Fest der Liebe mit dem Ex

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Ausgerechnet Jack Adams! Schockiert erkennt Autumn, wer ihr Tischpartner bei der Hochzeit einer Freundin ist: der Mann, der sie einst nach einer einzigen Nacht der Leidenschaft ohne Abschied verließ. Diesmal muss sie die erregende Anziehungskraft des erfolgreichen Unternehmers ignorieren! Nur wie, wenn kurzfristig noch Tanzstunden für Jack und sie organisiert sind? Als sie in seinen Armen übers Parkett schwebt, wird sie jäh von sinnlicher Sehnsucht überwältigt und gibt sich ihm hin. Ein Fehler, der ihr erneut das Herz bricht?


  • Erscheinungstag 29.11.2022
  • Bandnummer 242022
  • ISBN / Artikelnummer 9783751510127
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Die Königin drückt ihr Bedauern aus.“

Die Königin?

Autumn Jones unterdrückte ein Lachen. Keine Frage, dass es auf der glanzvollen Hochzeit von Ivy und Sebastian nur so wimmeln würde von Prominenz. Aber eine Königin?

Selbst das Büro in Ivy Jenkins’ weihnachtlich dekoriertem Stadthaus an der Park Avenue hätte die Titelseite eines High-End-Style-Magazins zieren können, denn die zukünftige Mrs. Davis galt als die Königin von Manhattan.

Autumn selbst mit ihrem mittellangen kastanienbraunen Haar und den haselnussbraunen Augen hätte sich hier als normalsterbliche Durchschnittsfrau fehl am Platz fühlen können, doch so war es nicht. Und das lag an Raise Your Voice, der Wohltätigkeitsorganisation, für die sich Ivy mit Herz und Seele einsetzte und bei der Autumn arbeitete. Das gemeinsame Engagement hatte aus ihnen Freundinnen gemacht. Fast so etwas wie Schwestern.

Als Sebastians Braut von ihrer Assistentin nun eine Tiffany-Schatulle ausgehändigt bekam, hob die dunkelhaarige, grünäugige Ivy eine perfekt geformte Augenbraue. „Die Absage war also kein schlechter Scherz?“

Diesmal konnte Autumn sich das Lachen nicht verkneifen. „Du hast doch nicht wirklich damit gerechnet, dass die Queen zu eurer Hochzeit kommt?“

„Nein, aber ich frage mich, warum die Absage nicht fristgerecht bis zum 28. November eingegangen ist, sondern zwei Tage später. Was ist mit ihrem Personal?“ Vor einem offenen Kamin sitzend, dessen Umrandung mit immergrünen Zweigen und leuchtend roten Ornamenten geschmückt war, wies Ivy mit dramatischer Geste auf die Sitzordnung.

„Jetzt schau dir das an! Für sie war ein … nein, es waren sogar zwei Plätze für sie reserviert, da meine hochgeschätzte Hochzeitsplanerin Alexandra die Sitzordnung aufgrund der Deadline erstellt hat.“

Autumn schnalzte mit der Zunge und schüttelte pflichtschuldigst den Kopf. Bis zur Hochzeit waren es noch zwei Wochen, doch obwohl Ivy nach außen hin so damenhaft und souverän wie immer wirkte, schien ihr Nervensystem leicht angegriffen zu sein. Dabei gehörte sie von Geburt an zu Manhattans Elite, wusste, wie sich eine Dame von Welt benahm und veranstaltete Partys, an die alle sich lange und gern erinnerten.

Genau diese Qualitäten waren der Grund, warum Autumn und Ivy sich, jede auf ihre Weise, für Raise Your Voice engagierten. Die Wohltätigkeitsorganisation stand benachteiligten Frauen bei ihrer Eingliederung in die amerikanische Gesellschaft zur Seite. Ivy verfügte über die dafür notwendigen Beziehungen, und Autumn besaß Talent und Fähigkeit, Events zu veranstalten, die Millionen einbrachten.

Als Ivy ihrer Assistentin die Tiffany-Box zurückgab, um sie auf den Tisch mit den anderen Hochzeitsgeschenken zu legen, öffnete sich die Bürotür und Sebastian Davis trat lächelnd ein. CEO eines der aufregendsten Tech-Startups New Yorks und Ivys Verlobter. Er trug zum dunklen Anzug ein weißes Hemd mit einer dünnen grauen Krawatte und war bereit für die anstehende Vorstandssitzung.

„Guten Morgen zusammen.“

„Guten Morgen“, antworteten seine Braut und Autumn wie aus einem Mund.

Er beugte sich vor und küsste Ivy auf die Wange. „Noch mehr Geschenke?“

Sie verdrehte die Augen. „Und verspätete Absagen! Wir feilen noch am Sitzplan, ehe wir ihn an Alexandra weitergeben.“ Ivy atmete tief durch. „Wusstest du, dass die Königin nicht kommt?“

Ihr scharfer Ton ließ ihn zusammenzucken. „Nein, aber es ist ja auch eine sehr anstrengende Reise. Dafür kommen die Royals aus Adria ganz bestimmt, was eine Art Krönung für jede Hochzeit sein dürfte. Wir sehen uns dann beim Abendessen.“

Sebastian war schon wieder halb aus der Tür, als er sich noch einmal umdrehte. „Ach, Autumn, dein Tischpartner für die Hochzeit wird heute Abend mit uns essen. Kannst du dich spontan freimachen und dabei sein?“

Augenblicklich hellte sich Ivys Gesicht auf, und sie klatschte in die Hände. „Oh, was für eine grandiose Idee! Ich kann es kaum erwarten, dass du Jack kennenlernst.“

Autumn nickte. „Okay, ich glaube nicht, dass für heute Abend etwas Wichtiges in meinem Kalender steht. Und die nächsten beiden Wochen habe ich ohnehin für dich freigehalten, Ivy.“

„Gut.“ Das kam von Sebastian, während Ivy übers ganze Gesicht strahlte.

Autumn erhob sich und griff nach Handtasche und Aktenkoffer. „Ich sollte mich auch endlich an die Arbeit machen.“

Sebastian wartete an der Tür. „Du gehst an einem Samstag ins Büro?“

„Die meisten unserer Schützlinge stecken von Montag bis Freitag in ihren Jobs fest und können sich erst samstags Zeit für Termine mit unseren Mentoren nehmen.“

„Macht Sinn. Kann ich dich mitnehmen?“

„Danke nein. Ein paar Schritte an der Luft werden mir guttun.“

Seite an Seite durchquerten sie das prunkvolle Foyer, wobei Autumns Absätze ein energisches Stakkato auf dem glänzenden Marmorboden erklingen ließen. Sebastian öffnete die schwere Haustür und hielt sie ihr auf.

Mit einem gemurmelten „Danke“ trat sie an ihm vorbei auf die Straße, blinzelte und spürte ihr Herz unversehens ganz oben im Hals schlagen.

An Sebastians schwarzer Limousine lehnte … ja wer?

Auf jeden Fall ein ebenso unerwarteter wie unerledigter Teil meiner Vergangenheit.

Jack Adams.

Er war groß, schlank, trug einen dunklen Anzug und darüber einen schwarzen Kaschmirmantel als Schutz gegen die kalte Novemberluft, und er wirkte ebenso dynamisch und souverän wie Ivys Verlobter neben ihr.

„Hey, du bist ja schon da!“, rief Sebastian erfreut.

Blaue Augen suchten ihren Blick, dann stieß er sich von der Limousine ab und kam auf sie zu. „Ich wollte zur Vorstandssitzung mitfahren und dachte, ich könnte dir während der Fahrt mein neues Managementsystem vorstellen.“

„Großartige Idee, aber zuerst will ich dir jemanden vorstellen.“ Lächelnd wandte Sebastian sich an seine Begleitung. „Autumn, das ist Jack Adams, dein Tischpartner für die Hochzeit.“

Anstatt seinem Freund zu sagen, dass sie sich bereits kannten, streckte Jack seine Hand aus und begrüßte sie, als wären sie Fremde, die sich zum ersten Mal trafen.

Himmel! Kann es sein, dass er sich gar nicht mehr an mich erinnert?

„Jack, das ist Autumn Jones“, vervollständigte Sebastian die Vorstellung.

Ihre Hände trafen sich und lösten sich gleich darauf wieder voneinander.

Autumn fühlte sich wie ein geblendetes Reh im Scheinwerferlicht und konnte ihn nur anstarren. Hatte sie sich vielleicht geirrt? Jack Adams war kein ungewöhnlicher Name, aber an diese blauen Augen würde sie sich für den Rest ihres Lebens erinnern.

Die letzten fünf Jahre waren offenkundig sehr gnädig mit ihm umgegangen. Wenn überhaupt möglich, war er noch attraktiver und … einfach unwiderstehlich.

In dieser Sekunde konnte sie sich sogar ihren One-Night-Stand verzeihen.

Wäre es damals nach ihr gegangen, hätten gern noch etliche weitere Nächte folgen können. Doch wenn sie ihn jetzt ansah, begriff sie, warum er in ihr damals nur eine Art Eintagsfliege gesehen hatte.

Dieser Mann war teuer gekleidet, kultiviert und wahrscheinlich steinreich. Und sie war immer noch Autumn Jones, Outreach Officer für Raise Your Voice, mit demselben Auto von damals, derselben Wohnung und demselben Job.

Lieber Himmel! Es fühlte sich an, als wäre sie in einer Zeitschleife gefangen!

„Es freut mich, Sie kennenzulernen, Mr. Adams.“

„Jack …“, korrigierte er sie mit der Andeutung eines Lächelns.

Erinnerte er sich vielleicht doch? Ihr Herz schlug wild, als sie sich erinnerte … an Details, die sie längst vergessen haben müsste.

„Gut, also Jack“, murmelte sie errötend.

Sorry, Autumn, ich unterbreche euch nur ungern, aber wir müssen los“, brachte Sebastian sie zurück in die Realität.

Die Röte auf ihren Wangen vertiefte sich. „Ich auch.“ Sie wies mit dem Kinn über die Schulter. „Ich muss noch einen bestellten Geburtstagskuchen vom Bäcker abholen.“

Lieber Himmel! Warum musste sie den beiden auch noch auf die Nase binden, dass sie für anfallende Geburtstage im Büro verantwortlich war? Was für eine glanzvolle Karriere: Kein vorzeigbarer Job, unverheiratet und immer noch zehn Kilo Übergewicht!

„Es ist auch schön, Sie kennenzulernen, Autumn.“

Schon halb im Gehen zuckte sie beim Klang der dunklen, rauen Stimme zusammen, die an guten alten Whiskey erinnerte – damals Jacks Lieblingsgetränk.

„Danke.“ Sie wollte nicht an diese eine wundervolle Nacht denken, die ihr wie ein romantischer Liebesfilm hätte in Erinnerung bleiben können, wenn der Mann nicht sang- und klanglos aus ihrem Bett verschwunden wäre …

„Vergiss das Dinner heute Abend nicht!“, rief Sebastian ihr hinterher.

Autumn stöhnte innerlich. Wie sollte sie dieses Dinner und die gesamte Hochzeit an Jacks Seite aushalten?

„Werde ich nicht“, gab sie über die Schulter zurück und hastete davon.

Verflucht! Sie mochte gerade einen Schock erlitten haben und einem Gespenst aus ihrer Vergangenheit begegnet sein, aber inzwischen war sie erwachsener und reifer. Jack Adams konnte so attraktiv und erfolgreich sein wie nur was, er war trotzdem ein ungehobelter Kerl. Erst verdrehte er ihr den Kopf, dann stahl er sich mitten in der Nacht davon!

Kein Goodbye, kein Anruf am nächsten Morgen oder sonst wann …

Egal – sie war darüber hinweg. War über ihn hinweg!

Am Tag nach der romantischsten Nacht ihres Lebens in ihrem leeren Bett aufzuwachen, war peinlich und erdrückend gewesen, aber sie war aufgestanden und hatte weitergemacht.

Jack Adams starrte aus den getönten Scheiben von Sebastians Limousine.

Mussten sich Sebastian und Ivy anlässlich ihrer Hochzeit von allen Menschen auf dem Planeten ausgerechnet Autumn Jones als seine Sitznachbarin aussuchen? Die Frau, die ihn an den schlimmsten Tag seines Lebens erinnerte?

„Du wolltest mir dein neues Managementsystem erläutern?“, durchbrach Sebastian seine Gedanken.

„Es geht nicht um das System an sich“, versuchte Jack sich auf das unverfänglichere Thema zu konzentrieren. „Eher um die Provider. Ich habe mich auf drei beschränkt und wollte wissen, ob du von ihnen gehört hast.“

Sebastian lachte und schnitt eine Grimasse. „Präzise ausgedrückt willst du wissen, ob einer von ihnen vielleicht Dreck am Stecken hat, oder täusche ich mich?“

Jack schnaubte leise. „Kann schon sein.“

„Okay, an wen denkst du dabei?“

Jack öffnete seine Aktentasche und reichte Sebastian eine kurze Liste.

„Hmm, zwei sind relativ neu dabei, aber dieser hier …“ Der Bräutigam wies auf einen Namen. „Den gibt es schon ewig, was im Grunde genommen doch für Qualität bürgt.“

Jack nickte und steckte die Liste wieder ein. „Das ist die Gruppe, die wir auch im Auge hatten.“

„Und was ist mit dir?“, fragte Sebastian. „Geht es dir gut?“

„Ja, alles bestens.“

„So siehst du aber nicht aus. Eher, als hättest du einen Geist gesehen.“

Einen Geist gesehen?“, echote Jack mit gerunzelter Stirn.

„Ja, irgendwas, das dich beunruhigt.“

Verdammt! Darum war Sebastian so erfolgreich. Ein Genie mit ausgeprägtem Geschäftssinn war keine Seltenheit. Aber ein Genie, das Menschen wie offene Bücher lesen konnte? Das war nicht so leicht zu finden.

„Vielleicht mache ich mir zu viele Gedanken über dieses Managementsystem. Immerhin gibt es bereits Systeme für Restaurants, besonders für Ketten mit verschiedenen Standorten.“

„Ober du weichst mir aus und wechselst nur elegant das Thema.“

Jack beugte sich vor und nahm eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank neben der Minibar, die in der Mittelkonsole der Luxuslimousine versteckt war. „Du weißt doch, wie das ist“, sagte er leichthin. „Jeder, der ein oder mehrere Unternehmen führt, ist immer mit den Gedanken dort und damit beschäftigt, wie es weiter vorangehen kann.“

So, wie er es auch vor fünf Jahren hatte lernen müssen.

Auf keinen Fall würde er Sebastian von seiner Nacht mit Autumn erzählen. Zum einen wollte er sie nicht in Verlegenheit bringen. Zum anderen hatte er selbst Jahre gebraucht, um diese Nacht aus seinem Gedächtnis zu tilgen.

Jack öffnete die Flasche und gönnte sich einen großen Schluck.

„Ja, das verstehe ich sehr gut, aber …“ Sebastian machte eine Pause und stupste Jack freundschaftlich in die Rippen. „Wie wäre es, wenn du heute Abend beim Dinner ausnahmsweise im Hier und Jetzt bleibst? Wer weiß, vielleicht ist Autumn …“

„Sie scheint wirklich nett zu sein“, unterbrach Jack ihn fast brüsk. „Aber …“

„Aber was?“ Sebastian runzelte die Stirn. „Ist sie nicht dein Typ?“

„Ich habe keinen Typ.“

„Unsinn! Natürlich hast du das. Coole Brünette, die dich nie wirklich kennenlernen, weil sie oberflächlich sind und du vorgibst, jemand anders zu sein. Und mindestens zwei von ihnen waren komplett verrückt.“

„Das ist nicht wahr.“

Dafür erntete er von seinem Freund nur einen vielsagenden Blick. „Auch nicht die, die dich bestohlen hat? Oder die andere, die dein Strandhaus abgefackelt hat?“

Jack schnitt eine Grimasse. Er hatte tatsächlich kein Händchen für Frauen. Alle außer Autumn … aber sie war ja auch nur ein One-Night-Stand gewesen und hatte gar keine Zeit gehabt, ihm irgendetwas Ungeheuerliches anzutun.

Und genau das war der Grund, warum es für ihn nur noch One-Night-Stands gab.

Dreimal hatte er sich verlobt, aus dem ebenso tiefen wie verzweifelten Bedürfnis heraus, sich mit jemandem verbunden zu fühlen … einfach normal zu sein.

Aber darüber war er längst hinweg. Manche Menschen waren einfach dazu gemacht, allein zu bleiben, stark zu sein und sich lieber einen Namen als Unternehmer zu machen anstatt als Familienvater.

„Okay, ein Körnchen Wahrheit mag vielleicht …“

„Ein Körnchen?“, schnaubte Sebastian.

„Weißt du, inzwischen habe ich herausgefunden, dass ich allein am besten zurechtkomme. Also mach dir keine Sorgen. Ich arbeite hart und …“

„In dem Punkt sind wir uns absolut einig“, unterbrach Sebastian ihn erneut. „Wenn du mich fragst, viel zu hart.“

„Mag sein.“ Aber er tat es für seine Mutter. Um ihre Vision zu verwirklichen.

Am Abend seiner ersten und einzigen Raise Your Voice-Gala war sie zu ihm gekommen, um ihm zu sagen, dass es ihr nicht gut gehe und sie sich von seinem Chauffeur nach Hause fahren lassen wolle. Kurz hatte er überlegt, sie zu begleiten, aber dann hatte er auf einmal Autumn auf der anderen Seite des Raumes gesehen und sich gefühlt, als hätte ihn ein Blitz getroffen. Also hatte er seine Mutter zum Abschied auf die Wangen geküsst und sie gehen lassen.

Danach hatte er sein Handy ausgeschaltet und sich durch den überfüllten Ballsaal gekämpft, um sich der unbekannten Schönen vorzustellen.

Während Autumn und er lachten, tanzten und sich schließlich in ihre Wohnung zurückzogen, hatte seine Mutter einen Herzinfarkt erlitten, eine Ambulanz gerufen und war noch in derselben Nacht im Krankenhaus gestorben.

Autumn plötzlich wieder gegenüberzustehen, erinnerte ihn an seine größte Verfehlung. Was zählten dagegen eine Diebin oder Brandstifterin, mit denen er verlobt gewesen war? Was konnte schlimmer sein als der Schock, seine Mutter zu verlieren, weil er sich von einer unbekannten Sirene hatte blenden lassen?

Tempi passati.

Inzwischen war er reifer, bedachter und würde seinen Teil dazu beitragen, Ivys und Sebastians Hochzeit zu dem zu machen, was seine Freunde sich wünschten. Doch die Zeit mit Autumn würde er so gut es ging begrenzen. Und sei es nur, um sie für immer in die Kategorie eines One-Night-Stands einordnen zu können und ihr nicht den Hauch einer Chance einzuräumen, ihm noch einmal zu beweisen, dass er kein guter Frauenkenner war und besser keine Beziehungen führen sollte.

Immerhin hatte seine Pechsträhne, was Frauen betraf, mit ihr begonnen.

2. KAPITEL

Autumn holte vier Kleider aus ihrem Schrank, um zu entscheiden, was sie zum Dinner anziehen sollte. Sie wollte sich nicht künstlich aufbrezeln, sich aber auch nicht fehl am Platz fühlen. Wenn sie sonst eine Spontaneinladung von Ivy erhielt, ging sie normalerweise gleich mit zu ihr nach Hause und borgte sich einfach etwas zum Anziehen.

Alles völlig unkompliziert.

Wütend, frustriert und verwirrt, dass sie überhaupt in diesem Zustand war, wollte sie Ivy auf keinen Fall von ihrer Verbindung zu Jack erzählen, der so getan hatte, als würde er sie nicht kennen! Ihre beste Freundin heiratete in Kürze, und die zwei Wochen bis dahin wollte sie der aufgeregten Braut nicht verderben. Darum musste sie sich zusammenreißen und … ja einfach entspannt und glücklich aussehen.

Andererseits sollte Jack Adams nicht denken, sie hätte sich für ihn auch noch extra schick gemacht. Was für ein Schuft! Mit ihr ins Bett zu gehen, auch noch so zu tun, als sei sie die Frau seiner geheimsten Träume und dann auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden. Es würde ihr schwerfallen, ihm gegenüber auch nur die förmlichste Höflichkeit zu wahren.

Am Ende entschied sie sich für ein schlichtes schwarzes Kleid, High Heels und eine stylische Clutch, die sie in einem Second-Hand-Laden erstanden hatte. Nach einem letzten prüfenden Blick in den Spiegel verließ Autumn ihre Wohnung, rannte zur U-Bahn und machte sich erneut auf den Weg zur Upper East Side und zu Ivys Stadthaus.

Jack stieg aus seiner Limousine und wies den Fahrer an, ihn in zweieinhalb Stunden wieder abzuholen. Die Vorstandssitzung hatte sich über den ganzen Tag erstreckt und ihn ermüdet. Ivy und Sebastian würde es sicher nicht anders gehen. Sein Freund hatte nicht nur die heutige Vorstandssitzung überstehen müssen, seine Braut und er steckten zudem mitten in anstrengenden Hochzeitsvorbereitungen.

Allein deshalb würde er seinen Besuch so kurz wie möglich halten.

Während Jack die Stufen zu dem eleganten Stadthaus hinaufstieg, verbot er sich nicht zum ersten Mal an diesem Tag, an Autumn zu denken, die nach ihrem Bürotag sicher ebenso erschöpft sein würde wie sie alle.

Allein ihr Anblick hatte ihn zurück zu dem Tag versetzt, der bis heute von Trauer, Schmerz und Schuldgefühlen geprägt war und ihn damals gelähmt und handlungsunfähig gemacht hatte. Er konnte nicht zulassen, dass all dies nochmals zur Sprache kam.

Jack läutete, und Ivys altgedienter Butler öffnete ihm die Tür. „Guten Abend, Sir.“

„Und? Was steht heute auf der Speisekarte?“, fragte Jack, nachdem er den Butler begrüßt und seinen Mantel ausgezogen hatte.

„Gegrilltes Steak mit Polenta und Chimichurri.“

„Ah! Tippe ich richtig, dass Chefkoch Randolph heute am Herd steht?“

Der Butler nickte. „Louis hat seinen freien Abend. Aber Randolph hat nach Ihnen gefragt. Vielleicht können Sie ihm nach dem Dinner kurz hallo sagen.“

„Das werde ich ganz sicher tun.“

„Man erwartet Sie im Salon, Sir.“

Jack lächelte dem Butler zu, strich Krawatte und Anzugrevers glatt und machte sich auf den Weg. Sobald er über die Schwelle trat, sah er sie. In einem schwarzen Kleid, das schulterlange rotbraune Haar zu einer Lockenpracht frisiert, feminin und sophisticated zugleich. Sie sah einfach umwerfend aus.

Sebastian erhob sich bei seinem Eintreten vom Sofa. „Da ist er ja!“

„Ich bin hoffentlich nicht zu spät?“

„Nein, nein“, beruhigte Ivy ihn, ging auf Jack zu und umarmte ihn. „Wir freuen uns nur, dich endlich wieder einmal bei uns zu haben.“

Jack umarmte auch Sebastian und wandte sich – um den gesellschaftlichen Konventionen nachzukommen – an den anderen Dinnergast. „Guten Abend, Autumn.“

„Guten Abend“, erwiderte sie von einem Queen-Anne-Stuhl gegenüber dem Sofa. Der ebenso elegante wie gemütliche Salon mit offenem Kamin war bereits adventlich geschmückt und wirkte ausgesprochen stimmungsvoll.

„Was kann ich dir kredenzen?“, fragte Sebastian auf dem Weg zur Bar.

„Whiskey.“

Autumns Blick flog in seine Richtung. Natürlich Whiskey, wie in jener Nacht. Sie wusste noch mehr von ihm, weitaus persönlichere, intimere Dinge … wie seine empfindlichen Körperstellen, die sie mit ihrer Zungenspitze liebkost und ihn dabei zum Lachen gebracht hatte … und zu weit mehr …

Jack bewegten in diesem Moment ähnliche, wenn nicht die gleichen Gedanken. Er senkte den Blick und atmete tief durch.

Am Morgen war es ihm noch relativ leichtgefallen, so zu tun, als würde er sie nicht wiedererkennen. Heute Abend hingegen war die Erinnerung an ihre heiße Liebesnacht übermächtig. Ein beklemmendes Hindernis, über das Ivy und Sebastian leicht stolpern könnten, wenn Autumn und er nicht aufpassten.

Schlimmstenfalls könnten seine Freunde Mutmaßungen anstrengen, aber solange Autumn und er weiterhin schwiegen, würde alles bestens sein.

„Wie es aussieht, ist die Vorstandssitzung heute gut gelaufen“, sagte Sebastian.

Jack schnaubte leise. „Hängt von der Sichtweise ab. Ich persönlich bevorzuge zweistündige Sitzungen gegenüber einem ganztägigen Marathon!“

Sebastian lachte und reichte ihm seinen Whiskey. „Wenn du dich als Einzelkämpfer wohler fühlst, solltest du besser nicht expandieren.“

Autumn horchte auf und fasste Jack genauer ins Auge. „Das Meeting heute Morgen betraf Ihr Unternehmen?“

Ein wilder Schmerz fuhr durch seinen Körper, wie jedes Mal wenn jemand Step Inside als sein Unternehmen bezeichnete. Step Inside war der Traum seiner Mutter gewesen, ihr Baby, wie sie es immer genannt hatte. Jetzt leitete er das Unternehmen, baute es aus und erntete die Früchte dieses Erfolgs.

Jack bemühte sich um ein Lächeln, das seine Emotionen perfekt verbarg. „So ist es. Wir haben Strategien und Details einer geplanten Erweiterung diskutiert und geklärt. Der ursprüngliche Fünfjahresplan endet in sechs Monaten. Heute ging es um Strategien, die nächsten fünf Jahre betreffend“, erläuterte er rasch, ehe sein Freund noch etwas ausposaunen konnte, das er lieber für sich behalten wollte.

„Ein ehrgeiziger Plan“, urteilte Sebastian. „Aber ich habe dich in Aktion gesehen. Du kannst ziemlich alles erreichen, was du dir in den Kopf setzt, würde ich sagen.“

„Interessant“, murmelte Autumn und lehnte sich in ihrem Sessel zurück. „Mit anderen Worten, wenn er sich etwas in den Kopf setzt, das er wirklich will, dann lässt er nicht locker?“

Sebastian lachte. „Genauso!“

Jack zögerte einen Sekundenbruchteil, dann verwarf er den Gedanken, sich einfach davonzuschleichen und nie wieder zurückzublicken …

Keine Frage, dass Autumn überzeugt war, dass er sie nach ihrem One-Night-Stand nicht hatte wiedersehen wollen und deshalb klammheimlich verschwunden war und sie auch später nie angerufen hatte. Aus ihrer Sicht also eindeutig ein verachtenswertes und unverzeihliches Verhalten.

Bisher hatte Jack diese Nacht in seiner Erinnerung einfach als erste einer schmachvollen Ansammlung von Fehlentscheidungen abgespeichert, was sein Verhältnis zu Frauen anging. Jetzt fühlte er sich wie ein Fiesling, der am Pranger stand.

„Eine bewundernswerte Eigenschaft“, urteilte Autumn, doch in seinen Ohren klang es wie ein Tadel oder Verweis.

Er musste unbedingt in die Offensive gehen, bevor ihre Attacken noch zielsicherer gerieten. „Und was ist mit Ihnen, Autumn? Sie arbeiten …“

„Warum so förmlich, Kinder?“, mischte sich Sebastian lachend ein. „Ihr beiden seid für die nächste Zeit so etwas wie ein Paar. Da dürft ihr ruhig etwas lockerer sein.“

„Okay.“ Jack riss sich zusammen. „Du arbeitest bei Raise Your Voice, richtig?“

„So ist es.“

„Eine ausgesprochen interessante Wohltätigkeitsorganisation.“

Autumns Gesicht glich einer Gewitterwolke, als fühle sie sich durch seine Frage beleidigt.

„Sie ist dort für nahezu alles zuständig“, sprang Ivy ihr zur Seite. „Autumn ist das offizielle Gesicht des Unternehmens bei öffentlichen Auftritten. Sie leitet die PR-Abteilung und organisiert die meisten Veranstaltungen. Sie betreut die Mitarbeiter und Mentoren, die bevorzugt samstags angesprochen werden wollen.“

Jacks Blick wanderte zu Autumn, die errötet war. Bei ihrer ersten und einzigen Begegnung hatten sie den größten Teil des Abends und der Nacht getanzt, gelacht und sich geliebt. Aber er erinnerte sich auch, dass sie die Gala damals federführend organisiert hatte.

Warum dann jetzt diese brandroten Wangen? War sie etwa verlegen? Weil er in den fünf Jahren, die sie sich nicht gesehen hatten, eine Firma übernommen und ausgebaut hatte, während sie immer noch in einem Job feststeckte, von dem sie gesagt hatte, er sei ein Sprungbrett für …

Er hatte vergessen wofür, aber als er in ihre haselnussbraunen Augen schaute, überfluteten ihn weitere Erinnerungen: sie beide nackt in einem Bett mit zerwühlten Laken, während sie mit leuchtenden Augen über Träume und Zukunftsvisionen plauderte. Ganz vorn rangierten Glück und Zufriedenheit, aber auch eine Position, die mit Anerkennung, Akzeptanz und Respekt einherging.

Da sie immer noch denselben Job machte, nahm er an, dass …

Weiter kam Jack nicht, da ihn die Erinnerung an ihre seidenweiche Haut ablenkte. Mit ihr zusammen zu sein, war wie Nachhause zu kommen gewesen. Und Autumns Küsse hatten ihm das Gefühl vermittelt, ihr wirklich wichtig zu sein.

Unwillkürlich schüttelte Jack den Kopf, um die Bilder loszuwerden, die ihn zu überschwemmen drohten. Er wollte … er konnte nicht an den Tag zurückdenken … den Anruf, der ihn geweckt und ins Krankenhaus hatte stürzen lassen, in dem seine Mutter …

Er wollte sich nicht immer wieder fragen müssen, was gewesen wäre, wenn er sie in die Klinik begleitet hätte. Und auch nicht, was hätte sein können, wenn er sich später doch noch bei Autumn gemeldet hätte.

Wie der Prinz in Aschenputtel hatte er damals gedacht, etwas ganz Besonderes gefunden zu haben, möglicherweise sogar die Frau seiner Träume. Und dann war er einfach davongerannt – vor seinen Schuldgefühlen, vor sich selbst und dem Gefühl, kein Glück verdient zu haben, nachdem …

Autor

Susan Meier
Susan Meier wuchs als eines von 11 Kindern auf einer kleinen Farm in Pennsylvania auf. Sie genoss es, sich in der Natur aufzuhalten, im Gras zu liegen, in die Wolken zu starren und sich ihren Tagträumen hinzugeben. Dort wurde ihrer Meinung nach auch ihre Liebe zu Geschichten und zum Schreiben...
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