Leidenschaft auf den zweiten Blick

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Warum hat dieser Cowboy bloß so einen knackigen Hintern? Als Travis ihr flirtend in einer Bar gegenübersteht, muss Danielle sich entscheiden: Zeigt sie ihm die kalte Schulter, weil er noch von früher ihr Feind ist - oder wagt sie einen gefährlich engen Tanz mit ihm?


  • Erscheinungstag 23.01.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733775926
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Acht Sekunden – das schaffst du. Mit einem beherzten Satz schwang Travis Jacobs sich auf das Gatter des Pferchs, in dem der Stier unruhig umhertänzelte, den er gleich reiten würde. In der Arena mühte sich währenddessen ein anderer Cowboy damit ab, sich auf dem Rücken eines weiteren Prachtbullen zu halten.

Statt auf seinen Konkurrenten konzentrierte Travis sich ganz auf das Muskelpaket vor ihm, um Earls Verfassung einzuschätzen. Noch verhielt das Tier sich einigermaßen kontrolliert.

Er krempelte die Hemdsärmel auf, drückte seinen Stetson tief in die Stirn und schob die Rechte in einen alten, abgewetzten Lederhandschuh.

Ein Stöhnen ging durchs Publikum und wenig später ertönte das Signalhorn. Offenbar hatte sich der Cowboy vor ihm nicht die geforderten acht Sekunden auf dem Bullenrücken halten können.

Travis kontrollierte aufmerksam den korrekten Sitz des Flankengurts, wickelte sich den daran befestigten Lederriemen um die rechte Hand, atmete ein letztes Mal tief durch, schob sich langsam auf den Rücken des mächtigen Tiers und gab dem Mann am Tor ein Zeichen.

Das Gatter ging auf und Earl schoss in die Arena. Vom gleißenden Licht geblendet, tat der Stier einen enormen Satz. Unter dem begeisterten Gejohle des Publikums bockte er wild, während er gleichzeitig mit den Hinterbeinen ausschlug. Als das nichts half, schleuderte er seinen massigen Leib zur Seite, wand und schüttelte sich, als wollte er ein lästiges Insekt loswerden.

Sämtliche Muskeln zum Zerreißen angespannt, hielt Travis sich auf dem Rücken des tobenden Tiers. Die ersten vier Sekunden hatte er bereits geschafft. Der Lederriemen schnitt ihm schmerzhaft in die Rechte und sein Handgelenk kam ihm vor, als wäre es ausgekugelt. Bei jedem kraftvollen Sprung des Bullen durchzuckte Schmerz seine Wirbelsäule wie ein Messerstich. Gleichzeitig fühlte er sich so lebendig, wie lange nicht mehr, vollständig auf das Wesentliche reduziert. In diesem Augenblick zählte nichts als der Kampf mit dem Stier.

Earl machte eine abrupte Kehrtwende und hätte ihn beinahe abgeworfen. Mit knapper Not hielt Travis sich im Sattel, nur sein Stetson landete im Staub. Hoch konzentriert hörte er weder die Musik aus den Lautsprechern noch das Geschrei der Menge, nur sein eigener Pulsschlag dröhnte ihm in den Ohren.

Das Signalhorn ertönte einen Sekundenbruchteil vor dem Moment, als der Stier ihn mit einem wuchtigen Satz in die Arena schleuderte. Travis vollführte in der Luft einen Salto und schrammte knapp an Earls Hörnern vorbei. Im letzten Augenblick gelang es ihm, sich so zu drehen, dass er mit den Schultern auf dem Boden aufkam und über den Rücken abrollen konnte, wobei die Luft aus seiner Lunge gepresst wurde. Dennoch tanzte in der Menge ein Gesicht vor seinen Augen.

Danielle? Was, zum Teufel, tut die denn in Las Vegas?

In diesem Augenblick machte Earl kehrt und stürmte auf ihn zu. Travis kam auf die Füße und brachte sich hinter dem dafür vorgesehenen Zaun in Sicherheit, während Corey Samson in die Arena sprang. Er war einer der Stierkämpfer, die allgemein Clowns genannt wurden und deren Aufgabe es war, die Tiere abzulenken.

Noch einmal blickte Travis zur Zuschauertribüne hinüber, doch die Leute waren viel zu weit entfernt, als dass er einzelne Gesichter identifizieren könnte. Es wäre unmöglich, Danielle darunter auszumachen, das hatte er sich nur eingebildet. Nach Atem ringend lehnte er sich an den Zaun.

„Hey, Travis“, rief Corey aus der Arena und warf ihm seinen Stetson zu. Travis fing ihn geschickt auf.

Im selben Augenblick gaben die Schiedsrichter die Wertung bekannt: „Dreiundneunzig Punkte!“

Die Zuschauer jubelten auf, die Halle erstrahlte in einer prächtigen Lichtshow und laute Musik setzte ein. Travis schluckte. Er, als letzter Teilnehmer, hatte das Rodeo gewonnen und erhielt das Preisgeld in Höhe von zehntausend Dollar.

Glücklich setzte er seinen Hut auf, kletterte zurück in die Arena, verneigte sich vor dem Publikum und nahm die Glückwünsche seiner Konkurrenten und der Helfer entgegen.

„Du solltest Profi werden“, riet Corey ihm über den ohrenbetäubenden Lärm hinweg.

Travis lächelte. Er wusste, dass sein Gesicht auf sämtlichen Leinwänden in der Halle in Großformat zu sehen war. Die Vorstellung, als professioneller Rodeoreiter zu arbeiten, gefiel ihm durchaus. Man war – bis auf wenige Auftritte pro Woche – frei und ungebunden, konnte sich in Bars vergnügen, attraktive Frauen treffen, interessante Städte besuchen …

Allerdings war er seit Kurzem allein verantwortlich für die seit Generationen in Familienbesitz befindliche Rinderfarm in Colorado. Er hätte diesen Weg früher einschlagen müssen, bevor sein Bruder und seine Schwestern sich für Karrieren jenseits der Ranch entschieden hatten. Jetzt war es zu spät.

Der Eventmanager kam auf ihn zu, gratulierte ihm und überreichte ihm seine Preise: den Scheck und eine goldglänzende Gürtelschnalle. Travis winkte ein letztes Mal ins Publikum, dann verließ er zusammen mit Corey die Arena. „Wie lange bist du schon beim Rodeo?“, fragte er den Stierkämpfer neugierig.

„Fast zehn Jahre. Ich hab mit siebzehn angefangen.“

„Bist du es noch nicht leid?“

„Was denn? Das Abenteuer? Die Frauen? Keine Chance! Und wenn ich mal ’ne Pause brauche, besuche ich meine Eltern in New Mexiko.“

„Wolltest du nie dortbleiben?“ Travis hätte zu gern gehört, dass das Leben auf der Straße auf Dauer langweilig wurde, dass jeder sich irgendwann nach einem Heim sehnte, aber den Gefallen tat Corey ihm nicht.

„Nie! Allerdings habe ich da kürzlich eine hübsche Rothaarige kennengelernt. Bei Gelegenheit kehre ich zu ihr zurück. Und du?“

„Auf mich wartet kein hübsches, unschuldiges Ding.“ Aus einem unerfindlichen Grund sah er auf einmal wieder Danielle vor sich. Dabei stammte sie weder aus seiner Heimat noch war sie unschuldig. Mit achtundzwanzig Jahren war sie nur ein Jahr jünger als er. Sie hatte in Harvard Jura studiert, arbeitete in einer Anwaltskanzlei in Chicago, war eine der klügsten und elegantesten Frauen, die er kannte – und ließ ihn links liegen, wenn sie nicht gerade mit ihm stritt.

„Ein Grund mehr, das Leben zu genießen“, meinte Corey.

„Das habe ich vor.“ Zumindest in den kommenden Tagen. Der Scheck in seiner Tasche schrie förmlich danach, eingelöst und ausgegeben zu werden.

Corey schlug ihm kameradschaftlich auf den Rücken. „Lass uns zusammen die Klubs unsicher machen. Die Ladys reißen sich bestimmt um den Champion und um mich, weil ich dir das Leben gerettet habe.“

„Du willst dich als mein Retter hinstellen?“

„Haargenau!“

Es gab auf der ganzen Welt zwei Männer, denen Danielle Marin um keinen Preis begegnen wollte. Offenbar hatte es ausgerechnet diese beiden zum selben Zeitpunkt wie sie nach Las Vegas verschlagen, wo sie an einem internationalen Juristenkongress teilnahm. Über Randal Kleinfelds Anwesenheit wunderte sie sich nicht. Ein Mentor des jungen Staranwalts aus Washington hielt auf dem Kongress einen Vortrag. Mit Travis Jacobs hatte sie allerdings nicht gerechnet.

Als der Sprecher beim Rodeo seinen Namen ausrief, hatte sie noch gehofft, sich verhört zu haben. Dann war er auf dem wilden Stier in die Arena geritten, als wäre er auf dem Bullenrücken geboren. Sein Sieg war keine Überraschung. Was seine Ranch, sein Vieh anging, war Travis ein Genie. Mit dem markanten Gesicht und seiner Art, kurz angebunden und gradlinig, bildete er den direkten Gegenpol zum wortgewandten, aalglatten Städter Randal.

Nachdenklich nahm Danielle einen kräftigen Schluck Martini. Sie saß mit ihren Freundinnen im Foyer ihres Hotels, kaum eine Meile von der Arena entfernt.

„Hab ich euch nicht gesagt, dass so eine Rodeoshow eine tolle Sache ist?“, brüstete sich Nadine.

„Es war super!“, pflichtete Odette ihr begeistert bei. „Ich liebe knackige Cowboys!“

Die anderen lachten, und Danielle rang sich müde ein Lächeln ab. Es ist so ungerecht, dachte sie empört. Wieso war der unmöglichste Mann auf Erden nur dermaßen sexy? Und warum begehrte sie ihn wie keinen anderen?

Sie hätte sich niemals überreden lassen dürfen, zum Rodeo zu gehen. Doch es hatte nur eine harmlose Ablenkung vom anstrengenden Konferenztag sein sollen. Dass Travis Jacobs gerade in Vegas war, hatte sie nicht ahnen können.

„Ich würd’s gern einmal mit einem Cowboy treiben“, verkündete Nadine frech.

„Jederzeit“, meinte auch Odette.

„Von Nahem besehen sind sie staubig und ungehobelt“, warnte Danielle ihre Freundinnen. „Sie sprechen langsam, verwenden einen schlichten Satzbau und verfügen lediglich über ein beschränktes Vokabular.“

„Ungehobelt kann verdammt sexy sein und Staub lässt sich abwaschen“, tat Nadine ihren Einwand ab.

Insgeheim gab Danielle ihr recht. Sie hatte Travis einmal elegant gekleidet gesehen – es hatte ihren Herzschlag völlig aus dem Takt gebracht.

„Danielle kennt sich mit Cowboys aus“, erklärte Astra. „Sie verbringt viel Zeit in Colorado.“

„So viel Zeit auch wieder nicht.“ Sie versuchte, so selten wie möglich nach Lyndon Valley zu fahren. Die Jacobs-Ranch grenzte direkt an die von Caleb Terrell, ihrem wichtigsten Klienten. Glücklicherweise konnte sie den Großteil ihrer Arbeit für seine Firma Active Equipment von ihrem Büro in Chicago aus erledigen.

„Caleb ist ein Cowboy, drückt sich aber gut aus“, bemerkte Astra.

„Ich habe auch nur verallgemeinert“, gab Danielle zu. Sie hatte sich absichtlich die Welten vor Augen gerufen, die zwischen ihr und Travis lagen. Was Herkunft, Werte, Temperament und ganz besonders den Beruf anging, stand Randal ihr wesentlich näher.

Sie hatte ihn beim Jurastudium kennengelernt und sie waren schnell ein Paar geworden. Dann hatte Randal eine Stelle in Washington angenommen, sie eine in Chicago, und sie hatte sich von ihm getrennt, gegen seinen Willen. Von Fernbeziehungen hielt sie nichts, obendrein hatte sie gespürt, dass er nicht ihre große Liebe war.

Randal machte in Washington rasch Karriere. Die Kanzlei Nester und Hedley, für die er arbeitete, zählte Senatoren, Kongressabgeordnete und Industriebosse zu ihren Klienten. Die Kanzlei, zu der sie gehörte, spielte dagegen vergleichsweise in der Provinzklasse.

Umso überraschter war Danielle gewesen, als Nester und Hedley ihr kürzlich ein überaus großzügiges Jobangebot machten. Insgeheim mutmaßte sie, dass Randal seine Hand im Spiel hatte.

Sie war hin- und hergerissen. Der Job bot ihr die Chance, zur Partnerin in einer der renommiertesten Kanzleien im Land aufzusteigen. Andererseits wollte sie ihre Karriere nicht Randal verdanken – und keinesfalls wollte sie ihre alte Beziehung wieder aufleben lassen, was er sich womöglich erhoffte.

„Schönen guten Abend, die Damen.“ Ein Mann mit schwarzem Cowboyhut, blaugrün kariertem Westernhemd und verwaschener Jeans trat an den Tisch. Er sprach gedehnt wie ein Cowboy und kam Danielle vage vertraut vor. Einen Sekundenbruchteil später trat Travis hinter ihn. Er hatte den Stetson tief in die Stirn gezogen, seine dunklen Augen funkelten.

„Sie gehören doch zum Rodeo“, sagte Nadine erfreut.

„Und Sie haben das Turnier gewonnen!“ Astra deutete auf Travis.

„Sind Sie auch Bullenreiter?“ Nadine lächelte dem ersten Mann zu. „Ach nein, Sie sind einer der Clowns, ein Helfer.“

„Man nennt uns Clowns, aber eigentlich sind wir Stierkämpfer, Madam. Heute habe ich beispielsweise diesem hübschen Kerl hier das Leben gerettet.“ Mit dem Daumen wies er auf Travis.

„Nette Schnalle.“ Nadine lächelte Travis an und berührte mit einem Finger die glänzende Trophäe.

Danielle dagegen fand es einfach widerlich, wie er mit seinem Preis angab.

„Darf ich vorstellen: Travis Jacobs, Sieger im Bullenreiten“, sagte der erste Mann und nahm seinen Hut ab. „Und ich bin Corey Samson, Stierkämpfer der Extraklasse.“

„Hat er Ihnen wirklich das Leben gerettet?“, fragte Odette bewundernd.

„Gewiss doch“, bestätigte Travis. „Stierkämpfer gehören zu den gewandtesten und mutigsten Männern auf diesem wunderschönen Planeten.“

„Das war kein kurzer Satz, auch das Vokabular ließ nichts zu wünschen übrig“, raunte Nadine Danielle zu.

Travis schien es gehört zu haben, denn er taxierte sie mit einem finsteren Blick.

„Ich habe nur verallgemeinert“, rechtfertigte sie sich.

„Danielle tendiert bei der Klassifizierung von Diktionen zu einem pauschalen Verdikt“, entgegnete Travis mit Unschuldsmiene.

„Woher kennt er deinen Namen?“, fragte Astra prompt.

„Wir sind uns in Colorado begegnet“, erklärte Travis.

„Kurz“, stellte Danielle klar.

„Tanzen?“, fragte Corey, und Odette reichte ihm kichernd die Hand.

„Tanzen?“ Travis sah Danielle auffordernd an.

„Ich trinke noch.“ Sie hob ihr Glas und prostete ihm zu.

„Ich würde gern tanzen.“ Nadine ergriff die Gelegenheit.

„Ma’am.“ Galant tippte Travis an seinen Hut, nahm Nadines Hand und half ihr auf.

„Du kennst einen echten Bullenreiter?“, fragte Astra erstaunt, als die Paare zur Tanzfläche gingen.

„Das ist nur sein Hobby.“ Danielle bemühte sich, Travis nicht auf den Hintern zu starren.

„Dafür ist er verdammt gut.“

„Kein Wunder, er ist auf einer Ranch in Lyndon Valley aufgewachsen.“

Verwirrt sah Astra ihre Freundin an. „Machst du ihm das etwa zum Vorwurf?“

„Nein, aber er ist selbstgefällig und eine grässliche Nervensäge. Du solltest mal hören, wie er auf dem Unterschied zwischen einem Hereford-Rind und einem Black Angus herumreitet, als gäbe es nichts Wichtigeres auf der Welt.“

Astra verkniff sich das Lachen. „Hast du die verwechselt?“

„Sie sehen sich wirklich ähnlich. Außerdem macht er sich bei jeder Gelegenheit über mich lustig, und da wir uns immer nur auf der Ranch begegnen, ist er in seinem Element.“

„Du hast in Harvard studiert! Was stören dich seine Sticheleien?“

„Keine Ahnung. Er hat einen ganz anderen Erfahrungshorizont als ich und prahlt gern mit seinem Wissen. Andere Cowboys wie Caleb und Reed respektieren mich doch auch!“

„Nadine findet ihn offenbar nett.“

Sie sah zur Tanzfläche hinüber. „Die riesige Schnalle blendet sie.“

„Sie steht eben auf Sieger.“

Danielle sah Travis’ Hand auf Nadines Rücken, sein Lächeln und die Art, wie er ihre Freundin an sich zog. Unwillkürlich wünschte sie sich an Nadines Stelle und ein sehnsüchtiges Ziehen durchfuhr sie. Rasch schob sie die Vorstellung beiseite.

„Was ist los?“, fragte Astra. „Du bist ja rot geworden! Magst du den Bullenreiter vielleicht doch?“

„Kein bisschen.“

„Na, ich glaube schon. Und zwar mehr als nur ein bisschen.“

„Vergiss es.“ Danielle griff nach ihrem Glas. Es war leer. Sie winkte der Kellnerin. „Es ist nur eine harmlose Schwärmerei. Ich kämpfe dagegen an.“

„Tanz mit ihm.“

„Nie im Leben!“

„Was in Vegas passiert, bleibt in Vegas.“

„Ich beabsichtige nichts zu tun, was besser in Vegas bleiben sollte.“

„Ich spreche nur vom Tanzen. Woran denkst du?“

„An gar nichts!“

Einmal waren Travis und sie kurz davor gewesen zu … was auch immer. Er hatte sie aus einem baufälligen Schuppen gerettet. Einen Moment lang hatte sie geglaubt, er würde sie küssen – zu ihrer Überraschung hatte sie es kaum erwarten können. Aus Verwirrung und Panik hatte sie ihm eine aus der Luft gegriffene Beleidigung an den Kopf geschleudert, woraufhin er sich wütend zurückgezogen hatte. Davon hatte sich ihre Beziehung bis heute nicht erholt.

„Dein Glas ist leer“, stellte Travis an Danielle gewandt fest, als er mit Nadine an den Tisch zurückkehrte. Er würde sich diese Chance nicht entgehen lassen, obwohl die Gefahr bestand, dass sie ihm einen Korb gab. Diese Frau faszinierte ihn. Sobald er sie nur ansah, wollte er sie berühren.

„Das ist eine Aufforderung zum Tanz.“ Astra bohrte Danielle einen Ellbogen in die Seite.

„Geh schon“, feuerte Nadine ihre Freundin an. „Die Band ist toll.“

Danielle schüttelte den Kopf. „Ich will nicht …“ Plötzlich brach sie ab. Wie gebannt starrte sie auf eine Stelle hinter ihm. Ihre Augen weiteten sich.

„Warum eigentlich nicht?“, sagte sie dann und stand auf.

Als Travis sich umblickte, sah er einen elegant gekleideten Mann Ende zwanzig, der ein zum Schlips passendes Einstecktuch trug, auf den Tisch zukommen.

„Danielle!“

„Tut mir leid, Randal. Ich tanze.“

Rasch hakte sie sich bei Travis unter und zog ihn mit sich davon.

„Was war das denn?“, fragte er, als sie die Tanzfläche erreichten.

„Was meinst du?“ Sie tat unwissend.

„Der Typ?“ Er nahm sie in die Arme.

„Gar nichts.“

Sie begannen zu tanzen, und Travis genoss es so sehr, dass er fasst gewillt war, ihr diese Ausflucht durchgehen zu lassen. Eine leichte Brise von der Terrasse zerzauste Danielles Haar. Sie sah wunderschön aus. „Du wolltest mir gerade einen Korb geben, hast es dir aber anders überlegt, als der Typ aufgetaucht ist.“

„Was führt dich eigentlich nach Vegas.“

„Heißt das, der Kerl geht mich nichts an?“

„Genau. Ich will nicht über ihn sprechen.“

„Soll mir recht sein.“

„Danke.“

Ihr leicht sarkastischer Tonfall war ihm vertraut. „Ich wusste nicht, dass du in Vegas bist.“

„Ich besuche einen internationalen Juristenkongress.“

„Ist es interessant?“

„Wenn man internationales Recht mag.“

„Meine Stärke ist es nicht … Wieso lächelst du?“

„Diesmal bist du in meiner Welt gelandet, Cowboy.“

Travis wusste nicht, was sie meinte, wollte aber lieber nicht nachfragen. Es würde ohnehin nur in einem Streit enden. Seiner Meinung nach war Vegas ebenso seine Welt wie ihre.

„Hast du mich reiten sehen?“, fragte er stattdessen.

„Meine Freundinnen haben mich überredet mitzugehen. Bullenreiten ist nicht gerade mein Lieblingssport.“

„Wo habt ihr gesessen?“

Verblüfft sah sie ihn an. „Wieso?“

Travis überlegte, ob er sie tatsächlich gesehen hatte, mochte ihr das aber nicht erklären. „Ich wollte nur wissen, ob ihr gute Sicht hattet.“

„In der vierten Reihe, gegenüber der Startbox.“

„Gute Plätze“, lobte er. Dann war es vielleicht doch keine Einbildung gewesen.

„Ich weiß nicht, ob es gut ist, so nah dran am Geschehen zu sein.“

„Versuchst du, mit mir zu streiten?“

„Das hat bisher immer funktioniert.“

Aus einem Instinkt heraus wandte er sich zum Tisch um. Danielles Bekannter ließ sie nicht aus den Augen. „Wer ist er?“

„Ich dachte, das Thema wäre erledigt.“

„Gehst du mit ihm oder so?“

„Nein.“

„Nein, du gehst nicht mit ihm, oder nein oder so?“

Verärgert ließ sie ihn los. „Tanzen war eine schlechte Idee. Ich gehe zurück.“

Als Danielle sich umdrehen wollte, hinderte Travis sie daran, indem er eine Hand an ihre Wange legte. „Sieh nicht hin. Er tötet mich gerade mit Blicken. Falls ich mit einem Angriff rechnen muss, wäre es fair, dass du mich warnst.“

Lächelnd schüttelte sie den Kopf. „Keine Angst.“

Travis zog sie an sich und sie tanzten weiter, enger diesmal. Ihre Brüste berührten seinen Oberkörper, ihre Schenkel streiften einander immer wieder. Er fand, dass Danielle perfekt in seine Arme passte. Genüsslich schnupperte er an ihrem Haar.

„Er heißt Randal Kleinfeld, ich kenne ihn von der Uni.“

„Wart ihr ein Paar?“

„Damals. Jetzt geht es ihm ums Geschäft. Seine Kanzlei hat mir einen Job in Washington angeboten.“

Washington, dachte Travis entsetzt. Sie würde Caleb als Klienten verlieren und nie wieder nach Lyndon Valley kommen. Das störte ihn gewaltig, sosehr er sich auch das Gegenteil einzureden versuchte. Dabei waren sie sich in den vergangenen zwei Jahren höchstens ein Dutzend Mal begegnet, jedes Mal hatten sie gestritten. „Wirst du annehmen?“

„Ich habe mich noch nicht entschieden. Daher möchte ich jetzt nicht mit ihm sprechen.“

Nachdenklich sah Travis zu Randal hinüber, der mit geballten Fäusten und gerunzelter Stirn zu ihnen herüberstarrte. Der Kerl war ihm durch und durch unsympathisch. Du willst mehr von Danielle als eine geschäftliche Beziehung, dachte er. Dagegen unternehmen konnte er allerdings nichts, denn Danielles Leben ging ihn nichts an.

2. KAPITEL

Am nächsten Morgen versuchte Danielle sich einzureden, dass es keine große Sache war, wie Travis ihr geholfen hatte, Randal zu entkommen. Er war mit ihr zum Lift getanzt und hatte dafür gesorgt, dass sie unbeobachtet einsteigen konnte. Sie hatte ihm da bereits gedankt, schuldete ihm also nichts weiter und musste ihn auch nicht noch einmal darauf ansprechen.

Es wäre ohnehin besser, ihm nie wieder zu begegnen. Beim Tanzen hatte sie gespürt, dass sein Körper so durchtrainiert, muskulös und sehnig war, wie sie es sich in ihren kühnsten Träumen ausgemalt hatte. Hochgewachsen und kräftig gebaut, mit einem ausgeprägten Kinn und einer zwar nicht perfekten, aber dafür umso männlicheren Nase und geheimnisvoll schimmernden dunklen Augen, zog es sie zu ihm hin wie zu keinem anderen. Und obwohl er noch am Nachmittag einen Bullen geritten hatte, duftete er so köstlich nach Shampoo, Aftershave und seiner ganz persönlichen Note, dass ihr Pulsschlag völlig aus dem Takt geraten war.

In seinen Armen hatte sie ein Prickeln am gesamten Körper erfasst und sie hatte mit hellwachen Sinnen jeden seiner Finger auf ihrem Rücken gespürt, ihre Brustwarzen waren hart wie Kirschkerne geworden. Eine Hand auf seine breiten Schultern zu legen, zu spüren, wie seine Muskeln arbeiteten, hatte sie erregt, und sie hatte sich danach gesehnt, zu erkunden, was sich unter dem Hemd befand.

Dennoch war der Tanz ein großer Fehler gewesen – fast so dumm, wie einen Wochenlohn im Spa auszugeben oder drei Stücke Schokoladentorte auf einmal zu essen.

Nun war sie auf dem Weg zum Sinatra-Saal zu einer Veranstaltung im Rahmen des Kongresses. Zuvor wollte sie sich in der Cafeteria im Foyer noch Kaffee und einen Muffin besorgen.

„Da bist du ja, Danielle“, hörte sie Randals Stimme. „Gestern Abend habe ich dich glatt verpasst.“

„Guten Morgen, Randal.“

„Gehst du auch zur Podiumsdiskussion?“

Eigentlich wollte sie verneinen, damit er sich nicht zu ihr setzte, doch wenn er sie später im Saal entdeckte, wäre es ihr grässlich peinlich. „Ja. Aber erst hole ich mir Kaffee.“ Sie bog zur Cafeteria ab.

„Gute Idee. Ich lade dich ein. Wie geht es dir in Chicago?“

„Gut. Wir haben unglaublich viel zu tun.“

„Hast du einen Brief von Nester und Hedley bekommen?“

„Habe ich.“ Sie reihten sich in die Schlange vor dem Schalter ein.

„Und, was sagst du zu ihrem Angebot?“

„Hast du irgendetwas damit zu tun?“

Abwehrend hob Randal die Hände. „So viel Einfluss habe ich leider nicht.“

Danielle betrachtete ihn eingehend. Sie wusste nicht recht, ob sie ihm glauben sollte. „Hast du mich den Partnern gegenüber erwähnt?“

„Wirklich nicht. Sie waren fasziniert von der Art, wie du den Zusammenschluss von Schneider und Pistar durchgezogen hast.“

Das Argument überzeugte sie nicht. „Wie haben sie davon erfahren?“

„Die ganze Branche spricht darüber. Die Fusion war kartellrechtlich schwierig durchzusetzen, deine Chancen standen schlecht.“

Die Schlange setzte sich in Bewegung, Kunden aus der Cafeteria drängten an ihnen vorbei nach draußen. Es roch nach Zimt und Zuckerguss und ihr lief das Wasser im Mund zusammen. Eigentlich wollte sie etwas Gesundes essen, aber die Süßigkeiten dufteten allzu verlockend.

„Erst vergangene Woche habe ich zu Laura gesagt …“

„Gehört sie zu den Partnern?“, unterbrach Danielle ihn.

„Nein, Laura ist meine Freundin.“

„Du hast eine Freundin?“

„Wundert dich das etwa?“

„Nein, ich …“ Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Bis zu diesem Zeitpunkt war sie davon ausgegangen, dass er an ihre alte Beziehung anknüpfen wollte.

„Schließlich bin ich jung, halbwegs intelligent, sehe nicht allzu schlecht aus und vor mir liegt eine glänzende Karriere.“

„Da hast du allerdings recht“, stimmte sie ihm halbherzig zu.

Randal lachte leise. „Du solltest wirklich nach Washington kommen. Da spielt die Musik.“

„Langweilig ist es in Chicago auch nicht.“

Endlich kamen sie an die Reihe.

„Hast du dort nicht schon alles erreicht?“ Randal bestellte zwei Kaffee, einen mit Milch und Zucker, einen schwarz für sie. „So trinkst du ihn doch noch?“

Danielle nickte. „Ich hätte gern einen Blaubeermuffin dazu.“

„Für mich auch einen.“ Randal zückte seine Brieftasche.

„Du musst mir den Kaffee nicht ausgeben.“

„Das würdest du nicht sagen, wenn du die vielen Nullen auf meinem Bonusscheck gesehen hättest. Komm zu uns. Das Gehalt, das die Partner dir anbieten, ist erst der Anfang.“

„Ich denke drüber nach.“ Sie nahm den Kaffee und ihren Muffin.

„Gut.“

Autor

Barbara Dunlop
Barbara Dunlop hat sich mit ihren humorvollen Romances einen großen Namen gemacht. Schon als kleines Mädchen dachte sie sich liebend gern Geschichten aus, doch wegen mangelnder Nachfrage blieb es stets bei einer Auflage von einem Exemplar. Das änderte sich, als sie ihr erstes Manuskript verkaufte: Mittlerweile haben die Romane von...
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