Küsse, heißer als die Glut

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Nur ein heißer Urlaubsflirt? Als Chey ihr Cottage in den Bergen mit einem sexy Fremden teilen muss, knistert die erotische Spannung bald stärker als jedes Feuer. Hemmungslos gibt sie sich Hunter hin - ohne zu ahnen, dass er ihr neuer Professor an der Uni ist …


  • Erscheinungstag 20.08.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783733719098
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Spricht da die Braut, die sich nicht traut?“

„Die Verlobte, bitte! Wir standen noch nicht vor dem Altar“, sagte Chey Rodgers und kicherte. Ihre Schwester Deanna fand das offensichtlich auch lustig, und Chey musste sie irgendwann in ihrem Gekichere unterbrechen. „Wie geht’s Mom und Dad?“, fragte sie und kuschelte sich mit dem Telefon am Ohr auf das Sofa in ihrem kleinen Wohnzimmer.

„Dad geht’s wie immer. Und Mom eigentlich auch. Immer dieselbe anstrengende alte Frau.“ Deanna lachte, hielt aber abrupt inne. „Erzähl ihr bloß nicht, dass ich das gesagt habe.“ Dann kicherte sie wieder.

Chey schüttelte lächelnd den Kopf. Es heiterte sie immer auf, mit ihrer Schwester zu telefonieren. „Ich habe sie vorhin angerufen, aber sie ist nicht rangegangen.“ Manchmal war es eine Erleichterung, wenn ihre Mutter nicht ans Telefon ging. Sie war nicht sehr froh über Cheys Entscheidung, von zu Hause wegzugehen.

„Bestimmt ist sie mit den Ladies von der Kirche unterwegs.“

Chey sah auf die Datumsanzeige ihres Laptops, der auf dem Couchtisch stand. „Stimmt, es ist Donnerstag. Ich rufe sie morgen noch mal an.“

„Sie ist immer noch ziemlich aufgewühlt. Sie begreift einfach nicht, warum du deine Verlobung gelöst hast und direkt nach New York gezogen bist. In diese ‚olle Großstadt‘, wie sie sagt.“

„Ich habe es ihr schon tausend Mal erklärt. Ihr kennt Todd nicht richtig. Ich kann ihn einfach nicht heiraten.“ Chey seufzte. „Und ich wollte schon seit Ewigkeiten mein Studium beenden. Ich weiß, dass Mom das beängstigend findet, aber es ist meine Chance. Und New York passt einfach am besten.“

Deanna schwieg am anderen Ende der Leitung. „Und wie ist New York?“, fragte sie dann. „Fühlst du dich wohl dort?“

„Bisher ist es großartig.“

„Hat Todd sich mal bei dir gemeldet?“, fragte ihre Schwester vorsichtig.

„Nein.“ Gott sei Dank.

„Dabei bist du schon seit Monaten weg.“

„Unsere Beziehung war schon vorbei, bevor ich sie offiziell beendet habe. Er ist so egozentrisch. Wahrscheinlich glaubt er, er bestraft mich, wenn er sich nicht meldet.“ Chey verdrehte die Augen, als sie an ihren manipulativen Ex dachte. Aber sie wollte nicht über Todd Coleman reden. Er war endlich Vergangenheit. „Übrigens: Ich habe mir die Haare schneiden lassen“, sagte sie und fuhr sich instinktiv durch das kurze Haar.

„Ehrlich?“ Deanna quietschte. „Wie viel ist ab?“

„Fast alles.“

„Bitte?“

„Ich habe richtig kurzes Haar!“

„Oh, mein Gott, Chey! Du musst mir sofort ein Foto schicken.“

„Das mache ich. Und ich kann es kaum erwarten, dass die Uni anfängt.“

„Wann geht’s los?“

„Ende Januar.“

„Wow. Es ist bestimmt komisch, wieder in einem Seminarraum zu sitzen und Hausarbeiten zu schreiben. Aber du hast es dir schon so lange gewünscht.“

„Es ging eben nicht. Wir hatten nun mal kein Geld, seit der Laden nicht mehr lief. Aber es war deprimierend, als all die Leute in meinem Jahrgang ihren Abschluss gemacht haben. Aber mit dem, was ich gespart habe, kann ich jetzt endlich weitermachen. Und vorher gönne ich mir einen kleinen Urlaub.“

„Den hast du dir wirklich verdient. Wohin fährst du?“

„Nach Utah, in die Nähe von Salt Lake City.“

Chey hielt den Hörer vom Ohr weg, als ihre Schwester kreischte: „Was willst du denn in Utah?“

„Ich habe da eine Hütte gebucht. Ich will Ski und Snowboard fahren, heiße Schokolade vor einem gemütlichen Kaminfeuer trinken und an dem Buch arbeiten, das ich schon seit Ewigkeiten schreiben will.“

„Chey! Ich fürchte, ich muss einen Identitätsdiebstahl anzeigen. Du bist garantiert nicht meine Schwester.“

„Und das ist erst der Anfang“, erklärte Chey.

„Das ist so toll! Ich sollte mir eine Scheibe davon abschneiden, ich könnte auch etwas Aufregung gebrauchen. Vielleicht besuche ich dich ja bald. Ich will so gern mal nach New York.“

„Mach das unbedingt.“

„Aber ich warte bis zu deinen Frühjahrsferien“, sagte Deanna. „Sonst ist es mir zu kalt dort. Oh, und ich muss auflegen, Schwesterherz. Ich habe gleich eine Telefonkonferenz. Ruf morgen wieder an, ja? Hab dich lieb.“ Deanna hatte aufgelegt, bevor Chey sich verabschieden konnte.

Seit Deanna als Datenanalystin von zu Hause aus arbeitete, achtete sie sehr darauf, dass man sie für eine fleißige Angestellte hielt. Obwohl sie oft vom Laden ihrer Eltern aus arbeitete, antwortete sie immer sofort auf E-Mails oder Anrufe, damit ihre Chefs sich gar nicht erst fragen konnten, wo sie war. Da der Familienbetrieb nicht allzu viel abwarf, brauchte sie den Job.

Chey legte das Telefon auf den Couchtisch und ging zum Spiegel neben der Tür. Sie drehte den Kopf, betrachtete ihre neue Frisur und fuhr sich noch einmal mit den Fingern durchs Haar. Als sie der Friseurin das Foto von Halle Berry als Vorbild gezeigt hatte, war Chey total nervös gewesen.

Zuerst hatte sie sich erschrocken, wie anders sie nun wirkte. Vielleicht war die Veränderung doch zu drastisch. Aber dann hatte Chey von allen Seiten unglaublich viele Komplimente bekommen. Irgendwann war sie mit der neuen Frisur so glücklich gewesen, dass sie sich gefragt hatte, warum sie das Haar nicht schon längst abgeschnitten hatte. Der neue Look brachte ihre hohen Wangenknochen und die großen braunen Augen viel besser zur Geltung. Dann fiel ihr wieder ein, warum. Todd hatte langes Haar lieber gemocht.

Das Gefühl von Freiheit und Leichtigkeit machte geradezu süchtig. Chey hatte Dinge in Angriff genommen, die sie seit Jahren vorgehabt hatte. Endlich war sie Todd los und konnte tun und lassen, was sie wollte. Es fühlte sich großartig an!

Das Telefon klingelte. Zwar erkannte sie die Nummer nicht, aber an der Vorwahl sah sie, dass der Anruf aus ihrer Heimatstadt in Virginia kam.

„Hallo“, sagte sie in dem höflichen Tonfall, den sie auch bei der Arbeit benutzte.

„Chey?“ Todds Begrüßung klang eher wie eine Anklage.

Chey hatte nichts von ihm gehört, seit sie vor drei Monaten bei ihm ausgezogen war. Am liebsten hätte sie gleich aufgelegt, aber sie riss sich zusammen. Es gab keinen Grund, sich vor ihm zu verstecken.

„Hallo, Todd.“ Sie behielt den professionellen Tonfall bei.

„Ich habe dir wirklich genügend Zeit gelassen, um deine komischen Anwandlungen zu überwinden. Es ist Zeit, dass du nach Hause kommst. Ich brauche dich hier.“

Chey musste lachen, so absurd klang das. „Das kannst du nicht ernst meinen.“

„Findest du das komisch?“ Er war sichtlich verärgert.

„Ja, das finde ich. Du brauchst mich überhaupt nicht. Es passt dir nur nicht, dass ich dich verlassen habe und ohne dich zurechtkomme.“

„Das geht jetzt lange genug so.“

„Todd. Es ist vorbei. Ich wünsche dir alles Gute.“

„Wo bist du?“

„Leb wohl, Todd.“ Kopfschüttelnd legte Chey auf.

Tief in ihrem Inneren hatte sie gleich gewusst, dass es ein Fehler gewesen war, damals Todds Antrag anzunehmen. Und nachdem er ihr gesagt hatte, sie solle „aufhören, an diesen dämlichen Parfüms herumzubasteln“, die sie in ihrer Küche herstellte, war es vorbei gewesen. Er hatte ja keine Ahnung, wie gut ihre Düfte sich in dem Laden ihrer Eltern verkauften. Ohne ihre Kreationen hätten sie schon längst schließen müssen. Und durch den Verkauf ihrer Produkte hatte Chey nicht nur den Laden gerettet, sie hatte auch genug sparen können, um nach New York zu ziehen und endlich ihren Abschluss zu machen.

New York – in dieser Stadt wurden Träume wahr. Chey drehte sich mit ausgestreckten Armen in ihrem winzigen Zwei-Zimmer-Apartment. Sie würde endlich den Bachelor in Chemie machen und Parfümeurin werden. Am liebsten würde sie danach bei einem Unternehmen wie Estelle London anfangen und Düfte und Hautpflegeprodukte entwerfen. Später könnte sie dann vielleicht ihre eigene Kosmetikfirma gründen.

Entschlossen ging sie zum Kühlschrank und holte die Flasche Champagner heraus, die sie sich eigentlich für das neue Jahr gekauft hatte. Auf einmal kam es ihr unsinnig vor, noch die paar Tage abzuwarten. Also ließ sie den Korken knallen, schenkte sich ein Glas ein und trank auf ihren Neuanfang.

Hunter Barrington schaute seinen Bruder Blake an, der am anderen Ende des Raumes auf der Couch saß und den Arm um seine Verlobte Cadence gelegt hatte. Ob Hunter selbst wohl auch irgendwann die Richtige finden würde? Niemand hatte erwartet, dass Blake sich vor seinem großen Bruder Hunter fest binden würde.

„Hey, Bruderherz. Du hörst mir nicht zu.“ Drew, der jüngste der Barrington-Brüder, riss Hunter aus seinen Gedanken und holte ihn zurück auf die Silvesterparty, auf der es vor Menschen und Musik nur so brummte.

„Was?“, fragte Hunter und nippte an seinem Champagner.

„Ich hab gesagt, sieh dir Blake an – die Liebe hat ihn in einen Trottel verwandelt.“ Drew ließ sein ansteckendes Lachen hören, und die Gäste in der Nähe drehten sich zu ihm um.

„Und das ist gut so. Mit Cadence hat er Glück gehabt.“

„Du hast ja recht. Ich mach nur Witze.“ Drew nahm einen großen Schluck Bier. „Und du? Glaubst du, dass dich mal eine Frau davon überzeugt, das Singledasein sausen zu lassen?“

„Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht.“ Hunter nahm noch einen Schluck.

Drew wirkte nachdenklich. „Ich weiß es auch nicht.“

„Hey, Hunter“, sagte eine Frau in einem hellrosa Kleid, die darin wie ein Osterei aussah.

„Hey …“ Er versuchte, sich an ihren Namen zu erinnern.

„Tricia“, sagte sie und schwieg einen Augenblick. Offensichtlich wartete sie auf ein Zeichen des Wiedererkennens in Hunters Gesicht. „Ich bin gerade in den New Yorker Anwaltsverband eingetreten.“

„Ah, okay.“ Hunter hatte keine Ahnung, wer die Frau war. „Schön, Sie zu sehen, Tricia.“ Er schüttelte ihre Hand. Allerdings war sie hübsch genug, um sie im Gedächtnis zu behalten. Hunter ließ seinen Blick unauffällig über ihre Kurven wandern, aber anscheinend nicht unauffällig genug. Sie lächelte verführerisch und bog leicht den Rücken durch, um ihm einen ungehinderten Blick in ihr tiefes Dekolleté zu bieten.

„Man sieht sich“, sagte sie dann, drehte sich langsam um und ging mit schwingenden Hüften davon. Ihren sinnlichen Gang würde er so leicht nicht wieder vergessen.

„Wer ist das?“, fragte Drew und glotzte der Frau hinterher.

„Tricia.“

„Tricia?“

„Ja, Tricia“, sagte Hunter, der ihr ebenfalls nachsah. Sie war schön, aber er wusste jetzt schon, dass sie nicht „die Richtige“ war.

Hunter runzelte die Stirn. Früher hatte er Frauen nie danach beurteilt, ob sie „die Richtige“ sein könnten. Vielleicht lag es an all der Liebe, die Blake und Cadence verströmten.

Er sah Drew an, der immer noch hinter Tricia herstarrte, und lächelte. Er war auf einer Party. Es wurde langsam Zeit, dass er sich auch so verhielt. Aus den verborgenen Lautsprechern kam R&B-Musik. Die Leute standen in Grüppchen zusammen, lachten, unterhielten sich und nippten an allen möglichen Getränken.

„Hey, Blake“, rief er und schob sich mit seinem leeren Glas durch die Menge. „Es ist fast Mitternacht. Wir brauchen mehr Champagner.“

Ein paar Leute riefen Hurra, als sie das hörten. Man spürte, wie die Atmosphäre sich auflud.

Die drei Brüder holten gekühlten Champagner aus dem Keller. Als sie zurückkamen, jubelten die Gäste ihnen zu. Blake entkorkte tanzend ein paar Flaschen.

Je näher Mitternacht rückte, desto lauter wurde die Party. Hunter entdeckte Tricia. Sie stand auf der anderen Seite des Raumes und beobachtete ihn. Hunter lächelte und prostete ihr zu.

„Nur noch dreißig Sekunden“, rief Cadence und hielt das Champagnerglas hoch in die Luft.

Hunter stellte sich zu den anderen Gästen vor den Fernseher. Auf dem großen Flatscreen war die Zeremonie auf dem Times Square zu sehen. Zuerst die Menschenmenge, dann der mit dreieckigen Kristallen besetzte Zeitball. Der Ticker des Fernsehers zeigte, dass das neue Jahr in zwanzig Sekunden beginnen würde. Blake ging zu Cadence. Hunter spürte Tricias Blick auf sich. In den letzten zehn Sekunden sprachen alle den Countdown mit. Die Luft knisterte geradezu.

„Fünf. Vier. Drei. Zwei. Eins. Prost, Neujahr“, riefen alle einstimmig.

Gläser wurden erhoben und geleert. Liebespaare schmiegten sich aneinander, andere umarmten sich herzlich oder gaben sich Küsschen. Hunter klatschte sich mit seinen Brüdern, den Cousins und ein paar Freunden ab.

Plötzlich stand Tricia neben ihm. Ihre Augen funkelten, als sie ihm ein frohes neues Jahr wünschte und das Glas an die vollen rosa Lippen führte. Hunter spürte, wie sich in seinem Bauch ein Funke entzündete. Er nahm einen großen Schluck und sah ihr in die Augen.

Tricia lächelte. „Kriege ich keine Umarmung?“, fragte sie aufreizend.

„Sie können sogar mehr als das haben.“ Hunter beugte sich vor, um Tricia einen Kuss auf die Wange zu geben, aber kurz vorher drehte sie den Kopf, und er traf ihre vollen Lippen. Hunter zog die Augenbrauen hoch. Er öffnete leicht seine Lippen, und begierig empfing sie seine Zunge.

Hunter wusste jetzt, dass er heute mit ihr im Bett landen würde, aber er wusste auch, dass sie definitiv nicht „die Richtige“ war.

Eine Woche war im Nu vergangen, und obwohl Hunter sich in aller Ruhe auf die jährliche Reise mit seinen Studienfreunden hatte vorbereiten wollen, machte er schließlich doch einiges wieder auf den letzten Drücker.

„Mom! Dad“, rief er, als er das Haus seiner Eltern in Long Island durch die Garage betrat.

„Ich bin hier, Schatz“, rief Joyce, seine Mutter, aus der Waschküche.

Hunter folgte ihrer Stimme. „Hallo, Mom.“

„Hallo, Schatz.“ Joyce stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihrem ältesten Sohn einen Kuss zu geben und ihn zu umarmen. „Alles bereit für die Reise?“ Joyce wandte sich wieder der frisch gewaschenen Wäsche zu. „Ich begreife nicht, warum ihr ausgerechnet nach Utah fahrt. Schließlich haben wir in New York gerade Schnee genug.“ Sie legte ein Handtuch zusammen, das sie gerade aus dem Trockner geholt hatte.

Hunter lachte. „Du weißt genau, dass wir immer zu neuen Orten fahren. In Utah waren wir noch nie.“

„Wann fährst du los?“

„Morgen früh um sechs. Ich muss noch ein paar Dinge erledigen, aber ich wollte dich und Dad noch sehen, bevor ich fahre.“

„Dad ist im Fitnessstudio. Hast du schon gefrühstückt?“

„Nur eine Tasse Kaffee.“

Joyce faltete das letzte Handtuch zusammen und legte es auf den Stapel. „Ich mache dir Frühstück. Wenn du aufgegessen hast, ist Dad bestimmt zurück.“

Hunter konnte es nicht ablehnen, Zeit mit seiner Mutter zu verbringen. „Machst du mir ein Eier-Sandwich?“

„Mehr willst du nicht?“

„Du machst einfach die besten Eier-Sandwiches.“ Hunter lächelte breit.

Kopfschüttelnd trug Joyce den Wäschekorb in die Küche. Hunter folgte ihr. Sie wusch sich die Hände und sah Hunter kritisch von der Seite an.

„Wie kann es eigentlich sein, dass Blake vor dir heiratet? Aber vielleicht willst du überhaupt nicht heiraten. Heutzutage wollen alle Single bleiben.“ Joyce stemmte die Hände in die Hüften.

„Ich habe nie behauptet, dass ich nicht heiraten will. Ich habe einfach noch nicht die Richtige gefunden.“

„Suchst du überhaupt?“ Joyce sah ihn misstrauisch an.

Hunter räusperte sich und hörte in dem Moment das Garagentor. Gerettet!

„Hallo, Dad“, rief er, als sein Vater in die Küche kam.

„Hallo, Junge. Was bringt dich zu uns?“

„Ich fahre morgen in den Urlaub und wollte nur noch mal vorbeikommen.“

„Ah, du musst die Jungs von mir grüßen.“

„Mach ich.“

Floyd küsste Joyce auf die Stirn.

„Geh duschen“, sagte sie. „Ich mach dir was zu essen.“

„Danke, meine Liebste.“

Sein Vater ging nach oben, und zu Hunters Entsetzen kam Joyce direkt wieder auf das Thema zu sprechen.

„Und? Suchst du?“

„Nein, Mom, ich suche nicht direkt, aber ich werde es schon merken, wenn ich die Richtige treffe.“

Joyce stellte Hunter seinen Teller hin und schenkte zwei Gläser Orangensaft ein. Sie nahm einen Schluck und sah ihren Sohn an. Als er ihren eindringlichen Blick spürte, hörte er auf zu kauen und blickte auf.

„Die Frau, mit der du die Silvesterparty bei Blake verlassen hast, war also offensichtlich nicht die Richtige?“

Hunter verschluckte sich beinahe. Kurz fragte er sich, woher seine Mutter das wusste, aber er konnte es sich schon denken.

„Lass mich raten. Drew hat es dir erzählt?“

Joyce beantwortete seine Frage nicht. „Du bist zweiunddreißig. Es wird Zeit. Such dir eine nette Frau, gründe eine Familie, und kümmere dich um sie, so wie dein Vater es getan hat. Vertrau mir. Du willst nicht allein alt werden.“

Hunter schlang den Rest seines Sandwiches herunter. Er dankte seiner Mutter und rannte hoch, um noch kurz mit seinem Vater zu sprechen. Aber als er die Treppe hinunterkam, stand seine Mutter wieder da.

„Vergiss nicht, was ich dir gesagt habe, Hunter. Verschwende deine Zeit nicht mit Frauen, von denen du schon weißt, dass sie nicht die Richtigen sind.“

„Zu Befehl!“ Hunter richtete sich auf und salutierte.

Joyce bewarf ihn mit dem Handtuch, das sie in der Hand hielt. Er fing es auf, ging zu ihr, um es ihr zurückzugeben, und nahm sie fest in den Arm. „Wir sehen uns, wenn ich zurück bin“, sagte er und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.

Hunter stieg in seinen SUV, startete und fuhr aus der breiten Einfahrt seines Elternhauses. Kaum war er auf der Straße, klingelte das Telefon.

„Hey, Süßer.“ Tricias sinnliche Stimme wärmte ihn innerlich.

„Hi, Tricia.“

„Alles bereit für die Reise?“

„Ich muss noch ein paar Kleinigkeiten erledigen.“

„Soll ich heute Abend vorbeikommen und dir packen helfen? Du wirst es nicht bereuen.“

Sofort musste er an die Worte seiner Mutter denken. Natürlich mochte er Tricia. Jeder sinnliche Mann hätte an einer solchen Frau seine Freude. Aber Hunter wusste, dass er keine längere Beziehung mit ihr wollte, und beschloss, nach dem Urlaub Schluss zu machen. Für heute würde er sie höflich abwimmeln.

„Ich habe noch viel zu tun und hätte kaum Zeit für dich. Und mein Flug geht um sechs Uhr früh, ich muss also mindestens um Viertel nach vier aus dem Haus.“

„Ich könnte bei dir übernachten.“

„Ich würde dich nicht wecken wollen, und du musst am nächsten Tag arbeiten.“

„Das macht nichts. Wir würden doch sowieso nicht schlafen. Und um den nächsten Tag zu überstehen, trinke ich einfach einen Energydrink. Das hab ich schon öfter so gemacht.“

Hunter schwieg. Machte sie öfter die Nacht mit irgendwelchen Männern durch? Er wollte lieber nicht nachfragen.

„Okay, das klang komisch, stimmt’s?“ Sie lachte – er jedoch nicht. „Ich bin heute jedenfalls früh zu Hause. Ruf an, wenn ich kommen soll. Ich warte“, surrte sie.

„Okay …“ Hunter verstummte. Aber er wusste, dass er sie nicht anrufen würde, und wollte ihr nichts vormachen. „Ich melde mich nach dem Urlaub, und wir gehen gemeinsam essen. Wie klingt das?“

„Ich wollte dich vorher noch sehen“, klagte sie. „Na gut. Dann hab einen schönen Urlaub.“

Es wäre unhöflich, die Affäre per Telefon zu beenden, und für ein Treffen hatte er keine Zeit mehr. Im Urlaub konnte er sich überlegen, wie er ihr vernünftig beibringen konnte, dass er keine Beziehung wollte.

2. KAPITEL

„Verdammt!“ Frustriert rieb Hunter sich das Gesicht.

„Lass mich raten … noch mehr Verspätung?“, sagte sein Studienfreund Eric, der seine Reisetasche neben die Tür stellte.

Dave, ein weiterer Freund, zog eine Grimasse. Hunter, Dave, Eric und Sam hatten die ganze Woche im Powder-Mountain-Skigebiet in Utah verbracht. Seit der Uni waren sie bisher jedes Jahr zusammen in den Urlaub gefahren. Sie waren in Costa Rica mit Geländefahrzeugen über Strände gedüst und in Rio Jet-Ski gefahren.

„Der Flug ist komplett gestrichen worden. Wenn ich Glück habe, komme ich morgen hier weg.“ Hunter ging vor dem Fernseher auf und ab, der über dem Kamin an der Wand hing und von zwei Elchköpfen flankiert wurde.

„Komm doch mit zum Flughafen, vielleicht gibt es einen anderen Flug. Vielleicht können sie dich umleiten.“

„Ich fürchte, das bringt nichts. Der Sturm bewegt sich vom Mittleren Westen Richtung Ostküste, und er ist ziemlich heftig. Wir würden direkt hineinfliegen.“

„Das ist nicht gut“, sagte Dave.

„Du solltest nichts riskieren“, fügte Eric hinzu.

„Sieh es doch so: Du hast einen Tag länger frei. Mach das Beste draus“, sagte Sam.

Dann klingelte Erics Telefon. Der Shuttle-Service war da. Die Männer nahmen ihre Sachen und verließen die Hütte. Draußen wurden sie von der Kälte und ein paar Windböen begrüßt. Hunter kniff die Augen zusammen und senkte den Kopf, um dem Schnee auszuweichen. Ein kleiner alter Mann mit wettergegerbten Händen sprang aus dem Minivan und öffnete die Heckklappe.

Die drei Freunde luden ihr Gepäck ein, dann drehten sie sich zu Hunter um.

„Ist es okay für dich, allein hierzubleiben?“, fragte Sam.

„Kein Problem. Ich frage an der Rezeption, ob ich einen Tag verlängern kann.“

„Sie wollen länger bleiben?“, warf der Fahrer ein.

„Ja.“

Der Mann schüttelte den Kopf, und eine graue Strähne fiel ihm in die Stirn. „An Ihrer Stelle würde ich das nicht tun. Vielleicht werden die Straßen gesperrt. Wenn das Wetter so bleibt, kommt man nicht mehr so leicht runter vom Berg. Und auch nicht rauf.“

„Ich habe keine Wahl. Mein Flug wurde gestrichen.“

Der alte Mann nahm einen tiefen Atemzug. „Tja, dann bleibt Ihnen wohl nichts anderes übrig. Wahrscheinlich haben die Platz, ein paar Leute sind wegen des Wetters nicht gekommen. Viel Glück.“ Zum Abschied tippte er sich an einen imaginären Hut.

Hunter klopfte noch einmal auf das Autodach, dann fuhren seine Freunde ab. Er ging gleich los, um zu fragen, ob er eine Nacht länger bleiben konnte. Als er das Gebäude erreichte, in dem die Rezeption, ein Café, das Restaurant und der Souvenirladen untergebracht waren, bemerkte er zum ersten Mal, dass er nicht als Einziger auf dem Berg gestrandet war. Es war gerammelt voll. Menschen gingen aufgeregt telefonierend auf und ab. Verzweifelte Mütter versuchten, schreiende Babys zu beruhigen, und die Angestellten gaben sich Mühe, nicht die Geduld zu verlieren, während sie den gestressten Urlaubern halfen.

Autor

Nicki Night
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