Passion in Paradise - Teil 8-14 der sündig heißen Miniserie

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Heiße Begegnungen an traumhaften Orten - kann daraus die wahre Liebe entstehen?

RAUSCHENDE NÄCHTE IN MONTE CARLO von CAITLIN CREWS

ENTFÜHRT AUF DIE INSEL DER TRÄUME von MAYA BLAKE

DIE SÜSSE RACHE DES GRIECHISCHEN MILLIARDÄRS von MICHELLE SMART

SÜSSE ÜBERRASCHUNG FÜR DEN MILLIARDÄR von KIM LAWRENCE

HEISSE NACHT, SÜSSE FOLGEN von HEIDI RICE

BEGEHRT VOM PIRATENPRINZ von SUSAN STEPHENS

VERBOTENE GEFÜHLE FÜR DEN BOSS von LUCY KING


  • Erscheinungstag 16.05.2024
  • ISBN / Artikelnummer 9783751529457
  • Seitenanzahl 852
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

IMPRESSUM

JULIA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0
Fax: +49(0) 711/72 52-399
E-Mail: kundenservice@cora.de
Geschäftsführung: Katja Berger, Jürgen Welte
Leitung: Miran Bilic (v. i. S. d. P.)
Produktion: Jennifer Galka
Grafik: Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn,
Marina Grothues (Foto)

© 2020 by Caitlin Crews
Originaltitel: „The Italian’s Pregnant Cinderella“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
in der Reihe: MODERN ROMANCE
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA
Band 2452 - 2020 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg
Übersetzung: Anike Pahl

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 08/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH , Pößneck

ISBN 9783733714314

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
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1. KAPITEL

Wieder einmal Monaco.

Das war auf jeden Fall angemessen.

Julienne Boucher hatte in den vergangenen zehn Jahren mit zielstrebiger Leidenschaft und felsenfester Entschlossenheit auf diesen Moment hingearbeitet.

Es ergab einen gewissen Sinn, dass sie nun endlich die Ziellinie überquerte, und sie würde es genau hier tun. Im Grand Hotel in Monte Carlo, wo sie vor genau zehn Jahren zum ersten Mal gewesen war.

Um sich zu verkaufen.

Juliennes gefährlich hohe Absätze klickten auf den prächtigen Marmorböden des Hotels, während sie an üppigen Blumenarrangements vorbeiging, die damals für ihre unerfahrenen Augen wie farbenfrohe, exotische Dschungel ausgesehen hatten. In der riesigen Lobby waren alle Blicke auf sie gerichtet gewesen – zumindest hatte sie das so empfunden. Als wüssten die Leute, aus welchem Grund sie hergekommen war. Als könnten sie ihre Scham und Panik deutlich sehen und auch ihre Entschlossenheit, es trotzdem zu tun.

Weil sie es tun musste.

Sie hatte sich gefragt, ob die schrecklichen Männer aus ihrem Heimatdorf, aus dem sie an jenem Tag geflohen war, am Ende recht behielten. Sie hatten behauptet, die Boucher-Frauen wären nur für einen Job zu gebrauchen: als Prostituierte. Enthielt diese gemeine Behauptung vielleicht doch einen Funken Wahrheit?

Heute wusste sie, was die Menschen sahen, denen sie begegnete. Eine elegante, selbstbewusste Frau, die hart dafür gekämpft hatte, genau so zu werden. Tag für Tag. Jahr für Jahr. Eine Frau, die nicht nur anspruchsvoll war, sondern für die exklusive Hotels dieser Sorte ein ganz natürlicher Lebensraum waren.

Weil sie hierher gehörte. Dafür hatte sie gesorgt.

Julienne konnte fast den Geist ihres ehemaligen Ichs erkennen, der neben ihr herging und ihre früheren Gefühle widerspiegelte … Nervosität und tiefe Trostlosigkeit. Ein harter Kontrast zu den vergoldeten, glänzenden Oberflächen, den duftenden Orchideen und den riesigen Kronleuchtern.

Jetzt ging es ihr deutlich besser als damals, gesundheitlich und auch finanziell. Sie war keine mittellose, verängstigte Sechzehnjährige mehr, die wild entschlossen war, alles dafür zu tun, um ihre jüngere Schwester zu retten.

Auch wenn das bedeutete, sich dabei selbst zu verlieren.

Der Gedanke an Fleurette ließ sie kurz innehalten, und sie blieb direkt vor der berühmten Loungebar stehen, in der Prominente aus der ganzen Welt bedient wurden.

Etwas, das sie früher nur vermutet hatte, inzwischen aber mit Sicherheit wusste.

Auch Fleurette war in den letzten zehn Jahren stärker geworden und nicht länger ein zerbrechliches, kränkliches Wesen, um das man sich Sorgen machen musste. Nein, heutzutage konnte man Juliennes jüngere Schwester guten Gewissens als Wildfang bezeichnen: bunte Tattoos, zahlreiche Piercings und grell gefärbte Haare. Sie würde niemals wieder hilflos sein, so viel stand fest.

„Du hast es endlich geschafft“, hatte Fleurette gejubelt, als Julienne sie angerufen hatte. „Allein der letzte Deal muss Milliarden wert gewesen sein. Wir sind uns doch wohl einig, dass du dich für die Freundlichkeit dieses Menschen schon ausreichend revanchiert hast.“

Julienne hatte zwar zustimmend gemurmelt, war sich da aber nicht so sicher wie ihre Schwester. Denn Cristiano Cassara hatte sie gerettet. Nicht im übertragenen Sinne, sondern buchstäblich. Er hatte ihnen an diesem Abend vor zehn Jahren das Leben gerettet, obwohl es ein Leichtes gewesen wäre, die Notlage der Mädchen zu ignorieren oder die Sache einfach anderen zu überlassen.

Er hatte die beiden davor bewahrt, einer dunklen Spirale in den sicheren Tod zu folgen. Wenn nicht in jener Nacht, dann sicherlich kurze Zeit später irgendwo auf der Straße.

Julienne wusste das ganz genau. Aber dieses Schicksal war ihr glücklicherweise erspart geblieben, weil Cristiano ihr und Fleurette ein neues Leben ermöglicht und im Gegenzug absolut nichts von ihnen verlangt hatte.

Seit jenem Tag beschäftigte sie der Gedanke, wie sie sich für seinen Einsatz erkenntlich zeigen könnte.

Sie war ihm hierher gefolgt, zu dem Ort, an dem er angeblich einmal im Jahr Kurzurlaub machte. Obwohl sie sich kaum vorstellen konnte, dass der ehrgeizige Kopf der Cassara Corporation sich jemals irgendwo entspannte.

Fast zehn Jahre lang hatte sie für diesen Mann gearbeitet und nie auch nur das kleinste Lächeln auf seinem attraktiven Gesicht bemerkt. Nicht einmal einen Anflug davon.

Julienne stieß einen langen Atemzug aus und überprüfte ihr Aussehen zum hundertsten Mal in einem der glänzenden Spiegel, die hier fast jede Wand und jede Oberfläche zierten. Dabei war ihr bewusst, wie makellos gepflegt sie aussah.

Das war Teil der Anerkennung gewesen, die sie ihrem Wohltäter von Anfang an zollen wollte, auch wenn ihre Bemühungen gänzlich unbemerkt geblieben waren.

Vor genau zehn Jahren war sie hier in diesem Hotel gewesen, nachdem sie mit ihrer Schwester aus dem bösartigen kleinen Bergdorf geflohen war, aus dem sie stammten. Und wo sie immer wieder von angeblichen Freunden, rachsüchtigen Nachbarn und sogar ihrer eigenen Familie verraten worden waren. Alle hatten gewusst, was später einmal aus ihr und ihrer Schwester werden würde, und sie dementsprechend behandelt.

Sie hatte ihre letzte Handvoll Geld dafür benutzt, Bustickets zu kaufen und diesem ganzen Horror zu entfliehen. Dreist hatte sie ein Kleid vom Außenständer einer Boutique gestohlen und sich im Waschraum eines Cafés so gut wie möglich fertig gemacht. Billige Schuhe mit hohen Absätzen. Ein Lippenstift, den sie noch von ihrer lange verstorbenen Mutter aufbewahrt hatte, obwohl er schon bröckelte. Und genügend Augen-Make-up, um die Schande zu verschleiern, die sie empfand.

Dann hatte sie sich ins Grand Hotel geschlichen, während Fleurette sich so gut sie konnte in einer kleinen Nebenstraße versteckt hielt. Julienne hatte Angst gehabt, jeden Moment gepackt und rausgeworfen zu werden, und trotzdem mutig den Weg bis zu der Bar zurückgelegt, der sie sich auch jetzt gerade näherte.

An diesem Ort waren die Leute versammelt gewesen, auf die sie es abgesehen hatte: reiche Männer. Und man wusste schließlich, dass sich manche von ihnen alles kauften, was ihr Interesse erregte. Auch sechzehnjährige Mädchen, die verzweifelt auf der Suche nach Bargeld waren.

Julienne hatte diese Lektion schon früh in ihrem Heimatdorf gelernt, wo sie das Angebot des Metzgers abgelehnt hatte, ihr ein paar Münzen zu schenken, wenn sie ihn glücklich machte . Es waren nicht nur seine schlechten Zähne gewesen, die sie in Panik versetzt hatten.

Sie wusste bereits, was aus Mädchen wie ihr wurde, die auf dubiose Versprechen älterer Männer in dieser Stadt hörten. Sie selbst war das Ergebnis der Fehlentscheidungen ihrer Mutter, und es stand außer Frage, wo das endete. Zuerst kam die Drogensucht, danach irgendwann der viel zu frühe Tod. Und im schlimmsten Fall hinterließ man zwei Töchter, denen das gleiche Schicksal blühte.

Wenn es wirklich ihr Schicksal war – das hatte Julienne entschieden –, dann würde sie sich dem stellen. Aber nicht in diesem Kaff mit all den Menschen, die keinen Finger gerührt hatten, um ihrer labilen Mutter zu helfen. Sie wollte sich Fleurette schnappen und nach Süden ins glitzernde Monaco reisen, wo die unvermeidliche soziale Spirale nach unten zumindest sehr viel heller leuchtete.

Heute Abend hatte Julienne keine Ähnlichkeit mehr mit der hageren, verängstigten Jugendlichen, die sie gewesen war. Ihr Haar war in einem feinen Karamellton gefärbt und zu einem glänzenden Chignon frisiert. Sie trug außerdem kein gestohlenes Kleid. Schon vor Jahren hatte sie der Boutique ein Entschuldigungsschreiben mit dem Kaufpreis in bar geschickt.

Nein, in ihrem Job war ihr ein professionelles Äußeres wichtig. Sie bevorzugte schmale Bleistiftröcke und das Gefühl von echter Seide auf der Haut, immerhin arbeitete sie in einem multinationalen Unternehmen. Dazu trug sie hohe Pumps, dezente Perlen an den Ohren und eine feine goldene Uhr am Handgelenk.

Auch das hatte Cristiano Cassara für sie getan. Er hatte sie nicht einfach der staatlichen Fürsorge überlassen – wo sie vermutlich von ihrer Schwester getrennt und von Heim zu Heim gereicht worden wäre –, sondern ihr die finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt, nicht nur die bestmögliche Version ihrer selbst zu werden, sondern am Ende auch selbst ihre Schulden zurückzuzahlen. Und um ihre Welt zu verändern.

Jetzt war es an der Zeit, die alte Rechnung zu begleichen.

Nach ein paar Schritten blieb Julienne in der schicken, schwach beleuchteten Bar stehen. Sie sah sich um und registrierte die vielen sichtlich erschöpften, älteren Herren an den runden Tischen – zweifellos allesamt unverschämt reich. Dann fiel ihr Blick auf Cristiano Cassara, der genau dort an der Bar wartete, wo sie ihn schon als Sechzehnjährige hatte sitzen sehen … auf einem gepolsterten Hocker mit all diesen auf Hochglanz polierten Flaschen im Spiegelregal hinter ihm, die wie kostbare Juwelen funkelten.

Diesmal schlug ihr Herz wieder heftig gegen ihre Rippen, aber nicht aus Angst, so wie früher. Es war eine berauschende Mischung aus Triumph und Bedauern, vermischt mit einer starken Dosis Vorfreude.

Sie ging auf ihn zu und fühlte sich innerlich für diese Begegnung gewappnet.

Cristiano Cassara war vor zehn Jahren schon unheimlich attraktiv gewesen, auch wenn er einen extrem unnahbaren Eindruck machte. Er schien aus demselben Stein geschnitzt zu sein wie die Statuen, die das großzügige Foyer des Hotels zierten.

Damals war er ein relativ junger, sehr wohlhabender Mann gewesen. Reicher, als Julienne es sich jemals hätte vorstellen können. Als Erbe des Cassara-Schokoladenvermögens führte er ein privilegiertes Leben, und das war ihm bereits an seiner Garderobe und seiner souveränen Haltung anzusehen. Ganz zu schweigen davon, dass er die Welt um sich herum betrachtete, als würde sie ihm allein gehören.

Auch heute Abend strahlte er diese unverkennbare männliche Macht aus. Julienne nahm sich einen Moment Zeit, um ihn gründlich zu betrachten. Denn dies war kein Sitzungssaal der Cassara Corporation , wo sie immer zu sehr damit beschäftigt war, sich zu beweisen. Dort hatte sie keine Zeit, einen Mann anzustarren, von dem sie ziemlich sicher wusste, dass ihn ohnehin nur Zahlen, Gewinne und Verluste der Firma interessierten.

Bei all den Meetings, an denen sie in der Vergangenheit teilgenommen hatte, war Cristiano stählern und fast grimmig gewesen. Er unternahm grundsätzlich keinen Versuch, seine Überlegenheit zu verschleiern, und lobte seine Angestellten fast nie. Und wenn, dann war nicht mehr drin als ein vages, zustimmendes Murmeln.

Er war schon vor zehn Jahren reich gewesen. Aber heute konnte man ihn sogar als einen der oberen Zehntausend bezeichnen – weltweit!

Und wenn sie sich etwas gründlicher in der Bar umsah, würde sie wahrscheinlich auch sein Sicherheitsteam entdecken, das sich überall im Raum postiert hatte. Die Bodyguards behielten ihn unauffällig im Auge, wo immer er auch hinging, und das aus gutem Grund. Denn die Gewinne, die Cristiano jährlich generierte, waren so immens hoch, dass man die Summe mit normalem, gesundem Menschenverstand kaum erfassen konnte. Sie hatte schlicht zu viele Nullen.

Das war neben seinem blendenden Aussehen auch der Anlass für zahllose Frauen, ihm auf Schritt und Tritt zu folgen. Und es war nicht zu übersehen, dass die meisten der anwesenden Herren ihn automatisch als ihren Rivalen betrachteten. Ob sie wohl wussten, wie absolut chancenlos sie gegen ihn waren?

Für Julienne war er als Mann und als Mensch einfach bloß perfekt.

Als Sechzehnjährige hatte sie ihn für ihre zweifelhafte Mission ausgesucht, weil er zufällig ganz in ihrer Nähe gestanden hatte. Und weil er nach ihrem verängstigten Blick quer durch die Bar – auf der unschuldigen Suche nach einem ersten Kunden – der einzige Mann ohne graue Haare gewesen war. Ohne Halbglatze und ohne Bauch.

Sie hatte sich damals gesagt, wenn sie diese Tortur schon über sich ergehen lassen musste, wäre es weitaus besser, es mit einem Mann wie ihm zu tun. Einem attraktiven, anziehenden Fremden, der den Eindruck machte, als könnte er jede Situation beherrschen.

Julienne war auf ihn zugegangen und hatte in ihrer Verzweiflung den Mut aufgebracht, eine Hand auf seinen Arm zu legen. Und sie hatte darauf gewartet, dass er von dem Getränk hochschaute, das scheinbar unberührt vor ihm auf der Theke stand.

Als er endlich seinen Blick auf sie gerichtet hatte, war es ihr vorgekommen, als würde sie den Boden unter den Füßen verlieren. Er war zu intensiv, zu elektrisierend und zu streng … Unnötig grimmig und kalt für einen Mann, der so gutaussehend war.

Aber ihr erster Gedanke nach dem anfänglichen Schock war, dass er den Mund eines Dichters hatte, obwohl er die Lippen zu einer flachen Linie zusammenpresste. Sein dunkles Haar war dicht und ein wenig unordentlich. Und offensichtlich achtete er darauf, fit und in Form zu bleiben, denn seine Figur wirkte durchtrainiert und muskulös. Das ließ ihn noch viel größer und bedrohlicher wirken. Ein Riese in Gestalt eines souveränen Geschäftsmanns. Als ob der Schatten, den er warf, jeden verschlingen könnte, der unachtsam genug war, sich näher zu wagen.

Doch als Julienne dies alles klar geworden war, damals vor zehn Jahren, war es bereits zu spät gewesen.

Ihre Hand hatte längst auf seinem Arm gelegen. Und ihr Herz wäre ihr fast aus der Brust gesprungen.

„Möchten Sie mir vielleicht ein Getränk kaufen?“, hatte Julienne ihn mit weit aufgerissenen Augen gefragt, und ihre Stimme war vor Panik unnatürlich hoch gewesen.

Dies war der Einleitungssatz gewesen, den sie von der abgebrühten Annette gelernt hatte, die noch nie eine richtige Mutter für sie gewesen war.

Jedes Mal, wenn Annette zu ihren Partys ging, kam sie ein bisschen gebrochener und verlebter zurück. Als hätte jemand in sie hineingegriffen und alles Leben herausgekratzt, sodass sie wie eine leere Hülle wirkte.

Sie war gestorben, als Julienne vierzehn war, und jeder im Dorf hatte es einen Segen genannt.

Julienne selbst hatte vorgehabt zu überleben, egal, wie schwer die Bedingungen für sie waren. Und im Gegensatz zu Annette hatte sie nicht vor, ihre Verpflichtungen gegenüber Fleurette zu vergessen, die damals erst zehn Jahre alt war. Sie würde sich um ihre Schwester kümmern, und wenn sie dafür grausame Hindernisse überwinden musste. Und sie würde Fleurette niemals dasselbe Schicksal zumuten.

Zumindest eine von ihnen sollte eine echte Chance auf Glück bekommen.

„Wie alt bist du?“, hatte er auf Französisch geantwortet, das leicht von einem italienischen Akzent durchzogen war. Mit dieser Gegenfrage hatte Julienne nicht gerechnet. Ihre bisherigen Erfahrungen hatten sie gelehrt, dass sich Männer für so nebensächliche Dinge wie das Alter schlicht nicht interessierten.

Sie hatte tief Luft geholt und behaupten wollen, achtzehn Jahre zu sein, obwohl das glatt gelogen war.

Aber seine dunklen Augen blitzten auf, als wüsste er, was sie vorhatte. „Lüg mich nicht an!“

„Alt genug“, erwiderte sie kühn und versuchte, dabei etwas heiser zu klingen. Kehlig. Klangen Frauen in solchen Situationen nicht immer so? „Über das kritische Alter hinaus, wenn Sie das meinen.“

Er hatte sie durchdringend angesehen. Julienne hatte sich in ihrem ganzen Leben zuvor und seitdem nie wieder derart erkannt gefühlt. In diesem Moment war sie sich sicher gewesen, dass Cristiano Cassara alles sehen konnte. Alles . Das, was ihr bisher widerfahren war – und auch das, was sie nun plante. Die Einbahnstraße ihres Lebens schien in all ihrer düsteren Trostlosigkeit vor ihm ausgebreitet zu sein. Fleurette, da draußen in einer Gasse. Die gähnende Leere in Juliennes Brieftasche und in ihrem Bauch. Und das Unaussprechliche, was sie tun wollte, um beides zu ändern.

All die Dinge, zu denen sie bereit war, sollten dort beginnen. Mit ihm.

Darüber hinaus war sie sich sicher, dass er auch die Träume und Hoffnungen sehen konnte, die sie bei ihren engagierten Versuchen, ihre Schwester und sie über Wasser zu halten, längst verworfen hatte. Sie hatte mit Sicherheit eine beklemmende Hoffnungslosigkeit ausgestrahlt.

„Ich denke, eher nicht“, hatte er gesagt, und sein kompromissloser Tonfall hatte keinen Widerspruch geduldet.

Und dann hatte Cristiano Cassara ihr Leben verändert. Quasi mit einer einzigen Handbewegung.

Das Déjà-vu heute Abend war unendlich intensiv. Cristiano saß wieder an der Bar, ein unberührter Drink stand vor ihm. Er spielte mit dem Glas herum und drehte es hin und her, hob es aber nicht an seine Lippen.

Sie kannte inzwischen die Gerüchte über ihn, tatsächlich jedes einzelne. Dass er nie getrunken hatte, weil sein Vater den Schnaps zu sehr geliebt und darüber seine Frau und sein Kind vernachlässigt hatte. Und dass Cristiano dieses besondere Ritual regelmäßig durchführte, wenn er allein war: vor einem unberührten Drink zu sitzen. Eine nüchterne Mahnwache.

Er hatte immer noch den Mund eines Poeten, mit seinem Hauch von Erotik, obwohl Julienne niemals erlebt hatte, dass er diesem Teil seiner Persönlichkeit nachgab. Kein einziges Mal. Nicht einmal, wenn er heimlich von Paparazzi fotografiert wurde. Wenn er sich unbeobachtet fühlte.

Sein Gesicht war im klassischen Sinne schön, hart und kantig, mit Wangenknochen, die eine Frau von Heiligen und Märtyrern träumen ließen. Und diese dunklen, blitzenden Augen, die immer dann aufloderten, wenn er eine Person direkt ansah.

Sie erinnerte sich daran, wie sich sein Arm unter ihrer Hand angefühlt hatte, als wäre ihre Handfläche besonders empfindsam. Diese heiße, betörende Kraft, die von ihm ausging.

Und Julienne war kein Kind mehr. Sie war kein verängstigter Teenager, bereit, sich an den Meistbietenden oder überhaupt an irgendjemanden zu verkaufen, weil sie keine andere Option auf ein selbstbestimmtes Leben sah.

Ganz langsam schob sie ihre mit Juwelen besetzte Abendtasche auf die glänzend polierte Bar und neigte ihren Körper zu seinem. Und sie wusste – obwohl er ihr keinen einzigen Blick zugeworfen hatte –, dass er ihre Anwesenheit schon die ganze Zeit über wahrnahm. Vielleicht sogar schon, bevor sie in diesen dunklen, engen Raum getreten war.

Andererseits war sie sehr gut darin, ihn zu einem Mythos hochzustilisieren. Ihre kleine Schwester beschwerte sich oft darüber. Wie dem auch sei, heute Abend wollte sie sich auf ihn als Mann konzentrieren.

Kurz nach ihrer ersten Begegnung damals war Cristiano zum Geschäftsführer des Unternehmens aufgestiegen, das zuvor sein Großvater geleitet hatte. Was noch viel wichtiger war: Er war ihr Chef. Sie hatte vor zehn Jahren im Mailänder Büro der Firma angefangen. Ein Teilzeitjob neben dem Privatunterricht, den Cristiano für sie und Fleurette arrangiert hatte. Zuerst war sie dort nur Praktikantin gewesen. Und dann, nachdem sie mit achtzehn die Schule beendet hatte, war sie in der niedrigsten Position eingestellt worden und hatte sich stetig nach oben gearbeitet.

Dass sie sozusagen Cristianos Schutzbefohlene war, hatte nie eine Rolle gespielt. Es wurde mit keiner Silbe erwähnt, und Julienne fragte sich oft, ob andere Leute überhaupt wussten, wie großzügig er war oder wie sehr sie persönlich davon profitiert hatte.

Sie hatten auch niemals zusammengewohnt. Er hatte sie in einem seiner Häuser in Mailand untergebracht, zusammen mit einigen seiner Mitarbeiter, die sich um sie gekümmert hatten: Assistenten, Haushälterinnen, Köche. Doch in emotionaler Hinsicht waren sie meistens auf sich gestellt gewesen.

Wir waren schon damals zu alt für unser Alter , sagte Fleurette gern.

Heutzutage lebte Julienne auf der anderen Seite des Atlantiks in New York City. Sie hatte hart für ihre Position als Vizepräsidentin für nordamerikanische Operationen bei der Cassara Corporation gekämpft und war inzwischen Cristiano direkt unterstellt. Und sie kämpfte noch viel härter um entsprechende Deals, die Cristiano immense Summen einbrachten. Auf diese Weise wollte sie ihn für seine Großzügigkeit entschädigen. Nicht nur das, er sollte viel mehr erhalten, als er ihr gegeben hatte.

Es hatte Jahre gedauert …

Endlich sah er sie an.

„Danke, dass Sie gekommen sind“, sagte sie so höflich, als würde sie ihn über einen Konferenztisch hinweg betrachten.

„Sie haben darauf bestanden, Miss Boucher“, erwiderte er, und es schwang eine gewisse Missbilligung in seiner Stimme mit. Als wäre er nicht gerade erfreut darüber, dass sie es gewagt hatte, ihn zu einem Termin zu bestellen. Und das, obwohl seine Sekretärin alles getan hatte, diese Bitte abzuwenden.

Julienne lächelte, immer noch höflich und ruhig. „Du hast mich hier schon einmal getroffen.“

Und sie wusste, während sie diesen höchst persönlichen Satz aussprach, dass sie alle Regeln zwischen ihnen brach. Die unausgesprochenen Grenzen wurden überschritten, die sie alle drei ein Jahrzehnt lang eingehalten hatten.

Sie und Fleurette hatten Cristiano nie erwähnt oder darüber gesprochen, wie sie es geschafft hatten, aus einer traurigen, halb verlassenen französischen Bergstadt zu fliehen, um in einem luxuriös eingerichteten, frei stehenden Stadthaus im Zentrum von Mailand zu leben.

Auch er hatte nie zugegeben, eine von ihnen zu kennen. Manchmal hatte Julienne sich schon Sorgen gemacht, dass er vergessen haben könnte, was er für sie getan hatte. Oder dass es ihm einfach wenig bedeutete, ihr ganzes Leben und auch das von Fleurette grundlegend verändert zu haben.

Aber nein, sie konnte jetzt erkennen, dass er es nicht vergessen hatte. Mehr noch, sie konnte sein Erstaunen sehen – dort in seinen Augen, in deren braunen Tiefen goldene Punkte funkelten.

Er zog die dunklen Brauen hoch und sah fast verblüfft aus.

„Stimmt.“ Sein intensiver Blick ließ sie insgeheim erzittern. „Ein Treffen, das in der vergangenen Dekade mit keiner einzigen Silbe zwischen uns erwähnt worden ist. Wem verdanke ich nun das Vergnügen dieser unerwarteten Reise in die Vergangenheit? Etwa Ihnen selbst, Miss Boucher?“

Seine Stimme war klar und deutlich. Genau wie sein strenger Tonfall, der Julienne recht offensichtlich dazu ermahnte, die Form zu wahren und nicht persönlich zu werden.

Doch davon ließ sie sich nicht aus der Ruhe bringen. Sie behielt ihr kühles Lächeln bei und drückte die Schultern nach hinten.

„In diesem Jahrzehnt habe ich genau nachgerechnet, was du insgesamt ausgegeben haben musst, um Fleurette und mich zu retten. Und um uns beiden das Leben zu ermöglichen, das wir geführt haben – auch wenn ich irgendwann eigenes Geld verdient habe.“ Sie nannte ihm eine erstaunlich hohe Summe und sah, dass sich der Ausdruck in seinen Augen veränderte. „Mit dem letzten abgeschlossenen Geschäft und dem Betrag, den ich in einem separaten Fonds angelegt habe, denke ich, dass diese Schuld beglichen ist. Mit Zinsen.“

Er neigte den Kopf etwas nach hinten und verzog kaum merklich die Lippen. „Ich kann mich nicht erinnern, um Rückzahlung gebeten zu haben. Oder um irgendeine Form der Anerkennung.“

„Dennoch.“ Sie holte tief Luft. „Mein Kündigungsschreiben wartet in Mailand auf deinem Schreibtisch.“

Er blinzelte. „Ich bitte Sie um Entschuldigung … Wollen Sie damit sagen, Sie möchten nicht länger für mich arbeiten?“

„Ich habe bereits gekündigt.“

Sie streckte die Hand aus und tat das Gleiche, was sie schon damals in dieser Bar getan hatte. Ihre Finger berührten seinen Arm, aber diesmal meinte sie es wirklich ernst.

Oh, und wie ernst sie es meinte!

„Cristiano“, sagte sie leise und hoffte, es klang nach einer unmissverständlichen Einladung. „Möchtest du mir vielleicht ein Getränk kaufen?“

2. KAPITEL

Cristiano Cassara hielt nicht viel von Überraschungen.

Er plante sein Leben mit großer Präzision durch, um den unangenehmen Schock von Ereignissen zu vermeiden, die sich seiner Kontrolle entzogen. Ihm war Chaos jeglicher Art zuwider, dank seiner schwierigen Kindheit, daher behielt er die Dinge gern im Griff. Berechenbare Ordnung verschaffte ihm innere Sicherheit.

Eigentlich hätte es ihn stören sollen, dass diese Frau hier plötzlich den Boden unter seinen Füßen zum Schwanken brachte. Dass sie nicht auf dem Posten blieb, auf den er sie vor Jahren gesetzt hatte.

Eigentlich.

Aber irgendetwas in ihm hatte sich verändert. Es war anders als sonst. Aus unerklärlichem Grund kam es ihm vor, als hätte er Julienne Boucher zuvor noch nie gesehen.

Als wäre sie eine fremde Schönheit, die er zufällig in einer Bar in Monte Carlo traf … als wären all die anderen Gedanken, die er im Laufe der Zeit gehabt hatte, einfach verschwunden: keine Suche nach Erlösung mehr und auch kein schlechtes Gewissen, das er loswerden wollte, indem er ihr half. Sie war die Verkörperung seiner Schuld gewesen. Und möglicherweise die beste Vizepräsidentin, die sein Unternehmen jemals gehabt hatte.

„Was genau bieten Sie … bietest du mir an?“, fragte er und neigte den Kopf leicht zur Seite, um sie genauer zu mustern. „Und was noch wichtiger ist, warum bietest du es an?“

„Du hättest dir nehmen können, was ich vor zehn Jahren vorgeschlagen habe. Aber das hast du nicht getan.“

Er sah auf ihre Hand hinunter und schüttelte kaum merklich den Kopf.

Trotzdem zog sie sich nicht zurück.

„Wenn ich mich damals nicht wie ein Tier verhalten habe, wieso sollte ich mein Verhalten heute ändern?“, fragte er mit kühlem Blick. „Ich weiß nicht, was schlimmer ist. Dass du denkst, ich bräuchte Mitleidsex – oder dass du davon ausgehst, ich würde ein solches Angebot akzeptieren.“

Er hatte vorgehabt, abweisend zu klingen. Distanziert. Doch das Wort Sex hing nun irgendwie zwischen ihnen in der Luft und heizte die Atmosphäre auf.

„Das wollte ich überhaupt nicht vorschlagen.“

Er merkte, dass Julienne nicht verärgert zu sein schien. Sie sah ihn ruhig an, und ihr Blick war offen und klar. Unwillkürlich musste er an die vielen Male zurückdenken, als diese Frau in ihrer Rolle als Angestellte vor ihm gesessen hatte.

Er hatte ihren kometenhaften Aufstieg von der Praktikantin zur Vizepräsidentin mit einem gewissen Interesse beobachtet, so wie er jeden anderen raschen Karriereaufstieg bemerkt hätte. Unzählige Besprechungen und Verhandlungen hatte er mit ihr erlebt, und er schätzte und bewunderte ihr professionelles Talent. Natürlich auch im Namen der Cassara Corporation .

Jetzt spürte er, dass sie nicht im Geringsten eingeschüchtert von ihm war, was er ungewöhnlich fand. Sogar bemerkenswert.

„Ich war dir immer sehr dankbar“, begann sie und ließ ihre Hand dort, wo sie war.

Cristiano konnte ihre Hitze durch die feine Wolle seines Anzugs fühlen, genau wie die völlig unerwartete Reaktion, die sein Körper auf diese Berührung zeigte.

„Wie könnte ich das nicht sein? Und ich hatte immer vor, mich dafür zu revanchieren, denn das gehört sich so, nicht wahr?“

Sein Mund wurde schmal. „Es ist unnötig.“

„Für dich ja. Das macht es für mich nur notwendiger.“

Wieder starrte er auf ihre Hand hinunter und versuchte sich an das letzte Mal zu erinnern, als jemand es gewagt hatte, ihn ohne seine ausdrückliche Erlaubnis anzufassen. Es fiel ihm nicht ein.

Nicht einmal sein Vater hatte es gewagt, zumindest ab einem bestimmten Alter. Als Cristiano nämlich zu groß und zu stark geworden war.

Und je länger Julienne ihn berührte, desto weniger unangenehm fand er es, egal, was er sich einzureden versuchte. Im Gegenteil, er fand die Wärme, die sie in ihm auslöste, ziemlich erregend.

Immer mehr Kleinigkeiten fielen ihm auf, die ihm bisher entgangen waren. Ihre schmalen, eleganten Finger. Die sorgfältig polierten Nägel, lackiert in einem unauffälligen, eleganten Farbton, der perfekt zu ihrer zarten Haut passte.

Es war ihm peinlich, wie erregt sein Körper reagierte.

„Die Firma war für mich ein Familienersatz“, erklärte Julienne mit sanfter Stimme, die einen wohligen Schauer über seine Haut jagte. „Nicht bloß ein Arbeitgeber. Du warst derjenige, der mich gerettet hat. Genau hier, in diesem Raum, hast du die Entscheidung gefällt, mir zu helfen. Und dann – immer wieder im Laufe der Jahre – hast du mir die Möglichkeit gegeben, mich weiterzuentwickeln, um irgendwann auf eigenen Beinen zu stehen. Also habe ich es getan, und die ganze Zeit über habe ich mich auf dich als Vorbild verlassen. Dadurch hatte ich ein festes Ziel vor Augen.“

„Wenn du das im geschäftlichen Sinne meinst, muss ich dir aber sagen, dass dies hier bestimmt kein Weg ist, um sich für meine …“

Ihre Finger schlossen sich um seinen Arm. Cristiano spürte, wie ein elektrischer Schlag durch ihn raste und seine Lust weckte.

„Es geht nicht ums Geschäft. Oder warum sollte ich sonst kündigen?“

Julienne sah viel gelassener aus, als er selbst sich fühlte, und er wusste nicht, wie er sich das erklären sollte. Normalerweise brachte ihn kaum etwas aus der Ruhe.

„Ich wollte unsere Schulden zurückzahlen, und das habe ich jetzt getan. Aber gleichzeitig träume ich schon sehr lange davon, dich schließlich zu überzeugen, mein Angebot von damals anzunehmen.“

Sprachlos starrte er sie an.

Sie lächelte. „Natürlich nicht für Geld. Ich bin kein verzweifelter, traumatisierter Teenager mehr, sondern eine erwachsene Frau und nicht länger deine Angestellte. Ich entscheide selbst, was ich tun und lassen möchte. Und als ich herausfand, dass du gleich nach meinem letzten Geschäftsabschluss wieder in Monaco sein würdest, schien es die perfekte Gelegenheit zu sein.“

Lange hatte er versucht, so zu tun, als wäre Julienne gar nicht da. Oder zumindest hatte er sich für ihre optischen Vorzüge blind gestellt. Doch nun nahm er ihre aufregende Weiblichkeit mit jeder Sekunde stärker wahr. Es war ausgesprochen unangenehm!

Sie war eine auffallend schöne Frau, ob er es zugeben wollte oder nicht. Ihr Haar schimmerte in Gold und Braun, und er wollte die weichen Strähnen zu gern durch seine Finger gleiten lassen. Und ihre klugen Augen fixierten ihn mit einer Intensität und Aufrichtigkeit, die sein Blut erhitzten.

Natürlich bemerkte er auch, dass ihr raffiniert geschnittenes Kleid ihre anmutigen Kurven zur Geltung brachte.

Cristiano hatte eine feste Regel, an die sich sein eigener Vater leider nicht gehalten hatte: Er fing niemals etwas mit einer Mitarbeiterin an. Allerdings hatte Julienne schon ihre Kündigung eingereicht.

Und in dieser gemütlichen, opulenten Kulisse einer ruhigen Bar mitten in Monte Carlo fiel ihm kaum ein Grund ein, warum es eine schlechte Idee sein sollte, sich auf Julienne einzulassen.

Sie wusste es nicht, aber sie war bereits auf eine geheimnisvolle Weise mit ihm verbunden, doch das hatte er in den letzten zehn Jahren gewissenhaft für sich behalten. Er war damals nicht zufällig in dieser speziellen Bar gewesen. Cristiano mochte Monaco nicht besonders und verband diesen Ort mit den schlimmsten Exzessen seines Vaters.

In genau diesem Etablissement hatte sich die letzte dieser schrecklichen Szenen mit Giacomo Cassara zugetragen. Sein Vater war ein grausamer Mann gewesen, und Cristiano hatte seine eigene Methode entwickelt, mit diesem Umstand umzugehen.

Und er hatte genau hier gesessen und in das Lieblingsgetränk seines Vaters gestarrt, weil er den Dämon Giacomo Tag und Nacht auf seinem Rücken mit sich herumschleppte. In diesen Momenten grübelte Cristiano über seinen eigenen Abstieg in die Grausamkeit nach … und dann war damals plötzlich Julienne neben ihm aufgetaucht.

Er hatte in dieser Nacht einen Kampf um seine eigene Seele ausgefochten. Der endlose Krieg mit seinem Vater war ermüdend gewesen, und die Siege, die Cristiano erzielte, hatten ihn bisher nicht weitergebracht. Er hatte sich gefragt, ob es sich überhaupt lohnte, den antiquierten Ehrenvorstellungen seines Großvaters gerecht zu werden. Giacomo war jedenfalls damit beschäftigt gewesen, alle an ihn gestellten Erwartungen zu enttäuschen.

Cristiano war von zwei Männern erzogen worden, einem Heiligen und einem Teufel, und in dieser Nacht war er zwischen ihnen hin- und hergerissen gewesen. In dieses emotionale Durcheinander war Julienne Boucher hereingeplatzt. Auf viel zu hohen Absätzen, auf denen sie keinen geraden Schritt laufen konnte.

Er hatte aufgeschaut und sie dort neben sich stehen sehen, blass und entschlossen. In einem ordinären, engen Kleid und mit einem tapferen Lächeln auf ihrem jungen Gesicht. Die Verzweiflung und die Armut waren unübersehbar gewesen.

Keine Sekunde lang war Cristiano versucht, auf ihr höchst unmoralisches Angebot einzugehen. Sie war viel zu jung, außerdem kam Sex von der Straße für ihn sowieso nicht infrage. Allerdings hatte er eine Weile gebraucht, um die warnende Stimme zu ignorieren, die darauf bestand, dass dieses Mädchen nicht sein Problem war. Schließlich hatte er schon genug eigene Schwierigkeiten zu bewältigen. Doch dann besann er sich darauf, das Richtige zu tun.

Dass er überhaupt geschwankt hatte, dass er so egoistisch gewesen war, widerte ihn noch heute an.

Und vielleicht hatte er ihr deshalb nicht einfach bloß etwas Geld in die Hand gedrückt und sich seinem trostlosen Abend gewidmet. Es waren seine Schuldgefühle, die er einfach nicht loswerden konnte, die ihn schlussendlich dazu gebracht hatten, zur Tat zu schreiten. Seine eigene Schande hatte ihn zum Wohltäter werden lassen. Nur um zu beweisen, dass er nicht wie sein Vater war.

Auch wenn er später in derselben Nacht hatte erfahren müssen, dass er in Wahrheit noch schlimmer als der Alte war …

Aber heute Abend kam Julienne nicht als verzweifeltes Mädchen zu ihm, das entschlossen war, ihren Körper zu verkaufen. Sie kam als Frau, und zwar als wunderschöne Verführerin, die es mit jedem Mann in Monaco hätte aufnehmen können, wenn sie es darauf anlegte.

Trotzdem hatte sie ihn ausgewählt. Und ja, er fühlte sich geschmeichelt.

Cristiano konnte nicht in die Vergangenheit zurückkehren und diesen kurzen, schrecklichen Moment ändern, in dem er diesem hilflosen Teenager, der sie gewesen war, beinahe den Rücken gekehrt hatte. Fast hätte er sie ihrem Schicksal überlassen, obwohl er genau wusste, was sich teilweise für miese Gestalten im Nachtleben herumtrieben. Abscheuliche Männer wie sein eigener Vater, egoistisch und zerstörerisch und ohne Rücksicht auf den Schaden, den sie anrichteten.

Wie leicht hätte er ihr Leben und auch das ihrer jüngeren Schwester ruinieren können, indem er in dieser Nacht einfach seiner eigenen Wege gegangen wäre. Die Verantwortung lastete schwer auf seinen Schultern. Was war er für ein Mensch, wenn er auch nur einen Sekundenbruchteil zögerte, zwei unschuldigen Mädchen aus der Klemme zu helfen?

Sie beide waren eine bleibende Erinnerung daran, wie nahe er daran gewesen war, wie sein Vater zu werden. Die Kosten für Unterkunft, Ausbildung und Verpflegung waren für einen Mann mit seinen finanziellen Möglichkeiten kein Thema. Ein Spottpreis für die Seele, die er fast verloren hatte.

„Wirst du mir auch antworten?“, erkundigte Julienne sich und legte ihren Kopf fragend zur Seite.

Ihre Kühnheit war eine neuartige Erfahrung für Cristiano. Ihr Mangel an Respekt. Aber statt sich darüber zu ärgern, war er fasziniert.

„Wie könnte ich?“, antwortete er nach einer kurzen Pause. „Ich weiß nicht, was genau du anbietest.“

„Mich. Ich biete mich an.“

Er nickte. „Das weiß ich zu schätzen. Und inzwischen bist du auch alt genug für ein solches … Manöver.“ Allmählich wurde ihm die Situation unangenehm. Vor allem, weil er wirklich in Versuchung geriet. „Aber weißt du, ich habe feste Regeln.“

„Ich habe zehn Jahre für dich gearbeitet. Wenn du plötzlich keine Regeln mehr für jede denkbare Situation hättest, wäre das ziemlich besorgniserregend.“

Julienne betrachtete ihn ohne die Berechnung im Blick, die er von Frauen gewohnt war, die es wagten, sich ihm zu nähern. Allesamt hatten sie es auf seine üppigen Bankkonten abgesehen. Aber in Juliennes toffeefarbenen Augen entdeckte er nur Wärme und Sehnsucht.

Vielleicht, sagte eine Stimme in ihm, war es an der Zeit, umzudenken.

Also folgte Cristiano einem Drang, den er normalerweise konsequent unterdrückt hätte, und streckte seine Hand aus. Behutsam strich er über Juliennes Wange und fuhr dann die zarte Linie ihres Halses entlang und … etwas tiefer. Ihre weiche Haut wurde unter seiner Berührung einen Ton dunkler.

Der genaue Farbton ihres Nagellacks.

„Ich vermeide emotionale Verwicklungen“, sagte er streng, obwohl er merkte, dass seine Libido das ganz anders sah. Ihm wurde entsetzlich heiß, und die Hitze sammelte sich in seinen Lenden. Er war bereit, sich tief und hart in sie hineinzutreiben. Was für ein Wahnsinnsgedanke! „Ich mag Sex, aber ich habe etwas gegen Verpflichtungen.“

Ihr Atem war unruhig, und sie wirkte weniger souverän. „Ich habe dir nie einen Grund gegeben, mich für besonders emotional zu halten.“

„Der Sitzungssaal ist nicht das Schlafzimmer.“

„Stimmt genau. Sonst hättest du mich schon lange vorher als ausgesprochen unanständig empfunden.“

Ihm gefiel die Vorstellung davon. Und plötzlich waren zu viele Bilder in seinem Kopf … von verpassten Gelegenheiten im Büro. Die Art von Fantasien, die er eigentlich niemals zuließ. Die er in der hintersten Ecke seines Bewusstseins aufbewahrte, denn ihnen nachzugeben würde bedeuten, seinem Vater nachzueifern. Das wollte er auf keinen Fall! Er wollte stattdessen wie sein Großvater sein, der ihm beigebracht hatte, Mauern der Kontrolle um sich herum aufzubauen.

Aber heute Abend stürzten diese Wände ein.

„Du warst immer schon eine Frau, die gern die Initiative ergreift.“ Unter seinen Fingerspitzen nahm er jeden ihrer Atemzüge wahr. „Aber ich fürchte, ich bin viel zu anspruchsvoll dafür.“

Julienne zitterte, was ihn noch mehr erregte. Tatsächlich könnte er schwach werden … hier und jetzt. Warum gönnte er sich nicht endlich mal etwas? Julienne hatte recht, dies war eine perfekte Gelegenheit.

„Was für Verpflichtungen meinst du?“, fragte sie, und ihr Tonfall änderte sich. Er war nicht länger kühl, überlegen, sondern heiser und verführerisch, wie eine Liebkosung.

Es ließ ihn an dunkle Räume denken, an tiefe Seufzer. Aber er versuchte sein Bestes, sich nicht dem gierigen Verlangen hinzugeben, das sich in ihm sammelte. Das sein Blut in Wallung brachte und seinen Puls beschleunigte.

Sein Hunger nach sexueller Befriedigung war nicht erloschen, wie er die ganze Zeit geglaubt hatte, sondern hatte tief in ihm geschlummert, um nun mit Gewalt hervorzubrechen. Wahrscheinlich hatte er nur auf die richtige Frau gewartet.

Aber trotz des Aufruhrs in ihm und der Lust, die er verspürte, war die Bar nicht der richtige Ort, um sich gehenzulassen. Es gab zu viele neugierige Augenpaare, die jede seiner Bewegungen beobachteten, die seine Schwächen zu finden versuchten, um sie für sich auszunutzen.

Kurz entschlossen nahm er Julienne an die Hand und zog sie dann hinter sich her, hinaus aus dem Raum und in das eigentliche Hotel. Dabei sah er sie nicht direkt an, das war auch gar nicht nötig. Er konnte sie in den Spiegeln beobachten, an denen sie vorbeikamen, und der Ausdruck auf ihrem Gesicht war eindeutig. Sie war bereit für ihn.

Er spürte den Druck seiner Leidenschaft tief in seinen Lenden.

Anstatt Julienne in die große Lobby zu führen, die voller Gäste und Touristen war, ging er in den hinteren Bereich des Gebäudes, wo sich die Luxusboutiquen befanden. Er lief weiter, bis er eine Nische fand, die zwischen einem Geschäft mit überteuertem Parfüm und einem anderen mit unerschwinglichen Schuhen lag.

Dort, fernab von neugierigen Blicken, drückte er Julienne gegen die Wand und stützte sich auf beiden Seiten ihres Kopfes mit den Händen ab.

Triumphierend sah er, wie sie nach Luft schnappte. Wieso hatte er die ganze Zeit über die wilde Amazone in ihr nicht erkannt?

„Du solltest keine Forderungen an mich stellen“, sagte er und beantwortete damit ihre Frage. „Ich mag die Dinge so, wie sie jetzt gerade sind. Ist das ein Problem für dich?“

„Ich nehme schon seit zehn Jahren Forderungen von dir entgegen“, konterte sie.

Er mochte die Art, wie ihre Augen aufblitzten. Ihm gefielen dieser schwelende Trotz in ihrer Stimme und ihre kühne Schlagfertigkeit. Er wollte diese selbstbewusste Fassade aufbrechen und das Feuer dahinter sehen.

„Eine einzige Nacht, Julienne.“

„Du sagst das, als ob du Angst davor hast, ich könnte dir eine Beziehung aufzwingen.“ Sie warf ihren Kopf mit einem Anflug von Arroganz zurück. „Ich versichere Ihnen, Mr. Cassara , dies ist eine rein sexuelle Einladung. Das ist alles.“

„Eine Nacht“, wiederholte er heiser.

„Ich habe dich schon beim ersten Mal verstanden.“

„Ich drücke mich lieber klar und deutlich aus, um Missverständnisse zu vermeiden, cara . Es wäre mir höchst unangenehm, wenn wir im Schlechten auseinandergehen.“

Aufmerksam beobachtete er, wie sich ihre toffeefarbenen Augen verdunkelten.

„Verstanden.“ Sie kam ihm näher, immer noch gefangen zwischen seinen starken Armen. „Immerhin bin ich diejenige, die den ersten Schritt gemacht hat, falls du das schon vergessen hast. Zwei Mal übrigens. Vielleicht lohnt es sich, das mal zu wiederholen.“

„Das einzige Wort, das ich noch von dir hören will, ist mein Name“, raunte er leise und beugte sich dann vor, um ihren Duft tief in sich aufzunehmen. Süß und heiß zugleich.

Sein Puls raste, und seine Männlichkeit wurde schmerzhaft hart.

Cristiano , immer wieder“, fuhr er fort. „Schrei ihn heraus, schluchzend, stöhnend, wie es dir passt! Solange du willst … solange du mich in dir spürst.“

Und er war so nah, dass er ihre leichte Gänsehaut sehen konnte.

„Woher willst du wissen, dass du nicht derjenige bist, der meinen Namen schreit?“ Julienne lächelte ihn herausfordernd an. „Besonders, wenn wir noch nicht herausgefunden haben, ob zwischen uns überhaupt die richtige Chemie herrscht. Vielleicht endet das Ganze ja in gestammelten Entschuldigungen und peinlicher Verlegenheit.“

„Wir werden sehen“, knurrte er und presste seinen Mund auf ihren.

Stark und gierig. Er nahm sich, was er wollte, und spielte mit ihrer Zunge, bis Julienne ergeben seufzte.

Sie stieß sich von der Wand ab, schlang ihre Arme um ihn und gab das Feuer zurück, das er in ihr entfachte. Anstatt sich überwältigen zu lassen, erwiderte sie seinen Kuss mit ungezügelter Leidenschaft.

Als er sich zurückzog, kam sein Atem in schweren Stößen, und seine Pupillen schienen unnatürlich geweitet. Cristiano wollte sie hier und jetzt nehmen und sich immer wieder in ihr verlieren.

Und während er darum kämpfte, seine Kontrolle wiederzufinden, fragte er sich, ob eine Nacht dafür ausreichen würde. Ein Gedanke, der seine Alarmglocken schrillen ließ. Von einer Frau, die solche Gefühle in ihm auslöste, sollte er sich lieber fernhalten. Denn er hielt es durchaus für möglich, dass sie ihm gefährlich werden konnte. Zwischen ihnen war da diese jahrelange Vertrautheit, eine gewisse Form von Respekt, und nun gesellte sich plötzlich eine viel zu lange unterdrückte Anziehungskraft hinzu, die schnell außer Kontrolle geraten konnte.

Das Verrückte aber war, er wollte dieses Risiko um jeden Preis eingehen!

„Nur diese eine Nacht“, sagte er erneut, diesmal rauer. Als würde er mit sich selbst sprechen. „Das ist alles, was ich versprechen kann.“

„Alles, was du mir zu bieten hast? Oder alles, wozu du im Allgemeinen fähig bist?“

Diese Frage irritierte ihn kurz. Zögernd hob er die Hand und strich dann mit dem Daumen über Juliennes weiche Lippen. Über ihren verlockenden, süßen Mund, den er unbedingt wieder küssen wollte.

„Ist das wichtig?“ Er sah zu, wie sich ihre Brust hob und senkte. Ihm fiel auf, wie fest und hart sich die Spitzen unter der Seidenbluse, die sie trug, abzeichneten. War sie genauso erregt wie er?

„Nur diese eine Nacht“, stimmte sie zu. Fast feierlich. Und dann lächelte sie. „Aber ich hoffe, du fühlst dich nicht unter Druck gesetzt. Es wäre schade, wenn du befürchtest, meinen Ansprüchen nicht gerecht zu werden.“

Diese freche Bemerkung brachte ihn zum Lachen. Wann hatte er zum letzten Mal über einen Scherz gelacht? Er konnte sich nicht erinnern.

„Lass das mal meine Sorge sein! Du brauchst dich nur darum zu kümmern, dass du meinen Namen nicht zu laut schreist.“ Er beugte sich näher und küsste ihren Hals. „Wir wollen doch keine unnötige Aufmerksamkeit auf uns ziehen, oder?“

Lächelnd ließ Julienne sich von ihm zu den Aufzügen in der Lobby führen, und sie fuhren gemeinsam nach oben in die Penthouse-Suite, die er bewohnte.

Wo er sie bis zum Morgengrauen bei sich behalten wollte. Bis der Tag anbrach und sie beide auf ihre Kosten gekommen waren.

3. KAPITEL

Das war genau, was sie wollte.

Juliennes Mund fühlte sich wunderbar zart und empfindsam an. Sie legte ihre Fingerspitzen an ihre Lippen, während Cristiano sie in seine Hotelsuite führte, und ein erwartungsvoller Schauer durchfuhr sie.

Ohne das Licht einzuschalten, küsste er sie wieder und schloss dabei die Tür hinter sich.

Es war dunkel. Heiß. Und die Küsse waren so gierig, dass es fast wehtat.

Ein Teil von ihr konnte nicht glauben, dass ein kontrollierter, zurückhaltender Mann wie Cristiano all diese Leidenschaft in sich trug. Als wäre sie die ganze Zeit irgendwo tief in ihm verschüttet gewesen.

Aber darüber wollte sie jetzt nicht nachdenken. Nicht, wenn sein Mund auf ihrem war und seine Hände überall herumstreiften, ihre Brüste fanden und sie geschickt in Besitz nahmen.

Sie befanden sich immer noch im Eingangsbereich, obwohl Julienne ihre Umgebung kaum erkennen konnte. Doch das kümmerte sie nicht weiter. Man sah viel Marmor, Spiegel, teures Holz … einfach das allgegenwärtige Gefühl von enormem Reichtum. Also nichts Besonderes in der Cassara-Welt.

Cristiano verführte sie und verwirrte sie, aber sie hörte auf, sich darüber Sorgen zu machen, wo sie gerade waren. Nur, dass er hier bei ihr war, das zählte!

Seine Hände setzten ihre Wanderschaft fort … unter den Saum ihres Rocks. Er umfasste ihren straffen Po, fuhr über ihre Taille nach oben und schob ihren BH zur Seite, um ihre nackte Brust zu streicheln.

Die ganze Zeit über küsste er sie, berauschend und wild. Sie drängte sich stöhnend an ihn und wünschte sich, sie wäre schon vollkommen nackt. Diese schamlosen, stürmischen Berührungen trieben ihre Lust weiter an, und dann spürte er seine Finger plötzlich in ihr.

Sie bewegten sich, und Julienne stöhnte auf und übernahm den betörenden Rhythmus, mit dem Cristiano sie verwöhnte.

„Mein Name!“, murmelte er.

Eine weitere Forderung, aber Julienne blieb stumm.

Dann wurden seine Bewegungen etwas forscher, und sie löste sich in Ekstase auf. Langsam sank sie von einem ersten Gipfel herab und wurde gleich danach auf einen nächsten getrieben.

Und die ganze Zeit über hörte sie Cristianos leises Lachen.

Tief, männlich und triumphierend.

Es faszinierte Julienne, denn sie hätte vor dem heutigen Tag jedem geschworen, dass dieser Mann gar nicht lachen konnte. Das hatte er nie getan. Zumindest nicht in ihrer Gegenwart.

„All die ganzen Jahre hast du mir gegenüber an Konferenz- und Schreibtischen gesessen“, flüsterte er. „Bist in meinen Büros ein und aus gegangen, überall auf der Welt. Und ich hatte keine Ahnung, wie aufregend es ist, dich anzufassen.“

Es gelang ihr nicht, auch nur ein Wort über die Lippen zu bringen. Ihr Herz pochte schmerzhaft gegen ihre Rippen, und ihre Knie wackelten unter ihr, als Cristiano sie losließ und sie ohne seinen Halt auf eigenen Beinen stehen musste.

Er schien ihre Unsicherheit zu bemerken, denn er hob sie hoch und warf sie mühelos über seine Schulter, als wäre sie leicht wie eine Feder. Dann schritt er mit ihr durch die abgedunkelten Räume seiner Hotelsuite, und sie sah durch die Fenster weit unter sich die bunten Lichter, die das Nachtleben von Monte Carlo in geheimnisvollen Glanz tauchten. Im Schlafzimmer legte er sie auf das Doppelbett, und Julienne versuchte, sich in der Dunkelheit zu orientieren. Sie merkte, wie er sich über sie beugte, und der maskuline Duft seines Rasierwassers brachte die Erinnerung an die vergangenen Minuten zurück.

Ihr Körper war von nun an für immer mit Cristiano verbunden, flüsterte ihr eine innere Stimme zu. Und sie konnte nicht genau sagen, ob sie ihre Entscheidung bereute, heute mit ihm aufs Zimmer gegangen zu sein. Hier verlor sie heute vielleicht mehr als bloß ihre Arbeitsstelle …

Sie spürte, wie er mit einer Hand an ihrem Bein entlangfuhr und ihren Rock höher schob.

„Diese Beine“, raunte er ihr zu, und es klang wie eine dunkle Beschwörung. „Ich habe hart daran gearbeitet, sie nicht zu bemerken, Julienne. Der Versuchung zu widerstehen. Schließlich bin ich nicht blind, aber du warst immer … außerhalb meiner Reichweite.“

Für Julienne zählte nur, dass sie für ihn doch nicht unsichtbar gewesen war. Ihr wurde bei dieser Vorstellung ganz warm ums Herz.

Und dann zitterte sie, als er zwischen ihre Schenkel glitt und ihren Slip entfernte. Nicht gerade sanft. Keuchend krallte sie sich in die weiche Bettwäsche und sehnte sich danach, dass Cristiano wieder in sie eindrang.

Sie war von der Taille abwärts nackt, trug aber noch ihre hohen Schuhe. Und dann verschwanden seine Schultern zwischen ihren Beinen, und er umfasste ihre Hüften mit beiden Händen, um sie ruhig zu halten.

„Oh“, stöhnte sie auf, als ihr bewusst wurde, was nun folgen würde.

Es dauerte nicht lange, da rief sie doch seinen Namen. Gedämpft durch eine Faust, die sie sich an den Mund presste. „Cristiano“, seufzte sie nochmal.

„Und jetzt tun wir es richtig, Julienne“, verkündete er in einem Ton, der ihr heiße Schauer über den Rücken jagte.

Julienne konnte nur nicken. Sie wollte ihm unbedingt beweisen, dass sie – genau wie er – ein Abenteuer genießen konnte, ohne anschließend Ansprüche zu stellen. Dass sie tun konnte, was er wollte und was er brauchte.

Er lächelte sie an, und da wurde ihr schlagartig klar, dass sie sich in ihrem Übermut in eine äußerst schwierige Lage gebracht hatte. Denn sie hatte sich schon vor einiger Zeit hoffnungslos in diesen Mann verliebt, der ihr seinerzeit das Leben gerettet hatte. Für sie war er ein Held, und nach dem heutigen Abend war sie tatsächlich auf ewig mit ihm verbunden. Auch wenn es keine zweite Nacht wie diese geben würde.

Das heute könnte auch ein Heilmittel für sie sein, wenn sie Glück hatte, weil ohnehin kein Mann den Fantasien in ihrem Kopf gerecht werden konnte. Julienne wusste das genau. Deswegen musste sie Cristiano ganz nah kommen, ehe sie sich innerlich befreien und neue Wege gehen konnte.

Das war zumindest der hoffnungsvolle Plan.

Cristiano übertraf all ihre Erwartungen. Seine zügellose, gebieterische Männlichkeit überwältigte sie. Ihre Emotionen spielten verrückt, sie war rettungslos verloren.

Sie zitterte und bebte und hörte seinen Namen auf ihren Lippen, obwohl sie ihre eigene Stimme nicht erkannte. Julienne verlor den Überblick über das, was da zwischen ihnen geschah … roh und animalisch. Er war unersättlich und brachte ihr Dinge bei, von denen sie sicher war, dass sie sie später niemals in Worte fassen könnte.

Und dann war es plötzlich ihr Name, der den Raum erfüllte, als Cristiano seine eigene Freilassung fand.

Diesen Augenblick würde sie niemals wieder vergessen und wie einen Schatz in ihrer Erinnerungen aufbewahren. Wie alles, was in dieser magischen Nacht geschah.

Julienne erwachte, als das erste Morgengrauen über den Himmel kroch, und hatte keine Ahnung, wie es nun für sie weitergehen sollte. Auf ein Gefühl, wie sie es jetzt in ihrem Herzen trug, war sie nicht vorbereitet gewesen.

Sie war hierhergekommen, um ihre persönlichen Dämonen auszutreiben. Aber stattdessen hatte sie ihren Seelenfrieden verloren. Unwiderruflich. Die Vorstellung, es bei einer gemeinsamen Nacht zu belassen, tat entsetzlich weh.

Allerdings durfte sie sich nicht beschweren, denn Cristiano und sie waren sich einig gewesen. Eine Nacht.

„Du solltest endlich dein eigenes Leben führen“, hatte Fleurette ihr immer wieder gesagt. „Seine Gegenwart, seine Firma, seine Welt, das musst du alles mal hinter dir lassen. Du bist keine Prinzessin, die in einem Turm eingesperrt worden ist und jetzt darauf wartet, dass irgendein Dummkopf auf einem weißen Pferd vorbeireitet. Davon hat Annette nämlich auch geträumt. Jedes einzelne Mal, wenn sie ausging. Und schau, was mit ihr passiert ist.“

Julienne hatte ihrer jüngeren Schwester immer zugestimmt, sicher in dem Wissen, dass diese Entscheidung noch in weiter Ferne lag. Immerhin wollte sie vorher quitt mit Cristiano sein, erst dann konnte sie ihm den Rücken kehren.

Inzwischen war es so weit, und sie hatte ihre vermeintlichen Schulden vollständig zurückgezahlt, bevor sie ihn letzte Nacht in der Bar getroffen hatte. Der letzte Betrag war zuvor auf das Konto überwiesen worden, das sie zu diesem Zweck eingerichtet hatte. Sie hatte sich praktisch freigekauft. Jedenfalls kam es ihr so vor, und das war wichtig für ihr Selbstwertgefühl.

Sobald sie sich von dieser Nacht erholt hatte – sich für immer von ihm getrennt hatte –, würde sie sich eine neue Existenz aufbauen. Weit weg von der Cassara Corporation , von Cristiano und allem, was Julienne daran erinnerte, welche widrigen Umstände sie hierher nach Monaco getrieben hatten.

Es muss einfach sein, sagte sie sich, als ein schmerzhaftes Schluchzen in ihrer Kehle brannte.

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