Noch einmal dieses Fieber spür'n

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"Ich will dich noch immer." Celias Körper bebt, als sie in Marcus Blacks Armen liegt. Seit ihrem verheerenden Date vor fünfzehn Jahren, hat sie einen großen Bogen um ihren Jugendschwarm gemacht. Nun ist er Trauzeuge auf der Hochzeit ihres Bruders, und sie ist seinem unwiderstehlichen Charme wieder ausgeliefert. Ob sie Marcus vergessen kann, wenn sie ein einziges Mal ihrem Verlangen nachgibt? Celia will es herauszufinden - und erlebt ein Feuerwerk der Lust. Doch ihre stürmische Nacht hat ungeahnte Folgen, die das Leben der schönen Karrierefrau komplett auf den Kopf stellen…


  • Erscheinungstag 14.04.2015
  • Bandnummer 0008
  • ISBN / Artikelnummer 9783733701581
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Zehn Minuten, nachdem der Pfarrer ihren Bruder Dan und dessen Verlobte Zoe zu Mann und Frau erklärt hatte, stand Celia Forrester auf den Altarstufen der kleinen Kapelle in den West Midlands und wappnete sich für den Moment, den sie bereits seit Stunden fürchtete.

Hätte sie all die Dinge in ihrem Leben, die ihr absolut keinen Spaß machten, auf eine Top Ten-Liste setzen müssen, ihre wöchentliche Fitnessstunde hätte es ungefähr auf Platz acht geschafft. Ein Vierundzwanzig-Stunden-Tag in ihrer Firma auf Rang fünf. Ein Abendessen mit ihrem Vater auf Platz drei.

Doch Seite an Seite mit Marcus Black aus dieser Kirche zu laufen, war für Celia der unangefochtene Platz eins auf ihrer persönlichen Liste des Schreckens.

Gestern Abend noch hatte es so ausgesehen, als ob es wider Erwarten nicht dazu kommen würde. Dans bester Freund – und somit sein Trauzeuge – hätte bereits am Vortag in der an Wales grenzenden Grafschaft Shropshire ankommen sollen. Doch zum Entsetzen aller – mit Ausnahme von Celia – war er in dem kleinen Dorf am Fuße des einsamen Hügellandes nicht aufgetaucht. Dan hatte etwas von einem verpassten Flug gemurmelt und erklärt, dass Marcus es wohl erst zum Hochzeitsempfang schaffen würde. Celias heimliche Erleichterung über diese Nachricht war so groß gewesen, dass sie ihrem Bruder nicht weiter zugehört hatte.

Alles, woran sie noch hatte denken konnte, war, dass sie offenbar dem absoluten Super-GAU entkommen war. Mit etwas Glück würde sie bei Marcus’ Eintreffen auf dem Hochzeitsempfang bereits einige Gläser Champagner intus haben, und sie hoffte, dass es ihr so gelingen würde, den erschreckenden und unangenehmen Effekt zu verbergen, den Dans bester Freund auf sie ausübte.

Celia hätte nichts lieber getan, als Lily – Zoes Schwester und zweite Brautjungfer – und ihrem frischgebackenen Verlobten Kit allein durch den Gang zu folgen. Sie war gut darin, Dinge allein zu tun, und je später sie Marcus traf, desto besser. Dieser Mann, ein Playboy ersten Grades, war so gutaussehend, dass sein Anblick offenbar sogar ihn selbst um den Verstand gebracht hatte. Und nicht allein deshalb war er Celia seit Jahren ein Dorn im Auge. Abgesehen von dem verwirrenden Effekt, den er auf jede Frau ausübte, schien er Celia ebenso sehr zu hassen wie sie ihn, und ohne Zweifel würde er daraus bei der erstbesten Gelegenheit keinen Hehl machen.

Also noch in der Kirche.

Wer konnte Celia daher einen Vorwurf machen, dass sie den Moment der Konfrontation so lange wie möglich aufschieben wollte?

Vor ein paar Stunden, als Zoe und ihre beiden Brautjungfern mit riesigen Lockenwicklern im Haar und frisch lackierten Nägeln im Gästezimmer des alten Bauernhauses saßen, das der Familie der Braut gehörte, hatte man ihnen mitgeteilt, dass Marcus es doch zur Hochzeitszeremonie schaffen würde. Und so hatte sich Celias Gefühl grenzenloser Erleichterung ins Gegenteil verkehrt.

Der Schock und die Enttäuschung, die in diesem Moment über sie kamen, überraschten Celia. Ihre Haut hatte gebrannt, ein Schwall glühender Hitze war durch ihren Körper gefegt, und sie hatte plötzlich das Gefühl gehabt, nicht mehr auf einem Stuhl, sondern auf einem Nadelkissen zu sitzen.

Irgendwie hatte sie es geschafft, ihre Reaktion zu verbergen. Natürlich. Denn zum einen war sie daran gewöhnt zu verstecken, was sie in Bezug auf Marcus fühlte, und zum anderen war heute doch ein schöner, ein ganz besonderer Tag. Der schönste Tag in Dans und Zoes Leben. Und dabei sollte es nicht um die Schwierigkeiten gehen, mit denen sich andere Menschen im Leben herumplagten. Wie zum Beispiel um die Tatsache, dass Celia von dem Moment an, als sie die Kirche betrat, nicht mehr die Augen von Marcus abwenden konnte. Er stand neben Dan am Altar, groß, dunkelhaarig und in einem Anzug, der seine umwerfend attraktive Statur betonte.

Dennoch hatte Celia es geschafft, gelassen und unbeeindruckt zu erscheinen. Und sie war sicher, es würde ihr auch weiterhin gelingen, solange rund fünfzig Augenpaare das Brautpaar, die beiden Brautjungfern und ihre Begleiter gerührt betrachteten. Sie würde an Marcus’ Seite die Kirche verlassen, ohne sich mit ihm zu streiten.

In ungefähr dreißig Sekunden.

Als der Organist den Hochzeitsmarsch anstimmte, drehten Dan und Zoe sich um und schritten strahlend den Kirchengang hinunter. Celia straffte die Schultern, atmete tief durch und pflasterte ebenfalls ein Lächeln auf ihr Gesicht.

Ich werde nicht zulassen, dass Marcus mir irgendwie zu nahe kommt, sagte sie sich, während sie ihre Gedanken auf all die schönen Dinge lenkte, die an diesem Tag passierten. Sie wollte vergessen, dass sie bereits während der Trauzeremonie gegen die ständige Versuchung ankämpfen musste, in Marcus’ Richtung zu sehen. Dass sie seit gut einer Stunde seinen Blick auf ihrem Körper gespürt hatte. Sie wollte auch nicht darüber nachdenken, dass es ihr noch nie gelungen war, diesen Mann einfach auszublenden. Irgendwie verwandelte Marcus’ Nähe Celia in eine Frau, die sie selbst nicht kannte. Er verwirrte ihr Gehirn, machte ihren gesunden Menschenverstand und Intellekt zunichte und ihren Körper willenlos.

Nein. Heute würde sie sich allein auf ihre Brautjungfernpflichten konzentrieren und Marcus und die unpassende Anziehung, die er auf sie ausübte, einfach übergehen. Sie würde die Hitze, die er in ihrem Körper entfachte, ebenso ignorieren wie den hinreißenden Duft seines Aftershaves und das unsichtbare Band, das sie und Marcus jedes Mal, wenn sie sich begegneten, zueinander zu ziehen schien. Sie konnte die Sehnsucht danach unterdrücken, diesen Mann an einen abgelegenen Ort zu ziehen und ihren Körper an seinen zu schmiegen, um der brodelnden Chemie zwischen ihnen endlich freien Lauf zu lassen. Mit ihrer Willenskraft. So, wie sie es schon seit Jahren tat. Seit jener verhängnisvollen Nacht, in der Marcus versucht hatte, mit ihr zu schlafen, um eine Wette zu gewinnen.

Zudem trennten nur etwa dreißig Meter den Altar und die schwere Eichentür. Celia musste einfach noch ein paar Minuten lang lächeln und schweigen. Danach, während der unvermeidlichen Fotosession und während des Hochzeitsempfangs, der zum Glück nur kurz ausfallen sollte, wollte sie den Plan durchziehen, den sie schon seit fünfzehn Jahren verfolgte und Marcus aus dem Weg gehen. Ganz einfach.

Sie schluckte schwer und schüttelte ihr Haar aus dem Gesicht. Dann blickte sie in Marcus’ Richtung und bemerkte, dass er sie ansah. Mit seinen leuchtend blauen Augen, denen seit seiner Schulzeit Dutzende von Mädchen und Frauen verfallen waren.

„Sollen wir?“, fragte er, und der Anflug eines Lächelns umspielte den Mund, der Celia schon so viele schlaflose Nächte beschert hatte. Dann bot er ihr seinen linken Arm an, sodass sie sich bei ihm einhaken konnte.

„Warum nicht?“, erwiderte sie kühl und nahm seinen Arm.

Wow! Es funktionierte. Celia schenkte den harten Muskeln seines Unterarms überhaupt keine Beachtung. Ebenso ignorierte sie, dass Marcus’ Ellbogen ihre rechte Brust berührte, und dass seine Nähe und Wärme ihr Herz beängstigend schnell und fest schlagen ließ. Dass ihr Körper überall brannte. Alles, was für sie relevant war, waren die fünf Steinstufen, die sie in ihren sieben Zentimeter hohen Absätzen überstehen musste. Darauf musste sie sich konzentrieren.

„Bist du bereit?“, fragte er. Seine tiefe, ruhige Stimme versetzte Celias Bauchmuskeln in seltsame Anspannung, sodass sie sich für einen Moment ein wenig fester an Marcus’ Arm klammern musste. Nur für den Fall, dass sie stolperte, natürlich.

„Absolut.“

Je früher sie hier weg kamen, desto schneller war sie frei von Marcus. Celia blickte zu Boden und hob den Saum ihres Kleides ein wenig an, um sich nicht mit den Absätzen darin zu verfangen.

„Deine Schuhe sehen gefährlich aus“, murmelte Marcus, als sie gemeinsam die erste Stufe hinabstiegen.

„Das sind sie auch.“

„So, als könnten sie richtigen Schaden anrichten.“

„Auch das stimmt.“

„Dann passen sie ja zu dir.“

Und schon war ihr Vorsatz dahin, sich nicht mit Marcus zu streiten und sich stattdessen auf das erfreuliche Ereignis zu konzentrieren. „Wie schön übrigens, dass du es geschafft hast“, bemerkte sie in sarkastischem Ton.

„Fast hätte es nicht geklappt.“

„Was hat dich aufgehalten?“, fragte Celia mit einem zuckersüßen Lächeln, nachdem sie die Stufen geschafft hatte und somit nicht mehr auf die Sicherheit von Marcus’ Arm angewiesen war. „Doch nicht etwa eine übereifrige Liebhaberin? Oder vielleicht mehrere? Ihr wart doch nicht etwa zu dritt?“

Sie fühlte, wie er sich verspannte, und fragte sich für einen Moment, ob der Schlag gesessen hatte. Dann verwarf sie diesen Gedanken. Denn Marcus’ Bettgeschichten waren alles andere als ein brisantes Geheimnis. Zudem hatten er und sie den jeweils anderen seit Jahren mit Beleidigungen attackiert. Es schien ihn nie zuvor gestört zu haben. Dennoch brannte in Celia der heimliche Wunsch nach einem Volltreffer. Warum sollte sie Marcus nicht auch einmal so kränken wie er sie vor so vielen Jahren?

„Wenn du es genau wissen willst“, sagte er plötzlich und schenkte Celia ein langsames Lächeln, das sie beinahe zu Wachs zerfließen ließ. „Ich habe höchstpersönlich eine Aschewolke heraufbeschworen. Einfach weil ich wusste, dass ich dich damit ärgern kann.“

„Mein Gott, du besitzt tatsächlich magische Kräfte“, entgegnete Celia leicht angesäuert. Warum war ausgerechnet dieser Egoist der einzige Mensch, der ihr Innerstes dahinschmelzen lassen konnte? „Wie konnte ich das nur jemals anzweifeln?“

„Du bist immer verschwunden, bevor ich meine Fähigkeiten unter Beweis stellen konnte.“

„Das ist mein einziges Ziel im Leben.“

„Wirklich?“, murmelte er. „Ich dachte, dein einziges Ziel im Leben wäre deine Arbeit.“

„Ich bin multitaskingfähig.“

„Offenbar. Herzlichen Glückwunsch.“

Sie begannen, durch den Mittelgang der Kirche zu schreiten. In einem Tempo, bei dem sie sogar eine Schnecke überholt hätte. Schließlich war es Marcus, der das angespannte Schweigen brach, indem er im Plauderton ergänzte: „Trotzdem bin ich erstaunt, dass du hier bist.“

Celia bemühte sich, ihr gespieltes Lächeln beizubehalten. „Oh? Warum?“

„Ich hätte nicht gedacht, dass du dich von deinem Schreibtisch lösen kannst.“

„Das hier ist die Hochzeit meines Bruders.“

„Schön zu wissen, dass du ein paar Dinge im Leben über deine Arbeit stellst. Ich habe wirklich erwartet, dass du während der Trauzeremonie einige berufliche Telefonate führen musst.“

Sie bemühte sich verzweifelt, weiter strahlend zu lächeln, doch dabei presste sie die Kiefer so aufeinander, dass ihr bereits alles wehtat. Ihr Job hatte in ihrem Leben Priorität. Na und? „Ich bin kein vollkommener Workaholic.“ Na ja, zumindest nicht in dem Ausmaß, dass sie die Hochzeit ihres Bruders verpassen würde.

„Ach nein?“

„Natürlich nicht“, sagte sie fest. Was ging es ihn an, dass sie den ganzen Morgen über mit ihrem Büro telefoniert hatte. Auch einige E-Mails hatten nicht warten können.

„Ich habe von der Pharmafusion gelesen, die eure Firma auf den Weg gebracht hat. Herzlichen Glückwunsch auch dazu.“

Celia konnte einen Anflug von Stolz nicht unterdrücken. Die letzten Monate hatte sie damit verbracht, an dieser Fusion zu arbeiten. Es waren die schwersten ihres Lebens gewesen. Doch sie und ihr Team hatten bis jetzt alles tadellos geschafft, und infolgedessen war Celias Lebenstraum, in die Sozietät ihrer Kanzlei aufgenommen zu werden, in greifbare Nähe gerückt.

„Dankeschön“, sagte sie zögerlich und kämpfte gegen die Verwirrung an, die die Nähe von Marcus’ Körper in ihr auslöste. „Und ich habe gehört, dass du dein Unternehmen verkauft hast.“ Für einige Millionen Pfund, wenn man dem Klatschmagazin, das Celia vor zwei Wochen beim Friseur gelesen hatte, Glauben schenken durfte. Die Zeitschrift hatte wenige Details über den Verkauf seiner Firma geboten, dafür jedoch viele Spekulationen darüber, was Londons mittlerweile begehrtester Junggeselle mit all seinem Geld und seiner künftigen Freizeit zu tun vermochte.

„Das ist richtig.“

„Was sind jetzt deine Pläne?“

„Willst du das wirklich wissen?“

Nicht wirklich. Celia hätte ihre hübsche Zweizimmerwohnung in Clerkenwell darauf verwettet, dass sie es bereits wusste. Er würde tun, was er immer tat, nur mit noch mehr persönlichem Einsatz. „Ich vermute, du wirst bis in die Morgendämmerung feiern. Und das in Gesellschaft spärlich bekleideter Frauen.“

„Bin ich wirklich so ein Klischee für dich?“

„Sag mir, dass es nicht so ist.“

„Ich will dir nicht den Spaß verderben.“

„Du denkst, ich habe Spaß daran?“

Er zog seine rechte Augenbraue nach oben und blickte Celia an. „Stimmt das nicht?“

Celia dachte für eine Sekunde darüber nach und entschied dann, dass sie den Nervenkitzel, den sie jedes Mal verspürte, wenn sie Marcus ärgerte, nicht näher erklären wollte. Spaß wäre vielleicht die unverfänglichste Rechtfertigung. „Na gut“, gab sie unverhohlen zu. „Vielleicht habe ich ein bisschen Spaß daran. Aber nicht mehr als du.“

„Na ja, ich bin für Gleichberechtigung.“

„Ja, das sagt die Boulevardpresse auch“, antwortete Celia mit vernichtender Herablassung, als ihr wieder einfiel, was sie in einem Interview mit einer seiner Eroberungen gelesen hatte. Offenbar war Marcus intensiv, umwerfend und leidenschaftlich fordernd im Schlafzimmer und bevorzugte Frauen, die ihm darin in nichts nachstanden. Was Celia natürlich nicht im Geringsten interessierte. Warum auch?

„Meine Liebe“, sagte er plötzlich. „Du hast so unglaublich niedrige Erwartungen an mich, dass ich einfach nicht anders kann, als sie dir zu bestätigen.“

Und bevor Celia darüber nachdenken konnte, was er mit diesem Satz meinte, wandte Marcus sich von ihr ab und schenkte sein verheerendes Lächeln ein paar Gästen am Ende einer Kirchenbank. Celia sah die Damen erröten, und sie rollte mit den Augen. Wie typisch. Marcus, der Liebling aller Frauen. Wirklich aller Frauen.

Nur nicht ihrer.

Auch, wenn sie vor langer Zeit einmal Mitglied seines Fanklubs gewesen war, dachte sie, während sie deutlich die Nacht vor 15 Jahren vor Augen hatte, in der sie beinahe ihre Unschuld an ihn verloren hätte.

„Warum willst du die Blumen töten?“

Celia blinzelte und verbannte die beschämenden Gedanken zurück in ihr Unterbewusstsein, bevor sie Marcus verwirrt anblickte. „Was?“

„Die Blumen. Was haben sie dir getan? Haben sie etwas Falsches gesagt? Ich weiß ja aus Erfahrung, wie leicht man dich missmutig stimmen kann.“

Celia blickte auf das schöne, auf ihr Kleid abgestimmte Bouquet aus rosa Rosen und Schleierkraut und sah, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten, weil sie die Blumen so fest umklammert hielt. Als sie sich eingestehen musste, dass sie sich gerade wieder einmal von Marcus durcheinanderbringen ließ, hätte sie am liebsten laut geschrien.

Sie musste sich irgendwie entspannen. Denn wenn sie es nicht tat, würde sie die Kirchentür niemals bei geistiger Gesundheit erreichen. Der Weg zum Ausgang schien endlos. Dan und Zoe blieben immer wieder stehen, um Glückwünsche entgegenzunehmen. Dann liefen sie mit einer Geschwindigkeit von einem guten Meter pro Stunde weiter, und Celia wusste nicht, wie lange sie noch der Versuchung widerstehen konnte, Braut und Bräutigam beiseitezuschieben und ins Freie zu fliehen.

„Die Blumen haben mir nichts getan“, sagte sie, während sie versuchte, ruhig und gleichmäßig zu atmen. Dann rollte sie – in einem letzten Versuch, ihre wachsende Anspannung zu lösen – verstohlen mit den Schultern.

„Muss ich daraus schließen, dass du Dans und Zoes Entscheidung missbilligst?“

Celia starrte Marcus für einen Moment an. Obwohl sie seine Worte deutlich gehört hatte, verstand sie nicht, was er jetzt schon wieder meinte. Zoe war das Beste, was Dan jemals passiert war. „Warum in aller Welt sollte ich das tun?“

„Weil du während der gesamten Zeremonie gewirkt hast, als wünschtest du dir, irgendwo anders zu sein.“

Oh nein. Sie wollte nirgendwo anders sein. Sie wollte, dass Marcus irgendwo anders war. Am liebsten auf einem anderen Planeten. Doch sie hätte nie gedacht, dass sie ihre Gedanken derart schlecht verbergen konnte. „Du hast ein vollkommen falsches Bild von mir.“

„Offenbar“, murmelte er, bevor er seinen Blick über Celias Körper schweifen ließ, bis ihre Haut sich so prickelnd warm anfühlte, als hätte sie Fieber. „Du siehst übrigens sehr schön aus.“

Das ist das Problem mit Marcus, dachte Celia gereizt, während sie versuchte, ihre innere Hitze mit dem letzten Rest Selbstkontrolle einzudämmen.

Jedes Mal, wenn sie ihn am liebsten geohrfeigt hätte, sagte er irgendetwas Charmantes. „Danke.“

„Es ist die Wahrheit.“

„Du siehst auch sehr gut aus“, sagte sie leise. Es war unmöglich, diese Tatsache zu leugnen. Denn Marcus sah heute noch besser aus als sonst – wenn das überhaupt möglich war.

„Meine Güte, ein Kompliment.“ Seine Stimme war sanft. „Es geschehen noch Wunder.“

„Gewöhn dich nicht daran.“

„Das werde ich nicht.“

Quälend langsam gingen sie ein paar Schritte weiter, bevor sie erneut anhalten mussten. „Also freust du dich?“

„Dass Dan und Zoe geheiratet haben?“

„Nun, ich weiß, dass ich ganz sicher keinen Quell der Freude für dich darstelle.“

„Da liegst du vollkommen richtig“, sagte Celia mit einem ruhigen Lächeln.

„Dan und Zoe sind gut füreinander.“

Celia nickte. „Das sind sie.“

„Und benehmen sich deine Eltern?“

Sie kniff die Augen zusammen, drehte sich um und musterte ihre Mutter und ihren Vater, die Seite an Seite, jedoch in eisiges Schweigen gehüllt und so weit auseinander, wie es in dem schmalen Gang der Kirche möglich war, zum Ausgang liefen. Mehr konnte man nicht erwarten.

„So gut, wie sie eben können.“

„Wie läuft es in deiner Firma?“

Dort herrschte der Wahnsinn. „Bestens.“

„Warum bist du dann so angespannt?“

„Angespannt?“, wiederholte Celia schwach. „Wieso sollte ich?“

„Wenn es nicht an der Hochzeit liegt, an deinen Eltern oder deinem Job, fühle ich mich geneigt zu glauben, dass ich der Grund dafür bin.“

„Ha. Das ist ja vielleicht ein Einfall.“

Endlich konnten sie wieder ein Stückchen weitergehen, und dieses Mal schien es so, als würden sie es endlich bis nach draußen schaffen. Dan und Zoe hatten sich bei allen Gästen bedankt, die schwere Eichentür wurde geöffnet, und Celia atmete vor Erleichterung auf.

„Gib es zu“, flüsterte Marcus. Seine Stimme war so warm und belustigt, dass Celias Magen seltsame Purzelbäume schlug. „Ich verursache diese Anspannung in dir.“

„Du verursachst gar nichts in mir“, antwortete Celia mit einer Stimme, die sich beinahe überschlug. Sie musste dringend aus dieser Kirche und weg von ihrem verwirrenden Begleiter.

„Oh, Celia, du brichst mir das Herz.“

„Ich wusste nicht, dass du ein Herz hast. Ich dachte, dass dich ausschließlich ein anderer Körperteil am Leben hält.“

„Welch grausamer Vorwurf.“

„Ich denke, du wirst ihn überleben.“

„Das werde ich.“

Und dann, Gott sei Dank, traten sie in den warmen Schein der Junisonne. Celia rang nach Luft und blinzelte, damit ihre Augen sich nach der Dunkelheit in der Kirche wieder an das Tageslicht gewöhnen konnten. Dann entzog sie Marcus ihren Arm und trat einen entschlossenen Schritt zurück.

Sie vermisste seine Nähe nicht. Auch nicht seine Wärme. Sie fühlte vor allem Erleichterung. So wie jeder Mensch, der während der letzten zehn Minuten einen Albtraum erlebt hatte und endlich daraus erwachte.

„Also dann“, sagte sie und blickte Marcus mit einem strahlenden Lächeln an, während sie eine Hand über ihre Augen hielt, um sie vor der Sonne zu schützen. „Vielen Dank für das interessante Gespräch.“

„Gern geschehen.“

„Ich werde jetzt dem glücklichen Paar gratulieren und mich dann ein bisschen zu meiner Familie gesellen.“

Und dann würde sie alle Champagnergläser leeren, die sie finden konnte.

„Gute Idee.“

„Ich denke, wir sehen uns später.“

„Das wäre schön.“

Und mit dem Gedanken, dass eher die Hölle gefror, bevor sie sich an diesem Tag noch einmal in Marcus’ Nähe wagte, verabschiedete sich Celia mit einem zittrigen Winken und lief davon.

Marcus beobachtete, wie Celia ihren Bruder und ihre frischgebackene Schwägerin umarmte und küsste und dabei über irgendetwas lachte, das die beiden zu ihr sagten. Er kniff die Augen zusammen. Nach zehn Minuten in Celias Gesellschaft waren seine Nerven bereits bis zum Zerreißen gespannt. Er wollte etwas schlagen. Er wollte schreien. Irgendetwas tun, um die Anspannung loszuwerden, die diese Frau in ihm auslöste.

Er stand in der warmen Sommersonne, während die Menschen aus der Kirche strömten, schob seine Hände in die Taschen seiner Anzughose und widerstand dem Drang, mit den Zähnen zu knirschen. Dieser Tag war ein Tag des Glücks, und das Letzte, was sein bester Freund verdiente, war ein grimmiger Trauzeuge.

Dennoch fiel es Marcus schwer, sich zu entspannen, denn alles, woran er denken konnte, war die Frage, was Celia immer wieder mit ihm anstellte. Und warum.

Im Allgemeinen hatte Marcus keine Probleme mit Frauen. Sie rissen sich normalerweise ein Bein aus, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen, und sobald sie diese hatten, lagen sie ihm zu Füßen. Aber Celia? Na ja, aus irgendeinem Grund hasste sie ihn seit Jahren, und Marcus war nie wirklich in der Lage gewesen, den Grund dafür herauszufinden.

Die seltenen Male, die er versucht hatte, ihr sonderbares Verhalten zu ergründen, hatte Marcus vermutet, dass Celia wohl nicht einverstanden mit seinem amourösen Lebensstil war. Er verstand allerdings nicht, was sie das anging. Das letzte Mal, als er in den Kalender sah, hatte dieser das einundzwanzigste Jahrhundert angezeigt, und soweit er wusste, konnten Männer und Frauen heutzutage schlafen, mit wem sie wollten, ohne von irgendjemandem geächtet zu werden. Was war falsch daran, dass er die Gesellschaft von Frauen genoss? Düster beobachtete Marcus, wie Celia sich mit ihrem Handy in der Hand von der Hochzeitsgesellschaft entfernte, um einen Anruf anzunehmen.

Er arbeitete hart und hatte sich in seiner Freizeit Entspannung verdient. Er war Single und in seinen besten Jahren, und er mochte Sex. Er hatte einer Frau nie mehr versprochen, als er bereit war zu geben, und wenn seine Beziehungen, Affären, One-Night-Stands oder was auch immer endeten, gab es niemals Streit oder böse Worte. Die Frauen, mit denen er sich traf, hatten nichts gegen seinen Lebensstil. Wer also konnte ihm vorwerfen, dass er die Möglichkeiten nutzte, die man ihm bot?

Niemand außer Celia, so schien es. Warum aber missbilligte sie ihn so sehr? Was ging sie sein Leben an? Soweit er wusste, hatte er noch nie etwas mit einer ihrer Freundinnen gehabt, also konnte sie ihm nicht aus persönlichen Gründen böse sein. Denn ganz sicher lag ihr Groll auch nicht im Entferntesten an Eifersucht. Celia hatte sehr deutlich gemacht, dass sie kein Interesse an ihm hatte, als sie ihm in der Nacht, in der er vor Jahren mit ihr schlafen wollte, den Laufpass gegeben hatte.

Was also war ihr Problem? Und was noch wichtiger war – was war seins? Was an Celia ging ihm so sehr unter die Haut? Warum konnte er diese Frau nicht einfach ignorieren, so wie er sonst alles ignorierte, was ihn nicht interessierte? Warum hatte er stets das Bedürfnis, mit Celia zu reden, auch wenn es jedes Mal in einem Kleinkrieg endete?

Marcus seufzte und fuhr sich mit der Hand über die Stirn, als die Fragen, die durch seinen Kopf wirbelten, nahezu unerträglich wurden. Er brauchte jetzt wirklich ein Glas Champagner, um den Rest der Feierlichkeiten zu überleben.

„Gibt es einen bestimmten Grund dafür, dass du meine Schwester so verbittert anstarrst?“

Die fröhliche Stimme des Bräutigams, der es für einen Augenblick geschafft hatte, sich von seiner Frau zu lösen und mit Marcus zu reden, riss ihn aus seinen Gedanken.

„Nein“, sagte er und schenkte seinem besten Freund ein sorgloses Lächeln.

„Sicher?“

Marcus nickte und lächelte noch einmal. Er wollte Dan auf gar keinen Fall von den Schwierigkeiten erzählen, die er mit Celia hatte. „Ganz sicher. Übrigens: ganz herzlichen Glückwunsch.“

Dan grinste. „Vielen Dank.“

„Tolle Zeremonie.“

„Ja – es war unglaublich. Und danke, dass du mein Trauzeuge bist.“

„Kein Problem. Ich bin froh, dass ich es rechtzeitig geschafft habe.“ Marcus hatte in den letzten vierundzwanzig Stunden alles daran gesetzt, um in das gottverlassene Dörfchen zu kommen, in dem Zoes Familie wohnte. Und was immer Celia auch dachte, seine Verspätung hatte rein gar nichts mit seinem Liebesleben zu tun. Auch wenn Marcus so müde war, dass er beinahe umfiel, war die anstrengende Reise jede Sekunde wert gewesen. Schließlich waren Dan und er seit fast zwanzig Jahren die besten Freunde.

„Und ich erst“, sagte Dan und klopfte Marcus kameradschaftlich auf die Schulter. „Warum siehst du trotzdem so düster aus? Was ist denn los?“

Marcus zuckte mit den Schultern. „Ich versuche nur, mich auf meine bevorstehende Rede zu konzentrieren.“

Dan warf ihm einen wissenden Blick zu und sah dabei mehr als nur ein wenig amüsiert aus. „Bist du sicher, dass deine Betrübtheit nichts mit der mangelnden Auswahl an alleinstehenden Frauen zu tun hat?“

Seltsamerweise – obwohl das Ausschauhalten nach Singlefrauen in der Regel das Erste war, was Marcus bei jeder Art von Beisammensein tat – war ihm die Suche nach neuen Eroberungen an diesem Nachmittag nicht einmal annähernd in den Sinn gekommen. „Vielleicht ein bisschen“, sagte er, vor allem deshalb, weil Dan diese Antwort zu erwarten schien.

„Es tut mir leid. Aber wir wollten die Hochzeit in kleinem Rahmen feiern.“

„Kein Problem.“

„Wie lange ist dein letztes Date her?“

„Sechs Monate.“

Dan blickte seinen Freund fragend an „Wow. Und das alles wegen … wie war noch mal ihr Name?“

„Noelle.“ Allein bei der Erinnerung an seine letzte Freundin, die sich in eine wahnsinnige Psychostalkerin verwandelt hatte, erschauerte Marcus innerlich. „Ja.“

Dan nickte mitleidig. „Ich kann verstehen, dass du nach allem, was sie getan hat, ein bisschen vorsichtig geworden bist. Aber komm, sechs Monate? Das muss ein Rekord für dich sein.“

„Keiner, auf den ich besonders stolz bin.“

„Verständlich“, stimmte Dan ihm zu. „Und heute wird dieser Rekord ganz sicher nicht gebrochen“, fügte er nachdenklich hinzu.

„Warum sagst du das?“

„Celia ist außer dir der einzige Single hier.“

„Wirklich?“

„Und nach allem, was ich von euch weiß, seid ihr nicht besonders aneinander interessiert.“

Marcus starrte seinen Freund an. Nicht besonders interessiert? Er konnte sie nicht ausstehen. Und sie ihn noch viel weniger.

„Können wir nicht einfach das Thema wechseln?“, stammelte er. Denn er wollte nicht eine Sekunde länger über diese lästige Angelegenheit sprechen.

Dan fuhr sich mit der Hand über den Unterkiefer und blickte seinen Freund stirnrunzelnd an. „Zoe meint, dass du es schon die ganze Zeit tust.“

Autor

Lucy King
Lucy King lebte schon immer am liebsten in ihrer eigenen Welt, inmitten der bunten Liebesgeschichten von Mills & Boon. Bereits in der Schule schrieb sie lieber über glorreiche Helden und die Magie der Liebe, anstatt Mathematikaufgaben zu lösen.
Ihrem ganz persönlichen Helden begegnete sie eines Morgens während eines einsamen Spaziergangs...
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