Liebe, Lüge und ein Lord

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Das Glück von Gabriel, Duke of Winterbourne, zerbrach in jener Nacht, als seine bezaubernde Gattin seinen Sohn zur Welt brachte. Denn da war Gabriel in einer geheimen Mission unterwegs, um die Sicherheit des Prinzen zu gewährleisten. Während Olivia glaubte, er sei bei einer Geliebten! Eiskalt behandelt sie ihn seitdem. Aber jetzt überrascht sie ihn mit einer Bitte: Sie will ein zweites Kind. Ist das der Neubeginn ihres zärtlichen Eheglücks? Ausgerechnet jetzt, wo Gabriel erneut geheim für die Sicherheit des Prinzen sorgen soll …


  • Erscheinungstag 23.06.2020
  • Bandnummer 604
  • ISBN / Artikelnummer 9783733748227
  • Seitenanzahl 256
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

London, England – 1818

Beschossen zu werden verdarb Gabriel Pearce, dem Duke of Winterbourne, wie immer die Laune. Dabei spielte es keine Rolle, dass er dieses Mal gar nicht das Ziel des Angriffs war. Es spielte keine Rolle, dass er den Prinzregenten gerettet hatte, indem er ihn in der Kutsche zu Boden gerissen hatte. Und es spielte auch keine Rolle, dass der Schuss ihn nur knapp verfehlt hatte. Beschossen zu werden empfand Gabriel als ein Ärgernis, und es bedeutete, dass sein geordnetes Leben für eine unvorhersehbare Zukunft ins Chaos gestürzt wurde.

Drei Stunden nachdem seine Kutsche die ausgefahrene Landstraße entlanggerast war, um den Prinzregenten nach Carlton House in Sicherheit zu bringen, stand Gabriel in seinem Ankleidezimmer und versuchte, seine Krawatte zu einem perfekten Trône d’Amour zu binden. Er hatte es schon unzählige Male getan, und man sollte meinen, er würde das Binden des Knotens im Schlaf beherrschen. Doch offensichtlich lenkten ihn die Ereignisse des heutigen Tages zu sehr ab.

Er trat näher an sein Spiegelbild heran und riss sich das Leinen vom Hals. Teufel noch eins! Der Knoten darf sich doch nicht kräuseln! Hodges, sein Kammerdiener, reichte ihm umgehend eine frisch gestärkte Halsbinde.

„Binde dir einfach eine Wasserfallkrawatte und lass es gut sein“, rief sein Bruder Andrew, als er das Zimmer betrat. Gleich darauf ließ er sich in den Lehnsessel neben dem Spiegel fallen.

„Viel zu gewöhnlich“, entgegnete Gabriel und konzentrierte sich wieder auf seine Aufgabe.

„So trage ich meine Krawatten immer.“

Gabriel warf einen kritischen Blick auf Andrew, vom braunen Gehrock bis zu den schlichten Schuhen, und hob eine Braue.

„Ah, ich verstehe“, sagte Andrew grinsend. „Eines Tages werde ich dich schockieren und etwas tragen, das du für angemessen hältst.“

„Wenn du mir endlich gestatten würdest, einen akzeptablen Kammerdiener für dich zu suchen, würdest du nicht lange auf diesen Tag warten müssen.“

„Ich bin sehr zufrieden mit meinem Diener, vielen Dank. Wie viele Halsbinden haben Sie meinem Bruder bereits gereicht, Hodges?“

„Sechs, Mylord.“

Andrew seufzte und betrachtete die Kassettendecke. „Soll ich in deinem Studierzimmer warten? Wenn du nach höchster Vollendung strebst, könnte es hier noch eine Weile dauern. In der Zeit könnte ich mir genauso gut deinen feinen Brandy schmecken lassen.“

„Ich bin gleich so weit. Der Brandy steht am Fenster.“ Gabriel schloss die Augen und schaffte es, die Gedanken an Schüsse, splitterndes Glas und einen verängstigten Prinzregenten zu vertreiben. Er konzentrierte sich auf jede Drehung des Stoffes, bis er schließlich den perfekten Knoten gebunden hatte.

Nun konnte er sich wichtigeren Dingen zuwenden.

Er nickte Hodges zu, und der ältere Mann verließ den Raum.

„Bitte sag mir, dass wir den Schurken gefangen haben“, sagte Gabriel und nahm ein Glas Brandy von seinem Bruder entgegen.

Andrew warf sich wieder in den Sessel und streckte seine langen Beine weit von sich. „Spence sprang vom Kutschbock, sobald alle Schüsse abgefeuert waren, und hat den Mann gefasst. Er wurde in den Tower gebracht, doch er weigert sich, zu reden.“

Gabriel nahm seinen ersten Schluck Brandy, seit er nach Hause zurückgekehrt war. Das Getränk brannte in seiner Kehle, löste jedoch die Anspannung in seinen Muskeln nicht. „Wir müssen wissen, ob er allein gearbeitet hat, koste es, was es wolle. Bring ihn zum Reden.“

Andrew zog einen Papierfetzen aus der Tasche und hielt ihn in die Höhe. „Ich denke, dass ihm jemand geholfen hat. Dies hier haben wir bei ihm gefunden. Jemand muss dem Schützen diese Information gegeben haben.“

Auf dem Papier standen ein Datum, der Name der Straße und der Stadt, in der sie gewesen waren. Dazu gab es eine Skizze von dem Wappen des Duke of Winterbourne. Wer auch immer dem Schützen diese Information zugesteckt hatte, hat gewusst, dass der Prinzregent heute mit mir reisen würde, und er hat gewusst, wohin wir wollten, überlegte Gabriel. Aber wie konnte das sein, wenn der Prinz ihn erst gestern Abend davon in Kenntnis gesetzt hatte, dass er mit ihm zusammen reisen wollte, um ein Gemälde zu erwerben?

Gabriel hielt sich das Papier an die Nase und schnupperte daran. Er nahm einen unvertrauten, beißenden Geruch nach Fett und Tabak wahr. Der Buchstabe „M“ hatte einen interessanten Schwung, aber sonst gab es keine Hinweise auf den Verfasser. „Die Botschaft ist nicht verschlüsselt. Wir scheinen es also mit einem unerfahrenen Haufen zu tun zu haben.“

Während er erneut an seinem Brandy nippte, überdachte Gabriel die vorliegenden Informationen. Er war der Mann, der für die Sicherheit der Krone verantwortlich war. Im ganzen Land grassierten Unruhen. Wenn er und seine Männer versagten und König George oder dem Prinzregenten etwas zustieß, würde das Land in Anarchie versinken.

„Wie ist es Prinny ergangen?“, fragte Andrew und riss ihn aus seinen Gedanken.

Nur wenige Menschen durften den Prinzregenten bei seinem Spitznamen nennen. Andrew und Gabriel gehörten zu ihnen.

„Er ist erschüttert, aber unverletzt.“

„Und dir?“

„Der Kratzer an der Stirn stammt vom zersplitterten Glas, und ich habe mir meine rechte Schulter leicht geprellt. Wie du weißt, habe ich schon Schlimmeres überlebt.“ Er gab Andrew das Papier zurück. „Zeig das Hartwick. Er kann vielleicht den Geruch identifizieren. Fahr zum Tower und benachrichtige mich, wenn der Schütze sein Schweigen bricht. Ich muss wissen, wer den Tod des Prinzen wünscht.“

Andrew stand auf und stellte sein Glas auf den nächsten Tisch. „Bitte richte Olivia und Nicholas aus, dass ich meine Abwesenheit sehr bedaure. Dir fällt gewiss eine gute Ausrede ein, warum ich seine Breeching-Zeremonie versäume.“

Teufel noch eins! Nicholas würde enttäuscht sein, wenn sein Lieblingsonkel bei so einer wichtigen Gelegenheit im Leben des kleinen Jungen fehlen würde. Doch Andrew war der einzige Mensch, dem Gabriel vollkommen vertraute. Er musste die Antworten haben, und Andrew würde dafür sorgen, dass er sie bekam. Er schüttelte seine Schuldgefühle ab. „Lass dich am Anfang kurz blicken und schleich dich hinaus, sobald die Zeremonie beginnt.“

„Gut. Ich schicke dir eine Nachricht, sobald wir mehr wissen.“

„Und sei vorsichtig!“

„Das bin ich doch immer.“

Nach einem Blick auf die vergoldete Bronzeuhr auf dem Kaminsims stieß Gabriel einen leisen Fluch aus. Er war spät dran. Jetzt würde er das übliche eiskalte Auftreten seiner Gattin ertragen müssen. Er nahm noch einen Schluck von seinem Brandy und wappnete sich für die Begegnung mit der Frau, die er geheiratet hatte.

Olivia, die Duchess of Winterbourne, ließ ihren Neffen Michael auf den Knien hüpfen und warf einen weiteren Blick auf die Standuhr neben der Salontür. Nicholas’ Breeching-Zeremonie hätte schon vor zwanzig Minuten beginnen sollen. Ihr Sohn konnte es kaum erwarten, diesen ersten Schritt auf dem Weg zum Mann hinter sich zu bringen. Er würde keine Kleidchen mehr anziehen müssen, sondern ab jetzt Hosen tragen dürfen. Wie viel länger wollte Gabriel sie alle noch warten lassen?

Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf ihre Schwiegermutter, die ganz in der Nähe saß. Als ihre Blicke sich trafen, warf die Herzoginwitwe ihr einen mitfühlenden Blick zu.

Ihre Schwester Victoria setzte sich neben sie. „Meinst du, er hat es vergessen?“

„Welcher Mann vergisst die Breeching-Zeremonie seines Sohnes?“ Olivia rieb sich die Stirn und hoffte, dass ihr Gatte nicht so ein Mann war. „Mr. James ist ein zuverlässiger Sekretär. Ich bin sicher, dass er Gabriel daran erinnert hat.“

„Vielleicht war sich Mr. James unsicher wegen der Uhrzeit.“

Olivia hatte ihn während ihres üblichen morgendlichen Treffens an die Zeit erinnert. Nein, diese Verspätung war allein Gabriel zuzuschreiben. Sie würde ihm noch fünf Minuten geben, dann würde sie nach Bennett klingeln, damit er ihn suchte. Dabei sollte es sie nicht überraschen, dass Gabriel zu spät kam. Schon vor langer Zeit hatte sie gelernt, dass Gabriel nur an sich selbst dachte. „Ich bin sicher, dass Mr. James ihm die richtige Uhrzeit mitgeteilt hat.“

„Sprecht ihr wirklich gar nicht mehr miteinander?“, erkundigte sich Victoria.

„In seiner Gegenwart fühle ich mich immer noch an das erinnert, was er getan hat. Es ist besser, wenn ich ihm aus dem Weg gehe.“

„Mutter hat uns beigebracht, von den Männern, die wir heiraten, nichts zu erwarten. Sie hat stets gesagt, dass wir für sie nur ein Mittel sind, um einen Erben zu bekommen. Du hättest auf sie hören sollen“, sagte Victoria sanft.

Ihre Mutter sprach aus Erfahrung. Ihr Gatte hatte sie nur geheiratet, um eine politische Allianz mit ihrem Vater, dem Duke of Strathmore, zu schmieden. Er hatte nie Interesse an der Person seiner Frau gezeigt, und auch die Gefühle seiner Töchter waren ihm gleichgültig gewesen. Ihr Vater hatte Victoria nur deswegen dem Marquess of Haverstraw zur Frau gegeben, weil dessen Ländereien an den Besitz der Wiltshires grenzten. Und er hätte nicht erfreuter sein können, als der Duke of Winterbourne, ein Günstling des Prinzregenten, ein gewisses Interesse an Olivia gezeigt hatte. Seine Freude hatte nichts mit den Gefühlen seiner Tochter in dieser Angelegenheit zu tun. Kein einziges Mal hatte er mit ihr über Gabriel gesprochen, weder bevor noch nachdem er der Hochzeit zugestimmt hatte.

Doch Gabriel hatte sie überrascht. Er hatte ihr zugehört und sich wirklich für ihre Meinung und ihre Neigungen interessiert. Die volle Aufmerksamkeit eines Mannes zu haben, der so gut aussah und so mächtig war, war berauschend gewesen.

Nachdem er ihr etwa einen Monat lang den Hof gemacht hatte, war er so rücksichtsvoll, sie zuerst um ihre Hand zu bitten, ehe er ihren Vater fragte. Närrischerweise hatte Olivia sich in ihn verliebt und glaubte, dass er ihre Liebe eines Tages erwidern würde. Aber das hat er nie getan.

„Man kann dem Herzen nicht vorschreiben, wohin es sich wendet“, sagte sie zu Victoria. Wenn das möglich wäre, hätte es ihr unzählige tränenreiche Nächte erspart.

„Ich habe nie verstanden, warum du ihn in dein Herz gelassen hast. Ihr habt euch doch ständig gestritten.“

„Das haben wir nicht. Wann hast du das je erlebt?“

„Normalerweise während des Dinners.“

„Eine Diskussion mit unterschiedlichen Standpunkten ist kein Streit.“

„Mich würden solche Gespräche mit Haverstraw ermüden.“ Victoria streckte die Arme nach ihrem Sohn aus. „Ich kann Michael nehmen. Ich fürchte, er ist ziemlich schwer geworden.“

Olivia ließ Michael höher hüpfen, und freute sich, als das Kind anfing zu glucksen. „Unsinn, er ist leicht wie eine Feder. Ich erinnere mich noch daran, wie ich Nicholas so mühelos hochheben konnte. Jetzt wird man ihm seine Löckchen abschneiden, und er wird seine Kleidchen gegen kurze Hosen und maßgefertigte Jäckchen tauschen.“

Als sie ihre Nase an Michaels feinem blonden Haar rieb, griff er nach einer Locke, die sich aus ihrer Frisur gelöst hatte. „Ich vermisse den Geruch eines Babys.“

„Wenn du ihn hältst, nachdem er gegessen hat, wirst du deine Meinung rasch ändern.“

Olivia lächelte.

Und dann spürte sie es. Obwohl sie versuchte, das Gefühl zu unterdrücken, wusste sie irgendwie immer, wenn Gabriel einen Raum betrat. Es war, als würde ein unsichtbares Band direkt von ihm zu ihr führen.

Seine hochgewachsene, breite Gestalt versperrte den Blick auf den Korridor hinter ihm. Seiner ruhigen Miene nach zu urteilen war ihm nicht klar, dass sich die Zeremonie seinetwegen verzögert hatte. Oder es war ihm schlicht gleichgültig.

Als würde er die unsichtbare Verbindung ebenfalls spüren, suchte Gabriel ihren Blick und nickte höflich. Er sah sich im Zimmer um. Seine wie gemeißelt wirkenden Züge blieben ungerührt, bis er Nicholas erblickte, der aus dem Fenster schaute. Erst da hoben sich seine Lippen zu einem Lächeln, und an seinen haselnussbraunen Augen bildeten sich kleine Fältchen.

Olivia zwang sich, den Blick abzuwenden. Vor Jahren einmal hatte dieses Lächeln ihr gegolten, und es hatte ihr Herz stets schwellen lassen. Jetzt zog sich ihr Herz schmerzlich zusammen, wann immer sie Zeugin dieses Lächelns wurde.

Gabriel begrüßte zuerst ihre, dann seine Mutter, ehe er auf Olivia zukam. Sein Blick wurde kurz weicher, als er Michael ansah, der sich gerade die kleine Faust in seinen Mund schob.

„Duchess, Lady Haverstraw, ich hoffe, ihr seid beide wohlauf?“, sagte er steif und förmlich.

Sein Brand-Atem verriet Olivia, womit er sich beschäftigt hatte, während ihre Familien auf ihn gewartet hatten. „Vielen Dank, das sind wir. Da du recht spät gekommen bist, nehme ich an, dass es dir nicht so gut geht? Aber ich merke, dass du dich mit etwas Brandy entspannt hast, während wir uns darum sorgten, wie lange wir die Kinder noch hinhalten können, ehe sie anfangen, an den Vorhängen emporzuklettern“, sagte sie in dem süßesten Tonfall, den sie fertig brachte.

„Vergib mir. Dringende Geschäfte hielten mich bis jetzt auf. Hätte ich mich früher losmachen und mich zu euch gesellen können, hätte ich es getan.“

Als er den Kopf abwandte und Andrew ansah, der sich Nicholas näherte, fiel ihr eine feine rote Linie über Gabriels linker Braue auf.

„Hast du dich heute beim Ankleiden verletzt?“

Er begann, den goldenen Siegelring an seinem kleinen Finger zu drehen. „Ich bin heute Morgen gegen einen tiefhängenden Zweig im Park geritten.“

Ein einziges Mal hatte sie erlebt, dass er mit diesem Ring herumspielte. Damals hatte er nach Nicholas’ Geburt an ihrem Bett gestanden – und sie hatte ihn kurz darauf aus dem Zimmer geworfen. „Ich kann mir vorstellen, dass du ein paar Worte sagen möchtest, bevor die Zeremonie beginnt.“

Einen flüchtigen Moment lang starrte er sie ausdruckslos an. „Natürlich.“

„Sehr schön. Während du deine Gedanken sammelst, informiere ich Nicholas, dass wir endlich anfangen können.“ Sie setzte ihren Neffen auf Victorias Schoß. Als sie aufstand, wehte ihr eine weitere Brandy-Wolke entgegen. Gabriel machte es ihr wirklich schwer, dem Drang zu widerstehen, ihm auf den Fuß zu treten, als sie an ihm vorbeiging.

Sobald die Kutschen mit den letzten Gästen in die Auffahrt einbogen und verschwanden, kehrte Olivia in den Grünen Salon zurück. Ihre Schwiegermutter saß auf einem Sofa und sah Gabriel und Nicholas zu, die am anderen Ende des Raumes ein Kartenhaus bauten. Gabriel lag ausgestreckt auf dem Aubusson-Teppich und stützte sich auf die Ellenbogen. Olivia rief sich in Erinnerung, wann sie ihn das letzte Mal in so lässiger Pose gesehen hatte. Es war vor sechs Jahren gewesen, auf dem Teppich in ihrem Schlafzimmer. Sie kniff die Augen zusammen und versuchte, das Bild aus ihrem Kopf zu vertreiben.

Sie brauchte ein Glas Wein, doch leider gab es nur Tee. Sie ging zum Tisch mit den Tassen und sah Gabriels Mutter an. „Möchtest du noch einen Tee, Catherine?“

„Wenn du auch noch eine Tasse nimmst. Es war doch recht anstrengend. Ein Tee wird mir guttun.“

Olivia reichte Catherine eine Tasse und schenkte sich selbst ebenfalls ein. Sie unterdrückte den Impuls, noch einmal zu Gabriel zu blicken. Es war ihr nahezu unmöglich, seine Anwesenheit noch sehr viel länger zu ertragen. Gegen den Unmut, der sich in ihr aufstaute, würde auch der Tee nicht helfen.

„Der Sohn deiner Schwester ist wirklich bezaubernd“, sagte Catherine und machte Platz, damit Olivia sich neben sie setzen konnte. „Als ich dich mit ihm gesehen habe, dachte ich daran, wie du vor wenigen Jahren mit Nicholas gespielt hast. Und jetzt sieh ihn dir an. In diesem Anzug und mit geschnittenen Haaren sieht er aus wie eine kleinere Ausgabe seines Vaters und seiner Onkel.“ Sie musterte Olivia über den Rand ihrer Tasse hinweg. „Bald wird er alt genug sein, um seine Ausbildung in Eton zu beginnen.“

Olivia blieb das Herz stehen. Das würde Gabriel ihr nicht antun! Oder? „Hat dein Sohn dir gegenüber erwähnt, dass er ihn fortschicken will?“

„Du bist die Mutter seines Erben. Habt ihr beide noch nicht über seine weitere Erziehung gesprochen?“

Olivia schüttelte den Kopf. „Ich nahm an, er würde wie sein Vater weiterhin zu Hause unterrichtet werden, bis er nach Cambridge geht.“ Sie schaute kurz zu Gabriel und fragte sich, ob er andere Pläne hatte.

„Gut möglich. Aber du wirst es nicht mit Sicherheit wissen, solange du nicht mit ihm darüber sprichst.“ Catherine warf ihr einen abwägenden Blick zu, ehe sie ihre Aufmerksamkeit auf ihren Sohn und ihren Enkel richtete. „Mein Mann hat auch immer Kartenhäuser mit den Jungen gebaut, als sie noch Kinder waren. Er hatte einen wahren Narren an ihnen gefressen.“

Olivia beneidete die Frau. Das erste Jahr ihrer eigenen Ehe war zwar wunderbar gewesen, doch das hatte sich nach Nicholas’ Geburt geändert. Sie schaute noch einmal zum Teppich und beobachtete das spielerische Miteinander von Vater und Sohn. Olivia wusste, dass Gabriel den Jungen liebte, aber sie wollte nicht mit ansehen, wie er sich väterlich mit ihm beschäftigte.

„Nicholas braucht einen Bruder.“

Der Schluck Tee, den sie gerade im Mund hatte, stieg ihr fast in die Nase. Sie musste so heftig husten, dass Vater und Sohn zu ihr herüberblickten.

„Geht es dir gut, Mama?“, fragte Nicholas, und die hochgezogene Braue ließ ihn tatsächlich wie eine kleinere Ausgabe des Mannes neben ihm aussehen.

Olivia nickte und versuchte, den Hustenreiz zu unterdrücken. Als der Husten nachließ und das Brennen in ihrer Nase weniger wurde, tupfte sie sich verstohlen die Augen.

„Gabriel braucht noch einen Sohn“, bekräftigte Catherine.

Olivia wusste, dass es niemals dazu kommen würde – es sei denn, sie würde unbefleckt empfangen. Nie wieder würde sie Gabriel in ihrem Bett dulden. „Nicholas ist ein gesunder Junge. Wir haben bereits unseren Erben.“

„Im Leben gibt es keine Sicherheit. Es ist klug, für unvorhergesehene Ereignisse vorzuplanen. In dieser Familie ist man stolz auf die ungebrochene direkte Erbfolge. Es sollte doch nicht weiter schwer für dich sein, noch ein Kind zu bekommen.“

Olivia weigerte sich, ihre Schwiegermutter anzusehen. Ein scharfer Schmerz zerschnitt ihr das Herz bei dem Gedanken, ihr kleiner Junge könnte sterben.

„Gewiss habt Gabriel und du doch schon darüber gesprochen, weitere Kinder zu bekommen.“

„Oh, natürlich“, murmelte Olivia und nahm einen stärkenden Schluck Tee.

„Dann muss man also nur die Natur ihren Lauf nehmen lassen?“

„Du sagst es.“

Als sie begriffen hatte, dass sie keine weiteren Kinder mehr bekommen würde, hatte sie das Gefühl gehabt, jemand hätte ihr ein Stück ihres Herzens herausgerissen. Falls Gabriel vorhatte, Nicholas auf ein Internat zu schicken, würde das eine weitere gewaltige Lücke in ihr Leben reißen, die sie durch nichts würde füllen können. Dann wäre sie allein und hätte niemanden mehr, den sie lieben könnte.

Gabriel atmete tief durch, als Olivia auf ihn und Nicholas zukam. „Es ist Zeit, ins Bett zu gehen, mein Liebling“, sagte sie zu dem Jungen.

Gabriel erinnerte sich, diese Worte bereits zuvor gehört zu haben. Es war in der letzten Nacht gewesen, in der er Erfüllung bei einer Frau gefunden hatte – das letzte Mal, als er mit seiner Frau geschlafen hatte. Er biss sich auf die Lippe, um das Bild von Olivia zu vertreiben, wie sie unter ihm lag und ihre weichen Schenkel an ihn presste. All die Jahre der Entfremdung hatten sein Verlangen nach ihr nicht gemindert.

„Sieh dir nur unsere mächtige Burg an, Mama. Sie ist fast so hoch wie ich.“

„Ich bin wirklich beeindruckt. Du hast eine sehr ruhige Hand.“

Nicholas sah seinen Vater aus großen haselnussbraunen Augen an. „Muss ich wirklich schon zu Bett, Papa? Ich bin doch bereits fast ein Mann.“

Gabriel schaute kurz zu Olivia, um ihre Reaktion abzuschätzen. Sie hatte den Kopf geneigt und den Blick auf Nicholas gerichtet, sodass er ihre Gesichtszüge nicht erkennen konnte. Unwillkürlich blickte er auf die sanfte Wölbung ihrer verlockenden Brüste, versteckt unter der zitronenfarbenen Seide ihres Kleides. Wie gerne würde er erst bei der einen, dann bei der anderen Brust die Kurven nachzeichnen! Er ballte die Hände, um das Zittern der Finger zu unterdrücken. Ihr so nahe zu sein war immer eine Qual. „Wenn deine Mutter sagt, es sei Zeit fürs Bett, dann musst du gehorchen. Aber wir können unsere Burg nicht in die Hand von Feinden fallen lassen. Warum reißt du sie nicht ein, bevor sie angreifen, während wir schlafen?“

„Was für eine prima Idee!“

Sogleich begann sein Sohn damit, die Festung zu zerstören. „Gut gemacht, Nicholas. Und jetzt umarme deine Mutter und mich.“

Der Junge schlang ihm die Arme um den Nacken und drückte ihn fest. Als er seinen Griff lockerte, grinste er so breit, dass seine Zahnlücke deutlich zu erkennen war. „Gute Nacht, Papa. Ich danke dir vielmals für dieses rassige Reittier.“

Bei diesen gestelzten Worten schlug Olivia sich eine Hand vor den Mund, um nicht laut aufzulachen, und Gabriel biss sich auf die Lippe. Ihre Blicke trafen sich kurz, bevor sie sich hastig abwandte.

„Wer hat dir das denn beigebracht?“, frage Gabriel, ehe er eine Hand hob. „Unwichtig, ich glaube, ich weiß schon, welcher Onkel es war. Das ist nicht die Art, wie ein zukünftiger Duke mit seinem Pferd spricht.“

„Onkel Andrew hat gesagt, mein Pferd sei eine richtig süße Stute. Er sagt, ein Gentleman, der ein echter Kerl sein will, braucht ein edles Vollblut, um das die anderen Herren ihn beneiden. Er sagte, ich soll ihn nicht so nennen, wie ein Mädchen ein Pferd nennen würde, nichts mit Blumen oder so. Weißt du, dass ich eines Tages, wenn ich gut reiten kann, mit ihm zur Fuchsjagd darf? Zu einer richtigen Jagd! Onkel Andrew sagt, dass er mich mitnehmen wird. Ich kann an dem Tag den Unterricht ausfallen lassen, und dann nimmt er mich mit zur Fuchsjagd! Gehst du mit mir reiten, Papa? Darf ich morgen auf meinem Pferd reiten?“

Es war ein Wunder, dass sein Sohn nicht außer Atem geriet. „Vielleicht können wir morgen vor dem Frühstück im Hyde Park ausreiten.“

Voll Vorfreude stieß der Junge einen Schrei aus.

„Aber dafür musst du früh aufstehen“, fuhr Gabriel fort. „Viele Dinge erfordern meine Aufmerksamkeit, und ein Gentleman kommt stets seinen Pflichten nach. Schaffst du es, bei Sonnenaufgang aufzustehen?“

Nicholas umarmte ihn erneut. „Oh ja! Ich verspreche dir, ich werde vor dir wach sein!“

Gabriel drückte seinen Sohn fest an sich. Es fiel ihm immer schwer, den Menschen loszulassen, der ihm mehr bedeutete als alle anderen.

Sein Sohn sprang auf und drehte sich zu Olivia um. „Mama, hast du das gehört? Papa wird morgen mit mir ausreiten!“

„Ja, ich habe es gehört. Du und Butterblume werdet einen wunderbaren Anblick bieten.“ Ihre Lippen zuckten und verrieten den Schalk hinter ihrem ernsten Tonfall.

Nicholas’ Züge verhärteten sich, sodass er älter als seine fünf Jahre aussah. „Ich kann mein rassiges Reittier doch nicht Butterblume nennen. Onkel Andrew sagt, ich muss ihm einen gefährlichen Namen geben.“

Olivia biss sich auf die Lippe und schien gründlich über seine Bemerkung nachzudenken. „Oh, du meinst so etwas wie Rosenbusch.“

Er runzelte die Stirn. „Rosenbusch? Das ist doch nicht gefährlich.“

„Hast du dich noch nie an einem Rosendorn gestochen? Ich versichere dir, Rosenbüsche können durchaus gefährlich sein.“

Nicholas sah zwischen seinen Eltern hin und her. „Meint sie das ernst?“

Gabriel stand auf und fing Olivias Blick auf, eher er Nicholas mit einem leichten Achselzucken antwortete. „Deine Mama ist ein Mädchen. Mädchen verstehen so manches nicht“, sagte er neckend. „Wir werden einen edlen Namen für dein Ross finden.“

„Onkel Andrew sagt, ich sollte ihn Cazznoah nennen. Ich sagte ihm, das sei ein alberner Name, aber er hat nur gelacht. Cazznoah ist doch ein alberner Name, Papa, oder?“

Gabriel schloss die Augen und holte tief Luft. „Ja, Nicholas, Casanova ist ein sehr alberner Name für ein Pferd.“

Olivia räusperte sich und sah ihn an. Ihr missbilligender Blick über Andrews Vorschlag sprach Bände. Andrew liebte es, sich einen Spaß auf Kosten seines älteren Bruders zu machen, aber dem Jungen vorzuschlagen, sein Pferd nach einem Frauenhelden zu benennen, ging eindeutig zu weit. Olivia sah es offenkundig ebenfalls so. Es brauchte keine Worte, um ihre Missbilligung zu erkennen.

„Wünsche deiner Großmutter eine gute Nacht, Nicholas“, sagte sie und wandte sich ab. „Sie wäre enttäuscht, wenn sie dir keine schönen Träume wünschen dürfte.“

Nachdem der Junge sich artig von seiner Großmama verabschiedet hatte, betrachtete Gabriel das vertraute Bild, als Olivia und Nicholas den Raum verließen. Er starrte die Tür an. Wie lange würde er noch auf die Ergebnisse der Befragung des Attentäters warten müssen?

Seine Gedanken drifteten zu einer stürmischen Nacht vor langer Zeit. Sein Körper war ausgekühlt von einem Regenguss, der es indes nicht schaffte, den ekelerregenden Geruch von Blut aus der Luft zu waschen. Gabriel hatte sich geschworen, dass so etwas nie wieder geschehen würde. Andrew konnte er bedingungslos vertrauen.

Er strich seine Ärmel glatt und ging hinüber zu seiner Mutter. „Bist du sicher, dass Andrew als Kleinkind nicht irgendwann böse auf den Kopf gefallen ist?“

Lachend reichte sie ihm eine Tasse Tee. „Das würde in der Tat einiges erklären. Aber ich versichere dir, dass nichts dergleichen geschehen ist. Wie schade, dass ihm nicht wohl war und er nicht bleiben konnte. Ich glaube, ich werde ihn morgen besuchen, um zu sehen, ob es ihm besser geht.“

Gabriel setzte sich neben sie. Bei der Vorstellung, ihre Mutter könnte einen Riesenwirbel um Andrew machen, obwohl sein Bruder so etwas verabscheute, musste er fast grinsen. Leider zwangen ihn die Umstände dazu, sie von ihrem Vorhaben abzubringen. „Zufällig weiß ich, dass der Bursche den Nachmittag auf recht fragwürdige Weise verbracht hat. Er wird vermutlich nur unter den Folgen leiden.“ Zumindest konnte er sich auf die Lektion freuen, die Andrew das nächste Mal von seiner Mutter zu hören bekommen würde.

Er nippte an seinem Tee, schloss die Augen und genoss das köstliche Aroma. Er durfte nicht vergessen, James anzuweisen, Olivia auszurichten, dass diese Mischung vorzüglich war.

„Ich habe mit Olivia darüber gesprochen, dass ihr unbedingt noch ein Kind haben müsst.“

Der Husten begann in seiner Kehle und stieg ihm sofort in die Nase.

„Was gab dir das Recht, so etwas zu sagen?“, fragte er, als der Hustenanfall endlich vorüber war.

„Nun, es ist einfach Zeit für ein zweites Kind.“ Seine Mutter hob majestätisch die Brauen, eine Geste, bei der er sich innerlich immer noch duckte. „Du willst mir doch nicht weismachen, dass du es für klug hältst, nur einen Sohn zu haben – bei all der Verantwortung, die dein Titel mit sich bringt.“

„Ich bin mir meiner Verantwortung durchaus bewusst. Aber ich weiß auch, dass ich Brüder habe, die eines Tages Söhne haben werden. Falls es zum Äußersten kommen sollte.“

Die Augen seiner Mutter wurden schmal, und sie setzte ihre Tasse ab. „Das ist nicht dasselbe, und das weißt du auch. Du brauchst mehr Söhne, und du musst etwas deswegen unternehmen.“

Er schüttelte den Kopf über das ganz und gar untypische fordernde Auftreten seiner Mutter. „Was ist nur in dich gefahren, mich gerade jetzt daran zu erinnern?“

„Du bist zweiunddreißig. Deine Frau ist sechsundzwanzig. Die Zeit wird euch bald knapp. Ich verstehe nicht, wie ihr beide so zögerlich sein könnt.“

„Hast du deine Ansichten auch Olivia dargelegt?“

„Ich habe sie nur darauf hingewiesen, dass ein zweiter Sohn dringend vonnöten ist.“

Gabriel holte tief Luft. Seine Mutter hatte Olivia erklärt, dass sie miteinander das Bett zu teilen hatten? Der einzigen Frau auf der Welt, die mit Sicherheit nie wieder zulassen würde, dass er sie berührte? Es grenzte an ein Wunder, dass sie nicht Olivias Tee ins Gesicht bekommen hatte. Doch seine Frau hatte sich schon immer gut im Griff gehabt, wenn andere Personen zugegen waren. Wenn sie allein waren, konnte sie allerdings der reinste Drache sein.

„Und wie hat sie auf deinen Vorschlag reagiert?“

Seine Mutter zögerte, ehe sie geziert an ihrem Tee nippte. „Ich kann mich nicht erinnern“, murmelte sie.

Seine Halsbinde schien sich enger zusammenzuziehen, und er wünschte, er könnte diesen Tag noch einmal von vorn beginnen lassen. Natürlich wollte er noch ein Kind. Er erinnerte sich noch gut an die Kinderzeit, die er mit seinen Brüdern verbracht hatte. Er wollte das auch für Nicholas, aber das war nicht länger möglich. Schon vor Jahren hatte er sich mit dieser Tatsache abgefunden. „Ich weiß, dass du in bester Absicht gehandelt hast, aber bitte mische dich nicht ein.“

Auch wenn er noch ein Kind wollte – Gabriel wusste, dass Olivia ihn nie nah genug an sich heranlassen würde, um das zuwege zu bringen. Dieser Teil seines Lebens gehörte der Vergangenheit an.

2. KAPITEL

Von der Tür zum Blauen Salon in Carlton House aus konnte Gabriel den runden Tisch in der Mitte des Raumes sehen, der für Prinnys Frühstück gedeckt war. Für einen Mann allein waren so viele Speisen und Getränke aufgetragen worden, dass es auch für vier gereicht hätte.

Als Gabriel die Türschwelle überschritt, überraschte ihn der stämmige Prinzregent damit, dass er aufsprang, ihn zu sich heranwinkte und in die Arme schloss. Der Mann presste ihm den Brustkorb zusammen, sodass er kaum noch Luft bekam. Mühsam löste Gabriel sich von dem fülligen Prinzen und trat einen Schritt zurück, nur um ein weiteres Mal gepackt und fest gedrückt zu werden.

Als Prinny ihn endlich losließ, schlug er ihm auf die rechte Schulter – ausgerechnet diejenige, die er sich geprellt hatte, als er am Vortag im Inneren der Kutsche gegen die Wand gekracht war. Gabriel unterdrückte ein Stöhnen.

„Lassen Sie uns allein“, sagte der Prinzregent zu den vier Lakaien, die in ihrer blauen Livree mit Goldschnüren um den Tisch herum standen.

Die Männer zogen sich geräuschlos zurück, der letzte schloss die Tür hinter sich.

„Ich verdanke Ihnen mein Leben, Winterbourne. Sie haben mich mit Ihrem Körper geschützt. So viel Mut und Loyalität wie bei Ihnen findet man selten. Sie hätten Ihren Vater sehr stolz gemacht.“

Es folgte eine weitere feste Umarmung. Dieses Mal umklammerte der Prinz mit seiner fleischigen Pranke Gabriels verletzte Schulter. Teufel noch eins! Er wusste nicht, wie viel derartige Belobigung er noch ertragen konnte.

„Ich bin nur erleichtert, dass Sie unverletzt sind, Sir. Glauben Sie mir, ich weiß sehr gut, dass es nicht leicht für Sie ist, Carlton House nicht verlassen zu dürfen. Aber im Moment ist es der sicherste Ort für Sie.“

Prinny kehrte zu seinem Frühstück zurück und ließ sich völlig unmajestätisch in einen blauen Samtsessel fallen. Er winkte Gabriel zu sich heran. „Möchten Sie etwas essen? Wenn die Speisen Ihnen nicht zusagen, kann ich in der Küche bestellen, was Sie möchten.“

„Vielen Dank, aber ich habe bereits gegessen.“

„Dann vielleicht einen Drink?“

Auf dem Tisch standen unzählige Flaschen mit Wein, Champagner und Brandy. Der Prinz schien allen Getränken zuzusprechen. Gabriel lehnte dankend ab. Er musste bei klarem Verstand bleiben.

Prinny schnitt ein Stück von seiner Pastete ab. „Ich verstehe nicht, warum ich unbedingt hier bleiben muss. Mein Leben ist nicht länger bedroht. In Ihrer Mitteilung versicherten Sie mir, der Schurke sei gefasst.“

„Das stimmt. Doch ich glaube, dass er einen Helfer hatte, als er den Überfall auf Sie geplant hat. Ich komme gerade aus dem Verhörraum im Tower, doch dort war man noch nicht in der Lage, den Attentäter zu einem Geständnis zu bewegen.“

Prinny ließ seine Gabel fallen und griff nach dem Champagnerglas. Seine Hand zitterte, als er es an die Lippen führte. „Sie glauben also wirklich, dass noch jemand in England herumläuft, der plant, mich zu töten?“ Er leerte das Glas in einem Zug.

„Das tue ich, und aus diesem Grund ist es unerlässlich, dass Sie hier bleiben, wo man Sie die ganze Zeit bewachen kann.“

„Also gut“, erwiderte der Prinz seufzend. „Aber Sie müssen diese Person ohne Verzögerung finden. Devonshire gibt bald einen Ball, und es heißt, dass Mrs. Siddons demnächst im Theater in der Drury Lane auftreten wird. Und die neue Ausstellung in der Royal Academy soll fantastisch sein. Wenn ich zu lange hier bleibe, werde ich all diese Vergnügungen verpassen.“

„Ich werde mein Bestes geben, um die Angelegenheit so schnell wie möglich zu aus der Welt zu schaffen. Doch da die Bedrohung von überall kommen kann, halte ich es für klug, wenn nur Besucher vorgelassen werden, die absolut vertrauenswürdig sind.“

„Unsinn. Niemand, der mich hier besucht, will mir etwas Böses.“

Wenn das Leben nur so vorhersehbar wäre! „Erzählen Sie mir von dem Gentleman, von dem Sie das Gemälde erworben haben. Er schien überrascht, Sie zu sehen.“

„Das war er vermutlich auch. Er hatte einen meiner Agenten erwartet, um es für mich zu kaufen.“

„Es wäre hilfreich, wenn Sie sich erinnern könnten, wem gegenüber Sie unseren Ausflug erwähnt haben. Der Schütze hatte eine Skizze meines Wappens bei sich.“

Der Prinz schenkte sich selbst Champagner nach und schien ernsthaft über die Frage nachzudenken. Doch nach einer Weile schüttelte er den Kopf. „Ich könnte es bei Skeffingtons Musikabend ein paar Personen gegenüber am Rande erwähnt haben. Ein famoser Abend übrigens. Sie spielten eine Auswahl aus der ‚Hochzeit des Figaro‘. Sie hätten kommen sollen!“

„Die Oper reizt mich nicht“, sagte Gabriel leichthin. „Wem haben Sie es erzählt?“

Der Prinz zuckte die Achseln. „Ich erinnere mich nicht mehr. Ich sprach mit so vielen Menschen, und der Champagner floss in Strömen. Erstaunlicherweise hatte ich am nächsten Tag keine Kopfschmerzen. Aber das war, bevor ich Sie bat, mich zu begleiten.“

Um seine Verärgerung zu verbergen, blickte Gabriel zu dem imposanten Kronleuchter empor. Wenn der Prinz nur nicht so unbekümmert und prahlerisch daherkommen würde! „Und in Ihrem Haushalt? Wer wusste da, dass ich Sie in meiner Kutsche mitnehmen würde?“

„Ich hatte Bloomfield am Morgen informiert, aber er ist vertrauenswürdig.“

Gabriel kannte den Stallmeister des Prinzregenten und hielt den Mann ebenfalls für vertrauenswürdig. Gleichwohl würde er jemanden damit beauftragen, den Mann zu überprüfen. „Sehr wohl. Ich werde Sie informieren, sobald es für Sie ungefährlich ist, das Haus zu verlassen.“

„Sie erwarten doch nicht von mir, dass ich an so einem außergewöhnlichen Tag wie heute drinnen bleibe! Die Sonne scheint! Ich kann mich doch gewiss im Garten vergnügen.“

Gabriel spürte den Druck hinter seiner Stirn, und seine Anspannung wuchs. Warum hatte er oft das Gefühl, er hätte seinen fünfjährigen Sohn vor sich, wenn er mit Prinny zu tun hatte? Er beugte sich vor und faltete die Hände auf dem Tisch. „Ihr Garten grenzt an den St. James Park. Dort draußen wäre es sehr einfach für jemanden, an Sie heranzukommen.“

Der Prinz schnaubte ungehalten, ehe er sich den restlichen Champagner aus der Flasche einschenkte.

Gabriel rieb sich die Augen. Er musste nach Hause, wo er sich nicht mit jemandem auseinandersetzen musste, der so unvernünftig war. Sein häusliches Leben war wenigstens vorhersehbar.

Als Olivia an diesem Morgen das Kinderzimmer betrat, war Nicholas’ neuer Hauslehrer bereits bei ihm. Aufgeregt erzählte er dem Mann von seinem Ausritt mit seinem neuen Pony und dass sein Vater ihn auf die Rotten Row mitgenommen hatte, wo er zahlreiche modische gekleidete Gentlemen auf ihrem Morgenritt gesehen hatte. Nicholas wollte wissen, wann er alt genug sein würde, um selbst einen Kastorhut zu tragen.

Ihr kleiner Junge wuchs rasch heran.

Zum ersten Mal fiel Olivia auf, dass die Grübchen an seinen Händen allmählich verschwanden. Und Gabriel dachte möglicherweise darüber nach, ihn auf ein Internat zu schicken – oder, noch schlimmer, Nicholas könnte selbst darum bitten.

Olivia sank das Herz bei der Vorstellung, wie sehr sie ihn vermissen würde.

Den ganzen restlichen Vormittag musste Olivia daran denken, wie wunderbar es gewesen war, ihren kleinen Neffen auf dem Arm zu halten. Und am Nachmittag war sie so weit, sich unbedingt ein weiteres Kind zu wünschen, das sie herzen und lieben konnte.

Doch um noch ein Kind zu bekommen, musste sie ihren Mann bitten, ihr Bett mit ihr zu teilen. Sie wäre gezwungen, seine körperliche Nähe zu erdulden.

Vor fünf Jahren hatte sie ihm gesagt, sie könnte seine Berührungen nie wieder ertragen. Aber wenn sie noch ein Kind wollte, würde sie sich dazu erniedrigen müssen, ihre Ansage zu widerrufen.

Das war allerdings nichts, was sie seinem Sekretär sagen konnte, damit er es Gabriel ausrichtete. Mr. James würde auf der Stelle der Schlag treffen. Auch ihre Zofe konnte sie nicht damit beauftragen. Colette würde sofort Olivias feinstes Nachtgewand herauslegen und Rosenblätter auf ihr Bett streuen, ehe Gabriel ihrer Bitte überhaupt zugestimmt hatte.

Vielleicht sollte sie ihm einen Brief schreiben.

Nach mehreren Entwürfen, von denen manche zu lächerlich, andere zu kokett waren, entschied Olivia sich, ihn lediglich um ein Treffen zu bitten. Wenn sie sich bei ihrem Anliegen darauf konzentrierte, dass sie ein weiteres Kind brauchten, könnten sie der Frage aus dem Weg gehen, wie sie zu diesem zweiten Kind kommen konnten.

Und vielleicht würde es ihr sogar gelingen, die Bilder nackter Körper und die Erinnerung an innige Gespräche aus ihren Gedanken zu verbannen.

Um fünf Uhr am Nachmittag ließ Gabriel ihr durch Colette ausrichten, dass er jetzt bereit sei, sie zu sehen. Olivia stand vor der massiven Tür zu seinem Studierzimmer und presste die Hand auf den Bauch. Was, wenn Gabriel kein weiteres Kind wollte? Oder wenn er sie nicht mehr begehrenswert genug fand, um das Bett mit ihr zu teilen? Sie würde ihm nie wieder unter die Augen treten können.

Die Antworten, die sie brauchte, würde sie nicht hier in der Halle finden. Olivia straffte sich. Sie wusste, dass sie es für den Rest ihrer Tage bereuen würde, wenn sie ihn nicht darum bitten würde. Sie sammelte ihren Mut und klopfte an die schwere Eichentür.

Aus dem Inneren des Zimmers ertönte seine tiefe Stimme, als er sie hereinbat. Ihr Herz begann heftig zu pochen. Sie rieb sich die feuchten Hände am Rock ab und drehte den Türknauf. Als sie den beeindruckenden Raum betrat, entdeckte sie Mr. James, der vor Gabriels Schreibtisch stand und auf ein Dokument wartete, das ihr Mann gerade siegelte. Sobald er das Papier an sich genommen hatte, drehte der Sekretär sich zu ihr um und verbeugte sich. Er wirkte angespannt, aber diesen Eindruck hatte sie immer, wenn Mr. James sich mit Gabriel und ihr in einem Raum aufhielt. Stets sah er aus, als könnte er es nicht erwarten, das Zimmer zu verlassen.

„Guten Tag, Mr. James“, sagte sie und lächelte freundlich.

Höflich erwiderte er den Gruß, ehe er sich entschuldigte. Das Klicken der Tür hallte in Gabriels privatem Heiligtum nach. Jetzt gab es kein Zurück mehr.

Zum ersten Mal seit Jahren waren sie allein. Plötzlich kam ihr der großzügige Raum viel zu klein vor, und sie war sicher, dass Gabriel auf der anderen Seite des Zimmers ihren unregelmäßigen Atem hören konnte.

Eine gefühlte Ewigkeit standen sie da und starrten einander an. Schließlich kam Gabriel hinter seinem Schreibtisch hervor. Ihr Herz machte einen Satz. Sein schlanker Körper steckte in einem tadellosen blauen Gehrock, darunter trug er eine champagnerfarben bestickte Weste. Rehbraune Hosen und auf Hochglanz polierte Stulpenstiefel umhüllten seine muskulösen Beine, und das hellbraune Haar wirkte leicht zerzaust, als sei er bei der Arbeit am Schreibtisch öfter mit der Hand hindurchgefahren.

Auf seinen Vorschlag hin setzten sie sich in die beiden Sessel vor einem der bodentiefen Fenster, die zur Straße hinauswiesen. Als er sie erwartungsvoll ansah, rang sie im Stillen mit sich, wie sie beginnen sollte.

„Du fragst dich gewiss, warum ich mit dir sprechen möchte.“

Er saß vollkommen still, ein Bild des Anstands und der körperlichen Perfektion. „Ich könnte es mir denken.“

„Ach ja?“, fragte sie und konnte ihre Überraschung kaum verbergen. Hatte seine Mutter auch mit ihm gesprochen? Seine ernste Miene legte nahe, dass er nicht besonders entgegenkommend auf ihre Bitte reagieren würde.

„Es hat mit der gestrigen Feier zu tun, nicht wahr?“

Ihr Herz setzte einen Schlag aus. „Das stimmt. Ich habe gründlich darüber nachgedacht und halte es für unsere Pflicht.“

Gabriel nickte nachdenklich. „Vor allem ich bin in der Pflicht. Ich werde mich darum kümmern. Es wird vermutlich etwas unangenehm werden, aber ich stimme dir zu, dass es getan werden muss.“

Hatte er wirklich gerade gesagt, dass es unangenehm werden würde, mit ihr zu schlafen?

„Ich versichere dir, dass ich in dieser Aufgabe absolut kein Vergnügen finde“, erwiderte sie trocken.

„Darum sollte es am besten so schnell wie möglich erledigt werden.“ Draußen vor dem Haus war das Hufklappern vorbeitrabender Pferde zu hören. Gabriel blickte aus dem Fenster. „Es ist ein verständliches Anliegen. Ich nehme an, es war unausweichlich.“

Unausweichlich und unangenehm – so nannte er es also, wenn er mit ihr das Bett teilte! Sie musste sich gewaltig zusammenreißen, um nicht ausfällig zu werden. Es ging darum, noch ein zweites Kind zu bekommen. Wenn sie dafür diesen unausstehlichen Mann ertragen musste, dann musste sie ihren Zorn herunterschlucken. Sie würde ihm nicht zeigen, welche Wirkung seine Worte auf sie hatten. In diesem Punkt hatte sie sich vollkommen unter Kontrolle.

Abrupt stand sie auf. Sie musste gehen, bevor sie etwas Unüberlegtes tat – wie ihm einen Tritt in den einzigen Teil seines Körpers zu versetzen, den sie von ihm noch brauchte.

„Je eher wir uns darum kümmern, desto besser. Ich werde sehen, dass ich es heute Abend einrichten kann.“ Er stand auf und begleitete sie zur Tür, ohne zu wissen, wie gefährlich nah er daran war, genau diese Tür an den Kopf geschmettert zu bekommen.

Sobald Olivia sein Studierzimmer verlassen hatte, konnte Gabriel wieder normal atmen. Ihr so nahe zu sein, raubte ihm stets die Ruhe, als würde sein Körper gegen das Wissen ankämpfen, dass er ohne sie besser dran wäre.

Nachdem er sich ein Glas Brandy eingeschenkt hatte, kehrte er an seinen Schreibtisch zurück und legte die Füße hoch. Das Treffen war besser verlaufen als erwartet. Er wusste, dass nur ein ausgesprochen wichtiges Anliegen sie dazu zwingen würde, ihn um ein persönliches Treffen zu bitten. Er hatte verschiedene Szenarien durchgespielt, was sie auf dem Herzen haben könnte, bis ihm der letzte Abend eingefallen war.

Kein Wunder, dass die Angelegenheit sie beschäftigte, doch er war beeindruckt, dass sie der Meinung war, sie sollten sich beide darum kümmern. Allerdings war es allein sein Problem, Andrew darauf hinzuweisen, dass er darauf achten sollte, was er zu Nicholas sagte. Er musste dem Bruder erklären, dass es nicht angemessen war, einem fünfjährigen Jungen vorzuschlagen, sein Pferd Casanova zu nennen. Nicholas würde eines Tages der Duke of Winterbourne sein. Er musste allmählich lernen, was es bedeutete, diesen respektablen Titel zu tragen.

Ja, eine ernste Unterhaltung mit seinem Bruder war durchaus angebracht. Zugleich gab es ihm die Gelegenheit, zu erfahren, wie das Verhör vorankam.

3. KAPITEL

Während die melodischen Klänge des Orchesters den vollen Ballsaal von Devonshire House erfüllten, vollzog Olivia die Schritte der Quadrille, ohne eine einzige Note richtig zu hören. Seit ihrem Gespräch mit Gabriel fragte sie sich, ob sie die richtige Entscheidung getroffen hatte, als sie ihm vorgeschlagen hatte, noch ein Kind zu bekommen. Oh ja, sie wünschte sich immer noch ein zweites Baby, aber nach seiner Reaktion auf ihre Bitte war sie nicht sicher, ob sie seine Gegenwart lange genug ertragen konnte, um eines zu empfangen.

Er hatte sich scheußlich benommen, und seine Bemerkungen saßen wie Stachel in ihrem Herzen.

Es wird vermutlich etwas unangenehm werden, aber es muss getan werden.

Je eher wir uns darum kümmern, desto besser.

Falls sie ihre Hoffnung auf ein weiteres Kind nicht aufgeben wollte, musste sie ihre Verachtung für ihn tief in sich verschließen. Vielleicht würde die Vorstellung an Gabriels Berührungen dann nicht mehr den Wunsch in ihr erwecken, seine Männlichkeit dauerhaft zu verletzen. Wenn sie das tat, würde sie nie wieder ein Kind empfangen können.

„Ich hoffe, es ist nicht meine Gegenwart, die Ihr liebliches Antlitz so verdüstert“, bemerkte Comte Antoine Janvier.

Olivia richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihren Tanzpartner und lächelte entschuldigend. „Natürlich nicht. Ich fürchte, ich bin heute Abend keine angenehme Gesellschaft.“

Noch ein paar letzte Schritte, dann war die Quadrille zu Ende.

„Ein Glas Champagner wird Ihre Stimmung gewiss heben“, sagte der Comte und begleitete sie von der überfüllten Tanzfläche in einen der unzähligen Salons.

Er nahm zwei Gläser von einem Lakaien entgegen und reichte Olivia eines davon. Sie nahm einen tiefen Schluck, und er hob die Brauen.

„Soll ich Ihnen noch eines holen, oder nehmen Sie mit meinem vorlieb?“

Olivia stieg Hitze in die Wangen, und sie wandte sich verlegen ab. Ihr Blick fiel auf ein Porträt der vormaligen Duchess of Devonshire. „Vergeben Sie mir“, sagte sie und wandte sich wieder dem Comte zu. „Sie sind überaus freundlich, wenn man bedenkt, dass ich nicht die ideale Begleitung bin.“

Er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Es wäre doch langweilig, wenn Sie stets nur plein de vie wären.“

Olivia lächelte. „Mir war nicht bewusst, dass Sie mich für lebenslustig halten.“

„Sie werden in Ihrer Umgebung vermutlich viele Möglichkeiten der Zerstreuung finden, und ich vermute, dass Sie sich aussuchen können, womit Sie sich vergnügen. Immerhin sind Sie die Duchess of Winterbourne.“

„Der Titel bringt in der Tat gewisse Vorteile mit sich.“ Mit dem Duke of Winterbourne verheiratet zu sein gehörte allerdings nichts dazu.

„Mir fällt auf, dass Sie und Ihr Gatte nur selten dieselben Einladungen annehmen.“

Falls er wissen wollte, wie tief der Graben zwischen Gabriel und ihr war, würde eine der anwesenden Klatschbasen ihm gewiss bereitwillig die Geschichte von ihrem Zerwürfnis erzählen. Olivia selbst sprach mit niemandem darüber, außer mit Victoria. „Seine parlamentarischen Pflichten halten ihn oft bis in den Abend auf. Oh, sehen Sie, mehr Champagner.“ Olivia wartete nicht ab, bis Janvier ihr ein neues Glas reichte. Sie nahm sich eines vom Tablett des Lakaien und stellte ihr leeres zurück.

Janvier ließ ein leises Lachen hören, ehe er an seinem Glas nippte. „Sie sprechen nicht gerne darüber. Ich verstehe. Lassen Sie uns das Thema wechseln. Haben Sie schon davon gehört, dass Mrs. Siddons demnächst auf die Bühne zurückkehren wird?“

„Allerdings.“

„Werden Sie sich eine ihrer Vorstellungen ansehen?“

„Es wäre schade, meine Loge im Theater nicht für diese Gelegenheit zu nutzen. Ich nehme nicht an, dass Sie einer ihrer Bewunderer sind?“, fragte sie amüsiert.

„Was für ein Mann wäre ich, wenn ich es nicht wäre?“

„Würden Sie mir dann den Gefallen tun und mich zur Premiere begleiten?“

Janvier beugte sich vor, seine Lippen waren dicht an ihrem Ohr, als er antwortete: „Nichts lieber als das.“

Sein warmer Atem streifte ihren Nacken, und ein unbehaglicher Schauder lief ihr über den Rücken. Olivia tat, als würde sie etwas jucken, trat einen Schritt zurück und kratzte sich an der linken Schulter.

Autor

Laurie Benson
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