte und lernte, seiner Stimme, die sie inzwischen gut kannte, zu vertrauen. Sie scheute, als er aufstieg, doch Dougal beruhigte sie. Er griff die Zügel und trieb sie mit den Knien zu einem ruhigen Schritt an.

„Du wirst dir den Hals brechen“, ließ sich die Stimme seines Bruders Alex hören. Als Chief des Clans der MacKinlochs mochte er es nicht, wenn jemand anders ein Risiko einging.

„Möglich.“ Dougal sah zurück, während die Stute weiterging. „In ein paar Stunden kannst du einige Männer losschicken, um nach meinem zerschlagenen Körper zu suchen.“

„Sie ist noch nicht so weit, dass man sie reiten kann“, bekräftigte Alex. „Du solltest bis zum Ende des Sommers damit warten.“

„Du irrst dich.“ Mit diesen Worten trieb er Ivory an, ließ sie schneller laufen, bis sich der leichte Trab in Galopp verwandelte. Er kannte das Pferd besser als jeder andere, und sie wollte unbedingt laufen.

Er hatte ihr den falschen Namen gegeben, fiel ihm bald auf. Die Stute preschte wie ein Blitz über die Wiese und rannte, als habe sie sich seit Monaten danach gesehnt. Dougal hielt sich mit Knien und Armen auf ihrem Rücken und überließ dem Tier die Führung.

Noch nie zuvor war er so schnell geritten, und es war so beglückend, wie er es sich vorgestellt hatte. Er ließ sie laufen, so rasch sie konnte, und dachte nicht daran, dass sie inzwischen meilenweit von Glen Arrin entfernt waren und immer tiefer ins Berggebiet eindrangen. Hinter ihm schimmerte das Loch silbern, und die Stute rannte immer noch.

Das vertraute Gefühl der Einsamkeit umfing ihn, und Dougal freute sich über die Abgeschiedenheit. Er zog es vor, die Zeit mit seinen Tieren zu verbringen. Sie waren sein Trost gewesen, als seine Brüder Bram und Callum gefangen genommen worden waren. Auch wenn das schon Jahre zurücklag, hatte er sich daran gewöhnt, für sich zu sein. Seine Mutter hatte sich so sehr in ihrem Groll verloren, dass sie ihren vierten Sohn vergessen hatte.

Deshalb hatte er gelernt, sich auf sich selbst zu verlassen. Er konnte jagen, wenn er musste, gegen jemanden kämpfen, der es wagte, ein Schwert zu erheben, und er hatte mit seinen eigenen Händen ein Haus gebaut. Er war gern allein, und so würde es auch bleiben.

Die Stute wurde jetzt langsamer, und er ließ sie erst im Trab und dann im Schritt gehen. Er lobte sie leise und wollte gerade absteigen und sie trinken lassen, als er in einiger Entfernung eine kleine Truppe Männer erspähte.

Die Stute wieherte, und Dougals Instinkte warnten ihn, als er eine Frau auf einem Pferd erblickte. Ihre Eskorte ritt mit gezogenen Waffen voran. Fraglos würde es einen Kampf geben. Dougal war nicht so dumm, näher zu reiten, ohne die Männer zu kennen oder zu wissen, was sie vorhatten. Trotzdem beeindruckte ihn der Anblick der Frau.

Er lenkte seine Stute auf eine Böschung und versteckte sich und Ivory hinter den Bäumen dort. Ivory scheute und wollte ihm nicht gehorchen. Doch er beruhigte sie, indem er mit ihr sprach und sie tätschelte. Langsam ritt er weiter hinauf. Als sie nicht mehr weit von den Männern entfernt waren, stieg er ab und führte die Stute am Zügel. Das Wasser eines kleinen Wasserfalls sammelte sich in einem Teich. Er band das Tier an einem Baum fest und ließ es trinken und grasen.

Dann kroch er auf die Männer zu, wobei er sich fragte, ob sie Engländer oder Normannen waren. Auch wenn seine Brüder eigenes Land besaßen und viele Verbündete hatten, so blieben sie doch bei einem Angriff verwundbar.

Ein entsetzlicher Schrei durchschnitt die Luft.

Dougal reagierte sofort, zog zwei Dolche hervor und lief hinter den Bäumen entlang, bis er den Hügel oberhalb der Böschung erreichte. Unten – das sah er jetzt – versuchten ein paar Männer, die Frau vom Pferd zu zerren. Es dauerte nicht lange, bis Dougal begriff, dass sie und ihre Eskorte angegriffen worden waren und die Männer sie mitnehmen wollten. Sie hatte ihm den Rücken zugekehrt, während sie sich auf ihrem Pferd zu halten versuchte. Das Tier bäumte sich auf.

Zwei Körper lagen auf dem Boden, die ermordete Begleitmannschaft der Frau. Drei weitere Männer blieben also. Als Dougal ihre Gesichter sah, erkannte er Ausgestoßene in ihnen, Abtrünnige aus dem Clan der MacPhersons.

Verstohlen schlich Dougal – beide Waffen einsatzbereit – näher. Es war schon einige Monate her, seit er zum letzten Mal gekämpft hatte, doch seine Brüder hatten ihn gut ausgebildet. Er wusste auch, wie er unsichtbar bleiben und das Überraschungsmoment zu seinem Vorteil nutzen konnte.

Schlag schnell zu, noch bevor sie wissen, dass du da bist, hatte ihm sein Mentor Ross geraten.

Und so sprang Dougal zwischen den Bäumen auf den ersten Mann zu, vergrub seinen Dolch in dessen Rippen, während er sich unter einem Schwertschlag wegduckte. Er griff nach den Zügeln des Pferdes der Frau und befahl ihr: „Reiten!“ Er schlug auf die Flanke des Tieres und wandte sich dann den verbliebenen beiden Männern zu. Einen Dolch in jeder Hand, musterte er sie und wartete auf ihren Angriff.

„Es gibt noch andere Wege, um an eine Frau zu kommen“, wandte er sich an den einen von beiden. „Lasst die hier in Ruhe und seht, dass ihr wegkommt.“

„Damit du sie kriegst, MacKinloch?“, höhnte der andere. „Sieh dir ihre Kleider an, du Trottel. Sie ist reicher, als du dir träumen lassen kannst.“

Ihre Worte hatten keinerlei Wirkung auf ihn. Er hatte die Frau nicht einmal genau angesehen.

„Dann passt sie ja wohl kaum zu Leuten wie euch, oder?“ Dougal hob die Dolche, bereit den ersten, der sich bewegte, anzugreifen. Er war sich zwar nicht sicher, ob sie die Frau in Ruhe lassen würden, aber er war bereit zu kämpfen.

Er war alarmiert, als er einen kurzen Blick nach hinten warf und sah, dass die Frau zusammengekauert auf dem Pferd saß und ihr Gesicht versteckte. Warum war sie nicht fort? Wusste sie denn nicht, dass diese Männer ihr Gewalt antun würden? Sie würden sich einfach nehmen, was sie wollten, wenn sie nicht auf der Stelle floh.

Dougals kurze Unaufmerksamkeit reichte, um einen der Männer angreifen zu lassen. Beim Aufprall flog Dougals Kopf zurück, so heftig war der Schlag. Sein Zorn flammte auf, und er ließ ihm im Tumult des Kampfes freien Lauf. Seine Dolche schnitten auf der Suche nach feindlichem Fleisch durch die Luft. Er dachte nicht mehr über das nach, was er tat, und überließ sich stattdessen dem vertrauten Taumel des Kampfs.

Kein MacKinloch konnte besser mit einem Dolch umgehen als er. Die Waffe war eine Verlängerung seines Arms, eine tödliche Klinge, die keinem Mann erlaubte, ihn zu bedrohen. Auch nicht diesem hier.

Einen Augenblick lang stand der Geächtete bewegungslos da. Er war im Schockzustand, und dann erschien eine dünne blutige Linie auf seiner Kehle. Er stolperte nach vorn, ging in die Knie und brach zusammen.

Autor

Michelle Willingham

Michelle schrieb ihren ersten historischen Liebesroman im Alter von zwölf Jahren und war stolz, acht Seiten füllen zu können. Und je mehr sie schrieb, desto mehr wuchs ihre Überzeugung, dass eines Tages ihr Traum von einer Autorenkarriere in Erfüllung gehen würde.
Sie besuchte die Universität von Notre Dame im Bundesstaat...

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