Kein Happy End für die Prinzessin?

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Frei sein! Nichts möchte Prinzessin Alba mehr, als ihrem tyrannischen Sultansvater zu entfliehen und die Palastmauern, hinter denen sie jahrelang gefangen war, hinter sich zu lassen. Als der ehrenwerte Conde Inigo der schönen Prinzessin zu Hilfe eilt, schöpft sie Hoffnung auf ein Leben in Freiheit – das sie nur zu gern mit dem spanischen Adligen verbringen möchte. Doch zu Albas Unglück ist Inigo mit einer anderen verlobt!


  • Erscheinungstag 11.07.2023
  • Bandnummer 387
  • ISBN / Artikelnummer 9783751515979
  • Seitenanzahl 256
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

1396 – Der Alhambra-Palast im Emirat Granada

Ein ungewöhnliches Geräusch holte Prinzessin Alba aus ihren Träumen, auch wenn sie, während sie sich unruhig von einer Seite auf die andere wälzte, nicht hätte sagen können, was sie geweckt hatte. Fast hatte es wie das Trillern eines Vogels geklungen, welches ihr das Bild eines ganzen Schwarms vor Augen rief, der über Wiesen und Flussterrassen in wilder Freiheit dahinflog. Der Ausdruck reinen Glücks.

Sie schlug die Augen auf und ließ den Blick auf ihren beiden Schwestern ruhen, die in sanftem Lampenschein weiterhin von tiefem Schlaf umfangen waren. Prinzessin Leonor und Prinzessin Constanza, auf deren glatte Wangen das milde Licht den halbmondförmigen Schatten ihrer langen dichten Wimpern malte, glichen ihr aufs Haar, weil die drei Schwestern Drillinge waren.

Die Vorstellung, sie blicke auf Variationen ihrer selbst, die sie gründlich von außen betrachten konnte, überkam sie; doch schob sie den Gedanken kopfschüttelnd beiseite, denn ähnelten die Prinzessinnen sich auch äußerlich wie ein Ei dem anderen, könnten sie charakterlich kaum unterschiedlicher sein.

Noch war der hölzerne Fensterladen, durch dessen sternförmige Durchbrüche zu dieser frühen Stunde noch kein Licht fiel, fest geschlossen. Und waren die drei Schwestern auch erst wenige Tage zuvor im Lieblingspalast ihres Vaters angekommen und in diesem Turm untergebracht worden, hatte es sich Alba doch bereits eingeprägt, wie schön das helle Sonnenlicht tagsüber durch die Gucklöcher ins Zimmer schien und als kleine sternförmige Tupfen leuchtend auf den Bodenfliesen liegen blieb.

Erneut vernahm sie den eigenartigen Laut, den sie nicht zuordnen konnte, sodass sie sich aufsetzte. Für den Schrei des Habichts war er nicht spitz genug; eher ähnelte er dem Wimmern eines Säuglings.

Während sie mit angehaltenem Atem gespannt lauschte, überlegte sie fieberhaft, wem ein solch kleines Kind zuzuordnen war. Denn ihr Vater, Sultan Tariq, auf den sie Gottes Segen herabbeschwor, hatte nur seine drei Töchter in die Welt gesetzt; sein Wunsch nach einem Sohn war unerfüllt geblieben.

Leise kroch Alba zum Fenster hinüber und hielt, auf einem dicken Kissen kniend, lauschend das Ohr an den hölzernen Laden. Ihr bisheriges junges Leben hatte sie mit ihren Schwestern in der fernen Burg zu Salobreña verbracht, wo sich nie eine Gelegenheit geboten hatte, einen Säugling in den Armen zu halten. Jetzt verlangte es sie schmerzlich danach, das Kind, welches sie schreien hörte, an ihre Brust zu drücken.

Ohne die beiden anderen zu wecken, warf sie geschwind ein seidenes Gewand und ihren Schleier über, nahm die Laterne hoch und schlich die Treppe hinunter. Unten wuchtete die schwere Tür auf und schlüpfte hinaus.

Draußen war die Luft angenehm frisch, und die Sterne wurden bereits blasser. Vor ihr, hinter einigen sich kreuzenden Wegen, ragten andere Türme und hohe Mauern schwarz in den perlgrauen Himmel. Noch war ihr das Gelände fremd und unübersichtlich, doch ließ sie sich von dem Wimmern des Kindes leiten. Dass es im Palast einen Säugling gab, war unbestreitbar.

An der sprudelnden Fontäne eines Springbrunnens vorbei eilte sie über eine gut gepflegte Rasenfläche, durchquerte ein Wäldchen und atmete gleich darauf den intensiven Duft blühender Orangenbäume ein. Linkerhand verlief ein Teilstück der Palastmauer, das von einem Wachhaus, in dem Licht brannte, gekrönt war. Albas Vater, der mächtige Sultan, legte Wert auf gute Bewachung.

Und weil er es mit dem Verschleierungsgebot auf dem Palastgelände sehr genau nahm, steckte Alba sich den Schleier noch einmal fester. Jedermann, der auch nur aus Versehen einen flüchtigen Blick auf ihr Gesicht hätte erhaschen können, wäre streng bestraft worden, denn ihr Vater regierte mit eiserner Hand. Nie hätte sie es sich vergeben, wäre ein Wächter ihretwegen zu Schaden gekommen.

Doch schien Gott die Hand über sie zu halten, denn sie begegnete niemandem.

Sie fand die Quelle des Kindergeschreis hinter einer üppigen Myrtenhecke, wo sich mehrere Gebäude zusammendrängten. Im inzwischen immer stärker einsetzenden Dämmerlicht zeigten sich ihr hufeisenförmige Fenster und eine hohe Holztür mit schweren Eisenbeschlägen, die sich überraschend geräuschlos öffnen ließ. Alba trat ein, folgte dem aufgebrachten Weinen des Säuglings, das vom weißen Marmorfußboden verstärkt zurückgeworfen wurde, und näherte sich aufgeregt einer samtverhangenen Bogenöffnung.

Inzwischen war ihr aufgegangen, dass dieses Gebäude zum Harem ihres Onkels, Prinz Ghalib, gehören musste, der wesentlich jünger als sein Bruder war. Als Nächster in der Thronfolge wurde er, seinen Nichten gleich, förmlich gefangen gehalten, wenn es auch ein goldener Käfig war, in dem er lebte. Die Gründe dafür kannte Alba: Die lange und blutige Chronik der Nasriden-Dynastie verzeichnete unzählige Aufstände, weil Brüder sich immer wieder der Macht wegen gegenseitig umbrachten. Zweifellos fürchtete auch Sultan Tariq, sein Bruder könne einen Staatsstreich anzetteln, um ihn vom Thron zu stürzen, weshalb er nicht nur seine Töchter, sondern auch Prinz Ghalib lange nach Salobreña verbannt hatte.

In jener Zeit hatte Alba gelernt, dass ihr Onkel viele verschiedene Gesichter besaß, die von einem Moment zum nächsten wechseln konnten. Doch selbst in seinen glücklichsten Stunden war bei ihm stets eine dunkle und bittere Unterströmung fühlbar, für die seine Nichte durchaus Verständnis hegte, machte der Sultan doch seinem Bruder fortlaufend Versprechungen, die er nicht hielt.

„Ich gebe dir eine eigene Burg, teurer Bruder, vertrau mir!“, schwor er einmal. Ein anderes Mal: „Eine ganze Armee werde ich dir unterstellen!“

Jedes seiner Versprechen aber hatte er gebrochen. Dem Prinzen war längst klar, dass er zu Lebzeiten Sultan Tariqs keinen Fußbreit an Freiheit gewinnen würde. Dass der jüngere Bruder eine stolze Reihe an Nachkommen aufzuweisen hatte, war ein weiterer Stachel im Fleisch des älteren.

Ghalib war zusammen mit seinen Nichten von Salobreña nach der Alhambra geführt worden, wo alle seither inmitten verschwenderischen Prunks lebten; die Freiheit aber blieb ihnen verwehrt.

Als der Säugling Atem schöpfen musste, bevor er weiterschreien konnte, trat Alba durch den samtverhangenen Durchgang in ein Zimmer, wo das beruhigende Summen der Frau, die das kleine Wesen auf ihren Armen wiegte, sie in die Zeit ihrer Kindheit zurückversetzte. Die Erinnerung an ihre Mutter, die Königin, fuhr der Prinzessin als ein spitzer Schmerz durchs Herz, denn aus der Stimme der Frau sprach die gleiche mütterliche Liebe, und ihre sanft gurrenden Laute waren das Schönste, das Alba seit einer halben Ewigkeit zu hören bekam.

Die junge Frau, die mit dem kleinen Wesen auf einem Diwan lag, schien nicht älter als die Prinzessin zu sein. Sie lächelte entschuldigend. „Hat meine Tochter Euch geweckt? Ich bitte tausendmal um Verzeihung.“

Das ist also meine Cousine. Näher tretend konnte Alba den Blick nicht von dem Kind abwenden, welches ihr, plötzlich still, wie fasziniert entgegenblickte. Das Gesichtchen noch von der Anstrengung des Schreiens gerötet, ballte es die kleinen rundlichen Fäuste.

Der Prinzessin zog sich vor Liebe das Herz zusammen. „Was für ein vollkommenes kleines Geschöpf.“ Damit schlug sie den Schleier zurück, denn diese Gemächer würde kein männliches Wesen, den Herrn des Hauses ausgenommen, je betreten.

Mit wachsamem Blick musterte die Frau Albas Gesicht. „Ich habe Euch noch nie gesehen.“

„Ich weiß.“

„Darf ich fragen, wer Ihr seid?“ Damit setzte sie sich mit dem Kind an der Brust auf.

Alba, die ihren spanischen Vornamen außerhalb des eigenen Gemachs nie verwandte, nannte ihren maurischen. „Ich bin die Prinzessin Zoraida.“

Wie von der Tarantel gestochen schnellte die Konkubine Prinz Ghalibs in die Höhe und verneigte sich. „Prinzessin Zoraida!“, sprach sie ehrfürchtig. Das Kind in ihren Armen zappelte.

„Ich bitte Euch“, wandte Alba ein, „das müsst Ihr doch nicht.“

Die junge Frau schluckte und musterte ihr Gegenüber mit gequältem Blick. „Doch, das muss ich. Prinzessin Zoraida ist die Mittlere der Drillinge, wenn ich nicht irre?“

„So ist es.“

Inzwischen brach der Morgen an, und mattes Tageslicht drang ins Zimmer. Mit angespannter Miene blickte die junge Mutter an Alba vorbei auf den Vorhang. „Wo sind denn Eure Schwestern, Herrin?“

„Die schlafen noch. Ihr könnt ganz ruhig sein.“

Verzagt biss die Konkubine des Prinzen sich auf die Lippe. „Herrin, sicher wird der Sultan, möge Gott ihm ewiges Leben bescheren, Euch nicht bestrafen, weil Ihr den Harem seines Bruders besucht …“

Alba verstand ihre Befürchtungen und schenkte ihr einen wohlwollenden Blick. „Ich lasse kein Wort darüber verlauten, dass ich hier war.“

Doch war die junge Frau nicht gänzlich beruhigt. „Ich danke Euch, Herrin“, hauchte sie mit Angst in der Stimme.

Alba setzte ihre Lampe auf einem Mauervorsprung ab und streckte die Arme nach dem Kind aus, das über ihrem Anblick ganz das Weinen vergessen hatte.

„Darf ich die Kleine einmal halten?“

Zuerst stutzte die Angesprochene, dann aber breitete sich ein frohes Lächeln über ihre hübschen Gesichtszüge. „Natürlich, Herrin. Für gewöhnlich ist Yamina ein gutes Kind; ich weiß gar nicht, was heute früh in sie gefahren ist.“

Sie gab Alba den Säugling. Dieses warme, atmende Bündel, zu halten weckte in ihr ein Gefühl, das sie nicht hätte benennen können. Denn sie fühlte sich dem Kind auf ihrem Arm wie schmerzlich verbunden, als habe sie ein fehlendes Stück ihrer selbst zurückerhalten.

„Ihr Name ist wirklich schön.“

Und so stahl Yamina, die sich warm an sie schmiegte, sich ins Herz der Prinzessin. Mit dieser seiner unschuldigen Wärme beseelte das Kind sie, wie all die Jahre nichts sie hatte beglücken können. Nie zuvor hatte sie Ähnliches empfunden; es war ein tiefes Sehnen, mit großer Freude gepaart. Von der Kleinen bezaubert, verschmolzen all die uneingestandenen Kümmernisse Albas zu einer einzigen Bestrebung, indem sie zu entdecken meinte, dass der Sinn ihres Lebens in einem Kind begründet lag.

Nun verstand sie, woher es kommen mochte, dass sie seit Monaten in einer ruhelosen und betrübten Stimmung feststeckte. Weil die Liebe ihrer früh verstorbenen Mutter ihr im Inneren fehlte, sehnte sie sich danach, eine solch hingebungsvolle Liebe selbst jemandem geben zu können.

Wie in Trance wiegte Alba die Kleine hin und her, streichelte sanft ihr Gesicht und staunte, wie weich und glatt sich ihre Haut anfühlte. Yamina war so herzig und zutraulich, dass Alba die Kehle eng wurde und sie schlucken musste. „Meine kleine Cousine“, murmelte sie mit Rührung in der Stimme.

Mit ihren dunklen Augen beobachtete die junge Mutter Alba wachsam. „Ihr Leben wird sich von dem Euren unterscheiden, Herrin, denn sie ist keine Prinzessin. Meine Tochter wird von Glück reden können, wenn man sie überhaupt im Palast behält. Ich danke Gott, dass sie ein Mädchen ist.“

„Wie meint Ihr das?“

„Wer kann schon sagen, was einem Sohn Prinz Ghalibs einmal zustößt? Männliche Konkurrenz bei der Thronfolge hat schon viele Jünglinge das Leben gekostet. Für Yamina wird man später hoffentlich eine Aufgabe finden, sodass sie im Palast bleiben kann. Vielleicht wird sie Euch aufwarten, wenn sie alt genug ist.“

Entgeistert starrte Alba sie an. Nie hätte sie gedacht, dass ihre eigene Cousine einmal als Zofe enden konnte. Bedachte sie es aber recht, erschien das Leben ihr ohnehin als eine heikle Angelegenheit voller unvorhersehbarer Wendungen, weshalb das Schicksal Yaminas, wie das jedes Menschen, in Gottes Hand liegen mochte.

Ihr war natürlich bekannt, dass den niedrigen Dienerinnen nicht selten schlechte Behandlung zuteilwurde. Zwar hatte sie die körperliche Züchtigung einer Dienerin noch nie miterlebt, doch geschah so etwas häufig. Ihr Vater, der für seine Launen gefürchtet wurde, war ein strenger Zuchtmeister. Erst kürzlich hatte Alba selbst erfahren, zu was er fähig war.

Während der Reise hoch zu Ross, welche seine Töchter von Salobreña zu ihrem neuen Wohnsitz in der Alhambra führte, hatte sich ein Zwischenfall ereignet, währenddessen der Sultan um ein Haar drei spanische Adlige getötet hätte, die zusammen mit anderen Gefangenen ebenfalls nach Granada überführt wurden. Die Ritter wurden nach einem verlorenen Grenzscharmützel zwischen den Königreichen Kastilien und Al-Andalus von Sultan Tariq festgehalten, um Lösegelder von ihren Familien zu erpressen; und weil sie des Arabischen nicht mächtig und mit den Sitten des Landes nicht vertraut waren, kannten sie das scharfe Verbot nicht, durch welches jedem Sterblichen der Blick auf die Prinzessinnen verwehrt war.

Sultan Tariq entrüstete sich dermaßen über die vermeintliche Anmaßung der Ritter, dass er sie beinahe auf der Stelle exekutiert hätte. Nur weil Alba und ihre Schwestern für sie um Gnade gebeten hatten, waren sie mit dem Leben davongekommen.

„Ich nehme an, das Schicksal Eurer Tochter liegt ganz in den Händen ihres Vaters?“, fragte sie wie nebenbei.

„Ja, Herrin. Prinz Ghalib, möge er lange leben, entscheidet über ihr Leben.“

Mit traurigem Blick versetzte Alba: „Dann gibt es wenig Unterschied zu meinem Dasein, denn auch ich habe meinem Vater in allem zu gehorchen.“

Als die Miene ihres Gegenübers daraufhin jeden Ausdruck verlor, wurde die Prinzessin von Scham befallen, konnte sie doch nicht leugnen, dass sie als Tochter der Königin Privilegien genoss, während das Leben der Konkubine Prinz Ghalibs selbst nach einer Mutterschaft bedeutend unsicherer als das ihre blieb.

„Männer können wohl recht hartherzig sein“, versuchte sie, die Situation zu retten. „Sie scheint wenig mehr zu kümmern als ihr eigenes Vergnügen, Kriege und Eroberungen.“

Die junge Frau warf einen nervösen Blick über ihre Schulter. „Herrin, bitte sprecht nicht so!“ Mit zitternden Fingern umklammerte sie ihren silbernen Armreif. „Prinz Ghalib, möge er für immer gesegnet sein, ist ein großzügiger Herr. Er bringt Geschenke und kleidet meine Tochter in feinstes Linnen.“

Darauf schwieg Alba. Auch ihr Vater überhäufte seine Töchter mit allerlei Gaben, doch meinte sie ihn durchschaut zu haben. Feines Räucherwerk aus dem fernen Orient, kostbare Seide aus Byzanz und arabisches Silber waren kein Ausdruck seiner Liebe, sondern sollten die Prinzessinnen bei den seltenen Treffen mit ihm umgänglich und heiter stimmen. Was echte Liebe bedeutete, wusste er nicht.

Während sie kurz überlegte, ob sie überhaupt noch im Palast leben würde, wenn Yamina erwachsen wäre, schürzte sie unwillig die Lippen. Denn es war dem Sultan offenkundig kein Anliegen, eheliche Verbindungen für seine Töchter zu knüpfen. Alba aber hatte genug vom Palastleben mit seinen nie enden wollenden Intrigen, und auch die ständige Vorsicht, nicht etwa einen der legendären Zornesausbrüche ihres Vaters auszulösen, hatte sie satt. Inzwischen war sie heimlich entschlossen, bei der ersten Gelegenheit die Flucht zu ergreifen, damit sie nicht als alte Jungfer im roten Prinzessinnenturm der Alhambra endete.

Ein letztes Mal drückte sie ihre kleine Cousine an sich und streichelte mit wehem Herzen liebevoll ihre stämmigen Beinchen.

„Eine wundervolle Tochter habt Ihr“, sagte sie freundlich. „Ihr seid wahrlich gesegnet.“

„Seid bedankt, Herrin.“

Langsam erwachte der Harem um sie herum zum täglichen Leben, und ganz in der Nähe hörte man eine Frau lachen.

„Ich sollte nun besser gehen“, murmelte Alba.

„Das wäre klug von Euch, Herrin.“

Als Alba der Konkubine ihres Onkels das Kind zurückreichte, entspannte die besorgte Miene der jungen Mutter sich in einem Ausdruck hingebungsvoller Liebe. Alba kam die Erkenntnis, dass Männer eine solch tiefe Liebe einfach nicht kannten. Vielleicht hatten sie sie auch gar nicht nötig. Sie selbst jedoch brauchte Liebe wie die Luft zum Atmen, und das kleine Kind hatte ihr im Handumdrehen offenbart, wie bitterlich sie ihr fehlte.

Dass so viele Frauen auf dem Palastgelände in Harems lebten, warf ihrer Meinung nach kein gutes Licht auf die Liebe, die nach ihrem Gefühl zwischen Männern und Frauen bestehen sollte.

Sie fragte sich, wie viele Konkubinen ihr Vater wohl unterhielt und wie lange er ihre Mutter einst betrauert haben mochte. Niemand wusste, ob er sie einen Monat, eine Woche oder nur einen Tag beweint hatte. Dass seiner Tochter nun ausgerechnet im Harem seines Bruders die reine Liebe vor Augen geführt worden war, besaß durchaus etwas Kurioses. Ausgerechnet hier hatte Alba erkannt, dass es kein stärkeres Band geben konnte als das, welches zwischen Mutter und Kind bestand.

Leises Gemurmel waberte durch den Vorhang, und man hörte, wie irgendwo mit lautem Platschen Wasser ausgegossen wurde. Bevor jeden Moment jemand hereinplatzen konnte, zog Alba sich den Schleier vors Gesicht. „Ist der Harem meines Vaters ganz in der Nähe?“ war ihre letzte Frage.

Überrascht hob die junge Frau die Augenbrauen. „Tatsächlich, Herrin. Der Harem des Sultans befindet sich am anderen Ende des Fußwegs, der Euch herführte.“

„War er bereits zu Zeiten meiner Mutter in demselben Haus angesiedelt?“ Unter ihrem Gewand ballte Alba ergrimmt die Fäuste.

Die Konkubine des Prinzen blinzelte vor Verwirrung. „Ich weiß es nicht sicher, doch haben Generationen von Sultanen ihren Harem dort unterhalten.“

„Nun gut. Ich danke Euch dafür, dass ich Eure Tochter halten durfte, und wünsche einen guten Tag.“

„Lebt wohl, Herrin, Gottes Segen auf Euer Haupt!“

„Und auf das Eure.“

Es wurde Zeit, sich schleunigst zu entfernen, denn sollte Alba erkannt werden, würde es Fragen hageln. Rasch schlüpfte sie aus dem Zimmer und verließ das Gebäude.

Draußen blickte sie zu dem inzwischen blassblauen, rosagefleckten Himmel empor, vor dem der Prinzessinnenturm monolithisch aufragte. Es war ein imposanter Bau, der nah an den Außenmauern lag, aber weit von den Gemächern des Sultans, der seine Töchter vom Palastleben fernzuhalten wünschte.

Aus diesem Blickwinkel erschien Alba der rote Turm, den die Strahlen der Morgensonne warm überhauchten, wie eine uneinnehmbare Festung, und es überlief sie kalt, während sie auf dem Rückweg den Orangenhain durchquerte.

Es war durchaus denkbar, dass ihr Vater, der jede Entscheidung ausschließlich aus eigenen Motiven traf, ohne an die Gefühle anderer zu denken, längst beschlossen hatte, seine Töchter in diesem Turm alt und grau werden zu lassen. Wie er einst mit der Mutter der Prinzessinnen verfahren war, konnte als lebhaftes Beispiel dienen.

Diese war im benachbarten Königreich Kastilien aufgewachsen und zu ihrem Unglück von einem Soldatentrupp des Sultans geraubt worden. Man berichtete sich von ihrer unerhörten Schönheit, die den Sultan mit Leidenschaft erfüllte, sobald sie ihm vor Augen kam.

Doch glaubte Alba nicht, dass er seine Gefangene, die er letztlich zu seiner Königin machte, wirklich geliebt hatte. Das, was Sultan Tariq unter Liebe verstand, hatte stets mit dem Streben nach Machtentfaltung und Besitz zu tun.

Vielmehr war sie sicher, dass ihre Mutter sich vor Sehnsucht nach ihrer Heimat derart verzehrt hatte, dass sie starb, als ihre Töchter erst drei Jahre alt waren. Deswegen machte Alba ihren Vater für ihren frühen Tod verantwortlich.

Inzwischen hatten die Töchter der Königin das heiratsfähige Alter erreicht, ohne dass der Sultan etwaige Eheschließungen auch nur einmal erwähnt hatte. Gab es aber keine Hochzeiten für die Prinzessinnen, bedeutete das Kinderlosigkeit und ein sinnentleertes Dasein.

Alba hätte ihrem Vater, den sie als gefühlskalt und herzlos einstufte, ohnehin keine glückliche Hand bei der Wahl eines möglichen Gatten zugetraut. Dazu durften die Prinzessinnen keine Männer treffen, sodass niemand ihr hätte beweisen können, dass auch Angehörige des starken Geschlechts Herz zu besitzen vermochten.

Sie überlegte weiter. Eine Stellung als Konkubine, die jeder anderen Frau eine Zuflucht hätte bieten können, verbot sich für eine Prinzessin von vornherein. Dazu war nicht ermutigend, was sie über die Welt außerhalb des Palastes erfahren hatte.

Ständig gab es Grenzkonflikte zwischen den Königreichen, während derer die beteiligten Kämpfer sich als streitlustig, machthungrig und geldgierig erwiesen. Ehebündnisse wurden aus politischen Gründen geschlossen; Liebe stand ganz unten auf der Werteskala.

Plötzlich stolperte sie über einen Pflasterstein, und als sie sich gerade noch rechtzeitig fing, kam ihr unverhofft eine Eingebung. Um ein Kind zu empfangen, brauchte sie nicht zu heiraten. Sie musste es lediglich schaffen, ihrem Vater zu entkommen und einem passenden Mann zu begegnen.

Schließlich besaß sie Schmuck im Überfluss und hatte es nicht nötig, sich zu binden. Ihrem Kind würde es an nichts fehlen; es wäre frei und mit mütterlicher Liebe gesegnet, die Alba als das Wichtigste im Leben eines Menschen erachtete.

Mit Blick auf den Turm, in dem ihre Schwestern noch im Schlummer lagen, seufzte sie auf und fragte sich beklommen, ob sie diese wohl davon überzeugen konnte, gemeinsam mit ihr die Flucht aus dem goldenen Käfig zu wagen.

Sie stellte sich vor, zusammen mit ihnen irgendwo im Königreich Kastilien, der Heimat ihrer Mutter, einen Haushalt zu führen. Dort würde Alba nach einem Mann Ausschau halten, der gut und auch stattlich genug war, um als Vater eines schönen Kindes infrage zu kommen. War sie erst schwanger, würde sie ihn in Frieden entlassen, denn ein Edelmann von Ehre würde sich ihr nicht aufdrängen. Vielleicht ein Ritter …

Im Geiste sah sie das Bild eines Spaniers mit grauen Augen, den ihr Vater auf der Straße nach Granada beinahe niedergemacht hatte. So selten sie ihm, den sie stets nur von Weitem sah, auch begegnet war, ging er ihr doch nicht aus dem Sinn. Beim ersten Mal war er hinkend von einem Gefangenenschiff heruntergekommen, nachdem er bei einem Grenzkonflikt von den maurischen Truppen am Bein verwundet und überwältigt worden war. Aufgrund seiner Beinverletzung war er kaum bei Bewusstsein gewesen und von seinen Kameraden gestützt worden.

Auf dem Weg zur Alhambra dann hatte sie ihn zum zweiten Mal gesehen. Schon damals hatte sie Gott gedankt, dass er ihn die grauenvollen Haftbedingungen hatte überleben lassen, die ihr Vater seinen Geiseln zumutete. Zwar hatte die grüne Tunika des Spaniers stark gelitten, doch war er noch im Besitz seines goldenen Rings gewesen und hatte damit seinen Status beweisen und sich legitimieren können.

Als dann ein Wirbelwind die Straße entlanggerast war, der die Schleier der Prinzessinnen von ihren Gesichtern hob, hatte er seinen neugierigen Blick bewundernd auf ihr ruhen lassen. Der Mann war von ihrem Anblick sichtlich angetan gewesen, was er offen gezeigt hatte. Am besten aber gefiel ihr, dass sie nicht das leiseste Anzeichen von Herrschsucht in seinen Augen ausgemacht hatte.

Dann war er tapfer stehen geblieben, statt sich – wie die gesamte Dienerschaft – vor dem Sultan in den Staub zu werfen, der einem Rachedämon gleich das gezogene Schwert über seinem Haupte schwang, bis die Prinzessinnen ihren Vater besänftigt hatten.

Alba zog in Betracht, dass sie in ihrer Unerfahrenheit vielleicht zu viel in dem Mann zu sehen meinte. Doch das durch ihre Schönheit hervorgerufene Glitzern in seinen grauen Augen hatte ihr Mut gemacht, an ihren Träumen festzuhalten. Der Spanier wirkte auf sie, als achte und liebe er die Frauen, und sie war sicher, dass er oft genug auf Gegenliebe stieß.

Sollte also im Palast ihres Vaters nichts als ein eintöniges Leben in Abgeschlossenheit auf sie warten, wollte sie versuchen, mit ihren Schwestern ins Herkunftsland ihrer Mutter zu fliehen. Einen Plan dafür aber hatte sie noch nicht gefasst.

2. KAPITEL

Eine Straße in der Innenstadt von Granada im Königreich Al-Andalus

Der Abend war noch sehr warm, und viele Motten flatterten um die drei Laternen über dem Eingang zum Badehaus.

„Hier muss es sein“, murmelte Inigo Sánchez, Conde zu Sevilla, seinem Knappen Guillen zu.

„Es scheint so, Herr.“

Das Badehaus „Zu den drei Laternen“ war bei Kaufleuten aus aller Herren Länder beliebt, sodass der Conde zu Recht hoffte, das Erscheinen eines Spaniers mit seinem Diener errege nicht zu viel Aufsehen. Es war wichtig, hier in der Hauptstadt des Emirats jeglichem Ärger aus dem Weg zu gehen, denn endlich stand er kurz vor der ersehnten Heimkehr nach Kastilien.

Früher am Tag hatte man ihn aus den Verliesen der Roten Türme der Alhambra freigelassen, weil ein stattliches Lösegeld für ihn eingegangen war. Seine Familie hatte ihn, den Herrn über beträchtliche Ländereien, freigekauft, doch fühlte er sich nicht sicher, solange er sich noch auf dem Territorium von Al-Andalus befand. Erst in Kastilien, außerhalb der Reichweite des Sultans, würde er Ruhe finden. Deshalb wollte er gleich am nächsten Morgen nach Hause reiten.

„Trägst du die Bescheinigung über das uns zustehende freie Geleit bei dir, Junge?“, fragte Inigo.

Zufrieden klopfte Guillen auf seine lederne Satteltasche. „Hier drin steckt sie, Herr.“

„Und dir wurde versichert, dass wir heute Abend unbehelligt Granada erkunden dürfen?“

Noch war der Sultanspalast nur einen Katzensprung entfernt, und sollte es zu irgendwelchen Feindseligkeiten mit den ansässigen Mauren kommen, obwohl Inigo jeden weiteren Konflikt mit der Obrigkeit scheute, sicherte das Schreiben den Spaniern ihre Freiheit zu.

„So ist es, Herr. Bis zum morgigen Mittag dürfen wir uns frei in Granada bewegen.“

Durch die Ritzen der hölzernen Fensterläden des Badehauses drang helles Lampenlicht, und man hörte das Geräusch ausgegossenen Wassers aus dem Inneren des Hauses. In der Luft lag ein schwacher Duft nach Mandelöl, der Inigo fast magisch anzog, denn nach den langen Monaten in Kerkerhaft juckte ihm die Haut und verlangte nach Pflege. An den letzten Resten seiner verdreckten Tunika ruckend verzog er widerwillig das Gesicht. „Ich stinke bis zum Himmel.“

Guillen schwieg fein dazu, erlaubte sich aber ein zustimmendes Grinsen.

„Ist es so schlimm?“, fragte sein Herr mit hochgezogenen Augenbrauen und stieg vom Pferd.

„Ihr habt wie immer recht, Herr.“

„Undankbarer Schurke! Reich mir das Geleitschreiben; ich will es nicht aus den Augen lassen.“

Darauf schnürte der Knappe die Satteltasche auf, zog eine Schriftrolle heraus und reichte sie seinem Gebieter.

„Sei bedankt. Versorge zuerst die Pferde und komm dann zurück, denn du sollst mir beim Bade aufwarten.“

Anschließend pochte der Conde an die Pforte, die sich von selbst zu öffnen schien. Nach Durchqueren eines aufwendig gekachelten Eingangsbereichs erreichte er einen kleinen, mit Lampen bestückten Innenhof, wo sich zeigte, dass das Badehaus weitaus größer war, als es von der Straße aus gewirkt hatte. In mehrere Richtungen gingen Bogengänge ab, und über allem lag der Duft nach Lorbeer, Salbei und Rosen.

Aus dem leisen Summen, das von gedämpften Stimmen herrührte, die durch etliche Oberlichter auf den Hof drangen, löste sich das Geräusch kaum wahrnehmbarer Schritte, worauf ein Knabe vor dem Spanier erschien und sich formvollendet verbeugte.

„Verzeiht, ich bin des Arabischen nicht mächtig“, entschuldigte der Ritter sich, der, in der Befürchtung, seine ungepflegte Erscheinung könne zu falschen Schlüssen führen, sofort seinen Geldbeutel hervorzog und diesem eine Handvoll Silbermünzen entnahm. „Ich bin Inigo Sánchez, Conde zu Sevilla. Verstehst du meine Sprache?“

„Das tue ich, hoher Herr.“

„Das erleichtert vieles. Ich möchte umgehend baden und rasiert werden. Wie heißt du?“

„Ich bin Mo“, antwortete der Knabe lächelnd. „Seid willkommen in unserem Hause.“

Auf der anderen Seite des Hofs schwang eine Tür auf, aus der Don Enrique von Murcia in den Lichtkegel einer Lampe trat.

Nur mit Mühe unterdrückte Inigo einen Fluch. Diesen Mann hatte er zu seinem Leidwesen als Mitgefangenen in den Roten Türmen ertragen müssen; hier und jetzt war er der Letzte, dem zu begegnen er begehrte.

Deshalb hätte er sich am liebsten, so dringend es ihn auch nach einem Bad und sauberer Kleidung verlangte, auf der Ferse umgedreht und das Weite gesucht. Die Situation entbehrte nicht der Peinlichkeit, denn Enrique war der Cousin des Conde Rodrigo Alvarez, Inigos bestem Freund. Das hätte zugunsten des Murcianers sprechen sollen, doch hatte der mit seiner Vermessenheit den bewaffneten Grenzkonflikt ausgelöst, währenddessen Rodrigos jüngerer Bruder gefallen war. Hätte Enrique sich nicht kopflos in den Kampf gestürzt, wäre Diego, der ihm folgte, nicht gestorben; und auch Rodrigo und Inigo, die versucht hatten, die beiden herauszuhauen, wären von den Mauren nicht gefangen genommen worden. So war also nicht nur der Tod Diegos, sondern auch die Gefangennahme und Kerkerhaft der beiden Freunde Rodrigos Cousin zur Last zu legen.

„Schau an, Enrique“, sprach Inigo, indem er verbarg, welcher Grimm ihn befiel. „Dich hätte ich hier nicht erwartet.“

Der Angesprochene, der sich mit einem ledernen Weinschlauch in der Hand unter einem Bogendurchgang aufstellte, schwankte merklich. Nach solch kurzer Zeit in Freiheit bereits derart betrunken zu sein stellte selbst für ihn einen neuen Rekord dar. Und er trank weiter.

„Dieser Wein war nicht schlecht“, sagte er, während er das Behältnis achtlos zur Seite warf und anschließend Mo mit trübem Blick fixierte. „Du da, bring mir neuen.“

„Sofort, hoher Herr.“ Mo klatschte einmal in die Hände, worauf ein zweiter Knabe erschien und ausgesandt wurde, um für Nachschub des begehrten Getränks zu sorgen. Mo wandte sich wieder Inigo zu. „Wünscht Ihr eine Einzelkabine, hoher Herr?“

„Ja bitte“, war die Antwort. „Mein Knappe, der noch die Pferde versorgt, wird mir dann aufwarten.“

Daraufhin wurde er in einen lampenhellen Raum mit weißem Marmorboden geführt, welcher ihm nach seiner Kerkerhaft als das reinste Paradies erschien. Hocherfreut ließ er den Blick über eine Marmorwanne mit niedrigem Rand und einen großen, von einem sprudelnden Wasserspeier gespeisten Becken gleiten, die durch eine Reihe Rundbögen und rote Marmorsäulen voneinander getrennt waren. Marmorne Stufen führten in das größere Becken hinab, dessen reines Wasser im Laternenlicht blau schimmerte, während die Fliesen an den Wänden, die eine hochgewölbte, sternenverzierte Decke trugen, von der warmen Farbe gebrannter Umbra aus Zypern waren. An einer Längsseite stand eine bequem aussehende Holzliege, und es gab Öffnungen zur Belüftung, die dem Raum tagsüber offenbar gleichzeitig Licht spendeten.

Dieses Badezimmer wäre eines Prinzen würdig gewesen.

Als Inigo sich anschickte, sich seine zu schmutzigen Lumpen verkommenen Kleidungsstücke vom Leib zu schälen, hoffte er aus tiefstem Herzen, Enrique habe verstanden, dass seine Gesellschaft nicht erwünscht war.

Den schlimmsten Dreck spülte er sich in der ersten flachen Wanne ab, bevor er sich in das nach Salbei duftende warme Wasser des großen Beckens gleiten ließ. Langsam und mit geschlossenen Augen bewegte er sein verletztes Bein und fühlte sich geradezu in den Himmel versetzt, als ein Luftzug vom Eintreten einer weiteren Person kündete. In der Hoffnung, es sei Guillen, blickte er zur Tür.

Doch war es Enrique, der sich ihm am Beckenrand zugesellte. „Kommt Rodrigo auch hierher?“, wollte er wissen.

„Keine Ahnung“, versetzte Inigo. „Ich bin nicht in seine Pläne eingeweiht.“

Was schlicht gelogen war. In Wahrheit erwartete er, seinen Freund etwas später zu sehen, den es ebenfalls hart angekommen war, über Monate die Gesellschaft Enriques ertragen zu müssen, welcher durch seinen Leichtsinn den Tod Diegos verursacht hatte.

Auch im Interesse eines Burgfriedens zwischen den beiden Cousins hielt Inigo es für das Beste, Enrique rechtzeitig loszuwerden.

Dieser aber stapfte grunzend zu der hölzernen Liege und ließ sich schwer ächzend darauf nieder. Dabei hielt er eine neue, diesmal gläserne Weinflasche in Händen, mit deren Korken er herumzuspielen begann.

Probeweise stemmte Inigo sein Bein gegen den Beckenrand. Während des Gefechts, in dem er um Diegos Leben gekämpft hatte, war es von einem Mauren aufgeschlitzt worden, und obwohl die Wunde sauber verheilt war, verursachte sie von Zeit zu Zeit noch Schmerzen.

„Sie haben Frauen hier“, teilte Enrique ihm im Plauderton mit. „Sicher sind sie dir gern zu Willen.“

Inigo räusperte sich ungehalten. „Kein Interesse, Enrique. Vergiss nicht, dass ich bald heirate.“

Der andere kräuselte spöttisch die Oberlippe. „Seit Jahren bist du schon verlobt! Das hat dich früher auch nicht abgehalten, dir Lust zu verschaffen.“

„Inzwischen haben Doña Margarita und ich eine Abmachung miteinander.“

„Weiß sie etwa von deinen Tändeleien?“

„Ich weihte sie tatsächlich ein; und weil wir bald verheiratet sind, höre ich mit so etwas auf.“

„Du willst ihr nach der Hochzeit wirklich die Treue halten?“, fragte Enrique ungläubig.

„Selbstredend.“

„Aber warum, zum Teufel? Du machst dir doch nicht wirklich etwas aus ihr!“

Natürlich wusste Inigo selbst am besten, wie unterkühlt die Beziehung mit seiner Verlobten sich gestaltete. Doña Margarita Marchena de Carmona war von frostiger Natur, doch hatte er sie aus ebendiesem Grund erwählt. Er wollte eine Gattin, die ihn nicht mit Gefühlsausbrüchen belästigte, und als Gegenleistung für einen ungetrübten Hausfrieden würde er einen treuen Ehemann abgeben.

„Ich werde meine Gemahlin nicht entehren, indem ich Ehebruch begehe.“

„Ich staune, dass du das sagen kannst, ohne rot zu werden! Du bist doch der größte Weiberheld, den ich kenne!“

Inigo hätte nicht in Abrede gestellt, dass er die Frauen liebte. Von dem emotionalen Ballast aber, den sie seiner Meinung nach meist im Gepäck mit sich führten, hatte er seine Amouren gern frei gehalten.

„Amouröse Abenteuer sind für mich nach der Hochzeit vorbei; sie sind den Ärger nicht wert.“

Ein boshaftes Lächeln umspielte Enriques Mund, während er Inigo mit trägem Blick beobachtete. „Du brauchst nur einen Finger krummzumachen und eins der Mädchen hier wird dir den letzten Tropfen aus dem Leib saugen. Nutze deine Freiheit, solange du sie noch hast!“

„Gleich wird Guillen von den Pferden zurück sein und mir aufwarten.“ Enrique zum Teufel wünschend tauchte Inigo unter Wasser.

In ganz Kastilien eilte Enrique ein schlechter Ruf voraus, denn im Umgang mit Frauen sagte man ihm eine sadistische Ader nach. Zwar waren es nur Gerüchte, doch in Anbetracht der brutalen Heftigkeit, die er im Schwertkampf an den Tag legte, mochten sie stimmen.

Erneut nahm der Murcianer einen tiefen Zug aus der Flasche, wischte sich mit dem Ärmel über den Mund und gönnte Inigo ein widerwärtiges Lächeln. „Seit Jahren schon bin ich verheiratet, doch hat mich dieser Umstand nie von den echten Freuden des Lebens abgehalten.“

„Will heißen?“ Inigo unterdrückte ein Gähnen.

„Im Vertrauen gesagt, spare ich mir heute nur meine Manneskraft für später auf.“

Inigo wurde von einer bösen Ahnung ergriffen. „Was meinst du damit?“

„Ich will Rache an Sultan Tariq nehmen.“

Fast hätte Inigo laut aufgelacht. „Ach, wie denn?“, fragte er jedoch mit unbewegter Miene.

Hinter den unüberwindlichen Mauern seines Palastes, geschützt von zahllosen Soldaten, war der Sultan gegen jede Gefahr von außen gefeit. Es brauchte mehr als einen einzelnen Rittersmann, um auch nur eine Kerbe in der Rüstung des maurischen Herrschers zu hinterlassen. Ging es darum, den Sultan zu attackieren, machte Enrique sich mit dem Gesagten lächerlich.

„Den Tag, an dem er mich zur Zwangsarbeit verdonnerte, wird er noch verfluchen.“ Enriques Augen begannen böse zu glitzern, bevor ein bitterer Wortschwall folgte. „Er sei verdammt, Inigo! Schließlich bin ich ein Edelmann. Lösegeld zu erheben ist im Krieg gebräuchlich; doch indem er uns Steine klopfen ließ, trat er den Ritterkodex mit Füßen. Er ist nichts als ein Barbar, den ich verachte.“

Inigo überwand sich dazu, beruhigend auf ihn einzureden. „Ich finde eigentlich, wir konnten noch von Glück reden. Wir bekamen die drei Prinzessinnen zu Gesicht, was nicht viele von sich behaupten können, und haben ihnen sogar am Fuße ihres Turms ein Ständchen dargebracht.“

Wieder nahm Enrique einen Schluck aus der Flasche. „Der Teufel selbst steckte in den Weibern! Sie sollten uns in Versuchung führen.“

„Sultan Tariq konnte keinesfalls Kenntnis von unseren Begegnungen haben.“

„Ich aber sage, dass der Elende alles wusste und seine Töchter auf uns ansetzte.“

„Lieber Himmel, Enrique! Es war doch eine vergnügliche Abwechslung, als sie uns aus Mitleid mit gutem Essen versorgten. Ich bin ganz sicher, ihr Vater hatte keine Ahnung.“

„Lüg dir nur weiter selbst in die Tasche! Ich weiß es besser. Er wollte uns in den Wahnsinn treiben. Inigo, für all diese Beleidigungen werde ich mich mithilfe der Sultanstöchter rächen.“

„Was hast du vor?“

„Ich reite zur Alhambra zurück und entführe sie.“

Sprachlos starrte Inigo, der jetzt sicher glaubte, es mit einem Verrückten zu tun zu haben, ihn an.

„Du beliebst zu scherzen!“, stieß er dann hervor.

Sein Gegenüber grinste triumphierend. „Von wegen! Es ist alles mit ihrer Gesellschafterin abgesprochen, die wohl nichts dabei findet, ihrem Herrn in den Rücken zu fallen.“

„Wie soll ich das verstehen?“

„Zwar sollte man gemeinhin nichts auf das Wort einer Dienerin geben, da es sich aber um Rache an meiner Ehre handelt, gehe ich das Risiko ein. Inigo, diese Duenna behauptet, sie habe dafür gesorgt, dass wir den Prinzessinnen vom Fuße ihres Turms zusingen durften!“

„Halt einmal! Du widersprichst dir selbst. Eben noch sagtest du, der Sultan sei der Drahtzieher gewesen.“

Vehement wedelte Enrique mit seiner Flasche; die hölzerne Bank knarrte. „Ach, geh mir weg mit Einzelheiten! Jedenfalls vertraue ich darauf, dass die Prinzessinnen ihren Vater ähnlich verabscheuen wie wir. Deswegen wollen sie ja weglaufen! Und das treibt sie mir direkt in die Arme.“

„Wann soll das alles passieren?“

„Noch heute Nacht treffe ich sie auf dem Schluchtenweg hinter dem Palast.“ Mit kritischem Blick maß er den Weinpegel in der Flasche. „Und wisse: Dich und Rodrigo erwarten sie ebenfalls.“

„Was? Oh nein!“

„Doch, doch, sie vertrauen darauf, uns alle drei dort vorzufinden. Ihre Mutter war aus Spanien, weshalb sie damit rechnen, dass wir sie zu Verwandten nach Kastilien bringen.“ Sein Mund bekam einen harten und grausamen Zug. „Die dummen Puten! Wir werden ihnen schon zeigen, wo der Hammer hängt, nicht wahr?“

„Du hast wirklich den Verstand verloren!“ Inigo war bis ins Mark erschüttert. „Besitzt du denn gar kein Gewissen? Und musst du unbedingt in einem Hornissennest herumstochern? Die Menschen brauchen Frieden zwischen den Königreichen, und wir wollen endlich nach Hause kommen. Enrique, dein Plan ist über alle Maßen tollkühn! Bist du vielleicht lebensmüde?“

„Blödsinn.“

„Der Wein hat dir das Gehirn vernebelt! Und wo bleibt deine Dankbarkeit? Schließlich haben die Prinzessinnen uns das Leben gerettet!“

Da Enrique ihm nur einen verständnislosen Blick zuwarf, hakte Inigo nach.

„Du musst doch noch wissen, dass sie uns auf unserem langen Marsch von Salobreña nach Granada zu Hilfe eilten, als der Sultan mit gezogenem Säbel drohte, uns zu enthaupten!“

„Das ist mir einerlei. Ich will eine Prinzessin besitzen.“

„Aber warum das?“

„Weil eine Nasriden-Prinzessin zu nichts anderem taugt“, versetzte Enrique mit einer rohen und eindeutigen Handbewegung.

„Sag mir, dass du nicht bis zum Letzten entschlossen bist!“

„Du machst doch mit?“, fragte Enrique, und seine Augen begannen, unsicher zu flackern.

„Keinesfalls! Das ist Wahnsinn! Du darfst deine Wut nicht an den Prinzessinnen auslassen, die dir in aller Unschuld nichts als Gutes getan haben.“

„Unschuld, sagst du? Inigo, ist jemand verblendet, dann du! Die Geschehnisse auf der Landstraße nach Granada verstehe ich ganz anders.“

„Sprich weiter“, forderte Inigo den ungeliebten Kameraden auf, dessen Sprache immer verwaschener wurde. Ihn bis zur Besinnungslosigkeit weitertrinken zu lassen, war vielleicht die beste Lösung.

„Als der Sultan uns bedrohte, ging es seinen Töchtern nur um einen besseren Blick auf das bevorstehende Blutbad. Das sind doch alles Heiden.“

„Sie flehten den Sultan an, uns zu begnadigen! Es war offensichtlich, dass sie dabei einiges riskierten.“

„Nicht für mich.“ Taumelnd kam Enrique auf die Füße. „Die heutige Nacht jedenfalls beschert uns einen Genuss erster Güte. Zum letzten Mal: Kommst du mit?“

„Nein.“ Mit forschendem Blick stellte Inigo fest, dass der andere, der die meisten Männer unter den Tisch zu trinken vermochte, sein Limit leider noch nicht erreicht hatte.

Unvermittelt polterte Guillen herein und warf einen besorgten Blick auf Enrique, der mit der Flasche in der Hand wie festgenagelt an der Wand stand. „Hier bringe ich Euch die sauberen Kleidungsstücke, Herr.“

Gracias. Du kannst sie auf die Holzbank legen.“

Darauf torkelte Enrique zur Tür. „Mich hält es hier nicht länger. Willst du partout nicht mitmachen, sehen wir uns erst in Cordoba.“

Noch einmal bemühte Inigo sich um einen ruhigen Ton. „Lass es bleiben, Enrique.“

„Ich will aber Vergeltung üben“, lallte der Angesprochene mit glasigem Blick. „Zu schade, dass ich nicht alle drei mitnehmen kann; eine Prinzessin aber bekomme ich auf jeden Fall.“

„Ein unschuldiges Mädchen willst du ins Verderben stürzen? Wenn du schon von Ehre redest: Dein Rittereid scheint dir nicht einen Pfifferling wert zu sein! Du beschämst unseren ganzen Stand, mich eingeschlossen.“

Enrique ließ ein hässliches Lachen hören, das laut von den Wänden widerhallte. „Eine Nasridin besitzt nicht, was du Unschuld nennst! Und erst recht nicht, wenn ich mit ihr fertig bin.“

„Keine Frau verdient es, mit Gewalt genommen zu werden“, versetzte Inigo brüsk, der den anderen am liebsten erwürgt hätte. „Und wie wird deine Gattin, Doña Berengaria, die Schande ertragen?“

„Davon erfährt sie nichts.“

„Doch handelst du nicht richtig an ihr!“

Etwas Unverständliches murmelnd sackte Enrique schwerfällig gegen den Torbogen.

Inigo warf Guillen, der mit aufgerissenen Augen schockiert dem Wortwechsel lauschte, einen Blick zu und bedeutete ihm, ihm ein Handtuch zu reichen. Dann stieg er aus dem Becken.

Wie vom Blitz getroffen richtete Enrique, dem ein Gedanke gekommen war, sich kerzengerade auf. „Inigo, gib mir dein Wort, dass du meiner Ehefrau nichts verrätst!“

„Am besten lässt du den Unsinn einfach bleiben.“ Damit warf Inigo seinem Knappen das nasse Handtuch zu und begann sich anzukleiden.

„Niemals! Denn ich will mich nun mal rächen.“

Inigo, der einsah, dass er bei Enrique nicht weiterkam, griff seufzend nach seinem Schwertgürtel. Dann kam ihm der Gedanke, dass eine ordentliche Mahlzeit dem Betrunkenen ein wenig Vernunft zurückgeben mochte. „Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich bin halb verhungert. Lass uns doch gemeinsam zu Abend essen, bevor du aufbrichst.“

Mit trüben Augen fixierte Enrique ihn. „Heißt das, du lädst mich ein?“

„So ist es.“ Das war es Inigo wert. „Warte kurz, dann können wir losreiten.“

„Wo willst du speisen?“

„Ich hörte, die beste Taverne am Platze befinde sich etwa eine Meile vor den Stadtmauern.“ Sie heißt „Zum schwarzen Schaf“.

„Wie passend!“, amüsierte Enrique sich und klapperte mit dem Türriegel. „Nun gut, ich nehme an. Wir sehen uns dort.“

„Warum die Eile?“, fragte Inigo, der ihn nicht aus den Augen lassen wollte. „Erlaube mir, mich schnell fertig zu machen, dann brechen wir zusammen auf.“

Er beabsichtigte, eine Nachricht für Rodrigo zu hinterlassen, der von der neuesten Torheit seines Cousins Meldung bekommen musste. Auch sein Freund wäre sicher entsetzt von dessen Vorhaben, wusste er erst davon. Gemeinsam konnten sie ihn vielleicht daran hindern, sich den Prinzessinnen zu nähern.

Entschlossen schüttelte Enrique den Kopf. „Das Etablissement hier hängt mir langsam zum Halse heraus. Ich treffe dich in der Taverne.“

„Herrje, du kannst doch wohl warten, bis ich angezogen bin!“

Doch Enrique war schon über alle Berge.

Inigo schwante nichts Gutes. Er bat Mo, seinem Freund Rodrigo auszurichten, dass er ihn im Wirtshaus „Zum schwarzen Schaf“ erwartete, und trat dann in der Hoffnung, Enrique sei nach den Entbehrungen der Kerkerhaft tatsächlich auf ein kostenloses Abendessen versessen, auf die beleuchtete Straße.

Guillen räusperte sich verlegen. „Ihr wollt sogleich losreiten, Herr? Wolltet Ihr Euch nicht rasieren lassen?“

Bedauernd fuhr sein Gebieter sich mit der Hand durch Haar und Bart. „Das hat zu warten, weil wir eiligst zu dem Gasthaus müssen. Don Enrique dort unbeaufsichtigt zu wissen behagt mir nicht.“

„Herr, leider ist mein Pferd beim Hufschmied zum Beschlagen, weshalb ich nicht sofort aufbrechen kann.“

„Zum Teufel, Guillen, der Zeitpunkt könnte nicht ungünstiger sein. Ich hoffte, Don Enrique mit einem guten Essen von seinem Racheplan abzubringen.“

„Ich weiß, Herr, und es tut mir wirklich leid. Am besten reitet Ihr voraus, und ich folge später nach.“

Inigo schüttelte den Kopf. „Nein, mein Junge; wir besitzen nur ein Geleitschreiben und müssen zusammenbleiben.“

Er holte sein eigenes Pferd aus dem Stall und eilte mit seinem Knappen zum Schmied. Ärgerlicherweise war dieser, statt seine Arbeit zu tun, in ein Gespräch mit seinem Nachbarn vertieft, und Inigo musste ihm erst unter Einsatz eines goldenen Dinars begreiflich machen, dass Eile geboten war. Während das Pferd beschlagen wurde, versuchte Guillen sich daran, seinem Herrn den Bart zu scheren und das Haar zu schneiden, was ihm einigermaßen gelang.

Letzten Endes bestiegen sie ihre Rösser und galoppierten mit hoher Geschwindigkeit auf die Landstraße hinaus, wobei Inigo ein Stoßgebet zum Himmel sandte, Enrique möge sich im Wirtshaus bis zu ihrer Ankunft in den Schlaf getrunken haben.

Zwar blieben die Lichter der Stadt hinter ihnen zurück, doch leuchtete der Mond ihnen freundlich den Weg, der sich wie eine Bahn aus flüssigem Silber durch Orangen- und Olivenhaine wand. Das unermüdliche Zirpen der Zikaden belebte die nächtliche Stille.

Dann tauchten die Laternen des Wirtshauses vor ihnen auf. Die Pferde ließen sie bei einigen anderen Rössern in einer einfachen Koppel, die als Stall für die Gäste diente und wo ein paar alte Männer, die unter einem Baum hockten, Wache hielten.

Die Schankstube quoll förmlich über von dickbäuchigen wohlhabend wirkenden Kaufleuten in teuren Brokatgewändern, während eine Gruppe einfacher Hirten sich auf eine kleine Ecke des Raumes beschränkte. Der Lärm war ohrenbetäubend.

Enrique und sein Knappe waren nicht zu sehen, dafür trat der Wirt, ein Küchentuch um die kräftigen Hüften geschlungen, auf Arabisch grüßend auf sie zu.

„Verzeiht, doch verstehe ich Euch nicht“, antwortete Inigo, den Lärm mit seiner vollen Stimme übertönend, während der appetitliche Duft von am Spieß röstenden Hühnern ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. „Seid Ihr vielleicht des Spanischen kundig?“

Der Mann schüttelte den Kopf, wies aber zur Durchreiche hinüber, hinter der ein Knabe aus einem rußigen Kessel Gemüse in Schüsseln füllte. Dieser bemerkte den Wink und trat zu ihnen.

„Was wünscht Ihr, Herr?“

„Ich wollte hier einen befreundeten Ritter mit seinem Knappen treffen.“

„Ein kastilischer Edelmann?“ Der Junge überlegte kurz. „Sprach er womöglich dem Wein etwas zu sehr zu?“

„So könnte man es ausdrücken.“ Inigo verzog abschätzig das Gesicht.

„Sie sind abgeritten, Herr.“

„Wann war das?“

„Es ist noch nicht lange her.“

„Welche Richtung schlugen sie ein?“

„Ich hörte, sie wollten zur Alhambra.“

Autor

Carol Townend
<p>Carol Townend schreibt packende Romances, die im mittelalterlichen England und Europa spielen. Sie hat Geschichte an der Universität London studiert und liebt Recherchereisen nach Frankreich, Griechenland, Italien und in die Türkei – historische Stätten inspirieren sie. Ihr größter Traum ist, den Grundriss einer mittelalterlichen Stadt zu entdecken, die einzelnen Orte...
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